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BGI/GUV-I 669 / DGUV Information 208-014 - Glastüren, Glaswände
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)
(bisher ZH 1/551)
(Ausgabe 12/2003; 01/2008; 10/2010aufgehoben)
redak. Hinweis:
vgl. ArbStättV 2004,
Anhang Nr. 1.5/3 Lichtdurchlässige Wände,
Anhang Nr. 1.7/2, 4 Glastüren, Türen und Glaseinsatz
Vorbemerkung
In der Architektur wird häufig Glas als Werkstoff für Türen und Wände verwendet. Um schwere Unfälle durch splitterndes Glas zu vermeiden, müssen beginnend bei der Bauplanung, über die Montage, die Wartung bis hin zur Nutzung alle sicherheitsrelevanten Aspekte berücksichtigt werden.
1 Sicherheitsanforderungen
Den sicherheitstechnischen Bedürfnissen entsprechend werden daher in den Unfallverhütungsvorschriften, der Arbeitsstättenverordnung und in den Bauordnungen der Länder bestimmte Forderungen an Glasbauteile gestellt. Beispiele aus der Arbeitsstättenverordnung:
2 Hinreichend bruchsichere lichtdurchlässige Werkstoffe
Den Sicherheitsanforderungen genügen die sogenannten Sicherheitsgläser
Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG)
Einscheiben-Sicherheitsglas ist thermisch vorgespanntes Floatglas, Ornamentglas oder gezogenes Glas, das bei mechanischer oder thermischer Zerstörung in kleine stumpfkantige Krümel zerfällt und damit weitgehend vor Verletzungen schützt. Entsprechende Glasprodukte sind z.B. in DIN EN 12150 -1, -2 oder DIN EN 13024-1, -2 beschrieben.
Risiken des Bruchverhaltens beim Zerbersten einer Scheibe sind allerdings zum einen das explosionsartige Zerspringen der Scheibe in kleine würfelförmige Fragmente (Glaskrümel) und zum anderen das Zusammenhalten größerer Schollen aus noch zusammenhängenden Krümeln die beim Herunterfallen Personen treffen und Verletzungen verursachen können (siehe Abb. 1).
Abb. 1 Schollenbildung nach ESG-Bruch
Einscheiben-Sicherheitsglas wird plan, gebogen und auch in der Masse eingefärbt in verschiedenen Dicken angeboten. Es ist durch einen Stempel gekennzeichnet, der mindestens die aufgeführten Informationen enthalten muss:
ESG wird im Außen- und Innenbereich bei Ganzglastüren, Ganzglastüranlagen, Horizontal-Schiebewänden und anderen Verglasungen eingesetzt.
Bei einer Einbauhöhe ab 4 m über dem Fußboden darf beim Einsatz von Einscheiben-Sicherheitsglas nur solches verwendet werden, das einem Heat-Soak-Test (ESG-H) unterzogen wurde.
Einscheiben-Sicherheitsglas mit Heat-Soak-Test (ESG-H)
ESG-H ist Einscheiben-Sicherheitsglas, das einem Heißlagerungstest (Heat-Soak-Test) nach den Bestimmungen der Bauregelliste unterzogen wurde. Mit dieser Prüfung werden Spontanbrüche, ausgelöst durch Nickel-Sulfid-Einschlüsse, weitgehend ausgeschlossen.
Verbund-Sicherheitsglas (VSG)
Verbund-Sicherheitsglas besteht aus zwei oder mehreren Glasscheiben, die durch mindestens eine organische Zwischenschicht zu einer Einheit verbunden werden. Bei mechanischer Überlastung (Stoß, Schlag, Beschuss) bricht Verbund-Sicherheitsglas zwar an, aber die Bruchstücke haften fest an der Zwischenlage. Es entstehen somit keine losen scharfkantigen Glasbruchstücke; die Verletzungsgefahr wird weitgehend herabgesetzt (Abb. 2).
Je nach Zusammensetzung und Dicke ist Verbund-Sicherheitsglas einbruchs- oder sogar beschusshemmend. Es findet daher häufig Verwendung in Fenstern, Türen und Abtrennungen, die Personen und hohe Sachwerte schützen, z.B. an Kassenschaltern, bei Juwelieren, Foto- und Pelzgeschäften. Verbund-Sicherheitsglas wird auch mit matten, eingefärbten oder bedruckten Folien hergestellt. Auch die Glasoberflächen von Verbund-Sicherheitsglas können durch einen Farbauftrag - flächig oder in Dekoren - gestaltet werden. Damit kann zusätzlich die Forderung nach Kenntlichmachung der Glasscheibe erfüllt werden.
Abb. 2 Verbund-Sicherheitsglas schützt vor Verletzungen durch Binden der Glasstücke bei Bruch
Für Verbund-Sicherheitsglas besteht keine Kennzeichnungspflicht. Man kann es an eventuell eingelegten Stahlfäden oder am Profil der Außenkanten erkennen. Dem Betreiber ist empfohlen, die Bestätigung des Montagebetriebs über die Materialqualität aufzubewahren.
Lichtdurchlässige Kunststoffe
Abb. 3 Kunststofflichtplatten
Abb. 4 Doppelstegplatten
Lichtdurchlässige Kunststoffe aus Polymethylmethacrylat (z.B. Plexiglas®) oder Polycarbonat nach DIN EN ISO 11963 (z.B. Makrolon®, Lexan®) haben vergleichbare Sicherheitseigenschaften wie Sicherheitsgläser. Wegen ihrer großen elastischen Verformbarkeit sind sie relativ unempfindlich gegen Schlag und Stoß. Die genannten Kunststoffe sind außerdem formbeständig und leicht.
Es ist zu beachten, dass insbesondere Polycarbonat einer Alterung unterliegt und damit zu Versprödungen neigt.
Die Oberflächenhärte von Kunststoffen ist geringer als die Oberflächenhärte von Glas. Die Kratzanfälligkeit von Kunststoffen ist hier demnach höher. Beim Einsatz von Kunststofflichtplatten (siehe Abb. 3 und 4) empfiehlt es sich, solche mit strukturierten Oberflächen zu verwenden, um die optische Beeinträchtigung durch Kratzer zu minimieren. Bei der Verwendung sind die Anforderungen an die Eignung und Hygiene im jeweiligen Arbeitsbereich, wie z.B. in Lebensmittelbereichen, Gesundheitswesen, Laboratorien, zu beachten.
3 Schutzwirkung durch Splitter-Schutzfolie
Bei bestehenden nicht bruchsicheren Glasflächen, die nicht ausgetauscht werden können, lässt sich die Schutzwirkung gegen Verletzungsgefahren bei Glasbruch durch Auftragen von Splitterschutzfolien erhöhen. Die Folien erzielen ihre Schutzwirkung durch Binden der Glassplitter bei Bruch. Bei ihrer Verwendung ist insbesondere auf fachgerechtes, vollflächiges Verkleben ggf. bis zur nicht sichtbaren Glaskante zu achten. - Die Splitterschutzfolie muss an der möglichen Berührungsseite, bei Isoliergläsern evtl. beidseitig aufgetragen werden. Die Eignung der verwendeten Splitterschutz-Schutzfolie ist vom Hersteller durch ein Prüfzeugnis nach DIN EN 12600 nachzuweisen.
Auch Brandschutz-Zwischenlagen können die Entstehung loser, scharfkantiger Glassplitter verhindern. Hier ist ebenfalls die Eignung zur Verkehrssicherheit vom Hersteller durch ein Prüfzeugnis nach DIN EN 12600 nachzuweisen.
4 Gläser mit Drahteinlage
Gläser mit eingegossenen Drähten sind keine Sicherheitsgläser!
Gläser mit eingegossener Drahteinlage weisen im Allgemeinen eine geringere Biegezugfestigkeit auf als vergleichbare Floatgläser. Daher ist bei der Bemessung von Verglasungen nach den Technischen Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen (TRLV) eine geringere zulässige Biegezugspannung anzusetzen. Beim Bruch von Drahtgläsern ist zu beachten, dass die ursprünglich glatte Oberfläche des Glases durch abstehende Bruchstücke besonders schwere Verletzungen verursachen kann. Bei Durchbruch führt die Struktur der scharfkantigen Glasreste zu schweren Verletzungen insbesondere beim Rückzug von Gliedmaßen. Daher sind Drahtgläser nicht in Verkehrs- und Aufenthaltsbereichen einzusetzen, es sei denn, sie sind gegen Personenkontakt wirksam abgeschirmt.
5 Planung und Einbau von Ganzglastüren und -schiebeelementen aus ESG
Um Verletzungsgefahren zu minimieren sind folgende konstruktive Maßnahmen bei der Planung und dem Einbau von Ganzglaselementen zu beachten:
Abb. 5 Kantenschutz für den bodennahen Bereich
Abb. 6 in der Parkstellung geschützte Glaskanten
6 Kenntlichmachung
Entsprechende Anforderungen gemäß Punkt 5 (7) der Arbeitsstätten-Regel ASR A1.7 "Türen und Tore":
"Türen, die zu mehr als drei Vierteln ihrer Fläche aus einem durchsichtigen Werkstoff bestehen, müssen in Augenhöhe so gekennzeichnet sein, dass sie deutlich wahrgenommen werden können."
sowie gemäß Anhang Nr. 1.5 (3) der Arbeitsstättenverordnung:
"Durchsichtige oder lichtdurchlässige Wände, insbesondere Ganzglaswände im Bereich von Arbeitsplätzen oder Verkehrswegen, müssen deutlich gekennzeichnet sein .... "
sind auch im Abschnitt 3.2.5.3 der Regel "Verkaufsstellen" (BGR 202) enthalten.
Eine einfache und in vielen Fällen wirksame Maßnahme zur Kenntlichmachung ist das Bekleben der Glasflächen mit Klebefolien, die es in vielen Variationen gibt.
Diese Markierungen sollten in einer Höhe angebracht werden, die von den Türbenutzern gut zu erkennen sind.
Dabei ist zu beachten, dass das Bekleben von ESG im Schadensfall zu einer stärkeren Schollenbildungen der Bruchstücke führen kann. Dies trägt zur Erhöhung des Verletzungsrisikos bei.
Abb. 7 Kenntlichmachung der Glasfläche mit Klebefolie
Aus diesem Grund sollte eine Kenntlichmachung von ESG immer aus mehreren kleinflächigen Aufklebern bestehen. Im Idealfall wurde das Glas bereits schon während des Herstellungsprozesses (mechanisch oder chemisch) kenntlich gemacht. Vom Bekleben einer Tür in einer Höhe > 2m muss abgesehen werden.
Auffallende Griffe, Handleisten, getönte oder geätzte Scheiben oder kontrastreiche Türrahmen können ebenfalls die sicherheitstechnische Forderung erfüllen.
Nach ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" (Tabelle 2) muss die Größe der Kennzeichen in Abhängigkeit der Erkennungsweite ausgeführt werden. Die Kennzeichnung muss zum Hintergrund einen deutlichen Kontrast bilden. Allgemein gilt, je kleinteiliger der Hintergrund ist, desto großflächiger sollte die Kennzeichnung sein, je dunkler die räumliche Umgebung, desto heller ist die Beleuchtung im Türbereich zu gestalten.
7 Betrieb und Wartung von Ganzglastüren und -schiebeelementen aus ESG
Um Verletzungsgefahren zu minimieren sind folgende Maßnahmen bei Betrieb und Wartung von Ganzglaselementen zu beachten:
Abb. 8 Beschädigte Scheiben müssen ausgetauscht werden
8 Bestimmungsgemäße Verwendung von Glaselementen
Bei der alltäglichen Verwendung beugen diese Punkte einer Beschädigung von Glaselementen vor:
9 Sicherung von Glasflächen gegen Hineinstürzen von Personen
Weiter reichende Schutzmaßnahmen sind dort erforderlich, wo trotz Kenntlichmachung die Gefährdung besteht, dass Personen in die Glasfläche hineinstürzen oder beim Zersplittern der Wände verletzt werden können. Solche Gefährdungen können z.B. auftreten
Dies trifft auch für Glasflächen an Geländern und Brüstungen zu.
Deshalb wird in Bauausführungsbestimmungen und Verkaufsstätten-Verordnungen gefordert, dass Glaswände einem Menschengedränge standhalten müssen.
Glasflächen oder -elemente müssen so eingebaut oder verankert werden, dass Personen nicht durch herabfallende Glasscheiben verletzt werden können.
Sofern Arbeitsplätze oder Verkehrswege an lichtdurchlässige Wände grenzen und Absturzgefahr besteht, muss auch bei Wänden aus bruchsicherem Werkstoff eine ständige Sicherung gegen Absturz vorhanden sein oder die Verglasungen müssen gemäß Technische Regeln für die Verwendung von absturzsichernden Verglasungen (TRAV) dimensioniert und montiert sein. Dies gilt insbesondere für Fensterflächen, die bis zum Fußboden reichen und in modernen Gebäuden häufig in Treppenhäusern und Verkaufsräumen anzutreffen sind.
Das angestrebte Schutzziel kann dabei auf verschiedenen Wegen erreicht werden: Neben einer Unterteilung der Glasfläche durch Sprossen bietet das Anbringen von Gittern oder Geländern vor den Glasflächen hinreichend Schutz.
10 Sicherung der Nebenschließkante von Glastüren
Die Quetsch- und Scherstellen an der Nebenschließkante von Glastüren (Abb. 9) ist in einigen Fällen Ursache von Fingerverletzungen gewesen. Von einer Gefährdung ist ähnlich wie bei kraftbetätigten Türen dann auszugehen, wenn sich zwischen Neben- und Gegenschließkante der geöffneten Tür ein Spalt von 8 mm oder mehr ergibt, siehe Punkt 6 ASR A1.7 "Türen und Tore".
Die Gefährdung kann z.B. konstruktiv vermieden werden durch
Abb. 9 Quetschstelle an der Nebenschließkante einer rahmlosen Glastür
Abb. 10 a + b Sicherung der Quetschstelle an der Nebenschließkante einer rahmenlosen Glastür durch Schutzleisten
Abb. 11 a + b Verdeckung durch Abweiser
11 Verwendung von Glasarten
Einsatzort | Glasart | |
Türen | Ganzglastüren | Sicherheitsglas |
gerahmte Türen | Sicherheitsglas | |
Türen mit Glas nur im oberen Drittel | Floatglas1) | |
Fenster | Fenster über Brüstungen | Isolierglas aus Floatglas1) |
Fenster über Querriegeln | Isolierglas aus Floatglas1) | |
Fenster unter Querriegeln | Sicherheitsglas ggf. Bemessung als absturzsichernde Verglasung | |
bodentief eingebaute Fenster | Sicherheitsglas ggf. Bemessung als absturzsichernde Verglasung2) |
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Schaufenster | Floatglas1) oder VSG Für nicht geregelte Anwendungen wird eine Mindestdicke von 10 mm Floatglas bzw. 12 mm VSG empfohlen. Generell ist der Stand der Technik in den "Technischen Regeln für linienförmig gelagerte Verglasungen (TRLV)" festgelegt. |
|
bodentiefe Schaufenster | Sicherheitsglas oder trennende Schutzeinrichtungen (z.B. Geländer, Gitter) | |
Glasbausteine | lichtdurchlässige Wände | Glasbausteine Sicherheitsglas oder Floatglas (entsprechend der Gefährdungsbeurteilung) lichtdurchlässige Kunststoffe |
Geländer | Sicherheitsglas und Absturzsicherung nach TRAV3) | |
1) Floatglas ist normales Fensterglas ohne besondere sicherheitstechnische Eigenschaften. 2) Absturzsicherung bei beidseitig ebenerdigen Fenstern nicht notwendig 3) Technische Regel für absturzsichernde Verglasung des DIBt |
Vorschriften und Regeln | Anhang |
1. Gesetze, Verordnungen
Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung - ArbStättV)
mit Arbeitsstättenregeln (ASR), insbesondere:
Bauordnungsrecht der Länder:
2. Vorschriften, Regeln und Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Regeln
"Verkaufsstellen" (BGR 202),
"Kraftbetätigte Fenster, Türen und Tore" (BGR/GUV-R 232),
Informationen
"Neu- und Umbauplanung im Krankenhaus unter Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes" hier insbesondere die Pkte. 4.3.3 Glastüren und 6 Verglasungen (BGI/GUV-I 8681). "Mehr Sicherheit bei Glasbruch" (GUV-SI 8027)
3. Normen
Bezugsquelle:
Beuth Verlag GmbH Burggrafenstraße 6 10787 Berlin
www.beuth.de
DIN EN 12150-1 | "Glas im Bauwesen - Thermisch verspanntes Kalknatron-Einscheibensicherheitsglas", |
DIN EN 12600 | "Glas im Bauwesen - Pendelschlagversuch - Verfahren für die Stoßprüfung und Klassifizierung von Flachglas", |
DIN EN 13022-1 | "Glas im Bauwesen - Geklebte Verglasungen - Teil 1 Glasprodukte für SSG-Systeme", |
DIN EN 13024-1 | "Glas im Bauwesen" - Thermisch vorgespranntes Borosilicat-Einscheiben-Sicherheitsglas", |
DIN EN 14449 | "Glas im Bauwesen - Verbundglas und Verbundsicherheitsglas". |
ENDE |
(Stand: 09.12.2022)
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