umwelt-online: Bekanntmachung einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission - Freigabe von Stoffen zur Beseitigung - (3)

zurück

4 Ergänzende Betrachtungen zur Freisetzung

4.1 Langfristige Freisetzungen

Die Herleitung der in Tabelle 1 dargestellten Freigabewerte beruht auf Szenarien, die den Umgang mit Abfällen beschreiben. Darüber hinaus wurde von der SSK auch untersucht, inwiefern die bei der Beseitigungsanlage deponierte Aktivität kurzfristig freigesetzt werden kann. Diese Betrachtung schließt auch eine Untersuchung über die mögliche Nutzung von stillgelegten Deponien im Sinne der Nachhaltigkeit ein. Hierzu wird Folgendes festgestellt:

Stillgelegte Deponien werden in ein Altlastenverdachtskataster aufgenommen, das bei den für den Bodenschutz zuständigen Ämtern geführt wird. Die Dauer der Einträge im Altlastenverdachtskataster ist unbegrenzt. Die Einträge werden nicht gelöscht. Eine Wohnbebauung oder direkte landwirtschaftliche Nutzung wird ausgeschlossen.

Die unwissentliche Nutzung eines Deponiekörpers selbst kann ausgeschlossen werden, da hierbei das deponierte Material zutage gefördert würde. Ebenso kann eine Nutzung des eventuell an der Deponiesohle angestauten Sickerwassers aufgrund seines Zustandes (Trübung, Geruch) ausgeschlossen werden.

Ein Durchströmen des Deponiekörpers durch Grundwasser ist nicht zu unterstellen, da Deponien mit entsprechendem Abstand zum Grundwasser errichtet werden und vom Grundwasserleiter mindestens durch die geologische Barriere, ab der entsprechenden Deponieklasse auch durch zusätzliche technische Barrieren getrennt sind. Daher ist eine Nutzung von Grundwasser, das im Deponiekörper ansteht, nicht zu unterstellen.

Die Kunststoffdichtungsbahn (KDB) insbesondere der Basisabdichtung wird nach heutigen Expertenschätzungen 200 bis 500 Jahre halten [MUE 01]. Danach tritt ein langsamer Degradationsprozess ein (Schweißnähte gehen auf, kleinere Freisetzungen können auftreten). Es ist nicht von einem schlagartigen großflächigen Versagen auszugehen. Bei Oberflächenabdichtungen ist eine etwas kürzere Lebensdauer anzunehmen, da hier die dichtenden Materialien (KDB) und die mineralische Abdichtung stärkeren Umwelteinflüssen ausgesetzt sein können.

Die Freisetzung über den Grundwasserpfad wurde im Modell vollständig ohne zeitliche Begrenzung betrachtet und ist daher konservativ. Es wurde ein Versagen der Abdichtung nach 100 Jahren angesetzt, das nach insgesamt 200 Jahren zu einem völligen Verlust der Rückhaltung führt. Die Dosisberechnung wurde für den Zeitpunkt der höchsten Konzentration am betrachteten Privatbrunnen durchgeführt, wobei dieser Zeitpunkt nicht beschränkt wurde, also für langsam migrierende Nuklide erst in Jahrhunderten oder Jahrtausenden auftreten kann.

Radionuklide, die bzgl. externer Exposition dosisrelevant sind (z.B. Co-60), sind nach wenigen Jahrzehnten bis Jahrhunderten so weit zerfallen, dass die Exposition durch externe Bestrahlung bei sämtlichen Szenarien, welche eine Nutzung des Deponiekörpers beinhalten, vernachlässigbar ist. Es kann als sicher angenommen werden, dass die Nutzung des Deponiekörpers erst nach einigen Jahrhunderten erfolgt, da

Externe Strahlenexpositionen während des Aufenthaltes auf der Abdeckschicht einer Deponie sind aufgrund der Abschirmung durch diese Abdeckschicht vernachlässigbar. Dies gilt bereits ab Stilllegung der Deponie.

Als einzige mögliche langfristige Auswirkung bleibt der Austrag sehr langlebiger Radionuklide über Sicker- und Grundwasserpfade. Der im Modell betrachtete Brunnenpfad ist aufgrund der Nähe des Brunnens zur Deponie auch hier als abdeckend anzusehen. Bei langfristigem vollständigen Versagen der Basisabdichtung und Migration der langlebigen Radionuklide in tieferes Grundwasser ergeben sich höhere Verdünnungsfaktoren als im Falle des Brunnenpfades. Hinzu kommt, dass die hier relevanten langlebigen Radionuklide in der Regel nur einen Bruchteil der deponierten Aktivitäten ausmachen. Selbst bei einem vollständigen Versagen der Basisabdichtung ist die Möglichkeit, die gesamte Aktivität in vergleichweise kurzem Zeitraum freizusetzen, nicht gegeben.

4.2 Kurzfristige Freisetzungen

An einigen Standorten von Beseitigungsanlagen (MVA, Deponie) werden Abfälle bis zur Verfügbarkeit von Kapazität in Behandlungsanlagen (MVA, MBV, Mitverbrennung) auf Freiflächen zwischengelagert. Bei MVAs kann dies auch beispielsweise während der Revision oder Reparatur der Anlage auftreten. Derartige Zwischenlager umfassen maximal einige 1.000 Mg Abfall. Da es sich überwiegend um heizwertreichen Abfall mit brennbaren Anteilen handelt, kann ein Brand nicht ausgeschlossen werden. Ein solcher Brand kann eine realistische Quelle für einen nennenswerten Aktivitätsaustrag aus Abfällen darstellen.

Die Praxis der Zwischenlagerung wird in den nächsten Jahren infolge der Anpassung der Behandlungskapazitäten an den Bedarf nach Einschätzung des UBa [UBa 06] rückläufig sein.

Als Worst Case werden daher folgende Szenarien betrachtet:

A: Freisetzung aufgrund eines Brandes von Abfällen, die auf einer Freifläche einer MVa zwischengelagert werden, die zu Revisionszwecken abgeschaltet ist; aufgrund der Nähe der MVa zur Besiedelung und zu Industriebereichen wird ein Abstand der Referenzperson von 100 m zum Brandherd angenommen.

B: Freisetzung aufgrund eines Brandes von angelieferten Abfällen, die auf einer Freifläche einer Deponie mit MBV zwischengelagert werden; aufgrund des Abstandes der Deponie zu Besiedelungen und Industriebereichen wird ein Abstand der Referenzperson von 300 m zum Brandherd angenommen.

Es wird weiterhin für beide Szenarien unterstellt, dass für einen Zeitraum von 3 Wochen Abfälle zwischengelagert werden müssen und in den Abfällen sich auch Abfälle von einem Ablieferer befinden, der 1.000 Mg freigegebene Abfälle im Jahr gleichmäßig abgibt. Nach 3 Wochen werden in diesen zwischengelagerten Abfällen somit ca. 6 Mg freigegebene Abfälle enthalten sein.

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 16.06.2018)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion