(1) Von den unter den Begriff der Klasse 8 fallenden Stoffen und Gegenständen unterliegen die in Rn. 2801 genannten oder unter eine dort genannte Sammelbezeichnung fallenden Stoffe und Gegenstände den in Rn. 2800(2) bis 2822 enthaltenen Vorschriften, den Bestimmungen dieser Anlage und denen der Anlage B und sind somit Stoffe und Gegenstände des ADR.
Bem. Für Mengen der in Rn. 2801 aufgeführten Stoffe, die den in dieser Anlage oder in Anlage B für diese Klasse enthaltenen Vorschriften nicht unterliegen, siehe Rn. 2801a.
( 2) Der Begriff der Klasse 8 umfaßt Stoffe, die durch chemische Einwirkung die Epithelgewebe der Haut oder der Schleimhäute, mit denen sie in Berührung kommen, angreifen und beim Freiwerden Schäden an anderen Gütern oder Transportmitteln verursachen oder sie zerstören können, und die auch andere Gefahren hervorrufen können. Unter den Begriff dieser Klasse fallen auch Stoffe, die erst mit Wasser ätzende flüssige Stoffe oder mit natürlicher Luftfeuchtigkeit ätzende Dämpfe oder Nebel bilden.
Die Stoffe und Gegenstände der Klasse 8 sind wie folgt unterteilt:
Stoffe sauren Charakters
Stoffe basischen Charakters
Andere ätzende Stoffe
Gegenstände, die ätzende Stoffe enthalten
Leere Verpackungen
Auf Grund des Grades ihrer Ätzwirkung sind die Stoffe und Gegenstände der Klasse 8, mit Ausnahme der Stoffe der Ziffern 6, 14 und 15, in den einzelnen Ziffern der Rn. 2801 einer der folgenden Gruppen, gekennzeichnet durch die Buchstaben a), b) und c), zuzuordnen:
Die Zuordnung der Stoffe zu den Gruppen a), b) und c) der Klasse 8 wurde auf Grundlage von Erfahrungen unter Berücksichtigung zusätzlicher Faktoren, wie Gefahr des Einatmens1 und Reaktionsfähigkeit mit Wasser (einschließlich der Bildung gefährlicher Zerfallsprodukte) durchgeführt. Der Grad der Ätzwirkung nicht namentlich genannter Stoffe, einschließlich Gemische, kann durch die Länge der Kontaktzeit beurteilt werden, die nötig ist, um die Zerstörung der menschlichen Haut in ihrer gesamten Dicke zu erreichen. Bei Stoffen, von denen angenommen wird, daß sie keine Zerstörung der menschlichen Haut in ihrer gesamten Dicke hervorrufen, ist noch die Korrosionswirkung auf bestimmte Metalloberflächen zu berücksichtigen. Bei dieser Zuordnung sind die bei unbeabsichtigter Gefährdung gemachten Erfahrungen zu berücksichtigen. Fehlen solche Erfahrungen, ist die Zuordnung auf der Grundlage der Ergebnisse von Versuchen gemäß OECD-Guideline 4042 vorzunehmen.
Stoffe, die während eines Beobachtungszeitraums von 60 Minuten nach einer Einwirkungszeit von 3 Minuten oder weniger eine Zerstörung des unverletzten Hautgewebes in seiner gesamten Dicke verursachen, sind Stoffe der Gruppe a).
Stoffe, die während eines Beobachtungszeitraums von 14 Tagen nach einer Einwirkungszeit von mehr als 3 Minuten aber höchstens 60 Minuten eine Zerstörung des unverletzten Hautgewebes in seiner gesamten Dicke verursachen, sind Stoffe der Gruppe b).
Stoffe der Gruppe c) sind:
Stoffe, die während eines Beobachtungszeitraums von 14 Tagen nach einer Einwirkungszeit von mehr als 60 Minuten aber höchstens 4 Stunden eine Zerstörung des unverletzten Hautgewebes in seiner gesamten Dicke verursachen.
Stoffe, von denen man annimmt, daß sie keine Zerstörung des unverletzten Hautgewebes in seiner gesamten Dicke verursachen, bei denen aber die Korrosionsrate auf Stahl- oder Aluminiumoberflächen bei einer Prüftemperatur von 55 °C den Wert von 6,25 mm pro Jahr überschreitet. Es sind zu verwenden für Prüfungen an Stahl der Typ P235 [ISO 9328 (II) : 1991] oder ein ähnlicher Typ und für Prüfungen an Aluminium die unbeschichteten typen 7075-T6 oder AZ5GU-T6. Eine zulässige Prüfung ist in der Norm ASTM G31-72 (1990 erneuert) beschrieben.
Stoffe, Lösungen und Gemische, die
nicht den Kriterien der Richtlinien 67/548/EWG oder 88/379/EWG in ihrer geltenden Fassung entsprechen und daher nach diesen Richtlinien in ihrer geltenden Fassung nicht als ätzend eingestuft sind und
nicht ätzend auf Stahl oder Aluminium wirken,
sind als nicht zur Klasse 8 gehörige Stoffe anzusehen.
( 4) Wenn die Stoffe der Klasse 8 durch Beimengungen in andere Bereiche der Gefährlichkeit fallen als die, zu denen die namentlich genannten Stoffe der Rn. 2801 gehören, sind diese Gemische oder Lösungen den Ziffern oder Gruppen zuzuordnen, zu denen sie auf Grund ihrer tatsächlichen Gefahr gehören.
Bem. Für die Zuordnung von Lösungen und Gemischen (wie Präparate, Zubereitungen und Abfälle) siehe auch Rn. 2002 ( 8).
( 5) Auf Grundlage der Kriterien des Absatzes ( 3) kann auch festgestellt werden, ob eine namentlich genannte Lösung oder ein namentlich genanntes Gemisch bzw. eine Lösung oder ein Gemisch, das einen namentlich genannten Stoff enthält, so beschaffen ist, daß diese Lösung oder dieses Gemisch nicht den Vorschriften dieser Klasse unterliegt.
( 6) Als feste Stoffe im Sinne der Verpackungsvorschriften der Rn. 2805 ( 2), 2806 ( 3) und 2807 ( 3) gehen Stoffe und Stoffgemische mit einem Schmelzpunkt über 45 °C.
Die entzündbaren ätzenden flüssigen Stoffe mit einem Flammpunkt unter 23 °C, ausgenommen Stoffe der Ziffern 54 a) und 68 a), sind Stoffe der Klasse 3 (siehe Rn. 2301 Ziffern 21 bis 26).
Die entzündbaren schwach ätzenden flüssigen Stoffe mit einem Flammpunkt von 23 °C bis einschließlich 61 °C sind Stoffe der Klasse 3 (siehe Rn. 2301 Ziffer 33).
Ätzende Stoffe, die nach Rn. 2600 ( 3) beim Einatmen sehr giftig sind, sind Stoffe der Klasse 6.1 (siehe Rn. 2601).
( 8) Die chemisch instabilen Stoffe der Klasse 8 sind zur Beförderung nur zugelassen, wenn die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung einer gefährlichen Zerfalls- oder Polymensationsreaktion während der Beförderung getroffen wurden. Zu diesem Zweck muß insbesondere auch dafür gesorgt werden, daß die Gefäße keine Stoffe enthalten, die diese Reaktionen begünstigen.
( 9) Calciumoxid der Kennzeichnungsnummer 1910 und Natriumaluminat der Kennzeichnungsnummer 2812 der UN-Empfehlungen unterliegen nicht den Vorschriften des ADR.
( 10) Der nachstehend festgesetzte Flammpunkt ist nach den Vorschriften des Anhang A.3 zu bestimmen.
Bem. 1829 Schwefeltrioxid muß durch Zusatz eines Inhibitors stabilisiert werden. Schwefeltrioxid, mindestens 99,95 % rein, darf auch ohne Inhibitor in Tanks befördert werden, vorausgesetzt, seine Temperatur wird auf 32,5 °C oder darüber gehalten.
1794 Bleisulfat, mit mehr als 3 % freier Säure, 1830 Schwefelsäure, mit mehr als 51 % Säure, 1832 Schwefelsäure, gebraucht, 1833 Schwefelige Säure, 1906 Abfallschwefelsäure, 2308 Nitrosylschwefelsäure, 2583 Alkylsulfonsäuren, fest, mit mehr als 5 % freier Schwefelsäure oder 2583 Arylsulfonsäuren, fest, mit mehr als 5 % freier Schwefelsäure, 2584 Alkylsulfonsäuren, flüssig, mit mehr als 5 % freier Schwefelsäure oder 2584 Arylsulfonsäuren, flüssig, mit mehr als 5 % freier Schwefelsäure, 2796 Schwefelsäure, mit höchstens 51 % Säure oder 2796 Batterieflüssigkeit, sauer, 2837 Hydrogensulfate, wässerige Lösung (Bisulfate, wässerige Lösung);
Bem.
2585 Alkyl- oder Arylsulfonsäuren, fest, und 2586 Alkyl- oder Arylsulfonsäuren, flüssig, mit 5 % oder weniger freier Schwefelsäure sind Stoffe der Ziffer 34.
Bleisulfat mit höchstens 3 % freier Schwefelsäure unterliegt nicht den Vorschriften des ADR.
chemisch instabile Mischungen von Abfallschwefelsäure sind zur Beförderung nicht zugelassen.
1802 Perchlorsäure, mit höchstens 50 Masse-% Säure in wässeriger Lösung.
Bem.
1873 Perchlorsäure, wässerige Lösung, mit mehr als 50 Masse-% aber höchstens 72 Masse-% reiner Säure, ist ein Stoff der Klasse 5.1 [siehe Rn. 2501 Ziffer 3a)].
Perchlorsäure, wässerige Lösungen, mit mehr als 72 Masse-% reiner Säure oder Mischungen von Perchlorsäure mit anderen flüssigen Stoffen als Wasser sind zur Beförderung nicht zugelassen.
5. Wässerige Lösungen von Halogenwasserstoffen, ausgenommen Fluorwasserstoff:
Bem. 1890 Natriumfluorid, 1812 Kaliumfluorid, 2505 Ammoniumfluorid, 2674 Natriumfluorosilicat und 2856 Fluorosilicate, n.a.g. sind Stoffe der Klasse 6.1 [siehe Rn. 2601 Ziffern 63 c), 64 c) oder 71 bis 73].
10. Flüssige Fluoride und andere fluorhaltige Stoffe, die in Berührung mit feuchter Luft oder Wasser Fluorwasserstoff entwickeln:
Bem. 1745 Brompentafluorid, 1746 Bromtrifluorid und 2495 Iodpentafluorid sind Stoffe der Klasse 5.1 (siehe Rn. 2501 Ziffer 5.)
11. Feste Halogenide und andere feste halogenierte Stoffe, mit Ausnahme der Fluorverbindungen, die in Berührung mit feuchter Luft oder Wasser saure Dämpfe entwickeln:
Bem. Eisen(III)chlorid-Hexahydrat unterliegt nicht den Vorschriften des ADR.
12. Flüssige Halogenide und andere flüssige halogenierte Stoffe, mit Ausnahme der Fluorverbindungen, die in Berührung mit feuchter Luft oder Wasser saure Dämpfe entwickeln:
1754 Chlorsulfonsäure, mit oder ohne Schwefeltrioxid, 1758 Chromiumoxychlorid (Chromylchlorid), 1828 Schwefelchloride, 1834 Sulfurylchlorid, 1836 Thionylchlorid, 2444 Vanadiumtetrachlorid, 2692 Bortribromid, 2879 Selenoxychlorid (Selenoxydichlorid);
Bem. Für diese Stoffe bestehen Sondervorschriften für die Verpackung (siehe Rn. 2804).
15. Saure anorganische Stoffe in geschmolzenem Zustand:
2576 Phosphoroxybromid, geschmolzen.
16. Saure anorganische feste Stoffe und Gemische dieser Stoffe (wie Präparate, Zubereitungen und Abfälle), die nicht einer anderen Sammelbezeichnung zugeordnet werden können:
17. Saure anorganische flüssige Stoffe sowie Lösungen und Gemische dieser Stoffe (wie Präparate, Zubereitungen und Abfälle), die nicht einer anderen Sammelbezeichnung zugeordnet werden können:
Bem. 1463 Chromiumtrioxid, wasserfrei, (Chromiumsäure fest) ist ein Stoff der Klasse 5.1 [siehe Rn. 2501 Ziffer 31b].
Organische Stoffe
31. Feste Carbonsäuren und ihre Anhydride sowie feste Halogencarbonsäuren und ihre Anhydride:
1839 Trichloressigsäure, 1938 Bromessigsäure;
2214 Phthalsäureanhydrid, mit mehr als 0,05 % Maleinsäureanhydrid, 2215 Maleinsäureanhydrid, 2698 Tetrahydrophthalsäureanhydride, mit mehr als 0,05 % Maleinsäureanhydrid, 2823 Crotonsäure.
Bem.
Phthalsäureanhydrid und Tetrahydrophthalsäureanhydrid mit höchstens 0,05 % Maleinsäureanhydrid unterliegen nicht den Vorschriften dieser Klasse.
Phthalsäureanhydrid mit höchstens 0,05 % Maleinsäureanhydrid, das in geschmolzenem Zustand über seinen Flammpunkt erwärmt zur Beförderung aufgegeben oder befördert wird, ist ein Stoff der Klasse 3 [siehe Rn. 2301 Ziffer 61c)].
32. Flüssige Carbonsäuren und ihre Anhydride sowie flüssige Halogencarbonsäuren und ihre Anhydride:
2699 Trifluoressigsäure;
1. 1764 Dichloressigsäure, 1779 Ameisensäure, 1940 Thioglycolsäure, 2564 Trichloressigsäure, Lösung, 2790 Essigsäure, Lösung, mit mindestens 50 Masse-% und höchstens 80 Masse-% Säure, 2. 1715 Essigsäureanhydrid, 2218 Acrylsäure, stabilisiert, 2789 Eisessig (Essigsäure) oder 2789 Essigsäure, Lösung, mit mehr als 80 Masse-% Säure;
1848 Propionsäure, 2496 Propionsäureanhydrid, 2511 alpha-Chlorpropionsäure, 2531 Methacrylsäure, stabilisiert, 2564 Trichloressigsäure, Lösung, 2739 Buttersäureanhydrid, 2790 Essigsäure, Lösung mit mehr als 10 Masse-%, aber weniger als 50 Masse-%Säure, 2820 Buttersäure, 2829 Capronsäure.
Bem. Essigsäure, Lösungen, mit höchstens als 10 Masse-% reiner Säure, unterliegen nicht den Vorschriften des ADR.
2585 Alkylsulfonsäuren, fest, mit höchstens 5 % freier Schwefelsäure oder 2585 Arylsulfonsäuren, fest, mit höchstens 5 % freier Schwefelsäure, 2586 Alkylsulfonsäuren, flüssig, mit höchstens 5 % freier Schwefelsäure oder 2586 Arylsulfonsäuren, flüssig, mit höchstens 5 % freier Schwefelsäure.
Bem. 2583 Alkyl- oder Arylsulfonsäuren, fest, und 2584 Alkyl- oder Arylsulfonsäuren, flüssig, mit mehr als 5 % freier Schwefelsäure, sind Stoffe der Ziffer 1b).
39. Saure organische feste Stoffe und Gemische dieser Stoffe (wie Präparate, Zubereitungen und Abfälle), die nicht einer anderen Sammelbezeichnung zugeordnet werden können:
40. Saure organische flüssige Stoffe sowie Lösungen und Gemische dieser Stoffe (wie Präparate, Zubereitungen und Abfälle), die nicht einer anderen Sammelbezeichnung zugeordnet werden können:
2672 Ammoniaklösung in Wasser, relative Dichte zwischen 0,880 und 0,957 bei 15 °C mit mehr als 10 % aber höchstens 35 % Ammoniak.
Bem.
1005 Ammoniak, wasserfrei, 3318 Ammoniaklösung in Wasser mit mehr als 50 % Ammoniak, und 2073 Ammoniaklösung in Wasser mit mehr als 35 %, aber höchstens 50 % Ammoniak, sind Stoffe der Klasse 2 (siehe Rn. 2201 Ziffern 2 TC, 4 TC und 4 A).
Ammoniaklösungen mit höchstens 10 % Ammoniak unterliegen nicht den Vorschriften des ADR.
2030 Hydrazinhydrat oder 2030 Hydrazin, wässerige Lösung, mit mindestens 37 Masse-% aber höchstens 64 Masse-% Hydrazin;
Bem. 3293 Hydrazin, wässerige Lösung, mit höchstens 37 Masse-% Hydrazin ist ein Stoff der Klasse 6.1 [siehe Rn. 2601 Ziffer 65 c)].
45. Sulfide und Hydrogensulfide und ihre wässerigen Lösungen:
1. 1847 Kaliumsulfid, mit mindestens 30 % Kristallwasser, 1849 Natriumsulfid, mit mindestens 30 % Kristallwasser, 2818 Ammoniumpolysulfid, Lösung, 2949 Natriumhydrogensulfid mit mindestens 25 % Kristallwasser,
2. 2683 Ammoniumsulfid, Lösung;
2818 Ammoniumpolysulfid, Lösung.
Bem. 1382 Wasserfreies Kaliumsulfid und 1385 wasserfreies Natriumsulfid sowie deren Hydrate mit weniger als 30 % Kristallwasser sowie 2318 Natriumhydrogensulfid mit weniger als 25 % Kristallwasser sind Stoffe der Klasse 4.2 [siehe Rn. 2431 Ziffer 13b)].
1) Ein Stoff oder ein Präparat, der/das die Kriterien der Klasse 8 erfüllt und eine Giftigkeit beim Einatmen von Staub und Nebel (LC50) entsprechend Gruppe a), aber eine Giftigkeit bei Einnahme oder Absorption durch die Haut entsprechend Gruppe c) oder eine geringere Giftigkeit aufweist, ist der Klasse 8 zuzuordnen.