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TRGS 910-61: 3,3'-Dimethoxybenzidin
(BArbBl. 9/83 S. 35)
Krebserzeugender |
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I (sehr stark gefährdend) |
II (stark gefährdend) |
III (gefährdend) |
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Massengehalte im Gefahrstoff in v. H. |
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3,3'-Dimethoxybenzidin | > 0,5 | < 0,5-0,05 |
Erläuterung:
Beim 3,3'-Dimethoxybenzidin steht die Frage einer krebserzeugenden Wirkung eindeutig im Vordergrund. Diesbezügliche Erfahrungen nach Exposition nur gegenüber 3,3'-Dimethoxybenzidin liegen für den Menschen nicht vor. Nach metabolischer Aktivierung erwies sich 3,3'-Dimethoxybenzidin an Bakterien (Salmonella typhimurium) als mutagen und in einem in-vitro-Zelltransformations-Test als positiv. Auch in verschiedenen in-vitro-Tests auf DNS-Schädigung bzw. Chromosomenschädigung war 3,3'-Dimethoxybenzidin positiv. Ein signifikanter Anstieg an Schwesterchromatidaustausch wurde aber auch in Knochenmarkzellen von Mäusen nach intraperitonealer Injektion von 96 mg/kg Körpergewicht beobachtet. Im geschlechtsgebundenen rezessiv-letal-Test an Drosophila melanogaster war 3,3'-Dimethoxybenzidin sowohl nach Verfütterung als auch nach Injektion negativ.
3,3'-Dimethoxybenzidin ist nur unzureichend auf eine krebserzeugende Wirkung untersucht worden.
In einem Versuch wurden ein "technisches Gemisch", das ca. 38 % 3,3'-Dimethoxybenzidin enthielt. in Erdnußöl über 13 Monate per Schlundsonde appliziert (3 x 30 mg/Ratte u. Woche: nach einem Monat wegen Toxizität auf die Hälfte reduziert). An die Behandlung schloß sich eine Nachbeobachtungszeit von 19 Monaten an. Insgesamt waren 42 Versuchsratten (m + w) und 50 Kontrollratten eingesetzt worden. Wegen hoher Sterblichkeit erreichten nur 18 Versuchsratten ein für eine Tumorentwicklung notwendiges Alter. Unter diesen 18 Ratten traten 2 Zymbaldrüsentumoren, 1 Ovarialtumor und ein gutartiger Mammatumor auf (Kontrolle: 0/50).
Auch mit der Magensonde wurden in einem ebenfalls limitierten Versuch Fischer-Ratten mit 3,3'-Dimethoxybenzidin behandelt. Die Dosierung war: 0; 0,1: 0,3; 1; 3; 10 oder 30 mg/Ratte fünfmal pro Woche über ein Jahr. Nach der Behandlung wurden die Tiere noch 18 Monate nachbeobachtet. Alle Versuchsgruppen bestanden aus nur je 3 männlichen und 3 weiblichen Ratten; lediglich die 10 mg-Gruppe bestand aus 15 männlichen und 15 weiblichen Ratten (die Kontrolle aus 30 männlichen und 30 weiblichen Ratten). Auch in diesem Versuch ergab sich dosisabhängig eine erhöhte Sterblichkeit. Als Hinweis auf eine krebserzeugende Wirkung des 3,3'-Dimethoxybenzidin lassen sich verläßlich nur die Häufigkeiten der Gehörgangskarzinome deuten: 1 von 6 Tieren bei der Dosierung 30 mg/Tier. 5 von 29 Tieren bei 10 mg/Tier. 1 von 6 Tieren bei 3 mg/Tier und 1 von 6 Tieren bei 1 mg/Tier.
Die Applikation von 3,3'-Dimethoxybenzidin an syrische Goldhamster (je Konzentration 30 m + 30 w) in den Konzentrationen von 1 % bzw 0,1 % im Futter führte bei 37 % der Tiere der hohen Konzentration zu Vormagenpapillomen (0 1 %. 0 % Kontrolle 2 %). Bei der Konzentration 0,1 % entwickelte 1 Tier einen Blasentumor.
Die mit oraler Gabe von 3.3'-Dimethoxybenzidin an Ratten durchgeführten Kanzerogeneseversuche sind wegen ihrer sehr geringen Tierzahlen und der Anwendung toxischer Dosen nur wenig aussagekräftig. Hinzu kommt, daß auch Benzidin nach oraler Gabe an der Ratte (wenn sie keine Sprague-Dawley-Ratte ist) nur eine relativ geringe krebserzeugende Wirkung zeigte (1).
Dabei entwickeln sich dann vornehmlich solche Gehörgangskarzinome. wie sie auch nach 3,3'-Dimethoxybenzidin beobachtet wurden. Die schwache Wirkung nach oraler Gabe beim Goldhamster muß vor dem Hintergrund gesehen werden, daß selbst 4-Aminodiphenyl in diesem Test bei einer Konzentration von 0,1 % im Futter keine krebserzeugende Wirkung zeigte (1).
Die vorliegenden sehr limitierten Versuche mit 3,3'-Dimethoxybenzidin zeigen eine krebserzeugende Wirkung des Stoffes. Die Wirkungsstärke ist allerdings schwer zu beurteilen. Eine dem Benzidin ähnliche Wirkung ist nicht auszuschließen, aber bisher auch nicht bewiesen. 3,3'-Dimethoxybenzidin wird deshalb in die Gruppe II eingestuft. und zwar in der Konzentration> 0,5 %
Literatur:
(1) Henschler, D.: "Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe": (Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten), der Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim
(2) Saffiotti. U. F. Cefis. R. Montesano. A. R. Sellakumar: In: Bladder Cancer: ed. K. F. Lampe, Aesculapius Publishing Co.. Birmingham. Alabama, USA. S.129 (1967)
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(Stand: 20.08.2018)
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