Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, Allgemeines, Verwaltung
Frame öffnen

NArchG - Niedersächsisches Archivgesetz
Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut in Niedersachsen

- Niedersachsen -

Vom 25. Mai 1993
(GVBl 1993 S. 129; 05.11.2004 S. 402; 16.05.2018 S. 66 18)
Gl.-Nr.: 2256002



§ 1 Aufgaben des Niedersächsischen Landesarchivs

(1) Die Aufgabe, aus dem Schriftgut der Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes das Archivgut zu ermitteln, zu übernehmen, zu verwahren, zu erhalten, instand zu setzen, zu erschließen und nutzbar zu machen, obliegt dem Niedersächsischen Landesarchiv mit Sitz in Hannover und weiteren Standorten in Aurich, Bückeburg, Oldenburg, Osnabrück, Stade und Wolfenbüttel (Landesarchiv). Es nimmt an der Veröffentlichung und wissenschaftlichen Auswertung des Archivgutes teil.

(2) Die Aufgabe nach Absatz 1 betrifft auch das Schriftgut

  1. der Stiftungen privaten Rechts, wenn das Land oder einer seiner Rechtsvorgänger überwiegend das Stiftungsvermögen bereitgestellt hat, und
  2. anderer juristischer Personen des Privatrechts, wenn sie nicht am Wettbewerb teilnehmen und dem Land mehr als die Hälfte der Anteile oder der Stimmen zusteht.

(3) § 7 Abs. 1 bleibt unberührt.

(4) Das Landesarchiv nimmt auch Schriftgut anderer Herkunft an, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt. Es sammelt sonstige Unterlagen zur Ergänzung des Archivgutes.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Schriftgut sind schriftlich geführte oder auf maschinenlesbaren Datenträgern gespeicherte Akten mit Anlagen, Urkunden und andere Einzelschriftstücke, Karten, Pläne, Zeichnungen, Risse und Plakate, zudem Siegel und Stempel, Bild-, Film- und Tonaufzeichnungen, Karteien sowie Dateien einschließlich der Ordnungen und Verfahren, um das Schriftgut auswerten zu können.

(2) Archivgut ist das Schriftgut, das von bleibendem Wert für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, für die Sicherung berechtigter privater Interessen oder für die Forschung ist.

§ 3 Ermittlung und Übernahme des Archivgutes 18

(1) Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 genannten Stellen haben sämtliches Schriftgut, dessen Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist oder das aus sonstigen Gründen ausgesondert werden soll, dem Landesarchiv in regelmäßigen Abständen im Originalzustand zur Übernahme anzubieten. Dazu gehört auch Schriftgut, das nach Rechtsvorschriften des Bundes der Geheimhaltung unterliegt, und Schriftgut, das besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) enthält. Spätestens 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung ist jegliches Schriftgut zur Übernahme anzubieten. Satz 1 gilt nicht für den Landtag.

(2) Daten in automatisierten Dateien sind in Form einer Abbildung zur Übernahme anzubieten. Der Zeitpunkt der Herstellung, die Form der Datenübermittlung und eine etwaige Auswahl der Daten sind vorab zwischen dem Landesarchiv und der dateiführenden Stelle zu vereinbaren.

(3) Daten, die unzulässig gespeichert sind, dürfen nicht angeboten werden. Sind solche Daten dem Landesarchiv übermittelt worden, so sind sie dort auf Ersuchen der übermittelnden Stelle zu löschen.

(4) Das Landesarchiv stellt fest, welches Schriftgut Archivgut nach § 2 Abs. 2 ist. Es kann die Pflicht, Schriftgut anzubieten, einschränken.

(5) Das Landesarchiv kann bereits aus Schriftgut, dessen Aufbewahrungsfrist noch nicht abgelaufen ist, das Archivgut ermitteln.

(6) Die in § 7 Abs. 1 Satz 1 genannten Einrichtungen können ihr Schriftgut dem Landesarchiv zur Übernahme anbieten. Die §§ 3a, 3b und 4 Satz 2 sowie die §§ 5 bis 6a sind anzuwenden. Die Einrichtungen regeln ihre Rechte und Pflichten hinsichtlich des Archivguts durch Vereinbarung mit dem Landesarchiv.

(7) Private sowie Religionsgemeinschaften, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind, können ihr Schriftgut dem Landesarchiv anbieten. In Vereinbarungen dieser Personen und Religionsgemeinschaften mit dem Landesarchiv kann von den §§ 5 und 6 abgewichen werden.

§ 3a Löschung personenbezogener Daten in Schriftgut 18

Der im öffentlichen Interesse liegende Archivzweck (Artikel 17 Abs. 3 Buchst. d der Datenschutz-Grundverordnung) steht einer Löschung von in Schriftgut enthaltenen personenbezogenen Daten nach Artikel 17 Abs. 1 Buchst.a der Datenschutz-Grundverordnung nicht mehr entgegen, wenn

  1. die in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 genannten Stellen das Schriftgut dem Landesarchiv angeboten haben und das Landesarchiv
    1. festgestellt hat, dass es sich nicht um Archivgut handelt, oder
    2. die Feststellung, ob es sich um Archivgut handelt, nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Angebot getroffen hat
      oder
  2. das Landesarchiv entschieden hat, dass dieses Schriftgut nicht anzubieten ist (§ 3 Abs. 4 Satz 2).

§ 3b Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten 18

Die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung ist zulässig. Sie berührt stets schutzwürdige Interessen der betroffenen Person im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 5.

§ 4 Sicherung des Archivgutes

Archivgut ist auf Dauer und sicher zu verwahren, zu erhalten und vor unbefugter Nutzung, vor Beschädigung oder Vernichtung zu schützen. Archivgut, dem ein bleibender Wert nach § 2 Abs. 2 nicht mehr zukommt, ist zu vernichten, sofern Aufbewahrungsfristen sowie Rechte von Personen oder Religionsgemeinschaften nach § 3 Abs. 7 Satz 1 nicht entgegenstehen.

§ 5 Nutzung des Archivgutes 18

(1) Jede Person hat nach Maßgabe dieser Vorschrift und im Rahmen der Benutzungsordnung das Recht, auf Antrag Archivgut im Landesarchiv zu wissenschaftlichen Zwecken oder bei sonst berechtigtem Interesse zu nutzen. Die Nutzerinnen und Nutzer sind verpflichtet, von Werken, die sie unter wesentlicher Verwendung von Archivgut verfaßt haben, dem Landesarchiv, welches das Archivgut verwahrt, ein Exemplar kostenfrei abzuliefern. § 12 Abs. 2 bis 5 des Niedersächsischen Pressegesetzes gilt entsprechend.

(2) Archivgut darf erst 30 Jahre nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung des Schriftgutes genutzt werden. Archivgut, das besonderen gesetzlichen Geheimhaltungs-, Sperrungs-, Löschungs- oder Vernichtungsvorschriften des Landes unterlegen hat, darf erst 50 Jahre nach der letzten inhaltlichen Bearbeitung des Schriftgutes genutzt werden. Archivierte Niederschriften von Sitzungen der Landesregierung oder Verschlußsachen dürfen nur genutzt werden, wenn die Vertraulichkeit oder Geheimhaltung aufgehoben worden ist. Ist das nach den Sätzen 1 bis 3 geschützte Archivgut zu einer betroffenen Person geführt und ist deren Geburts- oder Sterbedatum bekannt oder mit vertretbarem Aufwand aus diesem Archivgut zu ermitteln, so darf es frühestens 10 Jahre nach dem Tode dieser Person oder, falls das Sterbedatum nicht feststellbar ist, 100 Jahre nach deren Geburt genutzt werden. Im übrigen sind schutzwürdige Interessen betroffener Personen, soweit sie ohne besonderen Aufwand erkennbar sind, angemessen zu berücksichtigen.

(3) Für die Nutzung von Archivgut, das dem Sozialgeheimnis unterliegende Daten enthält, gelten die Schutzfristen nach den §§ 11 und 12 des Bundesarchivgesetzes. Für die Nutzung von Archivgut, das nach anderen Rechtsvorschriften des Bundes der Geheimhaltung unterliegt oder das Stellen des Bundes dem Landesarchiv nach § 7 des Bundesarchivgesetzes oder entsprechenden archivrechtlichen Vorschriften des Bundes übergeben haben, gelten die Fristen des Absatzes 2.

(4) Das Landesarchiv kann die Nutzung von Archivgut auch nach Ablauf der Schutzfristen aus wichtigem Grund einschränken oder versagen, insbesondere wenn

  1. Grund zu der Annahme besteht, daß dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereitet würden,
  2. der Erhaltungszustand des Archivgutes dies erfordert.

(5) Die Benutzungsordnung kann für bestimmte Arten von Archivgut abweichend von Absatz 2 Satz 1 kürzere Schutzfristen festlegen, wenn öffentliche Interessen oder schutzwürdige Interessen betroffener Personen nicht entgegenstehen. Das Landesarchiv kann im Einzelfall eine Nutzung von Archivgut vor Ablauf der Schutzfristen zulassen, wenn

  1. kein Grund zu der Annahme besteht, daß Interessen nach Satz 1 entgegenstehen, oder
  2. die Nutzung zur Durchführung eines wissenschaftlichen Forschungsvorhabens oder zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben von Presse und Rundfunk erforderlich ist und schutzwürdige Interessen betroffener Personen durch geeignete Maßnahmen hinreichend gewahrt werden.

(6) Archivgut, das schon bei seiner Entstehung als Schriftgut zur Veröffentlichung bestimmt war, unterliegt keinen Schutzfristen.

(7) Weitergehende gesetzliche Rechte auf Nutzung bleiben unberührt. Die Nutzung von Archivgut durch die Einrichtungen oder Stellen, von denen es übernommen worden ist, unterliegt keinen Einschränkungen nach diesem Gesetz; dies gilt entsprechend in den Fällen des § 3 Abs. 7.

§ 6 Recht auf Auskunft und Gegendarstellung 18

(1) Die Erteilung einer Auskunft nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung ist abzulehnen, soweit und solange

  1. das Archivgut nicht erschlossen ist,
  2. die betroffene Person keine Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen,
  3. der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand außer Verhältnis zu dem geltend gemachten Informationsinteresse steht,
  4. Grund zu der Annahme besteht, dass die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde, oder
  5. die Auskunft dazu führen würde, dass ein Sachverhalt, der nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der Rechte und Freiheiten einer anderen Person geheim zu halten ist, aufgedeckt wird.

Die Ablehnung ist zu begründen. Die Ablehnung nach Satz 1 Nr. 4 oder 5 muss nicht begründet werden, soweit durch die Mitteilung der Gründe der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. Soweit die Ablehnung nach Satz 3 nicht begründet wird, sind die Gründe dafür aktenkundig zu machen. Wird die Auskunft nach Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 abgelehnt, so ist § 9 Abs. 4 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes nicht anwendbar. Weitergehende Ansprüche nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung bestehen nicht.

(2) Besteht nach Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung ein Anspruch auf Auskunft, so kann anstelle der Auskunft Einsichtnahme in das Archivgut gewährt werden, wenn der Erhaltungszustand des Archivgutes dies erlaubt. Ist das Archivgut in maschinenlesbaren Dateien gespeichert, so wird die Einsichtnahme in das Archivgut nur in eine Abbildung gewährt.

(3) Macht eine betroffene Person glaubhaft, daß das Archivgut eine falsche Tatsachenbehauptung enthält, die sie nicht nur unerheblich in ihren Rechten beeinträchtigt, so kann die betroffene Person verlangen, daß dem sie betreffenden, erschlossenen Archivgut eine von ihr eingereichte Gegendarstellung beigefügt wird. Gegendarstellungen müssen sich auf Tatsachen beschränken und sollen die Beweismittel aufführen. Kann die betroffene Person die Beeinträchtigung ihrer Rechte nicht ausreichend glaubhaft machen, so ist bei dem Archivgut zu vermerken, daß sie die Tatsachenbehauptung bestreitet.

§ 6a Ausschluss von Rechten und Pflichten nach der Datenschutz-Grundverordnung 18

Neben den Rechten aus § 6 bestehen Rechte betroffener Personen nach Artikel 16 Satz 1 (Berichtigung) und den Artikeln 18 (Einschränkung der Verarbeitung), 20 (Datenübertragbarkeit) und 21 (Widerspruch) sowie die Mitteilungspflicht nach Artikel 19 (über Berichtigung oder Löschung personenbezogener Daten oder eine Einschränkung der Verarbeitung) der Datenschutz-Grundverordnung bezüglich des Archivguts nicht.

§ 7 Archivgut des Landtages, der kommunalen Körperschaften und sonstiger Einrichtungen 18

(1) Der Landtag, die kommunalen Körperschaften sowie die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen sind verpflichtet, ihr Archivgut zu sichern. Dazu unterhält der Landtag ein eigenes Archiv oder bietet sein Schriftgut nach § 3 Abs. 6 dem Landesarchiv zur Übernahme an. Im übrigen können die in Satz 1 genannten Einrichtungen zur Sicherung ihres Archivgutes eigene oder gemeinsame Archive unterhalten oder ihr Schriftgut dem Archiv einer anderen in Satz 1 genannten Einrichtung oder nach § 3 Abs. 6 dem Landesarchiv zur Übernahme anbieten.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten sowie für öffentlich-rechtliche Unternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen.

(3) Soweit die in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen Archive unterhalten oder die Abgabe ihres Archivgutes an Archive einer anderen in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtung geregelt haben, haben sie ihr Schriftgut diesen Archiven zur Übernahme anzubieten. Die §§ 3a, 3b und 4 Satz 1 sowie die §§ 5 bis 6a gelten entsprechend. Soweit Hochschulen des Landes Archive unterhalten, gelten auch § 3 Abs. 1 bis 5 und § 4 Satz 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Landesarchivs das Hochschularchiv tritt. Im Übrigen regeln die in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen die Angelegenheiten ihrer Archive in eigener Zuständigkeit.

§ 8 Inkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt vierzehn Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt das Gesetz zum Abschluß der Entnazifizierung im Lande Niedersachsen vom 18. Dezember 1951 (Nieders. GVBl. Sb. I S. 434), zuletzt geändert durch Artikel 14 Nr. 43 des Niedersächsischen Rechtsvereinfachungsgesetzes 1989 vom 19. September 1989 (Nieders. GVBl. S. 345), außer Kraft.

UWS Umweltmanagement GmbHENDEFrame öffnen