umwelt-online: SVerf - Verfassung des Saarlandes (2)
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Das Land kann die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. Führt die Übertragung neuer Aufgaben durch Gesetz oder die Veränderung bestehender und übertragbarer Aufgaben durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeinde verbände, ist dafür durch Gesetz oder Rechtsverordnung aufgrund einer Kostenfolgeabschätzung ein entsprechender finanzieller Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Aufwendungen zu schaffen. Der Aufwendungsersatz soll pauschaliert geleistet werden. Wird nachträglich eine wesentliche Abweichung von der Kostenfolgeabschätzung festgestellt, wird der finanzielle Ausgleich für die Zukunft angepasst. Das Nähere zu den Sätzen 2 bis 4 regelt ein Gesetz; darin sind die Grundsätze der Kostenfolgeabschätzung festzulegen und Bestimmungen über eine Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände zu treffen.
In den Gemeinden und Gemeindeverbänden werden Vertretungskörperschaften nach Grundsätzen eines Verhältniswahlrechts gewählt, sofern mehr als ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird.
Die Gemeinden und Gemeindeverbände unterstehen der Aufsicht des Staates. In Selbstverwaltungsangelegenheiten beschränkt sich die Aufsicht darauf, die Rechtmäßigkeit sicherzustellen.
Gemeinden und Gemeindeverbände können den Verfassungsgerichtshof anrufen, wenn sie geltend machen, durch ein Gesetz in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt zu sein.
Bevor durch Gesetz oder Verordnung allgemeine Fragen geregelt werden, welche die Gemeinden und Gemeindeverbände unmittelbar berühren, sollen die kommunalen Spitzenverbände gehört werden.
Die Wahlperiode des vierten Landtages endet am 30. Juni 1965.
Art. 130 (weggefallen)
Art. 131 (weggefallen)
Alle bisherigen Gesetze und Verordnungen, die einer Anpassung an die Grundsätze dieser Verfassung bedürfen, bleiben bis dahin in Kraft.
Diese Verfassung tritt mit ihrer Verkündung im Amtsblatt des Saarlandes in Kraft.
Französisch-Saarländische Steuer- und Haushaltssatzung vom 3. Januar 1948 | Anhang 1 |
I. Teil
Einklang der Gesetzgebung
Kapitel I - Zölle
Im Saarland werden, unter denselben Bedingungen wie die Gesetze und gesetzlichen Bestimmungen zollrechtlicher Art in Frankreich, in Kraft treten:
ihres Inhaltes;
und im allgemeinen alle Gesetze und Bestimmungen, die in Frankreich in Kraft sind und die auf irgendwelche Art die Ein- und Ausfuhr verbieten oder beschränken oder besonderen Förmlichkeiten unterwerfen, deren Überwachung der Zollverwaltung obliegt.
Wenn die Anwendung der französischen Gesetze und der im Art. 1 erwähnten Bestimmungen die Inanspruchnahme von französisch gesetzlichen Bestimmungen oder Vorschriften, die im Saarland nicht anwendbar sind, erforderlich macht, so wenden die entsprechenden, im Saarland gültigen Gesetze und Bestimmungen angewandt.
Die französische Zollverwaltung ist unter denselben Bedingungen wie in Frankreich mit der Durchführung oder der Überwachung der Bestimmungen aus Art. 1 und der Devisenbestimmungen im Saarland beauftragt.
Die französische Zollverwaltung ist außerdem mit der Erhebung der Zollschulden zugunsten des Saarhaushalts und gemäß der französischen Gesetzgebung beauftragt, die vor Einführung dieser Satzungen entstanden, aber noch unbezahlt geblieben sind.
Bei einer Beanstandung hinsichtlich der Auslegung eines gesetzlichen oder verfahrensrechtlichen französischen Textes, der durch die französische Zollverwaltung in Anwendung gebracht wird, sowie der Strafverfügungen und Niederschriften, die von der französischen Zollverwaltung gefertigt werden, ist ausschließlich der französische Text maßgebend.
Die in den vorstehenden Art. 1 bis 4 enthaltenen Bestimmungen treten nach Einbeziehung des Saarlandes in das französische Zollgebiet in Kraft.
Kapitel II
Indirekte Steuern
Im Saarland sind eingeführt die französischen gesetzlichen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen über indirekte Steuern und Steuern auf Lieferungen und Leistungen.
Die gemischte Kommission, welche im Artikel 58 vorgesehen ist, kann abweichende Regelungen dieses Artikels treffen.
Kapitel III
Gesellschaftssteuern und Wertpapiersteuern
Die Gründung und Umwandlung von Handelsgesellschaften, die Wertpapiere, die Wechsel und gegebenenfalls die Börsengeschäfte, sollen im Saarland gleichhohe Steuern und Abgaben, wie sie nach der französischen Gesetzgebung in Frankreich erhoben werden, unterliegen.
Für die Anwendung dieses Artikels, und unter Vorbehalt der Bestimmungen der Art. 26 und 28 werden die französischen Gesellschaften und Wertpapiere im Saarland den Steuern und Abgaben unterstellt, welche den saarländischen Gesellschaften und Wertpapieren auferlegt werden. Die saarländischen Gesellschaften und Wertpapiere werden in Frankreich den Steuern und Abgaben unterliegen, die auf die französischen Gesellschaften und Wertpapiere erhoben werden.
Die in Artikel 6 und 7 vorgesehenen Steuern und Abgaben werden im Saarland durch die saarländische Steuerbehörde erhoben.
Das Streitverfahren unterliegt denselben Regelungen wie die Verfahren auf dem Gebiet der sonstigen saarländischen Steuern.
Kapitel IV
Monopole
Es wird im Saarland ein Tabak- und Zündwarenmonopol errichtet.
Die saarländische Monopolverwaltung kann Rohtabake, die außerhalb des Saarlandes erzeugt werden, nur von der französischen Monopolverwaltung erwerben.
Sie bezieht von der französischen Monopolverwaltung Fertigerzeugnisse, die bereits in Frankreich verkauft werden, deren Ursprung außerhalb des französischen Mutterlandes liegt und deren Verkauf im Saarland beschlossen worden ist. Das französische Monopol und das saarländische Monopol können sich gegenseitig Fertigerzeugnisse abtreten zwecks Verkaufs auf dem anderen Gebiet.
Sämtliche Abtretungen von Rohtabaken und Fertigerzeugnissen zwischen den beiden Monopolverwaltungen erfolgen zu Selbstkosten.
Die saarländische Monopolverwaltung ist allein berechtigt, Tabake an die im Saarland ansässigen Kleinhändler zu verkaufen.
Sie ist allein berechtigt, Zündwaren an die im Saarland ansässigen Großhändler zu verkaufen. Die Großhändler können die im Saarland hergestellten Zündwaren nur an Kleinhändler verkaufen, die im Saarland ansässig sind.
Die Verkaufspreise der im Saarland hergestellten Erzeugnisse an die französischen und saarländischen Verbraucher werden mit Genehmigung des französischen Monopols, durch die in Art. 58 vorgesehene gemischte Kommission festgesetzt, und zwar in der Weise, dass gleiche oder entsprechende Qualitäten zu denselben Preisen verkauft werden wie die Erzeugnisse des französischen Monopols im französischen Mutterland.
Die Verkaufspreise der eingeführten Fertigerzeugnisse sind im Saarland dieselben, wie sie in Frankreich für den Verkauf der gleichen Erzeugnisse an die Verbraucher festgesetzt sind.
Die saarländische Tabak- und Zündwaren-Monopolverwaltung besitzt das Alleinrecht für die Ausfuhr der im Saarland hergestellten Tabakwaren und Zündwaren.
Die im Saarland hergestellten Tabakwaren können für die Ausfuhr bereitgestellt werden, soweit das französische Monopol der saarländischen Monopolverwaltung die entsprechende Menge Rohtabak zur Verfügung stellt.
Die Ausfuhr von im Saarland hergestellten Tabakwaren und Zündwaren nach den Gebieten der französischen Union kann nur mit Genehmigung des französischen Monopols erfolgen. Verkäufe im Gebiet des französischen Mutterlandes können nur durch Vermittlung des französischen Monopols getätigt werden.
Die Herstellung von Jagdpulver, Kriegspulver und Sprengstoffen für Gruben ist im Saarland verboten, es sei denn, dass der Vertreter Frankreichs Ausnahmen zuläßt.
Die französische Verwaltung verkauft den saarländischen Händlern und Verbrauchern die für den Gebrauch im Saarland benötigten Sprengstoffe zu denselben Preisen wie den französischen Händlern und Verbrauchern.
Die französische Alkoholverwaltung genießt im Saarland dieselben Rechte wie in Frankreich.
Sie überläßt den saarländischen Verbrauchern die Erzeugnisse zu denselben Preisen und Bedingungen wie den französischen Verbrauchern.
Kapitel V
Steuern und Bereicherungen
Im Saarland wird eine Sondersteuer auf im Kriege erzielte Vermögensbereicherung und eine durch die Einführung des französischen Franc bedingte Währungsbereicherungssteuer eingeführt.
Sämtliche Einnahmen aus diesen Steuern werden dem ordentlichen Haushalt des Saarlandes bzw. einem zu bildenden Wiederaufbaustock zugeführt.
Die Veranlagungsrichtlinien, die Steuersätze, die Erhebungsmodalitäten sowie die Verwendung dieser Steuern werden durch die in Art. 58 vorgesehene gemischte Kommission nach Anhören der Finanzkommission des saarländischen Landtages, innerhalb eines Monats nach Veröffentlichung des im Art. 59 bezeichneten Erlasses, festgesetzt.
Kapitel VI
Unterscheidungsmaßnahmen
Die Angehörigen, Gesellschaften und anderen Körperschaften eines Landes werden im anderen Land keinen anderen oder höheren Steuern unterworfen als jenen, die den Angehörigen, Gesellschaften oder sonstigen Körperschaften dieses Landes auferlegt werden.
Insbesondere:
Im übrigen unterliegt sie ausschließlich den Steuern und Abgaben des allgemeinen Rechts, welche von gewerblichen Unternehmen erhoben werden. Die für die Veranlagung zur Körperschaftssteuer ausgewiesenen Gewinne der Grubenverwaltung stellen den Reinertrag des Wirtschaftsjahres dar, nachdem die Verlustvorträge der vorausgegangenen Wirtschaftsjahre, die Betriebsunkosten und sonstige Lasten, die Absetzungen für Abnutzungen, die steuerfreien Rücklagen und die Rückstellungen berücksichtigt worden sind.
Die Absetzungen für Abnutzung werden pauschal auf 11% des Umsatzes bemessen. Der Pauschalsatz von 11% ist alle 3 Jahre, nach Veröffentlichung dieser Satzung, durch die in Art. 58 vorgesehene gemischte Kommission nach Anhörung der Grubenverwaltung einer Nachprüfung zu unterziehen.
II. Teil
Haushaltsmaßnahmen
Als für die beiden Länder gemeinsame Einnahmen werden gelten:
Als gemeinsame Ausgaben werden gelten:
Die gemeinsamen Einnahmen und Ausgaben werden zwischen Frankreich und dem Saarland verteilt im Verhältnis zur Bevölkerungszahl der beiden Länder nach dem Stand der letzten Erhebungen, die jedes Jahr am 31. Dezember veröffentlicht werden.
Die Zivilbeamten und Militärpersonen sowie alle Angestellten der Departements, Gemeinden und Ortsverbände eines der beiden Länder, die infolge ihrer Tätigkeit sich im anderen Lande aufhalten, werden nicht in die Bevölkerungszahl des Landes aufgenommen, welche für die in diesem Artikel vorgesehene Berechnung in Betracht kommt.
Zu Lasten des Saarlandes gehen:
Die Abrechnung der von beiden Ländern in Ausführung der Art. 17 - 19 geschuldeten Beträge erfolgt jedes Jahr durch die gemischte Kommission, die in Art. 58 vorgesehen ist. Die Fälligkeit der Beträge, die laut der sich in vorstehendem Absatz ergebenden Abrechnung geschuldet sind, wird auf den 30. Juni eines jeden Jahres für die Einnahmen und Ausgaben des vorhergehenden Jahres festgesetzt.
Am 30. September, 31. Dezember und 31. März werden Vorschüsse bezahlt, die sich auf 25% des Betrages des vorangegangenen Jahres belaufen.
Die ordentlichen Ausgaben des Saarlandes müssen durch laufende Einnahmen gedeckt werden.
Die außerordentlichen Ausgaben müssen durch den Überschuß des ordentlichen Haushaltes, durch außerordentliche Einnahmen oder durch Anleihen gedeckt werden.
Falls die verfügbaren Mittel nicht ausreichen, ordnet die in Art. 58 vorgesehene gemischte Kommission die erforderlichen haushaltsmäßigen oder steuerlichen Maßnahmen an, um die Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.
III. Teil
Doppelversteuerungen
Kapitel I
Einkommen- und Vermögensteuer
Die Einkünfte aus unbeweglichen Gütern, Gewinne aus landwirtschaftlichen Betrieben einbegriffen, werden nur in dem Lande, in dem sie gelegen sind, versteuert.
Einkünfte aus Gewerbebetrieben (Industrie, Gruben, Handel, Banken, Versicherungen) sind nur in dem Land zu versteuern, in welchem sich eine ständige Betriebsstätte befindet.
Wenn ein Unternehmen in beiden Ländern feste Betriebsstätten unterhält, so versteuert jedes Land nur das Einkommen, welches sich aus der Tätigkeit der im eigenen Land bestehenden festen Betriebesstätte ergibt. Dieses so steuerpflichtige Einkommen kann den Betrag des durch die feste Betriebsstätte erzielten Gewinnes aus Gewerbebetrieben nicht übersteigen, wobei gegebenenfalls die Gewinne und Vorteile einzubegreifen sind, die indirekt aus diesem Betrieb herausgezogen oder Dritten zugewiesen und gewährt wurden, sei es durch Erhöhung oder Senkung der Ein- oder Verkaufspreise, sei es durch jedes andere Mittel. Ein Anteil der Generalunkosten des Hauptsitzes des Unternehmens wird auf die Ergebnisse der verschiedenen festen Betriebsstätten angerechnet.
Die französische Verwaltung der direkten Steuern und die saarländische Steuerverwaltung einigen sich gegebenenfalls über die Festlegung des Verteilungsplanes wenn eine ordnungsmäßige Buchführung nicht vorliegt, aus der genau und deutlich die Gewinne der auf ihrem Gebiet gelegenen ständigen Betriebe hervorgeht.
Wenn ein Unternehmen in einem der beiden Länder infolge einer Beteiligung an der Verwaltung oder dem Kapital eines Unternehmens des anderen Landes diesem in den geschäftlichen oder finanziellen Beziehungen Bedingungen stellt oder auferlegt, die von denen abweichen, wie sie einem fremden Unternehmen zugestanden worden wären, so können sämtliche Gewinne, die normalerweise von dem ersten Unternehmen auszuweisen wären, aber auf diese Weise dem zweiten überschrieben worden sind, dem steuerpflichtigen Gewinn des ersten Unternehmens einverleibt werden.
Ein Unternehmen wird dann als Teilhaber an der Verwaltung oder am Kapital eines anderen Unternehmens betrachtet, wenn insbesondere die gleichen Personen mittelbar oder unmittelbar an der Verwaltung oder dem Kapital der beiden Unternehmen beteiligt sind.
In Anlehnung an Art. 23 werden die Steuern, die auf Einkommen aus Binnenschiffahrtsunternehmen erhoben werden, in dem Lande vereinnahmt, in welchem sich der Sitz der tatsächlichen Leitung des Unternehmens befindet; ist dieser Sitz unstet, so wird die Steuer im Mutterland des Unternehmens erhoben unter der Bedingung, dass das Unternehmen seine Tätigkeit auf das Gebiet dieses Landes ausdehnt.
Die Einkünfte aus Wertpapieren sind in dem Lande steuerpflichtig, in welchem der Berechtigte seinen Wohnsitz hat. Jedoch steht jedem Land das Recht zu, gemäß seiner allgemeinen Gesetzgebung, die Kapitalertragsteuer aus Wertpapieren zu erheben; die von Gesellschaften oder anderen Körperschaften ausgegeben sind, welche ihren steuerlichen Wohnsitz dort selbst haben.
In diesem Fall wird die so erhobene Steuer von der Steuer, die im anderen Land fällig ist, abgesetzt.
Die Einkommensteuer aus Darlehn, Hinterlegungen, Guthaben und sonstigen Forderungen wird nur in dem Lande erhoben, in welchem der Gläubiger seinen Wohnsitz hat.
Unterhält der Gläubiger in beiden Ländern ständige Betriebe und hat einer dieser Betriebe ein Darlehn gewährt oder eine Hinterlegung vollzogen, so wird die Steuer in dem Land erhoben, in dem der gebende Betrieb gelegen ist.
Wenn eine Genossenschaft, Handelsgesellschaft oder ein Unternehmen, dessen Sitz sich in einem der beiden Länder befindet eine ständige Betriebsstätte in dem anderen Land unterhält, wird die Einkommensteuer aus Wertpapieren, die demgemäß in diesem Land geschuldet ist, auf den Steuerbetrag, der für dasselbe Rechnungsjahr im anderen Lande fällig ist, angerechnet.
Eine Gesellschaft, deren steuerlicher Wohnsitz in einem der beiden Länder gelegen ist, kann im anderen Land hinsichtlich ihrer Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht veranlagt werden infolge ihrer Beteiligung an der Verwaltung oder an dem Kapital einer Gesellschaft, deren steuerlicher Wohnsitz im anderen Land gelegen ist, oder wegen jeglicher anderweitigen Verbindung mit dieser Gesellschaft. Die von letzterer Gesellschaft verteilten Gewinne jedoch, die der Steuer auf Einkünfte aus Wertpapieren unterliegen, werden gegebenenfalls für die Steuerveranlagung um sämtliche Gewinne oder Vorteile erhöht, die erstere Gesellschaft indirekt aus der letzten Gesellschaft gemäß den in Art. 23 und 24 vorgesehenen Bedingungen gezogen hat.
Jedes Land behält sich jedoch das Recht vor, gemäß seiner allgemeinen Gesetzgebung, die von Gesellschaften oder juristischen Personen einbehaltenen Steuerabzugsbeträge zu erheben. In diesem Falle wird die so einbehaltene Steuer von derjenigen, die im Lande zu erheben ist, abgezogen.
Tantiemen, Anwesenheitsgelder und sonstige Einnahmen der Verwaltungsratsmitglieder und Direktoren von Kapitalgesellschaften sind in dem Land zu versteuern, in welchem sich der steuerliche Wohnsitz der Gesellschaft befindet unter Vorbehalt der Anwendung des Art. 32 in Bezug auf die von den Betreffenden in anderer Eigenschaft bezogenen Beträge.
Gehälter, Pensionen, Löhne oder sonstige Besoldungen werden nur im Lande des Schuldners veranlagt, wenn sie vom Staat, den Departements, den Gemeinden oder sonstigen rechtsmäßig nach der internen Gesetzgebung des einen oder des anderen Landes gebildeten juristischen Personen des öffentlichen Rechtes als Entgelt für eine bestehende oder frühere Dienst- oder Arbeitsleistung gewährt werden.
Die Privatpersonen und Renten auf Lebenszeit aus einem Land, die an Personen bezahlt werden, deren steuerlicher Wohnsitz sich im anderen Land befindet, sind im ersten Lande steuerfrei.
Unter Vorbehalt, der im vorstehenden Art. 30 vorgesehenen Bestimmungen, werden die Gehälter, Löhne und sonstige ähnliche Entschädigungen nur in dem Lande veranlagt, in welchem die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird, die als Ursprung der Einkommen anzusehen ist.
Jedoch werden die Entschädigungen von Personen, die ihren Dienst auf Transportmitteln versehen, die für den Verkehr zwischen den beiden Ländern benutzt werden, nur in dem Lande versteuert, in welchem der Empfänger dieser Entschädigungen seinen steuerlichen Wohnsitz hat.
Für die Anwendung des ersten Absatzes dieses Artikels ist die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in einem der beiden Länder als nicht gegeben zu betrachten, wenn ein Lohnempfänger eines Unternehmens aus dem anderen Land im Gebiet des ersten Landes einen vorübergehenden Auftrag ausführt, welcher nur einen kurzen Aufenthalt bedingt, während welchem der Lohn weiter von der Firma getragen wird.
Die aus der Ausübung eines freien Berufes stammenden Einkünfte und im allgemeinen alle Einkünfte aus anderen Tätigkeiten als jene, welche in den Art, 29 - 30 - 32 bezeichnet sind, werden nur in dem Lande versteuert, in welchem die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird.
Für die Anwendung des vorstehenden Absatzes wird die persönliche Tätigkeit in einem der beiden Länder nur dann als gegeben betrachtet, wenn dieselbe mit einem festen Standort in diesem Lande verbunden ist. Als freie Berufe im Sinne des vorliegenden Artikels gelten insbesondere wissenschaftliche, künstlerische, literarische Lehr- oder pädagogische Berufe, sowie die Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten.
Die für die Nutznießung von unbeweglichen Gütern, für die Ausbeutung von Gruben, Steinbrüchen geschuldeten Beträge sowie sonstige natürliche Einnahmen, werden in dem Lande versteuert, in welchem diese Güter, Gruben, Brüche und andere natürliche Erträgnisse gelegen sind. Die Urheberrechte sowie die Einnahmen oder geschuldeten Beträge, die sich aus dem Verkauf oder der Übertragung von Ausbeutungslizenzen, Patenten, Schutzmarken, Geheimverfahren und Formeln ergeben und die in einem der beiden Länder einer Person ausbezahlt werden, deren steuerlicher Wohnsitz im anderen Land gelegen ist, sind in dem ersten Land steuerfrei, wenn die betreffende Person ihre Tätigkeit dort nicht in Verbindung mit einem ständigen Unternehmen ausübt.
Die Worte "geschuldete Beträge" (redevance) in Absatz 2 dieses Artikels sind so zu verstehen, dass darin ebenfalls die Einkommen aus der Vermietung von Lichtspielfilmen einbegriffen sind.
Wenn der geschuldete Betrag den normalen und wesentlichen Wert der Rechte übersteigt, für welche er bezahlt wird, so kann die in Absatz 2 dieses Artikels vorgesehene Befreiung nur auf den Teil des geschuldeten Betrages Anwendung finden, der diesem normalen und wesentlichen Wert entspricht.
Die Studenten und Lehrlinge eines der beiden Länder, die sich im anderen Lande ausschließlich zu Studienzwecken oder für ihre berufliche Ausbildung aufhalten, werden von diesem in steuerlicher Hinsicht für die Zuweisungen, die sie von einer Person mit steuerlichem Wohnsitz im ersten Land erhalten, nicht erfaßt.
Die in vorstehenden Artikeln nicht aufgeführten Einkünfte werden nur in dem Land besteuert, in dem der Berechtigte seinen steuerlichen Wohnsitz hat.
In jedem Land wird eine persönliche Steuer auf dasjenige Einkommen oder Vermögen erhoben, das in diesem Land ausschließlich unter Anwendung der Bestimmungen des vorliegenden Statuts zu veranlagen ist. Dabei ist die Steuer nach dem Steuersatz zu berechnen, der dem Gesamteinkommen oder dem Gesamtvermögen entspricht. Sie wird aber nur mit dem Teilbetrag erhoben, der sich aus dein Verhältnis des auf dieses Land entfallenden Einkommens oder Vermögens zum Gesamteinkommen oder Gesamtvermögen ergibt.
Eine laufende Vermögensteuer kann nur in dem Land erhoben werden, welche nach den Bestimmungen der vorliegenden Satzung das Recht eingeräumt wird, das Einkommen aus diesem Vermögen zu veranlagen. Wirtschaftsgüter, aus denen keine Einkünfte erzielt werden können, sind in dem Lande zu veranlagen, in dem der Steuerzahler seinen steuerlichen Wohnsitz hat.
Kapitel II
Erbschaftssteuer
Die Liegenschaften und Rechte auf unbewegliche Güter, die aus dem Nachlaß eines Angehörigen eines der beiden Länder stammen, unterliegen der Erbschaftssteuer nur in dem Lande, in dem sie gelegen sind.
Die körperlichen beweglichen Wirtschaftsgüter, welche in Art. 41 nicht aufgeführt sind und aus dem Nachlaß eines Angehörigen eines der beiden Länder stammen, unterliegen den in Art. 39 aufgestellten Richtlinien.
Die beweglichen Güter aus einem Nachlaß von Angehörigen eines der beiden Länder, die in Handels-Industrie und anderen Unternehmen einschl. der Schiffahrt-, Luftfahrt- und Binnenschiffahrtsgesellschaften angelegt sind, unterliegen der Erbschaftssteuer nach folgenden Richtlinien:
Die aus dem Nachlasse eines Angehörigen eines der beiden Länder stammenden Güter, welche nicht unter die Bestimmungen der Art. 39, 40 oder 41 fallen, unterliegen den folgenden Richtlinien:
Als Wohnsitz im Sinne des vorliegenden Artikels gilt der Ort, an dem der Betreffende seinen gewöhnlichen Aufenthalt, d.h. eine ständige Heim- oder Wohnstätte hat.
Wenn ein Beamter eines der beiden Länder oder einer öffentlichen Gemeinschaft dieser Länder für die gewöhnliche Ausübung seiner Tätigkeit seinen ständigen Wohnsitz im anderen Lande hat, so ist sein Wohnsitz im Sinne des vorliegenden Artikels und der seiner Familienangehörigen, die in einer Gemeinschaft zusammenleben, im letzten ständigen Wohnort seines Heimatlandes bestehen geblieben.
Die Schulden eines in Art. 41 aufgeführten Betriebes werden auf die Güter, die diesem Betrieb gehören, angerechnet. Wenn das Unternehmen einen ständigen Betrieb in beiden Ländern unterhält, so sind die Schulden auf die Güter anzurechnen, die demjenigen Betrieb gehören, welcher die Schulden zu tilgen hat.
Schulden, die durch Liegenschaften oder grundstücksgleiche Rechte, oder durch Wirtschaftsgüter im Sinne des Art. 41 gesichert sind, werden auf diese Güter angerechnet. Wenn dieselbe Schuld gleichzeitig durch Güter verbürgt ist, die in beiden Ländern gelegen sind, so erfolgt die Anrechnung auf die Güter, die sich in jedem Land befinden nach Maßgabe des zu veranlagenden Wertes dieser Güter.
Diese Bestimmung erstreckt sich auf die in Abs. 1 bezeichneten Schulden nur insoweit, als diese Schulden durch die hier vorgesehene Anrechnung nicht gedeckt sind.
Die in den Abs. 1 und 2 nicht vorgesehenen Schulden werden auf die Güter angerechnet, die den Bestimmungen des Art. 42 unterliegen. Wenn die Anrechnung, die in den drei vorstehenden Absätzen vorgesehen ist, einen ungedeckten Restbetrag bestehen läßt, so wird dieser von den anderen Gütern abgezogen, die der Erbschaftssteuer in demselben Land unterliegen. Wenn in diesem Land keine anderen steuerpflichtigen Güter mehr bestehen, oder wenn der Abzug trotzdem einen ungedeckten Restbetrag hinterläßt, so wird dieser auf die in dem anderen Land der Steuer unterliegenden Güter angerechnet.
Wenn infolge eines Todesfalles ein Nachlaß zu einem Teil in dem ersten, zum anderen Teil in dem zweiten Land zu veranlagen ist, so kann jedes Land für die Festsetzung des Steuersatzes den Wert des Gesamtnachlasses zu Grunde legen.
Kapitel III
Indirekte Steuern - Verkehrsteuern - Stempelgebühren
Jedes der beiden Länder befreit von den in den obigen Art. 6 und 7 vorgesehenen Steuern und Abgaben die Rechtsvorgänge und Werte, welche im anderen Land vorschriftsmäßig versteuert worden sind.
Kapitel IV
Gemeinsame Bestimmungen
Für die Anwendung der Art. 22 bis 24 der vorliegenden Satzung bezeichnet das Wort "Person":
Der Ausdruck "ständige Betriebsstätte" bezeichnet den Sitz von tatsächlichen Direktionen, Filialen, Fabriken oder anderen ständigen Einrichtungen, in welchen die gesamte oder teilweise Tätigkeit des Unternehmens ausgeübt wird. Wenn ein Unternehmen des einen Landes im anderen Land Geschäfte durch Vermittlung eines dort ansässigen Vertreters abschließt, der die entsprechenden, für den Abschluss der Verträge notwendigen Vollmachten besitzt oder über ein Warenlager verfügt, das ihm erlaubt, die laufenden Bestellungen zu erledigen,
so wird dasselbe als ein Unternehmen betrachtet, welches einen ständigen Betrieb in diesem Lande unterhält. Andererseits gelten folgende Einschränkungen:
Der steuerliche Wohnsitz der natürlichen Personen befindet sich am gewöhnlichen Wohnort, d.h. am Ort ihrer Heim- oder Wohnstätte oder, in Ermangelung einer solchen, am Hauptaufenthaltsort. Für juristische Personen sowie Vereinigungen natürlicher Personen, welche die Eigenschaft einer juristischen Person nicht besitzen, gilt als steuerlicher Wohnsitz der Ort, in welchem sich der Sitz ihrer tatsächlichen Leitung befindet.
Die Personen jedoch, die sich an Bord eines Schiffes aufhalten, haben ihren steuerlichen Wohnsitz im Lande des Heimathafens des Schiffes. Wenn der Schiffshalter seinen gewöhnlichen Wohnsitz an Bord des Schiffes hat, so befindet sich der Heimathafen in dem Lande, dessen Staatsangehöriger der Schiffshalter ist, sofern das Unternehmen seine Tätigkeit auf das Gebiet seines Heimatlandes ausdehnt.
Die Frage ob ein Gut oder Recht als bewegliches oder unbewegliches Gut zu betrachten ist, wird nach der Gesetzgebung desjenigen Landes entschieden, in welchem das betreffende Gut gelegen ist.
Jeder Steuerzahler, der nachweisen kann, dass die von den beiden Länder ergriffenen Maßnahmen für ihn zu einer Doppelbesteuerung in Bezug auf die in dieser Satzung vorgesehenen Steuern geführt haben, kann einen Antrag an das Land stellen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn dieser Steuerzahler eine Gesellschaft oder Körperschaft ist, an das Land, in welchem diese Gesellschaft oder Körperschaft entstanden oder gegründet worden ist. Wenn dieser Antrag begründet, ist, kann sich die maßgebende Behörde des Landes mit der maßgebenden Behörde des anderen Landes in Verbindung setzen, um in gerechter Weise die Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Die maßgebenden Behörden der beiden Länder können ebenfalls in Verbindung treten, zwecks Vermeidung der Doppelbesteuerung in den Fällen, die in dieser Satzung nicht geregelt sind, sowie in den Fällen, in weichen die Auslegung oder Anwendung dieser Satzung zu Schwierigkeiten oder Zweifeln Anlaß geben können.
IV. Teil
Gegenseitige Rechtshilfe der beiden Verwaltungen
Kapitel I
Auskünfte betreffend die Steuerveranlagungen
Die Steuerbehörden der beiden Länder tauschen freiwillig alle Erfahrungen und Unterlagen aus, welche sie gemäß den Richtlinien der eigenen Gesetzgebung gesammelt haben und die für die Steuerveranlagung nützlich sein können.
Die Bedingungen unter welchen die Steuerbehörden der beiden Länder, die in diesem Art, vorgesehenen Auskünfte sowie die Art dieser Unterlagen gegenseitig austauschen, werden durch direkte Abmachungen zwischen den beiden Verwaltungen festgelegt.
Für die Anwendung des Art. 49 wird im Saarland eine gesetzliche Regelung eingeführt, welche der saarländischen Verwaltung die Möglichkeit gibt, die für die Veranlagung oder Kontrolle der Steuern notwendigen Unterlagen zu sammeln und zwar unter denselben Bedingungen, die in Frankreich üblich sind, insbesondere in Bezug auf die Unterlagen, die vorgesehen sind im: Code general francais de impots directs (französische Gesetzessammlung in bezug auf die direkten Steuern).
Die französischen Steuerbehörden und die saarländische Steuerbehörde tauschen außerdem auf besonderen Auftrag hin Auskünfte aus, die bestimmte Einzelfälle betreffen.
Kapitel II
Erhebungen
Die Steuerbehörden eines jeden Landes gewähren sich gegenseitig Beistand und Mitwirkung in der Erhebung der Steuern, Zuschlägen, Zinsen, Unkosten und Strafen gemäß den Richtlinien ihrer eigenen Gesetzgebung, sofern die Steuern endgültig geschuldet sind.
Die Zustellungen, Zwangsmaßnahmen, Vollstreckungen, erfolgen im Anschluss an die Vorlage einer Abschrift oder eines amtlichen Auszuges der Vollstreckungsurkunde, die gegebenenfalls von den Abschriften oder amtlichen Auszügen des endgültigen Entscheides begleitet sein müssen. Die Entscheidungen sind in der Form vollstreckbar, die der Gesetzgebung des Landes, in welchem die Eintreibung vollzogen wird, entspricht. Die einzutreibenden Steuerforderungen genießen dieselben Garantien und Vorrechte, wie die gleichen Steuerforderungen desjenigen Landes, in welchem die Eintreibung vollzogen wird.
Bei Steuerforderungen, gegen die noch ein Rechtsmittel eingelegt werden kann, darf die Steuerbehörde des Landes, das als Gläubiger auftritt, von der Steuerbehörde des anderen Landes verlangen, dass Sicherheitsmaßnahmen, unter Anwendung der Bestimmungen des vorhergehenden Art. ergriffen wenden.
Kapitel III
Besondere Bestimmungen
In Abweichung der Bestimmungen der Art. 53 und 54 führt die französische Zollverwaltung laut Art. 1 die Eintreibung ihrer Forderungen nach den eigenen Richtlinien durch.
Die Erben eines französischen Staatsangehörigen, die in Frankreich ansässig sind, können Geldbeträge und Wertpapiere aus einem aus dem Saarland stammenden Nachlaß nur dann beanspruchen, wenn sie den im Art. 52 des französischen Gesetzes vom 13. Juli 1925 vorgesehenen Vorschriften genügt haben.
V. Teil
Allgemeine Bestimmungen
Kapitel I
Anwendungsbereich
Die Bestimmungen der vorliegenden Satzung finden Anwendung auf das französische Mutterland einerseits und das Saarland andererseits.
Kapitel II
Anwendungsbereich
Die Durchführungsbestimmungen dieser Satzungen werden durch eine gemischte Kommission festgelegt werden, die sich wie folgt zusammensetzen wird:
Die Kommission wird ihre Beschlüsse mit Stimmenmehrheit fassen. Bei Stimmengleichheit wird die Stimme des Vorsitzenden entscheiden.
Die Beschlüsse der gemischten Kommission werden in Frankreich und im Saarland in derselben Form wie die Gesetze und Verordnungen des betreffenden Landes bekanntgegeben, veröffentlicht und ausgeführt werden.
Der vorliegende Vertrag wird nach seiner Annahme durch die Verfassunggebende Versammlung des Saarlandes in Kraft treten, mit der Veröffentlichung des im Art. 3 des Gesetzes vom 15. November 1947 betr. die Einführung des Franc im Saarland vorgesehenen Erlaß durch die Regierung der französischen Republik.
Abkommen über die Organisation des Justizwesens im Saarland vom 3. Januar 1948 | Anhang 2 |
Die Regierung der französischen Republik und die Regierung des Saarlandes sind über folgende Bestimmungen übereingekommen:
Die vorliegende Konvention hat den Zweck, die Auswirkungen festzustellen, die sich aus der Währungsvereinigung sowie aus der Zolleinheit und dem wirtschaftlichen Anschluss - nach Verwirklichung derselben - auf dem Gebiete der Rechtsprechung ergeben werden.
Die Gesetzgebende Versammlung und die Regierung des Saarlandes sind allein zuständig, die Gerichtsverfassung und das Gerichtsverfahren im Rahmen des Statuts und der Verfassung zu regeln. Es besteht Übereinstimmung darüber, dass als Folge des wirtschaftlichen Anschlusses sowie der Währungs- und Zolleinheit des Saarlandes mit Frankreich eine Anpassung des Justizwesens erforderlich ist. Damit zwischen der französischen und saarländischen Wirtschaft jede unberechtigte Unterscheidung unterbleibt, müssen die französischen Vorschriften oder solche Vorschriften, die den französischen ähnlich sind, im Saarland Anwendung finden. Dieser Umstand verpflichtet beide Regierungen zum Erlaß von Bestimmungen, die die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewährleisten, unabhängig davon, ob die Anwendung der oben erwähnten Vorschriften unmittelbar oder auf Grund besonderer Gesetzgebung Außerdem sind besondere Verfahrensbestimmungen erforderlich, einerseits als Folge der Aufsichtsbefugnis des Vertreters Frankreichs und andererseits um den französischen Staatsbürgern den gleichen Schutz zu sichern, den sie vor den französischen Gerichten genießen und den die saarländischen Staatsbürger ebenfalls genießen, wenn sie vor französischen Gerichten erscheinen.
Abschnitt I
Zuständigkeit und Organisation der Gerichtsbarkeit.
Beim Oberlandesgericht des Saarlandes wird ein französischsaarländischer Senat errichtet. Seine Entscheidungen werden von fünf Berufsrichtern erlassen, von denen drei, einschließlich des Vorsitzenden, französische Richter sind.
Das Amt des Staatsanwalts führt ebenfalls ein französischer Beamter.
Die Befugnisse und Vorrechte, die in Frankreich den Oberlandesgerichtspräsidenten zuerkannt sind, werden gegenüber den im Saarland tätigen französischen Richtern dem französischen Richter übertragen, der dort den höchsten Rang bekleidet.
Die Staatsanwaltschaft des Oberlandesgerichtes, welcher sämtliche Staatsanwaltschaften der verschiedenen Gerichte des Saarlandes untergeordnet sind, unterliegt der Leitung und Aufsicht zweier Generalstaatsanwälte - eines französischen und eines saarländischen -, welche das Amt des Staatsanwaltschaftsleiters ausüben, der Erstere, für die Sachen, die zur Zuständigkeit des französischsaarländischen Senats gehören, der Letztere für die übrigen Sachen, die zur Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gehören. Außerdem muss der französische Generalstaatsanwalt von allen Sachen Mitteilung erhalten, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte im Saarland gehören.
Die Staatsanwaltschaft besteht neben den Generalstaatsanwälten aus französischen und saarländischen Staatsanwaltsvertretern.
Die Befugnisse und Vorrechte, die in Frankreich den Generalstaatsanwälten zuerkannt sind, werden gegenüber der französischen Staatsanwaltschaft im Saarland dem französischen Beamten übertragen, der in der Staatsanwaltschaft den höchsten Rang bekleidet. Dieser untersteht in der Ausübung der erwähnten Befugnisse sowie in der Ausübung der Vollmachten, die durch die vorliegende Konvention der Staatsanwaltschaft zuerkannt sind nur der französischen Regierung.
Der französische Generalstaatsanwalt ist berechtigt, bei jedem Gericht seines Bereiches Staatsanwaltsvertreter zeitweilig oder ständig einzusetzen.
Falls Berufung gegen Urteile der Landgerichte eingelegt wird, ist der französischsaarländische Senat des Oberlandesgerichts ausschließlich zuständig: ausschließlich
Zur Zuständigkeit dieses Senats gehören ebenfalls die Aburteilung von Verbrechen und die Berufungsverhandlung über Vergehen, wenn eine Person mit der Eigenschaft eines französischen Beamten, die im Saarland tätig ist, oder eine Militärperson der französischen Armee angeklagt oder verletzt sind.
Bei jedem Verfahren, das vor dem Oberlandesgericht schwebt und in dem der französischsaarländische Senat zuständig ist, kann der französische Staatsanwalt bis zum Erlaß eines Urteils die Weiterleitung an den französischsaarländischen Senat beantragen, wenn dieser nicht befaßt worden ist.
Der Senat entscheidet dann über seine eigene Zuständigkeit. Im Falle der Bejahung dieser Zuständigkeit durch den Senat entfällt die Zuständigkeit des bisherigen Gerichts.
Die Organisation und die Zuständigkeit des Landgerichts werden vom saarländischen Gesetzgeber unter Berücksichtigung folgender Bestimmungen festgelegt:
In allen Straf-, bürgerlichen oder handelsrechtlichen Angelegenheiten setzen sich die Kammern des Landgerichtes aus je drei Mitgliedern zusammen.
Das Landgericht entscheidet in erster Instanz über alle Verstöße, für welche der Amtsrichter gemäß Artikel 8 der vorliegenden Konvention nicht zuständig ist. Es entscheidet ebenfalls in zweiter Instanz, wenn, gemäß dem nachstehenden Artikel 9, gegen Urteile des Amtsrichters Berufung eingelegt wird.
In Sachen, für welche nach den französischen Zollgesetzen und Zollordnungen sowie nach der französischen Devisengesetzgebung die französischen ordentlichen Gerichte zuständig sind, ist das Landgericht in erster Instanz ausschließlich zuständig, sowie
Das Amt des Staatsanwalts muss in obigen Fällen von einem französischen Beamten, und zwar von einem Vertreter des französischen Generalstaatsanwalts ausgeübt werden.
Gegen Entscheidungen des Landgerichts in Sachen, die zur Zuständigkeit des französischsaarländischen Senats gehören, ist die Berufung bei diesem Senat zulässig.
In strafrechtlichen Angelegenheiten beschränkt sich nie Zuständigkeit des Amtsrichters auf Verstöße, die im Landesrecht als "Übertretungen" (Contraventions) bezeichnet werden, außerdem auf alle Fälle, in denen das Privatklageverfahren zulässig ist. Der Staatsanwaltschaft steht das Recht zu, in diesen letzteren Fällen vor der Strafkammer Anklage zu erheben.
Im Falle eines Zusammenhangs mehrerer Straftaten verschiedener Art wird der Gesamttatbestand vor das Gericht gebracht, das die höchste Zuständigkeit besitzt.
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Strafsachen kann näher bestimmt wenden durch die gemischte
Kommission, die in Artikel 27 dieser Konvention vorgesehen ist, wobei Bedingung ist, dass die Zuständigkeit des französischsaarländischen Senats des Oberlandesgerichts durch Entscheidungen dieser Kommission nicht geändert werden kann.
Gegen Urteile des Amtsrichters in Strafsachen kann in den Fällen, die in Artikel 6, Ziffer 1 und 2, behandelt sind, nur Berufung eingelegt werden, wenn auf eine Gefängnis- oder Haftstrafe oder eine Geldstrafe über 1.000 Francs erkannt worden ist.
Gegen die erstinstanzlichen Urteile der Strafkammern beim Landgericht ist in allen Fällen Berufung zulässig.
Die Entscheidungen dm französischsaarländischen Senats des Oberlandgerichts können vor dem Kassationshof (Cours de cassation) nach den Bestimmungen der französischen Gesetzgebung angefochten werden. Im Falle eines Verstoßes gegen die im obigen Artikel 6, Ziffer 1 und 2, bezeichneten gesetzlichen Bestimmungen ist das Rechtsmittel der Kassation gegeben und zwar zu den gleichen Bedingungen wie bei der Verletzung des französischen Gesetzes.
Die Organisation und die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte des Saarlandes werden vom saarländischen Gesetzgeber bestimmt. In Sachen, die das Zoll- und Steuerrecht betreffen, sind die Verwaltungsgerichte des Saarlandes in allen Fällen zuständig, in denen auch die französischen Verwaltungsgerichte zuständig sind. In solchen Fällen kann auch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes des Saarlandes vor dem französischen Staatsrat (Conseil d'Etat) im Rechtsmittelwege angefochten werden und zwar unter den Bedingungen, die in der französischen Gesetzgebung vorgesehen sind. Für die gegen die französische Verwaltung geltend gemachten Ersatzansprüche, die auf Tatbeständen beruhen, ,die nach In-Kraft-Treten dieser Konvention eingetreten sind, ist der französische Staatsrat (Conseil d'Etat) in erster und letzter Instanzzuständig, soweit der Ersatzanspruch nicht unmittelbar mit dem Steuereinziehungsverfahren zusammenhängt.
Abschnitt II
Verfahren
Das Verfahren vor den saarländischen Gerichten richtet sich nach der saarländischen Gesetzgebung, vorbehaltlich der nachstehenden Bestimmungen.
Vor dem französischsaarländischen Senat findet in Strafsachen das Verfahren Anwendung, das in der französischen Strafprozeßordnung und in Sondergesetzen geregelt ist.
Das französische Gesetz vom 8. Dezember 1897 über die Rechtsgarantien der Verteidigung findet in allen Verfahren Anwendung, die gegen einen französischen Staatsangehörigen eingeleitet sind.
Der Artikel 19 der Rechtsanordnung vom 1. April 1946 sowie des § 153, Absatz 2, der im Saarland gültigen Strafprozeßordnung soll insoweit abgeändert werden, dass die Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft von der Genehmigung des Amtsrichters nicht mehr abhängig ist. Der Absatz 3 des oben erwähnten § 153 wird gestrichen.
Bezüglich der Verbrechen und Vergehen für welche der französichsaarländische Senat des Oberlandgerichtes unmittelbar oder auf Grund einer evtl. Berufung zuständig ist, wird die französische Gesetzgebung betreffend den Aufschub der Strafvollstreckung in ihrer Gesamtheit eingeführt.
In Abweichung von § 391 der Zivilprozeßordnung und in Abweichung von § 59 der saarländischen Strafprozeßordnung sind die Zeugen bei ihrer Vernehmung in der Voruntersuchung sowohl als auch in den Hauptverhandlungen vor dem ersuchten und beauftragten Richter auf Antrag des Angeklagten oder des Vertreters der Staatsanwaltschaft vor ihrer Aussage zu beeiden.
In bürgerlichen und handelsrechtlichen Sachen wird der Personalarrest hinsichtlich französischer Staatsangehöriger nicht angewendet.
Die deutsche Sprache ist. die Gerichtssprache. Jedoch sind die deutsche und die französische Sprache gleichzeitig als Gerichtssprache zu betrachten in den in Artikel 6 vorgesehenen Fällen und in Sachen, die die Zoll- und Devisengesetzgebung betreffen.
Das Urteil wird von dem Amtsrichter sowie von dem Landgericht in deutscher Sprache verfaßt, vorbehaltlich der Angelegenheiten betreffend die Zoll- und die Devisen-Gesetzgebung, bei denen die Urteilsurkunde in französischer Sprache zu verfassen ist.
Das Urteil wird vom Oberlandesgericht in deutscher Sprache abgefaßt, vorbehaltlich der Urteile des französischsaarländischen Senats, die in französischer Sprache zu verfassen sind.
Eine Übersetzung der Urteile und der Beschlüsse kann auf Antrag des Staatsanwalts oder der Partei ausgehändigt werden, doch hat die bei den Akten befindliche Urkunde allein Geltung, gleichgültig in welcher Sprache sie verfaßt worden ist.
Die Rechtsmittelschriften an den Conseil d'Etat gegen die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte werden von einer durch den Gerichtsvorsitzenden bestätigten Übersetzung begleitet, die allein maßgeblich ist.
Der französischsaarländische Senat des Oberlandgerichts erläßt seine Urteile im Namen des französischen und des saarländischen Volkes. Diese Urteile sind mit der im Erlaß 47-1047 vom 12. Juni 1946 vorgesehenen Vollstreckungsklausel und dann mit der im Saarland üblichen Vollstreckungsklausel zu versehen.
Sie sind in Frankreich ebenso wie im Saarland unmittelbar vollstreckbar.
Urteile und Beschlüsse sämtlicher übrigen Gerichte sind mit der im Saarland üblichen Vollstreckungsklausel zu versehen. Zur Vollstreckung in Frankreich ist das vereinfachte Exequatur erforderlich. Die Urteile und Beschlüsse sämtlicher französischen Gerichte sind gleichfalls auf Grund des vereinfachten Exequatur im Saarland vollstreckbar.
In den Fällen der gegenseitigen Rechtshilfe zwischen Frankreich und dem Saarland werden die Ausführungsformen vom jeweils gültigen bürgerlichen Landesgesetz bestimmt. Die Bedingungen und die Folgen der Ausführungen sind diejenigen, die in den Artikeln 3 bis 5, 7, 8, 21, 23 bis 27 des französischen Gesetzes vom 10. März 1927 dargelegt sind. Diese Bestimmungen finden auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im Saarland Anwendung.
Auch die Bestimmungen der Artikel 30 bis 34 dieses Gesetzes sind auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im Saarland anzuwenden.
Abschnitt III
Sonderbestimmungen.
Der Vertreter der französischen Republik im Saarland, der Secretaire General Delegue der Conseiller Economique, der Conseiller Financier, der Conseiller Juridique, der Vorsitzende des französischsaarländischen Senats beim Oberlandesgericht Saarbrücken, der französische Generalstaatsanwalt und der Chef de la Surete genießen eine völlige Immunität vor jeder gerichtlichen Verfolgung im Saarland.
Die französischen Gerichtspersonen genießen die Vorzugsrechte, die auf Grund des französischen Gesetzes mit ihrem Amt verbunden sind.
Die im Saarland stationierten Angehörigen der französischen Armee sind für alle Verstöße, die sie evtl. begehen könnten, der Militärgerichtsbarkeit unterworfen.
Falls die Militärgerichte nach dem französischen Gesetzbuch über das Kriegsgerichtswesen nicht zuständig sein sollten, kann die Sache auf Antrag des Vertreters Frankreichs im Saarland vor jeder Endentscheidung vor die Militärgerichtsbarkeit gebracht werden.
Jede auf eine Freiheitsstrafe lautende Entscheidung gegen einen französischen Staatsangehörigen muss innerhalb einer Frist von drei Tagen zur Kenntnis des französischen Generalstaatsanwalts gebracht werden. Die Untersuchungshaft gegen einen französischen Staatsangehörigen oder eine Militärperson der französischen Armee darf ohne das Visum des französischen Generalstaatsanwalts nicht über drei Tage hinaus ausgedehnt werden.
Bei allen Strafsachen, in welchen ein französischer Beamter, der im Saarland tätig ist, oder eine Militärperson der französischen Armee beteiligt ist - mit Ausnahme derjenigen Sachen, die Übertretungen betreffen -, wird das Amt des Staatsanwalts von einem französischen Beamten der Staatsanwaltschaft ausgeübt.
Abschnitt IV
Schlussbestimmungen.
Alle Streitfragen, die die Auslegung oder Anwendung dieser Konvention betreffen, werden einer gemischten Kommission zur Entscheidung vorgelegt. Diese setzt sich wie folgt zusammen: der Justizminister der französischen Republik als Präsident, zwei französische Mitglieder von denen einer ein richterlicher Beamter sein muss; beide werden durch die französische Regierung bestimmt, drei saarländische Mitglieder, von denen einer saarländischer Richter sein muss; diese werden durch die saarländische Regierung bestimmt.
Die Beschlüsse dieser Kommission werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Die Entscheidungen dieser Kommission, die sich auf Auslegung und Anwendung der vorlegenden Konvention beziehen, erlangen mit ihrer Veröffentlichung in Frankreich und im Saarland Rechtskraft. Diese Veröffentlichung muss in den Formen der amtlichen Bekanntmachungen erfolgen.
Die vorliegende Konvention tritt am 1. Januar 1948 in Kraft. Die Regierung der französischen Republik und die Regierung des Saarlands verpflichten sich - jede in ihrem Bereich - die Maßnahmen zu treffen, die zur Sicherstellung der Ausführung der vorliegenden Konvention erforderlich sind.
ENDE |