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ThürVerfSchG - Thüringer Verfassungsschutzgesetz
Thüringer Gesetz zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zur Vorbeugung vor Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung

- Thüringen -

Vom 8. August 2014
(GVBl. Nr. 8 vom 28.08.2014 S. 529 Inkrafttreten; 06.06.2018 S. 229 18; 20.12.2022/23 S. 1 23)



Erster Abschnitt
Organisation und Aufgaben

§ 1 Zweck des Verfassungsschutzes

(1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie dem Bestand und der Sicherheit des Bundes und der Länder. Er dient darüber hinaus dem Zweck, dem Entstehen von Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, vorzubeugen. Er setzt seine Schwerpunkte beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im Bereich der gewaltorientierten Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 1.

(2) Der Verfassungsschutz unterrichtet die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Dadurch soll es insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen.

§ 2 Errichtung eines Amtes für Verfassungsschutz; Stabsstelle Controlling 18

(1) Zur Erfüllung des Zwecks nach § 1 Abs. 1 wird bei dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium ein Amt für Verfassungsschutz Thüringen errichtet.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz nimmt seine Aufgaben gesondert von der für die Polizei zuständigen Abteilung wahr. Es darf einer für die Polizei zuständigen Abteilung nicht angegliedert werden.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz wird von seinem Präsidenten geleitet. Bei dem Präsidenten wird eine Stabsstelle Controlling eingerichtet. Diese unterstützt den Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz bei der Wahrnehmung seiner Leitungsfunktion. Die Verantwortung des Präsidenten für die Recht- und Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung bleibt unberührt. Das Amt des Präsidenten soll nur einer Person übertragen werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzt.

(4) Die Stabsstelle Controlling hat regelmäßig die Recht- und Zweckmäßigkeit der nachrichtendienstlichen und sonstigen ihr zugewiesenen Maßnahmen zu überprüfen und dem Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz Bericht zu erstatten. Sie ist bei der Beurteilung der Recht- und Zweckmäßigkeit der eingesetzten nachrichtendienstlichen Mittel nicht an Weisungen des Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz, seines Vertreters im Amt und des für den Verfassungsschutz Thüringen zuständigen Ministeriums gebunden. Sie ist personell und organisatorisch von den übrigen Referaten des Amtes für Verfassungsschutz zu trennen und mit dem zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Personal auszustatten. Für den Leiter der Stabsstelle Controlling ist ein ständiger Vertreter zu bestellen. Der Leiter der Stabsstelle Controlling oder sein Vertreter müssen die Befähigung zum Richteramt besitzen. Die durch die Stabsstelle Controlling getroffenen Maßnahmen und Bewertungen sind zu dokumentieren. Bei besonderen oder schwierigen Vorkommnissen kann die Parlamentarische Kontrollkommission verlangen, dass die Stabsstelle Controlling diese auch unmittelbar unterrichtet.

(5) Die Referate des Amtes für Verfassungsschutz haben der Stabsstelle Controlling regelmäßig schriftlich über die in den jeweiligen Phänomenbereichen sowie den beobachteten Personenzusammenschlüssen eingesetzten nachrichtendienstlichen Mittel Bericht zu erstatten. Die Stabsstelle Controlling ist insbesondere regelmäßig oder anlassbezogen schriftlich zu unterrichten über

  1. das Vorliegen von Anhaltspunkten für ein strafbares Verhalten von Vertrauensleuten,
  2. die Höhe der an Vertrauensleute, sonstige geheime Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbene Agenten und Gewährspersonen für die übermittelten Informationen gezahlten Vergütung,
  3. die Anordnung von Observationen, die durchgehend länger als 24 Stunden dauern oder an mehr als zwei Tagen stattfinden sollen (längerfristige Observationen),
  4. die Durchführung von Observationen, die aufgrund der besonderen Situation länger als 24 Stunden oder an mehr als zwei Tagen stattgefunden haben,
  5. das Vorliegen von Anhaltspunkten, dass nachrichtendienstlich erlangte Informationen Inhalte haben, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren,
  6. das Unterlassen der Benachrichtigung einer betroffenen Person nach § 18 Abs. 1 Satz 2 sowie die Zurückstellung der Benachrichtigung nach § 18 Abs. 2 Satz 2,
  7. die Übermittlung von personenbezogenen Daten an andere Behörden und öffentliche Stellen nach § 21 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2, 4, 5 und 6,
  8. die unterbliebene Informationsübermittlung aufgrund der Annahme eines Übermittlungsverbotes nach § 22 Abs. 1,
  9. operative Maßnahmen und deren Ergebnisse, die gesetzlich geschützte Berufsfelder entsprechend § 53 der Strafprozessordnung (StPO) tangieren, die Parlamentsmitglieder oder Personen im Sinne des Artikels 56 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen sowie Journalisten und andere Personen oder Einrichtungen des Medienwesens sowie herausragende Personen des öffentlichen Lebens betreffen,
  10. besondere Sicherheitsvorkommnisse innerhalb der Behörde, etwa den Verdacht auf Geheimnisverrat oder sonstige gravierende Verfehlungen dienstrechtlicher Natur, soweit sie nicht ohnehin dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium nach anderen Vorschriften zu berichten sind,
  11. besondere Sicherheitsrisiken bei operativen Maßnahmen,
  12. besondere Ereignisse im Verlauf einer Operation, wie etwa Beschwerden eines Vertrauensmannes über seine Führung, Verstöße des Vertrauensmannes gegen Sicherheitsanweisungen, Eigenmächtigkeiten des V-Mannes bei der Informationsbeschaffung.

Der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz kann in einer Dienstvorschrift weitere Berichtspflichten sowie das konkrete Verfahren der Berichterstattung festlegen.

§ 3 Zusammenarbeit

(1) Das Amt für Verfassungsschutz ist verpflichtet, mit dem Bund und den Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit besteht insbesondere in gegenseitiger Unterstützung und Information sowie in der Kooperation in gemeinsamen Einrichtungen.

(2) Die Verfassungsschutzbehörde eines anderen Landes darf im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen, der Bund nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit dem Amt für Verfassungsschutz tätig werden.

§ 4 Aufgaben des Amtes für Verfassungsschutz

(1) Aufgabe des Amtes für Verfassungsschutz ist es, den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu treffen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben beobachtet das Amt für Verfassungsschutz

  1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
  2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
  3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  4. Bestrebungen und Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes, Artikel 13 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind, und
  5. frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Geltungsbereich dieses Gesetzes.

Das Amt für Verfassungsschutz sammelt zu diesem Zweck Informationen, insbesondere sach- und personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über solche Bestrebungen oder Tätigkeiten und wertet sie aus. Voraussetzung für die Verarbeitung der Informationen im Sinne des Satzes 3 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Zur Prüfung, ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, darf das Amt für Verfassungsschutz aus allgemein zugänglichen Quellen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz wirkt auf Ersuchen der öffentlichen Stellen mit:

  1. bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen nach den Bestimmungen des Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetzes vom 17. März 2003 (GVBl. S. 185) in der jeweils geltenden Fassung und
  2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse liegenden geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte.

Die Befugnisse des Amtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 sind im Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetz geregelt.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz erteilt entsprechend den Rechtsvorschriften auf Anfrage von Behörden, denen die Einstellung von Bewerbern in den öffentlichen Dienst obliegt, Auskunft aus vorhandenen Unterlagen über Erkenntnisse nach Absatz 1. Die Auskunft ist auf solche beweisbare Tatsachen zu beschränken, die Zweifel daran begründen können, dass der Bewerber jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird.

(4) Das Amt für Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt haben wöchentlich und anlassbezogen ein gemeinsames Lagebild über Bestrebungen im Sinne des Absatzes 1 zu erstellen. Zu diesem Zweck führen sie Informationen in der Thüringer Informations- und Auswertungszentrale zusammen.

(5) Die mit der Beschaffung und Auswertung betrauten Referate haben wesentliche Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Beobachtungsobjekten in geeigneter Weise zu dokumentieren.

§ 5 Weitere Aufgaben des Amtes für Verfassungsschutz

(1) Das Amt für Verfassungsschutz hat die Aufgabe, durch geeignete Informations- oder Öffentlichkeitsarbeit dem Entstehen von Bestrebungen und Tätigkeiten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, vorzubeugen.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz hat auch die Aufgabe, die Öffentlichkeit in zusammenfassenden Berichten sowie in Einzelanalysen über Bestrebungen und Tätigkeiten, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, zu unterrichten. Es tritt solchen Bestrebungen und Tätigkeiten auch durch Angebote zur Information entgegen. Dabei dürfen der Öffentlichkeit personenbezogene Daten bekannt gegeben werden, wenn das Interesse an der Unterrichtung das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegt. Vor einer erstmaligen Bekanntgabe personenbezogener Daten ist dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Regelungen des Thüringer Pressegesetzes vom 31. Juli 1991 (GVBl. S. 271) in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt. Darüber hinaus dürfen auch solche Vereinigungen oder Einzelpersonen genannt werden, bei welchen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte der Verdacht von Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 4 Abs. 1 Satz 2 vorliegt (Verdachtsfälle). Diese Verdachtsfälle sind entsprechend kenntlich zu machen.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz unterhält eine Internetseite, um die Öffentlichkeit über seine Arbeit, insbesondere im Sinne des Absatzes 2, zu informieren.

§ 6 Begriffsbestimmungen 18

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind:

  1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, seine staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen,
  2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen,
  3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.

Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 erheblich zu beschädigen.

(2) Zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen

  1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen,
  2. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht,
  3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition,
  4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung,
  5. die Unabhängigkeit der Gerichte,
  6. der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
  7. die im Grundgesetz, in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention konkretisierten Menschenrechte.

Zweiter Abschnitt
Befugnisse

§ 7 Allgemeine Befugnisse 18

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen, einschließlich personenbezogener Daten, auch ohne Kenntnis der betroffenen Gruppierung oder Person nach pflichtgemäßem Ermessen erheben und in Akten und Dateien verarbeiten, soweit nicht besondere gesetzliche Regelungen entgegenstehen; die Verarbeitung ist auch zulässig, wenn der Betroffene eingewilligt hat. Ein Ersuchen des Amtes für Verfassungsschutz um Übermittlung personenbezogener Daten darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die für die Erteilung der Auskunft erforderlich sind. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden.

(2) Polizeiliche Befugnisse und Weisungen stehen dem Amt für Verfassungsschutz nicht zu. Es darf der Polizei keine Weisungen erteilen. Die Polizei darf auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersucht werden, zu denen das Amt für Verfassungsschutz selbst nicht befugt ist.

§ 8 Besondere Auskunftsverlangen 18

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei denjenigen, die geschäftsmäßig Teledienste erbringen oder daran mitwirken, Auskunft über Daten einholen, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Teledienste (Bestandsdaten) gespeichert worden sind, soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Schutzgüter vorliegen.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall Auskunft einholen bei

  1. Luftfahrtunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und globalen Distributionssystemen für Flüge zu Namen und Anschriften des Kunden sowie zur Inanspruchnahme und den Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,
  2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge,
  3. denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, zu Verkehrsdaten nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190) in der jeweils geltenden Fassung und sonstigen zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Telekommunikation notwendigen Verkehrsdaten und
  4. denjenigen, die geschäftsmäßig Teledienste erbringen oder daran mitwirken, zu
    1. Merkmalen zur Identifikation des Nutzers eines Teledienstes,
    2. Angaben über Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und
    3. Angaben über die vom Nutzer in Anspruch genommenen Teledienste,

soweit dies zur Sammlung und Auswertung von Informationen erforderlich ist und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass schwerwiegende Gefahren für die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Schutzgüter vorliegen; im Fall des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind,

  1. zu Hass oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder
  2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich dem Befürworten, Hervorrufen oder Unterstützen von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.

Für die Erteilung von Auskünften nach Satz 1 Nr. 3 hat der Verpflichtete Anspruch auf Entschädigung entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718 -776-) in der jeweils geltenden Fassung. Für Auskünfte der Verpflichteten nach Absatz 1 und 2 an das Amt für Verfassungsschutz gelten die aufgrund von § 8b Abs. 8 Satz 1 bis 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954 -2970-) in der jeweils geltenden Fassung erlassene Rechtsverordnung sowie die Vorgaben nach § 8b Abs. 8 Satz 4 und 5 BVerfSchG in der jeweils geltenden Fassung entsprechend. Im Übrigen gilt § 8b Abs. 4 bis 6 BVerfSchG für besondere Auskunftsverlangen des Amtes für Verfassungsschutz entsprechend.

(3) Auskünfte nach Absatz 2 dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Antragsberechtigt ist der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz oder sein Stellvertreter. Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Über den Antrag entscheidet der Minister des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter. Die Anordnung einer Auskunft über künftig anfallende Daten ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung dieser Anordnung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnungen fortbestehen; Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die G 10-Kommission über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium den Vollzug der Entscheidung auch bereits vor Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die Unterrichtung ist unverzüglich nachzuholen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. § 15 Abs. 5 des Artikel 10-Gesetzes (G 10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298) in der jeweils geltenden Fassung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die Kontrollbefugnis auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 2 erlangten personenbezogenen Daten erstreckt. Entscheidungen, die die G 10-Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unverzüglich aufzuheben. Die Daten unterliegen in diesem Fall einem absoluten Verwendungsverbot und sind unverzüglich zu löschen.

(5) Für die Verarbeitung der nach Absatz 2 erhobenen Daten ist § 4 G 10 entsprechend anzuwenden. Für die Mitteilung an den Betroffenen gilt § 12 Abs. 1 und 3 G 10 entsprechend.

(6) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission im Abstand von höchstens sechs Monaten über Anordnungen nach Absatz 2; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben.

(7) Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes ist nach Maßgabe des § 8b Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I. S. 2954 -2970-) in der jeweils geltenden Fassung jährlich durch das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium über die nach Absatz 2 durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten.

(8) Anordnungen nach Absatz 2 dürfen sich nur gegen Personen richten, bei denen die Voraussetzungen des § 8a Abs. 3 BVerfSchG entsprechend vorliegen.

§ 9 Weitere Auskunftsverlangen

(1) Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Amtes für Verfassungsschutz erforderlich ist, darf von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 TKG erhobenen Daten verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 TKG). Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 2 TKG), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen.

(2) Auskünfte nach Absatz 1 dürfen auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 3 TKG). Für Auskunftsverlangen nach Absatz 1 Satz 2 gilt § 8 Abs. 3 Satz 1 bis 4, Abs. 4 und 5 Satz 1 entsprechend.

(3) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2 Satz 1 über die Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald eine Gefährdung des Zwecks der Auskunft und der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes ausgeschlossen werden können. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 3 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen.

(4) Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach den Absätzen 1 oder 2 hat derjenige, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln.

(5) Das Amt für Verfassungsschutz hat für ihm erteilte Auskünfte eine Entschädigung zu gewähren, deren Umfang sich nach § 23 und Anlage 3 JVEG bemisst; die Bestimmungen über die Verjährung nach § 2 Abs. 1 und 4 JVEG finden entsprechend Anwendung.

§ 10 Nachrichtendienstliche Mittel

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf zur heimlichen Informationsbeschaffung folgende nachrichtendienstliche Mittel anwenden:

  1. den Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckt eingesetzten Mitarbeitern des Amtes für Verfassungsschutz unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 bis 6,
  2. Observationen,
  3. Bildaufzeichnungen (fotografieren, videografieren und filmen),
  4. verdeckte Ermittlungen und Befragungen zu Personen, Objekten und Sachverhalten, das heißt, ohne dabei den tatsächlichen Zweck der Erhebung anzugeben,
  5. das Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel,
  6. das Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel,
  7. die Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen sowie die Sichtbarmachung, Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen,
  8. die Verwendung fingierter biographischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden),
  9. die Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen,
  10. die Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes,
  11. den Einsatz technischer Mittel zur Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgeräts (so genannte IMSI-Catcher).

(2) Beabsichtigt das Amt für Verfassungsschutz, nachrichtendienstliche Mittel gegen ein Mitglied des Landtags einzusetzen, unterrichtet das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium den Präsidenten des Landtags und den Vorsitzenden der Parlamentarischen Kontrollkommission unverzüglich. Gleiches gilt, soweit beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, insbesondere im Rahmen von Anwerbungsmaßnahmen, Personen betroffen sind, deren Mitarbeit Abgeordnete in Ausübung ihres Mandats in Anspruch nehmen.

(3) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist sie über den Verwendungszweck aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfasst bei einer beabsichtigten Übermittlung auch den Empfänger der Daten. Die Aufklärung kann unterbleiben, wenn die Tatsache, dass die Erhebung für Zwecke des Verfassungsschutzes erfolgt, aus besonderen Gründen nicht bekannt werden soll. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.

(4) Beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ist ein Eingriff in das Beicht- und Seelsorgegeheimnis unzulässig. Darüber hinaus ist der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, die sich gegen zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgeheimnisträger im Sinne der §§ 53 und 53a StPO richten, nur nach Maßgabe des § 160a StPO zulässig. Im Übrigen hat das Amt für Verfassungsschutz von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.

(5) Längerfristige Observationsmaßnahmen im Sinne des § 163f StPO sind nur zulässig, wenn sie zur Erfüllung einer Aufgabe des Verfassungsschutzes erforderlich sind und eine dafür wesentliche Aufklärung auf andere Weise erheblich erschwert oder entscheidend verzögert würde und die Maßnahme nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht.

(6) Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden und sind unverzüglich zu löschen. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel allein Kenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist der Einsatz unzulässig. Die Datenerhebung ist, soweit informationstechnisch und ermittlungstechnisch möglich, unverzüglich und so lange wie erforderlich zu unterbrechen, sofern sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Die Auswertung erhobener Daten ist unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Eine weitere Auswertung ist nur dann zulässig, wenn die kernbereichsrelevanten Daten zuvor unter Aufsicht eines von der Auswertung unabhängigen besonders bestellten Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, gelöscht wurden. Ergibt sich zu einem späteren Zeitpunkt, dass die erhobenen Daten dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind, dürfen diese nicht weitergegeben oder verwertet werden. Die Aufzeichnungen sind unter Aufsicht eines Bediensteten nach Satz 5 unverzüglich zu löschen. Bestehen über die Vorgehensweise Zweifel, so ist unverzüglich die Stellungnahme der Stabsstelle Controlling einzuholen; § 2 Abs. 3 Satz 4 bleibt unberührt.

(7) Beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des Absatzes 1 dürfen keine Straftaten begangen werden.

(8) Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des Absatzes 1 ist fortlaufend zu dokumentieren.

§ 11 Erhebung von Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit nachrichtendienstlichen Mitteln nach § 10 Abs. 1 erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass

  1. auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 4 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder
  2. dies zum Schutz oder zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen des Amtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.

Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen gewonnen werden kann. § 10 Abs. 4 findet im Übrigen Anwendung.

(2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gegenwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Lebensgefahr für einzelne Personen unerlässlich ist und geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Die Maßnahme ist durch den Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz oder seinen Stellvertreter anzuordnen, wenn eine richterliche Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden kann. Die richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Amt für Verfassungsschutz seinen Sitz hat. Wird die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht nachträglich richterlich bestätigt, so sind die erhobenen Daten unverzüglich zu löschen. Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über eine nach Satz 1 durchgeführte Maßnahme in der nächsten nach der Anordnung der Maßnahme stattfindenden Sitzung.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz hat die Maßnahme nach Absatz 2 dem Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen, wenn dadurch für den Verfassungsschutz tätige Personen nicht gefährdet werden. Einer Mitteilung bedarf es endgültig nicht, wenn die Gefährdung nach Satz 1 auch fünf Jahre nach Einstellung der Maßnahme noch nicht ausgeschlossen werden kann. Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission innerhalb von sechs Monaten nach Einstellung der Maßnahme über die Mitteilung an den Betroffenen oder über die dem entgegenstehenden Gründe. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist auch über eine nach Satz 2 unterbliebene Mitteilung zu unterrichten.

(4) Das Amt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 4 Abs. 1 Satz 2 unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 G 10 auch technische Mittel zur Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgerätes und zur Ermittlung der Geräte- und Kartennummern einsetzen. Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn ohne Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 die Ermittlung des Standorts oder die Ermittlung der Geräte- und Kartennummer aussichtslos oder wesentlich erschwert ist. Für die Verarbeitung der Daten gilt § 4 G 10 entsprechend. Personenbezogene Daten eines Dritten dürfen anlässlich solcher Maßnahmen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zum Erreichen des Zwecks nach Satz 1 unvermeidbar ist; sie unterliegen einem absoluten Verwertungsverbot und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. § 8 Abs. 1, 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend.

§ 12 Begriffsbestimmungen, Einsatz von Personen zur Informationsbeschaffung

(1) Im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 sind

  1. Vertrauensleute solche Personen, die planmäßig zur verdeckten Ermittlung von Nachrichten über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des § 4 Abs. 1 eingesetzt werden,
  2. sonstige geheime Informanten solche Personen, die in Einzelfällen oder gelegentlich wegen ihrer Kontakte zu einem Beobachtungsfeld Hinweise geben,
  3. Gewährspersonen solche Personen, die dem Amt für Verfassungsschutz logistische oder sonstige Hilfe leisten, ohne Personen im Sinne der Nummern 1 und 2 zu sein,
  4. verdeckt eingesetzte Mitarbeiter des Amtes für Verfassungsschutz solche Personen, die unter Einsatz einer Legende tätig sind.

(2) Folgende Personen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 bis 3 dürfen nicht für eine nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung eingesetzt werden:

  1. minderjährige Personen,
  2. Personen, die nach den §§ 53 und 53a StPO das Zeugnis verweigern können,
  3. Personen im Sinne des Artikels 56 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen und
  4. Personen, die an einem Aussteigerprogramm des Bundes oder eines Landes teilnehmen.

(3) Der Einsatz der in Absatz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Personen zum Zwecke der Informationsbeschaffung ist insbesondere zulässig, wenn

  1. die Person weder die Zielsetzung noch die Tätigkeit des Beobachtungsobjekts entscheidend bestimmt,
  2. Geld- oder Sachzuwendungen für die Tätigkeit der Person nicht auf Dauer deren überwiegende Lebensgrundlage sind.

(4) Beim Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten und Gewährspersonen dürfen keine Straftaten begangen werden. Bei der Verpflichtung von Vertrauensleuten nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547) in der jeweils geltenden Fassung sind diese auch schriftlich darüber zu belehren, dass ihnen keine Straffreiheit gewährt wird.

(5) Die Anwerbung von Vertrauensleuten unterbleibt, wenn die Zielperson wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist. Dies gilt nicht, wenn die Voraussetzungen des § 51 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229; 1985 I S. 195) in der jeweils geltenden Fassung vorliegen. Sofern tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Vertrauensleute rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht haben, ist die Zusammenarbeit unverzüglich zu beenden, und die Strafverfolgungsbehörden sind zu unterrichten. Von der Beendigung der Zusammenarbeit kann im Einzelfall durch Entscheidung des Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz nur abgesehen werden, wenn die von der Vertrauensperson erlangten und zu erwartenden Informationen geeignet sind, die Gefährdung von Leib und Leben Dritter sowie die Begehung von Straftaten im Sinne des § 100a StPO oder von Staatsschutzdelikten im Sinne der §§ 74a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) zu verhindern. Die Stabsstelle Controlling ist im Fall des Satzes 4 unverzüglich durch den zuständigen Fachbereich über den weiteren Einsatz von Vertrauenspersonen zu unterrichten.

(6) Die Verpflichtung und der Einsatzbereich von Vertrauensleuten sind von dem Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz zu genehmigen. Die Genehmigung ist schriftlich zu erteilen und zu befristen. Eine Verlängerung der Frist ist zulässig, solange die Voraussetzungen für den Einsatz fortbestehen. Der Einsatz ist fortlaufend zu dokumentieren. Die Führungsverantwortlichkeit für eine Vertrauensperson ist zeitlich zu befristen. Das Nähere zum Einsatz von Vertrauensleuten ist in einer Dienstanweisung zu regeln, die nach Anhörung der Parlamentarischen Kontrollkommission erlassen wird. Vor jeder Änderung der Dienstanweisung ist die Parlamentarische Kontrollkommission zu hören.

Dritter Abschnitt
Datenschutzrechtliche Bestimmungen

§ 13 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten 18

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen. Die Speicherung, Veränderung und Nutzung in Dateien zu Zwecken einer personenbezogenen Auswertung ist nur zulässig, wenn

  1. tatsächliche Anhaltspunkte für die Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 4 Abs. 1 vorliegen,
  2. dies zur Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 4 Abs. 1 erforderlich ist,
  3. Aufgaben nach § 4 Abs. 2 zu erfüllen sind oder
  4. eine Mitwirkung bei Überprüfungen der Zuverlässigkeit nach § 5 des Waffengesetzes oder § 8a des Sprengstoffgesetzes erfolgt,

soweit nicht besondere Bestimmungen gelten. Satz 2 gilt nicht für Dateien aus allgemein zugänglichen Quellen, die ohne Veränderung des Dateiinhalts ausschließlich für Abfragen genutzt werden.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz darf in einer gesonderten Datei (Amtsdatei) personenbezogene Daten der Vertrauensleute speichern, verändern und nutzen. Darüber hinaus darf es in einer Verbunddatei Daten nach Satz 1 zur Nutzung im Verfassungsschutzverbund speichern. Die Datenverarbeitung im Übrigen richtet sich nach den bundesgesetzlichen Regelungen.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz darf zum Zwecke der Vorgangsverwaltung personenbezogene Daten im Sinne des Absatzes 1 mit zur Erledigung anderer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten amtsintern zusammen in automatisierten Verfahren verarbeiten, soweit dies nicht nach anderen Rechtsvorschriften ausgeschlossen ist. Die jeweiligen Vorschriften zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten, insbesondere zur Zweckbindung, bleiben unberührt. Ist der Zugriff auf personenbezogene Daten Dritter mit vertretbarem Aufwand nicht auszuschließen, ist die Abfrage und Verwendung dieser Daten unzulässig.

(4) Das Amt für Verfassungsschutz darf Daten über Minderjährige, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet haben, in zu ihrer Person geführten Akten (Personenakten) nur speichern, verändern und nutzen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Minderjährige eine der in § 3 G 10 genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. In Dateien im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 ist eine Speicherung von Daten Minderjähriger, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unzulässig. Satz 2 gilt nicht für Minderjährige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, wenn nach den Umständen des Einzelfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Speicherung zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben einer Person erforderlich ist.

(5) Umfang und Dauer der Speicherung personenbezogener Daten sind auf das für die Aufgabenerfüllung des Amtes für Verfassungsschutz erforderliche Maß zu beschränken.

(6) Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre des Betroffenen, die mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, dürfen nur einem besonders beschränkten, vom Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz festzulegenden Personenkreis zugänglich gemacht werden.

§ 14 Projektbezogene gemeinsame Dateien

(1) Das Amt für Verfassungsschutz kann für die Dauer einer befristeten projektbezogenen Zusammenarbeit mit den übrigen Landesbehörden für Verfassungsschutz, dem Bundesamt für Verfassungsschutz sowie den Polizeibehörden des Bundes und der Länder eine gemeinsame Datei errichten. Die projektbezogene Zusammenarbeit soll nach Maßgabe der Aufgaben und Befugnisse der in Satz 1 genannten Behörden den Austausch und die gemeinsame Auswertung von Erkenntnissen zu Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind, bewirken. Personenbezogene Daten zu Bestrebungen nach Satz 2 dürfen unter Einsatz der gemeinsamen Datei durch die an der projektbezogenen Zusammenarbeit beteiligten Behörden im Rahmen ihrer Befugnisse verwendet werden, soweit dies in diesem Zusammenhang zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Bei der weiteren Verwendung der personenbezogenen Daten finden für die beteiligten Behörden die jeweils für sie geltenden Vorschriften über die Verwendung von Daten Anwendung.

(2) § 22a Abs. 2 bis 6 BVerfSchG findet entsprechende Anwendung.

§ 15 Berichtigung und Löschung personenbezogener Daten

(1) Das Amt für Verfassungsschutz hat die in Dateien im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind; in Personenakten ist dies zu vermerken.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz hat Daten im Sinne des Absatzes 1 zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ist oder ihre Kenntnis für die Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Personenakten sind unter diesen Voraussetzungen zu vernichten. Die Löschung oder Vernichtung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt würden.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgelegten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob Daten im Sinne des Absatzes 1 zu berichtigen oder zu löschen sind. Daten im Sinne des Absatzes 1 über Bestrebungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 sind spätestens zehn Jahre, über Bestrebungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 spätestens fünfzehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz oder sein Vertreter treffen im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 gespeicherte personenbezogene Daten sind spätestens sechs Jahre nach ihrer letzten Speicherung zu löschen. Soweit Daten automatisiert verarbeitet oder Akten automatisiert erschlossen werden, ist auf den Ablauf der Fristen nach den Sätzen 1 bis 3 hinzuweisen.

(4) Daten im Sinne des Absatzes 1 über Personen vor Vollendung des 16. Lebensjahres sind nach zwei Jahren zu löschen, es sei denn, dass weitere Erkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 angefallen sind. Daten im Sinne des Absatzes 1 über Personen nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 18. Lebensjahres sind nach zwei Jahren auf ihre Erforderlichkeit zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 angefallen sind.

(5) Personenbezogene Daten, die zu löschen sind, dürfen nicht zum Nachteil des Betroffenen verarbeitet werden.

(6) Für die Archivierung gelten die Bestimmungen des Thüringer Archivgesetzes vom 23. April 1992 (GVBl. S. 139) in der jeweils geltenden Fassung. Das Amt für Verfassungsschutz kann das Nähere durch eine Vereinbarung mit den für das Archivwesen zuständigen Behörden vereinbaren.

§ 16 Errichtungsanordnung 18

(1) Für jede Datei im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, in der personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet werden, ist in einer Errichtungsanordnung, die der Zustimmung durch die Stabsstelle Controlling bedarf, festzulegen:

  1. die Bezeichnung der Datei,
  2. der Zweck der Datei,
  3. die Voraussetzungen der Verarbeitung (Rechtsgrundlagen, betroffener Personenkreis, Art der Daten),
  4. die Anlieferung oder Eingabe,
  5. die Zugangsberechtigung,
  6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer und
  7. die Protokollierung.

(2) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit ist vor Erlass der Errichtungsanordnung anzuhören. Wesentliche Änderungen nach dem Erlass sind ihm mitzuteilen.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz hat in angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung der Dateien zu überprüfen.

§ 17 Auskunft an den Betroffenen auf Antrag

(1) Das Amt für Verfassungsschutz erteilt dem Betroffenen auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten sowie den Zweck und die Rechtsgrundlage ihrer Speicherung.

(2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, wenn

  1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist,
  2. durch die Auskunftserteilung Quellen gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Amtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist,
  3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder
  4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Präsident des Amtes für Verfassungsschutz oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter unter Abwägung der in Satz 1 genannten Interessen mit dem Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung. Dabei gilt es zu beachten, dass das Interesse des Betroffenen an einer Auskunftserteilung umso größer ist, je intensiver der Grundrechtseingriff ist, der der Speicherung seiner personenbezogenen Daten zugrunde liegt.

(3) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen.

(4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe der Ablehnung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass er sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit wenden kann. Dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz und für die Informationsfreiheit an den Betroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf den Kenntnisstand des Amtes für Verfassungsschutz zulassen, sofern dieses nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt.

§ 18 Mitteilung an betroffene Personen von Amts wegen

(1) Von dem Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des § 10 Abs. 1 sind zu benachrichtigen im Fall

  1. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 (verdeckt handelnde Personen zur Informationsbeschaffung)
    1. die Zielperson,
    2. die erheblich mitbetroffenen Personen,
    3. die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung die verdeckt handelnde Person betreten hat,
  2. des § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 6 (längerfristige Observation, Bildaufzeichnungen, Aufzeichnung des nicht öffentlich gesprochenen Wortes) die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
  3. des § 10 Abs. 1 Nr. 11 (so genannte IMSI-Catcher) die Zielperson.

Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person entgegenstehen. Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten ist.

(2) Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, des Bestands des Staates oder von Gesundheit, Leben oder Freiheit einer Person möglich ist. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 kann die Benachrichtigung zudem auch zurückgestellt werden, wenn die Möglichkeit der weiteren Verwendung der verdeckt handelnden Personen durch die Benachrichtigung gefährdet wäre und unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber den Betroffenen das öffentliche Interesse an der Weiterverwendung überwiegt.

(3) Erfolgt die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung durch die Parlamentarische Kontrollkommission. Die Entscheidung der Parlamentarischen Kontrollkommission ist jeweils nach einem Jahr erneut einzuholen. Eine Benachrichtigung kann mit Zustimmung der Parlamentarischen Kontrollkommission auf Dauer unterbleiben, wenn die Gründe nach Absatz 2 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft fortbestehen werden. Die Entscheidung nach Satz 3 darf frühestens fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme getroffen werden. Sind mehrere Maßnahmen in demselben Sachzusammenhang durchgeführt worden, ist die Beendigung der letzten Maßnahme für die Berechnung der Fristen maßgeblich.

Vierter Abschnitt
Übermittlungsbestimmungen

§ 19 Informationsübermittlung an das Amt für Verfassungsschutz ohne Ersuchen

(1) Die Behörden, Gerichte hinsichtlich ihrer Register, Gebietskörperschaften und andere der staatlichen Aufsicht unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie sonstige öffentliche Stellen des Landes haben von sich aus dem Amt für Verfassungsschutz die ihnen bei Erfüllung ihrer Aufgaben bekanntgewordenen Informationen zu übermitteln, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung der Informationen, insbesondere über Tatbestände, die in § 100a StPO und in § 3 G 10 aufgeführt sind, für die Erfüllung der Aufgaben des Amtes für Verfassungsschutz nach § 4 Abs. 1 oder entsprechender Aufgaben aufgrund eines Gesetzes nach Artikel 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b oder c des Grundgesetzes erforderlich ist.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie für seine Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Ist dies nicht der Fall, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.

(3) Gesetzliche Übermittlungsverbote bleiben unberührt.

§ 20 Informationsübermittlung an das Amt für Verfassungsschutz auf Ersuchen

(1) Die in § 19 Abs. 1 genannten öffentlichen Stellen haben dem Amt für Verfassungsschutz auf dessen Ersuchen die ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bekanntgewordenen Informationen zu übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben nach § 4 Abs. 1 oder 2 Satz 1 Nr. 2 oder entsprechender Aufgaben aufgrund eines Gesetzes nach Artikel 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b oder c des Grundgesetzes erforderlich ist. Das Amt für Verfassungsschutz hat die Ersuchen aktenkundig zu machen.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz darf Akten und amtlich geführte Dateien und Register anderer öffentlicher Stellen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 einsehen, wenn die Übermittlung von Informationen aus den Akten, Dateien oder Registern im Wege der Mitteilung durch die ersuchte Behörde den Zweck der Maßnahme gefährden oder das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Über die Einsichtnahme hat das Amt für Verfassungsschutz einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten.

(3) Das Amt für Verfassungsschutz kann von den Behörden des Landes und den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur die Übermittlung von Informationen verlangen, die diesen Stellen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben vorliegen und die zur Erfüllung der Aufgaben des Verfassungsschutzes erforderlich sind.

(4) § 19 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

§ 21 Informationsübermittlung durch das Amt für Verfassungsschutz

(1) Das Amt für Verfassungsschutz darf, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, an andere Behörden und öffentliche Stellen personenbezogene Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 4 Abs. 1 bis 3 übermitteln. Zu anderen Zwecken darf es, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, personenbezogene Daten nur übermitteln an:

  1. Polizeibehörden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlich ist und die Übermittlung der Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Staatsschutzdelikten sowie von Verbrechen, für deren Vorbereitung konkrete Hinweise vorliegen, dient; Staatsschutzdelikte sind die in den §§ 74a und 120 GVG genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind, und
  2. andere Behörden und öffentliche Stellen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist und der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt; insbesondere dürfen personenbezogene Daten auch an solche Behörden und öffentliche Stellen übermittelt werden, die Aufgaben der Wirtschafts- und Arbeitsförderung sowie der Daseinsvorsorge wahrnehmen.

(2) Das Amt für Verfassungsschutz hat der Staatsanwaltschaft und, vorbehaltlich der staatsanwaltlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeibehörden die ihm bekannt gewordenen Daten zu übermitteln, wenn im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung nach § 4 Abs. 1 tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten oder zur Verfolgung der in Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 genannten weiteren Straftaten oder von Straftaten gegen Leib und Leben sowie bei einer konkreten Gefahr für Leib und Leben erforderlich ist. Die Polizeibehörden dürfen zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 das Amt für Verfassungsschutz um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen.

(3) Die Empfängerbehörde hat die übermittelten Informationen unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich sind. Sie darf die personenbezogenen Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck nutzen, zu dem sie ihr übermittelt wurden.

(4) Das Amt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an öffentliche Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes sowie an über- oder zwischenstaatliche öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person entgegenstehen. Sie ist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass er die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden darf, zu dem sie ihm übermittelt wurden.

(5) Personenbezogene Daten dürfen an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermittelt werden, es sei denn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestands oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium im Einzelfall die Zustimmung erteilt hat. Das Amt für Verfassungsschutz führt über die Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, vor unberechtigtem Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr seiner Erstellung folgt, zu vernichten. Der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkungen und darauf hinzuweisen, dass das Amt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten.

(6) Absatz 5 findet keine Anwendung bei Datenübermittlungen nach § 7 Abs. 1 Satz 2.

(7) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist eine Übermittlung personenbezogener Daten durch Abruf im automatisierten Verfahren unzulässig.

§ 22 Übermittlungsverbote 18

(1) Die Übermittlung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes hat zu unterbleiben, wenn

  1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der personenbezogenen Daten und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen, oder
  2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit eine Übermittlungspflicht des Amtes für Verfassungsschutz nach § 12 Abs. 5 Satz 3 oder § 21 Abs. 2 an andere Sicherheitsbehörden besteht, bei

  1. Verbrechen,
  2. Vergehen, wenn die Tat auch im Einzelfall schwer wiegt, und es sich nicht um Informationen des Bundesamtes für Verfassungsschutz oder anderer Landesämter für Verfassungsschutz handelt, die im Rahmen der Unterrichtungspflichten nach § 6 BVerfSchG dem Thüringer Amt für Verfassungsschutz übermittelt worden sind.

§ 23 Nachberichtspflicht

Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unvollständig oder unrichtig, sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist. Die Unterrichtung kann unterbleiben, wenn sie einen erheblichen Aufwand erfordern würde und nachteilige Folgen für den Betroffenen nicht zu befürchten sind.

Fünfter Abschnitt
Parlamentarische Kontrolle

Erster Unterabschnitt
Grundsätze

§ 24 Kontrollrahmen, Parlamentarische Kontrollkommission

(1) Die Landesregierung unterliegt hinsichtlich der Tätigkeit des Amtes für Verfassungsschutz der parlamentarischen Kontrolle. Diese wird von der Parlamentarischen Kontrollkommission ausgeübt. Die Rechte des Landtags und seiner Ausschüsse und der Kommission aufgrund des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes bleiben unberührt.

(2) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden. Die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission dürfen unter Beachtung der Geheimhaltung den Vorsitzenden ihrer Fraktion, nach Maßgabe von § 78 Abs. 6 Satz 3 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags, über die wesentlichen Inhalte der Beratungen unterrichten.

(3) Die Geheimhaltung gilt nicht für die Darstellung und Bewertung bestimmter Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission ihre vorherige Zustimmung erteilt hat. In diesem Fall ist es jedem einzelnen Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission erlaubt, eine abweichende Bewertung (Sondervotum) zu veröffentlichen. Soweit für die Bewertung der Parlamentarischen Kontrollkommission oder die Abgabe von Sondervoten eine Sachverhaltsdarstellung erforderlich ist, sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten.

§ 25 Mitgliedschaft 23

(1) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus fünf Mitgliedern, die zu Beginn der Wahlperiode vom Landtag aus seiner Mitte mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages gewählt werden. Die parlamentarische Opposition im Landtag muss im Verhältnis ihrer Stärke zu den regierungstragenden Fraktionen und Parlamentarischen Gruppen des Landtags im Gremium vertreten sein. Mit der gleichen Mehrheit kann der Landtag Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission abberufen.

(2) Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus oder wird ein Mitglied zum Mitglied der Landesregierung ernannt, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet.

§ 26 Zusammentritt

(1) Die Parlamentarische Kontrollkommission tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung. Ihr obliegt die Wahl ihres beziehungsweise ihrer Vorsitzenden.

(2) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission verlangen.

(3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Landtags so lange aus, bis der nachfolgende Landtag eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gewählt hat.

§ 27 Pflicht der Landesregierung zur Unterrichtung

(1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Amtes für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Schwerpunkte der allgemeinen Unterrichtungstätigkeit sind insbesondere die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnenen Erkenntnisse. Im Rahmen der Unterrichtung über Vorgänge von besonderer Bedeutung sind die mit nachrichtendienstlichen Mitteln gewonnenen Erkenntnisse ebenfalls angemessen zu berücksichtigen. Sie berichtet zu sonstigen Vorgängen aus dem Aufgabenbereich des Amtes für Verfassungsschutz, sofern die Parlamentarische Kontrollkommission dies verlangt.

(2) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über folgende Vorgänge:

  1. Art, Anzahl und Dauer des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel im Sinne des § 10 Abs. 1 in den beobachteten extremistischen Phänomenbereichen und Personenzusammenschlüssen,
  2. Festlegung der zu beobachtenden Personenzusammenschlüsse,
  3. Herstellung des Einvernehmens für das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder in Thüringen nach § 3 Abs. 2 sowie in allgemeiner Form über die Herstellung des Benehmens für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz nach § 5 Abs. 2 BVerfSchG,
  4. Regelungen über die Vergütung von Vertrauensleuten und
  5. Feststellung eines Übermittlungsverbots nach § 22 Abs. 1 durch das Amt für Verfassungsschutz,
  6. Fortbildungsmaßnahmen und Ausbildungsstand der

Bediensteten, bedeutsame Personalveränderungen. Für die Berichterstattung nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend.

(3) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über die beabsichtigte Bestellung des Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz.

(4) Die politische Verantwortung der Landesregierung für das Amt für Verfassungsschutz bleibt unberührt.

(5) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission über den Inhalt der Dienstanweisungen des Amtes für Verfassungsschutz und über jede Änderung vor deren Erlass. § 12 Abs. 6 Satz 6 und 7 bleiben unberührt.

§ 28 Umfang der Unterrichtungspflicht, Verweigerung der Unterrichtung

(1) Die Verpflichtung der Landesregierung nach § 27 Abs. 1 und 2 sowie § 29 erstreckt sich nur auf Informationen und Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung des Amtes für Verfassungsschutz unterliegen.

(2) Die Landesregierung kann die Unterrichtung nach § 27 Abs. 1 und 2 sowie § 29 Abs. 1 nur verweigern sowie den in § 29 Abs. 2 genannten Personen auferlegen, ihre Auskunft einzuschränken oder zu verweigern, wenn dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs oder aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter notwendig ist oder wenn der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung betroffen ist. Lehnt die Landesregierung eine Unterrichtung ab, so hat das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium dies der Parlamentarischen Kontrollkommission zu begründen.

Zweiter Unterabschnitt
Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission

§ 29 Befugnisse der Parlamentarischen Kontrollkommission

(1) Die Landesregierung hat der Parlamentarischen Kontrollkommission im Rahmen der Unterrichtung nach § 27 auf Verlangen Einsicht in Akten, Schriftstücke und Dateien des Amtes für Verfassungsschutz zu geben. Dies gilt auch für Akten, Schriftstücke und Dateien der Landesregierung und anderer Landesbehörden, soweit diese die Tätigkeit des Amtes für Verfassungsschutz betreffen.

(2) Die Parlamentarische Kontrollkommission kann Bedienstete des Amtes für Verfassungsschutz und anderer Landesbehörden nach Unterrichtung der Landesregierung sowie Mitglieder der Landesregierung befragen oder von ihnen schriftliche Auskünfte einholen. Dies gilt auch für ehemalige Bedienstete und ehemalige Mitglieder der Landesregierung. Die anzuhörenden Personen sind verpflichtet, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. § 16 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes vom 7. Februar 1991 (GVBl. S. 36) in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend. Im Rahmen einer Anhörung kann die Parlamentarische Kontrollkommission die Mitglieder und die Vertreter der Landesregierung auffordern, während der Befragung der in den Sätzen 1 und 2 genannten Personen den Raum zu verlassen. Die Mitglieder und Vertreter der Landesregierung prüfen, ob zur Wahrnehmung ihrer politischen Verantwortung im Sinne des § 27 Abs. 4 ihre Anwesenheit während der Befragung erforderlich ist. Das Ergebnis der Prüfung wird der Parlamentarischen Kontrollkommission unverzüglich mitgeteilt. Im Fall der Einholung von schriftlichen Auskünften werden diese über das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium der Parlamentarischen Kontrollkommission zugeleitet. § 28 Abs. 2 gilt entsprechend; die Parlamentarische Kontrollkommission ist hierüber unverzüglich zu unterrichten.

(3) Die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission haben das Recht, zur Unterstützung ihrer Arbeit Mitarbeiter ihrer Fraktion nach Anhörung der Landesregierung mit Zustimmung der Parlamentarischen Kontrollkommission zu benennen. Voraussetzung für diese Tätigkeit ist die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen und die förmliche Verpflichtung zur Geheimhaltung. Die benannten Mitarbeiter sind befugt, die von der Parlamentarischen Kontrollkommission beigezogenen Akten und Dateien einzusehen und die Beratungsgegenstände der Parlamentarischen Kontrollkommission mit den Mitgliedern der Parlamentarischen Kontrollkommission zu erörtern. Sie haben grundsätzlich keinen Zutritt zu den Sitzungen der Parlamentarischen Kontrollkommission. Die Parlamentarische Kontrollkommission kann im Einzelfall mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder beschließen, dass Mitarbeiter der Fraktionen an bestimmten Sitzungen teilnehmen können. § 24 Abs. 2 gilt für die benannten Mitarbeiter entsprechend.

(4) Die Parlamentarische Kontrollkommission kann im Rahmen ihrer Kontrollbefugnisse von der Landesregierung verlangen, Zutritt zu allen Räumlichkeiten des Amtes für Verfassungsschutz zu erhalten.

(5) Dem Verlangen der Parlamentarischen Kontrollkommission hat die Landesregierung unverzüglich zu entsprechen. § 28 Abs. 1 und 2 bleibt unberührt.

(6) Der Parlamentarischen Kontrollkommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; die Anforderungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind bei der Aufstellung des Haushalts und im Haushaltsvollzug angemessen zu berücksichtigen. Die Parlamentarische Kontrollkommission wird bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben durch einen Beamten der Landtagsverwaltung, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, unterstützt (ständiger Geschäftsführer). Die Bestellung des ständigen Geschäftsführers erfolgt durch den Präsidenten des Landtags im Einvernehmen mit der Parlamentarischen Kontrollkommission; die Herstellung des Einvernehmens erfolgt mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder. Der ständige Geschäftsführer unterliegt den Weisungen des Vorsitzenden. Der ständige Geschäftsführer bereitet insbesondere die Sitzungen der Parlamentarischen Kontrollkommission vor und führt deren Beschlüsse aus. Nach Maßgabe der Beschlüsse der Parlamentarischen Kontrollkommission oder der Weisungen des Vorsitzenden ist dem ständigen Geschäftsführer im Rahmen der Informationsrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission Auskunft zu erteilen sowie Einsicht in die Akten und Daten des Amtes für Verfassungsschutz zu gewähren. Der ständige Geschäftsführer hat dem Vorsitzenden der Parlamentarischen Kontrollkommission Bericht zu erstatten. Im Übrigen findet auf den ständigen Geschäftsführer § 24 Abs. 2 und 3 Anwendung.

(7) Über Absatz 2 Satz 2 hinaus können auch weitere Personen befragt werden, die in keinem Dienst- oder Amtsverhältnis zum Freistaat Thüringen stehen oder gestanden haben.

§ 30 Beauftragung eines Sachverständigen

(1) Die Parlamentarische Kontrollkommission kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder beschließen, nach Anhörung der Landesregierung im Einzelfall einen Sachverständigen mit der Wahrnehmung ihrer Kontrollaufgaben zu beauftragen, Untersuchungen durchzuführen. Dieser hat der Parlamentarischen Kontrollkommission über das Ergebnis seiner Untersuchung zu berichten. Für die Tätigkeit des Sachverständigen sowie seinen Bericht gelten § 24 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 28, 29 und 32 entsprechend.

(2) Die Parlamentarische Kontrollkommission kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder entscheiden, dass dem Landtag ein schriftlicher oder mündlicher Bericht zu den Untersuchungen erstattet wird. Der Bericht hat den Gang des Verfahrens, die ermittelten Tatsachen und das Ergebnis der Untersuchungen wiederzugeben; § 24 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Der Bericht darf auch personenbezogene Daten enthalten, soweit dies für eine nachvollziehbare Darstellung der Untersuchung und des Ergebnisses erforderlich ist und die Betroffenen entweder in die Veröffentlichung eingewilligt haben oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegenüber den Belangen der Betroffenen überwiegt. Vor einer Veröffentlichung sind die Betroffenen anzuhören, um ihnen Gelegenheit zu geben, rechtzeitig effektiven Rechtsschutz zu erlangen.

§ 31 Eingaben

(1) Bediensteten des Amtes für Verfassungsschutz ist es gestattet, sich in dienstlichen Angelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder Interesse anderer Bediensteter dieser Behörde, ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an die Parlamentarische Kontrollkommission zu wenden. Die Parlamentarische Kontrollkommission übermittelt die Eingaben unverzüglich an die Landesregierung zur Stellungnahme.

(2) An den Landtag gerichtete Eingaben von Bürgern über ein sie betreffendes Verhalten des Amtes für Verfassungsschutz sollen der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kenntnis gegeben werden, soweit sie von grundsätzlicher Bedeutung sind.

§ 32 Rechts- und Amtshilfe

(1) Gerichte und Behörden des Landes sind zur Rechts- und Amtshilfe, insbesondere zur Vorlage von Akten und Übermittlung von Dateien, verpflichtet. Soweit personenbezogene Daten betroffen sind, dürfen diese nur für Zwecke der Parlamentarischen Kontrollkommission übermittelt und genutzt werden. Die Regelungen zur Rechts- und Amtshilfe nach Artikel 35 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

(2) Ersuchen nach Absatz 1 an Behörden sind an die zuständige oberste Dienstbehörde, Ersuchen nach Absatz 1 an Gerichte an das jeweilige Gericht zu richten. § 28 Abs. 1 und 2 bleibt unberührt.

§ 33 Berichterstattung

Die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet unter Beachtung der Geheimhaltungspflichten den Landtag mindestens alle zwei Jahre über ihre Tätigkeit.

§ 34 Haushaltsvorlagen

(1) Der für Haushalt und Finanzen zuständige Landtagsausschuss berät Haushaltsvorlagen zum Verfassungsschutz in vertraulicher Sitzung. Die Mitglieder dieses Ausschusses sind zur Geheimhaltung aller Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind.

(2) Die Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission können an Sitzungen des für Haushalt und Finanzen zuständigen Landtagsausschusses mit beratender Stimme teilnehmen.

Sechster Abschnitt
Rechtsweg, Übergangsbestimmungen

§ 35 Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes können die Rechte auf Schutz der Privatsphäre (Artikel 6 der Verfassung des Freistaats Thüringen), auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie des Kommunikationsgeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 7 der Verfassung des Freistaats Thüringen), auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes, Artikel 8 der Verfassung des Freistaats Thüringen), auf Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes, Artikel 10 der Verfassung des Freistaats Thüringen) und auf Vereinigungsfreiheit (Artikel 9 des Grundgesetzes, Artikel 13 der Verfassung des Freistaats Thüringen) eingeschränkt werden.

§ 36 Geltung des Thüringer Datenschutzgesetzes 18

Bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 4 durch das Amt für Verfassungsschutz finden § 2 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1, Abs. 5 bis 8, die §§ 3 bis 6, § 7 Abs. 2 bis 6, die §§ 8, 10 bis 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1, die §§ 18, 32, 39 Abs. 1 bis 4, § 42 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 sowie die §§ 48, 49 und 54 des Thüringer Datenschutzgesetzes entsprechend Anwendung.

§ 37 Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs

Aus Anlass von Streitigkeiten über Rechte und Pflichten aus den Bestimmungen dieses Gesetzes entscheidet auf Antrag der Landesregierung oder der Parlamentarischen Kontrollkommission der Verfassungsgerichtshof.

§ 38 Übergangsbestimmungen 23

(1) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium und das Amt für Verfassungsschutz bilden eine gemeinsame Dienststelle im arbeits-, dienst- und personalvertretungsrechtlichen Sinne.

(2) Das Personal des Amtes für Verfassungsschutz wird nach Maßgabe der dienst- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen Personal des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums.

(3) Die beim Amt für Verfassungsschutz laufenden Verfahren, insbesondere Maßnahmen nach dem Artikel 10-Gesetz, Verwaltungsvorgänge und sonstigen Verfahren werden ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch den neuen Aufgabenträger nach § 2 Abs. 1 fortgeführt.

(4) Die Aufgabenbereiche Personal, Haushalt, Organisation, Innerer Dienst und Informationstechnik werden vom Zentralbereich des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums wahrgenommen, soweit nicht Gründe des Geheimschutzes dem entgegenstehen.

(5) Alle Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission sind auf der Grundlage des durch das Erste Gesetz zur Änderung des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 2022 geänderten Thüringer Verfassungsschutzgesetzes unverzüglich nach dem Inkrafttreten dieses Änderungsgesetzes zu wählen. Soweit Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission bereits vor Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 2022 vom 7. Thüringer Landtag gewählt wurden, verlieren diese ihre Mitgliedschaft mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.

§ 39 Auflösung, Errichtung, Evaluation

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz wird mit Ablauf des 31. Dezember 2014 aufgelöst. Das Amt für Verfassungsschutz wird zum 1. Januar 2015 bei dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium errichtet.

(2) Die Landesregierung prüft die Regelungen dieses Gesetzes zwei Jahre nach der Errichtung des Amtes für Verfassungsschutz und legt der Parlamentarischen Kontrollkommission hierzu nach weiteren sechs Monaten einen Bericht vor.

§ 40 Gleichstellungsbestimmung

Status- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

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