Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk Allgemein Wirtschaft
Frame öffnen

KapMuG - Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz
Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten

Vom 16. Juli 2024
(BGBl. I vom 19.07.2024 Nr. 240)
Gl.-Nr.: 310-27



Archiv: 2005, 2012

Abschnitt 1
Musterverfahrensantrag; Vorlageverfahren

§ 1 Anwendungsbereich; Verhältnis zum Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz

(1) Dieses Gesetz ist anwendbar in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen einer der folgenden Ansprüche geltend gemacht wird:

  1. ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation,
  2. ein Schadensersatzanspruch wegen Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder wegen Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist,
  3. ein Erfüllungsanspruch aus einem Vertrag, der auf einem Angebot nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, einschließlich eines Anspruchs nach § 39 Absatz 3 Satz 3 und 4 des Börsengesetzes, beruht, oder
  4. ein Schadensersatzanspruch nach Artikel 75 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937 (ABl. L 150 vom 09.06.2023 S. 40; L, 2024/90275, 2.5.2024), die durch die Verordnung (EU) 2023/2869 (ABl. L, 2023/2869, 20.12.2023) geändert worden ist.

(2) Öffentliche Kapitalmarktinformationen sind Informationen über Tatsachen, Umstände, Kennzahlen und sonstige Unternehmensdaten, die für eine Vielzahl von Kapitalanlegern bestimmt sind und einen Emittenten von Wertpapieren oder einen Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen betreffen. Dies sind insbesondere Angaben

  1. in Prospekten nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.06.2017 S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2023/2869 (ABl. L, 2023/2869, 20.12.2023) geändert worden ist,
  2. in Wertpapier-Informationsblättern nach dem Wertpapierprospektgesetz und Informationsblättern nach dem Wertpapierhandelsgesetz,
  3. in Verkaufsprospekten, Vermögensanlagen-Informationsblättern und wesentlichen Anlegerinformationen nach dem Verkaufsprospektgesetz, dem Vermögensanlagengesetz, dem Investmentgesetz in der bis einschließlich 21. Juli 2013 geltenden Fassung sowie dem Kapitalanlagegesetzbuch,
  4. in Anlagebasisinformationsblättern nach der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020 S. 1), die durch die Delegierte Verordnung (EU) 2022/1988 (ABl. L 273 vom 21.10.2022 S. 3) geändert worden ist,
  5. in Kryptowerte-Whitepapern nach der Verordnung (EU) 2023/1114,
  6. in Mitteilungen über Insiderinformationen nach Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.06.2014 S. 1; L 287 vom 21.10.2016 S. 320; L 348 vom 21.12.2016 S. 83), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2023/2869 (ABl. L, 2023/2869, 20.12.2023) geändert worden ist, sowie nach § 26 des Wertpapierhandelsgesetzes,
  7. in Darstellungen, Übersichten, Vorträgen und Auskünften in der Hauptversammlung über die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen im Sinne des § 400 Absatz 1 Nummer 1 des Aktiengesetzes,
  8. in Jahresabschlüssen, Lageberichten, Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten sowie Halbjahresfinanzberichten des Emittenten,
  9. in auf den Emittenten oder Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen bezogenen Ratings nach der Verordnung (EG) Nr. 1060/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über Ratingagenturen (ABl. L 302 vom 17.11.2009 S. 1; L 350 vom 29.12.2009 S. 59; L 145 vom 31.05.2011 S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2023/2869 (ABl. L, 2023/2869, 20.12.2023) geändert worden ist, sowie in Bestätigungsvermerken von Abschlussprüfern zu offenzulegenden Jahresabschlüssen und Konzernabschlüssen des Emittenten und
  10. in Angebotsunterlagen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(3) Dieses Gesetz ist auf Verbandsklagen nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz nicht anzuwenden; § 18 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Der Zulässigkeit eines Musterverfahrens nach diesem Gesetz steht nicht entgegen, dass wegen desselben Lebenssachverhalts eine Verbandsklage rechtshängig ist.

§ 2 Musterverfahrensantrag

(1) Durch Musterverfahrensantrag können der Kläger und der Beklagte im ersten Rechtszug die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen (Feststellungsziele) beantragen.

(2) Der Musterverfahrensantrag ist bei dem Prozessgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der betroffenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen. Im Fall des § 1 Absatz 1 Nummer 4 sind anstelle der betroffenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen die Vorfälle nach Artikel 75 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2023/1114 anzugeben.

(3) In dem Antrag sind die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Der Antragsteller muss darlegen, dass der Entscheidung über die Feststellungsziele im Musterverfahren Bedeutung über den einzelnen Rechtsstreit hinaus für andere gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten zukommen kann.

(4) Dem Antragsgegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

§ 3 Entscheidung über den Musterverfahrensantrag

(1) Das Prozessgericht entscheidet über die Zulässigkeit des Musterverfahrensantrags durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Das Prozessgericht verwirft den Musterverfahrensantrag als unzulässig, soweit

  1. die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits voraussichtlich nicht von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt,
  2. die angegebenen Beweismittel zum Beweis der geltend gemachten Feststellungsziele ungeeignet sind,
  3. nicht dargelegt ist, dass eine Bedeutung für andere gleichgelagerte Rechtsstreitigkeiten gegeben ist, oder
  4. der Musterverfahrensantrag zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt ist.

§ 4 Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags

(1) Einen zulässigen Musterverfahrensantrag macht das Prozessgericht im Musterverfahrensregister (§ 5) öffentlich bekannt. Die Bekanntmachung soll binnen drei Monaten ab Eingang des Antrags erfolgen.

(2) Die Bekanntmachung ist mit dem Datum ihrer Veröffentlichung zu versehen und enthält die folgenden Angaben:

  1. die vollständige Bezeichnung der Beklagten und ihrer gesetzlichen Vertreter,
  2. die Bezeichnung des von dem Musterverfahrensantrag betroffenen Emittenten von Wertpapieren, Anbieters von sonstigen Vermögensanlagen oder Anbieters von Kryptowerte-Dienstleistungen,
  3. die Bezeichnung des Prozessgerichts,
  4. das Aktenzeichen des Prozessgerichts,
  5. die Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags einschließlich der betroffenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen oder der Vorfälle nach Artikel 75 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2023/1114,
  6. eine knappe Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhalts,
  7. die Höhe des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, und
  8. den Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags beim Prozessgericht.

§ 5 Musterverfahrensregister; Verordnungsermächtigung

(1) Das Musterverfahrensregister wird im Bundesanzeiger unter der Rubrik "Register nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz" geführt.

(2) Die Einsicht in das Musterverfahrensregister steht jedem unentgeltlich zu.

(3) Das Gericht, das die Bekanntmachung veranlasst, trägt die datenschutzrechtliche Verantwortung für die von ihm im Musterverfahrensregister bekannt gemachten Daten, insbesondere für die Rechtmäßigkeit ihrer Erhebung, die Zulässigkeit ihrer Veröffentlichung und die Richtigkeit der Darstellung. Der Betreiber des Musterverfahrensregisters verarbeitet die Daten im Auftrag und nach Weisung des Gerichts, das die jeweilige Bekanntmachung veranlasst.

(4) Die im Musterverfahrensregister gespeicherten Daten sind sechs Monate nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens oder im Fall des § 7 Absatz 5 Satz 1 sechs Monate nach Zurückweisung des Musterverfahrensantrags zu löschen.

(5) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über Inhalt und Aufbau des Musterverfahrensregisters, insbesondere über Eintragungen, Änderungen, Löschungen, Einsichtsrechte, Datensicherheit und Datenschutz, zu treffen. Dabei sind Vorschriften vorzusehen, die sicherstellen, dass die Bekanntmachungen

  1. unversehrt, vollständig und aktuell bleiben sowie
  2. jederzeit ihrem Ursprung zugeordnet werden können.

§ 6 Unterbrechung des Verfahrens

Mit der Bekanntmachung des Musterverfahrensantrags wird das jeweilige Ausgangsverfahren unterbrochen, soweit die Entscheidung des Rechtsstreits voraussichtlich von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt.

§ 7 Vorlage an das Oberlandesgericht; Verordnungsermächtigung

(1) Durch Vorlagebeschluss ist eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts über die Feststellungsziele von Musterverfahrensanträgen herbeizuführen, die den gleichen zugrunde liegenden Lebenssachverhalt betreffen (gleichgerichtete Musterverfahrensanträge), wenn innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Bekanntmachung eines Musterverfahrensantrags mindestens neun weitere solcher Anträge bekannt gemacht wurden. Der Vorlagebeschluss ergeht unverzüglich nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist. Der Vorlagebeschluss ist unanfechtbar.

(2) Zuständig für den Vorlagebeschluss ist das Prozessgericht, bei dem der erste bekannt gemachte Musterverfahrensantrag gestellt wurde.

(3) Der Vorlagebeschluss enthält:

  1. die Feststellungsziele,
  2. eine knappe Darstellung des den Musterverfahrensanträgen zugrunde liegenden gleichen Lebenssachverhalts,
  3. die angegebenen Beweismittel und
  4. eine Zusammenstellung aller bekannt gemachten gleichgerichteten Musterverfahrensanträge mit den Angaben nach § 4 Absatz 2.

(4) Das Prozessgericht macht den Vorlagebeschluss unverzüglich im Musterverfahrensregister öffentlich bekannt. Zugleich teilt es dem Oberlandesgericht die vollständige Bezeichnung der Kläger derjenigen Ausgangsverfahren mit, die Gegenstand des Vorlagebeschlusses sind.

(5) Sind seit Bekanntmachung des jeweiligen Musterverfahrensantrags innerhalb von sechs Monaten weniger als neun weitere gleichgerichtete Anträge bekannt gemacht worden, so weist das Prozessgericht den Antrag durch Beschluss zurück und setzt das jeweilige Ausgangsverfahren fort. Der Beschluss ist unanfechtbar.

(6) Sind in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet, so kann die Zuständigkeit für Musterverfahren nach diesem Gesetz von der Landesregierung durch Rechtsverordnung einem der Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zugewiesen werden. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(7) Durch Staatsverträge zwischen Ländern kann die Zuständigkeit eines Oberlandesgerichts für Musterverfahren nach diesem Gesetz für einzelne Bezirke oder für das gesamte Gebiet mehrerer Länder begründet werden.

§ 8 Sperrwirkung des Vorlagebeschlusses

Ab dem Erlass des Vorlagebeschlusses sind weitere gleichgerichtete Musterverfahrensanträge unzulässig; § 3 ist anzuwenden.

Abschnitt 2
Durchführung des Musterverfahrens

§ 9 Eröffnung des Musterverfahrens; Bestimmung des Musterklägers

(1) Das Oberlandesgericht eröffnet das Musterverfahren durch unanfechtbaren Beschluss (Eröffnungsbeschluss), soweit eine Verhandlung und Entscheidung über die im Vorlageschluss enthaltenen Feststellungsziele im Musterverfahren sachdienlich ist. Dabei kann es den Streitstoff abschichten und die Feststellungsziele neu fassen.

(2) Der Eröffnungsbeschluss enthält:

  1. die Feststellungsziele des Musterverfahrens,
  2. eine knappe Darstellung des dem Musterverfahren zugrunde liegenden Lebenssachverhalts, wie er sich aus der Zusammenschau der vorgelegten Musterverfahrensanträge ergibt, und
  3. die Bestimmung des Musterklägers (Absatz 3).

(3) Den Musterkläger bestimmt das Oberlandesgericht nach billigem Ermessen aus den Klägern der nach § 6 unterbrochenen Ausgangsverfahren. Bei der Auswahl zu berücksichtigen sind:

  1. die Eignung des Klägers, das Musterverfahren unter Berücksichtigung der Interessen der übrigen Kläger angemessen zu führen,
  2. eine gegebenenfalls bestehende Einigung mehrerer Kläger auf einen Musterkläger und
  3. die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist.

(4) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vor, lehnt das Oberlandesgericht die Eröffnung durch unanfechtbaren Beschluss ab. Das Prozessgericht setzt ein nach § 6 unterbrochenes Ausgangsverfahren fort.

(5) Die Entscheidung über die Eröffnung soll binnen vier Monaten ab Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses ergehen.

(6) Das Oberlandesgericht macht Eröffnungsbeschlüsse und Beschlüsse über die Ablehnung der Eröffnung unverzüglich im Musterverfahrensregister öffentlich bekannt. In der Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses ist über Form, Frist und Wirkung der Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren (§ 13) zu belehren.

§ 10 Aussetzung von Ausgangsverfahren

(1) Nach Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses setzt das Prozessgericht ein nach § 6 unterbrochenes Ausgangsverfahren von Amts wegen aus, soweit die Entscheidung des Rechtsstreits voraussichtlich von den Feststellungszielen des Musterverfahrens abhängt. Lehnt es die Aussetzung ab, unterrichtet es darüber das Oberlandesgericht und setzt das Verfahren fort.

(2) Auf Antrag des Klägers setzt das Prozessgericht auch ein bisher nicht unterbrochenes Ausgangsverfahren aus, das bereits anhängig ist oder bis zum rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens noch anhängig wird, soweit die Entscheidung des Rechtsstreits voraussichtlich von den Feststellungszielen des Musterverfahrens abhängt. Dem Antragsgegner ist zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Das Prozessgericht hat das Oberlandesgericht unverzüglich über die Aussetzung zu unterrichten. Dabei sind die vollständige Bezeichnung der Parteien des jeweiligen Ausgangsverfahrens und die Höhe des Anspruchs, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, anzugeben.

(4) Die Kläger ausgesetzter Ausgangsverfahren müssen das Musterverfahren in der Lage annehmen, in der es sich im Zeitpunkt der Aussetzung des von ihnen geführten Ausgangsverfahrens befindet.

§ 11 Beteiligte des Musterverfahrens

(1) Beteiligte des Musterverfahrens sind:

  1. der Musterkläger,
  2. die Musterbeklagten,
  3. die Beigeladenen.

(2) Musterkläger ist derjenige Kläger, den das Oberlandesgericht nach § 9 Absatz 3 als solchen bestimmt.

(3) Musterbeklagte sind die Beklagten der ausgesetzten Ausgangsverfahren.

(4) Diejenigen Kläger der ausgesetzten Ausgangsverfahren, die nicht zum Musterkläger bestimmt worden sind, sind Beigeladene des Musterverfahrens. Sie sind berechtigt, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, soweit ihre Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen des Musterklägers nicht in Widerspruch stehen.

(5) Das Oberlandesgericht kann den Musterkläger auf Antrag eines Beigeladenen abberufen und nach billigem Ermessen einen neuen Musterkläger nach Maßgabe von § 9 Absatz 3 Satz 2 bestimmen, wenn der Musterkläger das Musterverfahren nicht angemessen führt.

§ 12 Erweiterung des Musterverfahrens

(1) Nach Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses können Beteiligte des Musterverfahrens jeweils eine Erweiterung des Musterverfahrens um weitere Feststellungsziele beantragen.

(2) Der Antrag ist beim Oberlandesgericht unter Angabe der Feststellungsziele und der betroffenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen zu stellen. Im Fall des § 1 Absatz 1 Nummer 4 sind anstelle der betroffenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen die Vorfälle nach Artikel 75 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2023/1114 anzugeben.

(3) Das Oberlandesgericht erweitert das Musterverfahren durch unanfechtbaren Beschluss (Erweiterungsbeschluss), soweit

  1. die weiteren Feststellungsziele denselben Lebenssachverhalt betreffen, der dem Eröffnungsbeschluss zugrunde liegt,
  2. die Entscheidung des zugrunde liegenden Rechtsstreits von den weiteren Feststellungszielen abhängt und
  3. die Erweiterung sachdienlich ist.

(4) Soweit die Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht vorliegen, lehnt das Oberlandesgericht die Erweiterung durch unanfechtbaren Beschluss ab.

(5) Das Oberlandesgericht macht Erweiterungsbeschlüsse und Beschlüsse über die Ablehnung der Erweiterung unverzüglich im Musterverfahrensregister öffentlich bekannt.

§ 13 Anmeldung eines Anspruchs

(1) Binnen sechs Monaten ab Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses kann gegenüber dem Oberlandesgericht ein Anspruch zum Musterverfahren schriftlich angemeldet werden. Der Anmelder muss sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Die Anmeldung eines Anspruchs muss enthalten:

  1. die Bezeichnung des Anmelders und seiner gesetzlichen Vertreter,
  2. das Aktenzeichen des Musterverfahrens,
  3. die Bezeichnung der Musterbeklagten, gegen die sich der Anspruch richtet, und
  4. die Bezeichnung von Grund und Höhe des Anspruchs, der angemeldet werden soll.

(3) Die Anmeldung ist unzulässig, soweit wegen desselben Anspruchs bereits Klage erhoben wurde.

(4) Die Anmeldung ist den darin bezeichneten Musterbeklagten zuzustellen.

§ 14 Allgemeine Verfahrensregeln

(1) Auf das erstinstanzliche Musterverfahren sind die im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. § 278 Absatz 2 bis 5 sowie die §§ 306, 348 bis 350 und 379 der Zivilprozessordnung sind nicht anzuwenden. Die Beigeladenen werden im Rubrum von Beschlüssen mit Ausnahme des Musterentscheids nicht bezeichnet.

(2) Die Zustellung von Terminsladungen und Zwischenentscheidungen an Beigeladene kann durch öffentliche Bekanntmachung im Musterverfahrensregister ersetzt werden. Zwischen öffentlicher Bekanntmachung und Terminstag müssen mindestens zwei Wochen liegen.

§ 15 Elektronische Aktenführung

Abweichend von § 298a Absatz 1a Satz 1 der Zivilprozessordnung werden die Prozessakten des erstinstanzlichen Musterverfahrens ab dem 1. Januar 2025 elektronisch geführt.

§ 16 Vorbereitung des Termins; Schriftsätze

(1) Zur Vorbereitung des Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Senats den Beigeladenen die Ergänzung des Vorbringens des Musterklägers aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen.

(2) Die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Zwischenentscheidungen des Oberlandesgerichts im Musterverfahren werden in einem elektronischen Informationssystem, das nur den Beteiligten zugänglich ist, bekannt gegeben. Werden die Prozessakten des erstinstanzlichen Musterverfahrens elektronisch geführt, kann das Oberlandesgericht auf die Verwendung des elektronischen Informationssystems verzichten. Die im elektronischen Informationssystem gespeicherten Daten sind nach rechtskräftigem Abschluss oder nach sonstiger Beendigung aller ausgesetzten Verfahren unverzüglich zu löschen. Die Landesjustizverwaltungen bestimmen das elektronische Informations- und Kommunikationssystem, über das die gespeicherten Daten abrufbar sind, und sind für die Abwicklung des elektronischen Abrufverfahrens zuständig. Die Länder können ein länderübergreifendes, zentrales elektronisches Informations- und Kommunikationssystem bestimmen.

§ 17 Vorlage von Beweismitteln

(1) Auf Antrag des Musterklägers ordnet das Oberlandesgericht an, dass ein Musterbeklagter oder ein Dritter in seinem Besitz befindliche Beweismittel vorlegt, die für die Beweisführung des Musterklägers erforderlich sind, wenn der Musterkläger

  1. glaubhaft macht, einen in § 1 Absatz 1 genannten Anspruch zu haben, und
  2. die Beweismittel so genau bezeichnet, wie dies auf Grundlage der mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Tatsachen möglich ist.

(2) Auf Antrag eines Musterbeklagten ordnet das Oberlandesgericht an, dass der Musterkläger, ein Beigeladener oder ein Dritter in seinem Besitz befindliche Beweismittel vorlegt, die für die Verteidigung des Musterbeklagten gegen einen in § 1 Absatz 1 genannten Anspruch erforderlich sind, wenn der Musterbeklagte die Beweismittel so genau bezeichnet, wie dies auf Grundlage der mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Tatsachen möglich ist.

(3) Eine Anordnung nach Absatz 1 oder 2 hat zu unterbleiben, soweit sie unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der betroffenen Beteiligten und Dritten unverhältnismäßig wäre. Bei der Abwägung sind insbesondere zu berücksichtigen:

  1. in welchem Umfang der Antrag auf zugängliche Informationen und Beweismittel gestützt wird,
  2. der Umfang der Beweismittel und die mit deren Vorlage verbundenen Kosten, insbesondere, wenn die Beweismittel von einem Dritten vorzulegen wären,
  3. der Ausschluss der Ausforschung von Tatsachen, die für die Durchsetzung eines in § 1 Absatz 1 genannten Anspruchs oder für die Verteidigung gegen einen solchen Anspruch nicht relevant sind,
  4. der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und sonstiger vertraulicher Informationen und welche Vorkehrungen zu deren Schutz bestehen.

(4) Dritte sind zur Vorlage nicht verpflichtet, soweit sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 der Zivilprozessordnung berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(5) Die auf Grund einer Anordnung nach Absatz 1 oder 2 vorgelegten Beweismittel dürfen in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten wegen einer vor der Vorlage eines Beweismittels begangenen Tat gegen den Verpflichteten oder gegen einen in § 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung bezeichneten Angehörigen nur mit Zustimmung des Verpflichteten verwertet werden. Dies gilt auch, wenn im Rahmen einer Zeugen- oder Parteivernehmung auf das Beweismittel Bezug genommen wird. Die Sätze 1 und 2 sind in Verfahren gegen Unternehmen nicht anzuwenden.

§ 18 Klagerücknahme; Neubestimmung des Musterklägers; Verfahrensbeendigung

(1) Der Musterkläger und die Beigeladenen können ihre jeweilige Klage im Ausgangsverfahren innerhalb von einem Monat ab Zustellung des Aussetzungsbeschlusses ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, auch wenn bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt wurde.

(2) Der Musterkläger und die Beigeladenen können ihre jeweilige Klage in einem nach diesem Gesetz unterbrochenen oder ausgesetzten Ausgangsverfahren jederzeit ohne Einwilligung des Beklagten zurücknehmen, wenn

  1. diese Klage die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse oder Feststellungsziele und den Lebenssachverhalt einer später erhobenen Verbandsklage nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz betrifft und
  2. Musterkläger und Beigeladene ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zu dieser Verbandsklage anmelden können.

Eine im Fall des Satzes 1 ohne vorherige Rücknahme der Klage erklärte Anmeldung zu einer Verbandsklage bewirkt keine Bindung nach § 11 Absatz 3 Satz 1 des Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetzes.

(3) Die Klagerücknahme eines Beigeladenen hat auf den Fortgang des Musterverfahrens keinen Einfluss.

(4) Nimmt der Musterkläger im Laufe des Musterverfahrens seine Klage im Ausgangsverfahren zurück oder wurde über das Vermögen des Musterklägers ein Insolvenzverfahren eröffnet, so bestimmt das Oberlandesgericht nach billigem Ermessen einen neuen Musterkläger nach Maßgabe von § 9 Absatz 3 Satz 2.

(5) Das Gleiche gilt, wenn der Prozessbevollmächtigte des Musterklägers die Aussetzung des Musterverfahrens aus einem der folgenden Gründe beantragt:

  1. der Musterkläger ist gestorben,
  2. der Musterkläger ist nicht mehr prozessfähig,
  3. der gesetzliche Vertreter des Musterklägers ist gestorben oder seine Vertretungsbefugnis ist weggefallen, ohne dass der Musterkläger prozessfähig geworden ist,
  4. eine Nachlassverwaltung ist angeordnet oder
  5. die Nacherbfolge ist eingetreten.

(6) Ein Musterentscheid ergeht nicht, wenn der Musterkläger, die Musterbeklagten und die Beigeladenen übereinstimmend erklären, dass sie das Musterverfahren beenden wollen. In diesem Fall stellt das Oberlandesgericht durch unanfechtbaren Beschluss die Beendigung des Musterverfahrens fest. Das Oberlandesgericht macht den Beschluss unverzüglich im Musterverfahrensregister öffentlich bekannt.

§ 19 Musterentscheid

(1) Das Oberlandesgericht erlässt auf Grund mündlicher Verhandlung den Musterentscheid durch Beschluss. Der Musterentscheid wird den Beteiligten und den Anmeldern zugestellt. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung im Musterverfahrensregister ersetzt werden.

(2) Über die im Musterverfahren angefallenen Kosten entscheidet das Prozessgericht.

§ 20 Vergleichsvorschlag

(1) Der Musterkläger und die Musterbeklagten können einen gerichtlichen Vergleich dadurch schließen, dass sie

  1. dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag zur Beendigung des Musterverfahrens und der Ausgangsverfahren unterbreiten oder
  2. einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen. Den Beigeladenen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Der Vergleichsvorschlag soll auch die folgenden Regelungen enthalten:

  1. zur Verteilung der vereinbarten Leistungen auf die Beteiligten,
  2. zum von den Beteiligten zu erbringenden Nachweis der Leistungsberechtigung,
  3. zur Fälligkeit der Leistungen sowie
  4. zur Verteilung der Kosten des Musterverfahrens auf die Beteiligten.

§ 21 Genehmigung und Wirksamkeit des Vergleichs

(1) Das Gericht genehmigt den Vergleich durch unanfechtbaren Beschluss, wenn es ihn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes des Musterverfahrens und des Ergebnisses der Anhörung der Beigeladenen als angemessene gütliche Beilegung der ausgesetzten Rechtsstreitigkeiten erachtet.

(2) Nach der Genehmigung kann der Vergleich nicht mehr widerrufen werden.

(3) Der genehmigte Vergleich wird nur wirksam, wenn weniger als 30 Prozent der Beigeladenen nach § 22 Absatz 2 ihren Austritt aus dem Vergleich erklären.

§ 22 Zustellung des Vergleichs; Austritt

(1) Der genehmigte Vergleich wird den Beigeladenen zugestellt. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung im Musterverfahrensregister ersetzt werden.

(2) Beigeladene können innerhalb eines Monats ab Zustellung des Vergleichs ihren Austritt aus dem Vergleich erklären. Der Austritt muss schriftlich gegenüber dem Gericht erklärt werden; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Die Beigeladenen sind mit der Zustellung oder Bekanntmachung zu belehren über

  1. die Wirkung des Vergleichs,
  2. das Recht zum Austritt aus dem Vergleich und
  3. die für den Austritt aus dem Vergleich einzuhaltende Form und Frist.

§ 23 Rechtsbeschwerde

(1) Gegen den Musterentscheid findet die Rechtsbeschwerde statt. Die Sache hat stets grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 574 Absatz 2 Nummer 1 der Zivilprozessordnung. Beschwerdeberechtigt sind alle Beteiligten.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Prozessgericht zu Unrecht einen Vorlagebeschluss oder das Oberlandesgericht zu Unrecht einen Eröffnungsbeschluss erlassen hat.

(3) Das Rechtsbeschwerdegericht benachrichtigt die übrigen Beteiligten des Musterverfahrens und die Anmelder über den Eingang einer Rechtsbeschwerde, wenn diese statthaft ist und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt wurde. Die Benachrichtigung ist zuzustellen. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung im Musterverfahrensregister ersetzt werden.

(4) Die übrigen Beteiligten können binnen einer Notfrist von einem Monat ab Zustellung der Benachrichtigung nach Absatz 3 dem Rechtsbeschwerdeverfahren beitreten. Der Beitrittsschriftsatz ist innerhalb eines Monats ab Zustellung der Benachrichtigung nach Absatz 3 zu begründen; § 551 Absatz 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Beitretende Beteiligte sind berechtigt, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, soweit ihre Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen des unterstützten Beteiligten nicht in Widerspruch stehen.

(6) Lehnt ein Beteiligter den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht innerhalb der in Absatz 4 genannten Frist, so wird das Musterverfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.

(7) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde wird den Beteiligten und den Anmeldern zugestellt. Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung im Musterverfahrensregister ersetzt werden.

§ 24 Musterrechtsbeschwerdeführer

(1) Legt der Musterkläger Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid ein, so führt er das Musterverfahren als Musterrechtsbeschwerdeführer in der Rechtsbeschwerdeinstanz fort. Das Rechtsbeschwerdegericht bestimmt nach billigem Ermessen durch Beschluss den Musterrechtsbeschwerdegegner aus den Musterbeklagten. § 574 Absatz 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung ist auf die übrigen Musterbeklagten entsprechend anzuwenden.

(2) Legt nicht der Musterkläger, sondern einer oder mehrere der Beigeladenen Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid ein, so wird derjenige Beigeladene, welcher als erster das Rechtsmittel eingelegt hat, vom Rechtsbeschwerdegericht zum Musterrechtsbeschwerdeführer bestimmt.

(3) Legt einer oder mehrere der Musterbeklagten Rechtsbeschwerde gegen den Musterentscheid ein, so wird derjenige Musterbeklagte, welcher als erster das Rechtsmittel eingelegt hat, vom Rechtsbeschwerdegericht zum Musterrechtsbeschwerdeführer bestimmt. Musterrechtsbeschwerdegegner ist der Musterkläger. § 574 Absatz 4 Satz 1 der Zivilprozessordnung ist auf die Beigeladenen entsprechend anzuwenden.

(4) Nimmt der Musterrechtsbeschwerdeführer seine Rechtsbeschwerde zurück, so bestimmt das Rechtsbeschwerdegericht entsprechend § 9 Absatz 3 einen neuen Musterrechtsbeschwerdeführer aus dem Kreis der Beteiligten, die dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf der Seite des Musterrechtsbeschwerdeführers beigetreten sind, es sei denn, diese verzichten ebenfalls auf die Fortführung der Rechtsbeschwerde.

Abschnitt 3
Wirkung des Musterentscheids und des Vergleichs; Kosten

§ 25 Wirkung des Musterentscheids

(1) Der Musterentscheid bindet die Prozessgerichte in allen nach § 10 ausgesetzten Ausgangsverfahren. Unbeschadet des Absatzes 3 wirkt der Musterentscheid für und gegen alle Beteiligten des Musterverfahrens unabhängig davon, ob der jeweilige Beteiligte alle im Musterverfahren festgestellten Tatsachen selbst ausdrücklich geltend gemacht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Musterkläger oder der Beigeladene seine Klage im Ausgangsverfahren zurückgenommen hat, es sei denn, er hat die Rücknahme innerhalb der in § 18 Absatz 1 genannten Frist oder unter den in § 18 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erklärt.

(2) Der Beschluss ist der Rechtskraft insoweit fähig, als über die Feststellungsziele des Musterverfahrens entschieden ist.

(3) Nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens werden die Beigeladenen in ihrem jeweiligen Ausgangsverfahren mit der Behauptung, dass der Musterkläger das Musterverfahren mangelhaft geführt habe, gegenüber den Musterbeklagten nur gehört, soweit

  1. sie durch die Lage des Musterverfahrens zum Zeitpunkt der Aussetzung ihres jeweiligen Ausgangsverfahrens oder durch Erklärungen und Handlungen des Musterklägers verhindert worden sind, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder
  2. Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihnen unbekannt waren, vom Musterkläger oder Musterbeklagten absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.

(4) Reicht ein Beteiligter des Musterverfahrens in seinem Ausgangsverfahren den rechtskräftigen Musterentscheid ein, so wird dieses Verfahren wieder aufgenommen.

(5) Der Musterentscheid wirkt auch für und gegen die Beteiligten, die dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind.

§ 26 Wirkung des Vergleichs

(1) Das Gericht stellt durch unanfechtbaren Beschluss fest, ob der genehmigte Vergleich wirksam geworden ist. Das Gericht macht den Beschluss unverzüglich im Musterverfahrensregister öffentlich bekannt. Mit der Bekanntmachung des Beschlusses, der die Wirksamkeit des Vergleichs feststellt, wirkt der Vergleich für und gegen alle Beteiligten, sofern diese nicht ihren Austritt erklärt haben.

(2) Der Vergleich beendet das Musterverfahren.

(3) Sofern ein Kläger nicht seinen Austritt erklärt hat, beendet das Prozessgericht das nach § 10 ausgesetzte Ausgangsverfahren durch Beschluss und entscheidet über die Kosten nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung der nach § 20 Absatz 2 Nummer 4 vereinbarten Regelung. Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist dem Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Macht ein Kläger die Nichterfüllung des Vergleichs geltend und kann er die Zwangsvollstreckung nicht bereits aus dem Vergleich betreiben, so wird das Ausgangsverfahren auf seinen Antrag wieder eröffnet. Wird die Klage nunmehr auf Erfüllung des Vergleichs gerichtet, so ist die Klageänderung zulässig.

§ 27 Gegenstand der Kostenentscheidung im Ausgangsverfahren

(1) Die dem Musterkläger und den Beigeladenen im erstinstanzlichen Musterverfahren entstehenden Kosten gelten als Teil der Kosten des ersten Rechtszugs des jeweiligen Ausgangsverfahrens.

(2) Die den Musterbeklagten im erstinstanzlichen Musterverfahren entstehenden Kosten gelten anteilig als Kosten des ersten Rechtszugs des jeweiligen Ausgangsverfahrens, es sei denn, die Klage ist innerhalb der in § 18 Absatz 1 genannten Frist oder unter den in § 18 Absatz 2 genannten Voraussetzungen zurückgenommen worden.

(3) Die Anteile nach Absatz 2 werden nach dem Verhältnis bestimmt, in dem der von dem jeweiligen Kläger geltend gemachte Anspruch, soweit er von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen ist, zu der Gesamthöhe der gegen den Musterbeklagten in den nach § 10 ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche steht, soweit diese von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen sind.

(4) Ein Anspruch ist für die Berechnung der Gesamthöhe nach Absatz 3 nicht zu berücksichtigen, wenn die Klage innerhalb der in § 18 Absatz 1 genannten Frist oder unter den in § 18 Absatz 2 genannten Voraussetzungen zurückgenommen worden ist.

(5) § 96 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

§ 28 Verstoß gegen die Vorlage- und Eröffnungsvoraussetzungen

Das Rechtsmittel gegen die verfahrensabschließende Entscheidung des Prozessgerichts im Ausgangsverfahren kann nicht darauf gestützt werden, dass das Oberlandesgericht für den Erlass eines Musterentscheids nicht zuständig gewesen ist oder die Voraussetzungen für den Erlass eines Vorlagebeschlusses oder eines Eröffnungsbeschlusses nicht vorgelegen haben.

§ 29 Kostenentscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren

(1) Die Kosten einer ohne Erfolg eingelegten Rechtsbeschwerde haben nach dem Grad ihrer Beteiligung der Musterrechtsbeschwerdeführer und diejenigen Beteiligten zu tragen, welche dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf seiner Seite beigetreten sind.

(2) Entscheidet das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst, so haben die Kosten einer von einem Musterbeklagten erfolgreich eingelegten Rechtsbeschwerde der Musterkläger und alle Beigeladenen nach dem Grad ihrer Beteiligung im erstinstanzlichen Musterverfahren zu tragen. Wurde die Rechtsbeschwerde erfolgreich vom Musterkläger oder einem Beigeladenen eingelegt, so haben die Kosten der Rechtsbeschwerde alle Musterbeklagten nach dem Grad ihrer Beteiligung im erstinstanzlichen Musterverfahren zu tragen.

(3) Bei teilweisem Obsiegen und Unterliegen gilt § 92 der Zivilprozessordnung entsprechend. Bei einer verhältnismäßigen Teilung der Kosten kann das Rechtsbeschwerdegericht die im Rechtsbeschwerdeverfahren streitgegenständlichen Feststellungsziele untereinander gleich gewichten, wenn eine anderweitige Gewichtung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.

(4) Hebt das Rechtsbeschwerdegericht den Musterentscheid des Oberlandesgerichts auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung zurück, so entscheidet das Oberlandesgericht gleichzeitig mit dem Erlass des Musterentscheids nach billigem Ermessen darüber, wer die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt. Dabei ist der Ausgang des Musterverfahrens zugrunde zu legen. § 99 Absatz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Werden dem Musterkläger und den Beigeladenen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens auferlegt, so haben sie die von den Musterbeklagten entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren eines Rechtsanwalts der Musterbeklagten jeweils nur nach dem Wert zu erstatten, der sich aus den von ihnen in ihren eigenen Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüchen, soweit sie von den Feststellungszielen des Musterverfahrens betroffen sind, ergibt.

Abschnitt 4
Übergangs- und Schlussvorschriften

§ 30 Übergangsvorschriften

(1) Auf Musterverfahren, in denen vor dem 1. November 2012 bereits mündlich verhandelt worden ist, ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in seiner bis einschließlich 1. November 2012 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

(2) Auf Musterverfahren, die aus einem vor dem 20. Juli 2024 gestellten Musterverfahrensantrag herrühren, ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in seiner bis einschließlich 19. Juli 2024 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

§ 31 Evaluierung

Dieses Gesetz ist fünf Jahre nach dem Inkrafttreten zu evaluieren.

UWS Umweltmanagement GmbHENDEFrame öffnen