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NGG - Niedersächsisches Gleichberechtigungsgesetz
- Niedersachsen -

Vom 9. Dezember 2010
(GVBl. Nr. 30 vom 16.12.2010 S. 558; 17.11.2011 S. 422 11)
Gl.-Nr.: 20480



Erster Teil
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zielsetzung

(1) Ziel dieses Gesetzes ist es,

  1. für Frauen und Männer in der öffentlichen Verwaltung die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit zu fördern und zu erleichtern sowie
  2. Frauen und Männern eine gleiche Stellung in der öffentlichen Verwaltung zu verschaffen.

(2) Um die Zielsetzung dieses Gesetzes zu erreichen, sind nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften

  1. Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Frauen und Männer ihre Erwerbsarbeit mit ihrer Familienarbeit vereinbaren können,
  2. das Handeln der Verwaltung stärker durch Frauen zu prägen und weibliche und männliche Sichtweisen und Erfahrungen sowie die Erfahrungen aus einem Leben mit Kindern einzubeziehen,
  3. die berufliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu verwirklichen und gleiche berufliche Chancen herzustellen,
  4. Nachteile, die Männer und Frauen aufgrund ihrer geschlechtlichen Unterschiedlichkeit oder ihrer Geschlechterrolle erfahren, zu beseitigen oder auszugleichen und
  5. Frauen und Männer in den Vergütungs-, Besoldungs- und Entgeltgruppen einer Dienststelle, in denen sie unterrepräsentiert sind, sowie in Gremien gerecht zu beteiligen.

(3) Alle Dienststellen und die dort Beschäftigten, insbesondere solche mit Vorgesetzten- oder Leitungsaufgaben, sind verpflichtet, die Zielsetzung dieses Gesetzes zu verwirklichen.

§ 2 Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für

  1. die Verwaltungen des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände,
  2. die Verwaltungen der auf niedersächsischem Landesrecht beruhenden sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit 30 oder mehr Beschäftigten,
  3. die Gerichte und die Hochschulen in staatlicher Verantwortung sowie
  4. die öffentlichen Schulen, soweit nicht Besonderheiten dieser Einrichtungen einer Anwendung von Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehen.

(2) Für öffentliche Theater und Orchester sowie für öffentliche außeruniversitäre wissenschaftliche Einrichtungen gelten die Vorschriften dieses Gesetzes nur insoweit, als dem nicht die Eigenart dieser Einrichtungen entgegensteht. 2Sie gelten insbesondere nicht bei Maßnahmen, die die künstlerische Gestaltung von Aufführungen oder Veranstaltungen wesentlich beeinflussen können.

(3) Das Gesetz gilt nicht für die Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft und der freien Berufe.

§ 3 Begriffsbestimmungen 11

(1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamtinnen und Beamte mit Ausnahme der Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamten sowie Auszubildende.

(2) Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. die einzelnen Behörden einschließlich der Landesbetriebe nach § 26 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung,
  2. soweit Behörden nicht vorhanden sind, die Verwaltungsstellen der in § 2 Abs. 1 genannten Verwaltungen,

wenn sie befugt sind, Einstellungen, Beförderungen oder Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten vorzunehmen.

(3) Unterrepräsentanz im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn der Frauen- oder Männeranteil in einem Bereich einer Dienststelle unter 45 vom Hundert liegt. Teilzeitbeschäftigte werden entsprechend ihrer individuellen wöchentlichen Arbeitszeit berücksichtigt.

(4) Bereich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Vergütungs-, Besoldungs- oder Entgeltgruppe. Abweichend von Satz 1 bilden in einer Besoldungsgruppe, der auch Einstiegsamt zugeordnet sind, die Einstiegsämter und die übrigen Ämter jeweils einen Bereich.

Zweiter Teil
Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit

§ 4 Familiengerechte Arbeitsgestaltung

Arbeitsbedingungen einschließlich der Arbeitszeiten in der Dienststelle sind, soweit die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben das zulässt, so zu gestalten, dass Frauen und Männer ihre Erwerbsarbeit mit ihrer Familienarbeit vereinbaren können.

§ 5 Arbeitszeitgestaltung bei familiären Betreuungsaufgaben

Beschäftigten, die Kinder unter zwölf Jahren oder pflegebedürftige Angehörige im Sinne des § 14 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs betreuen, ist auf Verlangen über die für alle Beschäftigten geltenden Regelungen hinaus eine individuelle Gestaltung der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit zu ermöglichen, soweit nicht dringende dienstliche Belange entgegenstehen. Die Ablehnung des Verlangens ist schriftlich zu begründen.

§ 6 Teilzeitarbeit und Beurlaubung

(1) Die Dienststellen haben dafür zu sorgen, dass sie ihren Beschäftigten, auch für Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, genügend Teilzeitarbeitsplätze anbieten können.

(2) Die Dienststellen sind verpflichtet, Beschäftigte, die eine Beurlaubung oder eine Ermäßigung der Arbeitszeit beantragen, auf die generellen beamten-, arbeits- und versorgungsrechtlichen Folgen hinzuweisen.

(3) Die Ermäßigung von Arbeitszeit ist grundsätzlich personell auszugleichen; dabei sind verbleibende Stellenreste zu vollen Stellen oder Teilzeitstellen zusammenzuführen.

(4) Urlaubs- und Krankheitsvertretungen sowie Aushilfstätigkeiten sind vorrangig denjenigen Beschäftigten der Dienststelle anzubieten, die aus familiären Gründen beurlaubt worden sind und die Interesse an der Übernahme solcher Tätigkeiten bekundet haben.

(5) Teilzeitbeschäftigten sind die gleichen beruflichen Aufstiegs- und Fortbildungschancen einzuräumen wie Vollzeitbeschäftigten. Können Teilzeitbeschäftigte an einer längerfristigen Fortbildungsmaßnahme nur teilnehmen, wenn sie dabei ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überschreiten, so soll für die Dauer der Maßnahme auf Antrag die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend erhöht werden.

(6) Den Beschäftigten, die Elternzeit in Anspruch nehmen, dürfen aus diesem Grund keine dienstlichen Nachteile entstehen. Eine familienbedingte Beurlaubung darf sich für die betreffenden Beschäftigten nicht nachteilig auf beamtenrechtliche Auswahlentscheidungen oder Höhergruppierungen auswirken.

Dritter Teil
Gleichstellung von Frauen und Männern

Erster Abschnitt
Verbesserung der Entscheidungsfindung, Benachteiligungsverbot

§ 7 Verbesserung der Entscheidungsfindung

Die Dienststelle soll sicherstellen, dass in ihre Entscheidungsprozesse weibliche und männliche Sichtweisen und Erfahrungen sowie die Erfahrungen aus einem Leben mit Kindern einfließen können.

§ 8 Gremien

(1) Werden Kommissionen, Arbeitsgruppen, Vorstände, Beiräte und gleichartige Gremien einschließlich Personalauswahlgremien mit Beschäftigten besetzt, so sollen diese je zur Hälfte Frauen und Männer sein.

(2) Sollen in ein Gremium der öffentlichen Verwaltung durch eine Stelle außerhalb der öffentlichen Verwaltung Personen entsandt werden oder werden Beschäftigte der öffentlichen Verwaltung in Gremien außerhalb der öffentlichen Verwaltung entsandt, so ist auf eine hälftige Besetzung der Gremien mit Frauen und Männern hinzuwirken.

§ 9 Benachteiligungsverbot

(1) Beschäftigte dürfen nicht unmittelbar oder mittelbar wegen des Geschlechts benachteiligt werden.

(2) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen des Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt auch im Fall einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(3) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen des Geschlechts gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(4) Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

(5) Ungeachtet der in den Absätzen 3 und 4 genannten Gründe ist eine unterschiedliche Behandlung auch zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen, insbesondere nach § 13 Abs. 5 dieses Gesetzes, bestehende Nachteile wegen des Geschlechts verhindert oder ausgeglichen werden sollen.

Zweiter Abschnitt
Abbau von Unterrepräsentanz

§ 10 Fördermaßnahmen

(1) Unterrepräsentanz ist durch die Personal- und Organisationsentwicklung und nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften durch die Förderung des unterrepräsentierten Geschlechts bei der Ausbildung, Einstellung, Beförderung und Übertragung höherwertiger Tätigkeiten abzubauen.

(2) Bei Personalabbau soll darauf geachtet werden, dass sich dadurch die Unterrepräsentanz eines Geschlechts nicht verstärkt.

§ 11 Ausschreibungen

(1) In allen Bereichen, in denen ein Geschlecht unterrepräsentiert ist, sind Stellen grundsätzlich auszuschreiben. In der Stellenausschreibung ist das unterrepräsentierte Geschlecht ausdrücklich anzusprechen. Außerdem ist darin auf mögliche Teilzeitbeschäftigung hinzuweisen. Die Sätze 1 bis 3 gelten für die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit und die Besetzung eines Dienstpostens ohne Stelle entsprechend.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragte kann eine zweite Ausschreibung verlangen, wenn sich keine Person des unterrepräsentierten Geschlechts beworben hat.

§ 12 Auswahlverfahren

(1) Bei der Besetzung von Stellen in Bereichen, in denen ein Geschlecht unterrepräsentiert ist, sollen mindestens zur Hälfte Personen dieses Geschlechts, die die in der Stellenausschreibung angegebenen Mindestvoraussetzungen erfüllen, in die engere Wahl einbezogen und zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Satz 1 gilt für die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit und die Besetzung eines Dienstpostens ohne Stelle entsprechend.

(2) Fragen nach der Familienplanung und Fragen danach, wie die Betreuung von Kindern neben der Berufstätigkeit sichergestellt wird, sind unzulässig.

§ 13 Auswahlkriterien

(1) Im Auswahlverfahren sind für die Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ausschließlich die Anforderungen der zu besetzenden Stelle, der zu übertragenden Tätigkeit, des zu besetzenden Dienstpostens, der Laufbahn oder des Berufs maßgebend.

(2) Falls ein Mindestdienst- oder -lebensalter in der Ausschreibung oder in anderer Weise vor Beginn des Auswahlverfahrens als Teil der Anforderungen nach Absatz 1 festgelegt worden ist, dürfen nur Personen ausgewählt werden, die diese Anforderung erfüllen. Falls mehrere Personen das nach Satz 1 geforderte Mindestdienst- oder -lebensalter haben oder diese Kriterien zwar nicht zu den Anforderungen nach Absatz 1 gehören, ihnen jedoch in anderer Weise Bedeutung für die Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zukommt, darf das Dienst- oder das Lebensalter nur berücksichtigt werden, wenn weder die Personal- oder Organisationsentwicklung nach § 10 Abs. 1 noch eine Festlegung in einem Gleichstellungsplan nach § 15 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 entgegensteht.

(3) Für die Beurteilung der Eignung und Befähigung sind auch Erfahrungen und Fähigkeiten aus der familiären oder sozialen Arbeit wie Flexibilität, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Tatkraft und Organisationsfähigkeit einzubeziehen, soweit diese Qualifikationen für die zu übertragenden Aufgaben von Bedeutung sind.

(4) Vorangegangene Teilzeitbeschäftigungen und Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit zur Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen dürfen nicht nachteilig berücksichtigt werden. Hat sich auf eine teilzeitgeeignete Stelle keine zweite Teilzeitkraft beworben, so darf die Bewerbung der einen Teilzeitkraft aus diesem Grund nur abgelehnt werden, wenn dafür zwingende personalwirtschaftliche Gründe vorliegen.

(5) In einem Bereich, in dem ein Geschlecht unterrepräsentiert ist, darf zur Erreichung des in § 1 Abs. 1 Nr. 2 genannten Ziels bei der Einstellung, Beförderung und Übertragung höherwertiger Tätigkeiten eine Person des unterrepräsentierten Geschlechts bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gegenüber einer Person des anderen Geschlechts bevorzugt werden. Eine Bevorzugung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn bei der Person des anderen Geschlechts schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen, hinter denen das in Satz 1 genannte Ziel zurücktreten muss und die durch persönliche Gründe, die bei der Person des unterrepräsentierten Geschlechts vorliegen, nicht aufgewogen werden.

(6) Absatz 5 gilt für die Besetzung von Ausbildungsplätzen entsprechend, solange der Frauen- oder Männeranteil bei den Auszubildenden in einer Dienststelle unter 45 vom Hundert liegt. Satz 1 gilt nicht bei Ausbildungen für Berufe, die auch außerhalb des öffentlichen Dienstes ausgeübt werden und für die ausschließlich innerhalb des öffentlichen Dienstes ausgebildet wird.

§ 14 Fortbildung

(1) Frauen und Männer sollen im gleichen Umfang als Leiterinnen und Leiter sowie Referentinnen und Referenten bei Fortbildungsveranstaltungen eingesetzt werden.

(2) Beurlaubte Beschäftigte und Beschäftigte in Elternzeit sind rechtzeitig und umfassend über Fortbildungsmaßnahmen zu unterrichten.

(3) Frauen oder Männer sind gezielt anzusprechen, um möglichst eine paritätische Besetzung der Fortbildungsveranstaltungen zu erreichen.

(4) Fortbildungsveranstaltungen sind so durchzuführen, dass Beschäftige, die Kinder betreuen oder pflegebedürftige Angehörige versorgen, teilnehmen können. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel werden auf Antrag die angemessenen nachgewiesenen Mehrkosten für die Kinderbetreuung und die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger im Sinne des § 14 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs erstattet.

Vierter Teil
Durchsetzung der Ziele

Erster Abschnitt
Gleichstellungsplan

§ 15 Erstellung 11

(1) Jede Dienststelle mit mindestens 50 Beschäftigten hat erstmals bis zum 31. Dezember 2011 jeweils für drei Jahre einen Gleichstellungsplan zu erstellen. Außenstellen mit mindestens 50 Beschäftigten, die befugt sind, Einstellungen, Beförderungen oder Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten vorzunehmen, müssen jeweils zusätzlich einen eigenen Gleichstellungsplan erstellen.

(2) Als Grundlage des Gleichstellungsplans dient eine Bestandsaufnahme und Analyse der Beschäftigtenstruktur und der zu erwartenden Fluktuation. Im Gleichstellungsplan ist für seine Geltungsdauer nach Maßgabe der dienstrechtlichen Befugnisse der ihn erstellenden Stelle und des Absatzes 3 festzulegen, wie eine Unterrepräsentanz abgebaut und die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienarbeit verbessert werden soll.

(3) Zum Abbau von Unterrepräsentanz muss der Gleichstellungsplan für seine Geltungsdauer Zielvorgaben in Vomhundertsätzen, bezogen auf den Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts in den jeweiligen Bereichen, enthalten. Für Schulen kann bei den Ämtern der Laufbahn der Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Bildung zwischen den nach dem ersten Einstiegsamt und, den nach dem zweiten Einstiegsamt regelmäßig zu durchlaufenden Ämtern unterschieden werden. Die Besonderheiten in den jeweiligen Bereichen, Dienststellen und Außenstellen sind zu berücksichtigen. Die personellen, organisatorischen und fortbildenden Maßnahmen zur Erreichung der Zielvorgaben nach Satz 1 sind konkret zu benennen. Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit muss der Gleichstellungsplan für seine Geltungsdauer geeignete Bemessungskriterien, Zielvorgaben und Maßnahmen enthalten.

(4) Der Gleichstellungsplan ist den Beschäftigten unverzüglich zur Kenntnis zu geben.

§ 16 Wirkungen und Erfolgskontrolle

(1) Die im Gleichstellungsplan festgelegten Zielvorgaben und Maßnahmen müssen bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen, Einstellung, Beförderung oder Übertragung höherwertiger Tätigkeiten, beim Personalabbau sowie bei der Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen beachtet werden. Bei der Personal- und Organisationsentwicklung sind die im Gleichstellungsplan festgelegten Zielvorgaben zu beachten.

(2) Nach Ablauf der Geltungsdauer eines Gleichstellungsplans ermittelt die Stelle, die ihn erstellt hat, inwieweit Unterrepräsentanz (in Vomhundertsätzen) verringert und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit verbessert worden ist. Sie gibt dies den Beschäftigten innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Geltungsdauer des Gleichstellungsplans zur Kenntnis.

§ 17 Ausbildung

Unterrepräsentanz im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts liegt in Bezug auf die Ausbildung vor, wenn der Frauen- oder Männeranteil bei den Auszubildenden in einer Dienststelle unter 45 vom Hundert liegt. Bereich im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts ist in Bezug auf die Ausbildung die Gesamtzahl der Auszubildenden in einer Dienststelle.

Zweiter Abschnitt
Gleichstellungsbeauftragte

§ 18 Geltungsbereich

Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht für die Verwaltungen der Gemeinden, Gemeindeverbände, gemeinsamen kommunalen Anstalten und Zweckverbände sowie für Hochschulen.

§ 19 Bestellung

(1) jede Dienststelle und jede Außenstelle, die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 oder 2 zur Erstellung eines Gleichstellungsplans verpflichtet ist, hat jeweils eine Gleichstellungsbeauftragte und eine Vertreterin zu bestellen. Dienststellen mit weniger als 50 Beschäftigten können, auch gemeinsam mit anderen Dienststellen unter 50 Beschäftigten, eine Gleichstellungsbeauftragte und eine Vertretern bestellen; dies gilt für Außenstellen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 mit weniger als 50 Beschäftigten entsprechend. Die Bestellung weiterer Gleichstellungsbeauftragter oder Vertreterinnen für abgegrenzte Aufgabenbereiche ist zulässig. Die Dienststelle oder die Außenstelle bestellt die Gleichstellungsbeauftragte und die Vertreterin mit deren Einverständnis. Vor der Bestellung sind die Beschäftigten anzuhören. Das Ergebnis der Anhörung ist zu berücksichtigen.

(2) Die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Vertreterin erfolgt für die Dauer von vier Jahren; sie kann mit ihrem Einverständnis aufgehoben werden. Im Übrigen kann die Bestellung nur aus wichtigem Grund widerrufen werden.

(3) Hat eine Dienststelle oder eine Außenstelle, die in Personalangelegenheiten der Fachaufsicht unterliegt, zulässigerweise keine Gleichstellungsbeauftragte bestellt, so werden die Aufgaben und Befugnisse der Gleichstellungsbeauftragten durch die Gleichstellungsbeauftragte der Dienststelle wahrgenommen, die in Personalangelegenheiten die Fachaufsicht führt.

(4) Soweit sich die §§ 20, 21, 22 Abs. 1 und 5 bis 7 und § 23 auf Dienststellen beziehen, gelten diese Vorschriften in Bezug auf Gleichstellungsbeauftragte, die von einer Außenstelle bestellt worden sind, mit der Maßgabe entsprechend, dass an die Stelle der Dienststelle die Außenstelle tritt.

§ 20 Aufgaben und Befugnisse

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte hat die Aufgabe, den Vollzug dieses Gesetzes sowie des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes im Hinblick auf den Schutz vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts und sexueller Belästigung in der Dienststelle zu fördern und zu überwachen. Sie ist bei allen personellen, sozialen und organisatorischen Maßnahmen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit berühren können, rechtzeitig zu beteiligen. Zu den Maßnahmen nach Satz 2 gehören insbesondere

  1. Arbeitszeitregelungen,
  2. organisatorische und individuelle Regelungen zur Teilzeit,
  3. Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen,
  4. Zulassung zum Aufstieg sowie Entscheidung über die Teilnahme an einer Qualifizierung, die Voraussetzung für die Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 7 oder A 14 durch eine Beförderung ist,
  5. Versetzungen sowie Abordnungen von mehr als drei Monaten,
  6. Planung und Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen,
  7. Besetzung von Gremien mit und Entsendung von Beschäftigten in Gremien nach § 8,
  8. Ausschreibungen und Verzicht auf sie,
  9. Maßnahmen der Verwaltungsreform, soweit sie Auswirkungen auf die Arbeitszeit und sonstige Arbeitsbedingungen haben,
  10. Auswahlentscheidungen beim Abbau von Personal und
  11. die Erstellung des Gleichstellungsplans.

Die Gleichstellungsbeauftragte kann sich darüber hinaus innerhalb ihrer Dienststelle zu fachlichen Fragen mit Relevanz für die Gleichstellung von Frauen und Männern und die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit äußern.

(2) Die Aufgaben und Befugnisse der Personalräte, Richtervertretungen und Schwerbehindertenvertretungen bleiben unberührt.

(3) Die Gleichstellungsbeauftragte kann Maßnahmen zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Dienststelle und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit vorschlagen.

(4) Der Gleichstellungsbeauftragten ist in dem für die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Umfang Einsicht in die Akten, Planungs- und Bewerbungsunterlagen zu gewähren. Personalakten sowie die anlässlich von Einstellungen getroffenen amtsärztlichen oder psychologischen Feststellungen darf die Gleichstellungsbeauftragte nur einsehen, wenn die betroffene Person im Einzelfall eingewilligt hat. Sie ist befugt, an Vorstellungs- und sonstigen Personalauswahlgesprächen teilzunehmen.

(5) Beschäftigte können sich in Gleichstellungsangelegenheiten und in Angelegenheiten der Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit unmittelbar an die Gleichstellungsbeauftragte wenden.

(6) Die Gleichstellungsbeauftragte richtet bei Bedarf Sprechzeiten ein. Sie beruft mindestens einmal jährlich eine Versammlung der weiblichen Beschäftigten der Dienststelle ein (Frauenversammlung). Ist sie für mehrere Dienststellen zuständig, so ist in jeder der Dienststellen eine Frauenversammlung einzuberufen. Sie kann Teilversammlungen abhalten.

§ 21 Beanstandungsrecht

Hält die Gleichstellungsbeauftragte eine beabsichtigte Maßnahme nach § 20 Abs. 1 Satz 2 für unvereinbar mit diesem Gesetz, so kann sie diese Maßnahme binnen einer Woche nach ihrer Unterrichtung beanstanden. Bei unaufschiebbaren Maßnahmen kann die Dienststelle die Frist verkürzen. Eine Maßnahme darf nicht vollzogen werden, solange die Gleichstellungsbeauftragte sie noch beanstanden kann. Im Fall der fristgerechten Beanstandung hat die Dienststelle unter Beachtung der Einwände neu zu entscheiden. Bis zu der erneuten Entscheidung darf die Maßnahme nicht vollzogen werden. Hält die Dienststelle an ihrer Entscheidung fest, so hat sie dieses schriftlich gegenüber der Gleichstellungsbeauftragten zu begründen. Wird die Gleichstellungsbeauftragte nicht oder nicht rechtzeitig an einer Maßnahme nach § 20 Abs. 1 Satz 2 beteiligt, so kann sie verlangen, dass der Vollzug der Maßnahme bis zum Ablauf einer Woche nach ihrer Unterrichtung ausgesetzt wird.

§ 22 Status

(1) Die Gleichstellungsbeauftragte und ihre Vertreterin sind der Leitung der Dienststelle unmittelbar unterstellt. Sie dürfen keiner Personalvertretung angehören und nur in ihrer Eigenschaft als Gleichstellungsbeauftragte oder Vertreterin mit Personalangelegenheiten befasst sein.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragte ist von ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeit ohne Minderung der Bezüge, des Arbeitsentgelts oder der sonstigen Vergütungen ganz oder teilweise zu entlasten. Die Entlastung beträgt in Dienststellen mit mehr als

  1. 200 Beschäftigten die Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit,
  2. 600 Beschäftigten drei Viertel der regelmäßigen Wochenarbeitszeit und
  3. 1.000 Beschäftigten die volle regelmäßige Wochenarbeitszeit.

In Dienststellen mit bis zu 200 Beschäftigten ist die Gleichstellungsbeauftragte so zu entlasten, wie es nach Art und Umfang der Dienststelle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendig ist. Bei Dienststellen mit 50 bis 100 Beschäftigten soll die Entlastung mindestens drei Wochenstunden, bei Dienststellen mit mehr als 100 bis zu 200 Beschäftigten mindestens fünf Wochenstunden betragen. Die Vertreterin der Gleichstellungsbeauftragten kann im Einvernehmen mit der Gleichstellungsbeauftragten Aufgaben zur eigenständigen Erledigung übernehmen. Auf den gemeinsamen Antrag der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Vertreterin ist die Dienststelle verpflichtet, die Entlastung auf die Gleichstellungsbeauftragte und ihre Vertreterin aufzuteilen, sofern nicht dringende dienstliche Gründe entgegenstehen.

(3) Die Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten von Außenstellen richtet sich nach der Zahl der in der jeweiligen Außenstelle Beschäftigten und die Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten der übrigen Dienststelle nach der Zahl der dort Beschäftigten. In den Fällen des § 19 Abs. 3 ist der Beschäftigtenzahl der Dienststelle, die die Gleichstellungsbeauftragte bestellt hat, die Hälfte der Beschäftigtenzahl der anderen Dienststelle oder Außenstelle, für die die Gleichstellungsbeauftragte tätig wird, hinzuzurechnen. Hat die Dienststelle dienstrechtliche Befugnisse für einen Teil der Beschäftigten nachgeordneter Dienststellen, so ist der Beschäftigtenzahl der übergeordneten Dienststelle die Hälfte der Zahl dieser Beschäftigten hinzuzurechnen; die Beschäftigtenzahl der nachgeordneten Dienststelle vermindert sich entsprechend.

(4) Beträgt durch die Anwendung des Absatzes 3 Sätze 2 und 3 die zu berücksichtigende Beschäftigtenzahl mehr als 1.200, so ist im erforderlichen Umfang eine zusätzliche Entlastung zu gewähren. Damit können die Vertreterin entlastet oder weitere Gleichstellungsbeauftragte für den nachgeordneten Bereich bestellt werden. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(5) Die Gleichstellungsbeauftragte ist mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen räumlichen, personellen und sächlichen Mitteln auszustatten. Ihr und ihrer Vertreterin ist im angemessenen Umfang Gelegenheit zur Fortbildung in allen für ihre Aufgabenerfüllung notwendigen Fachthemen zu geben.

(6) Die Gleichstellungsbeauftragte und ihre Vertreterin dürfen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht behindert und wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt werden.

(7) Personen, die als Gleichstellungsbeauftragte tätig sind oder als Frauenbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragte tätig waren, sind verpflichtet, über die ihnen dabei bekannt gewordenen persönlichen Verhältnisse von Beschäftigten Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt auch für sonstige Angelegenheiten, es sei denn, sie bedürfen ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach keiner vertraulichen Behandlung. Die Verpflichtung nach Satz 1 entfällt bei schriftlicher Einwilligung der betroffenen Beschäftigten. Die Verpflichtung nach Satz 2 besteht nicht gegenüber

  1. den zuständigen Stellen der Dienststelle,
  2. den zuständigen Personalräten und Richtervertretungen,
  3. den zuständigen Schwerbehindertenvertretungen und
  4. Gleichstellungsbeauftragten übergeordneter Dienststellen.

§ 23 Unabhängigkeit

(1).Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben sind die Gleichstellungsbeauftragte und ihre Vertreterin an Weisungen nicht gebunden.

(2) Die Gleichstellungsbeauftragten und ihre Vertreterinnen haben das Recht auf dienststellenübergreifende Zusammenarbeit. Sie können sich unmittelbar an das für Frauenpolitik und Gleichberechtigung zuständige Ministerium wenden.

§ 24 Gleichstellungsbeauftragte an Schulen

Für Schulen gelten § 19 Abs. 1 Satz 3, § 20 Abs. 6 Satz 3 und § 22 Abs. 2 Sätze 2 bis 4, Abs. 3 und 4 nicht. Gleichstellungsbeauftragte an Schulen sind so zu entlasten, wie es nach Art und Umfang der jeweiligen Schule zur Wahrnehmung der Aufgaben notwendig ist.

Fünfter Teil
Schlussbestimmungen

§ 25 Berichtspflichten

(1) Die Landesregierung berichtet dem Landtag im zweiten Halbjahr des auf den Beginn der Wahlperiode folgenden Jahres über die Durchführung dieses Gesetzes.

(2) In dem Bericht sind darzustellen

  1. die Zahlenverhältnisse der Geschlechter und ihre Entwicklung
    1. in den einzelnen Bereichert (§ 3 Abs. 4) und
    2. in Gremien (§ 8),
  2. die Inanspruchnahme von Regelungen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit durch Frauen und durch Männer (§§ 4 und 5) und ihre Entwicklung,
  3. die Altersstruktur der Beschäftigten in den einzelnen Bereichen (§ 3 Abs. 4) und ihre Entwicklung sowie
  4. die bereits durchgeführten und die geplanten Maßnahmen zur Herstellung der Gleichberechtigung.

(3) Die Landesregierung hat zum 1. Juli 2013 dem Landtag darüber zu berichten, ob es angesichts der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse angezeigt ist, auch männliche Gleichstellungsbeauftragte vorzusehen.

§ 26 Inkrafttreten, Aufhebung von Vorschriften und Übergangsvorschriften

(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2011 in Kraft. Gleichzeitig treten das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz (nachfolgend: NGG 1994) vom 15. Juni 1994 (Nds. GVBl. S. 246), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Dezember 1997 (Nds. GVBl. S. 503), und die Verordnung über Schulfrauenbeauftragte vom 25. März 1998 (Nds. GVBl. S. 297) außer Kraft.

(2) Bis zum Inkrafttreten von Gleichstellungsplänen nach § 15 bleiben entsprechende Stufenpläne nach § 4 NGG 1994, auch über die Frist nach § 4 Abs. 1 Satz 2 NGG 1994 hinaus, wirksam. Für diese Zeit ist § 5 NGG 1994 weiterhin anzuwenden.

(3) Eine nach § 18 NGG 1994 bestellte Frauenbeauftragte wird, wenn sie gegenüber der für die Bestellung einer Gleichstellungsbeauftragten zuständigen Stelle ihr Einverständnis erklärt, Gleichstellungsbeauftragte. Ihre Amtszeit als Gleichstellungsbeauftragte beginnt an dem Tag, an dem sie ihr Einverständnis erklärt. Erklärt eine Frauenbeauftragte ihr Einverständnis nicht, so endet ihre Amtszeit mit dem Amtsantritt einer nach § 19 bestellten Gleichstellungsbeauftragten, auch wenn die Amtszeit nach § 18 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 NGG 1994 vorher oder später abläuft. "Bis zu diesem Zeitpunkt behält die Frauenbeauftragte ihre bisherige Bezeichnung, führt ihr Amt jedoch mit den Rechten und Pflichten einer Gleichstellungsbeauftragten nach diesem Gesetz fort. In den Fällen des Satzes 3 ist innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Die Sätze 1 bis 5 gelten für die Vertreterinnen der nach § 18 NGG 1994 bestellten Frauenbeauftragten entsprechend.

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