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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I
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BGI 884 / DGUV Information 209-064 - Sichere Reifenmontage
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)

(Ausgabe 2003)



implementiert mit Genehmigung der Vereinigung der Metall-Berufsgenossenschaften


1 Einführung

1.1 Gefährdungen bei der Reifenmontage

Seit der Erfindung des luftgefüllten Reifens werden regelmäßig Räder gehandhabt, bei denen es sich im eigentlichen Sinn wegen der komprimierten Luft im Reifen um Druckbehälter handelt. Sehr umfassend und in allen erdenklichen Einzelheiten wird der Betrieb von Druckbehältern in den "Technischen Regeln Druckbehälter" (TRB) behandelt - ausgenommen davon sind aber Fahrzeugreifen.

Auch in anderen staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Regelungen findet sich zu dieser Thematik wenig. Lediglich in der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" (BGR 157) sind Anforderungen gestellt, um den Risiken beim Umgang, insbesondere bei der Montage, zu begegnen. Darüber hinaus hat der Wirtschaftsverband der Deutschen Kautschukindustrie e.V. (WdK) sowie der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) Reifenmontageempfehlungen erarbeitet und veröffentlicht.

1.2 Unfallgeschehen

Die konsequente Anwendung der Technischen Regeln hat zu einem hohen Sicherheitsniveau geführt; Unfälle durch Zerknalle von druckbeaufschlagten Anlagen gehören inzwischen zu den seltenen Unfallereignissen. Bei den Fahrzeugreifen sieht das ganz anders aus. Die Statistik aus Deutschland von 1989 bis 1999 (Bild 1-1) weist insgesamt 89 Unfälle aus, davon 9 tödliche. Dies entspricht 22 % aller tödlichen Unfälle in der Fahrzeug-Instandhaltung!

Betroffen waren

Insgesamt erscheint das Unfallgeschehen bei der millionenfachen jährlichen Reifenmontage zunächst gering, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass fast jeder Reifenmonteur Reifenplatzer aus eigener Erfahrung kennt. Zu berücksichtigen ist aber, dass es sich bei den erfassten Unfällen nur um Unfälle handelt, bei denen wegen der Schwere des Unfalls eine genaue Unfalluntersuchung mit schriftlicher Dokumentation erfolgte. Erfahrungsgemäß wird eine gesonderte Unfalluntersuchung nur dann durchgeführt, wenn die Schwere der Verletzung einen Körperschaden in rentenberechtigter Höhe erwarten lässt. Eine Aussage über die tatsächliche Anzahl bei der Montage geplatzter Reifen ist nicht möglich. Meistens kommt es entweder zu einem Beinaheunfall (Reifenplatzer ohne Körperschaden) oder, wenn der Monteur getroffen wird, aufgrund der großen Energien zu einem schweren Unfall.

Bild 1-1: Auswertung schwerer Unfälle beim Umgang mit Reifen/Rädern über einen Zeitraum von 10 Jahren

Schwere

Unfälle im

Unfalljahr

Anzahl

Tätigkeit des VerletztenRad

Tödliche
Verletzung

Reifen-
befüllung
Reifen-/
Radmontage/
-demontage
befestigtnicht
befestigt
19891091553
199033-21-
199113121851
199244-31-
199377-431
199443113-
199516151782
1996871171
1997971171
199855-32-
19991010-91-


Am häufigsten haben sich Unfälle bei der Befüllung - und zwar bei der erstmaligen Befüllung nach der Montage - ereignet. Die Gründe dafür sind sehr vielschichtig, z.B.

Obwohl es den Ausbildungsberuf Reifenmechaniker/Vulkaniseur gibt, fehlt bisher eine gesetzliche Grundlage, die derartige Tätigkeiten nur durch ausgebildetes Personal zulässt. Der hohe Anspruch an die Qualität der Reifenmontage sowohl aus sicherheitstechnischer Sicht wie auch aus Qualitätsgründen (Produkthaftung) vor dem Hintergrund der vielfältigen Reifen- und Felgenkonstruktionen/-kombinationen mit ihren spezifischen Montageanforderungen machen gleichwohl einen Einsatz ausgebildeter Fachkräfte erforderlich.

Diese Schrift hat zum Ziel, bekannte Risiken der Reifenmontage und deren Abhilfe aufzuzeigen, um sowohl für den Monteur als Informationsquelle für seine sichere Reifenmontage als auch den Vorgesetzten als Hilfe bei der Unterweisung zu dienen.

2 Reifenmontage

Die folgenden Beschreibungen beziehen sich ausschließlich auf Standardbereifung und Standardfelgen. Bei Abweichungen vom Standard (z.B. Notlaufsysteme, Luftdruckkontrollsysteme) sind die entsprechenden Montage- und Demontagevorgaben zu beachten.

2.1 Montage von Pkw-Reifen und Reifen für leichte Nutzfahrzeuge

Die Montage dieser Reifen erfolgt überwiegend auf Tiefbettstahl- oder Aluminiumband-Felgen, bei denen der Reifenwulst vom Tiefbett kommend zunächst den "Hump" der Felgenschulter überspringen muss (so genannte Hump-Felgen, siehe Anhang A).

Eine Gefährdungsbeurteilung durch den zuständigen berufsgenossenschaftlichen Fachausschuss auf Grundlage der Unfallstatistik kommt zu dem Ergebnis, dass Reifenplatzer bei Pkw-Reifen mit Verletzungsfolgen während der Montage im Verhältnis zu der millionenfachen jährlichen Reifenmontage zwar vorkommen, aber wegen der wenigen registrierten Vorkommnisse nicht damit gerechnet werden muss. Die Forderung nach einer sicheren Befestigung bei der Montage auch für diese Reifen-/Felgen-Kombinationen (Abschnitt 4.13.2 der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" [BGR 157]) wird deshalb nicht weiter aufrecht erhalten. Was nicht bedeutet, dass eine Montage dadurch als gefahrlos beurteilt wird. Nach wie vor führt eine Vielzahl von Gefahren zu Gefährdungen, welche die Gesundheit der Beschäftigten nachhaltig schädigen können. Zu derartigen Gefährdungen kommt es z.B.

Zur Durchführung einer sicheren Montage unter Vermeidung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren wird folgende Vorgehensweise vorgeschlagen:

2.1.1 Anheben des Fahrzeugs mittels Hebebühne

Dabei beachten:

2.1.2 Lösender Radbolzen bzw. Muttern mittels Druckluftschrauber

Dabei beachten:

2.1.3 Abnahme des Rades vom Fahrzeug und manueller Transport zur Reifenmontiermaschine

Dabei beachten:

2.1.4 Rad vom Schmutz befreien

Dabei beachten:

2.1.5 Luft ablassen

Dabei beachten:

2.1.6 Trennen von Reifen und Felge

Dabei beachten:

2.1.7 Montage des neuen Reifens

Dabei beachten:

Bild 2-1: Befülleinrichtung zur sicheren Befüllung von Pkw- und LLkw-Reifen mit Befüllcomputer

Bild 2-2: Reifenmontagesystem mit integrierter computerunterstützter Befülleinrichtung

 

Auswuchten nach Vorschrift des Herstellers

Dabei beachten:

Bild 2-3: Rund laufend gestaltetes Handrad an manuellen Auswuchtmaschinen

2.1.8 Rad am Fahrzeug befestigen

Dabei beachten:

2.1.9 Luftdruckkontrolle

Dabei beachten:

2.2 Montage von Großreifen (Lkw, Landmaschinen, Erdbewegungsmaschinen usw.)

Bedingt durch die Größe, das Gewicht, die Konstruktion der Felgen, zum Teil hohe Drücke bis 10 bar, lange Einsatzdauer (insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich), erschwerte Einsatzbedingungen (z.B. in Steinbrüchen) usw., ist das Gefährdungspotenzial bei der Montage dieser Räder und Reifen wesentlich höher als bei Pkw-Rädern.

Entsprechend werden auch an die Montage/Demontage besondere Anforderungen gestellt. Über die im Abschnitt 2.1 beschriebenen Montagevorgänge hinaus ist dabei Folgendes besonders zu beachten:

2.2.1 Umgang

Bei Rädern oder Reifen, deren Durchmesser 1,5 m oder deren Gewicht 200 kg übersteigt, dürfen Montage, Demontage und Transport nur von mindestens zwei Personen durchgeführt werden (Bild 2-4). Das freie Rollen dieser Räder bzw. Reifen ist nicht erlaubt. Grundsätzlich müssen Einrichtungen verwendet werden die sicherstellen, dass das Rad bzw. der Reifen gegen Umfallen gesichert ist. Solche Einrichtungen sind z.B. spezielle Transportgeräte (Bild 2-5) oder Flurförderzeuge mit geeigneten Lastaufnahmemitteln (siehe hierzu auch Abschnitte 4.13.1 und 5.17.1 der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" [BGR 157]).

Bild 2-4: Positionieren eines Schlepperrades - Aufnahme durch die Reifenmontiermaschine

Bild 2-5: Transporteinrichtung für Großräder mit integrierter Raddrehrichtung

2.2.2 Abnahmen des Rades vom Fahrzeug

Dabei beachten:

2.2.3 Transport des Rades zur Reifenmontiermaschine

Dabei beachten:

2.2.4 Arbeiten mit der Montiermaschine

Dabei beachten:

2.2.5 Reifen mit Luft befüllen

Dabei beachten:

Nach der BG-Regel "Fahrzeug-Instandhaltung" (BGR 157) müssen alle genannten Räder während der Befüllung wegen der zum Teil hohen Drücke, großer Luftvolumen oder mehrteiligen Felgenkonstruktionen sicher befestigt werden. Als sicher gelten grundsätzlich nur formschlüssige Befestigungen. Dies können z.B. sein

Letztere sollte bevorzugt eingesetzt werden, weil sie den höchsten Schutz gegen wegfliegende Teile gewährleistet. In Verbindung mit einer automatischen Befülleinrichtung bietet sie außerdem den Vorteil, dass sich der Monteur während der Befüllung bereits anderen Aufgaben widmen kann.

Formschlüssige Einspannung auf der Montiermaschine, Verwendung eines Felgenwächters sowie Befüllen mittels Befüllkäfig bieten zwar einen Schutz gegen das gefährliche Fortfliegen des Rades, nicht jedoch gegen die Druckwelle beim Bersten oder gegen fortgeschleuderte Teile des Rades. Ein umfassenderer Schutz ist nur durch Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von ca. 2,5 m (Bilder 2-7 und 2-8) zu realisieren. Das bedeutet, dass auch die Schlauchlänge vom Stecknippel bis zur Befülleinrichtung mind. 2,5 m betragen muss.

Bild 2-6: Befüllung mit zu kurzem Befüllschlauch, dadurch zwangsläufig Aufenthalt im Gefährdungsbereich!

Bild 2-7: Sicherheitsabstände bei Verwendung eines "Reifenwächters"

Bild 2-8: Sicherheitsabstand bei Verwendung eines Befüllkäfigs

Bild 2-9: Anwendung eines Felgenwächters

Bild 2-10: Automatische Befüllung mit Bedienung außerhalb des Gefährdungsbereiches

Zusammengefasst sollte bei der Befüllung Folgendes beachtet werden:

Bild 2-11: Großreifenbefülleinrichtung mit Befüllcomputer

Die Kennlinien der Wulste müssen einen gleichmäßigen Abstand zu den Felgenhörnern aufweisen.

Maximale Setzdrücke nicht überschreiten. Diese betragen bei

  • Lkw- und Flurförderzeugreifen
10,0 bar
  • Erdbewegungsmaschinenreifen
6,0 bar
  • Traktorackerschlepper und Gradereifen
3,5 bar

Bild 2-12: Deformierte Befülleinrichtung nach Reifenexplosion

2.2.6 Auswuchten

Dabei beachten:

Vielfach bietet der Markt Auswuchtmaschinen ohne Schutzhaube an. Deren Verwendung ist nur dann zulässig, wenn

2.2.7 Rad am Fahrzeug befestigen

Dabei beachten:

Auflageflächen der Bremstrommel und Felge müssen gründlich gereinigt werden, um eine spannungsfreie Radmontage zu gewährleisten. Auch wenn sichergestellt ist, dass die Bremsstäube asbestfrei sind, ist bis heute die Wirkung der Inhaltsstoffe dieser Stäube bezüglich ihres gesundheitsgefährdenden Potenzials weitgehend unbekannt.

Deshalb sollte vorzugsweise eine Staub bindende Nassreinigung durchgeführt werden. Wird mit Stahlbürste und Pinsel gearbeitet, sind Staubsauger, wenn Asbestfreiheit nicht sichergestellt ist, nur baumustergeprüfte Entstauber der Kategorie K1 zu verwenden.

2.3 Montage von Motorradreifen

Bei der Motorradreifen-Montage gibt es im Vergleich zur Montage der bisher besprochenen Reifen gravierende Unterschiede. Es werden hier nicht nur einige Muttern bzw. Bolzen geschraubt. Aus den verschiedenen Kraftradkonstruktionen bei über 2000 verschiedenen Motorradtypen auf dem deutschen Markt ergeben sich diverse unterschiedliche Möglichkeiten der Radmontage.

Bei vielen Radmontagen erfolgt eine mindestens teilweise Demontage bzw. Montage von Antrieb, Bremsanlage oder des Tacho-Antriebes. Dabei werden spezielle Kenntnisse des Monteurs vorausgesetzt. Montage von Rädern und Reifen gehört zu den Tätigkeitsbereichen der Berufsbilder Zweiradmechaniker, Vulkaniseur und Fahrzeugmechaniker nach der Handwerksordnung.

Vertiefende Inhalte zum sach- und sicherheitsgerechten Ein- und Ausbau von Motorradreifen und zur entsprechenden Reifenmontage vermittelt die Bundesfachschule für das Deutsche Zweiradmechanikerhandwerk in Frankfurt.

Grundsätzlich gilt:
Falls für einen bestimmten Fahrzeugtyp Unsicherheiten über den ordnungsgemäßen Radaus- und -einbau bestehen, sollte das Werkstatthandbuch zu Rate gezogen werden. Bestehen immer noch Unsicherheiten, ist der Auftrag abzulehnen!

Die folgenden Ausführungen beschränken sich ausschließlich auf die mit der Reifenmontage verbundenen sicherheitstechnischen Aspekte.

2.3.1 Radaus- und -einbau

Dabei beachten:

2.3.2 Reifenmontage

Dabei beachten:

Folgen können sein:

2.3.3 Reifenbefüllung

Dabei beachten:

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