BGI/GUV-I 8653 / DGUV Information 203-051 - Sicherheit und Gesundheitsschutz im Abwasserbereich
Hilfen zur Umsetzung
Berufsgenossenschaftliche Information für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI/GUV-I)
(Ausgabe 01/2010)
Vorwort
Unterweisungen stellen ein zentrales Instrument im Arbeitsschutz dar. Sie bilden die Schnittstelle zwischen den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung und der praktischen Umsetzung im Betrieb.
Die Durchführung der Unterweisungen obliegt dem Unternehmer.
Die Pflicht hierzu ergibt sich u.a. aus § 4 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1). Die vorliegenden Arbeitshilfen für Sicherheit und Gesundheitsschutz in abwassertechnischen Anlagen geben Hilfestellung für die praxisnahe Unterweisung der Beschäftigten.
Die Auswahl der Einzelthemen orientiert sich am Unfallgeschehen und den zu erwartenden Gesundheitsgefahren.
Inhaltlich haben die Arbeitshilfen eine Auswahl der durch den Betrieb zu treffenden organisatorischen Maßnahmen und das sicherheitsgerechte Verhalten der Beschäftigten zum Schwerpunkt.
Warum überhaupt unterweisen?
Um sicher arbeiten zu können, müssen die Beschäftigten unterwiesen werden.
Unterweisungen dürfen nicht als lästige, aufgezwungene Pflicht verstanden werden.
Durch Unterweisungen werden:
- Mitarbeiter über Unfall- und Gesundheitsgefahren aufgeklärt,
- Mitarbeiter befähigt, Gefahren zu erkennen und Fertigkeiten zur Gefahrenbeseitigung zu entwickeln,
- die Eigen- und Mitverantwortung der Mitarbeiter untereinander und für den geordneten Arbeitsablauf gefördert.
In welchem Umfang unterweisen?
Wie detailliert eine Unterweisung durchgeführt werden muss, ist abhängig von den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilung.
Hierbei ist u.a. zu berücksichtigen:
- Beschaffenheit der abwassertechnischen Anlagen,
- Umfang der durchzuführenden Arbeiten,
- Qualifikation der Beschäftigten.
Wer unterweist?
Verantwortlich für die Unterweisung der Beschäftigten im Betrieb ist der Unternehmer bzw. der zuständige Vorgesetzte.
Unternehmer haben zumindest eine Kontrollpflicht, wenn sie Unterweisungen z.B. aus fachlichen Gründen oder aufgrund der Betriebsgröße nicht selber durchführen sondern an andere delegieren.
In vielen Unternehmen unterstützen interne oder externe Fachleute, wie Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte, die Vorgesetzten bei dieser Aufgabe.
Dies sollte aber die Ausnahme sein und sich auf bestimmte Themen reduzieren.
Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung schriftlich festgehalten und eine Teilnehmerliste geführt wird.
Im Anhang 1 befindet sich ein Muster einer Unterweisungsdokumentation.
Sozialversicherung:
Die gesetzliche Unfallversicherung ist ein selbstständiger Zweig der Sozialversicherung.
Weitere Zweige sind die gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Gesetzliche Grundlage der Unfallversicherung ist das Sozialgesetzbuch (SGB VII). Der Abschluss privater Unfall- oder Haftpflichtversicherungsverträge beeinflusst und ersetzt nicht die Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung.
Unfallversicherungsträger:
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand, die gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften.
Versicherte Personen:
Unfallversicherte kraft Gesetz sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII alle Beschäftigten und ihnen gleichgestellte Personengruppen.
Arbeitsunfälle, Wegeunfälle und Berufskrankheiten:
- Arbeitsunfälle sind Unfälle, die ein Versicherter in ursächlichem Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit erleidet.
- Als Wegeunfälle gelten Unfälle auf einem mit der Tätigkeit im Unternehmen zusammenhängenden Weg nach und von der Stätte der versicherten Tätigkeit.
- Berufskrankheiten sind Krankheiten, die in der Berufskrankheitenverordnung als solche bezeichnet sind und die sich der Versicherte durch seine versicherte Tätigkeit zuzieht.
Aufgaben und Leistungen der Unfallversicherungsträger:
- Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Sicherstellung einer Ersten Hilfe, z.B. durch Erlass von Unfallverhütungsvorschriften, Überwachung, Beratung, Schulung.
- Leistungen zur Rehabilitation der Unfallverletzten, z.B. durch Heilbehandlung, Berufshilfe.
- Entschädigung durch Geldleistungen, z.B. durch Verletztengeld bei Arbeitsunfähigkeit, Übergangsgeld während der Berufshilfe, Verletztenrente, Leistungen im Todesfall.
1 Einsteigen in umschlossene Räume
Durch Schutzmaßnahmen beim Einsteigen in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen können Gefährdungen z.B. durch das Einsteigen selbst und durch Stoffe in den Räumen vermieden werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert einige dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 1.1
Aus Unfallanzeigen:
- Bei Reparaturarbeiten in einem Mess- und Drosselschacht verunglückte der Beschäftigte eines Bauhofes tödlich an einer Schwefelwasserstoffvergiftung.
Ohne vorher Sicherungsmaßnahmen zu treffen, stieg der Beschäftigte allein in den Schacht ein. Durch Betätigung eines Schiebers öffnete er ein "geschlossenes System" und die tödliche Konzentration wurde freigesetzt.
- Durch das Öffnen des geschlossenen Systems sind giftige Gase in einer tödlichen Konzentration aufgetreten.
- Einem Beschäftigten fiel die explosionsgeschützte Kanalleuchte beim Aufwickeln eines Schlauches in den Kanalschacht.
Es war nicht geplant in den Schacht einzusteigen.
Der Beschäftigte stieg in den optisch sauberen Schacht ein und wurde kurze Zeit später tot geborgen.
Gefährdungen:
Gefährdungen beim Einsteigen in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen entstehen insbesondere:
- durch Mängel in der Organisation z.B.
- wenn Arbeitsabläufe nicht ausreichend geregelt sind,
- durch Straßenverkehr z.B.
- wenn Arbeitsstellen im Straßenraum nicht oder nur unzureichend gegen Gefährdung durch Straßenverkehr gesichert sind,
- durch Absturz z.B.
- wenn keine baulichen Schutzmaßnahmen gegen Absturz vorhanden sind oder persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz nicht verwendet werden,
- wenn Einstiegshilfen nicht benutzt werden,
- durch die Arbeitsumgebung, z.B.
- wenn Räume eng, tief und/oder unzureichend belüftet sind,
- wenn Gefährdungen durch Betriebseinrichtungen nicht sicher ausgeschlossen werden z.B.:
- Schwallspüleinrichtungen
- Schieber
- Pumpen
- Wirbeljets
- Wehre
- durch Stoffe in gefahrdrohender Menge oder Konzentration,
- die von außen eingebracht werden, z.B. durch Einleitung von Gefahrstoffen, durch Einsetzen stärkerer Wasserführung,
- die durch biologische Vorgänge entstehen, z.B. durch Gärung und Fäulnis,
- die durch chemische Reaktionen entstehen, z.B. beim Vermischen von Abwässern.
Schutzziel:
- Das Einsteigen in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen ist so zu organisieren und durchzuführen, dass Beschäftigte dabei nicht gefährdet werden (Bild 1.1)
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Regel "Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Film "Einsteigen in Schächte der Abwasserentsorgung mit Seilsicherung" der BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (auf beiliegender DVD).
Organisatorische Maßnahmen
Umschlossene Räume:
Aufsichtführende:
- Durch Dienst-/Betriebsanweisung ist für Arbeiten in umschlossenen Räumen ein zuverlässiger, mit den Gefahren vertrauter Aufsichtführender zu benennen.
Dies gilt für Arbeitsgruppen oder Kolonnen von zwei und mehr Beschäftigten.
Schächte:
In Schächte darf nur eingestiegen werden, wenn:
- eine Einstiegshilfe vorhanden ist, z.B. eine Haltestange (Bild 1.2),
- die lichte Weite des Schachtes mind. 1 m beträgt,
- die lichte Weite mind. 0,8 m beträgt und geprüft wurde, ob besondere Schutzmaßnahmen erforderlich sind, z.B. zusätzliche Lüftungsmaßnahmen.
Bild 1.2: Eingebaute Einstiegshilfe
Mobile Einstiegshilfe
Schutzmaßnahmen zum sicheren Einsteigen
Bild 1.3
Zum sicheren Einsteigen sind in Abhängigkeit von der Einsteigtiefe bis zur Schachtsohle notwendige Schutzmaßnahmen zu treffen.
Siehe Tabelle mit ergänzenden Hinweisen.
Absturzsicherung:
- Geöffnete Schachteinstiege müssen gegen Hineinfallen und Abstürzen von Personen gesichert werden, z.B. durch:
- Roste, die gegen Verschieben gesichert sind (Bild 1.4),
- feste Absperrung mit rot-weißem Anstrich.
Flatterbänder oder Leinen sind keine feste Absperrung.
- Bei senkrechten Schachteinstiegen müssen persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz zur Verfügung gestellt und benutzt werden, z.B. wenn:
- Steigeisengänge oder Steigleitern tiefer als 5 m sind,
- für den Anseilschutz muss ein geeigneter Anschlagpunkt oberhalb der Einstiegstelle vorhanden sein.
Bild 1.4
Sichtverbindung:
- Zwischen Beschäftigten über Tage und Einsteigenden soll Sichtverbindung bestehen, mindestens jedoch die Verbindung durch Zuruf sichergestellt sein.
- Weitere Personen dürfen erst einsteigen, wenn von dem Kollegen auf der Schachtsohle Zeichen gegeben wird, z.B. durch Zuruf.
Seilsicherung:
- Um eine schnelle und sichere Rettung jederzeit zu ermöglichen, müssen Einsteigende mittels Sicherheitsseil gesichert werden.
- Voraussetzung für eine funktionierende Seilsicherung ist, dass
- ein Auffanggurt bzw. Rettungsgurt oder Rettungshose getragen wird,
- zum Herausheben ein Rettungshubgerät einsatzbereit ist (Bild 1.3).
Übersicht der Maßnahmen
Übersicht der Maßnahmen beim Einsteigen in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen.
Einstiegstiefe |
Maßnahmen |
1 - 5 m * |
- Ein Alarm- und Rettungsplan muss vorhanden sein.
- Eine Rettungsausrüstung muss vorhanden sein.
- Sicherung der Arbeitsstelle.
- Mindestens eine zweite Person muss über Tage anwesend sein (Sicherungsposten).
- Freimessen mit geeigneten Messverfahren.
Geeignete Messverfahren sind z.B. kontinuierliche Messungen mit direktanzeigenden Mehrfach-Messgeräten (z.B. CH4, H2S, O2, CO2), ggf. technische Lüftung.
- Beurteilung, ob noch weitere Maßnahmen aufgrund besonderer Gefahren notwendig sind (ggf. Erlaubnisschein erstellen).
- Rettungs-/Auffanggurt muss von jedem Einsteigenden getragen werden.
- Ständige Seilsicherung, z.B. Höhensicherungsgerät mit integrierter Rettungshubeinrichtung und Dreibock.
- Die Personen sollen in ständiger Sichtverbindung stehen, mindestens aber durch Zuruf oder auf andere Weise sich verständigen können.
- Ist ein Lösen der Seilsicherung aus betrieblichen Gründen erforderlich (z.B. bei einem Aufenthalt in Räumen größerer Ausdehnung oder mit erschwerten Fluchtwegen) sind frei tragbare, von der Umgebungsluft unabhängig wirkende Atemschutzgeräte (Selbstretter) zur Selbstrettung mit zu führen.
- Beim Öffnen von geschlossenen Systemen muss ein von der Umgebungsluft unabhängig wirkendes Atemschutzgerät getragen werden.
|
5 - 10 m | Zusätzlich zu den Maßnahmen für 1 - 5 m: PSA gegen Absturz verwenden. |
> 10 m | Zusätzlich zu den Maßnahmen für 5 - 10 m: bei Schächten ohne Zwischen-/Ruhepodeste müssen Einfahreinrichtungen verwendet werden. |
* In umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen in denen nach der Gefährdungsbeurteilung keine Gefahren vorhanden sind, sind die aufgeführten Sicherheitsmaßnahmen u.U. nicht alle erforderlich. |
Musterbetriebsanweisung
2 Persönliche Hygiene und Hautschutz
Die Übertragung von Infektionskrankheiten in abwassertechnischen Anlagen kann durch geeignete Arbeitsverfahren, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen vermieden werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 2.1
Aus Unfallanzeigen:
- Der Beschäftigte war häufig mit Arbeiten in Kanälen beauftragt.
Offensichtlich kam es dabei zur Aufnahme von Krankheitserregern.
- Der Erkrankte war jahrelang als Fahrer des Spülfahrzeuges der Gemeinde tätig. Die Infektion zog er sich vermutlich aufgrund fehlender Waschgelegenheit am Fahrzeug zu. Nach Auskunft des Fahrers nahm er sein Frühstück regelmäßig im Fahrzeug ein.
Gefährdungen:
- Im abwassertechnischen Bereich wurden zahlreiche Krankheitserreger nachgewiesen, die bedeutsam für die Infektionsgefährdung von Beschäftigten sind.
- Krankheitserregend sind z.B. Viren, Bakterien, Pilze, Darmparasiten, die Infektionen, Allergien oder toxische Wirkungen hervorrufen können.
- Die Aufnahme der Krankheitserreger erfolgt z.B.:
- über den Mund, wenn ohne vorherige Reinigung der Hände gegessen, getrunken oder geraucht wird,
- über die Atemwege, durch kleinste Tröpfchen oder Aerosole,
- über die Haut oder Schleimhäute, z.B. durch Eindringen bei Hautverletzungen, aufgeweichte Haut, durch Schmutzspritzer in die Augen.
- Beispiele für Erkrankungen:
- Darmerkrankungen durch Coli-Bakterien,
- Leberentzündung durch Infektion mit Hepatitis-Viren vom Typ A,
- Weil'sche Krankheit (Leptospirose) durch Übertragung von Hantaviren durch Mäuse- und Rattenurin,
- Wundstarrkrampf (Tetanus),
- Kinderlähmung (Polio).
Schutzziel:
Die möglichen Infektionsgefahren aus dem Abwasser sind so zu reduzieren, dass weder durch Hautkontakt, Einatmen oder Verschlucken Krankheiten oder dauerhafte Gesundheitsschäden bei den Beschäftigten entstehen können (Bild 2.1).
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe "Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in abwassertechnischen Anlagen" (TRBA 220)
- Information "Arbeitsmedizinische Vorsorge und Beratung im Abwasserbereich" (GUV-I 8521)
- BioStoffV
- Information "Hautkrankheiten und Hautschutz" (GUV-I 8559)
Hygienemaßnahmen
Hygieneeinrichtungen für Betriebsgebäude, Stützpunkte und Fahrzeuge:
- Im Eingangsbereich von Betriebsgebäuden müssen Einrichtungen zum Reinigen von verschmutztem Schuhwerk und abwaschbarer Arbeits- und Schutzkleidung vorhanden sein, z.B.:
- Fußmatten oder Roste zum Grobreinigen von Stiefeln und Schuhen,
- im Eingangsbereich von Sozialeinrichtungen zusätzlich Waschanlagen für Stiefel (Bild 2.2) und Schutzkleidung.
- In Betriebsgebäuden müssen Waschräume vorhanden sein, die mit Duschen und Waschbecken sowie fließendem Warm- und Kaltwasser ausgestattet sind.
- Auf nur zeitweise besetzten Betriebsstätten müssen zumindest Waschgelegenheiten mit fließend Warm- und Kaltwasser vorhanden sein.
- An Kraftfahrzeugen müssen geeignete Wascheinrichtungen mit fließendem Warmwasser vorhanden sein, z.B. an Spülfahrzeugen und Gerätewagen (Bild 2.3).
- Grundsätzlich müssen in Waschräumen und an Waschgelegenheiten die hygienisch erforderlichen Reinigungs-, Desinfektions- und Pflegemittel vorhanden sein.
Hinweise:
- Zur hygienischen Reinigung gehört auch die Entnahme der Reinigungsmittel aus Direktspendern.
- Hygienische Mittel zum Trocknen der Hände sind z.B. Einmalhandtücher.
- Die verschmutzte Arbeits- und Schutzkleidung muss von der Straßenkleidung getrennt aufbewahrt werden (Schwarz-Weiß-Anlagen).
- Zum Trocknen durchnässter Schutz- und Arbeitskleidung müssen bis zur Wiederbenutzung Einrichtungen außerhalb von Aufenthaltsräumen vorhanden sein, z.B. spezielle Trockenräume.
- Die Reinigung verschmutzter Arbeits- und Schutzkleidung muss organisiert werden, ggf. sind betriebseigene Waschmaschinen vorzusehen.
- Die vorhandenen Hygieneeinrichtungen müssen von Beschäftigten sachgerecht benutzt werden.
- Alle Fahrzeuge und Arbeitsgeräte müssen regelmäßig gereinigt werden.
Fahrerkabinen müssen z.B. feucht gewischt werden.
- Es muss ein Hygiene-, Reinigungs- und Hautschutzplan vorhanden sein.
Bild 2.2: Stiefelwaschanlage
Rattenbekämpfung:
- In abwassertechnischen Anlagen müssen Ratten und Mäuse als Krankheitsüberträger bekämpft werden.
Hautschutzmaßnahmen und Hautschutzplan
- Um Hauterkrankungen vorzubeugen muss insbesondere die Haut der Hände geschützt werden
- Ein Hautschutzplan ist nach den Hautgefährdungen gegliedert zu erstellen.
- Hilfestellung bei der Erstellung des Hautschutzplanes können der Betriebsarzt und die Hersteller oder Lieferanten von Hautschutzmitteln geben.
- Durch folgende Arbeitsstoffe oder Einwirkungen ist mit spezifischen Hautgefährdungen zu rechnen, z.B. durch:
- Feuchtarbeit,
- stark haftende Verschmutzungen,
- Feuchtigkeitsstau und Hautaufweichung, z.B. beim Tragen von Gummihandschuhen, Gummistiefeln.
- Wirksamer Hautschutz zur Verhütung von Hauterkrankungen umfasst 3 Stufen von gleicher Wichtigkeit:
- spezieller Hautschutz,
- gezielte und schonende Hautreinigung,
- wirksame Hautpflege.
- Hautschutzmittel müssen vor jedem Arbeitsbeginn und nach jeder Pause auf die saubere Haut aufgetragen werden.
- Die Hautreinigung muss gründlich und gleichzeitig hautschonend sein.
Grundsätzlich ist das mildeste Hautreinigungsmittel zu verwenden.
Verdünner, Waschbenzin oder Ähnliches sind zur Hautreinigung nicht zulässig.
Zur Hautpflege muss die Haut mit fetthaltigen Hautpflegemitteln nachgefettet werden.
Hautschutzplan |
Hautgefährdung | Hautschutzmittel | Hautreinigungsmittel | Hautpflegemittel | Schutzhandschuhe |
nach
- Betriebsbereich
- Arbeitsverfahren
- Stoffen
| vor Arbeitsbeginn, auch nach Pausen | nach der Arbeit, auch vor Pausen | nach Arbeitsende und Hautreinigung | soweit nicht generell vorgesehen, Hinweise auch auf spezielle Einsatzbereiche |
z.B. Kanalreinigung | Produktnamen oder interne Werksbezeichnungen sind einzutragen.
Ebenfalls Angaben, wo, von wem und wie die Mittel bzw. die Schutzhandschuhe erhältlich sind. |
Persönliche Hygiene - richtiges Verhalten
Das Abwasser kann unterschiedliche Arten und Mengen von Krankheitserregern mitführen.
Durch einfache Hygienemaßnahmen werden Erkrankungen durch Infektionen oder allergische Beschwerden vermieden.
Konkrete Maßnahmen sind dem Hygiene- und Reinigungsplan zu entnehmen.
Reinigung:
Bild 2.3
- Für die hygienische Reinigung stehen Waschräume und Waschgelegenheiten in Betriebsstätten und an Fahrzeugen zur Verfügung (Bild 2.3)
- Vor der Einnahme von Speisen und Getränken wegen möglicher Infektionsgefahren die Hände und das Gesicht reinigen.
- Auch beim Rauchen mit verschmutzten Händen besteht Infektionsgefahr.
- Nach Arbeiten mit Kontakt zum Abwasser oder Schlamm die Hände zuerst desinfizieren.
Desinfektionsmittel nur sparsam verwenden, da diese auf den natürlichen Schutzfilm der Haut einwirken und bei unsachgemäßer Anwendung zu Hautschäden führen können.
- Nach Arbeitsende Grundreinigung durch Duschen, bei stark schmutzender Tätigkeit ggf. auch zwischendurch duschen.
- Verschmutzte Arbeits- und Schutzkleidung entsprechend dem Verschmutzungsgrad reinigen bzw. die Reinigung veranlassen.
- Bei der Benutzung von Schutzhandschuhen auch auf mögliche Verunreinigung der Handschuh-Innenseiten achten.
- Schmutz nicht in Räume von Betriebsstätten oder in Fahrzeuge verschleppen, z.B. durch verschmutzte Schutzstiefel.
Stiefel deshalb zumindest grob reinigen.
- Verschmutzte Arbeits- und Schutzkleidung von der Straßenkleidung gesondert aufbewahren.
- Durchnässte Kleidung trocknen.
Hautschutz:
- Auf den Schutz der Haut achten.
Hautschutzpläne geben Auskunft über Hautgefährdungen und
- den Hautschutz vor und während der Arbeit,
- die Hautreinigung nach dem Grad der Verschmutzung,
- die regelmäßige Hautpflege.
Zum Hautschutz informiert auch der zuständige Betriebsarzt.
Bild 2.4
3 Persönliche Schutzausrüstungen
Ist durch betriebstechnische Maßnahmen nicht ausgeschlossen, dass Beschäftigte in abwassertechnischen Anlagen Unfall- oder Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, müssen persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung stehen und getragen werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 3.1
Aus Unfallanzeigen:
- Zum Herausziehen einer Pumpe aus einem Schacht wurde ein Dreibock eingesetzt.
Beim Hochziehen rutschte plötzlich ein Bein des Dreibocks weg. Das Gerät stürzte daraufhin um. Der Kollege wurde am Kopf getroffen.
- Beim Einsatz in der Kanalreinigung war der Beschäftigte kurzzeitig am Straßenrand tätig. Dabei wurde er von einem PKW-Fahrer übersehen und angefahren.
Der Beschäftigte trug keine Warnkleidung.
Gefährdungen:
Verletzungen des Rumpfes, der inneren Organe, des Kopfes, der Hände und der Füße durch:
- mechanische Einwirkungen, z.B.:
- Stoß, Schlag,
- Stich, Schnitt,
- Absturz,
- Physikalische Einwirkungen z.B.:
- Einwirkungen durch Stoffe, z.B.:
- Gase, Dämpfe,
- Flüssigkeiten, z.B. Säuren, Laugen, Kraftstoffe, Lösemittel,
- Aerosole, z.B. Nebel durch feinste Verteilung fester oder flüssiger Stoffe in der Umgebungsluft,
- feste Stoffe, z.B. Ablagerungen,
- klimatische Einwirkungen, z.B.:
- Nässe, Kälte,
- Sonneneinwirkung,
- thermische Einwirkungen, z.B.:
- Flamme und Hitze durch Kontakt und Strahlung bei thermischen Arbeitsverfahren, z.B. bei Schweißarbeiten,
- elektrische Einwirkungen, z.B.:
- Ertrinkungsgefahr, z.B. bei starker Wasserführung in Kanälen,
- übersehen werden im Verkehrsraum.
Schutzziel:
Ist durch betriebstechnische Maßnahmen nicht ausgeschlossen, dass Beschäftigte Unfall- oder Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, muss durch das Tragen geeigneter persönlicher Schutzausrüstungen eine gesundheitliche Schädigung ausgeschlossen werden (Bilder 3.1 und 3.2).
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1)
- Regel "Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Regel "Benutzung von ...
- Schutzkleidung" (BGR/GUV-R 189)
- Atemschutzgeräten" (BGR/GUV-R 190)
- Fuß- und Knieschutz" (BGR/GUV-R 191)
- Augen- und Gesichtsschutz" (BGR/GUV-R 192)
- Kopfschutz" (BGR/GUV-R 193)
- Gehörschutz" (BGR/GUV-R 194)
- Schutzhandschuhen" (BGR/GUV-R 195)
- persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz" (BGR/GUV-R 198)
- persönlichen Schutzausrüstungen zum Retten aus Höhen und Tiefen" (BGR/GUV-R 199)
- persönlichen Schutzausrüstungen gegen Ertrinken" (BGR 201)
Allgemeine Anforderungen an persönliche Schutzausrüstungen
Bild 3.2
- Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) müssen schützen, ohne selbst eine größere Gefahr mit sich zu bringen, z.B. kein Handschutz in gefährlicher Nähe sich drehender Maschinenteile.
- PSA müssen den gesundheitlichen Erfordernissen des Trägers genügen, z.B. bei Fußbehinderungen orthopädische Sicherheitsschuhe zur Verfügung stellen.
- PSA müssen für die Bedingungen am Arbeitsplatz geeignet sein.
Es muss ermittelt werden, vor welchen möglichen Verletzungen und Erkrankungen Schutz erforderlich ist, vordringlich durch Gefährdungs- und Belastungsbeurteilungen.
- PSA müssen ergonomische Bedingungen erfüllen, z.B. darf Schutzbekleidung den Träger nicht durch zu großes Gewicht, falschen Sitz und Schnitt behindern.
- PSA müssen dem Träger angepasst werden können, wenn es die Art der Schutzausrüstung erfordert, z.B. durch einstellbare Kopfbänder oder Kinnriemen an Schutzhelmen.
- Bei gleichzeitigem Einsatz verschiedener PSA müssen diese aufeinander abgestimmt sein.
- Im Abwasserbereich hat die Arbeitskleidung auch die Funktion einer Schutzkleidung.
Besondere persönliche Schutzausrüstungen
Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz:
- Sind Arbeiten unmittelbar an Stellen mit Absturzgefahr erforderlich, kann durch Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz
- ein Absturz entweder ganz verhindert
oder
- die Person sicher aufgefangen werden, d.h. der Fallweg wird begrenzt und die auf den Körper wirkenden Stoßkräfte auf ein erträgliches Maß reduziert.
- Als direkte Sicherung gegen Absturz nur Auffangsysteme einsetzen, die aus Auffanggurten nach DIN EN 361 Form A bestehen, in Verbindung mit z.B.:
- Höhensicherungsgeräte,
- Steigschutzeinrichtungen, die vorwiegend an Steigleitern oder Steigeisengängen angebracht sind (Bild 3.3).
Hinweis: Durch Persönliche Schutzausrüstungen zum Halten und Retten kann ein Zurückhalten von der Absturzkante oder Halten gegen Abrutschen erfolgen, z.B. als Sicherung gegen Abtreiben im Wasser.
Persönliche Schutzausrüstungen gegen Ertrinken:
- Besteht in umschlossenen Räumen, tiefen offenen Kanälen, Becken die Gefahr des Ertrinkens, müssen den Beschäftigten ohnmachtsichere Auftriebsmittel (Rettungswesten) zur Verfügung stehen und von ihnen getragen werden.
- Bei Wassertiefen unter 1,35 m und geringer Strömungsgeschwindigkeit kann auf das Tragen von Rettungswesten verzichtet werden.
Schutzkleidung
Die Schutzkleidung soll insbesondere bewirken,
- dass ein unmittelbarer Hautkontakt mit Abwasser vermieden wird, keine biologischen Arbeitsstoffe auf Beschäftigte einwirken oder unkontrolliert verschleppt werden,
- dass Beschäftigte vor Nässe geschützt werden.
- Geeignet ist eine Kombination (Overall), Bundjacke und Latzhose.
Oftmals ist der Gebrauch einer Gummischürze sinnvoll (z.B. bei Abspritzarbeiten oder Umgang mit Gefahrstoffen).
- Zum Schutz gegen Einwirkungen und Verschleppung von biologischen Arbeitsstoffen bei Laborarbeiten ist mindestens ein Laborkittel zu tragen.
Handschutz
Je nach Tätigkeit und Gefährdung müssen entsprechende Schutzhandschuhe ausgewählt und getragen werden.
- Schutzhandschuhe gegen mechanische Gefährdungen (DIN EN 388 "Schutzhandschuhe gegen mechanische Risiken").
- Flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe bei Arbeiten mit unmittelbarem Abwasser- und Schlammkontakt (vgl. DIN EN 374 Teil 1 - 5 "Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen").
- Dünnwandige, flüssigkeitsdichte Einmal-Handschuhe für Labortätigkeiten (DIN EN 455 Teil 1 "Medizinische Handschuhe zum einmaligen Gebrauch; Anforderungen und Prüfung auf Dichtigkeit").
- Grundsätzlich besteht bei latexhaltigen Handschuhen die Möglichkeit einer sensibilisierenden Wirkung.
Gepuderte Naturgummilatexhandschuhe sind durch puderfreie und allergenarme Latexhandschuhe oder andere geeignete Handschuhe zu ersetzen.
Fußschutz
- Bei Reinigungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten z.B. in Gruben, Schächten, Pumpensümpfen und Rechenhäusern besteht die Möglichkeit eines Kontaktes mit biologischen Arbeitsstoffen im Fußbereich.
Sandalen, Schuhe mit perforiertem Oberteil und offenem Fersenteil oder Stoffschuhe sind daher ungeeignet.
Bei zahlreichen Tätigkeiten können Stiefel erforderlich sein.
- Müssen aus Gründen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes Sicherheits-, Schutz- oder Berufsschuhe getragen werden, sollen sie der Zusatzanforderung bezüglich des Wasserdurchtrittes und der Wasseraufnahme der DIN EN 344 "Anforderungen und Prüfverfahren für Sicherheits-, Schutz- und Berufsschuhe für den gewerblichen Bereich" entsprechen.
Gehörschutz
- In Lärmbereichen sind geeignete Gehörschützer zu tragen.
Bild 3.3
Bild 3.4
Persönliche Schutzausrüstungen bereitstellen und tragen
Pflichten des Unternehmers:
- Der Unternehmer muss die Eigenschaften persönlicher Schutzausrüstungen (PSA) festlegen, damit sie einen Schutz gegenüber den zuvor ermittelten Gefahren aufweisen.
Persönliche Schutzausrüstung muss vom Unternehmer zur Verfügung gestellt werden.
- Bei Auswahl und Einsatz von PSA sind die Beschäftigten zu hören und an Entscheidungen zu beteiligen.
- Der Unternehmer hat für den bestimmungsgemäßen Einsatz von PSA zu sorgen, z.B. dürfen PSA gegen Absturz nur zur Sicherung von Personen, nicht jedoch als Anschlagmittel für Lasten verwendet werden.
- PSA dürfen von mehreren Personen nur wechselweise getragen werden, wenn sich dadurch keine Sicherheits-, Gesundheits- oder Hygieneprobleme ergeben.
- Beschäftigte müssen im Einsatz der PSA unterwiesen werden.
Unterweisungen sind vor dem ersten Einsatz, danach mindestens einmal jährlich durchzuführen.
Hilfestellung für Unterweisungen liefern Benutzerinformationen der Hersteller.
- Die Benutzung der PSA ist in der Dienst-/Betriebsanweisung festgelegt.
Pflichten der Beschäftigten:
- PSA müssen in ordnungsgemäßem Zustand sein, d.h. einwandfrei funktionieren und hygienisch einwandfrei sein.
- Erforderliche PSA müssen sachgemäß benutzt werden.
- Unterweisungen, Dienst/Betriebsanweisungen und zusätzliche Anweisungen sind zu beachten.
- Eine zusätzliche Anweisung ist z.B. die Festlegung eines Anschlagpunktes vor Ort mit entsprechender Anweisung der Beschäftigten, den Anschlagpunkt zu benutzen.
- Der ordnungsgemäße Zustand von PSA muss überprüft werden, in der Regel durch Sichtprüfung auf offensichtliche Mängel vor Beginn und während des Tragens.
Sichtprüfung, z.B. ob
- Sichtscheiben von Schutzbrillen verfärbt oder zerkratzt sind,
- die orangerote Farbe der Warnkleidung noch nicht verblasst ist.
- Mängel an PSA sind unverzüglich zu melden, damit diese abgestellt werden können oder für Ersatz gesorgt werden kann.
- Gefahrenbereiche sind zu verlassen oder gefährdende Tätigkeiten einzustellen, wenn durch Mängel die Schutzwirkung von PSA nicht mehr gegeben ist.
4 Atemschutz
Zum Schutz vor gefährlicher Atmosphäre müssen für die Selbstrettung und Rettung aus umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen frei tragbare, von der Umgebungsluft unabhängige Atemschutzgeräte benutzt werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 4.1
Aus Unfallanzeigen:
- Im Verlauf der Arbeiten traten im Kanal offensichtlich Gase auf. Nachdem die Kollegen ins Freie geflüchtet waren, klagten sie über erhebliche Atembeschwerden.
- Trotz Lüftungsmaßnahmen war in dem Schacht offensichtlich gefährliche Atmosphäre vorhanden Die Beschäftigten erlitten Vergiftungen, konnten jedoch gerettet werden.
Gefährdungen:
- Beschäftigte sind bei Arbeiten in umschlossenen Räumen z.B. gefährdet, wenn
- die Atemluft Gefahrstoffe enthält und/oder Sauerstoffmangel besteht,
- Selbstretter trotz Erfordernis nicht mitgeführt werden,
- Filteratemschutzgeräte für die Selbstrettung verwendet werden,
- zu Rettende sind gefährdet, wenn die Rettung aus gefährlicher Atmosphäre nicht schnell genug erfolgt, z.B. wenn
- frei tragbare, von der Umgebungsatmosphäre unabhängige Atemschutzgeräte nicht bereitgehalten werden,
- einsteigende Atemschutzgeräteträger ungeübt sind,
- bei Rettungsmaßnahmen eingesetzte Beschäftigte sind gefährdet, wenn nicht von der Umgebungsatmosphäre unabhängige Atemschutzgeräte getragen werden.
Schutzziel:
- Aus gefährlicher Atmosphäre in umschlossenen Räumen müssen sich Beschäftigte selbst retten können oder unverzüglich gerettet werden.
Müssen Beschäftigte umschlossene Räume mit gefährlicher Atmosphäre zur Rettung von Personen betreten, müssen geeignete Atemschutzgeräte getragen werden (Bild 4.1).
Kann gefährliche Atmosphäre unvorhergesehen auftreten, müssen geeignete Atemschutzgeräte für die Selbstrettung mitgeführt werden.
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Regel "Benutzung von Atemschutzgeräten" (BGR/GUV-R 190)
- Information "Verzeichnis zertifizierter Atemschutzgeräte" (BGI 693)
- Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz (G) 26 "Atemschutzgeräte" (DGUV Information 504-26)
Atemschutzgeräte
Pressluftatmer, Schlauchgeräte und Regenerationsgeräte sind von der Umgebungsatmosphäre unabhängig einsetzbar.
Der Einsatz von Atemschutzgeräten ist anhand der Gefährdungsbeurteilung festzulegen (siehe BGR/GUV-R 190).
Es ist z.B. folgendes zu berücksichtigen:
- Atemschutzgeräte müssen überwacht, zweckmäßig gelagert und instandgehalten werden.
- Einwandfreies Funktionieren (Bild 4.2) und gute hygienische Bedingungen sind zu gewährleisten.
- Unter Berücksichtigung der Art und Anzahl vorhandener Atemschutzgeräte sind Arbeiten der Instandhaltung und Prüfung verantwortlich zu übertragen, z.B. an Atemschutz-Gerätewarte.
- Über Einsatz, Lagerung und Instandhaltung von Atemschutzgeräten sind Nachweise zu führen.
- Innerhalb einer Kolonne möglichst nur Atemschutzgeräte gleicher Bauart einsetzen.
Bild 4.2
Regenerationsgeräte:
- Regenerationsgeräte haben eine begrenzte Einsatzdauer.
Bild 4.3
Pressluftatmer:
- Die Druckluftflaschen enthalten nur einen begrenzten Vorrat an Atemluft, so dass die Gebrauchsdauer begrenzt ist, je nach Belastung des Trägers bei z.B. 1.600 l Atemluftvorrat zwischen 20 und 50 Minuten (Bild 4.4).
Selbstretter:
- Die Begriffe Selbstretter und Fluchtgerät sind gleichbedeutend.
Die Selbstretter ermöglichen dem Benutzer die Flucht aus Bereichen mit gefährlicher Atmosphäre.
- Um eine wartungsfreie Lagerung in betriebsbereitem Zustand über mehrere Jahre zu erreichen, sind die Geräte luftdicht verpackt.
Körperliche Eignung
- Atemschutzgeräteträger müssen mindestens 18 Jahre alt sein.
- Die körperliche Eignung von Atemschutzgeräteträgern muss durch Vorsorgeuntersuchungen nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz (G) 26 "Atemschutzgeräte" festgestellt und überwacht werden.
- Die Erstuntersuchung muss vor Aufnahme einer Tätigkeit unter Atemschutzgeräten erfolgt sein.
- Regelmäßige Nachuntersuchungen müssen während der Tätigkeit als Atemschutzgeräteträger erfolgen:
- für 18 - 50 jährige vor Ablauf von 3 Jahren,
- für über 50 jährige vor Ablauf von 12 - 15 Monaten.
- Schwerpunkte der Untersuchungen gelten den Atemorganen, dem Kreislauf und Körpergewicht.
- Hinweis:
- Gruppe 1
Geräte bis 3 kg. Die Atemwiderstände des Atemschutzgerätes sind gering.
- Gruppe 2
Geräte bis 5 kg. Die Atemwiderstände des Atemschutzgerätes sind erhöht.
- Gruppe 3
Geräte über 5 kg. Die Atemwiderstände des Atemschutzgerätes sind erhöht.
- Für den Einsatz von Geräten unter 3 kg, ohne Atemwiderstände oder beim Einsatz von Geräten der Gruppe 1 für weniger als 30 Minuten am Tag oder für den Einsatz von Selbstrettern ist keine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 26 vorgeschrieben.
(Näheres siehe:
Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz (G) 26 "Atemschutzgeräte" [DGUV Information 504-26])
Unterweisung
- Unterweisungen müssen
- von dafür besonders ausgebildeten und regelmäßig fortgebildeten Personen durchgeführt werden,
- von den Teilnehmern durch Unterschrift bestätigt und dokumentiert werden.
Träger von Pressluftatmern und Regenerationsgeräten:
- Die Erstunterweisung dauert erfahrungsgemäß bei Trägern von Pressluftatmern und Regenerationsgeräten mindestens 20 Stunden.
- Ausnahme: mindestens 8 Stunden, wenn nur eine Geräteart benutzt wird und keine Rettungsaufgaben zu erfüllen sind.
- Wiederholungsunterweisungen müssen mit ca. 2 Stunden Dauer durchgeführt werden:
- halbjährlich: sofern Rettungsaufgaben zu erfüllen sind und die Atemschutzgeräte selten benutzt werden,
- jährlich: für den Arbeitseinsatz, sofern die Geräte häufig benutzt werden.
- Sinnvoll ist die Durchführung von Atemschutzübungen in Zusammenhang mit Rettungsübungen in umschlossenen Räumen (siehe Arbeitshilfe Kapitel 9).
Träger von Selbstrettern:
- Die Dauer der Erstunterweisung soll für Träger von Selbstrettern mindestens eine Stunde betragen.
- Wiederholungsunterweisungen sind in jährlichem Abstand durchzuführen
- z.B. mit Übungsgeräten an denen das Öffnen und Anlegen solange geübt wird, bis notwendige Handgriffe sicher beherrscht werden,
- mit Bewegungsübungen mit angelegtem Gerät, z.B. Treppen steigen.
Atemschutzgeräte - Instandhaltungs- und Prüffristen
Atemschutzgeräte sind nach Angaben der Hersteller in regelmäßigen Zeitabständen durch befähigte Personen zu prüfen und instand zu halten.
Bild 4.4
5 Sicherung von Arbeitsstellen im Straßenraum
Gefährdungen durch den öffentlichen Straßenverkehr werden durch Sicherungsmaßnahmen im Straßenraum vermieden.
Diese Arbeitshilfe gibt Hinweise über die dafür erforderlichen Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 5.1
Aus Unfallanzeigen:
- Die Arbeitsstelle war offensichtlich unzureichend gegen Fahrzeugverkehr gesichert.
Der Beschäftigte wurde von einem PKW erfasst und verletzt.
Zum Unfallzeitpunkt war es noch dunkel.
Der Beschäftigte trug die übliche Arbeitskleidung.
- Das Kolonnenfahrzeug befand sich zum Unfallzeitpunkt mit eingeschaltetem Warnblinklicht auf der Fahrbahn.
Ein Kraftfahrzeug fuhr trotzdem auf. Der im Kolonnenfahrzeug sitzende Fahrer wurde durch den Aufprall verletzt.
Gefährdungen:
Beschäftigte sind gefährdet, wenn Arbeitsstellen im Straßenraum nicht oder nur unzureichend gegen Straßenverkehr gesichert sind.
Sonderrechte:
Fahrzeuge, die dem Bau, der Unterhaltung oder Reinigung der Straßen und Anlagen im Straßenraum oder der Müllabfuhr dienen und durch rot-weiß-rote Warneinrichtungen gekennzeichnet sind, dürfen auf allen Straßen- und Straßenteilen und auf jeder Straßenseite in jeder Richtung zu allen Zeiten fahren und halten, soweit ihr Einsatz dies erfordert ...
(Auszug aus § 35 Abs. 6 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung)
Schutzziel:
Arbeitsstellen im Straßenraum sind so abzusperren oder zu sichern, dass Beschäftigte durch den Straßenverkehr so wenig wie nur möglich gefährdet werden (Bilder 5.1 und 5.2).
Bild 5.2
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Warnkleidung - Prüfverfahren und Anforderungen (DIN EN 471)
- Straßenverkehrsordnung (StVO)
- Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA)
- Sicherheitskennzeichnung von Fahrzeugen und Geräten (DIN 30 710)
Organisatorische Maßnahmen
- Arbeitsstellen im Bereich des öffentlichen Straßenverkehrs müssen durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen ausreichend gekennzeichnet werden.
- Die Art und Aufstellung der Zeichen und Verkehrseinrichtungen müssen der Straßenverkehrsordnung (StVO) entsprechen.
Die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) geben detaillierte Erläuterungen.
- Zeichen sind z.B.:
- Gelbes Blinklicht an Fahrzeugen zur Warnung vor Gefahren.
Die Verwendung (Rundumlicht) von Fahrzeugen aus ist nur zulässig, um vor Arbeitsstellen zu warnen.
- Gefahrzeichen 123 "Baustelle" ist grundsätzlich aufzustellen, wenn sich eine Arbeitsstelle unmittelbar auf den Verkehr auswirkt.
Werden an Arbeitsstellen von kürzerer Dauer fahrbare Absperrtafeln eingesetzt, kann auf das Gefahrzeichen 123 verzichtet werden.
- Verkehrseinrichtungen sind insbesondere Absperrgeräte für Arbeitsstellen, z.B.:
- Absperrschranken, Zeichen 600,
- Leitbake (Warnbake), Zeichen 605,
- Leitkegel, Zeichen 610,
- fahrbare Absperrtafel, Zeichen 615,
- fahrbare Absperrtafel mit Blinkpfeil, Zeichen 616,
- Absperrtafeln weisen auf Arbeitsstellen hin. Behelfsmäßig können auch andere rot-weiß-rote Warneinrichtungen verwendet werden.
- Warnleuchten an Absperrgeräten zeigen rotes Licht, wenn die ganze Fahrbahn gesperrt ist, bei Sperrung eines Fahrstreifens gelbes Licht oder gelbes Blinklicht.
Die Absperrgeräte verbieten das Befahren der abgesperrten Straßenfläche.
- In die zu treffenden Maßnahmen zur Kennzeichnung und Sicherung sind alle geöffneten Schächte im Verlauf eines Straßenzuges mit einzubeziehen.
- Durch Fahrzeugaufstellung ist den Beschäftigten das Arbeiten im Schutz der verkehrsabgewandten Seite von Fahrzeugen zu ermöglichen.
- Beschäftigte, die bei den Arbeiten eingesetzt sind oder diese zu beaufsichtigen haben, müssen außerhalb von Gehwegen und Absperrungen Warnkleidung tragen.
- Warnkleidung muss mindestens DIN EN 471 Klasse 2 entsprechen.
Hinweis:
Absperr- und Sicherungsmaßnahmen sind mit der zuständigen Verkehrsbehörde abzustimmen (Verkehrsrechtliche Anordnung).
Zeichen und Verkehrseinrichtungen:
Bild 5.3
Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen - Beispiele für Sicherungsmaßnahmen gemäß RSA
|
Situation: |
Sicherungsmaßnahmen, z.B.: |
1 | Bild 5.4 Geöffneter Schacht im innerörtlichen zweistreifigen Fahrbahnbereich mit Einengung eines Fahrstreifens
| Länge der Engstelle max. 20 m |
Gefahrzeichen 123 "Baustelle" beidseitig im Abstand von ca. 50 m oder fahrbare Absperrtafel (z.B. Zeichen 615) gut sichtbar aufstellen |
Längs- und Querabsperrung mit Leitkegeln (Mindesthöhe 500 mm) |
Schachteinstieg mit Absperrschranken sichern |
2 | Bild 5.5 Spülfahrzeug im innerörtlichen zweistreifigen Fahrbahnbereich
| Beschäftigte tragen Warnkleidung |
Gelbes Blinklicht (Rundumlicht) am Fahrzeug einschalten |
Arbeitsstelle hinter dem Fahrzeug mit Leitkegeln längs- und quer absperren |
3 | Bild 5.6 Arbeitsstelle im innerörtlichen Fahrbahnbereich mit Sperrung eines Fahrstreifens
| Länge der Engstelle max. 20 m |
Gefahrzeichen 123 "Baustelle" beidseitig im Abstand von ca. 50 m oder fahrbare Absperrtafel (z.B. Zeichen 615) gut sichtbar aufstellen. |
Längs- und Querabsperrung mit Leitkegeln (Mindesthöhe 500 mm) |
4 | Bild 5.7 Arbeitsstelle zur Instandhaltung im innerörtlichen vierstreifigen Fahrbahnbereich mit Sperrung eines Fahrstreifens
| Länge der Engstelle max. 20 m |
Beschäftigte tragen Warnkleidung |
Gelbes Blinklicht (Rundumlicht) an Fahrzeugen einschalten |
fahrbare Absperrtafel (z.B. Zeichen 615) gut sichtbar aufstellen |
Längs- und Querabsperrung mit Leitkegeln |
6 Messen - Ermittlung gefährlicher Atmosphäre
Durch Messungen in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen kann gefährliche Atmosphäre festgestellt werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 6.1
Aus Unfallanzeigen:
- Der Beschäftigte zog sich die Vergiftung bei Arbeiten in einem Kontrollschacht zu. Es war nicht bekannt, dass darin gefährliche Atmosphäre vorhanden war.
- Vor Beginn der Arbeiten war eine Kontrollmessung der Luft im Kanal durchgeführt worden.
Offensichtlich hat sich die Luft im Verlauf der Arbeiten nachteilig verändert.
Festgestellt wurde dieses erst, nachdem mehrere Kollegen über Atembeschwerden klagten.
Gefährdungen:
Beschäftigte sind gefährdet, wenn in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen Stoffe in gefahrdrohender Menge oder Konzentration
- von außen eingebracht werden, z.B. durch Einleitung von Gefahrstoffen,
- durch biologische Vorgänge entstehen, z.B. durch Gärung und Fäulnis,
- durch chemische Reaktionen entstehen, z.B. beim Vermischen von Abwässern.
- Beispiele:
- Gase oder Dämpfe, durch die Brände oder Explosionen entstehen können, z.B. Benzindämpfe, Methan,
- Sauerstoffmangel, der zum Ersticken führen kann,
- sehr giftige, giftige oder gesundheitsschädliche Stoffe, z.B. Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid.
Schutzziel:
Das Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen ist so zu organisieren und durchzuführen, dass Beschäftigte dabei nicht durch die Umgebungsatmosphäre gefährdet werden (Bild 6.2).
Bild 6.2
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Merkblatt "Gaswarneinrichtungen für den Explosionsschutz - Einsatz und Betrieb" (BGI 518)
- Merkblatt "Gaswarneinrichtungen für toxische Gase/Dämpfe und Sauerstoff - Einsatz und Betrieb" (BGI 836)
Ermittlung gefährlicher Atmosphäre (Freimessen)
- Vor dem Einsteigen sind grundsätzlich Messungen von einem ungefährdeten Standort aus durchzuführen.
- Diese Messungen dienen der Feststellung, ob Gefahrstoffe in gesundheitsgefährdende Konzentrationen vorhanden sind.
- Diese Messungen müssen während der Arbeiten kontinuierlich fortgesetzt werden.
- Grundsätzlich gilt:
In umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen darf nur eingestiegen und gearbeitet werden, wenn:
- der Sauerstoffgehalt nicht weniger als 20,9 Vol.-% beträgt
- die Konzentration brennbarer Gase und Dämpfe unter 10 % der unteren Explosionsgrenze (HG) liegt,
- die Konzentration giftiger Gase und Dämpfe wie z.B. Schwefelwasserstoff unterhalb des Arbeitsplatzgrenzwertes, liegt.
Hinweis:
Die Ermittlung von Krankheitskeimen in gesundheitsschädlicher Konzentration ist derzeit vor Ort nicht möglich.
Bild 6.3
Organisatorische Maßnahmen
Aufsichtführende:
- Aufsichtführende müssen entscheiden, ob aufgrund der Ergebnisse von Kontrollmessungen ggf.:
- die Arbeiten abzubrechen sind,
- im Einzelfall besondere Schutzmaßnahmen zu treffen sind, z.B. zusätzliche Lüftung oder Einsatz von Atemschutzgeräten,
- für die eigentlichen Arbeiten zusätzlich ein Erlaubnisschein (Bild 6.4) erforderlich wird
(zu Erlaubnisscheinen siehe Arbeitshilfe Kapitel 8 "Arbeiten in umschlossenen Räumen").
Bild 6.4
Bild 6.5
Einsatz von Messgeräten:
- Unabhängig von der Gerätewartung ist vor jedem Einsatz des Messgerätes vom Benutzer ein Test, gemäß Herstellerangaben auf sichere Funktion durchzuführen:
- Ladezustand der Batterie testen,
- die richtige Anzeige der Gaswarneinrichtung durch Beaufschlagung mit Nullgas und Prüfgas testen.
- Messungen vor dem Einsteigen von ungefährdeten Stellen aus vornehmen, z.B. von Schachteinstiegen über Tage aus (Bild 6.1).
- Zum Messgerät passende Prüfschläuche und Gasförderpumpen lassen die Entnahme von Gasproben aus tiefergelegenen Stellen zu (Bild 6.2).
- Messungen nach dem Einsteigen in den Arbeitsbereichen kontinuierlich weiterführen.
- Mit den Messungen beauftragte Beschäftigte müssen in der Handhabung und Funktionsprüfung der Messgeräte unterwiesen sein und Messergebnisse richtig beurteilen können.
- Kontrollmessungen schriftlich dokumentieren, wenn durch Messungen gefährliche Atmosphäre festgestellt wird.
- Für die Instandhaltung von Messgeräten muss ausreichende Sachkunde vorhanden sein.
- In der Regel kann die Sachkunde durch Teilnahme an speziellen Gerätewart-Lehrgängen der Hersteller erworben werden.
- Instandhaltungsarbeiten nach Herstellerangaben durchführen.
Beispiele besonderer Gefahren durch Gase und Dämpfe in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen
In umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen können Flüssigkeiten, Gase und Dämpfe durch unzulässige Einleitungen oder in Störfällen eingebracht werden oder infolge von chemischen bzw. biologischen Reaktionen entstehen.
Durch das Vorhandensein dieser Stoffe können Gefahren drohen.
In der Regel handelt es sich um Gefahren durch:
Sauerstoffmangel (O2-Mangel)
Alle zusätzlich eingebrachten Gase und Dämpfe reduzieren den Sauerstoffanteil in der Atmosphäre der u.R.a.A..
Konzentration von O2 in der Luft |
Symptom/Wirkung |
20,9 Vol.-% | Konzentration in der unbelasteten Frischluft |
< 18 Vol.-% | Gesundheitsschädlich |
< 10 Vol.-% | Unter 10 Vol.-% Sauerstoff schwindet das Bewusstsein ohne Warnung.
Gehirnschädigung und Tod folgen in wenigen Minuten, wenn nicht sofort eine Wiederbelebung erfolgen kann. |
Benzindämpfe
Alle Dämpfe brennbarer Flüssigkeiten sind schwerer als Luft.
Konzentration von Benzindämpfen in der Luft |
Symptom/Wirkung |
~ 0,6 Vol.-% | Untere Explosionsgrenze (UEG) |
~ 8 Vol.-% | Obere Explosionsgrenze (OEG) |
500 bis 1.000 ppm | Reizung der Atemwege, Kopfschmerz, Schwindelgefühl, Übelkeit, Konfusion bis zur Bewusstlosigkeit |
Kohlenstoffdioxid (CO2)
Kohlendioxid ist schwerer als Luft.
Konzentration von CO2 in der Luft |
Symptom/Wirkung |
0,03 Vol.-% | Anteil in der unbelasteten Frischluft |
0,07 Vol.-% | Stadtluft |
0,1 - 0,3 Vol.-% | Hohe Werte in Büroräumen |
0,5 Vol.-%/ 5.000 ppm | Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) |
ca. 1 - 4 Vol.-% | Reizung der Schleimhäute; Atembeschleunigung; Blutdruckanstieg; Erregung; Herzklopfen; Kopfschmerzen |
ca. 5 - 9 Vol.-% | Kopfschmerzen, Ohrensausen (Tinnitus), Herzklopfen, Blutdruckanstieg, psychische Erregung, Schwindel, Benommenheit |
> 9 Vol.-% | Bewusstlosigkeit nach 5 - 10 Minuten Einatemdauer |
Über 10 Vol.-% | Lähmung des Atemzentrums; Narkose; Tod |
Methan (CH4)
Methan ist leichter als Luft.
Konzentration von CH4 in der Luft |
Symptom/Wirkung |
4,4 Vol.-% | Untere Explosionsgrenze (UEG) |
17 Vol.-% | Obere Explosionsgrenze (OEG) |
Schwefelwasserstoff (H2S)
Schwefelwasserstoff ist schwerer als Luft.
Konzentration von H2S in der Luft in ppm |
Symptom/ Wirkung |
ab 0,02 | Geruchliche Wahrnehmbarkeit |
3 - 10 | deutlich unangenehmer Geruch |
20 - 30 | widerwärtiger Geruch nach faulen Eiern |
5 | Arbeitsplatzgrenzwert (Empfehlung der MAK-Komission) |
50 - 100 | Reizungen des Atemtraktes, Verlust des Geruchssinns |
100 - 200 | Kopfschmerz, Schwindel, Durchfall |
250 - 500 | Toxisches Lungenödem, Zyanose, Bluthusten, Lungenentzündung, Atemnot |
500 | Kopfschmerzen, unkoordinierte Bewegungen, Schwindelgefühl, Stimulation der Atmung, Gedächtnisschwäche, Bewusstlosigkeit ("knock-down") |
500 - 1.000 | Atemstillstand, sofortiger Kollaps, schwerste Nervenschädigungen, arhythmische Herztätigkeit, Tod |
Faulgas
Faulgas ist ein Gasgemisch (u.a. aus CH4, CO2, H2S, O2, H2), das in unterschiedlichsten Zusammensetzungen vorkommen kann.
Die Dichte von Faulgas wird fast nur von dem Verhältnis CH4/ CO2 bestimmt.
Es kann sowohl schwerer als auch leichter als Luft sein.
Beim Faulgas treten die Wirkungen der einzelnen Komponenten in Kombination auf. Über die Kombinationswirkung auf den Menschen liegen zur Zeit keine detaillierten Erkenntnisse vor.
7 Lüftung - Maßnahmen gegen gefährliche Atmosphäre
Durch Lüftung abwassertechnischer Anlagen kann gefährliche Atmosphäre vermieden werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 7.1
Aus Unfallanzeigen:
- Es wurde die natürliche Belüftung der Kanalstrecke als ausreichend angesehen.
Die Inspektionsarbeiten mussten jedoch aufgrund akuter Atembeschwerden der beiden Beschäftigten abgebrochen werden.
- Offensichtlich war der erzeugte Luftstrom für den Kanalquerschnitt nicht ausreichend.
In dem Kanal vorhandene Gase waren deshalb nicht ausreichend abgeführt worden.
Zudem war auf Kontrollmessungen verzichtet worden.
Gefährdungen:
Beschäftigte sind gefährdet, wenn in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen Stoffe in gefahrdrohender Menge oder Konzentration,
- von außen eingebracht werden, z.B. durch Einleitung von Gefahrstoffen,
- durch biologische Vorgänge entstehen, z.B. durch Gärung und Fäulnis,
- durch chemische Reaktionen entstehen, z.B. beim Vermischen von Abwässern.
- Beispiele:
- Gase oder Dämpfe, durch die Brände oder Explosionen entstehen können, z.B. Methan, Benzindämpfe,
- Sauerstoffmangel, der zum Ersticken führen kann,
- sehr giftige, giftige oder gesundheitsschädliche Stoffe, z.B. Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid.
Schutzziel:
Ist in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen gefährliche Atmosphäre vorhanden oder kann diese entstehen, ist durch geeignete und ausreichende Lüftungsmaßnahmen sicherzustellen, dass Beschäftigte in den Räumen nicht gefährdet werden (Bild 7.1).
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
- Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Regel "Deponien" (BGR/GUV-R 127)
Lüftungsmaßnahmen
- Lüftung ist natürlich oder technisch möglich.
- In Dienst-/Betriebsanweisungen kann z.B. objektbezogen festgelegt sein, welche Lüftungsmaßnahmen zu treffen sind.
- Lüftungsmaßnahmen sind ausreichend, wenn
- der Sauerstoffgehalt 20,9 Vol.-% beträgt und damit keine Erstickungsgefahr besteht,
- die Konzentration brennbarer Gase und Dämpfe unter 10 % der unteren Explosionsgrenze (UEG) liegt,
- die Konzentration giftiger Gase und Dämpfe unterhalb der jeweiligen Arbeitsplatzgrenzwerte liegt.
- Vor dem Einsteigen und nachfolgend bei den Arbeiten kontinuierliche Messungen durchführen (siehe Arbeitshilfe Kapitel 6 "Messen").
Natürliche Lüftung:
- Natürliche Lüftung kann aufgrund der örtlichen Bedingungen ausreichend sein, wenn z.B.:
- gefährliche Atmosphäre erfahrungsgemäß nicht auftreten kann, z.B. in Regenwasserkanälen ohne Ablagerungen bzw. nach vorhergehender Hochdruckreinigung und
- vor und hinter Ein- und Ausstiegsschächten die benachbarten Schachtdeckel entfernt und der Kanal vor dem Einsteigen über eine bestimmte Zeitdauer durchlüftet wird (Bild 7.3).
- Ein Nachweis kann nur durch das Freimessen erfolgen.
- Die Lage von Schächten, die Beschaffenheit von Schachtabdeckungen und das Gefälle der Kanalstrecke und viele andere Faktoren können die natürliche Lüftung beeinflussen.
- In Pumpensümpfen und Gruben ist natürliche Lüftung in der Regel nicht ausreichend.
Bild 7.2
Technische Lüftung
- Technische Lüftung ist blasend oder saugend durchführbar.
- Eine wirksame Lüftung kann im Regelfall nur durch blasende Belüftung sichergestellt werden.
Die Ansaugstelle des Belüftungsgerätes sollte z.B. bei einem Schacht unter Beachtung der Windrichtung 5 m vom Schacht entfernt und in ca. 1,50 m Höhe angeordnet sein, um das Ansaugen ausgespülter Gase zu vermeiden.
- Technische Lüftung so lange in Betrieb halten, wie sich Beschäftigte in umschlossenen Räumen aufhalten, Gase oder Dämpfe vorhanden sind oder entstehen können.
- Zum Belüften ist die Verwendung von reinem Sauerstoff oder mit Sauerstoff angereicherter Luft nicht zulässig.
- Technische Lüftung ist ausreichend bei einem
- Luftstrom von mindestens 600 m3/Stunde und m2 in Kanälen,
- sechs- bis achtfachen Luftwechsel pro Stunde in sonstigen umschlossenen Räumen, z.B. Schächten, Pumpensümpfen und Regenbecken.
Blasende Belüftung (Bild 7.3):
- Durch Frischluftzufuhr zum Arbeitsbereich hin mit ausreichend leistungsfähigen Belüftungseinrichtungen.
- Blasende Belüftung ist einzusetzen, wenn eine Durchlüftung oder Abluft gegeben ist (z.B. Kanalisation).
- Ansaugstellen für Frischluft müssen so liegen, dass das Ansaugen von gesundheitsschädlichen Gasen und Dämpfen aus der Atmosphäre, z.B. Auspuffgasen vermieden wird.
Bild 7.3
Absaugung:
- Bei saugender Belüftung wird die schnelle Vermischung, Verdünnung und Abführung von Gasen nicht erreicht.
- Es besteht die Gefahr verstärkter Führung gesundheitsschädlicher oder explosionsgefährlicher Gase zur Arbeitsstelle hin, wenn im unmittelbaren Arbeitsbereich abgesaugt wird.
- Bei brand- und explosionsgefährlichen Stoffen nur Absaugeinrichtungen in explosionsgeschützter Ausführung verwenden.
8 Arbeiten in umschlossenen Räumen
Durch Schutzmaßnahmen beim Arbeiten in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen können Gefährdungen z.B. durch das Arbeiten selbst, durch die Arbeitsumgebung und durch Stoffe in den Räumen vermieden werden.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 8.1
Aus Unfallanzeigen:
- Beim Einsteigen in den Kanalschacht rutschte der Beschäftigte von den Steigeisen ab und stürzte ca. 6 m tief ab.
- In dem unbeleuchteten Schacht mit dem Kopf gegen ein Bauteil gestoßen.
- Der Kollege rutschte auf glattem Boden im Kanal aus und stürzte in das stark strömende Wasser.
- Nach dem Begehen des engen Kanalprofiles klagte der Beschäftigte über erhebliche Rückenbeschwerden.
- Beim Öffnen eines Schiebers in einem Mess- und Drosselschacht wurde eine tödliche Konzentration Faulgas freigesetzt, zwei Mitarbeiter kamen dabei zu Tode.
Gefährdungen:
Gefährdungen beim Arbeiten in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen entstehen insbesondere:
- durch Absturz,
- wenn keine baulichen Schutzmaßnahmen gegen Absturz vorhanden sind oder persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz nicht verwendet werden,
- wenn Steigeisen z.B. falsch eingebaut oder beschädigt sind.
- durch die Arbeitsumgebung,
- z.B. wenn Räume eng, tief und/ oder unzureichend belüftet sind,
- wenn Gefährdungen durch Betriebseinrichtungen nicht sicher ausgeschlossen werden z.B.:
- Schwallspüleinrichtungen
- Schieber
- Pumpen
- Wirbeljets
- Wehre
- durch Stoffe in gefahrdrohender Menge oder Konzentration,
die von außen eingebracht werden, z.B. durch Einleitung von Gefahrstoffen,
- die durch biologische Vorgänge entstehen, z.B. durch Gärung und Fäulnis,
- die durch chemische Reaktionen entstehen, z.B. beim Vermischen von Abwässern,
- die durch das Arbeitsverfahren entstehen, z.B. Schweißen, Schneiden, Schleifen, Feuerarbeiten oder Beschichtungsarbeiten.
- durch Ertrinken
- bei stärkerer Wasserführung.
Schutzziel:
Das Arbeiten in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen ist so zu organisieren und durchzuführen, dass Beschäftigte dabei nicht gefährdet werden (Bild 8.1).
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Regel "Steiggänge für Behälter und umschlossene Räume" (BGR/GUV-R 177)
Bild 8.2
Organisatorische Maßnahmen
Aufsichtführende:
- Durch Dienst-/Betriebsanweisung ist für Arbeiten in umschlossenen Räumen ein zuverlässiger, mit den Gefahren vertrauter Aufsichtführender zu benennen.
Dies gilt für Arbeitsgruppen oder Kolonnen von zwei und mehr Beschäftigten.
Betriebsanweisung, Erlaubnisschein:
- Vor Beginn der Arbeiten hat der Unternehmer in Betriebsanweisungen Maßnahmen festzulegen, die ein sicheres Arbeiten gewährleisten.
Für besondere Einzelfälle hat er Erlaubnisscheine schriftlich zu erteilen.
- Betriebsanweisungen werden zumeist für längere Zeiträume bzw. unbegrenzt, Erlaubnisscheine in der Regel jedoch nur für kurze Zeiträume (z.B. für eine Schicht) erteilt.
- Erlaubnisscheine werden in der Regel erstellt, wenn besondere Gefährdungen, z.B.
- durch Öffnen von geschlossenen Systemen,
- durch das Entfernen von Abmauerungen,
- durch Zündgefahren durch Schweißen, Löten, Schleifen, Bohren und ähnlichem bestehen.
- Erlaubnisscheine sind z.B. erforderlich, wenn Schweißarbeiten zur Instandsetzung von Anlagen ausgeführt werden müssen.
- Erlaubnisscheine möglichst nur für kurze Zeiträume ausstellen, z.B. für die Dauer einer Arbeitsschicht.
- Ausnahme:
wenn bei Gefahren durch Stoffe häufig unter gleichen Bedingungen gearbeitet wird, können Erlaubnisscheine auch für längere Zeiträume erteilt oder verlängert werden.
- Hinweis:
Das abgedruckte Muster eines Erlaubnisscheines (siehe Anhang 2 in dieser Broschüre bzw. PDF-Datei auf der DVD) kann als Kopiervorlage verwendet werden.
Begehbarkeit prüfen:
- Kanäle dürfen nur begangen werden, wenn die lichte Höhe mindestens 1,0 m beträgt.
- Ausnahme:
Wenn für Kanäle mit einer lichten Höhe > 0,8 m ein Begehen aus betriebstechnischen Gründen notwendig ist und besondere Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden.
- Betriebstechnische Gründe sind z.B. Störungsbeseitigungen.
Schutzmaßnahmen bei gefährlicher Wasserführung:
- Gefährdungen durch Wasserzuführung vermeiden, z.B.:
- durch Sperrung bzw. Umleitung der Wasserzuflüsse,
- durch Absprache mit den Einleitern des Streckenabschnittes, in oder an dem die Arbeiten ausgeführt werden,
- durch Abschalten von Pumpen, Schwallspüleinrichtungen, Schiebern, Wirbeljets und Wehren die Wasser in gefährlichen Mengen in den Streckenabschnitt fördern und Sicherung gegen Wiedereinschalten,
- durch Beachtung der Wetterlage.
- Bei Einsetzen stärkerer Wasserführung oder bei einsetzendem Gewitterregen müssen Arbeiten sofort eingestellt und Kanäle verlassen werden.
- Zusätzliche Schutzmaßnahmen beim Öffnen von geschlossenen Systemen:
- Geschlossene Systeme dürfen nur geöffnet werden, wenn vorher ein Erlaubnisschein ausgestellt wurde und
- die gefährdeten Personen von der Umgebungsluft unabhängige Atemschutzgeräte tragen.
Sicheres Arbeiten in umschlossenen Räumen
- Bei Arbeiten in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen sind Arbeitsanweisungen aus Dienst-/Betriebsanweisungen oder Erlaubnisscheinen und Weisungen des Aufsichtführenden zwingend zu beachten.
- Persönliche Schutzausrüstungen nach Erfordernis und Anweisung tragen; ein Auffanggurt oder Rettungsgurt bzw. eine Rettungshose muss bei den Arbeiten immer getragen werden.
- Beim Arbeiten muss ständige Sichtverbindung mit Personen über Tage gehalten werden.
Dafür muss sich ein weiterer Kollege auf der Schachtsohle unterhalb der Einstiegsöffnung aufhalten.
Mindestens ist jedoch die Verbindung durch Zuruf aufrechtzuerhalten.
- Die Seilverbindung nach Außen darf erst abgelegt werden, wenn die Sicherheit anders gewährleistet ist, z.B. wenn ein Selbstretter mitgeführt wird.
- Bei Einsetzen stärkerer Wasserführung oder bei einsetzendem Gewitterregen die Arbeiten sofort einstellen und den Kanal verlassen.
- Bei Wassertiefen von mehr als 1,35 m und wenn Ertrinkungsgefahr besteht, muss eine Rettungsweste getragen werden.
- Solange explosionsfähige Atmosphäre durch geeignete Maßnahmen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dürfen
- Arbeiten mit Zündgefahr nicht ausgeführt werden, z.B. Schleif- und Schweißarbeiten,
- keine Betriebsmittel eingebracht werden, von denen Zündgefahren ausgehen können.
Mustererlaubnisschein
9 Rettung und Erste Hilfe
Bei einem Notfall in abwassertechnischen Anlagen müssen notwendige Maßnahmen zur Rettung und Ersten Hilfe unverzüglich, d.h. schnell und sicher eingeleitet und durchgeführt werden können.
Diese Arbeitshilfe erläutert dafür erforderliche Organisations- und Verhaltensmaßnahmen.
Bild 9.1
Aus Unfallanzeigen:
- Bei der Rettungsübung rutschten die Füße des Dreibocks auseinander.
Das umstürzende Gerät traf den Mitarbeiter unglücklich am Kopf.
- Für die Rettung des Verletzten aus dem Schacht musste der Kollege erst Hilfe holen.
Das Rettungsgerät war aufgrund der Kurzfristigkeit der Arbeiten nicht mitgenommen worden.
Gefährdungen:
Durch Schadenfälle gefährdete oder durch Unfall verletzte Beschäftigte müssen unverzüglich aus Gefahrenbereichen gerettet werden.
Eine Verschlimmerung der Unfallfolgen kann z.B. eintreten, wenn
- Rettungsmaßnahmen
- nicht schnell genug erfolgen, z.B. aufgrund mangelhafter Organisation oder fehlender Übung,
- mit ungeeigneten oder unzureichenden Rettungsausrüstungen durchgeführt werden,
- Erste Hilfe nicht oder nicht sachgerecht geleistet werden kann, z.B. wenn Ersthelfer fehlen.
Bei Rettungsmaßnahmen eingesetzte Beschäftigte sind gefährdet, wenn Rettungsausrüstungen
- ungeeignet sind,
- nicht oder nicht schnell genug verfügbar sind und z.B. zur Rettung in gefährliche Atmosphäre ohne umluftunabhängige Atemschutzgeräte eingestiegen wird.
Schutzziel:
Rettungsmaßnahmen müssen so durchgeführt werden, dass die dabei eingesetzten Beschäftigten nicht gefährdet werden.
Durch wirksame Erste-Hilfe-Maßnahmen muss sichergestellt sein, dass Verletzte unverzüglich versorgt und ggf. der ärztlichen Versorgung zugeführt werden (Bild 9.1)
Bild 9.2
Weitere Informationen:
- Unfallverhütungsvorschrift "Abwassertechnische Anlagen" (BGV/GUV-V C5)
- Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1)
- Regel "Sicherheitsregeln für Arbeiten in umschlossenen Räumen von abwassertechnischen Anlagen" (BGR/GUV-R 126)
- Information "Anleitung zur Ersten Hilfe bei Unfällen" (BGI/GUV-I 510-1)
- als Aushang für Betriebsstätten
- Information "Anleitung zur Ersten Hilfe bei Unfällen" (BGI 510-3)
- als Registerausführung für Fahrzeuge und Betriebsstätten
- Siehe auch Film "Retten eines Kollegen aus der Kanalisation" der BG Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (auf beiliegender DVD).
Organisatorische Maßnahmen
Schnelle und sichere Rettung:
- Arbeitsgruppen und Kolonnen müssen bei Notfällen Rettungsmaßnahmen selbstständig einleiten und durchführen können (Bild 9.2).
- Notrufe sofort über Funk oder Telefon absetzen.
- Notrufnummern für Rettungsdienst und Feuerwehr müssen in den Fahrzeugen an ortsveränderlichen Arbeitsstätten gut sichtbar angebracht sein.
Zusätzlich müssen sie aus mitzuführenden Alarmplänen und Anleitungen zur Ersten Hilfe bei Unfällen hervorgehen.
- Über die bei Unfällen zu treffenden Maßnahmen müssen Beschäftigte mindestens jährlich, mündlich und arbeitsplatzbezogen unterwiesen werden.
Bild 9.3
Hinweis:
Jede Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied.
Die Ausbildung in Erster Hilfe soll dazu beitragen, die ersten zwei Glieder der Rettungskette zu stärken.
Ersthelfer:
- Die Zusammensetzung einer Kolonne ist auf den Notfall abzustimmen.
- Bei einer Kolonne von zwei oder mehr Beschäftigten muss außerhalb umschlossener Räume mindestens ein Ersthelfer zur Verfügung stehen.
- Ersthelfer müssen in einem acht Doppelstunden umfassenden Erste-Hilfe-Lehrgang ausgebildet sein.
- Regelmäßige Fortbildung durch Teilnahme an einem vier Doppelstunden umfassenden Erste-Hilfe-Training mindestens alle zwei Jahre.
Rettungsausrüstung:
- Beim Einsteigen oder Arbeiten in umschlossene Räume von abwassertechnischen Anlagen muss für jede Kolonne geeignete Rettungsausrüstung in betriebsicherem Zustand vor Ort zur Verfügung stehen.
- Die Zusammenstellung der Rettungsausrüstung muss sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben.
- Geeignete Rettungsausrüstungen sind z.B.:
- ein frei tragbares, von der Umgebungsatmosphäre unabhängig wirkendes Atemschutzgerät das für die Fremdrettung von Personen und für Arbeitseinsätze geeignet ist, z.B. Regenerationsgerät oder Pressluftatmer,
- PSA zum Retten, z.B. mit einem Höhensicherungs-Rettungshubgerät,
- eine betriebsfertige explosionsgeschützte Handleuchte,
- ein Verbandskasten DIN 13157 "Erste-Hilfe-Material; Verbandskasten C",
- ein Feuerlöscher,
- ggf. eine Rettungsweste nach DIN EN 399 "Rettungswesten und Schwimmhilfen; Rettungswesten 275 N" mit einem Auftrieb von 275 Newton zum Schutz gegen Ertrinken.
Verhalten bei Notfällen
- Bei Notfällen in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen müssen in Not geratene oder durch Unfall verletzte Kollegen schnell und sicher gerettet werden.
- Rettungsmaßnahmen nach Weisung des Aufsichtführenden der Kolonne oder selbstständig einleiten.
Notruf:
- Sofort Notruf gemäß Dienst-/Betriebsanweisung an Rettungsdienst, Feuerwehr oder Betriebszentrale mittels Telefon oder Funk absetzen.
Notfall kurz und umfassend beschreiben.
Zum Notruf gehört:
- die Unfallart mit der Anzahl der Verletzten, z.B. "Zwei Kollegen im Kanal bewusstlos",
- die Unfallursache, z.B. "Gas im Kanal",
- der Unfallort, z.B. Straße und Hausnummer, ggf. Anfahrtsweg beschreiben.
- Rettungskräfte einweisen.
Rettungsgeräte:
Bei der Rettung von Kollegen mittels Abseil- und Rettungshubgerät muss
- dieses mindestens von einem an der Einstiegstelle stehenden Kollegen bedient werden können,
- während des Anhebens der zu rettende Kollege beobachtet werden.
Erste Hilfe:
Nach der Rettung soweit erforderlich Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführen.
Bild 9.4
Bild 9.5
Rettungsübungen
- Erforderliche Maßnahmen zur Rettung aus umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen müssen in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal jährlich, praxisnah geübt werden (Bild 9.5).
- Rettungsübungen sollten aus zweckmäßigen Gründen die ebenfalls erforderlichen Atemschutzübungen beinhalten (siehe hierzu Arbeitshilfe Kapitel 4 "Atemschutz").
- Soweit Übungsgeräte vorhanden sind, kann auch hiermit praxisnah geübt werden.
- Außerbetriebliche Rettungskräfte z.B. die örtliche Feuerwehr an der Übung beteiligen.
Übungsvorbereitung:
- Übungen auf die betriebliche Situation und Kolonnenstärke abstellen.
- Einteilung der Kolonne vornehmen.
- Ersthelfer und Atemschutzgeräteträger auswählen.
- Übungsablauf erklären, ggf. Stichwort zur Erklärung des Notfalles festlegen, z.B. "Gas im Kanal - ein Kollege ohnmächtig".
- Alle für das Einsteigen erforderlichen Schutzmaßnahmen durchführen, z.B. Lüftung und Kontrollmessung.
- Abseil- und Hubrettungsgerät oberhalb der Einstiegstelle in Stellung bringen, dabei
- Dreibock gegen Verschieben und Auseinandergleiten der Füße sichern,
- Fahrzeug gegen Bewegung sichern, wenn ein am Fahrzeug schwenkbar angebrachter Kranarm eingesetzt wird.
- Rettungsausrüstung in Nähe der Einstiegstelle bereitstellen.
- Persönliche Schutzausrüstungen kontrollieren.
- Die Handhabung der Seilsicherung und Durchführung der Sichtverbindung festlegen.
Übungsdurchführung:
- Beschäftigte einsteigen lassen.
- Den Notfall erklären.
- Notrufe simulieren lassen.
- Atemschutzgeräteträger einsteigen lassen.
- Der in Not geratene Beschäftigte wird mittels Rettungshubgerät gerettet.
- Die Übung wird abschließend besprochen und ggf. in geänderter Besetzung wiederholt.
Bild 9.6