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BGI/GUV-I 8665 / DGUV Information 213-045 - Tätigkeiten mit PCB-haltigen Produkten
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information
(Ausgabe 04/2014)
Diese Information wurde vom Sachgebiet "Gefahrstoffe" des Fachbereichs "Rohstoffe und chemische Industrie" der DGUV erarbeitet von:
Frau Dr. Adam (BG HM), Frau Böckler (BG ETEM), Frau Bonner (BG Bau), Herr Dr. Kellner (DGUV), Herr Meyer (UK PT), Herr Tigges (BG ETEM), Herr von der Heyden (DGUV), Herr Dr. Zschiesche (BG ETEM)
Vorbemerkung
Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden seit den 1920er Jahren weltweit hergestellt. Sie wurden in geschlossenen Systemen, u.a. als Isolierflüssigkeiten in Transformatoren und Kondensatoren, oder in offenen Systemen, z.B. als Zusätze in dauerelastischen Fugenmassen oder Farben und Lacken, eingesetzt. Sie sind heute ubiquitär verbreitet, auch wenn sie nicht mehr hergestellt und verwendet werden dürfen.
PCB sind lipophil und lagern sich daher nach einer Aufnahme im Fettgewebe an. Insbesondere die höher chlorierten PCB werden extrem langsam abgebaut und ausgeschieden. Daher kann bei fast jedem älteren Menschen PCB im Körper nachgewiesen werden. Die chronische Toxizität und die Kanzerogenität hängen ebenfalls vom Chlorgehalt ab. Einigen PCB werden sogar dioxinähnliche Eigenschaften zugeschrieben.
Seit 1989 dürfen PCB in Deutschland nicht mehr hergestellt und in Verkehr gebracht werden. Es sind jedoch noch PCB-haltige Produkte und Geräte im Umlauf, die einer ordnungsgemäßen Entsorgung zugeführt werden müssen.
1 Anwendungsbereich
Diese Information gilt für Tätigkeiten mit PCB-haltigen Gemischen, Erzeugnissen und Bauteilen oder in PCB-kontaminierten Arbeitsbereichen.
2 Begriffsbestimmungen
Polychlorierte Biphenyle (PCB) im Sinne dieser Information sind analog der Chemikalienverbotsverordnung (ChemVerbotsV) solche mit mindestens drei Chloratomen. Weitere Informationen zu PCB sind im Anhang 2 zusammengestellt.
PCB-haltig im Sinne dieser Information sind Gemische, Erzeugnisse oder Bauteile mit Gehalten von mehr als 50 mg/kg (ppm) an PCB. In der Folge wird der Einfachheit halber nur noch der Begriff "PCB-haltige Erzeugnisse" verwendet. Er gilt synonym auch für PCB-haltige Gemische und Bauteile.
Leit-Kongenere sind PCB 28, 52, 101, 138, 153, 180 entsprechend der Ballschmiter-Nomenklatur, wobei die ersten drei eher leicht flüchtig sind, während PCB 138, 153 und 180 schwerer flüchtig sind. Die chemischen Formeln sind in Anhang 2 wiedergegeben.
Koplanare PCB im Sinne dieser Information sind polychlorierte Biphenyle mit einer koplanaren räumlichen Anordnung. Diese koplanaren PCB werden auch als dioxinähnliche PCB (DL-PCB) bezeichnet. Als Leitkomponente für die DL-PCB wird PCB 118 verwendet, auch wenn es einen sehr niedrigen Toxizitäts-Äquivalent-Faktor (TEF) aufweist.
3 Eigenschaften und Verwendung von PCB
Reine PCB sind kristalline Feststoffe. Sie sind thermisch und chemisch sehr stabil, auch gegenüber Licht, oxidieren nicht, greifen Metalle nicht an und sind schwer entflammbar. Sie besitzen gute elektrisch isolierende sowie wärmeleitende Eigenschaften, die sie als Dielektrika und Wärmeübertragungsflüssigkeiten für die Elektrotechnik interessant machten und weich machende Eigenschaften auf viele Kunststoffe (u.a. PVC), weshalb sie in vielen Bauprodukten verwendet wurden (z.B. Fugenmassen). Ihre geringe Wasserlöslichkeit nimmt mit zunehmendem Chlorierungsgrad weiter ab, gleichzeitig nimmt ihre Löslichkeit in Fetten (Lipophilie) und Kohlenwasserstoffen zu. Technische Produkte sind ölige, klare, farblose bis leicht gelbliche, fast geruchlose Flüssigkeiten. Sie bestehen aus Gemischen von bis zu 60 bis 80 Kongeneren (siehe Anhang 2).
Gemische mit PCB wurden sowohl in geschlossenen als auch in offenen Systemen eingesetzt.
Verwendung in geschlossenen Systemen
In geschlossenen Systemen wurden PCB als elektrischer Isolator in Kühlflüssigkeiten von Transformatoren, als Isoliermittel in Kondensatoren (z.B. in Leuchtstofflampen) sowie als Hydraulikflüssigkeit im Untertagebergbau eingesetzt. Auch aus geschlossenen Systemen können durch Leckagen PCB freigesetzt werden.
Verwendung in offenen Systemen
Im Baubereich wurden PCB meist in offenen Systemen verwendet, die in direktem Kontakt mit der Raumluft stehen. PCB wurden den Produkten als Weichmacher oder Flammschutzmittel zugesetzt. Typische Einsatzbereiche von PCB im Baubereich waren:
Neben den Primärquellen werden in PCB-belasteten Gebäuden auch Sekundärquellen angetroffen. Diese Materialien enthalten produktionsbedingt keine PCB. Sie nehmen PCB aus der Raumluft oder durch den unmittelbaren Kontakt zu Primärquellen auf und geben diese wieder an die Raumluft ab. Auch nach der vollständigen Entfernung der Primärquellen können Sekundärquellen für eine bleibende Raumluftbelastung sorgen. Relevante Sekundärquellen sind Materialien mit PCB adsorbierenden Eigenschaften (z.B. Kunststoffe, Lacke, Staub) und großer Oberfläche (z.B. Fußbodenbeläge, Wand- und Deckenanstriche). Mineralische Stoffe wie Beton, Estrich oder Gips nehmen nur wenig PCB auf und weisen dadurch nur geringe Sekundärkontaminationen auf.
4 Aufnahme und Wirkungen
PCB können sowohl über die Atemwege (inhalativ) als auch über die Haut (dermal) und den Magen-Darmtrakt (oral) in den Organismus aufgenommen werden. Am Arbeitsplatz werden PCB vor allem über die Atemwege und die Haut aufgenommen.
Neben einer möglichen beruflichen Exposition erfolgt eine Aufnahme über die Nahrung. Höherchlorierte PCB finden sich vor allem in tierischen Nahrungsmitteln, insbesondere in fettreichen Produkten wie Meeresfrüchten (insbesondere fettreiche Speisefische), Fleisch, Milch, Milchprodukten und Eiern. Infolge ihrer sehr guten Fettlöslichkeit reichern sich PCB insbesondere im Körperfett, dem Blutfett, dem Nervengewebe einschließlich des Gehirns, darüber hinaus auch in der Leber und der Haut an. Höherchlorierte PCB werden in höherem Maße und länger im Körper gespeichert als niedrigchlorierte PCB.
Die Ausscheidung von PCB erfolgt auf verschiedenen Wegen über die Galle und den Stuhlgang sowie teilweise über wasserlösliche Stoffwechselprodukte mit dem Harn. Hierbei ist die biologische Halbwertszeit unter anderem von der Höhe und Dauer der Exposition abhängig.
Grundsätzlich werden höherchlorierte PCB langsamer verstoffwechselt und ausgeschieden als niedrigchlorierte. Höherchlorierte PCB weisen biologische Halbwertszeiten im Bereich von Monaten bis zu Jahren, niedrigchlorierte PCB zwischen Wochen und wenigen Jahren auf.
Akute Wirkungen von PCB werden auf Grund der geringen akuten Toxizität selten gefunden. Es wird daher im Folgenden vor allem auf chronische Effekte eingegangen. Nach einer Exposition über längere Zeit können vor allem Chlorakne, Pigmentstörungen der Haut, Schilddrüsenunterfunktion oder Leberschäden auftreten.
Gesicherte Erkenntnisse zu einer Krebs erzeugenden Wirkung beim Menschen liegen derzeit nicht vor. Aufgrund toxikologischer Untersuchungsergebnisse wird von den höherchlorierten und koplanaren PCB eine tumorfördernde Wirkung angenommen. Von den niedrigchlorierten PCB liegen Ergebnisse vor, die darüber hinaus auf eine direkte Erbgut schädigende (genotoxische) und somit möglicherweise direkte Krebs erzeugende Wirkung hinweisen. Ebenso liegen toxikologische Ergebnisse vor, die eine fruchtschädigende Wirkung (Verzögerung in der frühkindlichen Entwicklung) sowie eine Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit (Störung des Sexualhormonhaushaltes sowohl von Frauen als auch von Männern) beschreiben.
Neben der Haut stellt insbesondere die Schilddrüse offensichtlich ein besonders häufig, auch schon bei vergleichsweise geringen PCB-Belastungen betroffenes Zielorgan dar. Sowohl im Tierversuch als auch in Untersuchungen am Menschen werden gehäuft Auffälligkeiten, insbesondere im Sinne einer Schilddrüsenunterfunktion und eines Nachweises von Antikörpern gegen Schilddrüsengewebe berichtet.
Weitere Informationen, insbesondere für den Betriebsarzt, enthalten die Anhänge 3 und 4.
5 Rechtliche Anforderungen
Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über persistente Schadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 79/117/EWG (POP-Verordnung)
Nach Artikel 3 Abs. 1 der sogenannten POP-Verordnung ist die Herstellung, das Inverkehrbringen von PCB, in Zubereitungen oder als Bestandteile von Artikeln verboten. Artikel, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung (20. Mai 2004) bereits verwendet wurden, dürfen jedoch weiter verwendet werden.
Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV)
Nach der Gefahrstoffverordnung mussten über die POP-Verordnung hinaus in der Vergangenheit die meisten PCB-haltigen Erzeugnisse auch vor dem Ende ihrer möglichen Nutzungsdauer entsorgt werden. PCB-haltige Erzeugnisse, die nach derzeitigem Rechtsstand weiterhin bis zum möglichen Nutzungsende verwendet werden dürfen, sind Bauteile mit bis zu 100 ml PCB-haltiger Flüssigkeit (z.B. Starterkondensatoren für Leuchtstofflampen).
Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien- Verbotsverordnung - ChemVerbotsV)
Nach dem Anhang zu § 1, Abschnitt 13 Chem-VerbotsV dürfen PCB sowie Zubereitungen und Erzeugnisse mit mehr als 50 ppm PCB nicht in den Verkehr gebracht werden.
Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle und halogenierter Monomethyldiphenylmethane (Artikel 1 der Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle sowie halogenierter Monomethyldiphenylmethane und zur Änderung chemikalienrechtlicher Vorschriften) (PCB/PCT-Abfallverordnung - PCBAbfallV)
Nach der PCB/PCT-Abfallverordnung müssen PCB-haltige Abfälle unverzüglich beseitigt werden. Transformatoren mit PCB-haltigen Dielektrika sind zu entleeren. Die metallischen Bestandteile der Transformatoren sind so zu behandeln, dass eine schadlose und ordnungsgemäße Verwertung möglich ist. Aus anderen Erzeugnissen, insbesondere Geräten der Informationstechnik und Bürokommunikation, elektrischen Geräten und Leuchtstofflampen, sind soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar, PCB-haltige Bauteile zu entfernen. Beim Entstehen von Bauabfällen müssen gemäß § 2 Abs. 3 PCB/PCT-Abfallverordnung PCB-haltige Fraktionen entfernt und getrennt als gefährlicher Abfall beseitigt werden, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.
TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe"
Nach der TRGS 905 erfolgt für PCB eine nationale Einstufung als K 3 - krebserzeugend Kategorie 3, RE 2 - fruchtschädigend Kategorie 2, RF 2 - Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit Kategorie 2 und H - hautresorptiv.
TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte"
Für PCB existieren derzeit Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) von 0,7 mg/m3 bzw. 0,05 ppm (54 % Chlorgehalt) und 1,1 mg/m3 bzw. 0,1 ppm (42 % Chlorgehalt). Ein Risiko der Fruchtschädigung kann auch bei Einhaltung des AGW nicht ausgeschlossen werden. Unabhängig von einer Einhaltung des AGW gilt immer das Minimierungsgebot der Gefahrstoffverordnung.
Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (MAK-Kommission) hat in ihrer MAK- und BAT-Werte-Liste 2012 (Mitteilung 48) den MAK-Wert für höherchlorierte (mit mehr als 3 Chloratomen) PCB auf 0,003 mg/m3 im einatembaren Staubanteil festgelegt und diese Gruppe von PCB-Kongeneren in "krebserzeugend - Kategorie 4" (im Wesentlichen nicht-genotoxische Effekte; bei Einhaltung des MAK-Wertes kein Beitrag zum Krebsrisiko des Menschen zu erwarten) sowie in die Kategorie 5 der keimzellmutagenen Stoffe eingestuft. Die Einstufung in die Gruppe B für die Schwangerschaft bleibt unverändert. Für niedrigchlorierte PCB (Mono-, Di-, Trichlorierte Biphenyle) wurde der bisherige MAK-Wert sowie die Einstufung in die Schwangerschaftsgruppe B aufgehoben. Diese Stoffgruppe wurde jetzt neu in die Kategorie 3A für keimzellmutagene Stoffe eingestuft. Die Bekanntmachungen in der MAK-Werte-Liste sind nicht rechtsverbindlich, können aber im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden.
TRGS 903 "Biologische Grenzwerte"
Ein Biologischer Grenzwert (BGW) nach TRGS 903 liegt nicht vor. Stattdessen werden für PCB hilfsweise Referenzwerte zur Beurteilung einer gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöhten Belastung herangezogen, siehe Anhang 3.
TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen"
Bei der Sanierung PCB-belasteter Gebäude ist die TRGS 524 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen" anzuwenden. Diese beschreibt die Methodik zur Gefährdungsbeurteilung und formuliert Grundanforderungen an die Auswahl der Schutzmaßnahmen.
Gemäß TRGS 524 ist bereits vom Auftraggeber ein Arbeits- und Sicherheitsplan zu erstellen, der auch Sanierungsmethode, Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufe und erforderliche Schutzmaßnahmen beschreibt.
Der Arbeits- und Sicherheitsplan bildet die Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung des ausführenden Unternehmens. Die Gefährdungsbeurteilung ist von einer "fachkundigen" Person zu erstellen. Auch die Erstellung des Arbeits- und Sicherheitsplans und die Koordinierung der Arbeiten erfordern diese Fachkunde. Die Fachkundeanforderungen ergeben sich aus der Anlage 2 der TRGS 524.
Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCB-Richtlinie)
Die Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden (PCB-Richtlinie), Fassung 1994, der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder (ARGEBAU) gibt Hinweise zur Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden. In der PCB-Richtlinie werden folgende Richtwerte für die Bewertung der Raumluftkonzentration genannt:
Die Sanierungsmaßnahmen haben das Ziel, die PCB-Raumluftkonzentrationen dauerhaft unter 300 ng PCB/m3 zu senken.
Sanierungsmethoden sind das Entfernen, die räumliche Trennung oder das Beschichten der PCB-haltigen Bauteile.
Bei Raumluftkonzentrationen oberhalb 3000 ng/m3 wird empfohlen, bis zur Sanierungsmaßnahme die Räume mit einer Zwangslüftung auszustatten.
Mitteilung der Adhoc-Arbeitsgruppe der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes und der obersten Landesgesundheitsbehörden (AG KIRL/AOLG)
Nach Empfehlung der Adhoc-Arbeitsgruppe der Kommission Innenraumlufthygiene und der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden (AG KIRL/AOLG) aus dem Jahr 2007 soll zur Bewertung dioxinähnlicher PCB in bestimmten Fällen zusätzlich auch PCB 118 herangezogen werden. Falls Deckenplatten oder Anstriche mit höherchlorierten PCB (Clophen-A-50 oder Clophen-A-60) vorhanden sind oder wenn keine genaueren Kenntnisse zum Chlorierungsgrad vorliegen, werden zunächst wieder die Gesamt-PCB entsprechend der PCB-Richtlinie betrachtet. Liegen sie über 1000 ng/m3, soll zusätzlich die PCB 118-Konzentration herangezogen werden, die einen Orientierungswert von 10 ng/m3 einhalten sollte. Bei einem Überschreiten dieses Wertes sind expositionsmindernde Maßnahmen und Kontrollmessungen durchzuführen.
6 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung
Für Tätigkeiten mit PCB hat der Unternehmer die bestehende Gefährdung der Beschäftigten zu ermitteln und aufgrund der Gefährdungsbeurteilung das anzuwendende Arbeitsverfahren und die zu beachtenden Schutzmaßnahmen festzulegen (§ 6 GefStoffV). Dabei sind die inhalative, dermale und orale Aufnahme zu berücksichtigen.
Beispielsweise ist bei der Gebäudesanierung die inhalative Exposition hauptsächlich durch PCB-haltige Stäube gegeben. Diese können beim Entfernen der Materialien entstehen oder durch "Liegestäube" freigesetzt werden.
Arbeitsverfahren, die zu einem unmittelbaren Hautkontakt oder zur Freisetzung von PCB-haltigen Dämpfen oder Stäuben führen, sollten vermieden werden. Bei der Annahme von Aufträgen sind zur Ermittlung der Gefährdung die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Informationen und Unterlagen zu berücksichtigen. Der Auftraggeber/Arbeitgeber hat den Auftragnehmer über Gefahrenquellen und spezifische Gefahrenquellen zu informieren.
Siehe hierzu auch § 5 Abs. 3 der UVV "Grundsätze der Prävention" (BGV/GUV-V A1), § 15 Abs. 1 Gefahrstoffverordnung, TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen" und Regel "Kontaminierte Bereiche" (BGR 128).
Die Beschäftigten dürfen die Arbeiten erst aufnehmen, nachdem die Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden.
Zur Gefährdungsbeurteilung siehe auch TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" , TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen" und TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen".Für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) sowie bei Umbaumaßnahmen in PCB-belasteten Bereichen siehe auch TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen".
Die Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren. In der Dokumentation sind insbesondere die am Arbeitsplatz auftretenden Gefährdungen und die durchzuführenden Maßnahmen anzugeben. Die Wirksamkeit der Maßnahmen ist regelmäßig zu überprüfen.
Hilfestellungen, die zur Gefährdungsbeurteilung verwendet werden können, sind im Abschnitt 10 "Zusätzliche Hinweise zu Schutzmaßnahmen bei ausgewählten Tätigkeiten und Anwendungsbereichen" aufgeführt.
Für die Bewertung der Gefährdung durch PCB-belastete Baustoffe und Bauteile in Gebäuden werden die Leit-Kongenere in der Raumluft nach VDI 4300 Blatt 2 bestimmt und daraus nach dem LAGA-Verfahren eine Gesamt-Belastung ermittelt. Bei einer Gesamt-Belastung nach LAGA (Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall) oberhalb 1000 ng PCB/m3 wird zusätzlich PCB 118 in der Raumluft bestimmt, sofern höherchlorierte PCB die Kontamination verursachen.
Feststellung des Sanierungsbedarfs und Verhaltensregeln für den Aufenthalt in PCB-belasteten Räumen:
7 Technische Schutzmaßnahmen
Bei der Entsorgung von PCB, PCB-haltigen Zubereitungen, Erzeugnissen oder Bauteilen und der Sanierung von PCB-haltigen Bauprodukten ist eine Substitution des Gefahrstoffes nicht möglich. Daher sind gemäß Gefahrstoffverordnung vorrangig technische Schutzmaßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung der Gefährdung einzusetzen. Durch diese technischen Maßnahmen soll der Hautkontakt vermieden und die Luft frei von Dämpfen, Aerosolen oder Stäuben gehalten werden. Dies kann durch den Einsatz geschlossener Systeme und Anlagen erreicht werden. Dort wo aufgrund der Arbeitssituation geschlossene Anlagen nicht möglich sind, ist eine Erfassung der Dämpfe oder PCB-belasteter Stäube durch lokale Absaugung oder technische Lüftung erforderlich. Bei Einsatz einer technischen Lüftung ist zu gewährleisten, dass der Arbeitsbereich ausreichend durchlüftet ist.
Eine ausreichende Durchlüftung liegt in der Regel vor, wenn im Arbeitsbereich ein mindestens fünffacher Luftwechsel pro Stunde erreicht und der Arbeitsbereich gleichmäßig durchlüftet wird.
Muss der Arbeitsbereich durch eine staubdichte Abschottung abgegrenzt werden, muss durch die technische Lüftung ein Unterdruck im Arbeitsbereich aufgebaut werden. Die dabei eingesetzten Verfahren müssen dem Stand der Technik entsprechen.
Siehe hierzu Regel "Arbeitsplatzlüftung - Lufttechnische Maßnahmen" (BGR 121) und Information "Arbeitsplatzlüftung - Entscheidungshilfen für die betriebliche Praxis (BGI 5121).
Beispiele für technische Schutzmaßnahmen sind:
Die Wirksamkeit lufttechnischer Einrichtungen ist mindestens jährlich hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit zu prüfen.
8 Organisatorische Schutzmaßnahmen
8.1 Beschäftigungsbeschränkungen
Besondere Vorsicht ist bei Schwangeren und stillenden Müttern geboten. Für Schwangere besteht wegen der bestehenden Embryotoxizität und des Verdachts auf eine tumorfördernde bzw. kanzerogene Wirkung von PCB-Kongeneren ein Beschäftigungsverbot. Für stillende Mütter besteht ein Beschäftigungsverbot, wenn der Arbeitsplatzgrenzwert überschritten ist.
Siehe hierzu Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz.
Des Weiteren bestehen Beschäftigungsbeschränkungen für Jugendliche (bis 18 Jahren). Grundsätzlich dürfen Jugendliche schädlichen Einwirkungen von Gefahrstoffen nur dann ausgesetzt werden, wenn dies zur Erreichung ihres Ausbildungsziels erforderlich ist, ihr Schutz durch die Aufsicht eines Fachkundigen gewährleistet ist und der Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten wird.
In der Regel sind damit Tätigkeiten im Anwendungsbereich dieser Information für Jugendliche nur dann möglich, wenn dies unabdingbarer Teil ihrer Berufsausbildung ist.
Siehe hierzu auch § 22 Abs. 2 Jugendarbeitsschutzgesetz.
8.2 Fachkundige Person
Fachkundige Personen sind solche, die aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung oder Erfahrung ausreichende Kenntnisse über Tätigkeiten mit Gefahrstoffen haben und mit den Vorschriften soweit vertraut sind, dass sie die Arbeitsbedingungen vor Beginn der Tätigkeit beurteilen und die festgelegten Schutzmaßnahmen bei der Ausführung der Tätigkeiten bewerten oder überprüfen können.
Siehe hierzu Nummer 3.1 Abs. 6 TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen".
Die Sanierung von PCB-haltigen Baustoffen oder Bauteilen in kontaminierten Bereichen darf nur von fachkundigen Personen nach TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen" ausgeführt werden. Die Anforderungen an die Fachkunde werden in den Anlagen 2A und 2B "Fachkunde für Tätigkeiten mit Gebäudeschadstoffen" der TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen" beschrieben. Die nach den Anhängen 6A oder 6B der Regel "Kontaminierte Bereiche" (BGR 128) erworbene Sachkunde erfüllt die Fachkundeanforderungen nach TRGS 524, Anlagen 2A oder 2B.
8.3 Betriebsanweisung
Der Arbeitgeber hat eine Betriebsanweisung zu erstellen, in der die bei Tätigkeiten mit PCB-haltigen Erzeugnissen auftretenden Gefahren für Mensch und Umwelt sowie die erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln festgelegt werden. Auf die sachgerechte Entsorgung entstehender gefährlicher Abfälle ist hinzuweisen. Die Betriebsanweisung ist in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abzufassen und an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekanntzumachen. In der Betriebsanweisung sind auch Anweisungen über das Verhalten im Gefahrfall (Undichtheiten mit Austritt von Elektroisolierflüssigkeiten, Brände, bei denen möglicherweise polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane (PCDD, PCDF) auftreten können) und über die Erste Hilfe zu treffen.
Eine Musterbetriebsanweisung für die Demontage von Langfeldleuchten mit PCB-haltigen oder alten (unbekannten) Kondensatoren enthält Anhang 6.
8.4 Unterweisung und arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung
Arbeitnehmer, die bei ihrer Tätigkeit mit PCB in Berührung kommen, müssen anhand der Betriebsanweisung über auftretende Gefahren sowie über Schutzmaßnahmen und richtiges Verhalten unterrichtet werden. Arbeitnehmerinnen in gebärfähigem Alter sind zusätzlich über die für werdende und stillende Mütter möglichen Gefahren und Beschäftigungsbeschränkungen zu unterrichten.
Die Unterweisung muss vor der Beschäftigung und danach mindestens einmal jährlich mündlich und arbeitsplatzbezogen erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.
Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass im Rahmen der Unterweisung eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung durchgeführt wird. Dabei sind die Beschäftigten über die mit der Tätigkeit verbundenen Gesundheitsgefährdungen aufzuklären und auf arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen hinzuweisen.
Art, Inhalt und Umfang der arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung soll der Arbeitgeber mit dem Betriebsarzt abstimmen.
Bei kurzzeitigen oder gelegentlichen Tätigkeiten mit PCB-haltigen Erzeugnissen kann diese Beratung im Rahmen der Unterweisung durch den Arbeitgeber selbst oder durch einen von ihm Beauftragten, der über die notwendigen Sachkenntnisse verfügt, durchgeführt werden
Bei längerfristigen Tätigkeiten mit PCB-haltigen Erzeugnissen oder Aufenthalt in PCB kontaminierten Arbeitsbereichen ist die arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung unter Beteiligung des zuständigen Betriebsarztes durchzuführen.
Weitere Informationen zur arbeitsmedizinisch-toxikologischen Beratung finden sich in der Nummer 4 der TRGS 555 "Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten" und im Anhang 4 dieser Information.
8.5 Verzeichnis der Beschäftigten
Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass bei den Tätigkeiten mit PCB-haltigen Erzeugnissen Gefährdungen der Gesundheit oder der Sicherheit der Beschäftigten bestehen, sind die Beschäftigten in einem Verzeichnis aufzuführen.
Dieses Verzeichnis muss die Tätigkeiten und Angaben zur Höhe und Dauer der Exposition gegenüber PCB-haltigen Erzeugnissen enthalten. Es ist 40 Jahre nach Ende der Exposition aufzubewahren. Wird das Beschäftigungsverhältnis beendet, ist dem Beschäftigten ein Auszug mit den ihn betreffenden Angaben auszuhändigen und ein Nachweis hierüber wie Personalunterlagen aufzubewahren.
8.6 Hygienische Maßnahmen
Nach Kontakt mit PCB-haltigen Flüssigkeiten sind die betroffenen Hautstellen mit Wasser und Hautreinigungsmitteln zu reinigen. Diese sollen in Abstimmung mit dem Betriebsarzt oder der Fachkraft für Arbeitssicherheit ausgewählt werden. Sie sollen geeignet sein, fettlösliche Stoffe gut aufzunehmen und zuverlässig von der Haut zu entfernen, ohne die Haut dabei zu schädigen. Verunreinigte Arbeitskleidung ist unverzüglich zu wechseln.
Am Arbeitsplatz ist das Essen, Trinken, Rauchen sowie das Aufbewahren von Lebensmitteln und Tabakerzeugnissen verboten. Für Pausen ist der Arbeitsplatz zu verlassen. Schutzkleidung ist abzulegen und eine Handreinigung mit Wasser und geeigneten Hautreinigungsmitteln vorzunehmen. Die Nahrungsaufnahme hat in einem PCB-freien Pausenraum zu erfolgen.
Arbeits- und Schutzkleidung müssen getrennt von der Straßenkleidung aufbewahrt werden. Durch PCB verunreinigte Arbeits- und Schutzkleidung dürfen erst nach fachgerechter Reinigung wieder benutzt werden.
PCB lassen sich nach derzeitigem Kenntnisstand durch Reinigen in der chemischen Reinigung mit Tetrachlorethen (Perchlorethylen) entfernen. Durch Waschen in der Waschmaschine sind PCB nur schwer aus der Arbeitskleidung zu entfernen. Arbeits- und Schutzkleidung dürfen nicht mit nach Hause genommen werden, um eine Verschleppung von PCB auch in den privaten Bereich und eine Übertragung auf Angehörige zu vermeiden.
Können PCB-verunreinigte Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstungen nicht wirksam gereinigt werden, sind diese fachgerecht zu entsorgen. Persönliche Schutzausrüstungen sind durch den Arbeitgeber zu ersetzen.
Nach jeder Arbeitsschicht mit einer möglichen Kontamination von Arbeitskleidung oder der Haut ist eine gründliche Körperreinigung mit Wasser und Hautreinigungsmitteln durchzuführen.
8.7 Erste Hilfe
Nach Kontakt von PCB-haltigen Flüssigkeiten (z.B. Elektroisolierflüssigkeiten) mit den Augen sind diese sofort mit viel Wasser zu spülen (mindestens 10 Minuten), danach ist unverzüglich ein Augenarzt oder der Betriebsarzt aufzusuchen.
Bei Kontamination der Haut mit PCB-haltigen Flüssigkeiten sind die hygienischen Maßnahmen nach Abschnitt 8.6 anzuwenden und anschließend der Betriebsarzt aufzusuchen. Für den Fall des Verschluckens PCB-haltiger Flüssigkeiten ist der Mund mit Wasser auszuspülen und anschließend ein Arzt (HNO-Arzt, Betriebsarzt) aufzusuchen.
Beschäftigte an Arbeitsplätzen mit PCB-Exposition, die Erster Hilfe bedürfen, sollen den Expositionsbereich zuvor verlassen; erforderlichenfalls soll dies unter Assistenz von Ersthelfern (z.B. bei Bewusstlosigkeit) erfolgen; hierbei sollen die Ersthelfer geeignete persönliche Schutzausrüstung (Atemschutz, Handschuhe) tragen.
8.8 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Im Arbeitsschutzrecht gibt es keine Regelungen zu arbeitsmedizinischen Pflicht- oder Angebotsuntersuchungen bei PCB-Exposition. Unbenommen davon ist das Recht der Beschäftigten auf eine Wunschuntersuchung nach § 11 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Wegen des toxischen Potenzials von PCB ist in Abhängigkeit vom Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung anzuraten, Beschäftige mit einer Exposition gegenüber PCB im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu beraten und ggf. zu untersuchen. Empfehlungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge enthält Anhang 4. Es sollten entsprechende betriebliche Vereinbarungen getroffen und ggf. Untersuchungsangebote gemacht werden.
Arbeitsmedizinische Vorsorge kann darüber hinaus beim Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen (G 24) oder Atemschutz (G 26) erforderlich werden oder müssen angeboten werden.
Erfahrungsgemäß stellt die quantitative Bestimmung von PCB im Blut-Serum/Plasma (Biomonitoring) die beste Möglichkeit dar, die individuelle Belastung von Beschäftigten abzuschätzen. Damit werden alle Aufnahmewege in den Körper erfasst. Auf Grund der langen biologischen Halbwertszeit spielt der Probenahmezeitpunkt eine nachrangige Rolle. Bei den Untersuchungen sollten mindestens die Leit-Kongenere und PCB 118 in einem hierfür zertifizierten Labor analysiert werden.
Ergeben die Messergebnisse keine Überschreitung der jeweiligen Referenzwerte für die einzelnen PCB-Kongenere, ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht von einer erhöhten Gesundheitsgefährdung durch PCB bei den Beschäftigten auszugehen.
Ergeben sich Überschreitungen der Referenzwerte, so sollten im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung die in den Anhängen 3 und 4 genannten Auffälligkeiten/Symptome abgeklärt werden. Die Gefährdungsbeurteilung und insbesondere die festgelegten Schutzmaßnahmen sind zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen.
9 Persönliche Schutzausrüstung
Können die Beschäftigten im Rahmen der Tätigkeiten mit PCB-haltigen Erzeugnissen in Kontakt kommen (Einatmen, Hautkontakt), hat der Arbeitgeber geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Zur persönlichen Schutzausrüstung können - je nach Gefährdung - Chemikalienschutzhandschuhe, Atemschutz, Augenschutz und Chemikalienschutzkleidung gehören. Beim Tragen von Atemschutz ist die Tragezeitbegrenzung nach Anhang 2 der Regel "Benutzung von Atemschutzgeräten" (BGR/GUV-R 190) zu beachten. Hautschutzmittel sollen nicht angewendet werden, da die Möglichkeit besteht, dass sie die Hautgängigkeit für PCB erhöhen.
Der Arbeitgeber hat die Schutzausrüstungen in gebrauchsfähigem, hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten und erforderlichenfalls zu ersetzen. Die persönliche Schutzausrüstung ist von den Beschäftigten gemäß der Unterweisung zu benutzen.
10 Zusätzliche Hinweise zu Schutzmaßnahmen bei ausgewählten Tätigkeiten und Anwendungsbereichen
10.1 Instandhaltungsarbeiten an Transformatoren
Die PCB-Verbotsverordnung ließ für Transformatoren mit einer PCB-Konzentration bis 2000 ppm einen einmaligen Austausch des belasteten Öls durch unbelastetes Öl zu. Danach durfte eine PCB-Konzentration von 50 ppm nicht überschritten werden. Dieser Wert musste durch eine spätere Überprüfung (nach 6 Monaten) bestätigt werden.
Instandhaltungsarbeiten an derartigen Geräten können nach wie vor erforderlich sein, wobei Arbeiten mit und ohne Kontaktmöglichkeit zu Isolierflüssigkeiten anfallen. Vor der Aufnahme der Tätigkeiten ist daher sicher zu stellen, dass der Gehalt an PCB den Wert von 50 ppm unterschreitet. Dies ist durch eigene Analysenergebnisse oder durch Angaben zum PCB-Gehalt in mitgelieferten Analysenprotokollen nachzuweisen. Ergibt sich aufgrund des Analysenergebnisses, dass die Isolierflüssigkeit einen PCB-Gehalt von mehr als 50 ppm aufweist, ist der Transformator von einem zugelassenen Entsorgungsbetrieb zu entsorgen (siehe Abschnitt "Entsorgung von Transformatoren/ Kondensatoren").
Instandhaltungsarbeiten an dichten Transformatoren ohne Kontaktmöglichkeiten zu Isolierflüssigkeiten sind z.B. visuelle Kontrolle, äußerliche Reinigung der Betriebsmittel, Nachziehen von äußeren Schraubverbindungen oder Ausbesserung des Korrosionsschutzes. Für diese Tätigkeiten sind keine gesonderten Schutzmaßnahmen gegenüber der Isolierflüssigkeit erforderlich.
Instandhaltungsarbeiten mit Kontaktmöglichkeiten zu Isolierflüssigkeiten sind z.B.:
Um Hautkontakt zu vermeiden, sind zum Schutz der Beschäftigten für diese Tätigkeiten Schutzmaßnahmen gegenüber den Isolierflüssigkeiten erforderlich:
10.2 Entsorgung von Transformatoren/ Kondensatoren
Das Verwenden von PCB als solches, in Gemischen oder in Erzeugnissen ist nach Artikel 3 der POP-Verordnung verboten.
Transformatoren mit einer PCB-Konzentration von über 2000 ppm mussten bis zum 31.12.1999 endgültig fachgerecht entsorgt werden. Insbesondere erfolgte dies nach der Mitteilung 24 der LAGA, die sich mit der Entsorgung und Reinigung PCB-haltiger Transformatoren, Kondensatoren und Reststoffen befasst.
Für Transformatoren wurden entsprechende Entsorgungsverfahren sowohl von den Herstellern als auch von zumeist kleineren Entsorgungsspezialbetrieben angeboten.
Seit dem Jahr 2000 hat sich die Anzahl der Spezialbetriebe in Deutschland, die sich mit der Entsorgung von Transformatoren und Kondensatoren mit PCB-haltigen Isolierflüssigkeiten befassen, auf vereinzelte Entsorgungsfachbetriebe reduziert. Diese Betriebe müssen hierfür eine Genehmigung gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) nachweisen.
Im Genehmigungsverfahren werden die Arbeitsverfahren einschließlich der notwendigen Schutzmaßnahmen festgelegt. Im Rahmen dieser Information wird deshalb auf diese Arbeitsverfahren und Schutzmaßnahmen nicht eingegangen.
10.3 Entsorgung von PCB-haltigen Kondensatoren
Vor 1982 in Deutschland hergestellte Leistungskondensatoren enthalten in der Regel PCB. Eine einheitliche Kennzeichnung besteht nicht. PCB-haltige Kondensatoren sind im Allgemeinen auf dem Typenschild mit den Buchstabenkombinationen CD, CI, CP, CPA oder A30, A40 gekennzeichnet. Hinweise zur Kennzeichnung PCB-haltiger Kondensatoren enthält das PCB-Merkblatt des Fachverbandes Starkstromkondensatoren. Dieses Merkblatt enthält eine umfangreiche Aufstellung der in Deutschland eingesetzten Kondensatoren. Des Weiteren werden Hinweise auf Transportanforderungen und zugelassene Entsorgungsunternehmen gegeben.
Kondensatoren mit einer PCB-haltigen Isolierflüssigkeit zwischen 0,1 und 1 Liter mussten bis zum 31.12.2010 ersetzt werden. Sollten im Zuge von Instandhaltungsarbeiten dennoch derartige Kondensatoren (u.a. Anlaufkondensatoren von Motoren, Kompensation von Regelanlagen) angetroffen werden, sind diese unverzüglich zerstörungsfrei auszubauen und fachgerecht zu entsorgen.
Kleinere Kondensatoren mit einer PCB-haltigen Isolierflüssigkeit von weniger als 100 ml dürfen noch bis zur Außerbetriebnahme ohne zeitliche Befristung verwendet werden. Solche Kondensatoren finden sich insbesondere in Leuchtstofflampen oder bei speziellen Motorantrieben, z.B. in Waschmaschinen. Es wird empfohlen, diese Kondensatoren im Rahmen der regelmäßigen Prüfung und Wartung auszutauschen, soweit dies wirtschaftlich zumutbar ist.
10.3.1 Schutzmaßnahmen bei der Demontage dichter Kondensatoren
Unter Beachtung der allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen bei Arbeiten an elektrischen Anlagen ist der Kondensator zerstörungsfrei auszubauen, bruchsicher zu verpacken und einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.
Für diese Tätigkeiten sind keine gesonderten Schutzmaßnahmen gegenüber PCB-haltigen Isolierflüssigkeiten erforderlich.
10.3.2 Schutzmaßnahmen bei der Demontage undichter Kondensatoren
Bestehen Undichtheiten an Kondensatoren, ist anhand der Angaben auf dem Typenschild (Leistungsschild) zu prüfen, ob die Isolierflüssigkeit PCB-haltig ist. Ist nicht erkennbar, ob der Kondensator PCB-frei ist, ist davon auszugehen, dass dieser PCB-haltig ist. Undichte Kondensatoren sind umgehend auszubauen, flüssigkeitsdicht zu verpacken und einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Hierzu sind geeignete, stabile Transportbehälter zu verwenden. Beim Transport sind die Regelungen der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) zu beachten.
Bei diesen Tätigkeiten ist Hautkontakt zu vermeiden. Je nach Exposition und Gefährdungsbeurteilung sind folgende Schutzmaßnahmen gegenüber PCB-haltigen Isolierflüssigkeiten anzuwenden:
Ist es durch den undichten Kondensator zur Kontamination des Einbaubereiches/Einbaustelle gekommen, ist dieser Bereich mit Einwegmaterialien (z.B. Bindemittel, Putztücher) zu reinigen. Es ist zu prüfen, ob eine Sanierung nach TRGS 524 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen" durchzuführen ist. Kontaminierte Materialien (z.B. Putztücher, Papier, Bindemittel, Chemikalienschutzhandschuhe, sonstige persönliche Schutzausrüstung), die bei diesen Arbeiten anfallen, sind ebenfalls flüssigkeitsdicht zu verpacken und der fachgerechten Entsorgung zuzuführen.
10.3.3 Instandhaltungsarbeiten an Leuchtstofflampen
Bei Prüfungen nach der Unfallverhütungsvorschrift "Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV A3/GUV-V A3) oder bei Instandhaltungsarbeiten von Leuchtstofflampen ist zu prüfen, ob noch PCB-haltige Kondensatoren verbaut sind. Ist dies der Fall, wird empfohlen, diese zu ersetzen und der Entsorgung zuzuführen (siehe auch Abschnitt "Entsorgung von PCB-haltigen Kondensatoren").
10.4 Verhaltensregeln für Raumnutzer bei ausgelaufenen Kleinkondensatoren
Gängige Büroleuchten sind mit Leuchtstoffröhren ausgerüstet, die für ihre Funktion mit Kleinkondensatoren ausgerüstet sind.
An Kondensatoren können Leckagen auftreten. Dabei kann Isolierflüssigkeit austreten und auf Gegenstände oder Personen tropfen. Dies trifft ausschließlich auf ältere Leuchtstofflampen zu. Seit dem Jahr 1989 dürfen nur noch PCB-freie Kondensatoren in Beleuchtungseinrichtungen verwendet werden. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ältere Leuchten/Kondensatoren aus Lagerbeständen noch verwendet und somit bis in die 1990er Jahre PCB-haltige Kondensatoren installiert wurden.
Sofern nicht sichergestellt werden kann, dass PCB-freie Kondensatoren vorliegen, sind unverzüglich folgende Maßnahmen zu ergreifen:
Nach den vorgenannten Maßnahmen sind die für den Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb verantwortlichen Personen über dieses Ereignis zu informieren. Diese entscheiden über das weitere Vorgehen, z.B. eine Sanierung nach TRGS 524 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen." Kontaminierte Gegenstände und Arbeitsmittel wie Akten, Werkzeuge oder Computer dürfen erst dann wieder verwendet werden, wenn diese von den für den Arbeits- und Gesundheitsschutz verantwortlichen Personen freigegeben worden sind.
Speisen, Getränke und Zigaretten aus dem betroffenen Raum dürfen nicht mehr konsumiert werden.
10.5 Gebäudesanierung
In PCB-belasteten Gebäuden finden verschiedene Sanierungsverfahren Anwendung.
Für einen dauerhaften Sanierungserfolg sind die Primärquellen zu entfernen. Durch das Entfernen der Primärquellen kann das Sanierungsziel von 300 ng/m3 erfahrungsgemäß nicht erreicht werden, da auch Sekundärquellen zur Raumluftbelastung beitragen. Daher sind auch großflächige Sekundärquellen möglichst zu entfernen. Hierzu sind staubarme Arbeitsverfahren auszuwählen.
Bewährte Arbeitsverfahren/Arbeitsmittel sind
Informationen zu staubarmen Bearbeitungssystemen sind unter www.gisbau.de erhältlich.
Der Einsatz von Heißluft- oder Flammstrahlgeräten ist nicht geeignet. Bei einer Materialerwärmung auf mehr als 100 °C besteht die Gefahr, dass vermehrt PCB-haltige Dämpfe freigesetzt werden. Bei Temperaturen über 250 °C können polychlorierte Dibenzodioxine und -furane entstehen.
Sofern zur Sanierung großflächiger Sekundärquellen eine Entfernung nicht erfolgen kann, kommen auch eine räumliche Trennung oder die Beschichtung der sekundär belasteten Flächen in Betracht. Bei einer räumlichen Trennung werden die Sekundärquellen z.B. durch eine Vormauerung luftdicht gegenüber der Raumluft abgeschottet. Für eine Beschichtung werden diffusionshemmende Anstrichstoffe oder Isoliertapeten (z.B. Aluminium/PE kaschierte Tapeten, Aktivkohletapete) verwendet. Da bei diesen Sanierungsvarianten PCB-belastete Flächen im Raum verbleiben, muss der langfristige Erfolg der Maßnahmen durch Raumluftmessungen belegt werden.
Nach Abschluss der Arbeiten erfolgt die Feinreinigung des Sanierungsbereiches. Hierzu werden alle Oberflächen mit einem Industriestaubsauger der Staubklasse H abgesaugt oder feucht gewischt.
10.5.1 Baustelleneinrichtung
Um zu verhindern, dass PCB-haltige Stäube aus dem Sanierungsbereich in benachbarte Bereiche verschleppt werden, ist der Sanierungsbereich (Schwarzbereich) staubdicht abzuschotten und mit einer ausreichend dimensionierten und geeigneten technische Lüftung im Unterdruck zu betreiben. Bewährt hat sich dabei ein mindestens fünffacher Luftwechsel pro Stunde.
Der Schwarzbereich ist durch die Verbots- und Gebotszeichen
nach ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung" zu kennzeichnen.
Der Übergang vom Schwarzbereich in nicht belastete Bereiche erfolgt über eine Personenschleuse (Schwarz-Weiß-Anlage). In diesem Bereich (siehe Abbildung 1) ist eine Waschgelegenheit einzurichten.
Abb. 1 Prinzipielle Trennung von Schwarz- und Weiß-Bereich
10.5.2 Persönliche Schutzausrüstung
Die persönliche Schutzausrüstung setzt sich je nach Gefährdung zusammen aus einem staubdichten Chemikalienschutzanzug (Kategorie III, Typ 5), Atemschutzmaske (mindestens Halbmaske mit Partikelfilter P2) und Chemikalienschutzhandschuhe aus Fluorkautschuk (bei kurzzeitigen Expositionen auch Nitrilkautschuk mit einer Stärke von mindestens 0,4 mm). Bei Arbeiten über Kopf, z.B. beim Ausbau von Deckenplatten, bei Spritzgefahr oder hohen Staubbelastungen im Arbeitsbereich ist auch Augen- und Gesichtsschutz erforderlich.
10.6 Brandschadensanierung
Bei Vorhandensein PCB-haltiger Erzeugnisse werden erfahrungsgemäß bei Bränden PCB und deren Pyrolyseprodukte, u.a. PCDF und PCDD, freigesetzt. Die erforderlichen Schutzmaßnahmen sind u.a. in der Information "Instandsetzungsarbeiten von elektrischen Anlagen auf Brandstellen" (BGI 766) und in den Richtlinien zur Brandschadensanierung (VDS 2357) ausgeführt.
11 Ansprechpartner
Falls noch Fragen offen sind, wenden Sie sich an Ihren zuständigen Unfallversicherungsträger.
Literaturverzeichnis | Anhang 1 |
Nachstehend sind die insbesondere zu beachtenden einschlägigen Vorschriften, Regeln und Informationen zusammengestellt.
1. Gesetze, Verordnungen
Verordnung (EG) Nr. 850/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über persistente organische Schadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 79/117/EWG
Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien-Verbotsverordnung - ChemVerbotsV)
Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle und halogenierter Monomethyldiphenylmethane (Artikel 1 der Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle sowie halogenierter Monomethyldiphenylmethane und zur Änderung chemikalienrechtlicher Vorschriften) (PCB/PCT-Abfallverordnung - PCBAbfallV)
Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV)
2. Technische Regeln
ASR A1.3 "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung"
TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen"
TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen"
TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition"
TRGS 524 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen"
TRGS 555 "Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten"
TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte"
TRGS 903 "Biologische Grenzwerte"
TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe"
3 Vorschriften, Regeln, Informationen und sonstige Medien für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
Bezugsquelle:
Bei Ihrem zuständigen Unfallversicherungsträger oder unter www.dguv.de/publikationen
Unfallverhütungsvorschriften
"Elektrische Anlagen und Betriebsmittel" (BGV A3/ GUV-V A3)
Regeln
"Arbeitsplatzlüftung - Lufttechnische Maßnahmen" (BGR 121)
"Kontaminierte Bereiche" (BGR 128)
"Benutzung von Atemschutzgeräten" (BGR/GUV-R 190)
Informationen
"Instandsetzungsarbeiten an elektrischen Anlagen auf Brandstellen" (BGI 766)
"Arbeitsplatzlüftung - Entscheidungshilfen für die betriebliche Praxis" (BGI 5121)
Sonstige Medien
Report "Innenraumarbeitsplätze - Vorgehensempfehlung für die Ermittlungen zum Arbeitsumfeld", DGUV, September 2013.
4 Normen/VDE-/VDI-Bestimmungen
VDI 4300 Blatt 2 "Messen von Innenraumluftverunreinigungen - Meßstrategie für polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAH), polychlorierte Dibenzo-pdioxine (PCDD), polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) und polychlorierte Biphenyle (PCB)
5 Sonstige Informationsquellen
Adhoc-Arbeitsgruppe KIRL/AOLG, Gesundheitliche Bewertung dioxinähnlicher polychlorierter Biphenyle in der Innenraumluft, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 11-2007, 1-12, Springer Medizin Verlag, Berlin.
Ballschmiter, K., Zell, M., Analysis of Polychlorinated Biphenyls (PCB) by Glass Capillary Gas Chromatography, Fresenius Z. Anal. Chem. 302 (1980), 20-31
Bonk, L. et al., Einsatz, Entsorgung und Recycling PCB-haltiger Bauteile und Komponenten der Elektrotechnik, Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 71 (2011), 15-19
Bonner, A., Sanierung PCB-belasteter Gebäude, Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 71 (2011), 308-310
Brandenburg, S., Woltjen, M., Polychlorierte Biphenyle - Rechtliche Grundlagen einer Berufskrankheit. Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed. 47 (2012), 372-376
Broding, H. et al., Subjective Complaints in Persons under Chronic lowdose Exposure to Lower Polychlorinated Biphenyls (PCBs). Int. J. Hyg. Environ. Health 211 (2008), 648-657
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Bekanntmachung von Empfehlungen für Biomonitoring bei Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen - Bekanntmachung des BMAS v. 02.08.2010 III b 1 - 36628-1/52. Gemeinsames Ministerialblatt (GMBl) 2010, 1257-1260
Deutsche Forschungsgemeinschaft, MAK- und BAT-Werte-Liste 2012: Maximale Arbeitsplatzkonzentration und Biologische Arbeitsstofftoleranzwerte, Mitteilung 48 (MAK-Werte-Liste DFG (VCH)), August 2012
Deutsches Institut für Bautechnik, Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe in Gebäuden (PCB-Richtlinie), Fassung September 1994, DIBt-Mitteilungen 2, 50-59; Deutsches Institut für Bautechnik, Berlin
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Drexler, H. et al., PCB in Innenräumen - ein relevantes Gesundheitsrisiko? Gesundheitswesen 66 (2004), 47-51
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Umweltbundesamt - Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltbundesamtes: Referenzwerte für die PCB-Kongenere Nr. 138, 153, 180 und deren Summe im Humanblut. Bundesgesundheitsblatt, 41 (1998), 416
Umweltbundesamt - Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltbundesamtes: Stoffmonographie PCB - Referenzwerte für Blut. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 42 (1999), 511-521
Umweltbundesamt: Aktualisierung der Referenzwerte für PCB-138, -153,- 180 im Vollblut sowie Referenzwerte für HCB, ß-HCH und DDE im Vollblut - Stellungnahme der Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 46 (2003), 1-8
Umweltbundesamt: Abschätzung der zusätzlichen Aufnahme von PCB in Innenräumen durch die Bestimmung der PCB-Konzentrationen in Plasma bzw. Vollblut - Stellungnahme der Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltbundesamtes. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 46 (2003), 923-927
Umweltbundesamt: Ableitung von Human-Biomonitoring-(H BM)- Werten für Polychlorierte Biphenyle (PCB) im Blut - Bekanntmachung des Umweltbundeamtes. Stellungnahme der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 55 (2012), 1-68
Umweltbundesamt: Human-Biomonitoring-(HBM)- Werte für Polychlorierte Biphenyle (PCB) im Blut - Stellungnahme der Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz, 55 (2012), 1069-1070
World Health Organization (WHO): Concise International Chemical Assessment Document 55 - Polychlorinated Biphenyls: Human Health Aspects. WHO, Genf, 2003
Zimmermann, G., Schlatter, Ch., Organische Verbindungen / Polychlorierte Biphenyle. In: Wichmann, H.-E., Schlipkötter, H.-W., Fülgraff, G. (Hrsg.), Handbuch der Umweltmedizin. Loseblattsammlung, 7. Erg.-Lfg., VI-4, 1-16. Ecomed, Landsberg/Lech, 1995
Informationen zu PCB | Anhang 2 |
Polychlorierte Biphenyle (PCB) bestehen aus zwei verknüpften Phenylringen (Biphenyl) als chemisches Grundgerüst, bei dem einzelne Wasserstoffatome durch Chlor substituiert sind.
Sie unterscheiden sich durch die Anzahl und Position der Chloratome.
Ballschmiter und Zell haben eine Nomenklatur erarbeitet, die alle Kongenere systematisch nach steigendem Chlorgehalt durchnummeriert (Ballschmiter-Nomenklatur).
Abb. 1 Allgemeine Strukturformel:
C12H10-(m+n)Clm+n
PCB, die an den ortho-Positionen (Positionen 2, 2´, 6 oder 6´) der Phenylringe kein oder jeweils nur ein Chloratom aufweisen (nichtortho- und monoortho-Substitution), sind koplanare (in einer Ebene liegende) PCB. Dadurch erhalten sie eine strukturelle Ähnlichkeit mit den polychlorierten Dibenzodioxinen (PCDD) sowie den polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF), die sich derart auswirkt, dass diese PCB auch ähnlich wie PCDD und PCDF wirken.
PCB haben folgende physikalisch-chemische Eigenschaften:
Flammpunkt: | 170 - 380 °C |
Dichte: | 1,2 - 1,6 g/cm3 bei 20 °C |
Wasserlöslichkeit: | 0,0013 - 7000 µg/l |
Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizient: | 5 x 103 - 108 |
Dampfdruck: | 10-5 bis 10 hPa (bei 20 °C, 1013 hPa) |
Da technische PCB-Produkte immer aus Gemischen von sehr vielen Kongeneren bestehen, wurden 6 PCB als Leit-Kongenere festgelegt, deren Gehalt in den Gemischen dominiert.
Dadurch kann der analytische Aufwand verringert werden.
Es handelt sich dabei um drei leichter flüchtige, niedrigchlorierte (PCB-28, -52, -101) und drei schwerer flüchtige, höherchlorierte PCB (PCB-138, -153, -180).
Nummer, | Bezeichnung |
28 | 2,4,4´-Trichlor-Biphenyl |
52 | 2,2´,5,5´-Tetrachlor-Biphenyl |
101 | 2,2´,4,5,5´-Pentachlor-Biphenyl |
138 | 2,2´,3,4,4´,5-Hexachlor-Biphenyl |
153 | 2,2´,4,4´,5,5´-Hexachlor-Biphenyl |
180 | 2,2´,3,4,4´,5,5´-Heptachlor-Biphenyl |
Als Leitkomponente für die Gruppe der koplanaren PCB sollte PCB 118 herangezogen werden.
Nummer, | Bezeichnung |
118 | 2,3´,4,4´,5-Pentachlor-Biphenyl |
Abb. 2 PCB 28
Abb. 3 PCB 52
Abb. 4 PCB 101
Abb. 5 PCB 118
Abb. 6 PCB 138
Abb. 7 PCB 153
Abb. 8 PCB 180
Abb. 9 Koplanare Anordnung bei PCB 118 in Vergleich zu PCB 138
Abb. 10 PCB 138
Vertrieben wurden technische PCB-Gemische unter Handelsnamen wie CLOPHEN (BRD: Bayer) oder AROCLOR (GB, USA: Monsanto). Seit Beginn der industriellen Herstellung 1929 wurden nach verschiedenen Schätzungen weltweit 1 bis 1,5 Millionen Tonnen PCB produziert.
Auf Grund ihrer Beständigkeit haben sich PCB über Jahrzehnte nach ihrer Anwendung in der Umwelt verbreitet. Diese Stoffgruppe wird in Wasser, Boden, Luft, Sedimenten, Klärschlamm und in Lebensmitteln (vor allem Fisch, Fleisch, Milch) vorgefunden.
Bei Tätigkeiten mit PCB-haltigen Flüssigkeiten ist zu beachten, dass sowohl durch den Herstellungsprozess als auch durch eine mögliche Erhitzung (wie z.B. in Transformatoren, Kondensatoren) mit Verunreinigungen durch PCDF und in geringerem Ausmaß mit PCDD zu rechnen ist.
Alle PCB können als Dampf, Tröpfchen oder angelagert an Staubpartikel eingeatmet werden. In der Dampfphase liegen vorwiegend die leichter flüchtigen, niedrigchlorierten PCB (wie z.B. die Leit-Kongenere 28, 52, 101) vor. Eine dermale Aufnahme erfolgt immer dann, wenn direkter Kontakt der Haut zu PCB-haltigen Erzeugnissen besteht. Aus Erfahrungen an verschiedenen Arbeitsplätzen ist bekannt, dass Hautkontakt mit PCB-haltigen Erzeugnissen zu einer bedeutsamen inneren Belastung des Organismus führen kann. Mit PCB verschmutzte Hände können neben einer dermalen Aufnahme auch zu einer oralen Aufnahme (Hand-Mund-Kontakt; Essen, Trinken oder Rauchen) führen.
Historie der rechtlichen Situation
Bereits 1978 wurde in Deutschland die Verwendung von PCB in offenen Systemen verboten (10. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz). Die Herstellung von PCB wurde in Deutschland 1983 eingestellt. Das Herstellen und Inverkehrbringen PCB-haltiger Produkte ist in Deutschland seit dem 19. Juli 1989 (PCB-, PCT-, VC-Verbotsverordnung, ab 1993 Gefahrstoffverordnung und Chemikalienverbotsverordnung) verboten. Auf europäischer Ebene gilt seit 20. Mai 2004 die Verordnung 850/2004 über persistente organische Schadstoffe ("POP-Verordnung") mit dem Verbot des Inverkehrbringens und Verwendens von PCB, allerdings mit einer Bestandschutzklausel für PCB-haltige Produkte. In Deutschland wurden für die Weiterverwendung von PCB-haltigen Produkten über die Regelungen der POP-Verordnung hinaus verschiedene Übergangsregelungen in der Gefahrstoffverordnung getroffen. Die letzte ist am 31.12.2010 ausgelaufen. Seit dem 1.1.2011 ist in Deutschland nur noch die Weiterverwendung von PCB-haltigen Bauteilen mit bis zu 100 ml PCB-haltiger Flüssigkeit möglich. Die Dekontamination und Beseitigung von Geräten mit PCB-haltigen Flüssigkeiten regelt die PCB/PCT-Abfallverordnung vom 24.02.2012. Die PCB/PCT-Abfallverordnung enthält Vorgaben über die kontrollierte Beseitigung der PCB, die Dekontaminierung oder Beseitigung PCB-haltiger Geräte und die Beseitigung von PCB-Abfall.
Toxikologie, Verstoffwechselung und Ausscheidung | Anhang 3 |
Hinsichtlich ihres Verhaltens im Organismus und ihrer Ausscheidung sind drei PCB-Gruppen zu unterscheiden:
Grundsätzlich gilt für alle PCB, dass sie, in Abhängigkeit von der Gruppenzugehörigkeit, durch unterschiedliche Isoenzyme des Cytochrom P 450 in einem ersten Schritt oxidativ verstoffwechselt werden. Hierbei bestehen zwischen den einzelnen Gruppen auch fließende Übergänge ("Mischtypen"). Insgesamt ergibt sich hierdurch ein äußerst komplexes Stoffwechselverhalten mit z. T. unterschiedlichen Enzym-Aktivierungen, die angesichts des meist komplexen Kongeneren-Gehaltes von PCB-haltigen Stoffen am Arbeitsplatz vielfältige, teils gleichsinnig, teils gegensinnig wirkende Effekte auf den Organismus entfalten können. Für die PCB werden auch Beeinflussungen bestimmter Hormone, insbesondere im Bereich der Geschlechtshormone und der Cortisolbildung, in z.T. gegensätzlicher Weise beschrieben.
Die Erkenntnisse zu den Auswirkungen einer PCB-Exposition auf den Menschen beruhen im Wesentlichen auf folgenden Grundlagen:
Während toxikologische, experimentelle Untersuchungen häufig reproduzierbare Ergebnisse mit bestimmten Zellen beziehungsweise Tierarten, auch unter Eingrenzung der PCB-Vielfalt, ergeben, ist bei Studien am Menschen sowohl im Umwelt- als auch im Arbeitsbereich stets von einer Mischbelastung durch sehr verschiedenen PCB-Kongeneren und zum Teil auch PCDF sowie auch PCDD zu rechnen.
In Studien zu Innenraumbelastungen ergeben sich zusätzlich zu der nahrungsbedingten Hintergrundbelastung vor allem Expositionen durch die leicht flüchtigen niedrigchlorierten PCB. Wesentliche Gesundheitsstörungen bei Erwachsenen sind unter diesen Bedingungen nicht nachgewiesen worden.
Aus den Vergiftungsfällen mit kontaminierter Nahrung sind jeweils über 1.000 Personen hochgradig exponiert gewesen. Hierbei zeigten sich in der Folge gleichartige Krankheitsbilder wie bei hoch exponierten Arbeitern. Wie bei diesen ist eine Kontamination mit PCDF sowie auch PCDD anzunehmen, die jedoch nicht quantifiziert ist.
Am Arbeitsplatz liegen insbesondere Kohortenstudien mit Expositionen aus dem mittleren Drittel des 20. Jahrhunderts vor. Hierbei wurden auch die Beschäftigten in der Herstellung, Wartung und Reparatur von industriellen Hochleistungstransformatoren und -kondensatoren untersucht. Die PCB-Expositionen erreichten Größenordnungen von bis zu circa 3.000 µg PCB/l Blut bzw. Serum. Allerdings liegen aus diesem Zeitraum keine differenzierten Untersuchungen zu den einzelnen PCB-Kongeneren vor; darüber hinaus fehlen konkretisierende Angaben zu zusätzlichen Belastungen mit PCDF/PCDD. Im Vergleich zu den heute bestehenden Untersuchungsmöglichkeiten waren die damals durchgeführten Untersuchungen in ihrer Aussagekraft eingeschränkt, insbesondere auch im Hinblick auf mögliche geringere, subklinische Effekte. Die Untersuchungen begrenzen sich in einzelnen Studien häufig auf wenige, bestimmte Gesundheitsstörungen, so dass häufig kein Gesamtbild der möglichen Gefährdungen bzw. Risikoerhöhungen erhältlich ist.
In vielen Fällen erlauben die Daten keine sichere Abschätzung, inwieweit Risiken für bestimmte Erkrankungen erhöht sind.
Gemeinsam ist diesen Studien, dass sich sichere Dosis-Wirkungs- bzw. Dosis-Risiko-Beziehungen wegen des weitgehenden Fehlens individueller Belastungsmessungen sowie des häufigen Fehlens von Nachuntersuchungen im Sinne einer Längsschnittstudie nicht ableiten lassen.
Neuere Erkenntnisse ergeben sich aus den Daten eines aktuellen Betreuungsprogramms bei Beschäftigten aus dem Recycling-Bereich von industriellen Hochleistungstransformatoren und -kondensatoren. Die diesbezüglich gewonnenen Daten erlauben bislang jedoch ebenfalls (noch) keine epidemiologisch-statistische abgesicherte Risikobewertung.
Unter diesen Gesichtspunkten werden im Folgenden diejenigen Gesundheitsstörungen benannt, die in einer größeren Zahl einzelner Studien als auffällig beschrieben wurden. Hieraus kann nicht zwangsläufig gefolgert werden, dass eine Risikoerhöhung als wissenschaftlich gesichert anzusehen ist. Auf Grund gleichzeitiger Erkenntnisse aus pathophysiologischen Untersuchungen sowie aus toxikologischen und experimentellen Studien ist jedoch die Annahme eines entsprechenden Kausalzusammenhangs mit einer PCB-Exposition begründet.
Beobachtet werden Auffälligkeiten und Erkrankungen in den folgenden Bereichen:
Haut / Schleimhäute
Leber
Hormonsystem
Nervensystem
Stoffwechsel
Immunsystem
Informationen für den Betriebsarzt | Anhang 4 |
4.1 Werte im biologischen Material
Arbeitsplatzbezogene Werte
Für PCB gibt es keine rechtsverbindlichen Grenzwerte am Arbeitsplatz im biologischen Material (Biologische Grenzwerte, BGW).
Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurden für PCB keine biologischen Arbeitsstofftoleranzwerte (BAT), keine biologischen Leitwerte (BLW) und keine Expositionsäquivalente für krebserzeugende Arbeitsstoffe (EKA) aufgestellt.
Humanbiomonitoring-Werte
Für den Bereich der Allgemeinbevölkerung hat das Umweltbundesamt folgende Human-Biomonitoring Werte (HBM-Werte) festgelegt:
HBM-I-Wert: 3,5 µg PCBgesamt/Liter Serum
HBM-II-Wert: 7 µg PCBgesamt/Liter Serum
PCBgesamt = 2 * ∑ PCB (138 + 153 + 180 im Serum)
Die Werte stellen insbesondere auf das werdende Kind, Säuglinge und Kleinkinder und deren besondere Empfindlichkeit gegenüber PCB ab.
Bei Unterschreitung des HBM-I-Wertes ist nach dem aktuellen Stand der Bewertung nicht mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen. Bei Überschreitung des HBM-II-Wertes ist eine für die betroffenen Risikogruppen als relevant anzusehende gesundheitliche Beeinträchtigung möglich. Wegen der Plazenta-Gängigkeit von PCB, der besonderen Empfindlichkeit von Kindern im prä- und perinatalen Bereich gegenüber PCB und der langen biologischen Halbwertszeit von PCB gelten Frauen im gebärfähigen Alter gleichermaßen als zu schützende Zielgruppe; der HBM-II-Wert ist unter diesen Umständen ein Interventionswert für Frauen in gebärfähigem Alter [Umweltbundesamt 2012].
Bedeutung von Referenzwerten
Als Referenzwert wird das 95 %-Perzentil der Konzentrationsverteilung einer beruflich nicht gegenüber einem Gefahrstoff exponierten repräsentativen Bevölkerungsgruppe herangezogen. Dies bedeutet, dass 5 % der Allgemeinbevölkerung Werte oberhalb des Referenzwertes aufweisen, dass 95 % jedoch Werte unterhalb des Referenzwertes besitzen.
In Abhängigkeit von äußeren Einflüssen können Referenzwerte somit unterschiedlich sein (z.B. in unterschiedlichen Ländern, Bevölkerungsgruppen).
Referenzwerte beschreiben die zum jeweiligen Untersuchungszeitpunkt bestehende Belastungssituation der Allgemeinbevölkerung. Sie machen keinerlei Aussagen zur Frage einer Gesundheitsgefährdung bei Einhaltung oder Überschreitung dieses Wertes und geben auch keinerlei Hinweise, ab welchem Ausmaß einer Referenzwert-Überschreitung ggf. mit Gesundheitsschäden zu rechnen ist.
Referenzwerte für niedrigchlorierte PCB
Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurden 2011 für niedrigchlorierte PCB folgende Biologische Arbeitsstoff- Referenzwerte (BAR) veröffentlicht:
Höhere Messwerte dieser drei Kongenere deuten auf eine zusätzliche Exposition am Arbeitsplatz oder im Innenraumbereich hin.
Referenzwerte für höherchlorierte PCB
Das Umweltbundesamt hat 1999 Referenzwerte auf Basis einer bundesweit repräsentativen Bevölkerungsstichprobe veröffentlicht. Hierbei wurden sowohl für Serum/Plasma als auch für Vollblut Referenzwerte für die höherchlorierten Kongenere PCB 138, 153 und 180 erstellt; diese werden im außerberuflichen Bereich im Wesentlichen durch die Nahrung aufgenommen. Aufgrund ihrer langen biologischen Halbwertszeit nehmen diese Referenzwerte mit steigendem Lebensalter zu (Kumulation), weswegen die Referenzwerte altersgeschichtet sind.
Das Umweltbundesamt hat 2003 die Referenzwerte aktualisiert. Hierbei wurden ausschließlich Konzentrationsangaben im Vollblut gemacht.
Neuere Studien, die nicht beruflich PCB-belastete Vergleichsgruppen (wenngleich auch nicht im Sinne einer bundesweit repräsentativen Auswahl) mitgeführt haben, zeigen, dass infolge der zurückgehenden Konzentrationen von PCB in der Umwelt, insbesondere auch im Bereich von Nahrungsmitteln, die Referenzwerte im weiteren zeitlichen Verlauf noch weiter abgesunken sein dürften.
4.2 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Eine eingehende Erhebung der Arbeitsvorgeschichte einschließlich Abschätzung einer möglichen Exposition gegenüber PCB und konkurrierenden anderen Gefahrstoffen ist bei der Durchführung einer arbeitsmedizinischen Beratung oder Untersuchung unabdingbar. Dabei sind auch die möglichen Aufnahmepfade (inhalativ, dermal, oral) abzuklären.
Im Rahmen der Beratung sind die individuellen Arbeitsgegebenheiten einschließlich der Anwendung persönlicher Schutzausrüstung und des individuellen arbeitshygienischen Verhaltens zu ermitteln. Hierbei ist erforderlichenfalls auf eine Optimierung hinzuwirken.
Bei Hinweisen auf eine Exposition ist ein Biomonitoring vorzunehmen. Hierbei sollten mindestens die sechs Leit-Kongenere und PCB 118 im Serum/Plasma in einem hierfür zertifizierten Laboratorium bestimmt werden. Auf Grund der langen biologischen Halbwertszeit spielt der Probenahmezeitpunkt eine nachrangige Rolle.
Bei Einhaltung der jeweiligen Referenzwerte für die einzelnen PCB-Kongenere ist nach bisherigen Erkenntnissen nicht von einer erhöhten Gesundheitsgefährdung durch PCB auszugehen.
Bei Überschreitung der Referenzwerte sind die Gefährdungsbeurteilung, die Schutzmaßnahmen und das arbeitshygienische Verhalten zu überprüfen und ggf. anzupassen. Akute Effekte sind in der Regel nicht zu erwarten (geringe akute Toxizität von PCB). Dies gilt auch für die irritative Wirkung auf die Atemwege.
Im Rahmen ärztlicher Untersuchungen sollten bei Überschreitung der Referenzwerte die im Anhang 3 genannten Symptome abgeklärt und folgende Basisuntersuchungen (in Normalschrift dargestellt) durchgeführt werden. Ergeben sich hierbei Auffälligkeiten, muss der Betriebsarzt entscheiden, welches weitere Vorgehen angemessen ist. Etwaige Auffälligkeiten können neben PCB auch durch eine Vielzahl anderweitiger außerberuflicher wie auch ggf. beruflicher Einwirkungen oder aus innerer Ursache hervorgerufen sein. Soweit im betriebsärztlichen Rahmen möglich, sollten diese ggf. abgeklärt werden. Lassen sich keine anderweitigen Ursachen ermitteln, muss geprüft werden, inwieweit PCB als Ursache in Frage kommen.
Hierbei spielt die Höhe der internen Exposition im Biomonitoring eine wesentliche Entscheidungsgrundlage. Allerdings liegen derzeit für viele Symptome keine ausreichend gesicherten Kenntnisse zu den Dosis-Wirkungsbeziehungen und Wirkschwellen von PCB bei Erwachsenen vor. Erforderlichenfalls sollte der Betriebsarzt Kontakt mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger aufnehmen. Die aufgeführten zusätzlichen Untersuchungen (in Kursivschrift dargestellt) sollten bei Auffälligkeiten in den Basisuntersuchungen erfolgen. Sie bleiben in der Regel weiterführenden Maßnahmen im Rahmen der speziellen fachärztlichen Diagnostik und der Kausalabklärung (z.B. im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens bei Berufskrankheiten-Verdacht) außerhalb der betriebsärztlichen Tätigkeit vorbehalten.
Haut und Konjunktiven
Inspektion: Abklärung von Irritationen, Pigmentstörungen (Hyperpigmentierungen), Haarausfall, Komedonen, Akne, Photosensibilität, (Prä)kanzerosen, Konjunktivitis, Talgdrüsenverdickung an den Augenlidern.
Leber
Klinische Untersuchung
Laborwerte: Transaminasen, γ-GT im Serum; Porphyrine im Urin
Weitere Untersuchungen: Sonographie
Schilddrüse
Klinische Untersuchung
Laborwerte: fT3, fT4, TSH; Schilddrüsen-Antikörper: TAK, TRAK, TPO
Weitere Untersuchungen: Sonographie
Metabolisches Syndrom, hämatologische Befunde
Laborwerte: Differentialblutbild; Glukose im Blut/Serum, HB A1c im Serum, Lipoprotein-Differenzierung.
Bauchspeicheldrüse
Laborwerte: Lipase und Amylase im Serum
Weitere Untersuchungen: Sonographie
Peripheres Nervensystem
Klinische Untersuchung: Sensibilität, Motorik, Vibrationsempfinden (Stimmgabel)
Weitere Untersuchungen: Nervenleitgeschwindigkeit, Elektromyogramm
Zentralnervensystem
Anamnese und ärztliches Gespräch: Abklärung kognitiver Leistungseinbußen; ggf. spezieller Fragebogen analog zu G 45 "Styrol"
Weitere Untersuchungen: psychometrische Leistungsdiagnostik und psychiatrische Exploration
Bei besonderem Verdacht im Einzelfall
Laboruntersuchungen: Abklärung des Corticoid-Hormon-Status: Cortisol, Hydroxyproxyprogesteron, DHEAS, Progesteron, LH, FSH, Testosteron. Bei Subfertilität Spermiogramm
Es können auch Gesundheitsschäden mit größerer Latenz (z.B. im Bereich der Schilddrüse, am Nervensystem) auftreten. Deshalb sind ggf. Nachuntersuchungen angezeigt.
Nach den vorliegenden Erfahrungen sind beim Erwachsenen bedeutsame Veränderungen des Immunsystems mit Krankheitswert auch bei höheren Belastungen in der Regel nicht zu erwarten. Zur Frage einer möglichen Risikoerhöhung für bestimmte Malignome kann angesichts der derzeit vorliegenden Datenlage keine gesicherte Aussage gemacht werden. Diesbezüglich können keine konkretisierenden Untersuchungsempfehlungen gegeben werden.
Berechnung der maximalen Aufenthaltsdauer | Anhang 5 |
Sofern eine Kontamination des Raumes festgestellt wurde (Messwerte > 3000 ng/m3) sind unverzüglich in Abstimmung mit den zuständigen Behörden (z.B. Bau- und Bauaufsichtsbehörden für baurechtliche Aspekte sowie staatlicher Arbeitsschutz und gesetzlicher Unfallversicherungsträger für die Arbeitsschutzbelange) Maßnahmen zur Verringerung der Raumluftkonzentration von PCB zu ergreifen.
Bei Räumen, die in der Zwischenzeit betreten werden müssen, kann anhand der folgenden Abschätzung die maximale Aufenthaltsdauer berechnet werden.
Dabei wird davon ausgegangen, dass die Aufnahme ausschließlich inhalativ erfolgt.
Der TDI-Wert (TDI = tolerable daily intake; tolerierbare tägliche Aufnahmemenge) beträgt 70 µg PCB für die Aufnahme über die Nahrung und 7 µg für die Aufnahme über die Luft, jeweils für einen 70 kg schweren Erwachsenen. Unter der Voraussetzung, dass die außerberufliche PCB-Aufnahme über die Luft zu vernachlässigen ist und pro Stunde bei "Schreibtischarbeit" ca. 0,5 m3 Luft (bei Mischtätigkeit ca. 0,625 m3) eingeatmet wird, errechnet sich die maximale Aufenthaltsdauer bei Einhaltung von 10 % des TDI-Wertes nach folgender Formel:
Aufenthaltsdauer [h] = 7 µg/(Konzentration [µg/m3] * 0,5 [m3/h])
Bei einer Konzentration von 1,75 µg (1750 ng) ergibt dies eine maximale Aufenthaltsdauer von 8 Stunden (7 / (1,75 x 0,5) = 8 Stunden).
Musterbetriebsanweisung Demontage von Langfeldleuchten | Anhang 6 |
ENDE |