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Anforderungen an begehbare Verglasungen; Empfehlungen für das Zustimmungsverfahren
- Fassung März 2000 -
(DIBt Mitteilungen 2/2001)
Vorbemerkung
Dieses Arbeitspapier soll der einheitlichen Beurteilung von begehbaren Verglasungen im Rahmen von Zustimmungen im Einzelfall dienen.
1 Allgemeines
(1) Die nachfolgenden Anforderungen an begehbare Verglasungen gelten bei üblicher Nutzung durch planmäßigen Personenverkehr, wie z.B. bei Treppen, Podesten, Stegen und Abdeckungen von Lichtschächten. Bei besonderen Nutzungsbedingungen (z.B. erhöhte Stoßgefahr, hohe Dauerlasten usw.) können seitens der Bauaufsichtsbehörde zusätzliche Anforderungen gestellt werden.
(2) Unter die begehbaren Verglasungen fallen nicht diejenigen Glaskonstruktionen, die nur zu Reinigungs- und Wartungszwecken betreten werden. Dafür gelten andere Anforderungen.
(3) Werden brandschutztechnische Anforderungen gestellt, können im Regelfall keine begehbaren Verglasungen ausgeführt werden.
2 Anwendungsbedingungen
(1) Um Stoßsicherheits- und Resttragfähigkeitsanforderungen (siehe Abschnitt 4) zu erfüllen, sind die Verglasungen in der Regel aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) mit PVB-Folie mit mindestens drei Glasschichten herzustellen. Alternativ kann die Sicherheit der Verkehrsflächen auch durch konstruktive Maßnahmen (z.B. durchsturzsichernde Zusatzkonstruktionen) gewährleistet werden.
(2) Die prinzipiellen Anforderungen an die Glaserzeugnisse sind in Abschnitt 2 der "Technischen Regeln für die Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen" (kurz: TRLV, Mitteilungen DIBt 6/1998) genannt. Zusätzlich darf teilvorgespanntes Glas (TVG) nach DIN EN 1863: 2000-03 aus Spiegelglas verwendet werden. Die Glasarten können beliebig zu VSG kombiniert werden.
(3) Die Verglasungen können sowohl linien- als auch punktförmig gelagert sein. Die Haltekonstruktionen müssen unter Berücksichtigung baupraktisch unvermeidlicher Toleranzen eine zwängungsarme Montage der Scheiben mit ausreichendem Glaseinstand sicherstellen. Als ausreichend darf bei linienförmiger Randlagerung im Allgemeinen ein Glaseinstand von mindestens 30 mm gelten, bei allseitig gelagerten Scheiben mit einer Stützweite von höchstens 400 mm genügen davon abweichend mindestens 20 mm. Die Verglasung ist mechanisch gegen Verschieben und - sofern erforderlich - gegen Abheben zu sichern.
(4) Zur Vermeidung unkalkulierbarer Glasbrüche dürfen gebohrte Scheiben aus nicht vorgespanntem Glas (z.B. Spiegelglas, Drahtglas usw.) nur unter Vorlage besonderer Nachweise (Versuche, Gutachten usw.) verwendet werden.
(5) Die Verglasung muss abhängig von den örtlichen Gegebenheiten ausreichend rutschsicher sein. Weitergehende Anforderungen Dritter (z.B. Arbeitsschutz) bleiben unberührt.
3 Rechnerische Nachweise unter statischer Belastung
(1) Die Verglasungen sind für den Lastfall Eigengewicht und gleichmäßig verteilte Verkehrslasten nach DIN 1055 zu bemessen. Zusätzlich ist der Lastfall Eigengewicht und Einzellast (Aufstandsfläche 100 mm x 100 mm) in ungünstigster Laststellung zu untersuchen. Die Größe der Einzellast richtet sich abhängig von der anzusetzenden gleichmäßig verteilten Verkehrslast nach DIN 1055-3:1971-06, Anmerkung Tabelle 1.
(2) Bei den rechnerischen Nachweisen der Verglasungen sind alle wesentlichen beanspruchungs- und deformationserhöhenden Einflüsse (Glasbohrungen, Randausschnitte unter Berücksichtigung von Eckausrundungen, Einspannungen, Deformationen der Stützkonstruktion, Abheben nicht gehaltener Ecken Temperaturdehnungen, Lagerexzentrizitäten, Montagezwängungen, Toleranzen von Verglasung und Unterkonstruktion usw.) zu berücksichtigen.
(3) Die Aufnahme der Lasten nach Abs. (1) ist unter der Annahme nachzuweisen, dass die oberste Glasplatte nicht mitträgt.
(4) Bei den Spannungs- und Durchbiegungsnachweisen der VSG-Tafeln darf ein günstig wirkender Schubverbund zwischen den Einzelschichten nicht berücksichtigt werden.
(5) Die Hauptzugspannungen an der Glasoberfläche und im Bereich der Bohrlochleibung dürfen die in den TRLV angegebenen Werte nicht überschreiten. Bei Verwendung von TVG, das den Anforderungen der DIN EN 1863: 2000-03 hinsichtlich Mindestbiegefestigkeit, Bruchbild und Kantenbearbeitung genügt, dürfen die Hauptzugspannungen σ1 den Wert
σ1 = 29 N/mm2 (für die nicht emaillierte bzw. nicht bedruckte Scheibenoberfläche),σ1 = 18 N/mm2 (für die emaillierte bzw. bedruckte Scheibenoberfläche)
nicht überschreiten.
(6) Die Durchbiegungen der vollständig intakten Verglasungen dürfen den Wert L/200 mit L als Stützweite der Verglasung in Haupttragrichtung nicht überschreiten.
(7) Die zur Befestigung der Verglasungen an den Stützkonstruktionen dienenden Halter sind nach den einschlägigen bautechnischen Vorschriften für die auftretenden Lasten statisch nachzuweisen. Ist dies nicht möglich, so ist ihre Tragfähigkeit von einer anerkannten Stelle versuchstechnisch zu ermitteln.
4 Experimentelle Nachweise der Stoßsicherheit und der Resttragfähigkeit
4.1 Allgemeines
(1) Die ausreichende Stoßsicherheit und das Tragverhalten bei Glasbruch (Resttragfähigkeit) sind in der Regel durch Bauteilversuche zu belegen. Alternativ darf die Verkehrssicherheit bei Glasbruch durch konstruktive Maßnahmen (z.B. durchsturzsichernde Zusatz-konstruktionen) sichergestellt werden. Die Eignung und die ausreichende Tragfähigkeit der zusätzlichen Unterkonstruktion sind nachzuweisen.
(2) Die Versuche müssen grundsätzlich an Versuchskörpern durchgeführt werden, die mit den Originalbauteilen übereinstimmen (Glasaufbau, Lagerung usw.). Sie dürfen nicht durch günstig wirkende Einflüsse verfälscht werden (z.B. Verklebung der Tafeln über die konstruktive Versiegelung der Fugen), die bei der Originalausführung nicht dauerhaft gewährleistet sind.
4.2 Nachweis der Stoßsicherheit
(1) Als Stoßkörper (Masse: 40 kg) ist ein im unteren Bereich kegelförmiger (Winkel: 45°, größter Durchmesser: 50 mm) und im oberen Bereich zylindrischer Stahlkörper (Durchmesser: 120 mm) mit dem Kopf einer eingedrehten Sechskantschraube M8/SW 13 als Aufschlagfläche zu verwenden (siehe Bild 1).
(2) Vor dem Abwurf des Stoßkörpers ist auf die Verglasung die halbe planmäßig gleichmäßig verteilte Verkehrslast in Form von Personenersatzlasten (1 kN pro Personenersatzlast; Aufstandsfläche 200 mm x 200 mm) in ungünstigster Laststellung aufzubringen, wobei mindestens von einer Personenersatzlast auszugehen ist.
(3) Die Auftreffpunkte des Stoßkörpers sind im Einvernehmen zwischen der prüfenden Stelle und der zuständigen Bauaufsichtsbehörde so zu wählen, dass maximale Glas- und Halterschädigungen hervorgerufen werden, d.h. an Orten mit maximaler Spannung und Durchbiegung (Feldmitte, Rand- und Eckbereiche, Auflagernähe und Glasbohrungen). Die Versuche sind in der Regel bei Raumtemperatur durchzuführen, ggf. sind jedoch auch Prüfungen bei erhöhten Temperaturen zu berücksichtigen (z.B. hinsichtlich Sonneneinstrahlung). Die Eintragung außerplanmäßiger Einspann- oder Klemmwirkungen ist auszuschließen.
Bild 1 Skizze des Stoßkörpers
(4) Die Fallhöhe des Stoßkörpers beträgt 800 mm.
(5) Die Versuche sind an einer hinreichend großen Anzahl von Versuchskörpern durchzuführen. Die Anzahl der erforderlichen Versuchskörper kann durch Abwurf des Stoßkörpers auf verschiedene kritische Punkte ein und derselben Tafel ggf. reduziert werden. Je zu untersuchender Variante sind mindestens zwei Versuchskörper zu untersuchen.
(6) Die Stoßversuche gelten als bestanden, wenn die VSG-Verglasung nicht von den Lagern rutscht, nicht vom Stoßkörper vollständig durchstoßen wird und keine Bruchstücke herabfallen, die größer sind als in DIN 1249-12:1990-09 beschrieben.
4.3 Nachweis der Resttragfähigkeit
(1) Die Resttragfähigkeit wird an den durch die Abwürfe des Stoßkörpers geschädigten VSG-Verglasungen unter halber Verkehrslast untersucht. Sind die Einzelschichten von Verbundscheiben, die ungeschützte Kanten besitzen, oder die Schichten von besonders gefährdeten Sonderkonstruktionen durch die Stoßversuche noch nicht völlig zerstört, so sind die noch ungeschädigten Glasschichten durch Anschlagen (statisch ungünstige Risse sind anzustreben) zu brechen.
(2) Die Standzeit der zerstörten VSG-Verglasung unter Belastung nach 4.2 (2) und des Schlagkörpers ist zu registrieren.
(3) Der Versuch gilt in der Regel als bestanden, wenn die Standzeit mindestens 30 Minuten beträgt und keine Bruchstücke herabfallen, die größer sind als in DIN 1249-12:1990-09 beschrieben.
(4) Je nach örtlicher Gefährdung von Verkehrsflächen durch die Verglasung kann es geboten sein, nach Entfernen der Belastung nach 4.2 (2) eine weitere Standzeit zu fordern.
5 Übereinstimmungsnachweis
Für das verwendete TVG ist die Übereinstimmung mit DIN EN 1863: 2000-03 in der Regel mit einem Übereinstimmungszertifikat nachzuweisen.
ENDE