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RdErl. BodEr Wass - Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenveränderungen aufgrund von Bodenerosion durch Wasser auf landwirtschaftlich genutzten Flächen
- Sachen-Anhalt -

Vom 09.08.2012
(MBl.LSA Nr. 29 vom 31.08.2012 S. 498)


RdErl. des MLU vom 09.08.2012 - 24.6/67131

1. Allgemeines

Bodenschutzrechtliche Vorschriften zur Gefahrenabwehr von schädlichen Bodenveränderungen aufgrund von Bodenerosion durch Wasser auf landwirtschaftlich genutzten Flächen sind durch die zuständigen Bodenschutzbehörden unter Beteiligung der in ihrer Zuständigkeit berührten landwirtschaftlichen Fachbehörden zu vollziehen. Hierbei sind die folgenden Festlegungen zu beachten.

Soweit auf das Merkblatt 1 des Bundesverbands Boden e. V. aus dem Jahr 2004 "Handlungsempfehlungen zur Gefahrenabwehr bei Bodenerosion" (BVB-Merkblatt 1 verwiesen wird, hat dies lediglich empfehlenden Charakter. Das BVB-Merkblatt 1 liegt den Adressaten dieses RdErl. vor und kann beim Bundesverband Boden e. V. (www. bvboden.de) bezogen werden.

2. Datenerfassungs- und Mitteilungspflicht

2.1 Werden den unteren Bodenschutzbehörden (UBB) Anhaltspunkte für schädliche Bodenveränderungen aufgrund von Bodenerosion durch Wasser (vergleiche § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, § 8 Abs. 2 Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung - BBodSchV) bekannt, erfassen sie die Anhaltspunkte sowie weitere erforderliche Informationen zu solchen Verdachtsflächen gemäß § 9 des Bodenschutz-Ausführungsgesetzes Sachsen-Anhalt (BodSchAG LSA).

2.2 Die Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ÄLFF) teilen ihnen bekannte Anhaltspunkte für schädliche Bodenveränderungen aufgrund von Bodenerosion durch Wasser auf landwirtschaftlich genutzten Flächen der zuständigen UBB mit.

3. Sachverhaltsermittlung im Rahmen einer orientierenden Untersuchung

3.1 Liegen Anhaltspunkte für schädliche Bodenveränderungen aufgrund von Bodenerosion durch Wasser auf landwirtschaftlich genutzten Flächen vor, veranlasst die UBB gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG, § 2 Nr. 3, § 8 Abs. 3 BBodSchV) eine orientierende Untersuchung und beteiligt dabei das örtlich zuständige ALFF. Zu diesem Zweck lädt sie das ALFF zu einer gemeinsamen Ortsbegehung ein.

3.2 Die Ortsbegehung richtet sich vor allem darauf,

  1. die Erosionsfläche zu ermitteln (vergleiche § 8 Abs. 3 Satz 2 BBodSchV),
  2. mögliche Ursachen, auch außerhalb der Erosionsfläche, zu identifizieren (vergleiche Anhang 4 Nr. 2 Satz 1 Buchst. b BBodSchV),
  3. Erkenntnisse und Daten für die Bewertung der Beeinträchtigung der Bodenfunktionen zu gewinnen und
  4. eine eventuelle Betroffenheit anderer Schutzgüter festzustellen.

Im Rahmen der Ortsbegehung kann als fachliche Arbeitshilfe das BVB-Merkblatt 1, Modul 1 und 2 herangezogen werden.

3.3 Ursachen im Sinne von Nummer 3.2 Buchst. b können einzeln oder in Kombination sein:

  1. außerhalb der Erosionsfläche liegende Umstände, insbesondere Fremdwasserzutritt,
  2. in der Bewirtschaftung der Erosionsfläche liegende Umstände, insbesondere gekennzeichnet durch die unzureichende Einhaltung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung (§ 17 Abs. 2 BBodSchG),
  3. in der Struktur der Erosionsfläche und der umliegenden Flächen liegende Umstände,
  4. Extremniederschlagsereignisse.

Mögliche Ursachen für erhebliche Bodenabträge aufgrund von Bodenerosion durch Wasser sind in Tabelle 1.1 des BVB-Merkblatts 1 erläutert.

3.4 Im Ergebnis der Auswertung der Ortsbegehung erstellt das ALFF einen Bericht für die UBB. Dieser enthält

  1. eine Bewertung, ob (nach den Kriterien von § 8 Abs. 1 BBodSchV) eine schädliche Bodenveränderung oder der hinreichende Verdacht hierauf vorliegt,
  2. Angaben dazu, welche Ursachen vorliegen oder in Betracht kommen,
  3. eine Bewertung, ob die sich aus den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis ergebenden Anforderungen an die Gefahrenabwehr nach § 17 Abs. 3 BBodSchG eingehalten sind (vergleiche § 18 Abs. 4 Satz 2 BodSchAG LSA),
  4. eine Einschätzung, ob eine Gefahrenabwehr mit einfachen Mitteln möglich erscheint (vergleiche § 3 Abs. 5 Satz 2 BBodSchV) und
  5. Vorschläge zum weiteren Vorgehen.

Dabei kann die Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (LLFG) durch das ALFF beteiligt werden.

3.5 Für die Beurteilung der Erheblichkeit der ausgeschwemmten Mengen gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 BBodSchV ist die Beeinträchtigung der Bodenfunktionen auf der Erosionsfläche und gegebenenfalls der Depositionsfläche maßgeblich.

Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für weitere Schutzgüter sind dabei bodenschutzrechtlich nur insoweit von Belang, als diese unmittelbar durch beeinträchtigte Bodenfunktionen (§ 2 Abs. 2 BBodSchG) auf der Erosionsfläche oder der Depositionsfläche verursacht wurden.

Erkenntnisse über die Befrachtung von versiegelten Flächen, Gewässern oder anderen Schutzgütern mit Bodenmaterial können bodenschutzrechtlich nur als Anhaltspunkte im Sinne von § 8 Abs. 2 BBodSchV gewertet und gegebenenfalls bei der Abschätzung der von der Verdachtsfläche abgeschwemmten Menge herangezogen werden.

Für die Beurteilung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchV, ob der. Austrag weiterer erheblicher Mengen Bodenmaterials aus der Erosionsfläche zu erwarten ist, können im Einzelfall eine rückblickende Betrachtung sowie fachliche Modelle herangezogen werden (vergleiche Anhang 4 BBodSchV).

3.6 Als Vorschläge zum weiteren Vorgehen kommen einzeln oder in Kombination insbesondere in Betracht:

  1. Maßnahmen gegen außerhalb der Erosionsfläche liegende Ursachen, wie Fremdwasserzutritt, gegebenenfalls unter Beteiligung weiterer dafür zuständiger Behörden,
  2. erosionsmindernde Maßnahmen entsprechend den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung (§ 17 Abs. 2 BBodSchG),
  3. Verbesserung der Struktur der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Hinblick auf den Erosionsschutz, insbesondere durch Nutzungsänderungen und Anlage von Strukturelementen und
  4. Detailuntersuchung zur weiteren Sachverhaltsaufklärung und Gefährdungsabschätzung.

Fachlich geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sind in Kapitel 2.3 mit Tabelle 2.1 und Abbildung 2.2 des BVB-Merkblatts 1 aufgeführt.

4. Gefahrenabwehr mit einfachen Mitteln

4.1 Wenn nach Auffassung der UBB unter Berücksichtigung der Stellungnahme des ALFF zumindest ein hinreichender Verdacht für eine schädliche Bodenveränderung besteht und die Gefahren mit einfachen Mitteln abgewehrt werden können, kann gemäß § 3 Abs. 5 BBodSchV von der sonst regelmäßig erforderlichen Detailuntersuchung (vergleiche § 2 Nr. 4 und § 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV) abgesehen werden. Voraussetzungen dafür sind grundsätzlich, dass

  1. die wesentlichen Ursachen der Gefahren ermittelt sind und
  2. geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen bestimmt werden können.

4.2 Die UBB gibt dem ALFF Gelegenheit, unter Beteiligung der LLFG geeignete erosionsmindernde Maßnahmen zu empfehlen (vergleiche § 8 Abs. 6 Satz 1 BBodSchV in Verbindung mit § 18 Abs. 4 Satz 1 BodSchAG LSA). Das ALFF berät unter Berücksichtigung der Vorschläge der LLFG den Bewirtschafter oder die Bewirtschafterin der Fläche. Es dokumentiert die Beratungsempfehlung und übergibt die Dokumentation dem Bewirtschafter oder der Bewirtschafterin sowie nachrichtlich der UBB. Darin soll auch darauf hingewiesen werden, dass gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 BBodSchV über die getroffenen Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen Aufzeichnungen zu führen sind. Diese sind unter anderem erforderlich, weil die zu treffenden Maßnahmen auch von wechselnden Witterungs-, Vegetations- und Bodenzustandsbedingungen abhängen können.

Die UBB informiert den Bewirtschafter oder die Bewirtschafterin über die Aufnahme der Erosionsfläche als Verdachtsfläche oder schädliche Bodenveränderung sowie über die Aufnahme der Beratungsempfehlung in die Datei nach § 18 BodSchAG LSA.

4.3 Soweit erforderlich kontrolliert das ALFF die Einhaltung und den Erfolg der Beratungsempfehlung (vergleiche § 18 Abs. 4 Satz 2 BodSchAG LSA). Über das Ergebnis der Kontrolle informiert es die UBB, die dieses in die Datei nach § 9 BodSchAG LSA aufnimmt.

Soweit erforderlich kann die Beratungsempfehlung modifiziert oder ergänzt werden.

4.4 Folgt der Bewirtschafter oder die Bewirtschafterin der Beratungsempfehlung nicht, kann die UBB

  1. im Falle einer schädlichen Bodenveränderung (vergleiche insbesondere § 8 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchV) die in der Beratungsempfehlung enthaltenen Maßnahmen im Einvernehmen mit dem ALFF (§ 5 Abs. 5 Satz 3, § 8 Abs. 6 Satz 2 BBodSchV) anordnen,
  2. im Falle nur eines hinreichenden Verdachts auf eine schädliche Bodenveränderung oder bei Zweifeln über Ursachen oder taugliche Maßnahmen, eine Detailuntersuchung gemäß § 9 Abs. 2 BBodSchG anordnen.

4.5 Grundsätzlich sind auch unabhängig von der Beratungsempfehlung Anordnungen der UBB im Einvernehmen mit dem ALFF zulässig, wenn hierfür die Voraussetzungen vorliegen (vergleiche Nummer 4.1). Dabei kann im Einzelfall unter den restriktiven Bedingungen von § 10 Abs. 2 BBodSchG ein Ausgleichsanspruch bestehen.

4.6 Ursachen außerhalb der Erosionsfläche sind, soweit erforderlich unter Beteiligung weiterer in ihrer Zuständigkeit berührter Behörden, zu untersuchen und nach Möglichkeit zu beseitigen. Neben gegebenenfalls vorrangigen Regelungen anderer Rechtsbereiche kommt auch § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 BBodSchG als Rechtsgrundlage für Anordnungen der Bodenschutzbehörde zur "Gefahrenabwehr mit einfachen Mitteln" in Betracht.

5. Detailuntersuchung

Stehen bei hinreichendem Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung keine einfachen Mittel zur Gefahrenabwehr zur Verfügung, kann eine Detailuntersuchung (vergleiche § 2 Nr. 4 BBodSchV) erforderlich sein (§ 9 Abs. 2 BBodSchG, § 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV). Diese ist in der Regel von einem Sachverständigen gemäß § 18 Satz 1 BBodSchG vorzunehmen, der im Ergebnis seiner Bewertung geeignete Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vorschlagen soll. Wenn ein Flurneuordnungsverfahren durchgeführt wird, können die erforderlichen Untersuchungen im Rahmen dieses Verfahrens durchgeführt werden (vergleiche § 3 Abs. 1 Nr. 7 BBodSchG).

6. Inkrafttreten

Dieser RdErl. tritt am 1.9.2012 in Kraft.

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