umwelt-online: Schutz des Menschen vor den Gefahren der UV-Strahlung in Solarien (2)
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Tabelle 19: Zusammenfassung der Ergebnisse zur möglichen präventiven Wirkung von Vitamin D. Tabelle aus (DGE 2011)
Evidenz | ||||
überzeugend | wahrscheinlich | möglich | unzureichend | |
Stürze | ↓(Ältere) | |||
Funktionseinbußen des Bewegungsapparates | ↓(Ältere) | |||
Frakturen | ↓(Ältere) | |||
Krebskrankheiten gesamt | θ | |||
Kolorektales Karzinom | ↓ | |||
Brustkrebs | o | |||
Prostatakrebs | o | |||
maligne Tumore des Endometriums, Ösophagus und Magens, der Niere, Ovarien und des Pankreas sowie Non-Hodgkin-Lymphome | o | |||
Pankreaskrebs | o | (-)* | ||
Diabetes mellitus Typ 2 | θ | |||
Bluthochdruck | o**
(↓)** * | |||
kardiovaskuläre Krankheiten | ↓ | |||
Gesamtmortalität | ↓(Ältere) | |||
↓ Risikosenkung durch Vitamin-D-Supplementation (in Interventionsstudien) bzw. mit steSenden 25(OH)D-Serumkonzentrationen (in Beobachtungsstudien)
- Risikoerhöhung mit steigenden 25(OH)D-Serumkonzentrationen (in Beobachtungsstudien) o kein Zusammenhang θ unzureichende Evidenz * bei Serumkonzentrationen > 100 nmol/l ** bei Normotonikern bzw. Personen mit normaler Glucosetoleranz *** bei Hypertonikern |
Die Ergebnisse der Zusammenfassung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung decken sich somit mit großen Übersichtsstudien, die in den letzten Jahren von IARC und IOM vorgelegt wurden (IOM 2011, IARC 2008). Insbesondere IARC weist darauf hin, dass erst große, randomisiert kontrollierte Studien (RCTs) Aufschluss darüber geben können, ob ein Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Versorgung und Reduktion des Krebsrisikos besteht. IARC betont darüber hinaus die wesentliche Tatsache, dass überhaupt nicht geklärt ist, ob ein niedriger Vitamin-D-Spiegel nicht eher die Konsequenz einer Krebserkrankung als deren Ursache darstellt.
Vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser großen, erst kürzlich verfassten Übersichts-Analysen hat daher eine Expertengruppe im Rahmen eines von ICNIRP, WHO und BfS organisierten Workshops Anfang Dezember 2011 empfohlen, Verhaltensvorschläge für die Bevölkerung zur Vermeidung der Erhöhung des Hautkrebsrisikos ab bestimmten Werten des UV-Index nicht zu ändern (Allinson et al. 2012) (siehe Nummer 4).
3.2.3 Hautalterung
Die menschliche Haut unterliegt, wie alle anderen Organe, einem natürlichen Alterungsprozess. Im Unterschied zu anderen (inneren) Organen ist sie als Umwelt-Körper-Barriere dem Einfluss von natürlichen (Umwelt-) und künstlichen Belastungen, wie UV-Strahlung, ausgesetzt, die zu ihrer Alterung beitragen können. Vorzeitige Hautalterung ist von der kumulativen UV-Exposition und von der UV-Hautempfindlichkeit abhängig und tritt öfter bei Menschen mit hellem Hauttyp (Hauttyp I, II, siehe Nummer 3.1.4, Tabelle 13) auf. Durch die Ablagerung von Elastin direkt unterhalb der Dermis-Epidermis-Grenzschicht tritt vermehrt solare Elastose auf. Sie ist Ursache für die dann sichtbare UV-bedingte frühzeitige Hautalterung (Photoalterung), die sich durch starke, tiefe Faltenbildung (siehe Abbildung 28) und "Iedrige" Haut äußert. Weitere Merkmale der gealterten Haut sind verstärkte Pigmentierung, Trockenheit, und das Auftreten von Teleangiektasien (sichtbare Blutäderchen) (Yaar et al. 2002). Verglichen mit der photogealterten Haut erscheint sonnengeschützte gealterte Haut oft dünner, gleichmäßiger pigmentiert und schlaffer und zeigt meistens nur kleine, feine Falten (Yaar et al. 2002).
Als ein primärer Mechanismus, durch den UV-Strahlung (UVB und UVA) eine molekulare Antwort in menschlicher Haut initiiert, wird die Generierung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) in Hautzellen angesehen. Die ROS setzen sich vornehmlich aus Superoxid-Anionen (O2-), Peroxiden (H2O2), Hydroxyl-Radikalen (OH*) und Singulett-Sauerstoff (1O2) zusammen. Die genauen Mechanismen, wie diese ROS z.B. zu einer Rezeptoraktivierung und Signalübermittlung in die Zelle führen, sind noch nicht vollständig geklärt. Sicher ist jedoch, dass in Folge einer UV-Exposition das Bindegewebe der Haut geschädigt wird. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Induktion von Matrix-Metalloproteinasen (MMPs), wie z.B. der Kollagenase MMP-1, welche die zelluläre Matrix durch den Abbau von Kollagen zerstört (Angel et al. 2001, Karin et al. 1997). Darüber hinaus wird in Fibroblasten der Haut die Pro-Kollagen-Expression inhibiert (Fisher et al. 2002), wodurch zusätzlich in die Netto-Produktion von Kollagen nach UV-Bestrahlung eingegriffen wird (Fisher et al. 2000). Letztendlich resultiert hieraus eine charakteristische, nicht alters- sondern UV-Expositions-abhängige und damit frühzeitige Faltenbildung photogeschädigter Haut.
Abbildung 28: Chronisch UV-geschädigte Haut
3.2.4 Photodermatosen
3.2.4.1 Polymorphe Lichtdermatose
Die polymorphe Lichtdermatose (PLD) stellt mit 90 % aller genuinen Photodermatosen die häufigste Form dar (Berg 1989, Ros und Wennersten 1986). Die PLD wird häufig auch als "Sonnenallergie" bezeichnet, obwohl es sich nicht um eine allergische Erkrankung handelt; ein relevantes Photoallergen konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Das exakte Aktionsspektrum der polymorphen Lichtdermatose ist trotz zahlreicher Untersuchungen noch nicht genau bekannt. Indirekte Befunde, wie die Tatsache, dass bei Patienten die PLD auch induziert wurde, wenn sie durch Glasscheiben (die nur für UVA-Strahlung durchlässig sind) UV-exponiert wurden, deuten jedoch schon auf eine übergeordnete Bedeutung von UVA-Strahlung hin (Diepgen et al. 1989, Hönigsmann und Ortel 1988, Lindmaier und Neumann 1991).
Bei der PLD kommt es ausschließlich in den sonnenexponierten Hautpartien zu Juckreiz, Rötung, roten Knötchen (= papulöser Typ) oder roten Flecken (Plaque-Typ); seltener Knötchen mit Bläschen (papulo-vesikulöser Typ). Weil alle diese Hautveränderungen auftreten können, heißt die Lichtdermatose "polymorph" = vielgestaltig. Beim jeweiligen Patienten tritt jedoch immer nur eine dieser Krankheitsformen auf, das Hautbild ist dann eher monomorph (gleichförmig). Die Hautveränderungen finden sich bevorzugt in der vorderen Halspartie, im Brustausschnitt, an Armen und Handrücken, selten im Gesicht; gelegentlich und besonders im Kindesalter an den Ohrrändern. Die Hauterscheinungen treten einige Stunden nach Sonnenexposition auf, sie bilden sich im Laufe weniger Tage, auch ohne Behandlung, zurück. Sie können bei erneuter Sonnenexposition wieder auftreten.
3.2.4.2 Phototoxische, photoallergische Reaktionen
Phototoxische und photoallergische Reaktionen stellen weitere mögliche Folgen einer UV-Bestrahlung dar. Bei der phototoxischen Dermatitis werden Substanzen unter Einwirkung von UV-Strahlung durch photochemische Reaktionen so verändert, dass sie Entzündungen auslösen. Bei photoallergischen Reaktionen wird eine Substanz durch UV-Strahlung chemisch aktiviert, sodass sie an ein Makromolekül binden und so eine Sensibilisierung hervorrufen kann. Hat eine Sensibilisierung stattgefunden, können allergische Reaktionen ablaufen.
Bei der phototoxischen Reaktion tritt wenige Stunden nach Sonnenexposition in den exponierten Hautpartien ein Sonnenbrand auf mit Rötung, oft auch Schwellung und Blasenbildung; immer relativ scharf auf den Bestrahlungsbereich begrenzt. Wie bei einem üblichen Sonnenbrand kommt es auch hier zu einer nachfolgenden Bräunung (melanin-bedingte Pigmentierung) der Haut. Sie ist besonders bei phototoxischen Reaktionen, die durch äußerlichen Kontakt verursacht wurden, recht ausgeprägt und hält dann oft monatelang an. Insbesondere Kosmetika/Parfüme und andere Duftwässer, die Bergamottöle mit Furocumarinen als photosensible Moleküle enthalten, können eine phototoxische Reaktion auslösen, wenn die Substanzen so auf die Haut gebracht werden, dass anschließend die Sonne auf diese Hautpartie einwirken kann. Eine nicht zu unterschätzende Zahl von Medikamenten kann ebenfalls zu phototoxischen Reaktionen führen. Zu ihnen gehören Antibiotika, Diuretika, Retinoide, Antiepileptika, Antihistaminika, Antifungoide, Antidepressiva und andere (Cosa 2004, Lehmann 2004, Lugovi et al. 2007, Schauder 2005, Svensson et al. 2001). Eine Liste potenziell photosensibilisierender Medikamente ist in Anhang 4 zu finden. Weitere Listen mit photosensibilisierenden Medikamenten sind in der internationalen Literatur oder im Internet veröffentlicht (Aronson 2004, Litt 2000, Malone et al. 2003, Moore 2002).
Die photoallergischen Dermatosen beginnen in Hautpartien, auf die solare oder künstliche UV-Strahlung einwirkten. Sie können sich dann in benachbarte Hautpartien ausbreiten und in entfernte Hautregionen streuen. Ausbreitung und Streuung unterscheiden die photoallergische von den phototoxischen Dermatosen, die auf den Bereich der UV-Exposition begrenzt bleiben. Die Hautveränderungen gleichen denen einer üblichen allergischen ekzematösen Kontaktdermatitis: Rötung, Knötchen, Bläschen; in der Rückbildungsphase Schuppung. Unterschieden werden kann dabei die photoallergische Kontaktdermatitis, die durch ein auf die Haut aufgebrachtes, durch UV-Einwirkung verändertes Kontaktallergen ausgelöst wird, und die photoallergische Arzneimittelreaktion, bei der das Allergen über die Blutbahn in die Haut gelangt.
3.3 Augenschäden
Die Wirkung von UV-Strahlung auf das Auge hängt unter anderem von der Eindringtiefe der Strahlung, der Bestrahlungsintensität, der Expositionsdauer und dem zeitlichen Verlauf der Einwirkung ab. UV-Strahlung ruft im Auge dort Wirkungen hervor, wo sie absorbiert wird.
3.3.1 Das Kinderauge
Die Durchlässigkeit des Auges für UV-Strahlung (siehe Nummer 2.2.2) ist altersabhängig. Im Transmissionsspektrum der kindlichen Linse existiert zusätzlich zu den Verhältnissen im Erwachsenenauge (siehe Nummer 2.2.2) noch ein schmales Fenster um 320 nm, was dazu führt, dass ab dem Zeitpunkt der Geburt im kindlichen Auge ein Teil dieses Wellenlängenbereichs die Linse durchdringen kann (Glickman 2011, Söderberg 2011). Dieser Anteil nimmt mit dem Alter stetig ab. Im fünfzehnten Lebensjahr erreicht nur noch ca. 1 % der UV-Strahlung dieses Wellenlängenbereichs die Retina. Ab dem dreißigsten Lebensjahr ist dieses Transmissionsfenster geschlossen (Glickman 2011, Mainster und Turner 2010). Entsprechend kann das kindliche Auge gegenüber UV-Strahlung empfindlicher sein und ist zur Vorbeugung der im Folgenden beschriebenen Augenschäden bei hohen UV-Expositionen besonders zu schützen (Söderberg 2011 ).
3.3.2 Hornhautentzündung und Bindehautentzündung
UV-Strahlung hoher Intensität kann innerhalb von Stunden oder sogar von Minuten die vordersten Partien des Auges schädigen. Es kann zur Entzündung der Hornhaut (Photokeratitis) und zur Entzündung der Bindehaut (Photokonjunktivitis) kommen. Sie werden durch photochemische Reaktionen und daraus resultierendem oxidativem Stress in den Epithelzellen verursacht (Black et al. 2011, Cejka et al. 2012). Dabei werden die äußersten Zellen der Hornhaut und der Bindehaut zerstört. Die Schädigung macht sich sechs bis acht Stunden nach der Exposition durch starke Augenschmerzen bemerkbar. Der Geschädigte hat das Gefühl, als hätte er Sand in den Augen. Da in der Hornhaut und der Bindehaut ständig neue Epithelzellen nachgebildet werden, ist die Schädigung reversibel. Etwa ein bis zwei Tage nach Ersterkrankung tritt eine vollständige Heilung ein. Wirkungsspektren und Schwellenwerte für die Auslösung der Schädigungen sind in DIN 5031 Teil 10 (DIN 5031-10:2013-12) als Norm angegeben. Die Wirkungsspektren für Photokonjunktivitis und Photokeratitis sind in Abbildung 29 dargestellt. Die Schwellenbestrahlung zur Auslösung der Photokonjunktivitis wird in der Norm mit Hs,ko = 50 J/m2 angegeben. Als Schwellenbestrahlung für Photokeratitis wird in DIN 5031-10:2013-12 ein Wert Hs,ke = 100 J/m2 genannt.
Abbildung 29: Standardisierte Wirkungsspektren der Photokonjunktivitis und der Photokeratitis (Daten nach DIN 5031-10:2013-12)
Photokonjunktivitis und Photokeratitis können vor allem da auftreten, wo die Augen einer hohen UV-Bestrahlungsstärke ausgesetzt sind. Dies kommt z.B. beim Aufenthalt bei klarem Himmel auf Schneeflächen in den Bergen oder beim Elektroschweißen vor, wenn der Augenschutz nicht getragen wird. Die Erkrankung ist bei Bergsteigern als "Schneeblindheit" und bei Schweißern als "Verblitzen" bekannt und tritt hier relativ häufig auf.
3.3.3 Trübung der Augenlinse (Katarakt) durch UV-Strahlung
Eine langfristige oder häufig wiederholte Einwirkung von UV-Strahlung kann eine Trübung der Augenlinse (Grauer Star, Katarakt) hervorrufen. Durch photochemische Reaktionen werden in den Linsenzellen bestimmte Proteine (sogenannte Cristalline) verändert. Dies kann - auch in Verbindung mit anderen Faktoren, wie z.B. einer Diabetes-Erkrankung - zu einer Pigmentierung der Zellen und zur Trübung der Linse führen. Dieser Prozess schreitet im Laufe der Zeit immer weiter fort, bis schließlich das Sehen stark eingeschränkt ist oder sogar eine vollständige Erblindung eintritt. Da in der Augenlinse - anders als in anderen Geweben des Körpers - keine neuen Zellen nachgebildet werden, ist diese Schädigung irreversibel. Trübungen der Augenlinsen können verschiedene Ursachen haben: Die Einwirkung von ionisierender, infraroter und ultravioletter Strahlung, langfristige Einnahme bestimmter Medikamente sowie bestimmte Erkrankungen, wie z.B. Diabetes (Werdermann 2016). Bei UV-induzierten Katarakten können UVA-Strahlung und UVB-Strahlung schädigend wirken (Müller-Breitenkamp et al. 1999), wobei neuere Untersuchungen auf eine verstärkte Rolle von UVB-Strahlung hinweisen (Okuno et al. 2012). Ein genaues Wirkungsspektrum für die Trübung der menschlichen Augenlinse durch Langzeiteinwirkung von UV-Strahlung ist bisher nicht bekannt. Wirkungsspektren wurden bisher nur für Kurzzeiteinwirkungen im Tierversuch ermittelt (NRPB 2002, Okuno et al. 2012).
Katarakte stellen durchaus weltweit ein ernstzunehmendes Gesundheitsproblem dar. Risikofaktoren für eine Katarakt sind, neben einer starken genetischen Komponente, Rauchen und UV-Exposition (Brian und Taylor 2001). Es wird abgeschätzt, dass ca. 5 % aller Katarakte auf UV-Einwirkung zurückgehen (Neale et al. 2003). In Entwicklungsländern, in welchen die medizinische Versorgung oft unzureichend und meist auch die Sonneneinstrahlung hoch ist, tragen sie erheblich zur Erblindung großer Teile der Bevölkerung bei. Schon 1990 wurde davon ausgegangen, dass in Indien mehr als drei Millionen Menschen auf Grund von Katarakten pro Jahr erblinden (Minassian und Mehra 1990). Neuere epidemiologische Untersuchungen aus China erweisen einen überzeugenden Zusammenhang zwischen der solaren UV-Exposition und der Katarakthäufigkeit (Wang et al. 2012). Diese Problematik wird auch von anderen Autoren hervorgehoben (Lucas 2011).
Die UV-Bestrahlungsstärke, die eine solche Erkrankung bewirkt, liegt weit unterhalb derjenigen, die zu einer akuten Hornhaut- oder Bindehautentzündung führt. Wesentlich ist die lange Einwirkungsdauer, meist über mehrere Jahrzehnte. Die Erkrankung kann durch künstliche UV-Strahlungsquellen hervorgerufen werden. Ein Beispiel ist der Fall einer Arzthelferin, die jahrelang mit ungeschützten Augen Kleinkindern Bestrahlungen mit der Höhensonne verabreichte. In diesem Fall gelang es, eine schädigende UV-Dosis zu bestimmen (Siekmann et al. 1997). Aber auch durch solare UV-Strahlung kann ein Grauer Star verursacht werden. Dies betrifft etwa Personen, die sich beruflich häufig im Freien aufhalten, wie z.B. Landwirte oder Seeleute. Darüber hinaus kann die Erkrankung jeden treffen. Als sog."Altersstar" tritt sie bei Menschen ab Ende des siebten Lebensjahrzehnts verstärkt auf (Werdermann 2016). Mit weiter zunehmendem Alter nimmt der Anteil der an Grauem Star Erkrankten in der Bevölkerung dann stark zu. Insgesamt ist die Linsentrübung eine sehr häufig auftretende Erkrankung. Die heutige Operationstechnik lässt allerdings den Ersatz der getrübten Linse durch eine Kunststofflinse zu. Jährlich werden in Deutschland etwa 700.000 Kataraktoperationen durchgeführt (Werdermann 2016). Weltweit ist die Katarakt auf Grund unzureichender Gesundheitsversorgung aber immer noch die häufigste Ursache für den Verlust des Sehvermögens (Bourne et al. 2013, Thylefors 1998).
Es ist derzeit nicht geklärt, ob es sich bei der Entstehung der Katarakt um einen stochastischen oder deterministischen Prozess handelt (SSK 2009).
3.3.4 Andere Erkrankungen des Auges mit möglicher UV-Abhängigkeit
Neben der Kataraktbildung gibt es noch weitere Krankheitsbilder, bei denen eine Abhängigkeit von UV-Strahlung mit großer Wahrscheinlichkeit vorliegt oder vermutet wird. Hierzu gehören das Pterygium (conjunctivae), die Pinguekula und die Plattenepithelkarzinome der Augenlinse bzw. der Bindehaut sowie okulare Melanome.
Beim Pterygium (= "Flügelfell") handelt es sich um eine degenerative, im Lidspaltenbereich gelegene, meist bilaterale, bevorzugt nasale Bindehauthyperplasie, die in dreieckiger Form auf die Hornhaut von der nasalen Bindehaut aus vorwächst. In seltenen Fällen erreicht das Pterygium ein solches Ausmaß, dass die Pupille bedeckt und damit der Sehvorgang beeinträchtigt wird. Neben wiederholter Fremdkörper-Einwirkung (Sand, Staub etc.) wird UV-Strahlung für die Entstehung des Pterygiums verantwortlich gemacht (Threlfall und English 1999).
Bei der Pinguekula ("Lidspaltenfleck") handelt es sich um eine fibrös-fettige degenerative Veränderung der interpalpebralen Bindehaut. Sie weist pathologische Veränderungen auf, die denen der aktinischen Elastose der Haut ähneln, sodass UV-Strahlung als verursachender Auslöser diskutiert wird. Allerdings ist die epidemiologische Evidenz für einen Zusammenhang immer noch schwach (Norn 1979, Norn 1982).
Eine starke Evidenz besteht für die UV-abhängige Induktion von Hauttumoren auf dem Augenlid. Dabei handelt es sich zu 90 % um BCCs und 9 % um SCCs (Yam und Kwok 2014).
Auch im Auge kann es durch Einwirkung von UV-Strahlung zu Neoplasien kommen. Plattenepithelkarzinome der Augenlinse und der Bindehaut treten üblicherweise in der Lidfalte auf (Sun et al. 1997), einer Lokalisation, die UV-exponiert ist. Diese Neoplasien sind selten, treten aber vermehrt bei Individuen auf, die am Xeroderma Pigmentosum-Syndrom leiden, welches durch extrem hohe Empfindlichkeit gegenüber UV-Strahlung charakterisiert ist und auf DNA-Reparatur-Defekten für UV-induzierte DNA-Schäden beruht (Sun et al. 1997). Breitengrad-abhängige Untersuchungen sowie Tierexperimente zeigen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen UV-Exposition und Plattenepithelkarzinomen an der Augenlinse und Bindehaut (Kusewitt et al. 2000, Newton et al. 1996).
In Bezug auf okulare Melanome geht die WHO in ihrer Environmental Burden of Disease Series, No 13: "Solar Ultraviolet Radiation" des Jahres 2006 (Lucas et al. 2006b) davon aus, dass es eine "nicht ausreichende" Evidenz für den Zusammenhang zwischen natürlicher UV-Exposition und dem Auftreten okularer Melanome gibt.
Eine im Jahr 2005 veröffentlichte Metaanalyse (Shah et al. 2005) befindet sich teilweise mit dieser Aussage in Übereinstimmung, findet aber, dass Expositionen, die beruflich bei Schweißvorgängen (bei denen UV-Strahlung emittiert wird) auftreten, einen Risikofaktor für die okularen Melanome darstellen.
Stang und Mitarbeiter wiesen 2006 darauf hin (Stang et al. 2006), dass über die Inzidenz der uvealen Melanome (das sind Melanome, die in der pigmentierten, Melanozyten-reichen Mittelschicht, der Uvea, des dreischichtigen Augenaufbaus, Corneosclera-Uvea-Retina, entstehen) nur wenig Information vorhanden ist, da diese Melanome schlecht oder gar nicht registriert werden. In zwei Fall-Kontroll-Studien konnten die Autoren aber zeigen, dass die Inzidenz der uvealen Melanome auf niedrigem absolutem Niveau (zwei bis zehn Fälle/1.000.000) zunimmt. Dieselbe Arbeitsgruppe zeigt in einer neuen Studie (Schmidt-Pokrzywniak et al. 2009), dass anscheinend ein positiver Zusammenhang zwischen heller Iris-Farbe und UV-Exposition in Bezug auf das Risiko uvealer Melanome besteht.
Auch in einer neueren Übersichtsarbeit zeigen epidemiologische Daten nur eine schwache Evidenz für den Zusammenhang zwischen natürlicher UV-Exposition und dem Auftreten uvealer Melanome (Mallet et al. 2014). In molekularbiologischen Untersuchungen uvealer Melanome konnten allerdings in häufig betroffenen Genen des uvealen Melanoms (GNAQ, GNA11 und RAC1) UV-spezifische Mutationen nachgewiesen werden. In den gleichen Genen traten auch nicht-UV-spezifische Mutationsmuster auf, wie sie auch im häufig mutierten BRAF-Gen des malignen Melanoms der Haut vorliegen.
Zukünftige Forschung wird zeigen müssen, wie evident ein Zusammenhang zwischen UV-Exposition und uvealem Melanom-Risiko belegt werden kann.
Unter dem Begriff Makuladegeneration wird eine Gruppe von Erkrankungen der Netzhaut zusammengefasst, die den gelben Fleck (Macula lutea) betreffen und in deren Verlauf es zu einem allmählichen Funktionsverlust der verschiedenen Netzhautzellen kommt. Die weitaus häufigste Form ist die altersbedingte Makuladegeneration (AMD). Da UV-Strahlung im Erwachsenenauge fast vollständig durch Hornhaut und Linse absorbiert wird, ist ein Zusammenhang zwischen UV-Exposition und dem Auftreten einer AMD nicht zu erwarten. Dies belegt eine Vielzahl von Studien in einer Übersichtsarbeit von Yam und Kwok (Yam und Kwok 2014). Andererseits wurde in einer aktuellen Metaanalyse ein 38 % erhöhtes AMD-Risiko im Zusammenhang mit Sonnenexposition gefunden (Sui et al. 2013). Neue molekularbiologische Untersuchungen zeigen, dass es in der Makularegion gehäuft zu Deletionen in der mitochondrialen DNA kommt, die auf oxidative Schäden zurückgeführt werden können (Gendron et al. 2013) und die auch nach UV-Exposition in der Haut auftreten. Man geht zurzeit davon aus, dass sichtbares Licht und hier insbesondere der Blauanteil (440 nm bis 500 nm) zu Netzhautschädigung führen kann und so an der Entstehung von AMD beteiligt ist. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der geringe Anteil an UV-Strahlung, der die Retina erreicht, auch zur AMD beiträgt.
3.4 Zusammenfassende Bewertung
Im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Debatte um (mögliche) positive gesundheitliche Wirkungen von UV-induziertem Vitamin D sieht die SSK keine Notwendigkeit, Empfehlungen, die zur UV-Protektion und zur Minimierung des Hautkrebsrisikos gegeben wurden, zu ändern.
Beim augenblicklichen Stand der Kenntnis genügt es für eine ausreichende Vitamin-D-Synthese, Gesicht, Hände, Arme und Unterschenkel unbedeckt und ohne Sonnenschutz zwei- bis dreimal pro Woche der Hälfte der minimalen sonnenbrandwirksamen UV-Dosis (0,5 MED) auszusetzen. Ein gesundheitsrelevanter Vitamin-D-Mangel kann durch geeignete Medikation unter ärztlicher Kontrolle therapiert werden.
Von zusätzlicher solarer oder künstlicher (Solarien-)UV-Exposition wird, wegen des Schädigungspotenzials von Augen und Haut, insbesondere aber wegen der damit verbundenen Erhöhung des Hautkrebsrisikos, abgeraten. Dies gilt auch für Menschen höheren Alters, da bei ihnen von einer erheblichen UV-Vorschädigung ausgegangen werden muss.
4 UV-Index
Der UV-Index (UVI) wurde 1994 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem United Nations Environmental Programme (UNEP), der World Meteorological Organization (WMO) und der International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) eingeführt. Der UVI stellt einen international harmonisierten Indikator für die an einem Messort herrschende UV-Bestrahlungsstärke dar. Er eignet sich zur Abschätzung des individuellen Sonnenbrandrisikos beim Aufenthalt im Freien.
Der UVI ist ein Maß für die erythemgewichtete Bestrahlungsstärke solarer UV-Strahlung, die auf einer horizontalen Fläche auftrifft, und wird entsprechend Gleichung 6 bestimmt (Naldi et al. 2000):
(6)
Eer: erythemwirksame Bestrahlungsstärke [Wm-2]
Eλ (λ ). spektrale Bestrahlungsstärke [Wm-2nm-1]
Ser,rel(λ ): relative spektrale Empfindlichkeit für das UV-Erythem (CIE-Referenzaktionsspektrum; ISO 17166:1999/CIE S 007/E-1998)
Dabei ist der Normierungsfaktor ker = 40 m2W-1. Üblicherweise wird der UV-Index ganzzahlig angegeben.
Der UV-Index entspricht einer momentanen Größe zu einem bestimmten Zeitpunkt nach Gleichung 6. Bei Wettervorhersagen wird häufig nur der maximale für einen Tag zu erwartende UV-Index-Wert angegeben. Durch Einführung der Konstante k stellt der UVI eine dimensionslose Zahl dar. Dabei entspricht einem UVI 1 nach Gleichung 6 eine erythemgewichtete Bestrahlungsstärke Eer = 0,025 Wm-2 und einem UVI 12 eine Bestrahlungsstärke Eer = 0,3 Wm-2.
Es wurde international festgelegt, den UVI stets in ganzen Zahlen anzugeben. Diese Vereinbarung wird bei der Veröffentlichung der UVI-Prognose und der ermittelten UVI-Tageswerte auf den Internetseiten des BfS und der Wetterdienste 4 berücksichtigt. Häufig werden aber auch Tagesgänge von UVI-Werten oder momentane UVI-Werte veröffentlicht. Entsprechend einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission aus dem Jahr 2004 sollte der Tagesspitzenwert des UVI explizit mit dem Kürzel "max." gekennzeichnet werden (SSK 2004).
UVI - eine weltweit einheitliche Größe
Ein UVI 7 ist in Deutschland genauso zu bewerten wie der gleiche Wert in Kenia oder Kanada. Am Äquator können Werte des UVI von etwa 12 und höher erreicht werden. In Deutschland können im Sommer UVI-Werte 8 bis 9 erreicht werden, in den Hochlagen der süddeutschen Gebirgsregionen sogar noch höhere Werte. Je höher der UVI ist, desto schneller kann bei ungeschützter Haut ein Sonnenbrand auftreten.
UVI - Einflussfaktoren
Der UVI hängt von meteorologischen Faktoren und dem Sonnenstand ab; er ändert sich mit der Tageszeit, der Jahreszeit und der geografischen Breite. Die Gesamtozonkonzentration in der Atmosphäre (nicht zu verwechseln mit der bodennahen Ozonkonzentration bei "Sommersmog"), die Bewölkung und die Höhenlage eines Ortes spielen ebenfalls eine Rolle. Starke Bewölkung kann den UVI reduzieren, leichte Bewölkung verringert den UVI dagegen kaum. Bei besonderen Bewölkungssituationen kann sich der UVI durch zusätzliche Streustrahlung gegenüber dem UVI bei klarem Himmel sogar erhöhen.
Anwendung des UVI
Der UV-Index wird in den letzten 20 Jahren seit seiner Einführung über die Medien kommuniziert, um der Bevölkerung eine Möglichkeit der täglichen Einschätzung der solaren UV-Exposition und der damit verbundenen Risiken und den zu ergreifenden Schutzmaßnahmen an die Hand zu geben (siehe Abbildung 30).
Der UV-Index ist ein Indikator für die Gefährdung durch solare UV-Strahlung beim Aufenthalt im Freien. Häufig wird aber auch versucht, aus dem UV-Index auf die Höhe der UV-Exposition der Haut einer Person zu schließen. Es wird dann die dem UV-Index entsprechende UV-Bestrahlungsstärke der Hautexposition gleichgesetzt ("UV-Index = Haut-exposition"). Daraus werden dann Zeiten ("Eigenschutzzeiten") berechnet, bis zu denen Personen bestimmter Hauttypen (siehe Nummer 3.1.4, Tabelle 13) mutmaßlich exponiert sein können, bevor ein Hauterythem auftritt. Die Gleichsetzung von UV-Index und Hautexposition ist jedoch nicht korrekt, da sich personenbezogene Expositionen an bestimmten Körperstellen von der ortsbezogenen Immission wesentlich unterscheiden können. Sie können niedriger, gleich oder höher als die Immission sein.
Aus den folgenden Gründen kann die UV-Bestrahlungsstärke auf der Haut höher sein als die dem UV-Index entsprechende UV-Bestrahlungsstärke:
Die Angabe einer aus dem UV-Index und einer normativ festgelegten Erythem-Schwellendosis berechneten Eigenschutzzeit berücksichtigt auch nicht die tatsächlich vorliegende Variation der Hautempfindlichkeit verschiedener Personen. Aus den oben genannten Gründen können alleine von den UVI-Werten keine exakten Eigenschutzzeiten abgeleitet werden.
Der UV-Index ist ein allgemeiner Indikator für die Höhe der möglichen Gefährdung beim ungeschützten Aufenthalt im Freien. Je höher der UV-Index ist, desto höher ist die mögliche UV-Belastung und desto notwendiger sind Sonnenschutzmaßnahmen zur Vermeidung von Sonnenbränden und Spätschäden wie z.B. Hautkrebs (siehe Abbildung 30). So angewendet, ist der UV-Index eine wertvolle Hilfe zum Schutz vor Schädigungen durch die UV-Strahlung der Sonne.
Abbildung 30: International konsentierte Empfehlungen zum UV-Schutz in Abhängigkeit vom UV-Index (Grafik: Bundesamt für Strahlenschutz, http://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/uv-index/uv-index_node.html)
Schon 2005 befasste sich ein internationaler Workshop zum Thema UV-Schutz und Vitamin D in einem "International workshop on UV exposure guidance" mit "ausgewogenen Botschaften", die sowohl zu einer Vermeidung von Hautkrebs als auch einem optimalen Vitamin-D-Status beitragen sollen (ICNIRP 2006). Der Workshop zeigte einige Lücken in der wissenschaftlichen Erkenntnis auf und definierte daraufhin Empfehlungen für zukünftige wissenschaftliche Untersuchungen (McKinlay 2006).
Seit dem Workshop im Jahr 2005 ist die wissenschaftliche Debatte um den Zusammenhang UV-Strahlung-Risiko für eine Hautkrebs-optimale Vitamin-D-Versorgung nicht abgerissen, und auf wissenschaftlichen Tagungen wurde diskutiert, ob der UV-Index und die mit ihm verbundenen empfohlenen Schutzmaßnahmen, vor dem Hintergrund neuer wissenschaftlicher Befunde, nicht überarbeitet werden müssten.
Aus diesem Grund haben ICNIRP, WHO und BfS Ende 2011 eine Arbeitsgruppe aus Experten zusammengerufen, um die wissenschaftlichen Grundlagen für den UVI zu überarbeiten und zu bewerten. Die Arbeitsgruppe erstellte einen Überblick über neue Arbeiten im Bereich Vitamin D und beleuchtete insbesondere auch die Rolle von UVA-Strahlung bei der Bestimmung des UVI und in der Photokarzinogenese (Allinson et al. 2012).
Die Expertengruppe kam zu folgenden zusammenfassenden Bewertungen:
Insbesondere für den Einsatz des UVI in Interventionskampagnen zur primären Prävention wurde festgestellt:
5 Solarien
Trotz der Tatsache, dass UV-Strahlung, die in Bestrahlungsgeräten in Solarien gezielt erzeugt wird, von IARC als "Karzinogen für den Menschen" (class la carcinogen) eingestuft wird (El Ghissassi et al. 2009), werden diese Geräte weltweit häufig genutzt (Bock et al. 2013, Diehl 2010, Dissel et al. 2009, Heckman et al. 2008, Koster et al. 2009, Schneider et al. 2013, Schneider und Krämer 2010, Schneider et al. 2009, Thomson et al. 2010). Ein Trend ist zu erkennen, dass diese Nutzung vermehrt durch Teenager (Koster et al. 2009, Thomson et al. 2010) und junge Erwachsene erfolgt (Bock et al. 2013, Diehl 2010, Schneider und Krämer 2010).
Eine kürzlich erschienene Studie aus Deutschland aus dem Jahr 2012 zeigt, dass hier 39 % der deutschen Bevölkerung zwischen 19 und 45 Jahren schon einmal ein Sonnenstudio besucht hat ("ever user"), ca. 15 % in den letzten 12 Monaten ("current user"). In der Gruppe der Minderjährigen nutzen ca. 5 %, in der Gruppe der Personen Hauttyp I und II ca. 9 % aktuell ein Solarium ("current user"). Positive Determinanten für die Nutzung von Solarien sind weibliches Geschlecht, Migrationshintergrund und Voll- oder zumindest Teilzeitbeschäftigung. Als Hauptgrund für die Nutzung von Solarien werden Entspannung und erhöhte Attraktivität angegeben (Schneider et al. 2013).
Leider gibt es bisher nur wenige Studien, die sich mit der spektralen Verteilung und mit den realen Bestrahlungsstärken von UV-Strahlung in Solarien befassen. Die wenigen publizierten Studien (bis zum Jahr 2013) zeigen aber, dass die erythemgewichteten Bestrahlungsstärken in vielen Geräten oft höher sind, als dies in Empfehlungen und nationalen bzw. internationalen Klassifikationen gefordert wird (Bonino et al. 2009, Facta et al. 2013, Gerber et al. 2002, Gies et al. 2011, Nilsen et al. 2011, Nilsen et al. 2008, Oliver et al. 2007). Dies gilt anscheinend in besonderem Maß für den UVA-Anteil des emittierten UV-Spektrums in Bestrahlungsgeräten, die in Sonnenstudios eingesetzt werden. Nilsen et al. haben in einer großen Studie dazu mehr als 190 UV-Bestrahlungsgeräte in 78 Sonnenstudios in Norwegen spektral vermessen. Es stellte sich heraus, dass die UVA-Bestrahlungsstärke im Mittel in der Gesichtsregion 5-mal so hoch war wie die Exposition in der natürlichen Sonne (35°N, Kreta, Mittagszeit). Auf der Bank und an der Decke des Bestrahlungsgerätes war die UVA-Bestrahlungsstärke noch 3,2-mal und 3,4-mal so hoch wie in der Sonne. Bei Spitzenwerten konnten im Solarium UVA-Expositionen gemessen werden, die 19-mal so hoch waren wie unter solarer Exposition. Die gemessenen UVB-Expositionen waren in den Solarien im Mittel geringer (0,7-mal bis 0,8-mal) als in der natürlichen Sonne. Die erythemgewichtete mittlere Bestrahlungsstärke in den Solarien entsprach der in der Sonne Kretas zur Mittagszeit (35°N) (Nilsen et al. 2011, Nilsen et al. 2012).
In Deutschland wird seit 2009 die UV-Exposition und die Nutzung von Solarien durch das Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung am Menschen (NiSG 2009, Yam und Kwok 2014) und die dazu gehörige UV-Schutz-Verordnung (UVSV 2011, Linos et al. 2012) geregelt. Entsprechend dieser gesetzlichen Regulierung darf die erythemgewichtete Bestrahlungsstärke im UVB+UVA-Bereich einen Wert von 0,3 W/m2 nicht überschreiten. Jugendlichen unter 18 Jahren ist die Nutzung von Solarien vom Solarienbetreiber zu verwehren. Seit November 2012 müssen die Solarienbetreiber ihren Kunden eine Beratung durch geschultes Fachpersonal anbieten. Weitere Details der UVSV sind in Liste 1 dargestellt.
Liste 1: Inhalte der UVSV (Auswahl)
• Eer (250 - 400 nm) | ≤ 0,3 W/m2 |
• E (200 - 280 nm) | ≤ 0,003 W/m2 |
Diese Werte sind auch in der EN 60335-2-27:2008 festgeschrieben
Es muss festgehalten werden, dass dieser - nunmehr rechtlich verbindlich geregelte - Wert von 0,3 W/m2 für die maximal erlaubte erythemgewichtete Bestrahlungsstärke in Solarien immer noch einem UV-Index 12 entspricht (bei senkrechter Einstrahlung); ein Wert, der der erythemgewichteten Bestrahlungsstärke der Sonne am Äquator zur Mittagszeit und bei wolkenlosem Himmel entspricht. Das bedeutet, dass auch unter diesen Bedingungen im Solarium nicht von einer risikofreien Exposition gesprochen werden kann. Dies wird z.B. durch neuere Studien und Metaanalysen belegt, die eindeutig den Zusammenhang zwischen Solarien-Nutzung und erhöhtem Hautkrebsrisiko zeigen (Berwick 2008, Coelho und Hearing 2010, Dorö und Chignol 2012, Fears et al. 2011, Lazovich et al. 2010). Die beste Evidenz für diesen Zusammenhang kommt jedoch von zwei großen Metaanalysen, welche in den letzten sieben Jahren veröffentlicht wurden. Schon 2007 veröffentlichte IARC eine Metaanalyse, welche Arbeiten zusammenfasste, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Solarien-Nutzung und Melanom-Risiko befasste. Es zeigte sich, dass die regelmäßige Nutzung von Solarien (einmal im Monat) vor dem 30. Lebensjahr mit einer 75 %-igen Erhöhung des Melanom-Risikos im späteren Leben verbunden ist (IARC 2007).
In einer neuen Meta-Analyse aus dem Jahr 2012 (Boniol et al. 2012a), welche jetzt 27 Studien einschließt, wird für den Vergleich der "jemals Nutzung" zur "niemals Nutzung" von Solarien eine Erhöhung des Relativen Risikos für die Entstehung eines Melanoms von 1,20 (95 % CI: = 1,08 bis 1,34) angegeben. Dieses Risiko erhöht sich auf 1,59 (95 % CI: 1,36 bis 1,85), wenn die erste Solarien-Nutzung vor dem 35. Lebensjahr erfolgte. Darüber hinaus konnte eine Dosis-Wirkungs-Beziehung berechnet werden, die zeigt, dass jede zusätzliche Solarien-Nutzung pro Jahr mit einer Erhöhung des Melanom-Risikos um 1,8 % (95 % CI: 0 % bis 3,5 %) einhergeht. Es wird weiterhin abgeschätzt, dass ca. 5 % aller Melanom-Neuerkrankungen in Europa auf Solarien-Nutzung zurückgeführt werden können (hauptsächlich auftretend bei Frauen). In der vorliegenden Meta-Analyse werden auch relative Risiken (RR) für das Auftreten von nicht-melanozytären Hautkrebsen (SCC, BCC) beim Vergleich von "jemals Nutzung" zu "niemals Nutzung" angegeben; SCC: RR = 2,23 (95 % CI: 1,39 bis 3,57), BCC: RR = 1,09 (95 % CI: 1,01 bis 1,18). Diese Daten unterstützen die Empfehlungen, Solarien nicht zu nutzen, in eindrucksvoller Weise und haben in vielen Ländern der Welt zu Regulierungen der Solarien-Nutzung oder sogar (in einigen Ländern) zum Verbot der Solarien-Nutzung geführt (Sinclair und Makin 2013).
5.1 UV-Strahlertypen und Strahlerspektren
Als künstliche UV-Strahlungsquellen werden in Solarien vorrangig Hg-Niederdruck-Fluoreszenzlampen (Leuchtstofflampen) eingesetzt. Teilweise werden auch - insbesondere für Teilkörperbestrahlungsgeräte sowie integrierte Gesichtsbräuner von Solarien - Metallhalogenid-Strahler eingesetzt. Diese Strahler sind mit Vorsatzfiltern versehen, um kurzwellige UVB/UVC-Anteile und IR-Anteile auszufiltern.
Durch das NiSG und die UVSV wurde die erythemwirksame Bestrahlungsstärke in Solariengeräten gesetzlich auf maximal 0,3 W/m2 begrenzt. Strahlungsspektren typischer Fluoreszenzstrahler für den Einsatz in Solarien vor und seit Einführung dieser Begrenzung sind in Abbildung 31(a) mit Angabe des Verhältnisses von UVB- zu UVA-Anteil im Spektrum abgebildet. Durch die Zusammensetzung des Leuchtstoffes kann das Strahlungsspektrum sowohl im UV-Bereich als auch im VIS-Bereich variiert werden. Die Emission der Solarienstrahler muss mit der Gerätekonstruktion derart abgestimmt sein, dass die Einhaltung der Bestrahlungsstärke-Obergrenze von Eer(250 nm bis 400 nm) ≤ 0,3 W/m2 auf dem Körper des Nutzers gewährleistet ist. Die Strahlungsspektren der Solarienstrahler gemäß 0,3 W/m2-Begrenzung sind deutlich in den längerwelligen UVA-Bereich verschoben.
Metallhalogenid-Strahler sind Hg-Mitteldruckstrahler unter Zugabe von Metallhalogeniden. Damit wird die Dichte der Resonanzlinien der Gasentladung zu einem quasikontinuierlichen Spektrum erhöht. Das Spektrum eines UVA-Gesichtsbräuners mit Metallhalogenid-Strahler und dessen spektrale Erythemwirksamkeit zeigt Abbildung 31b.
Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Beschränkung der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke für Solarien auf maximal 0,3 W/m2 und die damit verbundene Verschiebung der eingesetzten UV-Spektren in den längerwelligen UVA-Bereich nicht zu einer risikolosen Nutzung führt. Sowohl der verbliebene UVB-Anteil, der für die Erzeugung einer anhaltenden Bräunung erforderlich ist (siehe Nummer 3.1.4), als auch der nun erhöhte UVA-Anteil des Spektrums führen zu einer Schädigung des Erbgutes und können in letzter Konsequenz zur Hautkrebsentstehung beitragen (siehe Nummer 3.2.1).
Abbildung 31: Typische in Solarien eingesetzte künstliche UV-Strahlungsquellen (a.) UV-Fluoreszenzstrahlerspektren vor und seit Einführung der Begrenzung der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke auf 0,3 Wie mit höherem und geringerem UVB-Anteil und (b) ein Metallhalogenid-Strahlerspektrum mit spektraler Erythemwirksamkeit
5.2 Bauformen von Geräten zur kosmetischen Hautbräunung
In Deutschland werden über 90 % Liegegeräte eingesetzt. Standgeräte kommen kaum zum Einsatz (sind aber beispielsweise auf dem USA-Markt der bestimmende Geräteanteil). Typischerweise sind die Liegeflächen mit Acrylglas versehen, das bis in den UVB-Bereich strahlungsdurchlässig ist. Für die Bestimmung der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke zu ≤ 0,3 W/m2 ist die resultierende UV-Strahlung der verbauten Fluoreszenzstrahler und des Acrylglases zu berücksichtigen. Die tunnelartige Abdeckung enthält Fluoreszenzstrahler ohne oder mit zusätzlichen Gesichtsstrahlern. Dabei kommen Fluoreszenzstrahler mit höherem UVB/UVA-Anteil oder Metallhalogenid-Strahler zum Einsatz. Es gibt auch Bauformen, bei denen im Oberteil durchgängig Metallhalogenid-Strahler eingesetzt sind.
Für Teilkörperbestrahlungsgeräte, die vorrangig im häuslichen Bereich eingesetzt werden, kommen wie bei den o. g. Gesichtsbräunern sowohl Fluoreszenzstrahler als auch Metallhalogenid-Strahler zum Einsatz. Hier ist gemäß UVSV auf den kürzesten zulässigen Bestrahlungsabstand hinzuweisen, damit es zu keiner Überschreitung von Eer (250 nm bis 400 nm) ≤ 0,3 W/m2 kommt.
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Anhang 1 |
Tabelle A1 Terminologie der Größen und Einheiten zur Charakterisierung der UV-Strahlung (abgeleitet von DIN EN 14255-4:2007, Tabelle 1)
Symbole |
Größe (Erklärung) |
Maßeinheit |
Definiert in |
λ | Wellenlänge | nm | CIE 17.4 (1987) ref 845-01-14 |
λ1, λ2 | Grenzen des Wellenlängenbereichs Zifl | nm | DIN EN 14255-4 (2007) |
Δtexp | Expositionsdauer | s | DIN EN 14255-4 (2007) |
E | Bestrahlungsstärke | W/m2 (10 W/m2 = 1 mW/cm2) | CIE 17.4 (1987) 845-01-37 |
Eλ(λ) | spektrale Bestrahlungsstärke | W/(m2 · hm) | DIN EN 14255-4 (2007) |
H | Bestrahlung | J/m2 (10 J/m2 = 1 mJ/cm2) | CIE 17.4 (1987) 845-01-42 |
Hλ(λ) | spektrale Bestrahlung | J/(m2 · nm) | DIN EN 14255-4 (2007) |
sbiol(λ) | Wichtungsfunktion für einen photobiologischen Effekt | - | |
ser(λ) | Erythemwichtungsfunktion | - | ISO/CIE 17166 (1999) |
s(λ), seff(λ)* | Wichtungsfunktion für die Gefährdung durch Ultraviolettstrahlung (s(λ) = seff(λ))* | - | DIN EN 14255-4 (2007) * z.B. in ICNIRP (2004) |
Snmsc(λ) | Wichtungsfunktion für die Photokarzinogenese nicht-melanozytärer Hautkrebs (NMSC) | - | CIE S 019/E (2006a) |
Ebiol | biologisch effektive Bestrahlungsstärke | W/ m2 | |
Eer | erythem-effektive Bestrahlungsstärke | W/m2 | ISO/CIE 17166 (1999) |
Es; Eeff* | effektive Bestrahlungsstärke für die Gefährdung durch Ultraviolettstrahlung (ES = Eeff)* | W/ m2 | DIN EN 14255-4 (2007) * e. g. ICNIRP (2004) |
Enmsc | Non-Melanoma Skin Cancer effektive Bestrahlungsstärke | W/ m2 | DIN EN 14255-4 (2007) |
Her | erythem-effektive Bestrahlung | J/ m2 | ISO/CIE 17166 (1999) |
Hs; Heff* | Effektive Bestrahlung für die Gefährdung durch Ultraviolettstrahlung (Hs = Heff)* | J/ m2 | DIN EN 14255-4 (2007) * e. g. in ICNIRP (2004) |
Hnmsc | Effektive Bestrahlung bezüglich des NMSC-Risikos | J/ m2 | DIN EN 14255-4 (2007) |
SED | Standard-Erythemdosis (Her = 100 J/ m2 = 1 SED) | - | ISO/CIE 17166 (1999) |
MED | minimale Erythemdosis (individuelle UV-Response der Haut, gekennzeichnet durch eine gerade abgegrenzte zarte Rötung) | - | ISO/CIE 17166 (1999) |
luv | solarer UV-Index
ker = 40 m2/W) | - | CIE S 013 (2003) |
fSE | Hautexpositionsfaktor | - | ICNIRP (2007) |
γs | Sonnenhöhe (Winkel zwischen Horizont und der Sonne) | ° | |
SZA | solar zenith angle (Winkel zwischen der Sonne und der Normalen auf die Erdoberfläche) SZA = 90° - θs) | ° | |
* Die Wichtungsunktion für die Gefährdung durch Ultraviolettstrahlung wird in verschiedenen Quellen unterschiedlich benannt: s(λ) DIN EN 14255-4 (2007) und seff(λ) in ICNIRP (2004). Gemeint ist aber die gleiche Funktion. Unterschiedliche Benennungen gibt es entsprechend auch für die spektral gewichteten Größen Es bzw. Eeff und Hs bzw. Heff. |
Orientierende Abschätzung solarer UV-Exposition ohne Messung | Anhang 2 |
Die International Commission on Non-lonizing Radiation Protection (ICNIRP) hat gemeinsam mit der International Labour Organization (ILO) und der World Health Organization (WHO) ein Papier "Protection workers from UV radiation" erarbeitet (ICNIRP 2007). Mit Bezug auf sonnenexponierte Aufenthalte im Freien, bei denen keine Messdaten zum Ausmaß der solaren UV-Exposition verfügbar sind, wurden darin ein Haut-Expositionsfaktor A 1 (Skin Exposure Factor) sowie ein Augen-Expositionsfaktor A 2 (Ocular Exposure Factor) publiziert, über die dieses Ausmaß orientierend abgeschätzt werden kann.
Der Haut-Expositionsfaktor bestimmt sich multiplikativ aus einer Reihe Risikobewertungsfaktoren f1 bis f6, die die individuelle solare UV-Exposition beeinflussen:
Haut-Expositionsfaktor f2 * f3 * f4 * f5 * f6 (A 1)
Tabelle A2-2 stellt den Satz der Risikobewertungsfaktoren zusammen, die das Ausmaß der Hautexpositionen im Freien beeinflussen. Diese Faktoren sind nicht alle strikt unabhängig. Trotzdem ist es möglich, eine orientierende Abschätzung zu machen, wenn zumindest Basisfakten zu Lokalisation, Jahreszeit, vorgesehener Aufenthaltsdauer im Freien, Umfeld und Grad des UV-Schutzes bekannt sind oder abgeschätzt werden können. Nachdem die Faktoren für jede Situation bestimmt wurden (siehe Tabelle A2-2), werden sie multipliziert, um den Haut-Expositionsfaktor zu ermitteln.
In Tabelle A2-1 ist eine Klassifizierung der ermittelten Haut-Expositionsfaktoren und den davon abgeleiteten minimalen Schutzniveaus aufgelistet. Es werden die individuellen Schutzkomponenten angegeben, die für die einzelnen Klassen der Haut-Expositionsfaktoren empfohlen werden.
Tabelle A2-1: Leitfaden zur Bestimmung des minimalen Schutzniveaus für den Arbeitsplatz (ICNIRP 2007), Übersetzung Verfasser
Haut-Expositionsfaktor | benötigtes Hautschutzniveau |
< 1 | nichts erforderlich |
> 1, aber < 3 | Hemd, Hut mit Krempe |
> 3, aber < 5 | Langärmeliges Hemd und Hosen, Hut mit Krempe, Lichtschutzsubstanz mit LSF 15+ |
> 5 | Arbeitsumgebung und -gewohnheiten anpassen. Möglichst Schatten schaffen. Langärmeliges Hemd und Hosen, Hut mit Krempe, Lichtschutzsubstanz mit LSF 15+ |
Tabelle A2-2: Risikobewertungsfaktoren für die solar-exponierte Haut (ICNIRP 2007, Tabelle 9), Übersetzung Verfasser
Jahreszeit | Geographische Breite (Fakt f1) | ||
> 50° N oder S | 30° - 50° N oder S | < 30° N oder S | |
Frühling/Sommer | 4 | 7 | 9 |
Herbst/Winter | 0,3 | 1,5 | 5 |
Wolkenbedeckung | Faktor f2 | ||
Klarer Himmel | 1 | ||
Wechselhafte Bewölkung | 0,7 | ||
Bedeckter Himmel | 0,2 | ||
Expositionsdauer | Faktor f3 | ||
Ganztägig | 1 | ||
1 - 2 Stunden zur Mittagszeit | 0,5 | ||
Am frühen Morgen oder späten Nachmittag | 0,2 | ||
Bodenreflexion | Faktor f4 | ||
Frischer Schnee | 1,8 | ||
Trockener Sand, Meeresbrandung, Beton | 1,2 | ||
Alle anderen Oberflächen, auch offene Gewässer | 1 | ||
Bekleidung | Faktor f5 | ||
Oberkörper, Schultem und Arme ungeschützt | 1 | ||
Oberkörper geschützt, aber Arme und Beine exponiert | 0,5 | ||
Voll bekleidet, nur Hände und Gesicht exponiert | 0,02 | ||
Schatten | Faktor f6 | ||
Kein Schatten, z.B. offene Felder, Tundra, Strand, Meer | 1 | ||
Teilweise Schatten, z.B. lockere Bebauung, vereinzelte Bäume | 0,3 | ||
Guter Schatten, z.B. dichte Bebauung, Wald, Sonnendach | 0,02 |
Analog bestimmt sich der Augen-Expositionsfaktor multiplikativ aus einer Reihe der die individuelle solare UV-Exposition beeinflussenden Risikobewertungsfaktoren f1 bis f6 (siehe Tabelle A2-3 und Tabelle A2-4):
Augen-Expositionsfaktor f1 * f2 * f3 * f4 * f5 * f6 (A 2)
Tabelle A2-3: Leitfaden zur Bestimmung des minimalen Schutzniveaus für den Arbeitsplatz (ICNIRP 2007), Übersetzung Verfasser
Augen-Expositionsfaktor | benötigtes Augenschutzniveau |
< 1 | nichts erforderlich |
> 1, aber < 3 | Hut mit Krempe |
> 3, aber < 5 | Hut mit Krempe, Brillengläser oder Sonnenbrille |
> 5 | Rundum anliegender Augenschutz, Hut mit Krempe |
Tabelle A2-4: Risikobewertungsfaktoren für die solar-exponierten Augen (ICNIRP 2007, Tabelle 10), Übersetzung Verfasser
Jahreszeit | Geographische Breite (Faktor f1) | ||
> 50° N oder S | 30° - 50° N oder S | < 30° N oder S | |
Frühling/Sommer | 4 | 7 | 9 |
Herbst/Winter | 0,3 | 1,5 | 5 |
Wolkenbedeckung | Faktor f2 | ||
Klarer Himmel | 1 | ||
Wechselhafte Bewölkung | 1,5 | ||
Bedeckter Himmel | 0,8 | ||
Expositionsdauer | Faktor f3 | ||
Ganztägig | 1 | ||
1 - 2 Stunden zur Mittagszeit | 0,3 - 0,5 | ||
Am frühen Morgen oder späten Nachmittag | 0,2 | ||
Bodenreflexion | Faktor f4 | ||
Frischer Schnee | 1 | ||
Trockener Sand, Meeresbrandung, Beton | 0,1 | ||
Alle anderen Oberflächen, auch offene Gewässer | 0,02 | ||
Augenschutz | Faktor f5 | ||
Kein Augenschutz | 1 | ||
Sonnenbrille ohne Hut | 0,5 | ||
Klare Brillengläser ohne Hut | 0,5 | ||
Sonnenbrille oder Brille und Hut mit Krempe | 0,02 | ||
Schatten | Faktor f6 | ||
Kein Schatten, z.B. offene Felder, Tundra, Strand, Meer | 1 | ||
Horizont hinter Bergen oder Häusern, vereinzelte Bäume | 0,3 | ||
Horizont und teilweise Himmel durch Hochhäuser verdeckt | 0,02 |
Tabellen A2-1 bis A2-4 aus:
ICNIRP 2007 International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP). Protecting workers from ultraviolet radiation. Editors: Vecchia P, Hietanen M, Stuck BE, van Deventer E, Niu S. ICNIRP 14/2007, ISBN 978-3-934994-07-2, p. 52-55.
Abschätzung des UV-Index mit Hilfe der Schattenregel | Anhang 3 |
Ob es notwendig ist, Sonnenschutzmaßnahmen zu ergreifen, hängt von der aktuellen Stärke der Sonneneinstrahlung am Aufenthaltsort einer Person ab. Ein Maß für die Höhe der solaren UV-Bestrahlungsstärke ist der UV-Index. Die WHO empfiehlt die Anwendung unterschiedlicher Sonnenschutzmaßnahmen in Abhängigkeit von der Höhe des UV-Index. Sofern man den aktuellen UV-Index am Aufenthaltsort nicht aus dem Radio, dem Fernsehen oder dem Internet kennt, kann man den UV-Index grob selbst mit Hilfe der sog. Schattenregel abschätzen. Bei wolkenlosem Himmel hängt der UV-Index vom Sonnenstand, das heißt von der Höhe der Sonne über dem Horizont (Sonnenhöhenwinkel), ab. Da die Länge des Schattens eines senkrecht stehenden Gegenstandes ebenfalls vom Sonnenstand abhängt, kann man aus der Schattenlänge auf den UV-Index schließen.
Tabelle A3-1: Abschätzung des UV-Index in Abhängigkeit vom Sonnenstand und der zugehörigen Schattenlänge bei wolkenlosem Himmel. Berechnung mit dem Quick TUV Calculator, Eingaben: Sonnenzenitwinkel = (90°-Sonnenhöhenwinkel), Datum: 000630, Ozon: 300 DU, Albedo 0,1, Höhenlage: 0,0 km, Messhöhe: 0,0 km. http://cprm.acom. ucar.edu/ModelsiTUV/Interactive_TUV/, zuletzt aufgerufen am 29. Juli 2016)
Sonnenhöhenwinkel [°] | Verhältnis von Schattenlänge zur Höhe eines senkrecht stehenden Stabes | UV-Index |
37 | 1,33 | 3 |
42 | 1,11 | 4 |
45 | 1,00 | 4,6 |
47 | 0,93 | 5 |
52 | 0,78 | 6 |
56 | 0,67 | 7 |
61 | 0,55 | 8 |
66 | 0,45 | 9 |
Tabelle A3-1 ermöglicht eine einfache Abschätzung des UV-Index bei klarem Himmel: Teile die Länge des Schattens eines senkrecht stehenden Stabes (oder Menschen) durch seine Höhe. Suche in der zweiten Spalte der Tabelle A3-1 denjenigen Wert, der dem berechneten Verhältnis am nächsten kommt. In der gleichen Zeile ist in der letzten Spalte der UV-Index für diesen Sonnenstand zu finden. Bei einem Verhältnis der Schattenlänge zur Stabhöhe von kleiner als 1,3 wird die Anwendung von Schutzmaßnahmen entsprechend der WHO-Empfehlung (Naldi et al. 2000) für den abgeschätzten UV-Index empfohlen. Ist der Schatten kürzer als die Stabhöhe (Verhältnis ≤ 1,0), sollten in jedem Fall Sonnenschutzmaßnahmen ergriffen werden.
Anmerkung zur Berechnung: Diese Berechnung soll es ermöglichen, vor Ort den aktuellen UV-Index grob abzuschätzen und ggf. Sonnenschutzmaßnahmen nach der WHO-Empfehlung zu ergreifen. Der mit dem Quick TUV Calculator aus dem Sonnenhöhenwinkel berechnete UV-Index in Tabelle A3-1 gilt für mittlere Breitengrade auf der Erde (Mitteleuropa), klaren Himmel, Meeresniveau, normale Albedo und vergleichsweise niedrigen Ozongehalt in der Atmosphäre. Man liegt hinsichtlich des Ozongehaltes auf der sicheren Seite, d. h. es werden tendenziell höhere Werte des UV-Index berechnet als bei höherem Ozongehalt. Bei hoch gelegenen Orten, etwa in den Bergen, und zusätzlich mit Schneeunterlage kann der tatsächliche UV-Index höher als in Tabelle A3-1 liegen. Für Orte in Äquatornähe sollte Tabelle A3-1 nicht angewendet werden. Auch bei starker Bewölkung gilt der Zusammenhang in Tabelle A3-1 zwischen Sonnenstand und UV-Index nicht.
In Deutschland 2005 verwendete Medikamente, von denen Berichte über Photosensibilisierung vorliegen 1 | Anhang 4 |
Aus: Schauder, S., Phototoxische Reaktionen der Haut durch Medikamente. Dtsch Ärztebl. 2005; 102: A 2314-2319 [Heft 34 35]
Diuretika
Hydrochlorothiazid, Furosemid
Bendroflumethiazid
Amilorid, Etacrynsäure
Triamteren, Spironolacton
Xipamid 2
Nichtsteroidale Antiphlogistika
Naproxen, Ketoprofen
Tiaprofensäure
Piroxicam
Diclofenac
Phenylbutazon, Mefenaminsäure
Indometacin, Ibuprofen
Antimikrobielle Substanzen
Sulfamethoxazol/Trimethoprim, Sulfasalazin
Ciprofloxacin, Enoxacin, Lomefloxacin
Ofloxacin, Norfloxacin
Oxytetracyclin, Tetracyclin
Doxycyclin, Minocyclin
Isoniazid
Gentamicin
Griseofulvin, Nitrofurantoin
Substanzen gegen Malaria
Chloroquin
Chinin, Pyrimethamin
Mefloquin
Hydroxychloroquin
Antipsychotika
Chlorpromazin
Thioridazin
Promethazin
Chlorprothixen
Perazin, Fluphenazin, Promazin
Haloperidol
Antidepressiva
Amitriptylin, Trimipramin
Nortriptylin, Desipramin
Imipramin, Doxepin
Clomipramin 2
Kardiovaskulär wirksame Substanzen
Amiodaron, Nifedipin
Chinidin, Captopril, Enalapril
Fosinopril, Ramipril, Disopyramid
Hydralazin
Simvastatin
Antiepileptika
Carbamazepin, Lamotrigin
Phenobarbital, Phenytoin
Topiramat 2, Valproinsäure 2
Antihistaminika
Cyproheptadin
Diphenhydramin
Loratadin
Zytotoxische Substanzen
Fluorouracil, Vinblastin
Decarbazin, Procarbazin
Methotrexat
Azathioprin
Hormone
Corticosteroide, Östrogene, Progesterone, Spironolacton
Systemische Dermatika
Isotretinoin, Methoxsalen (= 8-Methoxypsoralen)
Andere
Goldsalze, Hämatoporphyrin
Die Liste mit circa 90 in Deutschland zugelassenen Medikamenten, von denen häufiger Berichte über photosensibilisierende (phototoxische und photoallergische) Wirkungen vorliegen, beruht auf den Angaben aus:
Schauder und Ippen 1988 | Schauder S und Ippen H. Photosensitivität. In: Manuale allergologicum V, Fuchs E und Schulz KH (eds), Dustri-Verlag, Deisenhofen 1988, 1-30 |
Malone et al. 2003 | Malone PM, Melville M, Staff DRE. Topical Drugs Photosensitivity, Greenwood Village: Micromedix, Colorado, 2003 |
Moore 2002 | Moore DE. Drug-induced cutaneous photosensitivity: incidence, mechanism, prevention and management. Drug Saf. 2002;25:345-372 |
_____
1) Bei der Definition einer "übermäßigen" UV-Exposition müssen unterschiedliche Faktoren, wie das individuelle, konstitutionelle Hautkrebsrisiko, aber auch die sehr variable sonnenbrandwirksame solare UV-Bestrahlungsstärke, die z.B. im UV-Index dargestellt wird, berücksichtigt werden.
Die in der wissenschaftlichen Begründung erläuterten photophysikalischen und photobiologischen Grundlagen, die Erläuterung des UV-Index (siehe Nummer 4) sowie die Darstellung der individuellen Risikofaktoren (siehe Nummer 3.2.1.4) sollen eine individuelle, situationsbezogene Einschätzung einer übermäßigen UV-Exposition ermöglichen und den gezielten Einsatz der im Folgenden empfohlenen Schutzmaßnahmen ermöglichen.
2) EC 2007
3) Mit Wirkung vom 1. Januar 2015 wurden multiple "aktinische Keratosen" - Vorstufen des Plattenepithelkarzinoms - sowie das Plattenepithelkarzinom selbst unter Bezug auf solare UV-Strahlung in die sogenannte Berufskrankheitenliste aufgenommen.
4) (http://www.bfs.de/DE/themen/opt/uv/uv-index/aktuell/aktuell_node.html), (http://kunden.dwd.de/uvi/max?uv_euro=ID1)
____
Anhang 4:
1) gelistet aufgrund der therapeutischen Wirkgruppe und des generischen Namens; innerhalb einer Wirkgruppe sind die Medikamente entsprechend der Häufigkeit von Berichten angeordnet, wonach sie eine Photosensibilisierung hervorgerufen haben.
Medikamente, über die etwa gleich häufig berichtet wurde, findet man in derselben Zeile. Kursiv gesetzte Wirkstoffe lösen auch photoallergische Reaktionen aus.
2) Medikamente, die nicht in der Liste von Moore (2002) vorkommen, den genannten Kriterien entsprechen und auf dem deutschen Markt sind.
____
Bekanntmachung einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission mit wissenschaftlicher Begründung - Schutz des Menschen vor den Gefahren solarer UV-Strahlung und UV-Strahlung in Solarien vom 18. Juli 2018 (BAnz AT vom 27.11.2018 B3)
Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission (SSK) mit wissenschaftlicher Begründung, verabschiedet in der 280. Sitzung der Kommission am 11./12. Februar 2016, bekannt gegeben (Anlage).
Vorwort
Vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Inzidenz der durch UV-Strahlung verursachten Hautkrebserkrankungen gibt die Strahlenschutzkommission (SSK) seit fast 30 Jahren Empfehlungen zum Schutz des Menschen vor solarer und künstlicher UV-Strahlung (z.B. bei der Anwendung von UV-Bräunungsgeräten) heraus (SSK 1990, SSK 1993, SSK 1997, SSK 2001). In den letzten 10 Jahren wurden neue wissenschaftliche Befunde zur Verfügung gestellt und eine noch breitere Datenbasis aufgebaut. So stufte z.B. die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2009 solare UV-Strahlung und UV-Strahlung aus künstlichen Quellen als karzinogen für den Menschen ein. Auch wurde vermehrt diskutiert, welche Rolle die UV-induzierte Vitamin-D-Synthese für die Gesundheit des Menschen spielt.
Die SSK hat deshalb die Notwendigkeit gesehen, den Stand der Forschung zu referieren und zu bewerten, ob auf Grundlage der neuen Befunde die bisherigen Empfehlungen geändert werden müssen. Gemäß denn diesbezüglichen Beratungsauftrag des Bundesumweltministeriums wurde insbesondere die Wirkung von UV-Strahlung auf die Bildung des körpereigenen Vitamin D betrachtet. Das resultierende Beratungsergebnis ersetzt die oben angeführten Empfehlungen und wissenschaftlichen Begründungen aus den Jahren 1990, 1993, 1997 und 2001. Die übrigen Informationen, Stellungnahmen und Empfehlungen der SSK zur UV-Strahlung heben Einzelaspekte hervor und bleiben davon unberührt.
Zur Erstellung des Entwurfs einer Empfehlung und ihrer wissenschaftlichen Begründung wurde die Arbeitsgruppe "Aktualisierung der SSK-Empfehlungen zu UV-Strahlung" des Ausschusses "Nichtionisierende Strahlen" der SSK eingesetzt, der die folgenden Mitglieder angehörten:
Die Diskussion um die Vitamin-D-Defizienz, die möglicherweise durch eine verminderte UV-Exposition herbeigeführt werden kann, hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren vermehrt die Nutzung von Solarien und/oder stärkere Expositionen durch solare UV-Strahlung beworben wurden. Es wird diskutiert, ob mögliche biopositive Effekte einer UV-induzierten Vitamin-D-Synthese die bekannten gesundheitlichen Risiken von UV-Strahlung überwiegen. Diese Entwicklung verfolgt die SSK kritisch und hat deshalb das komplexe Thema der UV-induzierten Vitamin-D-Synthese in der Haut, einer möglichen Vitamin-D-Unterversorgung und deren gesundheitliche Konsequenzen sowie das zu berücksichtigende erhöhte Hautkrebsrisiko in der nun vorliegenden wissenschaftlichen Begründung detailliert dargestellt.
Als Ergebnis dieser Überprüfung sieht die SSK keine Notwendigkeit, die bisherigen Empfehlungen, die zum UV-Schutz und zur Minimierung des Hautkrebsrisikos gegeben wurden, im Grundsatz zu ändern.
Dr. Beate Volkmer Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Aktualisierung der SSK-Empfehlungen zu UV-Strahlung" | Prof. Dr. Achim Enders Vorsitzender des Ausschusses "Nichtionisierende Strahlen" | Prof. Dr. Joachim Breckow Vorsitzender der Strahlenschutzkommission |
Inhaltsübersicht
Schutz des Menschen vor den Gefahren solarer UV-Strahlung und UV-Strahlung in Solarien - Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Schutz des Menschen vor den Gefahren solarer UV-Strahlung und UV-Strahlung in Solarien - Wissenschaftliche Begründung
ENDE |