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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.17. Mutagenität - In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

Stand: RL 2000/32/EG, ABl. 2000 L 136 S. 1

B.17.1. Methode

Diese Methode entspricht der OECD TG 476, In Vitro Mammalian Cell Gene Mutation Test (1997).

B.17.1.1. Einleitung

Der In-Vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen kann zum Nachweis von chemisch induzierten Genmutationen herangezogen werden. Zu den geeigneten Zellinien gehören Maus-Lymphomazellen L5178Y, die Zellinien CHO, CHO-AS52 und V79 des chinesischen Hamsters und menschliche Lymphoblastoidzellen TK6 (1). Mit diesen Zellinien werden in den gebräuchlichsten Systemen Mutationen an den Loci für Thymidinkinase (TK) und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT) sowie für ein Transgen von Xanthin-Guanin- Phosphoribosyltransferase (XPRT) nachgewiesen. Durch den TK-, HPRT- und XPRT-Mutationstest lassen sich unterschiedliche Spektren genetischer Ereignisse ermitteln. Die Autosomenlokation von TK und XPRT ermöglicht ggf. den Nachweis genetischer Ereignisse (z.B. großer Deletionen), die nicht am HPRT-Locus auf den X-Chromosomen feststellbar sind (2) (3) (4) (5) (6).

Beim In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen können Kulturen von etablierten Zellinien oder Zellstämmen zum Einsatz kommen. Die verwendeten Zellen werden unter dem Gesichtspunkt der Wachstumsfähigkeit in Kultur und der Stabilität der Spontanmutationshäufigkeit ausgewählt.

In vitro durchgeführte Versuche erfordern in der Regel den Zusatz eines exogenen Fremdstoff-Metabolisierungssystems. Mit diesem System lassen sich aber die In-vivo-Bedingungen bei Säugetieren nicht gänzlich nachvollziehen. Es sind unbedingt Bedingungen zu vermeiden, bei denen positive Ergebnisse auftreten, die nicht die intrinsische Mutagenität widerspiegeln und möglicherweise aus Veränderungen des pH-Wertes bzw. der Osmolalität oder hochgradiger Zytotoxizität herrühren (7).

Dieser Test dient zum Nachweis möglicher Mutagene und Karzinogene in Säugetierzellen. Viele chemische Verbindungen, bei denen der Test positiv ausfällt, haben eine karzinogene Wirkung auf Säugetiere, doch besteht keine absolute Korrelation zwischen Test und Karzinogenität. Die Korrelation ist von der chemischen Klasse abhängig, und es gibt zunehmende Anzeichen dafür, daß bestimmte Karzinogene durch diesen Test nicht nachweisbar sind, da ihre Wirkung anscheinend auf anderen, nicht gentoxischen Mechanismen oder in Bakterienzellen fehlenden Mechanismen beruht (6).

Siehe auch Allgemeine Einleitung Teil B.

B.17.1.2. Definitionen

Vorwärtsmutation: Genmutation vom Elterntyp zur mutierten Form, die eine Veränderung oder den Ausfall der Enzymaktivität der Funktion des kodierten Proteins bewirkt.

Basenpaaraustauschmutagene: Agenzien, die den Austausch eines oder mehrerer Basenpaare in der DNA verursachen. Rasterschubmutagene: Agenzien, die die Addition oder Deletion von einem oder mehreren Basenpaaren im DNA-Molekül verursachen.

Expressionszeit des Phänotyps: Zeitraum, in dem aus neumutierten Zellen unveränderte Genprodukte abgebaut werden.

Mutantenhäufigkeit: Verhältnis der Anzahl der mutierten Zellen zur Anzahl der lebensfähigen Zellen.

Relative Gesamtwachstumsrate: Anstieg der Zellpopulation im Zeitverlauf gegenüber einer Kontrollzellpopulation; ermittelt durch Multiplikation der Suspensionswachstumsrate im Verhältnis zur Negativkontrolle mit der Klonierungseffizienz im Verhältnis zur Negativkontrolle.

Relative Suspensionswachstumsrate: Anstieg der Zellpopulation während der Expressionszeit gegenüber der Negativkontrolle.

Lebensfähigkeit: Klonierungseffizienz der behandelten Zellen zum Zeitpunkt der Ausplattierung unter selektiven Bedingungen nach der Expressionszeit.

Überlebensrate: Klonierungseffizienz der behandelten Zellen beim Ausplattieren nach Ablauf der Behandlungszeit; die Überlebensrate wird gewöhnlich in Relation zur Überlebensrate der Kontrollzellpopulation angegeben.

B.17.1.3. Prinzip der Prüfmethode

Zellen, die infolge der Mutation TK+/- → TK-/- keine Thymidinkinase (TK) enthalten, sind gegenüber der zytotoxischen Wirkung des Pyrimidinanalogons Trifluorthymidin (TFT) resistent. Bei Anwesenheit von Thymidinkinase sind Zellen hingegen empfindlich gegenüber TFT, das die Hemmung des Zellstoffwechsels verursacht und eine weitere Zellteilung verhindert. So können die Mutantenzellen bei Anwesenheit von TFT proliferieren, während die normalen Zellen, die Thymidinkinase enthalten, nicht dazu in der Lage sind. In ähnlicher Weise werden HPRT- oder XPRT-defiziente Zellen durch Resistenz gegenüber 6-Thioguanin (TG) oder 8-Azaguanin (AG) selektiert. Die Eigenschaften der Prüfsubstanz sind sorgfältig zu beachten, wenn bei einem Genmutationstest an Säugetierzellen ein mit dem selektierenden Agens verwandtes Basenanalogon bzw. eine damit verwandte Verbindung geprüft wird. Beispielsweise sollte jedem Verdacht auf selektive Toxizität der Prüfsubstanz bei mutierenden und nichtmutierenden Zellen nachgegangen werden. Bei der Prüfung von Chemikalien, die strukturell mit dem selektierenden Agens verwandt sind, muß die Leistungsfähigkeit des Selektivsystems bzw. des selektierenden Agens bestätigt werden (8).

Zellen in Suspensions- oder Monoschichtkultur werden über einen angemessenen Zeitraum mit und ohne Metabolisierungssystem mit der Prüfsubstanz behandelt und subkultiviert, um die Zytotoxizität zu bestimmen und vor der Mutantenselektion die Expression des Phänotyps zu ermöglichen (9) (10) (11) (12) (13). Die Zytotoxizität wird gewöhnlich durch Bestimmung der relativen Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder des relativen Gesamtwachstums der Kulturen nach Ablauf der Behandlungszeit ermittelt. Die behandelten Kulturen werden für einen ausreichenden Zeitraum, der für den jeweils gewählten Locus und Zelltyp charakteristisch ist, in einem Wachstumsmedium gehalten, um eine annähernd optimale phänotypische Expression der induzierten Mutationen zu ermöglichen. Die Mutantenhäufigkeit wird bestimmt, indem man eine bekannte Anzahl von Zellen auf ein Medium mit dem selektierenden Agens zur Bestimmung der Mutantenzahl und auf ein Medium ohne selektierendes Agens zur Bestimmung der Klonierungseffizienz (Lebensfähigkeit) aufimpft. Nach einer geeigneten Inkubationszeit werden die Kolonien gezählt. Die Mutantenhäufigkeit wird aus der Anzahl der Mutantenkolonien im selektiven Medium und der Anzahl der Kolonien im nichtselektiven Medium berechnet.

B.17.1.4. Beschreibung der Prüfmethode

B.17.1.4.1. Vorbereitungen

B.17.1.4.1.1. Zellen

Für diesen Versuch stehen eine Reihe von Zelltypen zur Verfügung. Dazu gehören Subklone von L5178Y, CHO-, CHO-AS52-, V79- oder TK6-Zellen. Die bei diesem Test verwendeten Zelltypen sollten nachweislich eine Empfindlichkeit für chemische Mutagene, eine hohe Klonierungseffizienz und eine geringe Spontanmutationshäufigkeit aufweisen. Die Zellen sind auf Mycoplasmaverunreinigung zu überprüfen und bei Verunreinigung nicht heranzuziehen.

Der Test sollte so angelegt werden, daß er ausreichende Sensitivität hat. Die Anzahl der Zellen, die verwendeten Kulturen und Konzentrationen der Prüfsubstanz sollten den vorgegebenen Parametern entsprechen (14). Die Mindestzahl der lebensfähigen Zellen, die die Behandlung überstehen und im jeweiligen Stadium der Prüfung verwendet werden, sollte auf der Spontanmutationshäufigkeit beruhen. Als allgemeine Faustregel gilt die Verwendung einer Anzahl von Zellen, die mindestens dem Zehnfachen des reziproken Wertes der Spontanmutationshäufigkeit entspricht. Es wird aber empfohlen, mindestens 10 6 Zellen zu verwenden. Es sollten angemessene historische Daten zum verwendeten Zellsystem vorhanden sein, um die durchgängige Aussagefähigkeit des Tests zu belegen.

B.17.1.4.1.2. Kulturmedien und Inkubationsbedingungen

Zur Kultivierung sind geeignete Kulturmedien und Inkubationsbedingungen (Kulturgefäße, CO2-Konzentration, Temperatur und Feuchtigkeit) zu verwenden. Die Medien sind entsprechend dem beim Test verwendeten Selektivsystem und Zelltyp auszuwählen. Vor allem ist für Inkubationsbedingungen zu sorgen, die ein optimales Zellwachstum während der Expresssionszeit und die Fähigkeit der mutierenden und nichtmutierenden Zellen zur Koloniebildung gewährleisten.

B.17.1.4.1.3. Vorbereitung der Kulturen

Die Zellen werden aus Stammkulturen gewonnen, auf das Kulturmedium aufgeimpft und bei 37 °C inkubiert. Vor der Verwendung bei diesem Test sind die Kulturen ggf. von bereits vorhandenen Mutantenzellen zu reinigen.

B.17.1.4.1.4. Stoffwechselaktivierung

Die Behandlung der Bakterien mit der Prüfsubstanz sollte sowohl mit als auch ohne Zusatz eines geeigneten Metabolisierungssystems erfolgen. Das am häufigsten verwendete System ist eine durch Ko-Faktoren ergänzte post-mitochondriale Fraktion (S9) aus der Leber von Nagetieren, die mit enzyminduzierenden Agenzien wie Aroclor 1254 (15) (16) (17) (18) oder einem Gemisch aus Phenobarbiton und β -Naphtoflavon (19) (20) vorbehandelt wurde.

Im Endmedium wird die post-mitochondriale Fraktion in der Regel in Konzentrationen von 1 bis 10 % v/v verwendet. Wahl und Bedingungen des Metabolisierungssystems können von der geprüften chemischen Klasse abhängig sein. In bestimmten Fällen ist es ggf. zweckmäßig, mehr als eine Konzentration der postmitochondrialen Fraktion zu verwenden.

Eine Reihe von Entwicklungen, darunter die Herstellung gentechnisch veränderter Zellinien zur Expression spezifischer Aktivierungsenzyme, eröffnen vielleicht die Möglichkeit für eine endogene Aktivierung. Die Wahl der verwendeten Zellinien sollte wissenschaftlich begründet sein (z.B. durch die Relevanz des Isoenzyms Cytochrom P450 für den Stoffwechsel der Prüfsubstanz).

B.17.1.4.1.5. Prüfsubstanz/Zubereitung

Feste Prüfsubstanzen sollten vor der Zellbehandlung in geeigneten Lösungsmitteln oder Vehikeln gelöst oder suspendiert und ggf. verdünnt werden. Flüssige Prüfsubstanzen können den Versuchssystemen vor der Behandlung direkt beigegeben und/oder verdünnt werden. Es sind frische Zubereitungen der Prüfsubstanz zu verwenden, es sei denn, die Stabilität der Substanz bei Lagerung wird nachgewiesen.

B.17.1.4.2. Prüfbedingungen

B.17.1.4.2.1. Lösungsmittel/Vehikel

Die Lösungsmittel/Vehikel sollten nicht im Verdacht stehen, mit der Prüfsubstanz eine chemische Reaktion einzugehen, und sie sollten mit dem Überleben der Zellen und der S9-Aktivität kompatibel sein. Werden keine allgemein bekannten Lösungsmittel/Vehikel verwendet, so sind Daten zur Kompatibilität beizubringen. Es ist zu empfehlen, als erste Wahl möglichst die Verwendung eines wäßrigen Lösungsmittels/Vehikels in Erwägung zu ziehen. Bei der Prüfung wasserinstabiler Substanzen sollten die verwendeten organischen Lösungsmittel frei von Wasser sein. Das Wasser läßt sich durch Zusatz eines Molekularsiebs entfernen.

B.17.1.4.2.2. Expositionskonzentrationen

Zu den Kriterien, die bei der Bestimmung der höchsten Konzentration zu berücksichtigen sind, zählen die Zytotoxizität, die Löslichkeit im Versuchssystem und die Veränderungen des pH-Wertes oder der Osmolalität. Die Zytotoxizität sollte im Hauptversuch mit und ohne Stoffwechselaktivierung unter Verwendung eines geeigneten Indikators für Zellintegrität und -wachstum wie relative Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder relatives Gesamtwachstum bestimmt werden. Es ist möglicherweise sinnvoll, die Zytotoxizität und Löslichkeit in einem Vorversuch zu bestimmen.

Es sind mindestens vier analysierbare Konzentrationen zu verwenden. Wenn Zytotoxizität auftritt, sollten diese Konzentrationen den Bereich vom Höchstwert bis zu geringer oder nicht vorhandener Toxizität umfassen. Im Normalfall bedeutet dies, daß sich die Konzentrationen maximal um einen Faktor zwischen 2 und √10 unterscheiden. Beruht die höchste Konzentration auf der Zytotoxizität, sollte sie eine relative Überlebensrate (relative Klonierungseffizienz) oder relative Gesamtwachstumsrate von ca. 10 bis 20 % (aber mindestens 10 %) ergeben. Bei relativ nichtzytotoxischen Substanzen sollte die maximale Prüfkonzentration 5 mg/ml, 5 µl/ml oder 0,01 M betragen, je nachdem, welcher Wert am niedrigsten ist.

Relativ unlösliche Substanzen sind unter Kulturbedingungen bis zur Löslichkeitsgrenze und darüber hinaus zu testen. Eine etwaige Unlöslichkeit ist im Endmedium zu bestimmen, dem die Zellen ausgesetzt werden. Möglicherweise ist es sinnvoll, die Löslichkeit zum Anfang und Abschluß der Behandlung zu bewerten, da sich die Löslichkeit im Versuchssystem während der Exposition aufgrund des Vorhandenseins von Zellen, S9, Serum usw. verändern kann. Die Unlöslichkeit ist mit dem bloßen Auge erkennbar. Die Ausfällung sollte die Bewertung nicht beeinträchtigen.

B.17.1.4.2.3. Kontrollen

Für jeden Versuch sind gleichzeitig Positiv- und Negativ-(Lösungsmittel- oder Vehikel-)Kontrollen mit oder ohne Zusatz eines Stoffwechselaktivierungssystems anzulegen. Bei Stoffwechselaktivierung sollte die Positivkontrollsubstanz jene Substanz sein, die zur mutagenen Reaktion eine Aktivierung benötigt.

Es kommen beispielsweise folgende Positivkontrollsubstanzen in Frage:

Stoffwechselaktivierungs-
status
OrtSubstanzCAS-
Nummer
EINECS-
Nummer
Ohne exogene StoffwechselaktivierungHPRTEthylmethansulfonat62-50-0200-536-7
Ethylnitrosoharnstoff759-73-9212-072-2
TK (kleine und große Kolonien)Methylmethansulfonat66-27-3200-625-0
XPRTEthylmethansulfonat62-50-0200-536-7
Ethylnitrosoharnstoff759-73-9212-072-2
Mit exogener StoffwechselaktivierungHPRT3-Methylcholanthren56-49-5200-276-4
N-Nitrosodimethylamin62-75-9200-549-8
7,12-Dimethylbenzanthracen57-97-6200-359-5
TK (kleine und große Kolonien)Cyclophosphamid50-18-0200-015-4
Cyclophosphamidmonohydrat6055-19-2 
Benzo[a]pyren50-32-8200-028-5
3-Methylcholanthren56-49-5200-276-5
XPRTN-Nitrosodimethylamin (für hohe Konzentrationen von S9)62-75-9200-549-8
Benzo[a]pyren50-32-8 200-028-5 

Es kommen auch andere geeignete Positivkontrollsubstanzen in Betracht. Wenn z.B. ein Labor über historische Datenbestände zu 5-Bromo 2'-deoxyuridin (CAS-Nummer 59-14-3, EINECS-Nummer 200-415-9) verfügt, könnte auch diese Bezugssubstanz zum Einsatz kommen. Gegebenenfalls sollten Positivkontrollen herangezogen werden, die der gleichen chemischen Klasse angehören wie der Prüfstoff.

Es sind Negativkontrollen zu verwenden, bei denen das Behandlungsmedium lediglich Lösungsmittel oder Vehikel enthält und die auf die gleiche Weise wie die Behandlungskulturen behandelt werden. Darüber hinaus sollten auch unbehandelte Kontrollen verwendet werden, wenn nicht historische Kontrolldaten belegen, daß das gewählte Lösungsmittel keine schädlichen oder mutagenen Wirkungen hervorruft.

B.17.1.4.3. Verfahren

B.17.1.4.3.1. Behandlung mit der Prüfsubstanz

Proliferierende Zellen werden mit und ohne Zusatz eines Metabolisierungssystems mit der Prüfsubstanz behandelt. Die Exposition sollte über einen geeigneten Zeitraum (gewöhnlich 3 bis 6 Stunden) erfolgen. Die Expositionszeit kann sich über einen oder mehrere Zellzyklen erstrecken.

Es sollten für jede überprüfte Konzentration behandelte Zweifach- oder Einfachkulturen herangezogen werden.

Bei Einfachkulturen ist die Anzahl der Konzentrationen zu erhöhen, damit eine ausreichende Anzahl von Kulturen zur Analyse vorliegt (d. h. mindestens 8 analysierfähige Konzentrationen). Es sind zweifache Negativ- (Lösungsmittel-)Kontrollkulturen zu verwenden.

Gasförmige oder flüchtige Substanzen sind mit Hilfe geeigneter Methoden zu prüfen, z.B. in hermetisch verschlossenen Kulturgefäßen (21) (22).

B.17.1.4.3.2. Bestimmung der Überlebensrate, der Lebensfähigkeit und der Mutantenhäufigkeit

Am Ende der Expositionszeit werden die Zellen gewaschen und kultiviert, um die Überlebensrate zu bestimmen und die Expression des Mutantenphänotyps zu ermöglichen. Die Bestimmung der Zytotoxizität durch Ermittlung der relativen Klonierungseffizienz (Überlebensrate) oder des relativen Gesamtwachstums der Kulturen erfolgt in der Regel nach Ablauf der Behandlungszeit.

Jeder Locus hat eine bestimmte Mindestzeit, um eine annähernd optimale phänotypische Expression der neu induzierten Mutanten zu ermöglichen (HPRT und XPRT benötigen mindestens 6 bis 8 Tage, TK mindestens 2 Tage). Die Zellen werden in Medien mit und ohne selektierende Agenzien kultiviert, um die Mutantenzahl bzw. die Klonierungseffizienz zu bestimmen. Die Bestimmung der Lebensfähigkeit (zur Berechnung der Mutantenhäufigkeit) erfolgt nach dem Ablauf der Expressionszeit durch Ausplattieren in einem nicht selektierenden Medium.

Wenn die Prüfsubstanz im L5178Y TK+/--Test einen positiven Befund ergibt, sollte zumindest bei einer der Prüfkulturen (der höchsten positiven Konzentration) und bei den Negativ- und Positivkontrollen eine Größeneinteilung der Kolonien erfolgen. Ergibt die Prüfsubstanz beim L5178Y TK+/--Test einen negativen Befund, so ist eine Koloniegrößeneinstufung bei den Negativ- und Positivkontrollen durchzuführen. Eine Koloniegrößeneinstufung ist ggf. auch bei Studien mit TK6TK+/- vorzunehmen.

B.17.2. Daten

B.17.2.1. Aufbereitung der Ergebnisse

Anzugeben sind die Zytotoxizität, die Lebensfähigkeit, die Koloniezahlen und die Mutantenhäufigkeit für die Prüf- sowie Kontrollkulturen. Ergibt der L5178/Y TK+/--Test einen positiven Befund, werden die Kolonien bei mindestens einer Konzentration der Prüfsubstanz (der höchsten positiven Konzentration) sowie bei den Negativ- und Positivkontrollen nach dem Kriterium kleine oder große Kolonie ausgewertet. Die molekulare und zellgenetische Beschaffenheit von Mutanten mit Bildung großer und Mutanten mit Bildung kleiner Kolonien ist gründlich erforscht (23) (24). Beim TK+/--Test werden die Kolonien nach dem Kriterium normal wachsende (große) oder langsam wachsende (kleine) Kolonie eingestuft (25). Mutantenzellen mit einer erheblichen genetischen Schädigung weisen eine längere Generationszeit auf und bilden daher kleine Kolonien. Die Schädigung kann vom Verlust eines kompletten Gens bis zu karyotypisch erkennbaren Chromosomenaberrationen reichen. Mutanten mit der Bildung kleiner Kolonien treten vor allem bei Chemikalien auf, die starke Chromosomenaberrationen hervorrufen (26). Weniger stark betroffene Mutantenzellen wachsen in ähnlichem Tempo wie die Elternzellen und bilden große Kolonien.

Es ist die Überlebensrate (relative Klonierungseffizienz) oder das relative Gesamtwachstum anzugeben. Unter der Mutantenhäufigkeit ist der zahlenmäßige Anteil der Mutantenzellen an den überlebenden Zellen zu verstehen.

Es sind die Daten für die einzelnen Kulturen zu dokumentieren. Zusätzlich sollten alle Daten in tabellarischer Form zusammengefaßt werden.

Bei einer eindeutigen positiven Reaktion ist eine Verifizierung nicht erforderlich. Nicht eindeutige Ergebnisse sind durch weitere Prüfungen abzuklären, möglichst unter Abänderung der Versuchsbedingungen. Negative Ergebnisse sind durch Einzelfallprüfung zu bestätigen. In jenen Fällen, in denen eine Bestätigung negativer Ergebnisse nicht für notwendig erachtet wird, ist dies zu begründen. Bei Folgeversuchen sollte die Abänderung der Studienparameter zur Erweiterung des Umfangs der bewerteten Bedingungen in Betracht gezogen werden.

Zu den Studienparametern, die für eine Abänderung in Frage kommen, gehören die Abstände der Konzentrationen und der Stoffwechselaktivierungsstatus.

B.17.2.2. Bewertung und Interpretation der Ergebnisse

Es gibt mehrere Kriterien für die Bestimmung eines positiven Ergebnisses, wie z.B. eine konzentrationsbezogene Zunahme und/oder eine reproduzierbare Zunahme der Mutationsrate. Zunächst sollte die biologische Relevanz der Ergebnisse untersucht werden. Als Hilfsmittel bei der Bewertung der Versuchsergebnisse können statistische Methoden dienen. Die statistische Signifikanz sollte aber nicht der einzige bestimmende Faktor für eine positive Reaktion sein.

Eine Prüfsubstanz, bei der die Ergebnisse nicht den obengenannten Kriterien entsprechen, gilt bei diesem System als nichtmutagen.

Auch wenn die meisten Versuche eindeutig positive oder negative Ergebnisse liefern, erlaubt der Datensatz in seltenen Fällen keine definitive Aussage über die Aktivität der Prüfsubstanz. Es kommt vor, daß sich die Ergebnisse unabhängig davon, wie oft der Versuch wiederholt wird, weiterhin als nicht eindeutig oder als fragwürdig erweisen.

Positive Ergebnisse aus dem In-vitro-Genmutationstest an Säugetierzellen deuten darauf hin, daß die Prüfsubstanz in den verwendeten kultivierten Säugetierzellen Genmutationen hervorruft. Eine reproduzierbare positive Relation zwischen Konzentration und Wirkung ist sehr bedeutsam. Negative Ergebnisse sind ein Anzeichen dafür, daß die Prüfsubstanz unter diesen Versuchsbedingungen in den verwendeten kultivierten Säugetierzellen keine Genmutation auslöst.

B.17.3. Abschlussbericht

Prüfbericht

Der Prüfbericht muß die folgenden Angaben enthalten:

Lösungsmittel/Vehikel:

Zellen:

Prüfbedingungen:

Ergebnisse:

Diskussion der Ergebnisse.

Schlußfolgerungen.

B.17.4. Literaturhinweise

(1) Moore, M.M., DeMarini, D. M., DeSerres, F. J. and Tindall, K. R. (eds.) (1987), Banbury Report 28: Mammalian Cell Mutagenesis, Cold Spring Harbor Laboratory, New York.

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(9) Li, A. P., Gupta, R. S., Heflich, R. H. and Wasson, J. S. (1988), A Review and Analysis of the Chinese Hamster Ovary/Hypoxanthine Guanine Phosphoribosyl Transferase System to Determine the Mutagenicity of Chemical Agents: A Report of Phase III of the U. S. Environment Protection Agency Gene-Tox Program, Mutation Res., 196, pp. 17 -36.

(10) Li, A. P., Carver, J. H., Choy, W. N., Hsie, A. W., Gupta, R. S., Loveday, K. S., O'Neill, J. P., Riddle, J. C., Stankowski, L. F. Jr. and Yang, L. L. (1987), A Guide for the Performance of the Chinese Hamster Ovary Cell/Hypoxanthine-Cuanine Phosphoribosyl Transferase Gene Mutation Assay, Mutation Res., 189, pp. 135 -141.

(11) Liber, H. L., Yandell, D. W. and Little, J. B. (1989), A Comparison of Mutation Induction at the TK and HPRT Loci in Human Lymphoblastoid Cells: Quantitative Differences are Due to an Additional Class of Mutations at the Autosomal TK Locus, Mutation Res., 216, pp. 9 -17.

(12) Stankowski, L. F. Jr., Tindall, K. R. and Hsie, A. W. (1986), Quantitative and Molecular Analyses of Ethyl Methanosulphonate - and ICR 191-Induced Molecular Analyses of Ethyl Methanosulphonate - and ICR 191-Induced Mutation in AS52 Cells, Mutation Res., 160, pp. 133 -147.

(13) Turner, N. T., Batson, A. G. and Clive, D. (1984), Procedures for the L5178Y/TK+/- - TK+/- Mouse Lymphoma Cell Mutagenicity Assay, in: Kilbey, B. J. et al (eds.) Handbook of Mutagenicity Test Procedures, Elsevier Science Publishers, New York, pp. 239 -268.

(14) Arlett, C. F., Smith, D. M., Clarke, G. M., Green, M. H. L., Cole, J., McGregor, D. B. and Asquith, J. C. (1989), Mammalian Cell Gene Mutation Assays Based upon Colony Formation, in: Statistical Evaluation of Mutagenicity Test Data, Kirkland D. J., ed., Cambridge University Press, pp. 66 -101.

(15) Abbondandolo, A., Bonatti, S., Corti, G., Fiorio, R., Loprieno, N. and Mazzaccaro, A. (1977), Induction of 6-Thioguanine-Resistant Mutants in V79 Chinese Hamster Cells by Mouse-Liver Microsome-Activated Dimethylnitrosamine, Mutation Res., 46, pp. 365 -373.

(16) Ames, B. N., McCann, J. and Yamasaki, E. (1975), Methods for Detecting Carcinogens and Mutagens with the Salmonella/Mammalian-Microsome Mutagenicity Test, Mutation Res., 31, pp. 347 -364.

(17) Clive, D., Johnson, K. O., Spector, J. F. S., Batson, A. G. and Brown M. M. M. (1979), Validation and Characterisation of the L5178Y/TK+/- Mouse Lymphoma Mutagen Assay System, Mutat. Res., 59, pp. 61 -108.

(18) Maron, D. M. and Ames, B. N. (1983), Revised Methods for the Salmonella Mutagenicity Test, Mutation Res., 113, pp. 173 -215.

(19) Elliott, B. M., Combes, R. D., Elcome, C. R., Gatehouse, D. G., Gibson, G. G., Mackay, J. M. and Wolf, R. C. (1992), Alternatives to Aroclor 1254-Induced S9 in In Vitro Genotoxicity Assays, Mutagenesis, 7, pp. 175 -177.

(20) Matsushima, T., Sawamura, M., Hara, K. and Sugimura, T. (1976), A Safe Substitute for Polychlorinated Biphenyls as an Inducer of Metabolic Activation Systems, in In Vitro Metabolic Activation in Mutagenesis Testing, de Serres, F. J., Fouts, J. R., Bend, J. R. and Philpot. R. M. (eds.) Elsevier, North-Holland, pp. 85 -88.

(21) Krahn, D. F., Barsky, F. C. and McCooey, K. T. (1982), CHO/HGPRT Mutation Assay: Evaluation of Gases and Volatile Liquids, In: Tice, R. R., Costa, D. L., Schaich, K. M. (eds.), Genotoxic Effects of Airborne Agents, New York, Plenum, pp. 91 -103.

(22) Zamora, P. O., Benson, J. M., Li, A. P. and Brooks, A. L. (1983), Evaluation of an Exposure System Using Cells Grown on Collagen Gels for Detecting Highly Volatile Mutagens in the CHO/HGPRT Mutation Assay, Environmental Mutagenesis, 5, pp. 795 -801.

(23) Applegate, M. L., Moore, M. M., Broder, C. B., Burrell, A. and Hozier, J. C. (1990), Molecular Dissection of Mutations at the Heterozygous Thymidine Kinase Locus in Mouse Lymphoma Cells, Proc. Natl. Acad. Sci. USA, 87, pp. 51 -55.

(24) Moore, M. M., Clive, D., Hozier, J. C. Howard, B. E., Batson, A. G., Turner, N. T. and Sawyer, J. (1985), Analysis of Trifluorothymidine-Resistant (TFT r ) and Mutants of L5178Y/TK+/- Mouse Lymphoma Cells, Mutation Res., 151, pp. 161 -174.

(25) Yandell, D. W., Dryja, T. P. and Little, J. B. (1990), Molecular Genetic Analysis of Recessive Mutations at a Heterozygous Autosomal Locus in Human Cells, Mutation Res., 229, pp. 89 -102.

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