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Regelwerk, Biotechnologie
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PsychKG LSA - Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung des Landes Sachsen-Anhalt
- Sachsen-Anhalt -

Vom 14. Oktober 2020
(GVBl. LSA Nr. 35 vom 21.10.2020 S. 570)
Gl.-Nr.: 2128.3



Archiv: 1992

Teil 1
Allgemeines

§ 1 Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen

(1) Dieses Gesetz regelt

  1. die Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung, die erforderlich sind, um die Erkrankung zu heilen, deren Verschlimmerung zu verhüten und Krankheitsbeschwerden zu lindern, der gesellschaftlichen Ausgrenzung der Personen entgegenzuwirken, ihre soziale Wiedereingliederung zu ermöglichen und eine Unterbringung zu vermeiden, und
  2. die Unterbringung von Personen mit einer psychischen Erkrankung, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankung sich selbst oder bedeutende Rechtsgüter anderer erheblich gefährden..

(2) Eine Person mit einer psychischen Erkrankung im Sinne dieses Gesetzes ist eine Person, die an einer

  1. geistigen oder seelischen Krankheit,
  2. geistigen oder seelischen Störung von erheblichem Ausmaß,
  3. behandlungsbedürftigen Suchtkrankheit

leidet oder bei der Anzeichen öder Folgen einer solchen Krankheit, Störung oder Suchtkrankheit vorliegen, unabhängig von ihrem Alter.

(3) Eine untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung im Sinne dieses Gesetzes ist eine in einem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung.

(4) Psychotherapeutisch tätige Personen im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die heilkundliche Psychotherapie nach dem Psychotherapeutengesetz vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1604) in der jeweils geltenden Fassung ausüben, sowie ärztliche Psychotherapeuten.

(5) Gemeindepsychiatrische Verbünde im Sinne dieses Gesetzes sind Zusammenschlüsse der Leistungserbringer und Kostenträger in einem auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte festgelegten Gebiet durch Kooperationsvereinbarung oder Satzung.

§ 2 Grundsätze

(1) Bei allen Hilfen und Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes ist auf den Zustand der Person mit einer psychischen Erkrankung besondere Rücksicht zu nehmen. Zwang soll vermieden werden. Die Würde und die Rechte der Person mit einer psychischen Erkrankung sind zu achten und zu schützen. Die Unabhängigkeit und die individuelle Autonomie der Person mit einer psychischen Erkrankung, einschließlich ihrer Freiheit, Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen, sind zu respektieren. Patientenverfügungen im Sinne des § 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches und Behandlungsvereinbarungen sind zu beachten.

(2) Ambulante Behandlungs- und Therapiemaßnahmen haben Vorrang vor stationären.

(3) Die Hilfen sollen verfügbar und zulänglich sein.

(4) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten sind zu berücksichtigen.

(5) Die Hausärztin oder der Hausarzt oder andere ärztlich oder psychotherapeutisch tätige Personen des Vertrauens sollen mit Einwilligung der Person mit einer psychischen Erkrankung in den Behandlungsprozess einbezogen werden.

(6) Maßnahmen, die nicht unumgänglich sind, haben zu unterbleiben, wenn zu befürchten ist, dass sie den Zustand der Person mit einer psychischen Erkrankung nachteilig beeinflussen.

Teil 2
Hilfen

§ 3 Zweck und Art der Hilfen

(1) Die Hilfen sollen Personen mit einer psychischen Erkrankung durch rechtzeitige, der Art der Erkrankung angemessene medizinische und psychosoziale Vorsorgemaßnahmen, ärztlich oder psychotherapeutisch geleitete Beratung, Behandlung, Betreuung und Nachsorgemaßnahmen befähigen, ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu führen. Die Hilfen dienen insbesondere dazu,

  1. eine stationäre Behandlung oder eine Unterbringung nach Teil 3 entbehrlich zu machen oder zu verkürzen und
  2. nach einer klinischen Behandlung oder einer Unterbringung nach Teil 3 die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern und eine erneute klinische Behandlung oder Unterbringung zu verhindern.

(2) Hilfen nach diesem Gesetz werden nur geleistet, wenn sie freiwillig angenommen werden.

(3) Die erforderlichen Hilfen sind von allen Leistungserbringern nach dem individuellen Hilfebedarf der Person mit einer psychischen Erkrankung aufeinander abzustimmen, mit ihr zu vereinbaren und zu erbringen. Bei minderjährigen Personen sind die Personensorgeberechtigten zu beteiligen. Geschlechts- und kultursensible sowie krankheitsbedingte Aspekte sind zu berücksichtigen.

(4) Die Hilfen sollen in der Weise erbracht werden, dass die Person mit einer psychischen Erkrankung sie in Anspruch nehmen kann, ohne ihren gewohnten Lebensbereich aufgeben zu müssen. Stationäre Hilfen sollen nur dann geleistet werden, wenn das Ziel der Hilfen auf anderem Wege nicht erreicht werden kann oder der individuelle Genesungsprozess durch einen stationären Aufenthalt wesentlich verkürzt wird.

(5) Die Hilfen, insbesondere Beratungen und Informationen, werden auch für Personen erbracht, die mit einer Person mit einer psychischen Erkrankung im Hinblick auf die Förderung des Heilungsprozesses in Beziehung stehen. Sie sollen Verständnis für die besondere Lage der Person mit einer psychischen Erkrankung wecken und insbesondere die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Unterstützung der Person mit einer psychischen Erkrankung fördern. Die besondere Situation der Kinder von Personen mit einer psychischen Erkrankung soll berücksichtigt werden.

(6) Hilfen nach diesem Gesetz werden ergänzend zu Sozialleistungen nach anderen Rechtsvorschriften erbracht.

§ 4 Träger der Hilfen, örtliche Zuständigkeit

(1) Die Leistung der Hilfen obliegt den Landkreisen und kreisfreien Städten als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises.

(2) Örtlich zuständig für die Erbringung von Hilfen ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in deren Gebiet die Person mit einer psychischen Erkrankung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Ist dieser nicht feststellbar, ist der Landkreis oder die kreisfreie Stadt zuständig, in deren Gebiet die Hilfsbedürftigkeit eintritt.

§ 5 Sozialpsychiatrischer Dienst

(1) Zur Leistung der Hilfen richten die Landkreise und kreisfreien Städte beim Gesundheitsamt einen sozialpsychiatrischen Dienst ein. Der sozialpsychiatrische Dienst soll mit Körperschaften, Behörden, Organisationen und Personen zusammenarbeiten, die seine eigenen Maßnahmen unterstützen und ergänzen. Dazu gehören insbesondere Gemeinden, Krankenhäuser, Leistungsträger von Sozialleistungen, Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, Träger von Sozialeinrichtungen, Einrichtungen der Suchthilfe, niedergelassene ärztlich oder psychotherapeutisch Tätige, Selbsthilfeorganisationen und andere Interessenvertretungen von Personen mit einer psychischen Erkrankung und von deren Angehörigen. Die Fachaufsicht obliegt dem Landesverwaltungsamt.

(2) Der sozialpsychiatrische Dienst soll unter der Leitung einer Fachärztin oder eines Facharztes auf dem Gebiet der Psychiatrie oder einer auf diesem Gebiet weitergebildeten Ärztin oder eines auf diesem Gebiet weitergebildeten Arztes stehen. Mit Einwilligung der Fachaufsicht kann die Leitung auch von der zuständigen Amtsärztin oder dem zuständigen Amtsarzt wahrgenommen werden. Solange eine auf dem Gebiet der Psychiatrie aus- oder weitergebildete Ärztin oder ein auf dem Gebiet der Psychiatrie aus- oder weitergebildeter Arzt und die zuständige Amtsärztin oder der zuständige Amtsarzt nicht zur Verfügung stehen, kann die Leitung des sozialpsychiatrischen Dienstes mit Einwilligung der Fachaufsicht von einer psychologischen Psychotherapeutin oder einem psychologischen Psychotherapeuten wahrgenommen werden. Weitere Ausnahmen hinsichtlich der Leitung des sozialpsychiatrischen Dienstes sind von den Landkreisen und kreisfreien Städten mit besonderer Begründung schriftlich gegenüber der Fachaufsicht zu beantragen. Eine Einwilligung für weitere Ausnahmen nach Satz 4 bedarf des Einvernehmens mit dem für psychisch Kranke zuständigen Ministerium. Ärztlich oder psychotherapeutisch Tätige können im sozialpsychiatrischen Dienst auch in Teilzeit beschäftigt werden.

(3) Unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen können zwei oder mehrere Landkreise oder kreisfreie Städte vereinbaren, lass ein an der Vereinbarung Beteiligter die Aufgaben des sozialpsychiatrischen Dienstes auch für den oder die anderen Beteiligten wahrnimmt. Die Einrichtung sozialpsychiatrischer Dienste einschließlich der personellen Besetzung und Vereinbarungen Tiber die Zusammenarbeit bedürfen der Einwilligung der Fachaufsicht im Einvernehmen mit dem für psychisch Kranke zuständigen Ministerium.

(4) Soweit Einrichtungen oder Personen nach Absatz 1 Satz 2 bereit und in der Lage sind, Aufgaben des sozialpsychiatrischen Dienstes in den Versorgungsgebieten ganz oder teilweise entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes wahrzunehmen, kann ihnen der Landkreis oder die kreisfreie Stadt diese Aufgaben in entsprechendem Umfang überlassen, soweit das ohne Nachteile für die Wahrnehmung der Aufgaben möglich ist. Voraussetzung einer Überlassung nach Satz 1 ist, dass die Erfüllung der Aufgaben über einen absehbar längeren Zeitraum gewährleistet ist. Die Einzelheiten sind durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu vereinbaren. Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt bleibt für die Wahrnehmung der Aufgaben im Übrigen verantwortlich. Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 6 Patientenfürsprecherin oder Patientenfürsprecher

(1) Zur Wahrung der Rechte der Personen mit einer psychischen Erkrankung richten die Landkreise und kreisfreien Städte die ehrenamtliche Stelle einer Patientenfürsprecherin oder eines Patientenfürsprechers ein. Unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen können zwei oder mehrere Landkreise oder kreisfreie Städte vereinbaren, gemeinsam eine Stelle nach Satz 1 einzurichten. Die Patientenfürsprecherin oder der Patientenfürsprecher ist Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner und Beschwerdestelle für Personen mit einer psychischen Erkrankung. Sie oder er soll deren Interessen, insbesondere in. Konfliktfällen, gegenüber Dritten vertreten und innerhalb des Wiedereingliederungsprozesses in gesellschaftliche Strukturen unterstützend tätig sein, sofern die jeweilige Person mit einer psychischen Erkrankung dies wünscht, es sei denn, der Patientenfürsprecher nach § 15 des Krankenhausgesetzes Sachsen-Anhalt ist zuständig. Die Patientenfürsprecherin oder der Patientenfürsprecher bietet keine rechtliche oder medizinische Beratung an. Die konkrete Ausgestaltung des Ehrenamts liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Landkreises oder der kreisfreien Stadt. Die Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprecher sind über die bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Fachaufsicht obliegt dem Landesverwaltungsamt.

(2) Dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt können von Interessenvertreterinnen oder Interessenvertretern Psychiatrie-Erfahrener Vorschläge zur Auswahl einer Patientenfürsprecherin oder eines Patientenfürsprechers unterbreitet werden. Der Landkreis oder die kreisfreie Stadt ist an diese Vorschläge nicht gebunden. Die Entscheidungskompetenz liegt beim Landkreis oder der kreisfreien Stadt.

§ 7 Gemeindepsychiatrische Verbünde

(1) Auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte werden gemeindepsychiatrische Verbünde gebildet. Unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und Anforderungen können zwei oder mehrere Landkreise oder kreisfreie Städte vereinbaren, einen gemeinsamen gemeindepsychiatrischen Verbund zu bilden. Gemeindepsychiatrische Verbünde sollen dazu dienen, bedarfsgerechte, wohnortnahe und umfassende Hilfen- für Personen mit einer psychischen Erkrankung zu gewährleisten. Zuständig für die Bildung und Koordination der gemeindepsychiatrischen Verbünde sind die Landkreise und kreisfreien Städte. Die Bildung und die Arbeit der gemeindepsychiatrischen Verbünde werden durch die jeweilige Psychiatriekoordinatorin oder den jeweiligen Psychiatriekoordinator nach § 8 unterstützt. Die Fachaufsicht obliegt dem Landesverwaltungsamt.

(2) Die Beteiligten, der gemeindepsychiatrischen Verbünde arbeiten bei der Erbringung von vorsorgenden, begleitenden und nachsorgenden Hilfen eng zusammen. Der besondere Kooperationsbedarf im Rahmen der kinder- und jugendpsychiatrischen Hilfsangebote soll berücksichtigt werden. Interessenvertretungen von Personen mit einer psychischen Erkrankung und deren Angehörigen benennen zwei Personen mit einer psychischen Erkrankung oder deren Angehörige, die am gemeindepsychiatrischen Verbund beratend mitwirken.

§ 8 Psychiatriekoordinatorin oder Psychiatriekoordinator

(1) Die Landkreise und kreisfreien Städte richten zur Koordination der Hilfsangebote für Personen mit einer psychischen Erkrankung und zur Erstellung der psychiatrischen Versorgungsstrategie im eigenen Zuständigkeitsbereich die Stelle einer Psychiatriekoordinatorin oder eines Psychiatriekoordinators ein. Diese oder dieser hat darauf hinzuwirken, dass jeder oder jedem nach diesem Gesetz Hilfebedürftigen eine individuell ausgerichtete und angemessene Hilfe ermöglicht wird.

(2) Die Tätigkeit der Psychiatriekoordinatorinnen und Psychiatriekoordinatoren ist Bestandteil der Aufgabenwahrnehmung nach § 4 Abs. 1. Die Fachaufsicht obliegt dem Landesverwaltungsamt.

§ 9 Psychiatrische Versorgungsstrategie

(1) Das für psychisch Kranke zuständige Ministerium koordiniert landesweit die Versorgungsangebote hinsichtlich der Hilfen nach diesem Gesetz. Hierzu erarbeitet es auf Grundlage der Berichterstattung der Landkreise und kreisfreien Städte eine landesweite psychiatrische Versorgungsstrategie, die auch Empfehlungen und Hinweise zur landesweiten psychiatrischen Versorgungssituation enthält.

(2) Die psychiatrische Versorgungsstrategie ist alle fünf Jahre fortzuschreiben. Bei der Erstellung und Fortschreibung der Versorgungsstrategie wird das für psychisch Kranke zuständige Ministerium vom Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung, von den Kostenträgern, von Selbsthilfeorganisationen und anderen Interessenvertretungen vor Personen mit einer psychischen Erkrankung und von deren Angehörigen sowie von den Psychiatriekoordinatorinnen und Psychiatriekoordinatoren beraten. Es kann weitere Institutionen beteiligen.

§ 10 Mitteilungen von Feststellungen

Werden bei der Leistung der Hilfen Feststellungen getroffen, die für die Belange der Person mit einer psychischen Erkrankung bedeutsam sein können, so sind ihr diese mitzuteilen, soweit es ärztlich zu verantworten ist. Wenn es angezeigt erscheint, soll ihr nahegelegt werden, sich in die ambulante Behandlung einer Ärztin oder eines Arztes, einer psychotherapeutisch tätigen Person, in ein Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 oder in eine andere geeignete Einrichtung oder einen Ort der Leistungserbringung zu begeben und die behandelnde Person oder Einrichtung zu ermächtigen, den sozialpsychiatrischen Dienst von der Übernahme der Behandlung zu benachrichtigen. Auf eine solche Nachricht teilt der sozialpsychiatrische Dienst der behandelnden Person oder Einrichtung gemäß Satz 2 die getroffenen Feststellungen mit, soweit die Person mit einer psychischen Erkrankung einwilligt.

Teil 3
Schutzmaßnahmen

Abschnitt 1
Allgemeines

§ 11 Allgemeine Vorschriften

(1) Schutzmaßnahmen, einschließlich des Vollzugs der gerichtlichen Entscheidung über die Unterbringung, obliegen den Landkreisen und kreisfreien Städten (Verwaltungsbehörden) als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises.

(2) Die Verwaltungsbehörde setzt zur Durchführung der Schutzmaßnahmen besonders geeignete und ausgebildete Bedienstete ein.

(3) Ärztliche Aufgaben bei der Durchführung von Schutzmaßnahmen sind grundsätzlich Ärztinnen und Ärzten zu übertragen, die ihre Befähigung zur Beurteilung psychischer Krankheiten durch das Recht zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung nachweisen können. Steht eine derartig aus- oder weitergebildete Ärztin oder ein derartig aus- oder weitergebildeter Arzt nicht zur Verfügung, sind für diese Aufgabe Ärztinnen und Ärzte mit längerer Erfahrung in der Beurteilung psychischer Krankheften sowie Notärztinnen und Notärzte heranzuziehen. Werden Schutzmaßnahmen von Ärztinnen und Ärzten nach Satz 2 angeordnet, sind diese unverzüglich durch eine Ärztin oder einen Arzt nach Satz 1 zu überprüfen.

(4) Im Zusammenhang mit der Durchführung von Schutzmaßnahmen ist das eingesetzte ärztliche, therapeutische oder pflegerische Personal befugt, unmittelbaren Zwang anzuwenden, soweit dies zur Durchführung von Schutzmaßnahmen erforderlich ist. Unmittelbarer Zwang im Sinne dieses Gesetzes ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt oder durch ihre Hilfsmittel. Unmittelbarer Zwang. ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist. Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs aufgrund anderer Vorschriften bleibt bestehen.

(5) Neben Bediensteten von Verwaltungsbehörden können auch solche von Krankenhäusern und Krankentransportunternehmen zur Durchführung dieses Gesetzes entsprechend den Vorschriften des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts zu Vollzugsbeamtinnen und Vollzugsbeamten bestellt werden.

(6) Die Polizei leistet den Verwaltungsbehörden, Krankenhäusern und Krankentransportunternehmen Vollzugshilfe.

(7) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gilt das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt.

Abschnitt 2
Untersuchung, Behandlung

§ 12 Untersuchung, Mitteilung

(1) Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass eine Person wegen einer Krankheit oder Störung nach § 1 Abs. 2 Nm. 1 bis 3 sich selbst erheblichen Schaden zufügen könnte oder durch ihr Verhalten bedeutende Rechtsgüter anderer gefährden könnte, so kann die Person zu einer ärztlichen Untersuchung

  1. bei einer Ärztin oder einem Arzt ihrer Wahl aufgefordert werden,
  2. durch eine von der Verwaltungsbehörde dazu beauftragte Ärztin oder durch einen von der Verwaltungsbehörde dazu beauftragten Arzt in ihrer Wohnung aufgesucht werden oder
  3. geladen werden.

Es ist dabei ärztlich zu prüfen, ob die Person mit einer psychischen Erkrankung aufgrund der Erkrankung in der Lage ist, die Gefahr für sich oder andere einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(2) Ergeben sich aus dem Verhalten einer Person mit einer psychischen Erkrankung dringende Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen, und dafür, dass die Person mit einer psychischen Erkrankung aufgrund der Erkrankung nicht in der Lage ist, die Gefahr für sich oder andere einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, so kann sie zu einer ärztlichen Untersuchung vorgeführt werden. Die Person mit einer psychischen Erkrankung hat die Untersuchung zu dulden und daran mitzuwirken.

(3) Die Ärztin oder der Arzt teilt das Ergebnis der Untersuchung der Person mit einer psychischen Erkrankung mit. Ist die Person mit einer psychischen Erkrankung zuvor von einer ärztlich oder psychotherapeutisch tätigen Person behandelt worden, so ist auch dieser der Untersuchungsbefund mitzuteilen, soweit die Person mit einer psychischen Erkrankung einwilligt.

§ 13 Behandlungsempfehlung

Wenn das Ergebnis der Untersuchung nach § 12 dazu Anlass gibt, kann die Verwaltungsbehörde der Person mit einer psychischen Erkrankung empfehlen, sich in ambulante ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, in ein Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 oder in eine andere geeignete Einrichtung oder einen Ort der Leistungserbringung zu begeben und diese Leistungserbringer zu ermächtigen, das Gesundheitsamt von der Übernahme der Behandlung und über den Befund zu unterrichten. Das Gesundheitsamt teilt der behandelnden Person oder Einrichtung den Untersuchungsbefund mit, soweit die Person mit einer psychischen Erkrankung einwilligt.

§ 14 Behandlungsauflage

(1) Ist nach dem Ergebnis einer Untersuchung nach § 12 zu erwarten, dass die Person mit einer psychischen Erkrankung untergebracht werden muss, wenn sie nicht ärztlich oder psychotherapeutisch behandelt wird, und ist die Person aufgrund der psychischen Erkrankung nicht in der Lage, die Gefahr für sich oder andere einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, so kann ihr die Verwaltungsbehörde aufgeben, sich innerhalb einer bestimmten Frist in eine ambulante ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, in ein Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 oder in eine andere geeignete Einrichtung oder einen Ort der Leistungserbringung zu begeben, deren Anweisungen zu befolgen sowie deren Namen und Anschrift unverzüglich mitzuteilen. Der behandelnden ärztlich oder psychotherapeutisch tätigen Person oder der behandelnden Einrichtung oder dem Leistungserbringer wird vom Gesundheitsamt der Untersuchungsbefund mit der Verpflichtung übersandt, die Nichtaufnahme oder den Abbruch der Behandlung und die Nichtbefolgung von Anweisungen durch die Person mit einer psychischen Erkrankung unverzüglich anzuzeigen. Das Gesundheitsamt ist auch in Kenntnis zu setzen, wenn eine Behandlung nicht mehr erforderlich ist.

(2) Wird in der Untersuchung nach § 12 festgestellt, dass die Fähigkeit der Person, die Gefahr für sich oder andere einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, nichteingeschränkt ist, so kann ihr keine Behandlungsauflage gemacht werden. Sie ist auf eine mögliche Unterbringung hinzuweisen, sollten im weiteren Verlauf die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 17 vorliegen.

(3) Eine Behandlungsauflage nach Absatz 1 Satz 1 darf nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Kommt die Person mit einer psychischen Erkrankung der Behandlungsauflage nicht nach, sind die Voraussetzungen für ein Unterbringungsverfahren zu prüfen.

Abschnitt 3
Unterbringung

§ 15 Begriff der Unterbringung

(1) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn eine Person mit einer psychischen Erkrankung gegen ihren Willen oder im Zustand der Willenlosigkeit in ein Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 eingewiesen wird und dort verbleibt.

(2) Eine Unterbringung im Sinne dieses Gesetzes liegt .auch dann vor, wenn die Einweisung oder der Verbleib ohne Einwilligung der Person, die das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Person mit einer psychischen Erkrankung ausübt, erfolgt.

§ 16 Vollzug der Unterbringung, Fachaufsicht

(1) Die Unterbringung Wird in geeigneten Krankenhäusern des Landes sowie in Krankenhäusern anderer Träger, die vom Land nach Absatz 2 beauftragt sind, vollzogen. Der Vollzug der Unterbringung in einem Krankenhaus kann einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder im Wege der Beleihung einer juristischen Person des Privatrechts oder einer Kommanditgesellschaft mit deren Einwilligung widerruflich übertragen werden, wenn das Krankenhaus sich dafür eignet.

(2) Die Krankenhäuser sind für den Vollzug der Unterbringung geeignet, wenn sie so ausgestattet sind, dass sie den Zweck der Unterbringung erfüllen können. Die Träger dieser Krankenhäuser müssen insbesondere dafür Sorge tragen, dass die Sicherheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung, der Beschäftigten und anderer Personen jederzeit gewährleistet ist und eine auf die unterschiedlichen Anforderungen abgestimmte Behandlung oder Betreuung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung ermöglicht und ihre Wiedereingliederung gefördert wird. Die Träger dieser Krankenhäuser haben durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung der Unterbringung nicht entzieht. Entzieht sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung der Unterbringung, sind die örtlich zuständige Polizeibehörde, die Verwaltungsbehörde sowie das Gericht unverzüglich zu informieren.

(3) Zuständig für die Feststellung der Eignung der Krankenhäuser nach Absatz 2 und die Übertragung der Aufgaben nach Absatz 1 ist das Landesverwaltungsamt. Dieses führt auch die Fachaufsicht über die Krankenhäuser, in denen die Unterbringung vollzogen wird, im Umfang der nach Absatz 1 übertragenen Aufgaben. Die Fachaufsicht prüft insbesondere wiederkehrend und anlassbezogen die Einhaltung der Voraussetzungen und Vorgaben des Teils 3. Den Weisungen der Fachaufsicht ist Folge zu leisten. Im Rahmen ihrer Tätigkeit ist der Fachaufsicht Auskunft zu erteilen und die Einsichtnahme in Akten oder sonstige Schriftstücke, auch soweit diese in elektronischer Form vorliegen, zu ermöglichen. Die Fachaufsicht hat jederzeit Zugang zu den Räumlichkeiten der Einrichtung. Die Fachaufsicht darf zur Dokumentation Bild- und Tonaufzeichnungen des Krankenhauses anfertigen; Bild- und Tonaufzeichnungen von Personen sind unzulässig. Die ärztliche Leitung des Krankenhauses nach Absatz 1 hat die Fachaufsicht unverzüglich über besondere Vorkommnisse zu informieren. Die Fachaufsicht koordiniert zudem Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser, durch die deren Kenntnisse und Fähigkeiten für die Tätigkeit im Rahmen der Unterbringung vertieft werden sollen.

§ 17 Voraussetzurigen der Unterbringung

(1) Die Unterbringung ist nur zulässig, wenn und solange

  1. die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass sich die Person mit einer psychischen Erkrankung infolge ihres krankheits- oder störungsbedingten Verhaltens schwerwiegende gesundheitliche Schäden zufügt (Selbstgefährdung), oder
  2. das durch die Krankheit oder Störung bedingte Verhalten der Person mit einer psychischen Erkrankung aus anderen Gründen eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder für andere Personen darstellt (Fremdgefährdung),

die Person aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage ist, die Gefahr für sich oder andere einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, und die Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. Die fehlende Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, rechtfertigt allein keine Unterbringung. Betroffene sind darüber aufzuklären. Die Aufklärung ist zu dokumentieren.

(2) Eine Unterbringung nach diesem Gesetz darf nicht angeordnet werden, wenn eine Maßnahme nach § 126a der Strafprozessordnung oder den §§ 63 , 64 des Strafgesetzbuches oder § 7 des Jugendgerichtsgesetzes getroffen worden ist. Wird eine solche Anordnung oder Maßregel nach einer Unterbringung getroffen, ist die Unterbringung aufzuheben.

§ 18 Antragserfordernis

Eine Unterbringung oder eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme nach § 331 oder § 332 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann nur auf Antrag der Verwaltungsbehörde durch gerichtliche Entscheidung angeordnet werden.

§ 19 Vorläufige Einweisung durch die Verwaltungsbehörde

(1) Kann eine gerichtliche Entscheidung nach § 18 nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, so kann die Verwaltungsbehörde die Person mit einer psychischen Erkrankung längstens bis zum Ablauf des folgenden Tages vorläufig in ein Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 einweisen, wenn ein ärztliches Zeugnis über einen Befund vorliegt, nach dem die Voraussetzungen der Unterbringung nach § 17 vorliegen, und wenn der Befund frühestens am Tag vor der vorläufigen Einweisung erhoben worden ist. Die Verwaltungsbehörde hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Unterbringung unverzüglich nachzuholen. Es ist sicherzustellen, dass sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung der vorläufigen Einweisung nicht entzieht. Die Angehörigen oder eine sonstige Person des Vertrauens sind auf Wunsch der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung über die vorläufige Einweisung zu benachrichtigen. Übt eine andere Person das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung aus, so ist diese unverzüglich zu benachrichtigen. Entzieht sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung der vorläufigen Einweisung, sind die örtlich zuständige Polizeibehörde, die Verwaltungsbehörde sowie das Gericht unverzüglich zu informieren.

(2) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der vorläufigen Einweisung kann die betroffene Person einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Über den Antrag entscheidet das für die Anordnung der Unterbringung zuständige Gericht. § 327 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsrechtsweg ist ausgeschlossen.

Abschnitt 4
Betreuung während der Unterbringung

§ 20 Eingangsuntersuchung

(1) Personen mit einer psychischen Erkrankung, die aufgrund dieses Gesetzes vorläufig eingewiesen oder untergebracht sind, werden unverzüglich nach ihrer Aufnahme ärztlich untersucht. Die Untersuchung erstreckt sich auch auf die Umstände, die maßgeblich für die Unterbringung waren. Sie soll zugleich bereits dazu dienen, die individuell gebotene Heilbehandlung unter Beachtung einer wirksamen Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches abzuklären und einen Behandlungsplan zu entwickeln. Hierbei soll die familiäre Situation der untergebrachten Personen mit einer psychischen Erkrankung berücksichtigt werden. Das Ergebnis der Untersuchungen, die vorgesehene Heilbehandlung und der Behandlungsplan sind der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zu erläutern. Liegen nach der Eingangsuntersuchung die Unterbringungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vor, hat die verantwortliche Ärztin oder der verantwortliche Arzt

  1. die Verwaltungsbehörde, welche die vorläufige Einweisung veranlasst oder die Unterbringung beantragt hat, und
  2. das zuständige Gericht

unverzüglich zu unterrichten.

(2) Zeigt sich bei der Eingangsuntersuchung die Notwendigkeit einer ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung, ohne dass die Unterbringungsvoraussetzungen vorliegen, soll die untersuchende Ärztin oder der untersuchende Arzt darauf hinwirken, dass sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung umgehend in ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung begibt und in die Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse an die behandelnde Person oder Einrichtung einwilligt.

(3) Ist nach dem Ergebnis der Eingangsuntersuchung eine stationäre Behandlung geboten, ohne dass die Voraussetzurigen der Unterbringung vorliegen, soll die untersuchende Ärztin oder der untersuchende Arzt aus ihrer oder seiner Verantwortung heraus versuchen, die Einwilligung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zur stationären Behandlung zu erreichen.

(4) Die fehlende Bereitschaft der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung, sich ambulant oder stationär behandeln zu lassen, rechtfertigt allein nicht die weitere Unterbringung. Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung ist darüber aufzuklären. Die Aufklärung ist zu dokumentieren.

(5) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung bis zur Entscheidung über die Aufhebung der vorläufigen Einweisung oder Unterbringung vorläufig zu einer therapeutischen Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 freizustellen.

§ 21 Aufklärungspflichten

(1) Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung ist im Rahmen ihrer Aufnahme durch die aufnehmende Ärztin oder den aufnehmenden Arzt unverzüglich über ihre Rechtsschutzmöglichkeiten aufzuklären. Die Aufklärung über ihre Rechte, und Pflichten, die Rechtsfolgen der Unterbringung, den gerichtlichen Rechtsschutz und die Möglichkeit zur Korrespondenz mit dem Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung gemäß § 37 Abs. 5 sowie der Korrespondenz mit der Patientenfürsprecherin oder dem Patientenfürsprecher nach § 6 hat in geeigneter Form in einer der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung verständlichen Sprache zu erfolgen. Erlaubt der Gesundheitszustand der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung diese Aufklärung nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aufnahme, so ist sie nachzuholen, sobald dies möglich ist. Dabei ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung auch über die Organisation und die Ordnungsregeln in dem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 zu informieren.

(2) Die Aufklärungspflichten finden auf den Behandlungsplan, soweit dieser feststeht, ebenso Anwendung und haben nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 2 in einer verständlichen Sprache zu erfolgen.

(3) Die Aufklärung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu dokumentieren und durch die Unterschrift der aufnehmenden Ärztin oder des aufnehmenden Arztes sowie der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung oder einer hierzu berechtigten Person zu bestätigen.

§ 22 Behandlungsplan

(1) Die Behandlung der Erkrankung oder Störung, die zur Unterbringung geführt hat, erfolgt nach einem Behandlungsplan. Dieser ist grundsätzlich in den ersten beiden Behandlungstagen nach der Aufnahme mit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung und der Person, der die rechtliche Vertretung obliegt, soweit dies ihren Aufgabenbereich berührt, zu erstellen. Der Behandlungsplan ist dem Gesundheitszustand der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung entsprechend laufend zu überprüfen und fortzuschreiben. In den Behandlungsplan sind Erkenntnisse aus früheren Behandlungen einzubeziehen, soweit dies mit vertretbarem Aufwand möglich ist.

(2) Der Behandlungsplan hat die Persönlichkeit, das Alter, den Entwicklungsstand und die Lebensverhältnisse der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zu berücksichtigen. Er umfasst auch solche Maßnahmen, die geeignet sind, der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung nach der Entlassung ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Der Behandlungsplan enthält insbesondere Angaben über die notwendigen Untersuchungen, über die ärztlichen, pflegerischen, ergotherapeutischen, heilpädagogischen, psychotherapeutischen und sozialtherapeutischen Maßnahmen sowie über Angebote und Maßnahmen des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitsförderung. Der Behandlungsplan kann weitere Untersuchungen einschließen, soweit sie im Rahmen der Behandlung oder zum Schutz der Gesundheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung erforderlich sind. Darüber hinaus soll er Möglichkeiten zur Einbeziehung von nahestehenden Personen in die Behandlung und zur Gestaltung der Unterbringung aufzeigen.

§ 23 Ärztliche und therapeutische Behandlung

(1) Während ihrer Unterbringung erhält die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung die nach dem allgemein anerkannten Stand der Regeln der ärztlichen Kunst und nach den jeweiligen pflegerischen, therapeutischen und heilpädagogischen Erkenntnissen gebotene Untersuchung und Heilbehandlung. Die Behandlung kann weitere Untersuchungen einschließen, soweit sie im Rahmen der Behandlung oder zum Schutz der Gesundheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung erforderlich sind.

(2) Die Behandlung bedarf der Einwilligung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung, soweit diese einwilligungsfähig ist. Ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung minderjährig, so ist zusätzlich die Einwilligung der gesetzlichen Vertretung erforderlich. Eine ärztliche Aufklärung muss im Vorfeld unverzüglich stattfinden.

(3) Ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung nicht fähig, Grund, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einzusehen oder ihren Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen, ist die Einwilligung der hierzu berechtigten Person maßgebend.

(4) Eine erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Die Einwilligung sowie der Widerruf der Einwilligung sind zu erklären und zu dokumentieren.

(5) Wirksame Patientenverfügungen im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind bei allen Maßnahmen zu beachten. Dies gilt auch für vorherige individuelle Absprachen zwischen der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung und dem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 in Form einer Behandlungsvereinbarung.

§ 24 Zwangsbehandlung

(1) Eine medizinische Untersuchung, eine Behandlung und Zwangsernährung ist gegen den natürlichen Willen der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zulässig, wenn

  1. die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung zur Einsicht in die Schwere ihrer Krankheit und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist,
  2. die Maßnahme darauf abzielt,
    1. die Unterbringung zu beenden oder
    2. eine bestehende Lebensgefahr oder gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung oder anderer Personen abzuwenden,
  3. eine wirksame Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind, nicht vorliegt,
  4. die Maßnahme zur Erreichung des Ziels geeignet und erforderlich ist,
  5. der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen und die durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schäden deutlich überwiegt,
  6. die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung durch eine Ärztin oder einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer ihrer Auffassungsgabe und ihrem Gesundheitszustand angemessenen Weise informiert wurde und
  7. der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch einer Ärztin oder eines Arztes, ein Einverständnis der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zu .der Maßnahme zu erreichen, erfolglos geblieben ist.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Anordnung bedarf der Einwilligung des Gerichts.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 sind der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung unverzüglich bekannt zu geben. Dabei ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung über die gegen die Anordnung möglichen Rechtsbehelfe und den beabsichtigten Beginn der Maßnahme rechtzeitig zu informieren.

(4) Die Gründe für die Anordnung der Maßnahme und das Vorliegen der Voraussetzungen, die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können. Sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zulässt, ist die Maßnahme mit ihr nachzubesprechen; die Nachbesprechung ist zu dokumentieren.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 kann bei Gefahr im Verzug von den Vorgaben gemäß Absatz 1 Nrn. 6 und 7, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 2 abgesehen werden. Die Handlungen sind Unverzüglich nachzuholen.

(6) Erfordert die therapeutische Behandlung einen operativen Eingriff oder ist sie mit Gefahr für Leben oder Gesundheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung verbunden oder würde sie ihre Persönlichkeit wesentlich oder auf Dauer verändern, so darf sie nur mit deren Einwilligung und nur dann vorgenommen werden, wenn sie nicht außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolg steht.

(7) Der Fachaufsicht ist durch den Träger des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 jährlich bis zum 31. März des Folgejahres ein Bericht über die .durchgeführten Zwangsbehandlungen nach den Absätzen 1 bis 6 vorzulegen.

§ 25 Gestaltung der Unterbringung

(1) Die Unterbringung ist unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte so zu gestalten, dass eine möglichst weitgehende Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse erreicht wird. Zugleich soll die Bereitschaft der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung geweckt werden, aktiv am Erreichen des Behandlungszieles mitzuwirken.

(2) Während der Unterbringung fördert das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 die Aufrechterhaltung bestehender und die Anbahnung neuer sozialer Kontakte der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung.

(3) Der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung soll während der Unterbringung ein angemessener Barbetrag, soweit verfügbar aus eigenen Mitteln, zur persönlichen Verfügung stehen. Das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 hat bei erforderlichen Anträgen Beratung und Unterstützung zu geben.

§ 26 Besondere Sicherungsmaßnahmen ohne gerichtliches Anordnungserfordernis

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen bei untergebrachten Personen mit einer psychischen Erkrankung ohne gerichtliches Anordnungserfordernis sind

  1. Wegnahme oder Vorenthalten von Gegenständen,
  2. Beschränkung oder Versagung des Aufenthaltes im Freien,
  3. Festhalten,
  4. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände (Absonderung),
  5. die Beobachtung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung.

(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 sind nur dann zulässig, wenn und solange die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung

  1. sich selbst tötet oder sich einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden zufügt oder
  2. gewalttätig wird und dadurch andere Personen oder Sachen erheblichen Wertes schädigt oder
  3. das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 ohne Erlaubnis verlässt

und wenn der Gefahr nicht anderweitig, begegnet werden kann.

(3) Eine besondere Sicherungsmaßnahme darf nur von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt der Station, auf der die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung untergebracht ist, angeordnet werden. Die Anordnung bedarf der Zustimmung einer weiteren Ärztin oder eines weiteren Arztes. Die ärztliche Leitung des Krankenhauses ist von der Anordnung der besonderen Sicherungsmaßnahme zu unterrichten. Die besondere Sicherungsmaßnahme ist zu befristen, ärztlich zu überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Anordnung weggefallen sind. Anordnung und Aufhebung der besonderen Sicherungsmaßnahmen sind zu dokumentieren. Die ärztliche Kontrolle sowie die regelmäßige Überwachung sind im erforderlichen Maße zu gewährleisten. Eine Nachbesprechung der Maßnahme durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt muss erfolgen, sobald der Gesundheitszustand der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung dies zulässt; die Nachbesprechung ist zu dokumentieren. Der Fachaufsicht ist durch den Träger des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 jährlich bis zum 31. März des Folgejahres ein Bericht über die ergriffenen besonderen Sicherungsmaßnahmen ohne gerichtliches Anordnungserfordernis, mit Ausnahme der Maßnahme nach Absatz 1 Nr. 1, vorzulegen.

§ 27 Fixierung, Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch mechanische Mittel

(1) Eine Fixierung und jede Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch mechanische Mittel ist nur ausnahmsweise und nur dann zulässig, wenn und solange die gegenwärtige erhebliche Gefahr besteht, dass die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung

  1. sich selbst tötet oder sich einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden zufügt oder
  2. gewalttätig wird und dadurch andere Personen oder Sachen erheblichen Wertes schädigt,

und wenn mildere Mittel zur Abwendung der Gefahr nicht in Betracht kommen. Die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen dürfen nicht außer Verhältnis zu dem zu erwartenden Nutzen stehen. Der zu erwartende Nutzen muss mögliche Schäden der Maßnahmen deutlich feststellbar überwiegen. Die Erforderlichkeit der Maßnahme ist auch unter Berücksichtigung der psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen zu beurteilen und in jeweils kurzen Abständen neu einzuschätzen.

(2) Eine absehbar kurzfristige Maßnahme nach Absatz 1 wird von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt der Station, auf der die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung untergebracht ist, angeordnet. Die Anordnung bedarf der Einwilligung einer weiteren Ärztin oder eines weiteren Arztes. Die ärztliche Leitung des Krankenhauses ist von der Anordnung der Maßnahme zu unterrichten. Eine Maßnahme ist kurzfristig, wenn sie absehbar eine Dauer von einer halben Stunde nicht überschreiten wird.

(3) Eine nicht nur kurzfristige Maßnahme nach Absatz 1 bedarf der vorherigen Anordnung durch das zuständige Gericht. Den Antrag auf gerichtliche Anordnung der Maßnahme stellt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt der Station, auf der die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung untergebracht ist. Eine vorherige gerichtliche Anordnung muss bei Gefahr im Verzug nicht eingeholt werden. In diesem Fall hat die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unverzüglich eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung zu beantragen, es sei denn

  1. es ist bereits zu Beginn der Maßnahme abzusehen, dass die richterliche Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes der Maßnahme ergehen wird, oder
  2. die Maßnahme ist vor der Herbeiführung der richterlichen Entscheidung tatsächlich beendet und es ist auch keine Wiederholung zu erwarten.

Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Maßnahme vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.

(4) Während der Durchführung der Maßnahme nach Absatz 1 gewährleistet dazu ausgebildetes Personal grundsätzlich durch ständigen Sicht- und Sprechkontakt die Betreuung und Überwachung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung (Eins-zu-Eins-Betreuung). Sofern therapeutische Gründe vorliegen, die gegen eine Eins-zu-Eins-Betreuung sprechen, ist der Einsatz technischer Mittel zur optischelektronischen Beobachtung bei der Maßnahme zulässig, wenn eine Beobachtung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung nicht anders sichergestellt werden kann. Die Anfertigung von Aufzeichnungen ist zulässig. Die Aufzeichnungen sind spätestens 48 Stunden nach ihrer Anfertigung zu löschen. Die ärztliche Kontrolle sowie die regelmäßige Überwachung sind im erforderlichen Maße zu gewährleisten.

(5) Eine Nachbesprechung der Maßnahme durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt muss erfolgen, sobald der Gesundheitszustand der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung dies zulässt; die Nachbesprechung ist zu dokumentieren. Nach Beendigung der Maßnahme ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung darauf hinzuweisen, dass sie die Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann.

(6) Die Anordnung der Maßnahme, die maßgeblichen Gründe hierfür, ihre Durchsetzung, ihre Dauer und die Art der Betreuung und Überwachung sind zu dokumentieren. Der Fachaufsicht ist durch den Träger des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 jährlich bis zum 31. März des Folgejahres ein Bericht über die durchgeführten Maßnahmen vorzulegen.

§ 28 Rechtsstellung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung

Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung unterliegt nur denjenigen Beschränkungen ihrer Freiheit, die sich aus dem Zweck der Unterbringung und aus den Anforderungen eines geordneten Zusammenlebens in dem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 ergeben, in dem sie untergebracht ist. Maßnahmen, welche die Freiheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung beschränken, sind im Verlauf der Behandlung ständig zu überprüfen und der Entwicklung des. Krankheitsverlaufs der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung anzupassen.

§ 29 Persönliche Habe, Besuchsrecht

(1) Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung hat im Rahmen der Unterbringung das Recht, ihre persönliche Kleidung zu tragen, persönliche Gegenstände in ihrem Zimmer aufzubewahren und Besuch zu empfangen.

(2) Dieses Recht darf nur eingeschränkt werden, wenn dadurch eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung besteht, die Sicherheit oder ein geordnetes Zusammenleben in dem Krankenhaus oder die Sicherheit einer anderen Person erheblich gefährdet wird.

§ 30 Postverkehr und Telekommunikation

(1) Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung hat im Rahmen der Unterbringung das Recht, Postsendungen frei abzusenden und zu empfangen.

(2) Der Schriftverkehr der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung kann im Rahmen der Unterbringung überwacht und beschränkt werden, wenn und soweit Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zweck der Unterbringung oder die Sicherheit oder Ordnung in dem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 gefährdet werden. Dies gilt nicht für den Schriftverkehr der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung mit

  1. Gerichten,
  2. Staatsanwaltschaften,
  3. Aufsichtsbehörden und anderen Behörden,
  4. ihrer anwaltlichen Vertretung,
  5. ihrer gesetzlichen Vertretung,
  6. Notarinnen und Notaren,
  7. Patientenfürsprecherinnen und Patientenfürsprechern der Landkreise und kreisfreien Städte sowie der Krankenhäuser,
  8. dem Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung und seinen Besuchskommissionen,
  9. anderen Beschwerdestellen für Personen mit einer psychischen Erkrankung,
  10. der oder dem Landesbeauftragten für den Datenschutz,
  11. der oder dem Beauftragten der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen,
  12. Volksvertretungen des Bundes, der Länder und der kommunalen Selbstverwaltung sowie deren Mitgliedern,
  13. dem Europäischen Parlament,
  14. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte,
  15. dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und weiteren Einrichtungen und Orten der Leistungserbringung, mit denen der Schriftverkehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist, und
  16. der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter.

Bei untergebrachten Personen mit einer psychischen Erkrankung mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist eine Überwachung und Beschränkung des Schriftverkehrs auch nicht zulässig für Schreiben an die konsularische oder diplomatische Vertretung des Heimatlandes. Schriftliche Mitteilungen der in Satz 2 und 3 genannten Stellen und Personen an die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung dürfen nicht geöffnet und nicht zurückgehalten werden.

(3) Für die Maßnahmen der Überwachung und der Beschränkung des Schriftverkehrs ist die ärztliche Leitung des Krankenhauses verantwortlich. Sie hat im Einzelfall zu überprüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang derartige Maßnahmen geboten sind. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Gefahr des Einschmuggelns von Suchtstoffen oder gefährlichen Gegenständen oder der Verabredung von Straftaten besteht.

(4) Über Maßnahmen der Überwachung und Beschränkung des Schriftverkehrs ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung zu unterrichten. Angehaltene Schreibeil werden dem Absender unter Angabe des Grundes zurückgesandt oder, wenn dies nicht möglich oder aus Gründen des Absatzes 3 Satz 3 untunlich ist, aufbewahrt. Die angehaltenen Schreiben sind verschlossen in der Krankenakte aufzubewahren und der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung bei der Entlassung auszuhändigen. Für Schreiben der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung gilt Entsprechendes.

(5) Erkenntnisse, die bei der Überwachung und der Beschränkung des Schriftverkehrs gewonnen werden, sind vertraulich zu behandeln. Sie dürfen außer für den mit der Überwachung verfolgten Zweck nur verarbeitet werden, soweit dies erforderlich ist, um die Sicherheit oder Ordnung des Krankenhauses zu wahren oder Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten, zu unterbinden oder zu verfolgen. Die nach Satz 2 gespeicherten Daten sind zu löschen, wenn der Zweck der Datenerhebung wegfällt oder die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung entlassen wird.

(6) Die vorstehenden Bestimmungen gelten sinngemäß für Pakete und andere Sendungen, Telefongespräche und andere Möglichkeiten der Telekommunikation sowie der Nutzung des Internets. Die Überwachung eines Telefongesprächs oder vergleichbarer Kommunikationswege wird in der Weise vorgenommen, dass eine Bedienstete oder ein Bediensteter des Krankenhauses das Gespräch in Gegenwart der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung mithört. Der Gesprächspartner ist hierüber zu Beginn des Telefongesprächs zu unterrichten.

§ 31 Offene Unterbringung

(1) Grundsätzlich, sofern der Zweck der Unterbringung es zulässt, soll die Unterbringung nach Möglichkeit aufgelockert und in weitgehend freien Formen durchgeführt werden, um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen. Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung hat Anspruch auf eine Lockerung der Unterbringung oder eine offene Unterbringung, sobald nach Einschätzung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes dies der Behandlung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung dient, sie den damit verbundenen Anforderungen genügt und ein Missbrauch nicht zu befürchten ist.

(2) Ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung länger als 14 "Tage offen untergebracht, sind die Verwaltungsbehörde und das zuständige Gericht unverzüglich zu benachrichtigen. Das zuständige Gericht prüft, ob die die Unterbringung anordnende gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden kann. Gegen den Willen der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung ist eine Verlegung in die offene Unterbringung nicht zulässig.

§ 32 Therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses

(1) Auf ärztliche Anordnung darf eine untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung dem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 nicht nur tagsüber stundenweise, sondern auch über Nacht fernbleiben (therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses). Bleibt eine untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung im Rahmen einer therapeutischen Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses dem Krankenhags nach § 16 Abs. 1 fern, so ist ein solches Fernbleiben rechtmäßig.

(2) Die ärztliche Leitung des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 oder eine von ihr bestimmte Ärztin oder ein von ihr bestimmter Arzt kann der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung eine therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses bis zur Dauer von zwei Wochen gewähren. Wenn der Gesundheitszustand und die persönlichen Verhältnisse der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung dies rechtfertigen. Eine therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses ist zu versagen, wenn zu vermuten ist, dass

  1. das Behandlungsziel durch die therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses gefährdet ist oder
  2. die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung versucht, sich während der therapeutischen Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses der weiteren Behandlung zu entziehen, oder
  3. die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet ist.

(3) Die therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses kann mit Auflagen versehen werden, soweit dies im I4inblick auf das Behandlungsziel erforderlich ist. Der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung kann insbesondere die Auflage erteilt werden, ärztliche und therapeutische Anweisungen zu befolgen. Die Erreichbarkeit der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung muss während der therapeutischen Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses gewährleistet sein.

(4) Die ärztliche Leitung des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 teilt therapeutische Belastungserprobungen außerhalb des Krankenhauses der Verwaltungsbehörde und dem sozialpsychiatrischen Dienst vorab mit.

(5) Die therapeutische Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses kann jederzeit von der ärztlichen Leitung des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 widerrufen werden, insbesondere dann, wenn Auflagen nicht oder nicht vollständig erfüllt werden oder der Gesundheitszustand der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung sich wesentlich verschlechtert. Über den Widerruf sind die Verwaltungsbehörde und der sozialpsychiatrische Dienst durch die ärztliche Leitung des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 zu informieren.

§ 33 Religionsausübung

(1) Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung hat das Recht, innerhalb des Krankenhauses am Gottesdienst und an Veranstaltungen von Religions- und Glaubensgemeinschaften teilzunehmen und ihren Glauben nach den Regeln ihrer Religions- oder Glaubensgemeinschaft auszuüben. Auf die Beachtung religiöser Speisevorschriften durch die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung ist Rücksicht zu nehmen.

(2) Auf ihren Wunsch ist die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung durch das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 zu unterstützen, wenn sie Kontakt mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger aufnehmen will.

(3) Religions- und Glaubensgemeinschaften ist die Möglichkeit einzuräumen, innerhalb des Krankenhauses Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen abzuhalten, soweit die Besonderheiten des Krankenhauses und der Behandlungserfordernisse nicht entgegenstehen und die Sicherheit oder Ordnung des Krankenhauses nicht gefährdet wird.

(4) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

Abschnitt 5
Beendigung der Unterbringung

§ 34 Entlassung

(1) Die ärztliche Leitung des Krankenhauses unterrichtet unverzüglich das zuständige Gericht, wenn sie es für geboten hält, die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung zu entlassen. Bis zur Entscheidung des zuständigen Gerichts kann sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung im Rahmen einer therapeutischen Belastungserprobung außerhalb des Krankenhauses im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 aufhalten; § 32 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

(2) Die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung ist zu entlassen, wenn

  1. die ihre Unterbringung anordnende gerichtliche Entscheidung aufgehoben worden ist,
  2. im Falle der vorläufigen Einweisung gemäß § 19 nicht bis zum Ende des auf die Einweisung folgenden Tages ein gerichtlicher Unterbringungsbeschluss vorliegt,
  3. die Unterbringungsfrist abgelaufen ist, ohne dass das zuständige Gericht zuvor die Verlängerung der Unterbringung angeordnet hat,
  4. das zuständige Gericht die Entlassung anordnet.

(3) Vor der Entlassung benachrichtigt das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 das zuständige Gericht, die zuständige Verwaltungsbehörde und den zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst. Die zuständige Verwaltungsbehörde unterrichtet die in § 315 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 sowie Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten Personen. Das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 benachrichtigt ferner mit Einwilligung der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung die ärztlich oder psychotherapeutisch tätigen Personen, von denen sie sich im Anschluss an die Unterbringung behandeln lassen möchte.

§ 35 Vorläufige Entlassung

(1) Ist der untergebrachten Person mit einer psychischen Erkrankung zur Auflage gemacht worden, sich in ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung zu begeben, so hat sie den Namen und die Anschrift der ärztlich oder psychotherapeutisch tätigen Person unverzüglich dem Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 mitzuteilen, in dem sie untergebracht war. Das Krankenhaus nach § 16 Abs. 1 übersendet der ärztlich oder psychotherapeutisch tätigen Person und dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst einen Bericht über die bisherige Behandlung. Die behandelnde ärztlich oder psychotherapeutisch tätige Person unterrichtet die zuständige Verwaltungsbehörde, wenn sich die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung nicht in Behandlung begibt, ärztliche Anweisungen nicht befolgt oder wenn eine Behandlung nicht mehr erforderlich ist.

(2) Zeigt sich während der Aussetzung der Vollziehung der Unterbringung, dass eine Behandlung nicht mehr erforderlich ist, stellt die zuständige Verwaltungsbehörde beim zuständigen Gericht den Antrag auf Aufhebung der Unterbringungsmaßnahme.

§ 36 Freiwilliger Krankenhausaufenthalt

Verbleibt die Person mit einer psychischen Erkrankung aufgrund ihrer Einwilligung weiter in dem Krankenhaus, obwohl die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 vorliegen, so teilt die ärztliche Leitung des Krankenhauses nach § 16 Abs. 1 dies dem zuständigen Gericht, der zuständigen Verwaltungsbehörde, dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst und, soweit die Person mit einer psychischen Erkrankung einwilligt, den in § 315 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 sowie Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten Personen mit.

Teil 4
Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung

§ 37 Berufung und Aufgaben

(1) Das für psychisch Kranke zuständige Ministerium beruft einen Ausschuss für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung.

(2) Der Ausschuss prüft, ob die in § 1 Abs. 2 und 3 genannten Personen entsprechend den Vorschriften dieses Gesetzes behandelt und betreut werden. Er soll für die Belange dieses Personenkreises eintreten und in der Bevölkerung Verständnis für die Lage psychisch kranker Menschen wecken.

(3) Der Ausschuss bildet für die Krankenhäuser, sonstigen Einrichtungen und Leistungserbringer, die die Leistungen zur Versorgung der nach § 1 Abs. 2 und 3 genannten Personen erbringen, Besuchskommissionen. Zu den Einrichtungen und Orten der Leistungserbringung gehören auch Alten- und Pflegeheime, soweit in ihnen Personen mit einer in § 1 Abs. 2 genannten Krankheit oder Störung leben. Die Besuchskommissionen haben jährlich mindestens einmal die Krankenhäuser zu besuchen, in denen Unterbringungen nach Teil 3 Abschnitt 3 erfolgen, die sonstigen Einrichtungen und Orte der Leistungserbringung des ihnen vom Ausschuss zugewiesenen Bereichs regelmäßig.

(4) Die Krankenhäuser, sonstigen Einrichtungen und Leistungserbringer sind verpflichtet, den Ausschuss und die Besuchskommissionen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Sie haben ihnen, soweit es zur Erfüllung der in den Absätzen 2 und 3 genannten Aufgaben erforderlich ist, Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Krankenunterlagen dürfen nur mit Einwilligung der Person mit einer psychischen Erkrankung oder einer hierzu berechtigten Person zur Einsichtnahme vorgelegt werden.

(5) Die Person mit einer psychischen Erkrankung ist berechtigt, unmittelbar mit dem Ausschuss und seinen Mitgliedern sowie mit den Besuchskommissionen und ihren Mitgliedern zu korrespondieren.

(6) Die Mitglieder des Ausschusses und der Besuchskommissionen sowie ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter sind nicht an Weisungen gebunden. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ihre Entschädigung richtet sich nach Abschnitt 4 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes.

(7) Der Ausschuss berichtet einmal jährlich dem Landtag und dem für psychisch Kranke zuständigen Ministerium über seine Tätigkeit, insbesondere über die Feststellungen und Anregungen der Besuchskommissionen.

§ 38 Verordnungsermächtigung

Das für psychisch Kranke zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Verordnung nähere Bestimmungen zu treffen über

  1. die Zusammensetzung des Ausschusses und der Besuchskommissionen,
  2. das Verfahren zur Berufung des Ausschusses und zur Bildung der Besuchskommissionen,
  3. die Aufgaben des Ausschusses und der Besuchskommissionen sowie die Wahrnehmung ihrer Aufgaben,
  4. die Amtszeit sowie die Rechte und Pflichten der einzelnen Mitglieder und ihrer Stellvertreterinnen und Stellvertreter.

Teil 5
Nachsorge

§ 39 Nachsorgende Hilfen

(1) Hilfsmaßnahmen, die dazu dienen, nach reiner klinischen Behandlung oder einer Unterbringung nach Teil 3 die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern und eine erneute klinische Behandlung oder Unterbringung zu verhindern, sollen, wenn die Person mit einer psychischen Erkrankung einwilligt, in enger Zusammenarbeit zwischen

  1. dem Krankenhaus, der sonstigen Einrichtung oder dem Leistungserbringer,
  2. den weiterbehandelnden ärztlich oder psychotherapeutisch tätigen Personen und
  3. dem zuständigen sozialpsychiatrischen Dienst

so umfassend und rechtzeitig eingeleitet und vorbereitet werden, dass eine weiterhin erforderliche ambulante Betreuung der Person mit einer psychischen Erkrankung gesichert ist.

(25 Bei den nachsorgenden Hilfsmaßnahmen ist ein besonderes Gewicht auf die individuelle ärztliche und psychosoziale Beratung der entlassenen Person mit einer psychischen Erkrankung über die erforderliche gesundheitliche Lebensführung und die Einhaltung etwaiger Auflagen zu legen. Es soll auch auf die mögliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen hingewirkt werden.

Teil 6
Kosten

§ 40 Kosten der Unterbringung

(1) Die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung trägt die untergebrachte Person mit einer psychischen Erkrankung, soweit sie nicht einem Sozialleistungsträger, einer Unterhaltspflichtigen oder einem Unterhaltspflichtigen oder einer anderen Person zur Last fallen.

(2) Die Kosten einer vorläufigen Einweisung sind vom Land zu tragen, wenn

  1. der Antrag auf Anordnung einer Unterbringung abgelehnt oder zurückgenommen wird oder aus anderen Gründen seine Erledigung findet oder
  2. die Anordnung einer Unterbringung vom Beschwerdegericht aufgehoben wird

und die Voraussetzungen für die Unterbringung von Anfang an nicht vorgelegen haben.

(3) Das zuständige Gericht hat in den Fällen des Absatzes 2 in der von ihm in der Hauptsache getroffenen Entscheidung auszusprechen, wer die Kosten der vorläufigen Einweisung zu tragen hat. Über die Kosten ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes nach billigem Ermessen auch dann zu entscheiden, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergeht.

(4) Die gerichtliche Entscheidung über die Kosten der einstweiligen Unterbringung ist mit der sofortigen Beschwerde selbständig anfechtbar.

Teil 7
Kosten der Landkreise und kreisfreien Städte

§ 41 Finanzausgleich, Zuweisungen

(1) Die den Landkreisen und kreisfreien Städten aus der Durchführung dieses Gesetzes entstehenden Verwaltungskosten werden im Rahmen des Finanzausgleichs gedeckt.

(2) Die Mehrkosten, .die sich aus der Schaffung der neuen Strukturen gemäß den §§ 6 und 8 ergeben, werden vom Land getragen.

(3) Die Bildung von gemeindepsychiatrischen Verbünden nach § 7 wird durch eine einmalige Zuweisung des Landes in Höhe von 20.000 Euro je Landkreis und kreis freier Stadt unterstützt. Die Auszahlung erfolgt im Jahr 2022 oder im Jahr 2023 auf Antrag des Landkreises oder der kreisfreien Stadt.

Teil 8
Datenschutz

§ 42 Datenverarbeitung

(1) Auf die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieses Gesetzes finden ergänzend zur Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der. Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 1; L 314 vom 22.11.2016 S. 72; L 127 vom 23.05.2018 S. 2) die Vorschriften des Datenschutz-Grundverordnungs-Ausfüllungsgesetzes Sachsen-Anhalt Anwendung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Abweichend von § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 9 Satz g des Datenschutz-Grundverordnungs-Ausfüllungsgesetzes Sachsen-Anhalt dürfen personenbezogene Daten und besondere Kategorien personenbezogener Daten nur dann zur Wahrnehmung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen, zur Rechnungsprüfung oder zur Durchführung von Organisationsuntersuchungen verarbeitet werden, wenn dies nach der Beurteilung der öffentlichen Stelle, die eine solche Befugnis wahrnimmt, erforderlich ist, weil sie ihre Aufgabe sonst nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand auf andere Weise, insbesondere mit anonymisierten Daten, erfüllen kann.

§ 43 Besonders schutzwürdige Daten

Besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 und andere personenbezogene Daten, die einem Berufsgeheimnis oder einem besonderen Amtsgeheimnis unterfallen, dürfen von den Stellen, die Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben verarbeitet werden. Der sozialpsychiatrische Dienst oder die anderen an Hilfen oder Schutzmaßnahmen beteiligten Stellen oder die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter oder andere Organisationen, die aufgrund völkerrechtlicher Übereinkommen, die von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurden oder aufgrund supranationalen oder nationalen Rechts mit der Überprüfung der Einhaltung der Rechte der Personen mit einer psychischen Erkrankung beauftragt sind, dürfen die in Satz 1 genannten Daten für andere Zwecke verarbeiten, wenn

  1. die betroffene Person eingewilligt hat,
  2. ein Gesetz dies vorschreibt oder
  3. eine Lebensgefahr oder eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit nicht anders abgewendet werden kann.

Eine Übermittlung an das zuständige Gericht oder an eine gesetzliche Vertretung ist darüber hinaus zulässig, soweit dies für die Unterbringung nach diesem Gesetz oder für die gesetzliche Vertretung erforderlich ist.

§ 44 Auskunft

Der Anspruch auf Auskunft über die nach diesem Gesetz gespeicherten personenbezogenen Daten kann durch die Auskunft einer Ärztin oder eines Arztes erfüllt werden. Die Erteilung einer Auskunft kann über § 11 Abs. 2 des Datenschutz-Grundverordnungs-Ausfüllungsgesetzes Sachsen-Anhalt hinaus auch abgelehnt werden, soweit und solange der Schutz der betroffenen Person oder der Rechte und Freiheiten einer anderen Person gefährdet werden würde.

Teil 9
Schlussvorschriften

§ 45 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und des Artikels 6 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person nach Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes und Artikel 5 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses sowie des Post- und Fernmeldegeheimnisses nach Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes und Artikel 14 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes und Artikel 17 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt eingeschränkt.

§ 46 Folgeänderungen

(1) § 42 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 2010 (GVBl. LSA S. 510), geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 2. August 2019 (GVBl. LSA S. 218, 241), wird wie folgt geändert:

1. In Satz 1 wird die Angabe "gemäß § 29 des Gesetzes über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt" durch die Angabe "gemäß § 37 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung des Landes Sachsen-Anhalt" ersetzt.

2. Satz 2 erhält folgende Fassung:


altneu
§ 29 Abs. 3 bis 6 und § 30 des Gesetzes über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt gelten sinngemäß. " § 30 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8, § 37 Abs. 3 bis 6 und § 38 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung des Landes Sachsen-Anhalt gelten sinngemäß."

(2) § 10 Abs. 2 des Gesundheitsdienstgesetzes vom 21. November 1997 (GVBl. LSA S. 1027), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. Oktober 2017 (GVBl. LSA S. 190),

(2) Er leistet Personen mit seelischen oder geistigen Behinderungen oder Erkrankungen Gesundheitshilfe nach dem Gesetz über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Januar 1992 (GVBl. LSA S. 88, ber. S. 432).

wird aufgehoben.

§ 47 Evaluierung

Dieses Gesetz ist vier Jahre nach seinem Inkrafttreten hinsichtlich seiner Wirkungsweise zu evaluieren. Dem Landtag sind die Konzeption und die Ergebnisse der Evaluierung in einem schriftlichen Bericht vorzulegen.

§ 48 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Januar 1992 (GVBl. LSA S. 88), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 13. April 2010 (GVBl. LSA S. 192), außer Kraft.

(2) Die §§ 7 bis 9 treten am 1. Januar 2022 in Kraft.

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