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Regelwerk, Gesundheitswesen
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PsychKG - Psychisch-Kranken-Gesetz
Gesetz zur Hilfe und Unterbringung psychisch kranker Menschen

- Schleswig-Holstein -

Vom 14. Januar 2000
(GVOBl. Sch.-H. 106, ber. S. 206; 03.01.2005 S. 21; 24.09.2009 S. 633; 07.05.2015 S. 106 15; 02.05.2018 S. 162 18; 11.12.2020 S. 1035 aufgehoben)
Gl.-Nr.: 2126-10



Zur aktuellen Fassung

Erster Teil
Allgemeines

§ 1 Anwendungsbereich; Grundsätze für den Umgang mit psychisch kranken Menschen

(1) Dieses Gesetz regelt Hilfen für psychisch kranke Menschen und ihre Unterbringung in einem Krankenhaus.

(2) Psychisch kranke Menschen im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, bei denen eine seelische .

  1. Krankheit,
  2. Behinderung oder
  3. Störung von erheblichem Ausmaß

einschließlich einer Abhängigkeit von Rauschmitteln oder Medikamenten erkennbar ist.

(3) Im Umgang mit psychisch kranken Menschen ist auf ihre Rechte, ihre Würde und auf ihr Befinden besondere Rücksicht zu nehmen. Ihren Wünschen nach Hilfen soll entsprochen werden. Sie sollen nach Möglichkeit in einer Patientenverfügung vor Behandlungsbeginn festgehalten werden. Personen ihres Vertrauens sind in geeigneter Weise einzubeziehen. Ambulante Formen der Hilfe haben Vorrang.

§ 2 Träger

Träger der Aufgaben nach diesem Gesetz sind die Kreise und kreisfreien Städte. Sie nehmen die Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahr.

Zweiter Teil
Hilfen

§ 3 Begriff und Zweck der Hilfen

(1) Hilfen nach diesem Gesetz sind Leistungen, die psychisch kranke Menschen befähigen, menschenwürdig und selbstverantwortlich zu leben. Sie sollen insbesondere Maßnahmen nach § 6 oder eine Unterbringung erübrigen oder abkürzen und die Behandlung unterstützen. Sie sollen dazu beitragen, dass seelische Krankheiten oder Störungen von -erheblichem Ausmaß sowie Abhängigkeiten von Rauschmitteln und Medikamenten rechtzeitig erkannt und behandelt werden, und psychisch kranke Menschen befähigen, im Zusammenwirken mit der Behandlung die Dienste geeigneter Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Hilfen nach diesem Gesetz sind im Sinne von Subsidiarität und Vorrangigkeit von freier Wohlfahrtspflege entsprechend SGB I § 17 zu leisten.

(2) Die Hilfen sollen weiterhin bei Personen, die mit psychisch kranken Menschen in Beziehung stehen, Verständnis für die besondere Lage der psychisch kranken Menschen wecken und insbesondere die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Behebung von Schwierigkeiten der psychisch kranken Menschen erhalten und fördern.

(3) Im Anschluss an eine stationäre Behandlung sollen die Hilfen den psychisch kranken Menschen vornehmlich den Übergang zu selbstverantwortlichem Leben und das Leben außerhalb des Krankenhauses erleichtern.

§ 4 Gewährung der Hilfen

(1) Hilfen werden durch Beratung und Betreuung gewährt; dafür sollen auch Hausbesuche angeboten werden. Weitere Ansprüche, insbesondere auf Heilbehandlung, Pflege, Geld- oder Sachleistungen bestehen nach diesem Gesetz nicht.

(2) Hilfen sind zu gewähren, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen und diese Aufgabe nicht von anderen Stellen zu erfüllen ist oder erfüllt wird.

(3) Die Kreise und kreisfreien Städte richten zur Gewährung der Hilfen einen Sozialpsychiatrischen Dienst ein.

§ 5 Arbeitskreise für gemeindenahe Psychiatrie

Die Kreise und kreisfreien Städte koordinieren die Hilfsangebote für psychisch kranke Menschen und richten zu diesem Zweck Arbeitskreise für gemeindenahe Psychiatrie ein. Die oberste Landesgesundheitsbehörde erlässt eine Empfehlung zur Zusammensetzung der Arbeitskreise.

§ 6 Vorladung, Untersuchung

(1) Machen psychisch kranke Menschen von den Hilfen nach § 4 Abs. 1 keinen Gebrauch und liegen Anzeichen dafür vor, dass sie infolge ihrer Krankheit ihr Leben, ihre Gesundheit oder Rechtsgüter anderer erheblich gefährden, kann der Kreis oder die kreisfreie Stadt sie vorladen, um erneut Hilfen anzubieten und eine ärztliche Untersuchung durchzuführen. In der Vorladung ist den psychisch kranken Menschen anheim zu stellen, statt der Vorladung zu folgen, sich unverzüglich in die Behandlung einer Ärztin oder eines Arztes zu begeben. Die psychisch kranken Menschen haben dem Kreis oder der kreisfreien Stadt den Namen und die Anschrift dieser Ärztin oder dieses Arztes mitzuteilen und die Ärztin oder den Arzt zu ermächtigen, den Kreis oder die kreisfreie Stadt von der Übernahme der Behandlung zu unterrichten.

(2) Folgt ein psychisch kranker Mensch der Vorladung nicht und begibt sich auch nicht in die ärztliche Behandlung nach Absatz 1 Satz 2 und 3, soll ein Hausbesuch durchgeführt werden. Ist ein Hausbesuch undurchführbar oder untunlich oder kann während des Hausbesuchs die erforderliche Untersuchung nicht durchgeführt werden, ist der Betroffene erneut vorzuladen. Er ist verpflichtet, dieser Vorladung zu folgen und eine ärztliche Untersuchung zu dulden; in der Vorladung ist darauf hinzuweisen. Für die ärztliche Untersuchung gilt § 14 Abs. 3 entsprechend. Die Verpflichtungen nach Satz 3 können im Wege des unmittelbaren Zwangs durchgesetzt werden; § 17 Abs. 1 gilt entsprechend.

(3) Das Ergebnis der Untersuchung nach Absatz 2 wird dem psychisch kranken Menschen mitgeteilt. Die Mitteilung kann unterbleiben, wenn Nachteile für seinen Gesundheitszustand zu erwarten sind. Begibt sich der psychisch kranke Mensch nach der Untersuchung in ärztliche, psychologischpsychotherapeutische oder kinder- und jugendlichenpsychotherapeutische Behandlung, so teilt der Kreis oder die kreisfreie Stadt den Untersuchungsbefund den Behandelnden mit.

Dritter Teil
Unterbringung in einem Krankenhaus

Abschnitt 1
Gerichtliches Verfahren

§ 7 Voraussetzungen der Unterbringung

(1) Psychisch kranke Menschen können gegen oder ohne ihren Willen in einem geeigneten Krankenhaus untergebracht werden, wenn und solange sie infolge ihrer Krankheit ihr Leben, ihre Gesundheit oder Rechtsgüter anderer erheblich gefährden und die Gefahr nicht anders abgewendet werden kann.

(2) Eine Gefahr im Sinne von Absatz 1 besteht insbesondere dann, wenn sich die Krankheit so auswirkt, dass ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder unvorhersehbar ist, jedoch wegen besonderer Umstände jederzeit damit gerechnet werden muss.

(3) Absatz 1 ist auch anwendbar, wenn eine Unterbringung psychisch kranker Menschen nach den §§ 1631b, 1705, 1800, 1906, 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches durch ihre gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter, denen das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, unterbleibt oder die gesetzliche Vertreterin oder der gesetzliche Vertreter, der oder dem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, der Unterbringung widerspricht.

§ 8 Unterbringungsantrag, Antrag auf Anordnung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme 15

(1) Die Unterbringung (§ 312 Satz 1 Nummer 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) kann nur auf schriftlichen Antrag des Kreises oder der kreisfreien Stadt angeordnet werden. Dem Antrag ist ein Gutachten beizufügen, in dem die Erfüllung der Voraussetzungen für die Unterbringung durch entsprechende Tatsachenfeststellungen sowie durch Beurteilungen einer in der Psychiatrie erfahrenen Ärztin oder eines in der Psychiatrie erfahrenen Arztes bescheinigt wird.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für, eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 14 Absatz 4.

§ 9 Zuständigkeit des Amtsgerichts 15

Die Entscheidungen über die Unterbringung und eine ärztliche Zwangsmaßnahme werden vom Amtsgericht getroffen.

§ 10 Geltung der Vorschriften über die freiwillige Gerichtsbarkeit

Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 11 Vorläufige Unterbringung und vorläufige ärztliche Zwangsmaßnahme 15

(1) Kann eine gerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, so kann der Kreis oder die kreisfreie Stadt die Unterbringung im Rahmen des Artikels 104 Abs. 2 des Grundgesetzes vorläufig vornehmen, längstens jedoch bis zum Ablauf des auf die Unterbringung folgenden Tages; § 8 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. In diesem Falle ist unverzüglich beim Gericht ein Antrag auf Unterbringung zu stellen.

(2) Der Kreis oder die kreisfreie Stadt hat eine der nachstehend genannten Personen unverzüglich über die Unterbringung zu unterrichten:

  1. die Ehegattin oder den Ehegatten, die eingetragene Lebenspartnerin oder den eingetragenen Lebenspartner, wenn sie nicht dauernd getrennt leben,
  2. einen Elternteil oder ein Kind, bei dem der untergebrachte Mensch lebt oder bei Einleitung des Verfahrens gelebt hat,
  3. bei minderjährigen Kindern einen Elternteil,
  4. die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter in persönlichen Angelegenheiten,
  5. eine Betreuerin oder einen Betreuer sowie eine Pflegerin oder einen Pfleger, sofern der Aufenthalt des untergebrachten Menschen von der Betreuungs- oder Pflegeperson bestimmt werden kann,
  6. eine volljährige Person, mit der der untergebrachte Mensch eine Lebensgemeinschaft führt,
  7. die Leiterin oder den Leiter der Einrichtung, in der der untergebrachte Mensch lebt oder
  8. eine Person des Vertrauens des untergebrachten Menschen, nach der der untergebrachte Mensch zu befragen ist, sofern eine solche nicht bereits bekannt ist.

Ein untergebrachter volljähriger Mensch hat das Recht, eine Unterrichtung der in den Nummern 1, 2, 6, 7 oder 8 genannten Personen zu untersagen.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend für die Anordnung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme.

Abschnitt 2
Rechtsstellung während der Unterbringung und Behandlung

§ 12 Rechtsstellung der untergebrachten Menschen 15

(1) Untergebrachte Menschen sind unverzüglich nach der Aufnahme aufzuklären

  1. über ihre Rechte und Pflichten während der Unterbringung einschließlich ihres Beschwerderechts,
  2. über die bestellte Anliegenvertretung (§ 26) und deren Kontaktdaten,
  3. über ihr Petitionsrecht und die Kontaktdaten des Petitionsausschusses des Landtags sowie
  4. über ihre Kommunikationsmöglichkeiten in der Einrichtung (§§ 19 bis 22).

Die Information ist dem untergebrachten Menschen in schriftlicher Form auszuhändigen und für jeden Untergebrachten zugänglich in der Einrichtung auszuhängen.

(2) Untergebrachte Menschen unterliegen während der Unterbringung nur den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Diese müssen im Hinblick auf den Zweck der Unterbringung oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung des Krankenhauses unerlässlich sein.

(3) Kinder und Jugendliche sollen je nach Eigenart und Schwere ihrer Krankheit und nach ihrem Entwicklungsstand nach Möglichkeit in Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht und behandelt werden.

§ 13 Vollzug der Unterbringung 15

(1) Die Entscheidung, durch welche die Unterbringung angeordnet worden ist, wird von dem Kreis oder der kreisfreien Stadt vollzogen.

(2) Der Kreis oder die kreisfreie Stadt bestimmt, in welchem für die Behandlung der Erkrankung geeigneten Krankenhaus die Unterbringung erfolgt. Bei der Bestimmung des Krankenhauses ist der von der obersten Landesgesundheitsbehörde veröffentlichte Unterbringungsplan zu beachten, in dem Einzugsbereiche festgelegt werden. Ein Wunsch des betroffenen Menschen soll nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

(3) Die Kreise und kreisfreien Städte können den natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts, die den Krankentransport durchführen, und den Trägern privater oder freigemeinnütziger Krankenhäuser Aufgaben der öffentlichen Verwaltung beim Vollzug der Unterbringungsanordnung und der Unterbringung zur Erledigung in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts übertragen. Die Landrätin oder der Landrat oder die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister der kreisfreien Stadt ist Aufsichtsbehörde. Für den Umfang und die Mittel der Aufsicht gelten § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 1, 3 und 4 und § 18 Abs. 3 des Landesverwaltungsgesetzes entsprechend. Die Beschäftigung des Personals der nicht öffentlichen Krankenhausträger, das am Vollzug der Unterbringung beteiligt ist, bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf die fachliche und persönliche Eignung.

(4) Beim Transport in das in Absatz 2 bestimmte Krankenhaus dürfen Vollzugskräfte nach § 252 des Landesverwaltungsgesetzes auch außerhalb des Bezirks des zuständigen Kreises oder der zuständigen kreisfreien Stadt unmittelbaren Zwang anwenden. § 16 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3 und 5 sowie § 17 Abs. 1 gelten entsprechend.

§ 14 Behandlung 15

(1) Ein untergebrachter Mensch hat Anspruch auf die notwendige Behandlung. Diese schließt die erforderlichen Untersuchungen sowie ärztliche, sozialtherapeutische, psychotherapeutische, pflegerische, heilpädagogische und ergotherapeutische Maßnahmen ein. Die Behandlung erfolgt nach einem Behandlungsplan. Sie umfasst auch Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem untergebrachten Menschen nach der Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.

(2) Der Behandlungsplan ist mit dem untergebrachten Menschen zu erörtern und nach Möglichkeit abzustimmen. Er ist über die erforderlichen diagnostischen Verfahren und die Behandlung sowie die damit verbundenen Risiken umfassend aufzuklären. Um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen, soll die Unterbringung nach Möglichkeit in offenen und freien Formen erfolgen, soweit der Zweck der Unterbringung dies zulässt.

(3) Ärztliche Eingriffe, die mit Lebensgefahr oder erheblicher Gefahr für die Gesundheit des untergebrachten Menschen verbunden sind, dürfen nur mit seiner Einwilligung vorgenommen werden. Bei Volljährigen, welche die Bedeutung und Tragweite der Behandlung und der Einwilligung nicht beurteilen können, und bei Minderjährigen ist für die Einwilligung der Wille der gesetzlichen Vertreterin oder des gesetzlichen Vertreters maßgebend. Dies betrifft auch die Erprobung von Arzneimitteln und medizinischen Verfahren sowie die Teilnahme an wissenschaftlichen Studien.

(4) Eine Behandlung gegen den natürlichen Willen des untergebrachten Menschen (ärztliche Zwangsmaßnahme) mit dem Ziel, die fortdauernde Notwendigkeit einer Unterbringung nach § 7 zu beseitigen, darf nur dann durchgeführt werden, wenn

  1. der untergebrachte Mensch aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
  2. sie im Hinblick auf das Behandlungsziel, das ihren Einsatz rechtfertigt, Erfolg verspricht,
  3. mildere Mittel, insbesondere eine weniger eingreifende Behandlung, aussichtslos sind und
  4. der zu erwartende Nutzen der Behandlung die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich feststellbar überwiegt.

Eine wirksame Patientenverfügung ist zu beachten.

(5) Eine ärztliche Zwangsmaßnahme setzt voraus, dass durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt

  1. eine den Verständnismöglichkeiten des untergebrachten Menschen entsprechende Information über die beabsichtigte Behandlung und ihre Wirkungen vorausgegangen ist,
  2. vor Beginn der Behandlung ernsthaft versucht wurde, eine auf Vertrauen gegründete, freiwillige Zustimmung des untergebrachten Menschen zu erreichen und
  3. dem untergebrachten Menschen nach Scheitern des Gespräches zu 2. die Beantragung der gerichtlichen Anordnung nebst der Möglichkeit der Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme - im Falle der vorläufigen ärztlichen Zwangsmaßnahme (§ 11 Absatz 3) ohne vorherige gerichtliche Anordnung - angekündigt worden ist.

Die Durchführung der Gespräche nach Satz 1 muss durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt dokumentiert werden.

(6) Die Behandlung muss von einer Ärztin oder einem Arzt angeordnet oder selbst durchgeführt werden. Sie muss ärztlich überwacht und dokumentiert werden.

(7) Bei der Aufnahme ist der untergebrachte Mensch unverzüglich ärztlich zu untersuchen. Ergibt die Untersuchung; dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, gilt § 24 Abs. 2 entsprechend.

(8) Der untergebrachte Mensch kann den Wunsch äußern, bei der Untersuchung sowie im Rahmen der weiteren Behandlung und bei ärztlichen Eingriffen entweder von einer Ärztin oder von einem Arzt untersucht zu werden. Der Wunsch sollte in einer Patientenverfügung festgehalten werden. Dem Wunsch des psychisch kranken Menschen ist nach Möglichkeit zu entsprechen.

§ 15 Ordnung im Krankenhaus

Die notwendigen Regelungen zur Ordnung im Krankenhaus erlassen unbeschadet der §§ 16 bis 24 die Träger der öffentlichen und die nach § 13 Abs. 3 Satz 1 beliehenen Träger der privaten oder freigemeinnützigen Krankenhäuser durch Satzung, insbesondere über

  1. die Einbringung und Verwahrung von Geld, Wertsachen und anderen Gegenständen,
  2. die Ausgestaltung der Räume,
  3. die Einkaufsmöglichkeiten,
  4. ein Rauchverbot,
  5. ein Alkoholverbot,
  6. ein Verbot der Einnahme mitgebrachter oder beschaffter Medikamente,
  7. die Besuchszeiten,
  8. die Freizeitgestaltung und
  9. den Aufenthalt im Freien.

§ 16 Anwendung besonderer Sicherungsmaßnahmen

(1) Ein untergebrachter Mensch darf zeitweise durch eine Maßnahme nach Absatz 2 in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit beschränkt werden, wenn und solange die Gefahr besteht, dass er

  1. gegen Personen gewalttätig wird oder
  2. sich selbst tötet oder erheblich verletzt.

Eine Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn die Gefahr auch anders abgewendet werden kann oder ein durch die Maßnahme zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht. Der von einer Maßnahme betroffene Mensch ist ständig in geeigneter Weise zu betreuen.

(2) Besondere Sicherungsmaßnahmen dienen der Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit durch mechanische Vorrichtungen oder auf andere Weise, insbesondere durch

  1. Fixierung oder
  2. Ruhigstellung durch Medikamente.

(3) Eine Maßnahme nach Absatz 2 ist vor ihrer Anwendung anzukündigen. Die Ankündigung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen.

(4) Eine Maßnahme nach Absatz 2 darf nur von einer Ärztin oder einem Arzt aufgrund eigener Untersuchung befristet angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug darf eine Fixierung auch von einer oder einem therapeutischen Mitarbeiterin oder Mitarbeiter angeordnet werden; die Entscheidung einer Ärztin oder eines Arztes ist unverzüglich herbeizuführen. Soll eine Fixierung über zwölf Stunden hinaus andauern oder nach weniger als zwölf Stunden erneut angeordnet werden, so ist außerdem die Zustimmung der ärztlichen Leitung der Krankenhausabteilung erforderlich.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 sind mindestens aufzuzeichnen:

  1. die Ankündigung oder ihr Unterbleiben,
  2. die Gründe für die Anordnung,
  3. die Art und der Beginn,
  4. die Art der Betreuung sowie
  5. die Verlängerung und das Ende.

Die Aufzeichnung erfolgt durch die Ärztin oder den Arzt und ist zu den Krankenakten zu nehmen.

§ 17 Unmittelbarer Zwang

(1) Anordnungen nach diesem Gesetz dürfen von Vollzugskräften nach § 252 des Landesverwaltungsgesetzes im Wege des unmittelbaren Zwangs nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Landesverwaltungsgesetzes gegenüber untergebrachten Menschen durchgesetzt werden. Die Anwendung des unmittelbaren Zwangs ist mündlich anzudrohen.

(2) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

§ 18 Eingriffe in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis und Besuchsrechte

(1) Die für die Behandlung verantwortliche Ärztin oder der für die Behandlung verantwortliche Arzt darf im Einzelfall Überwachungen, Einschränkungen oder Untersagungen des Schriftwechsels, bei Paketen, Telefongesprächen und Besuchen (§§ 19 bis 22) nur dann anordnen, wenn Tatsachen dafür sprechen, dass bei freien Schriftwechseln, Paketempfängen, Telefongesprächen und Besuchen aufgrund der Krankheit erhebliche Nachteile für den Gesundheitszustand des psychisch kranken Menschen zu erwarten sind oder der Zweck der Unterbringung gefährdet werden könnte.

(2) Einzelheiten regeln die §§ 19 bis 22.

§ 19 Schriftwechsel

(1) Untergebrachte Menschen sind berechtigt, Schriftwechsel zu führen.

(2) Nicht überwacht wird der Schriftwechsel eines untergebrachten Menschen mit

  1. seiner anwaltlichen und gesetzlichen Vertretung und seiner Betreuerin oder seinem Betreuer,
  2. Behörden, Gerichten, Seelsorgerinnen und Seelsorgern sowie Mitgliedern der Anliegenvertretung,
  3. Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie deren Mitgliedern,
  4. Vertretungskörperschaften der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie deren Mitgliedern,
  5. der Europäischen Kommission für Menschenrechte und
  6. bei ausländischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern auch mit der konsularischen oder diplomatischen Vertretung des Heimatlandes.

(3) Ergibt die Überwachung, dass eine der Voraussetzungen nach § 18 vorliegt, so kann die Sendung angehalten werden. Dies ist dem untergebrachten Menschen mitzuteilen; die Sendung ist der Absenderin oder dem Absender zurückzugeben.

§ 20 Pakete

(1) Untergebrachte Menschen sind berechtigt, Pakete abzusenden und zu empfangen.

(2) Der Inhalt von Paketen kann in Gegenwart des untergebrachten Menschen daraufhin überprüft werden, ob darin

  1. Schreiben oder sonstige Nachrichten oder
  2. Gegenstände, deren Besitz den Zweck der Unterbringung oder die Sicherheit oder das geordnete Zusammenleben im Krankenhaus gefährden würde,

enthalten sind.

(3) Auf Schreiben oder sonstige Nachrichten, die in Paketen enthalten sind, ist § 19 anzuwenden. Enthält ein Paket Gegenstände der in Absatz 2 Nr. 2 genannten Art, so sind diese Gegenstände der Absenderin oder dem Absender oder der Eigentümerin oder dem Eigentümer zurückzugeben. Ist dies nicht möglich oder aus besonderen Gründen nicht zweckmäßig, so sollen sie aufbewahrt oder an eine von dem untergebrachten Menschen oder seiner gesetzlichen Vertreterin oder seinem gesetzlichen Vertreter benannte Person versandt werden, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist.

(4) Eine Maßnahme nach Absatz 3 ist auch gegenüber der Absenderin oder dem Absender bekanntzugeben und zu begründen.

§ 21 Telefongespräche

(1) Untergebrachte Menschen sind berechtigt, Telefongespräche zu führen. § 18 Abs. 1 findet für Telefongespräche mit den in § 19 Abs. 2 genannten Stellen keine Anwendung.

(2) Telefongespräche dürfen nur dadurch überwacht werden, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Krankenhauses in Gegenwart des untergebrachten Menschen den Gesprächsverlauf verfolgt und das Gespräch mithört. Wird ein Telefongespräch überwacht, so ist die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner zu Beginn des Gesprächs darüber zu unterrichten. Die Fortsetzung des Gespräch kann nur unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 untersagt werden.

§ 22 Besuche

(1) Untergebrachte Menschen sind berechtigt, entsprechend den Besuchsregelungen Besuch zu empfangen oder abzulehnen. Wird ein Besuch aufgrund einer Anordnung nach § 18 Abs. 1 überwacht, so sind der untergebrachte Mensch und die Besucherin oder der Besucher zu Beginn des Besuchs darüber zu unterrichten.

(2) Besuche durch die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter des untergebrachten Menschen, durch Betreuerinnen oder Betreuer, durch Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte, Notarinnen oder Notare in einer den untergebrachten Menschen betreffenden Rechtssache und durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger dürfen zahlenmäßig nicht beschränkt werden. Bei diesen Besuchen dürfen Schriftstücke, die mit dem Anlass des Besuches im Zusammenhang stehen, übergeben werden.

(3) Andere Gegenstände als Schriftstücke dürfen bei Besuchen nur mit Erlaubnis übergeben werden. Aus Gründen der Sicherheit, bei suchtkranken untergebrachten Menschen auch zur Sicherung des Zwecks der Unterbringung, können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherin oder der Besucher durchsuchen lässt; dies gilt nicht für Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte, Notarinnen oder Notare.

§ 23 Dokumentation von Eingriffen

Soweit in den §§ 19 bis 22 keine weitergehenden Regelungen enthalten sind, sind die Anordnung der Überwachung, Einschränkung und Versagung hinsichtlich

  1. des Schriftwechsels,
  2. der Pakete,
  3. von Telefongesprächen und
  4. von Besuchen,

ihre Gründe und die Durchführung aufzuzeichnen; die Aufzeichnung ist ebenso wie eine Stellungnahme des untergebrachten Menschen zu den Krankenakten zu nehmen. Der untergebrachte Mensch und gegebenenfalls seine gesetzliche Vertreterin oder sein gesetzlicher Vertreter erhalten auf Verlangen Auskunft oder Einsicht in die Aufzeichnungen nach § 31.

  § 24 Beurlaubungen 15

(1) Das Krankenhaus kann einen untergebrachten Menschen bis zu sieben Tagen unter vorheriger Benachrichtigung des Kreises oder der kreisfreien Stadt und einer der in § 11 Abs. 2 genannten Personen beurlauben.

(2) Ergibt eine ärztliche Untersuchung, dass die Tatsachen und ärztlichen Beurteilungen, die der Unterbringung zugrunde liegen, nicht oder nicht mehr vorliegen, hat das Krankenhaus den untergebrachten Menschen sofort zu beurlauben und

  1. den Kreis oder die kreisfreie Stadt,
  2. die Personen nach § 6 Abs. 3, die die untergebrachte Person behandelten,
  3. das Amtsgericht und
  4. eine der in § 11 Abs. 2 genannten Personen unverzüglich zu benachrichtigen.

§ 25 Entlassung

(1) Ein untergebrachter Mensch ist zu entlassen, wenn

  1. die Unterbringungsfrist abgelaufen ist und das Gericht nicht vorher die Fortdauer der Unterbringung angeordnet hat,
  2. das Gericht die Anordnung der Unterbringung aufgehoben hat oder
  3. das Gericht im Falle der vorläufigen Unterbringung nicht spätestens bis zum Ablauf des auf den Beginn der vorläufigen Unterbringung folgenden Tages die Unterbringung und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet hat.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 3 benachrichtigt das Krankenhaus das Amtsgericht, die oder den nach § 317 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestellte Verfahrenspflegerin oder bestellten Verfahrenspfleger, den Kreis oder die kreisfreie Stadt und die in § 11 Abs. 2 Genannten von der Entlassung.

§ 26 Anliegenvertretung

(1) Zur Vertretung der Belange und Anliegen der untergebrachten Menschen bestellt der Kreis oder die kreisfreie Stadt für die Krankenhäuser, in denen in seinem oder ihrem Bezirk Unterbringungen vollzogen werden, eine Besuchskommission oder eine Patientenfürsprecherin und ihren Vertreter oder einen Patientenfürsprecher und seine Vertreterin (Anliegenvertretung). Es können auch beide Institutionen bestellt werden. Der Sozialpsychiatrische Dienst unterstützt die Anliegenvertretung und führt ihre Geschäfte.

(2) Die Anliegenvertretung soll die Krankenhäuser mindestens zweimal jährlich besuchen. Zwischen zwei Besuchen dürfen nicht mehr als sechs Monate liegen. Es ist sicherzustellen, dass die Anliegenvertretung auch zwischen den Besuchen für Anliegen und Beschwerden erreichbar ist. Die Anliegenvertretung soll prüfen, ob die Rechte der untergebrachten Menschen gewahrt werden und der Zweck der Unterbringung erfüllt wird. Sie wirkt bei der Gestaltung der Unterbringung beratend mit. Aufgabe der Anliegenvertretung ist es, Anregungen und Beschwerden der untergebrachten Menschen entgegenzunehmen und zu prüfen. Mitglieder von Anliegenvertretungen dürfen Aufgaben der Anliegenvertretung nicht in Krankenhäusern wahrnehmen, in denen sie beschäftigt sind. Die Anliegenvertretung kann zu einem Besuch weitere geeignete Personen hinzuziehen, die nicht im besuchten Krankenhaus beschäftigt sind. Die Anliegenvertretung ist berechtigt, die Krankenhäuser unangemeldet zu besuchen.

(3) Einer Besuchskommission gehören mindestens vier Personen an; jeweils hälftig sollen Frauen und Männer berücksichtigt werden. Mitglieder sind

  1. eine Ärztin oder ein Arzt des Kreises oder der kreisfreien Stadt,
  2. eine in Unterbringungsangelegenheiten erfahrene Person mit Befähigung zum Richteramt,
  3. ein Mitglied auf Vorschlag von Vereinigungen der Psychiatrie-Erfahrenen und
  4. ein Mitglied auf Vorschlag der Vereinigungen der Angehörigen und Freunde psychisch kranker Menschen.

Die Mitglieder wählen die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und die Vertreterin oder den Vertreter; Wiederwahl ist zulässig. Beim Ausscheiden eines Mitgliedes ist für die Restdauer der Amtszeit der Besuchskommission ein Ersatzmitglied zu bestellen.

(4) In den Krankenhäusern ist durch Aushang an geeigneter Stelle unter Bekanntgabe des Namens und der Anschrift der oder des Vorsitzenden der Besuchskommission oder der Patientenfürsprecherin und ihres Vertreters oder des Patientenfürsprechers und seiner Vertreterin auf die Anliegenvertretung und ihre Aufgaben hinzuweisen.

(5) Der Anliegenvertretung ist ungehinderter Zugang zu den Krankenhäusern zu gewähren; ihr sind die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Personenbezogene Auskünfte bedürfen der Zustimmung der betroffenen untergebrachten Menschen. Bei den Besuchen ist den untergebrachten Menschen auch Gelegenheit zu geben, in Abwesenheit von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Krankenhauses Wünsche und Beschwerden vorzutragen. Das Krankenhaus hat die Anliegenvertretung bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen.

(6) Über ihre Tätigkeit berichtet die Anliegenvertretung dem Kreis oder der kreisfreien Stadt (Absatz 1) einmal jährlich.

(7) Für die Tätigkeit in der Anliegenvertretung und für die nach Absatz 2 hinzugezogenen Personen gelten die Vorschriften für ehrenamtliche Tätigkeit. Für die Tätigkeit in der Anliegenvertretung ist eine Amtsdauer von mindestens vier und höchstens sechs Jahren festzulegen; Wiederbestellung ist zulässig. Die Anliegenvertretung bleibt nach Ablauf ihrer Amtsdauer bis zum Amtsantritt der neuen Anliegenvertretung im Amt.

Vierter Teil
Datenschutz

§ 27 Datenverarbeitung 18

(1) Auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen nach diesem Gesetz finden die Verordnung (EU) 2016/679 1 sowie das Landesdatenschutzgesetz Anwendung, soweit in Absatz 2 und in den §§ 28 bis 31 abweichende Regelungen nicht enthalten sind.

(2) Personenbezogene Daten dürfen nur dann zur Erfüllung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen sowie zur Rechnungsprüfung verarbeitet werden, wenn dies erforderlich ist, weil die Aufgabe auf andere Weise, insbesondere mit anonymisierten Daten, nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllt werden kann.

(3) Die in diesem Gesetz benannten Stellen dürfen zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch Daten im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 verarbeiten, soweit dies im Einzelfall zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. § 12 des Landesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.

§ 28 Besonders schutzwürdige Daten 18

(1) Personenbezogene Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterfallen, dürfen die Kreise oder kreisfreien Städte oder die an einem Unterbringungsverfahren beteiligten Stellen für andere Zwecke als die, für die die Daten erhoben und gespeichert worden sind, nur weiterverarbeiten, wenn

  1. die betroffene Person eingewilligt hat,
  2. eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder
  3. eine Lebensgefahr oder eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit nicht anders abgewendet werden kann.

Eine Übermittlung an das Vormundschaftsgericht, an die Betreuungsbehörde oder eine Betreuerin oder einen Betreuer, die oder der nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt ist, ist darüber hinaus zulässig, soweit dies für eine Unterbringung oder vorläufige Unterbringung nach diesem Gesetz oder für die Betreuung erforderlich ist.

(2) Werden in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Daten übermittelt, so hat die Empfängerin oder der Empfänger diese Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme zu sichern; hierauf ist sie oder er hinzuweisen.

§ 29 Unterrichtung in besonderen Fällen

Ist aufgrund der Art und Schwere seiner Erkrankung anzunehmen, dass ein psychisch kranker Mensch sich oder andere durch das Führen eines Kraftfahrzeuges oder durch den Umgang mit Waffen gefährden könnte, so kann die Leitung des Sozialpsychiatrischen Dienstes oder die ärztliche Leitung des Krankenhauses, in dem der Mensch untergebracht ist, die zuständige öffentliche Stelle über die getroffenen Feststellungen unterrichten. Dem psychisch kranken Menschen ist vorher Gelegenheit zu geben, sich zu der Unterrichtung zu äußern; eine Äußerung ist der Unterrichtung beizufügen.

§ 30 Datenspeicherung 18

(1) Besonders schutzwürdige Daten (§ 28 Abs. 1 Satz 1) dürfen nur gespeichert werden, soweit dies für die Erfüllung der in diesem Gesetz vorgesehenen Aufgaben oder für die Dokumentation von diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen erforderlich ist. Sie sind in Akten aufzunehmen.

(2) Untersuchungs- oder Behandlungsergebnisse sind gesondert aufzubewahren.

§ 31 Auskunft, Akteneinsicht 18

Der psychisch kranke Mensch hat Anspruch auf Auskunft über die nach diesem Gesetz gespeicherten Daten gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 und § 9 Landesdatenschutzgesetz. Die Auskunft kann mündlich durch eine Ärztin oder einen Arzt erteilt werden. Auf Wunsch ist dem psychisch kranken Menschen Akteneinsicht zu gewähren. Die Auskunft oder Einsicht kann versagt werden, soweit eine Untersuchung nach § 6; eine Unterbringung nach § 7 oder eine vorläufige Unterbringung nach § 11 wesentlich gefährdet oder Hilfen wesentlich erschwert würden.

Fünfter Teil
Kosten

§ 32 Grundsatz

Für die Durchführung dieses Gesetzes erheben die Kreise und kreisfreien Städte keine Kosten.

§ 33 Kosten der Unterbringung

(1) Die Kosten der Unterbringung nach dem Dritten Teil trägt der untergebrachte Mensch. Für die nach dem Pflegesatzrecht festgesetzten Krankenhauskosten ist der Krankenhausträger Kostengläubiger gegenüber diesem Menschen. Auf Gesetz oder Vertrag beruhende Verpflichtungen Dritter, insbesondere von Unterhaltspflichtigen oder Trägern der Sozialversicherung, zur Kostentragung bleiben unberührt.

(2) Hat der Kreis oder die kreisfreie Stadt die Unterbringung vorläufig vorgenommen, trägt er oder sie die Kosten der Unterbringung, wenn das Gericht die Unterbringung nicht anordnet, weil sie zum Zeitpunkt der Anordnung nicht erforderlich war.

§ 34 Bedürftigkeit des psychisch kranken Menschen

Soweit ein psychisch kranker Mensch bei freiwilligem Aufenthalt in einem Krankenhaus Anspruch auf Sozialhilfe hätte, sind in den Fällen der Unterbringung nach dem Dritten Teil vom Träger der Sozialhilfe Leistungen in entsprechender Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes und des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes zu gewähren.

Sechster Teil
Übergangs- und Schlussvorschriften

§ 35 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden im Rahmen des Artikels 19 Abs. 2 des Grundgesetzes die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und auf Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes), auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) und der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 36 Verordnungsermächtigungen

Die oberste Landesgesundheitsbehörde wird ermächtigt, durch Verordnung

  1. die Qualifikationsanforderungen für die Leitung des Sozialpsychiatrischen Dienstes festzulegen und
  2. zu bestimmen,
    1. welche weiteren Anforderungen das Gutachten nach § 8 erfüllen muss,
    2. welche Qualifikation die Gutachterin oder der Gutachter für die Erstellung dieses Gutachtens haben muss und
    3. dass die örtlichen Träger der Sozialhilfe Aufgaben des überörtlichen Trägers nach § 34 durchführen.

§ 37 Geschäftsführende Besuchskommissionen

Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Kreisen und kreisfreien Städten bestehenden Besuchskommissionen führen die Geschäfte bis zur Bildung einer Anliegenvertretung nach § 26, längstens für die Dauer eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, fort (geschäftsführende Besuchskommission). Aufgaben und Befugnisse der geschäftsführenden Besuchskommissionen richten sich nach § 26 Abs. 2 und Abs. 5 bis 7, die Rechtsstellung ihrer Mitglieder nach den bisherigen Regelungen.

§ 38 Inkrafttreten; Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des § 36, der am Tage nach der Verkündung in Kraft tritt, am 1. April 2000 in Kraft.

(2) Gleichzeitig tritt das Gesetz für psychisch Kranke (PsychKG) vom 26. März 1979 (GVOBl. Schl.-H. S. 251), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1991 (GVOBl. Schl.-H. S. 693), Zuständigkeiten und Ressortbezeichnungen ersetzt durch Verordnung vom 24. Oktober 1996 (GVOBl. Schl.-H. S. 652), außer Kraft.

1) Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 S. 1, ber. 2016 ABl. L 314 S. 72)

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