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Europäisches Übereinkommen vom 10.03.1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen
Vom 25. Januar 1978
(BGBl. II Nr. 5 vom 27.01.1978 S. 113; 23.08.1994 S. 1350 94)
Zum Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen
(Übersetzung)
Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Übereinkommen unterzeichnen - von der Erwägung geleitet, daß es wünschenswert ist, gemeinsame Bestimmungen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, insbesondere in modernen Intensivhaltungssystemen, anzunehmen - sind wie folgt übereingekommen:
Kapitel I
Allgemeine Grundsätze
Dieses Übereinkommen bezieht sich auf die Zucht, Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren, insbesondere von Tieren in Intensivhaltungssystemen. Tiere" im Sinne dieses Übereinkommens sind Tiere, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten oder Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten werden, einschließlich der Tiere, die das Ergebnis genetischer Veränderungen oder neuartiger genetischer Kombinationen sind."Intensivhaltungssysteme" sind Tierhaftungsmethoden, bei denen Tiere in solcher Zahl, auf solch engem Raum, unter solchen Bedingungen oder auf solchem Produktionsniveau gehalten werden, daß ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden von häufigen Kontrollen durch den Menschen abhängen.
Jede Vertragspartei wendet die in den Artikeln 3 bis 7 niedergelegten Grundsätze des Tierschutzes an.
Natürliche oder künstliche Zucht oder Zuchtmethoden, bei denen einem der beteiligten Tiere Leiden oder Schäden zugefügt werden oder zugefügt werden können, dürfen nicht durchgeführt oder angewendet werden; ein 'Tier darf in landwirtschaftlichen Tierhaltungen nur gehalten werden, wenn auf der Grundlage seines Phänotyps oder seines Genotyps eine begründete Aussicht besteht, daß das Tier ohne schädliche Auswirkungen auf seine Gesundheit oder sein Wohlbefinden gehalten werden kann.
Jedes Tier muß unter Berücksichtigung seiner Art und seiner Entwicklungs-, Anpassungs- und Domestikationsstufe entsprechend seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen nach feststehenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen untergebracht, ernährt und gepflegt werden.
(1) Das artgemäße und durch feststehende Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse belegte Bewegungsbedürfnis eines Tieres darf nicht so eingeschränkt werden, daß dem Tier vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.
(2) Ist ein Tier dauernd oder regelmäßig angebunden, angekettet oder eingesperrt, so ist ihm der seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen gemäße und den feststehenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechende Raum zu gewähren.
Beleuchtung, Temperatur, Feuchtigkeit, Luftzirkulation, Belüftung und andere Umweltbedingungen wie Gaskonzentration oder Lärmintensität am Unterbringungsplatz eines Tieres müssen - unter Berücksichtigung seiner Art und seiner Entwicklungs-, Anpassungs- und Domestikationsstufe - seinen physiologischen und ethologischen Bedürfnissen gemäß den feststehenden Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
Ein Tier darf nicht so ernährt werden, daß ihm vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, und die Nahrung darf keine Stoffe enthalten, die vermeidbare Leiden oder Schäden verursachen.
Einem Tier darf kein anderer Stoff - ausgenommen die zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken verabreichten Stoffe - verabreicht werden, sofern nicht anhand wissenschaftlicher Untersuchungen über das Wohlbefinden der Tiere oder feststehender Erfahrungen nachgewiesen worden ist, daß die Wirkung des Stoffes der Gesundheit oder dem Wohlbefinden des Tieres nicht schadet.
(1) Das Befinden der Tiere sowie ihr Zustand in bezug auf Gesundheit und Wohlbefinden sind in ausreichenden Zeitabständen gründlich zu prüfen, um ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen, d. h. bei Tieren in Intensivhaltungssystemen mindestens einmal täglich.
(2) Wird ein Tier in einem landwirtschaftlichen Betrieb getötet, so muß dies sachkundig und auf jeden Fall so geschehen, daß bei diesem oder anderen Tieren keine vermeidbaren Leiden oder Ängste auftreten.
(3) Die technischen Einrichtungen von Intensivhaltungssystemen sind mindestens einmal täglich gründlich zu prüfen; jeder festgestellte Mangel ist möglichst unverzüglich zu beheben. Kann ein Mangel nicht sogleich behoben werden, so sind umgehend die zur Wahrung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Tiere notwendigen vorläufigen Maßnahmen zu treffen.
Kapitel II
Ausführliche Bestimmungen für die Durchführung
(1) Innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens wird ein Ständiger Ausschuß eingesetzt.
(2) Jede Vertragspartei hat das Recht, einen Vertreter für diesen Ausschuß zu benennen. Jeder Mitgliedstaat des Europarats, der nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, hat das Recht, sich durch einen Beobachter im Ausschuß vertreten zu lassen.
(3) Der Generalsekretär des Europarats beruft den Ständigen Ausschuß ein, sobald er es für notwendig hält und immer dann, wenn die Mehrheit der Vertreter der Vertragsparteien oder der Vertreter der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Vertragspartei die Einberufung beantragt.
(4) Der Ständige Ausschuß ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit der Vertreter der Vertragsparteien auf einer Sitzung anwesend ist.
(5) Der Ständige Ausschuß faßt seine Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen; dagegen ist Einstimmigkeit der abgegebenen Stimmen erforderlich für
(6) Vorbehaltlich dieses Übereinkommens gibt sich der Ständige Ausschuß eine Geschäftsordnung.
(1) Dem Ständigen Ausschuß obliegen die Ausarbeitung und Annahme von Empfehlungen an die Vertragsparteien, die ins einzelne gehende Bestimmungen für die Anwendung der in Kapitel I niedergelegten Grundsätze enthalten; diese Bestimmungen müssen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse über die einzelnen Tierarten stützen.
(2) Zwecks Erfüllung seiner in Absatz 1 genannten Aufgaben verfolgt der Ständige Ausschuß die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung und neuer Tierhaltungsverfahren.
(3) Jede Empfehlung wird als solche sechs Monate nach ihrer Annahme durch den Ständigen Ausschuß wirksam, sofern dieser nicht eine längere Frist festsetzt. Nach dem Wirksamwerden einer Empfehlung muß jede Vertragspartei sie entweder anwenden oder dem Ständigen Ausschuß durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation mitteilen, aus welchen Gründen sie nicht oder nicht mehr in der Lage ist, die Empfehlung anzuwenden.
(4) Haben zwei oder mehr Vertragsparteien oder die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft als Vertragspartei nach Absatz 3 ihre Entscheidung notifiziert, eine Empfehlung nicht oder nicht mehr anzuwenden, so wird die Empfehlung unwirksam.
Der Ständige Ausschuß erleichtert erforderlichenfalls die gütliche Beilegung von Schwierigkeiten, die sich zwischen den Vertragsparteien aus der Durchführung dieses Übereinkommens ergeben könnten.
Der Ständige Ausschuß kann auf Ersuchen einer Vertragspartei ein Gutachten zu jeder Frage des Tierschutzes erstatten.
Jede Vertragspartei kann einzelne oder mehrere Gremien benennen, die der Ständige Ausschuß zur Unterstützung seiner Arbeit um Auskünfte und Ratschläge ersuchen kann. Die Vertragsparteien teilen dem Generalsekretär des Europarats Namen und Anschrift dieser Gremien mit.
Der Ständige Ausschuß unterbreitet dem Ministerkomitee des Europarats drei Jahre nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens und danach alle drei Jahre einen Bericht über seine Tätigkeit und über die Wirkungsweise des Übereinkommens, wobei er, falls er es für erforderlich hält, Vorschläge zur Änderung des Übereinkommens beifügt.
Kapitel III
Schlußbestimmungen
(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats und die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
(2) Dieses Übereinkommen tritt sechs Monate nach Hinterlegung der vierten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde durch einen Mitgliedstaat des Europarats in Kraft.
(3) Für jede Unterzeichnerpartei, die das Übereinkommen nach dem in Absatz 2 genannten Zeitpunkt ratifiziert, annimmt oder genehmigt, tritt es sechs Monate nach Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft.
(1) Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats zu den ihm geeignet erscheinenden Bedingungen jeden Nichtmitgliedstaat einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
(2) Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats; die Urkunde wird sechs Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.
(1) Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
(2) Jede Vertragspartei kann bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung dieses Übereinkommen auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, dessen internationale Beziehungen sie wahrnimmt oder für das sie Vereinbarungen treffen kann.
(3) Jede nach Absatz 2 abgegebene Erklärung kann in bezug auf jedes darin genannte Hoheitsgebiet nach Maßgabe des Artikels 17 zurückgenommen werden.
(1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation für sich kündigen.
(2) Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam.
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und jeder Vertragspartei, die nicht Mitglied des Rates ist,
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Straßburg am 10. März 1976 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird.
Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Unterzeichnerparteien und allen beitretenden Parteien beglaubigte Abschriften.
ENDE |