umwelt-online: VV LHundG NRW - Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz (2)

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4.1.2 Erlaubnisvoraussetzungen

Der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes nach § 4 Abs. 1 Satz 1 ist schriftlich bei der zuständigen Ordnungsbehörde zu stellen. Der Antrag muss enthalten:

  1. die Angabe des Namens und der Adresse der Halterin oder des Halters,
  2. Angaben zur Identifizierung des Hundes (Rasse, Gewicht, Größe, Alter, Fellfarbe, Geschlecht, Chipnummer und Name).

Dem Antrag sind Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und Abs. 7 Satz 1 erforderlich sind. Dazu zählen:

  1. der Nachweis, dass die Antragstellerin/der Antragsteller das 18. Lebensjahr vollendet hat (z.B. durch Vorlage des Personalausweises, Reisepasses oder der Geburtsurkunde),
  2. der Sachkundenachweis (§ 6),
  3. zur Prüfung der Zuverlässigkeit im Sinne von § 7 ein Führungszeugnis, das von der Antragstellerin/vom Antragsteller bei der Meldebehörde zu beantragen ist,
  4. der Nachweis über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung (§ 5 Abs. 5) für den Hund durch Vorlage eines Versicherungsscheines; dabei ist glaubhaft zu machen, dass sich die abgeschlossene Haftpflichtversicherung auf die Rasse des Hundes erstreckt, für den die Erlaubnis beantragt wird und die Mindestdeckungssumme besteht,
  5. der Nachweis über die Identitätskennzeichnung des Hundes durch einen Mikrochip (Vorlage einer tierärztlichen Bescheinigung oder vergleichbar geeigneter Unterlagen),
  6. 6. Angaben und Unterlagen, aus denen hervorgeht, welche Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen dem Hund zur Verfügung stehen, um eine ausbruchssichere und verhaltensgerechte Unterbringung sicherzustellen (z.B. Grundrissskizze, Lageplan, Foto).

Die zuständigen Ordnungsbehörden sollen bei gefährlichen Hunden und Hunden bestimmter Rassen im Sinne des § 10 Abs. 1 vor Erteilung der Erlaubnis vor Ort überprüfen, ob die Halterin oder der Halter § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 erfüllt. In Zweifelsfällen kann eine amtliche Tierärztin/ein amtlicher Tierarzt zur Überprüfung hinzugezogen werden (§ 26 VwVfG NRW). Soweit dabei Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorschriften zur verhaltensgerechten Unterbringung festgestellt werden, soll die für den Tierschutz zuständige Behörde darüber unterrichtet werden.

Vom Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ist in der Regel ohne weiteres auszugehen. Zweifel an der erforderlichen körperlichen Konstitution zum sicheren Halten und Führen des Hundes sind im Einzelfall nur begründet bei einem erkennbar besonderen Missverhältnis zwischen der körperlichen Konstitution der Halterin/des Halters und der Größe und dem Temperament des Hundes.

Beim Vorliegen von körperlichen oder geistigen Behinderungen, die Zweifel an der Voraussetzung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 begründen, soll gemeinsam mit der Antragstellerin/dem Antragsteller nach Wegen gesucht werden, um die Erlaubnisfähigkeit herbeizuführen und durch entsprechende Auflagen im Erlaubnisbescheid sicherzustellen. Im Einzelfall kann ein amts- oder fachärztliches Gutachten verlangt werden.

Wird die Erlaubnis für einen gefährlichen Hund im Sinne des § 3 Abs. 2 oder des § 3 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 beantragt, ist unter Beachtung der Übergangsvorschriften des § 21 Abs. 4 zudem das besondere private oder öffentliche Interesse an der Haltung nachzuweisen (vgl. Nr. 4.2). Soweit die Antragstellerin oder der Antragsteller bereits über eine Erlaubnis für einen anderen Hund verfügt oder eine vergleichbare Erlaubnis einer Behörde eines anderen Landes besitzt, kann die Erlaubnisbehörde im Einzelfall ganz oder teilweise von der Pflicht zur Vorlage von Unterlagen absehen, wenn erforderliche Unterlagen bereits vorliegen oder eine vergleichbare Prüfung stattgefunden hat (vgl. § 14).

Reichen die vorgelegten Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so können sie von der Antragstellerin oder vom Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist nachgefordert werden. Das Verlangen sollte einen Hinweis auf die Mitwirkungspflicht der Antragstellerin/des Antragstellers (§ 26 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW) und auf die nachfolgend beschriebenen Auswirkungen, die ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach sich ziehen kann, enthalten. Weigert sich die Antragstellerin oder der Antragsteller trotz Aufforderungen die erforderlichen Unterlagen innerhalb einer ihr oder ihm gesetzten Frist, die auch im Falle ihrer Verlängerung sechs Wochen nicht überschreiten darf, vorzulegen, soll der Antrag abgelehnt werden und die Haltung nach § 12 Abs. 2 untersagt werden.

4.2 Besonderes Interesse 24

Zum Halten von gefährlichen Hunden nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Nrn. 1 und 2 kann die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn ein besonderes privates Interesse an der Haltung nachgewiesen wird oder ein öffentliches Interesse an der Haltung besteht. Dem Wort "weiteren" in Satz 1 kommt keine eigenständige Bedeutung zu. Für gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 Nrn. 3 bis 6 gilt § 4 Abs. 2 nicht. Bei diesen Hunden ist durch Auflagen (z.B. Anlein- und Maulkorbpflicht) sicherzustellen, dass durch die Haltung keine Gefahren entstehen.

Besonderes privates Interesse

An das Vorliegen eines besonderen privaten Interesses sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist nur in Ausnahmefällen anzuerkennen. Ein solcher Ausnahmefall liegt z.B. vor, wenn ein bestimmter Hund aufgrund seiner Ausbildung oder Abrichtung eine besondere Funktion erfüllt, die ohne unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht auf andere Art und Weise oder kurzfristig durch andere Hunde erfüllt werden kann.

Bei dem in § 4 Abs. 2 Satz 2 beispielhaft genannten Fall (Bewachung eines gefährdeten Besitztums) hat die Erlaubnisbehörde vor ihrer Entscheidung (Ermessensentscheidung) im Einzelfall zu prüfen, ob eine besondere Gefährdungslage für das Besitztum vorliegt. Das allgemein vorhandene Einbruchsrisiko reicht dafür in aller Regel nicht aus. Zudem ist zu prüfen, ob dem besonderen Schutzbedürfnis des Besitztums durch den Einsatz anderer Sicherungsmaßnahmen (Alarmanlagen; technische Überwachungseinrichtungen; Wachdienste; Wachhunde anderer Rassen) entsprochen werden kann.

Der Nachweis eines besonderen privaten Interesses ist nicht erforderlich, wenn der Hund vom Antragsteller vor Inkrafttreten des Landeshundegesetzes bereits ordnungsgemäß gehalten wurde (vgl. § 21 Abs. 1).

Öffentliches Interesse

Ein öffentliches Interesse an der Haltung aus Gründen des Tierschutzes liegt in der Regel vor, wenn ein Hund aus einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung an eine Privatperson vermittelt werden soll. In derartigen Fällen hat die Erlaubnisbehörde durch entsprechende Nebenbestimmungen sicherzustellen, dass die Vorschriften des Landeshundegesetzes eingehalten werden (vgl. Nr. 4.4). Ebenso kann im Einzelfall ein öffentliches Interesse angenommen werden, wenn nach der übereinstimmenden Überzeugung der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde und des zuständigen Veterinäramtes der Verbleib eines gefährlichen Hundes bei der Antrag stellenden Person aus Gründen des Tierschutzes, insbesondere zur Vermeidung eines Tierheimaufenthaltes bei einer bereits länger andauernden, gefestigten Hund-Halter-Beziehung, angezeigt ist und eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist.

Diese Annahme kann jedoch grundsätzlich nur dann Anwendung finden, wenn der Haltungsperson von Anfang an Gutgläubigkeit im Hinblick auf den Erwerb des Hundes unterstellt werden kann. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen verneint nicht nur in den Fällen einer absichtlichen Umgehung der Vorschriften zur Erteilung einer Haltungserlaubnis eines gefährlichen Hundes ein öffentliches Interesse im Sinne des § 4 Absatz 2 Satz 1 LHundG NRW, sondern setzt mit dieser Fallgestaltung unter Rechtsmissbrauchsgesichtspunkten den Fall gleich, dass ein Betroffener einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis in Obhut nimmt und behält, obwohl er dessen Eigenschaft als gefährlich kennt oder kennen muss (OVG NRW, Beschluss vom 12.06.2014 - 5 B 446/14 - Rn. 12, sowie VG Köln Beschluss vom 29.01.2015 - 20 L 2587/14, Rn. 19).

Ein öffentliches Interesse liegt in der Regel auch vor, wenn ausgemusterte Diensthunde der in § 17 Satz 1 genannten Stellen von Diensthundeführern oder ehemaligen Diensthundeführern oder von den in § 17 Satz 1 genannten Stellen benannten Personen gehalten werden sollen.

4.3 § 4 Abs. 3 verpflichtet die den Erlaubnisantrag stellende Person, eine behördliche Vor-Ort-Überprüfung der ausbruchsicheren und verhaltensgerechten Unterbringung zu gestatten und erforderliche Feststellungen zu dulden. Darin liegt eine formal gesetzliche Einschränkung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung (vgl. § 18 Nr. 2).

4.4 Nebenbestimmungen

4.4.1 Nach § 4 Abs. 4 Satz 1 1. Alternative kann die Erlaubnis befristet werden. Die Befristung ist nur dann erforderlich, wenn zu gewährleisten ist, dass das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen in gewissen Abständen erneut geprüft wird, weil Anhaltspunkte für eine künftige Änderung der für die Erlaubniserteilung maßgeblichen Verhältnisse bestehen. Die Dauer der Befristung sollte in Abhängigkeit von den zu erwartenden Änderungen festgelegt werden. Die Erlaubnis kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden, wenn dies im Einzelfall aus Gründen der Gefahrenvorsorge oder -abwehr erforderlich ist. Beispiele:

Gestützt auf § 4 Abs. 4 Satz 2 können der Erlaubnis auch nachträglich Auflagen beigefügt und bestehende Auflagen geändert oder ergänzt werden. Diese Verfahrensweise ermöglicht der Erlaubnisbehörde vor dem Widerruf oder der Rücknahme einer Erlaubnis im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu reagieren.

4.5 § 4 Abs. 5 Satz 1 bestimmt, dass die durch die örtlich zuständige Erlaubnisbehörde erteilte Erlaubnis im gesamten Gebiet des Landes NRW gilt. Über den Verweis in § 5 Abs. 3 Satz 4 gilt dies auch für die Entscheidung über die Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht.

4.6 Die Kennzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 1 gilt ohne Ausnahme. Eine vorhandene Tätowierung des Hundes begründet keine Befreiung von der Kennzeichnungspflicht nach § 4 Abs. 7 Satz 1. Ebensowenig können tierärztliche Bescheinigungen eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht rechtfertigen.

5 Zu § 5 (Pflichten)

§ 5 legt für Halter und Aufsichtspersonen Pflichten für den Umgang mit gefährlichen Hunden und mit Hunden bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1 fest. Verstöße gegen diese Pflichten können überwiegend als Ordnungswidrigkeit nach § 20 Nrn. 4 bis 12 geahndet werden. Zur Durchsetzung der Pflichten kann die zuständige Ordnungsbehörde (wiederholende) Anordnungen nach § 12 Abs. 1 treffen. Bei wiederholten Verstößen ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Hundehalterin oder der Hundehalter nicht mehr über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2). Die Erlaubnis soll dann nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW widerrufen und das Halten des Hundes untersagt werden (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1).

5.1 Zu § 5 Abs. 1 (Haltung innerhalb eines befriedeten Besitztums)

Der Begriff "befriedetes Besitztum" ist ein hinlänglich bestimmter Rechtsbegriff. Gemeint ist damit ein durch Zäune, Absperrungen, Wände etc. gegenüber öffentlichen oder anderen privaten Bereichen abgetrennter räumlicher Bereich. Dazu zählen beispielsweise Privatgärten, Werksgelände, Hundezwinger, Wohnungen, Balkone und Terrassen. Gefährliche Hunde und Hunde bestimmter Rassen im Sinne des § 10 Abs. 1 dürfen sich mit Zustimmung des Grundstückseigentümers frei innerhalb befriedeter Besitztümer bewegen. Dies gilt nicht für die in § 5 Abs. 2 Satz 1 genannten Bereiche (Flure, Aufzüge, Treppenhäuser und Zuwege bei Mehrfamilienhäusern).

Die Hundehalterin/den Hundehalter oder die Aufsichtsperson trifft die Pflicht, das befriedete Besitztum, auf dem sich der Hund frei bewegt, so zu sichern, dass ein Entweichen des Hundes nach allgemeiner Lebenserfahrung ausgeschlossen ist. Art, Umfang und Maß der erforderlichen Schutzvorrichtungen richten sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Rasse und Sprungkraft des Hundes. Bei der Öffnung von Türen, Toren etc. hat die Halterin/der Halter oder die Aufsichtsperson den Hund so zu beaufsichtigen, dass dieser nicht frei nach außen laufen kann (ggf. Auflage zur Erlaubnis nach § 4 Abs. 4). Durch eine Anbindehaltung im Sinne von § 7 der Tierschutz-Hundeverordnung ist die Einhaltung der Sicherungspflicht des § 5 Abs. 1 in der Regel gewährleistet.

5.2 Zu § 5 Abs. 2 (Anlein- und Maulkorbpflicht) 24

5.2.1 Gefährliche Hunde und Hunde bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 müssen - soweit keine Befreiung nach § 5 Abs. 3 erteilt wurde - außerhalb befriedeter Besitztümer (vgl. Nr. 5.1) sowie in Fluren, Aufzügen, Treppenhäusern und auf Zuwegen von Mehrfamilienhäusern an der Leine geführt werden und einen das Beißen verhindernden Maulkorb tragen. Die Beschaffenheit und Länge der Leine muss sicherstellen, dass der Hund weder Menschen, noch andere Tiere, noch Sachen gefährden kann. Um dies zu gewährleisten, müssen Hunde im innerörtlichen und innerstädtischen Bereich an einer reißfesten Leine geführt werden, die nicht länger als 1,5 m sein sollte. Eine so genannte Flexileine oder Roll-Leine erfüllt nicht die von der Vorschrift des § 5 Absatz 2 Satz 1 LHundG NRW vorausgesetzte Eignung zur Vermeidung von Gefahren.

Die Anlein- und Maulkorbpflicht gilt für gefährliche Hunde und über den Verweis in § 10 Abs. 1 auch für die dort bestimmten Hunde in der Öffentlichkeit grundsätzlich, also auch im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Für andere Hunde gilt diese generelle Anleinpflicht nicht. Große Hunde sind aber nach § 11 Abs. 6 innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen und die übrigen Hunde nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 angeleint zu führen.

Aus § 2 Abs. 3 Satz 1 Landesforstgesetz (LFoG) ergibt sich die Befugnis, Hunde auf Waldwegen unangeleint laufen zu lassen, soweit sich aus anderen Rechtsvorschriften keine Abweichungen ergeben. Für gefährliche Hunde und Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 stellt § 5 Abs. 2 Satz 1 eine solche abweichende Regelung dar. Für diese Hunde gilt danach die Anleinpflicht auch auf allen Waldwegen ebenso wie die Maulkorbpflicht, soweit nicht eine Befreiung nach § 5 Abs. 3 erteilt wurde.

5.2.2 Die artgerechte Haltung von - auch gefährlichen - Hunden verlangt, dass diese sich hin und wieder ohne Leine auslaufen können. Die Hundehalterin/der Hundehalter hat dies sicherzustellen. Soweit Kommunen sog. Hundeauslaufgebiete oder Hundeauslauffächen für gefährliche Hunde ausgewiesen haben, gilt die Anleinpflicht dort nicht. Nach der Rechtsprechung ist eine kommunale Satzungs- oder Verordnungsregelung, wonach ohne Rücksicht auf Art und Größe der Hunderassen für das gesamte Gemeindegebiet ohne zeitliche Ausnahme ein genereller Leinenzwang besteht, unverhältnismäßig und damit, als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot, unzulässig (OLG Hamm, Beschluss vom 8. April 2001 - Az. 5 Ss Owi 1225/00).

5.2.3 20 Der Begriff "Maulkorb" wird untechnisch verwendet. Anstelle eines "echten" Maulkorbes kann auch eine andere, in der das Beißen verhindernden Wirkung gleichstehende Vorrichtung, verwendet werden. Es ist darauf zu achten, dass die Vorrichtung das artgerechte Atmen und Hecheln erlaubt. Die Überwachungsbehörden prüfen gegebenenfalls unter Hinzuziehung einer oder eines Sachverständigen, ob der verwendete Maulkorb oder eine gleichwertige Vorrichtung auch tatsächlich das Beißen verhindert. Sollte dies nicht der Fall sein, z.B. weil ein zu großer Maulkorb verwendet wird oder gleichwertige Vorrichtungen unsachgemäß angewendet werden, liegt ein Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Satz 3 vor, der nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann.

5.2.4 Von Jungtieren bis zum sechsten Lebensmonat geht eine deutlich geringere Gefährlichkeit als von ausgewachsenen Hunden aus. Deshalb besteht für diese keine Maulkorbpflicht (§ 5 Abs. 2 Satz 4).

5.3 Zu § 5 Abs. 3 (Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht)

5.3.1 § 5 Abs. 3 Satz 1 eröffnet der Halterin oder dem Halter eines gefährlichen Hundes nach § 3 Abs. 2 die Möglichkeit, eine Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht zu beantragen. Aufsichtspersonen, die den Hund ebenfalls ohne Leine oder Maulkorb ausführen wollen, müssen mit dem Hund ebenfalls eine Verhaltensprüfung erfolgreich absolvieren oder in die Verhaltensprüfung des Hundes mit der Halterin oder dem Halter einbezogen werden. Für Hunde der in § 10 Abs. 1 bestimmten Rassen und deren Kreuzungen kann ebenfalls eine Befreiung von der Anlein- und Maulkorbpflicht erteilt werden (vgl. § 10 Abs. 1). Für gefährliche Hunde nach § 3 Abs. 3 besteht diese Befreiungsmöglichkeit nicht.

5.3.2 Die behördliche Befreiungsmöglichkeit findet ihre Grenze in § 11 Abs. 6 und § 2 Abs. 2. In diesen Bereichen gilt die Anleinpflicht auch für Hunde, die im Übrigen von der Anleinpflicht des § 5 Abs. 2 Satz 1 befreit wurden. Zum Verhältnis zu kommunalen Anleingeboten vgl. Nr. 15.2.

Im Wald dürfen Hunde außerhalb von Wegen nur angeleint mitgeführt werden; dies gilt nicht für Jagdhunde im Rahmen jagdlicher Einsätze sowie für Polizeihunde (§ 2 Abs. 3 Satz 2 Landesforstgesetz - LFoG). Auch von diesem Anleingebot kann nicht befreit werden. Eine Befreiung von der Maulkorbpflicht nur für Hundeauslaufflächen sollte im Interesse der anderen Hundehalterinnen und Hundehalter und anderer Hunde, die Hundeauslaufflächen nutzen, nicht erteilt werden.

5.3.3 Die Befreiung kann erteilt werden, wenn die Halterin oder der Halter dies beantragt und gegenüber der zuständigen Behörde nachweist, dass von dem Hund ohne Leine und/oder Maulkorb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist. Dieser Nachweis ist durch eine erfolgreich durchgeführte Verhaltensprüfung bei einer für den Vollzug des Tierschutzgesetzes zuständigen Behörde zu erbringen. Für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 kann die Verhaltensprüfung auch von anerkannten Sachverständigen oder von anerkannten sachverständigen Stellen (z.B. anerkannte private Hundevereine) durchgeführt werden (vgl. § 10 Abs. 2).

Ziel der Verhaltensprüfung ist nicht die Überprüfung des Wesens des Hundes in seiner Gesamtheit, sondern das Erkennen übersteigerter, nicht vertretbarer Aggressionen, die sich in gefährlicher Weise unmittelbar auf Menschen oder mittelbar auf mitgeführte Hunde auswirken können. Es soll nachgewiesen werden, dass ein Hund aufgrund seines individuellen Aggressionsverhaltens keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, wenn er von einer bestimmten Person ohne Leine und/oder Maulkorb geführt wird. In der Prüfung wird ein Hund deshalb im Wesentlichen solchen Reizen und Situationen ausgesetzt, die in der Vergangenheit als Auslöser für Beißunfälle ermittelt wurden. Soweit eine Verhaltensprüfung in Teilen auf öffentlichen Wegen oder Flächen stattfindet, wird die Vorschrift des § 5 Absatz 2 Satz 1 während des Prüfungsvorgangs auf die zu prüfende Person nicht angewendet.

Nähere Bestimmungen zur Verhaltensprüfung können durch ordnungsbehördliche Verordnung des für das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums erlassen werden (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1)

5.3.4 Auf der Grundlage des Ergebnisses der Verhaltensprüfung trifft die zuständige Ordnungsbehörde eine Entscheidung über die Befreiung durch Verwaltungsakt (vgl. § 23 Satz 2 OBG). Die Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht kann ganz, teilweise oder beschränkt auf bestimmte Gebiete oder Tageszeiten erfolgen. Soweit neben der Halterin oder dem Halter weitere Aufsichtspersonen berechtigt sein sollen, den Hund ohne Leine/ Maulkorb zu führen (vgl. Nr. 5.3.1 Satz 2), sind diese ausdrücklich in der Entscheidung über die Befreiung zu benennen. Aufsichtspersonen, die über diese Berechtigung nicht verfügen, dürfen Hunde, die von der Anlein- und Maulkorbpflicht befreit sind, grundsätzlich nur angeleint ausführen.

Der Bescheid über die Befreiung kann befristet sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Er soll unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden. Nummern 4.4 und 4.5 gelten entsprechend. Um eine befristet erteilte Befreiung aufrecht zu erhalten, muss die Halterin oder der Halter bei der zuständigen Ordnungsbehörde vor Ablauf der Frist eine Verlängerung beantragen. Soweit Anhaltspunkte vorliegen, die zwischenzeitlich eine andere Beurteilung des Verhaltens des Hundes nahelegen, hat die Halterin oder der Halter auf Verlangen der zuständigen Ordnungsbehörde die erfolgreiche Wiederholung der Verhaltensprüfung nachzuweisen.

5.4 Zu § 5 Abs. 4 (Umgangsvoraussetzungen)

§ 5 Abs. 4 verpflichtet alle Personen, die mit einem gefährlichen Hund umgehen, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen und Verhaltensanforderungen zu beachten. Absatz 4 gilt auch für Personen, denen ein Hund zur Anbahnung einer Vermittlung im Sinne von § 5 Abs. 6 Satz 2 überlassen worden ist. Über den Verweis in § 10 Abs. 1 gelten diese Pflichten auch für Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1.

Verstöße gegen die festgelegten Pflichten verwirklichen die Bußgeldtatbestände des § 20 Abs. 1 Nrn. 7 bis 10.

5.4.1 Satz 1 knüpft an die Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 an und soll gewährleisten, dass ein Erlaubnisinhaber den gefährlichen Hund nicht ausführt, wenn er z.B. wegen erhöhten Alkoholkonsums oder Krankheit körperlich nicht mehr in der Lage ist, den gefährlichen Hund sicher an der Leine zu führen.

5.4.2 Satz 2 bestimmt, dass nur Aufsichtspersonen in der Öffentlichkeit einen gefährlichen Hund führen dürfen, die sachkundig, zuverlässig, volljährig und in der Lage sind, den Hund sicher zu halten und zu führen. Die geforderte Sachkunde stellt sicher, dass auch die Aufsichtsperson über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen gefährlichen Hund so zu führen, dass von diesem keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Wenn die Aufsichtsperson die genannten Anforderungen erfüllt, darf sie einen gefährlichen Hund führen. Einer Anzeige bei oder Erlaubnis durch die zuständige Ordnungsbehörde bedarf es nicht. Ebensowenig ist erforderlich, dass die Aufsichtsperson in der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 aufgeführt ist. Die Aufsichtsperson ist verpflichtet, die Anforderungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 in eigener Verantwortung zu erfüllen. Der Sachkundenachweis ist gegenüber der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt zu erbringen, bevor die Aufsicht über den Hund ausgeübt wird. Die Aufsichtsperson für einen Hund im Sinne von § 10 Abs. 1 kann den Nachweis in entsprechender Anwendung von § 10 Abs. 3 erbringen. Der im Rahmen einer Erlaubniserteilung erbrachte Sachkundenachweis gilt auch als Nachweis im Sinne von § 5 Abs. 4 Satz 2. Die Aufsichtsperson hat auf Verlangen der zuständigen Ordnungsbehörde den Nachweis der Sachkunde durch die Vorlage der Sachkundebescheinigung zu erbringen. Die geforderte Zuverlässigkeit soll es der zuständigen Behörde ermöglichen, einer Aufsichtsperson, der mangels Zuverlässigkeit eine Erlaubnis nach § 4 nicht erteilt werden könnte, das Führen eines gefährlichen Hundes zu untersagen und so den in der Praxis häufigen Scheinhaltungen begegnen zu können. Ein Nachweis der Zuverlässigkeit gegenüber der zuständigen Behörde ist nicht vorgesehen. Soweit der zuständigen Ordnungsbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Aufsichtsperson nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, kann entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 2 verfahren werden.

Liegen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht vor, kann die zuständige Ordnungsbehörde der Aufsichtsperson den Umgang mit dem Hund und anderen gefährlichen Hunden und Hunden bestimmter Rassen nach § 10 Abs. 1 untersagen (vgl. § 12 Abs. 1).

5.4.3 Satz 3 verpflichtet die Halterin, den Halter oder eine Aufsichtsperson, den gefährlichen Hund außerhalb des befriedeten Besitztums keiner Person zu überlassen, die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 nicht erfüllt. Damit wird die Halterin oder der Halter verpflichtet, einer Aufsichtsperson den Hund nur zu überlassen, wenn sie sich vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 4 Satz 2 überzeugt hat. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist bußgeldbewehrt. (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 9).

5.4.4 Das gleichzeitige Führen von mehreren gefährlichen Hunden oder Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 durch eine Person begründet wegen der schwierigen Beherrschbarkeit ein stark erhöhtes Gefahrenpotenzial und wird deshalb durch Satz 4 generell verboten. Nach Sinn und Zweck der Regelung ist auch das gleichzeitige Führen eines gefährlichen Hundes und eines Hundes im Sinne von § 10 Abs. 1 durch eine Person verboten. Dies gilt auch, wenn Hunde von der Anlein- und Maulkorbpflicht befreit sind.

5.5 § 5 Abs. 5 verpflichtet die Hundehalterin oder den Hundehalter zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung einer Haftpflichtversicherung für den Hund. Haftpflichtversicherungen, die von Dritten für den Hund abgeschlossen werden, sind in der Regel nicht anzuerkennen. Anerkannt werden können solche Haftpflichtversicherungsnachweise von Ehepartnern, eingetragenen Lebenspartnern oder Familienangehörigen, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass sie sich auch auf die Person der Halterin oder des Halters erstrecken und dieser "mitversichert" ist. Personen- und Sachschäden im Sinne von Absatz 5 umfassen auch Vermögensschäden infolge von Personen- und Sachschäden und decken den ganz überwiegenden Teil denkbarer Schadensereignisse mit Hunden ab. Sonstige Schäden sind Vermögensschäden, denen kein Personen- oder Sachschaden vorausging. Ihnen kommt in der Praxis bei Schadensgeschehen mit Hunden eine zu vernachlässigende Bedeutung zu.

Soweit die Haftpflichtversicherung der Hundehalterin oder des Hundehalters über eine, den Betrag von fünfhunderttausend Euro überschreitende, pauschale Versicherungssumme alle versicherbaren Gefahren im Zusammenhang mit der Hundehaltung abdeckt, gilt der Nachweis der Mindestversicherungssumme als erbracht. Soweit sonstige Schäden erkennbar lediglich mit einer, die vorgeschriebene Mindestdeckungssumme unterschreitenden Mindestdeckung abesichert sind, soll dies akzeptiert werden, bis der jeweilige Haftpflichtversicherer seine Versicherungsbedingungen entsprechend angepasst hat. Ein Wechsel der Hundehalterin oder des Hundehalters zu einer anderen Versicherung soll in diesen Fällen nicht verlangt werden. Liegen der zuständigen Behörde Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes im Haltungszeitraum nicht gewährleistet ist, kann der Erlaubnis eine Auflage zur jährlichen Vorlage des Versicherungsnachweises beigefügt werden. Der Nachweis des Versicherungsschutzes und der Mindestdeckungssummen wird in der Regel durch die Vorlage des Versicherungsscheines erbracht.

Erlischt der Versicherungsschutz z.B. durch Nichtleistung der Versicherungsbeiträge, liegen die Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 nicht mehr vor. Die zuständige Ordnungsbehörde soll in diesen Fällen ein Verfahren zum Widerruf der Erlaubnis (§ 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW) und zur Untersagung der Haltung (§ 12 Abs. 2) sowie ein Bußgeldverfahren (§ 20 Abs. 1 Nr. 11) einleiten, wenn eine entsprechende Haftpflichtversicherung nicht innerhalb von zwei Wochen nachgewiesen wird. Im Fall einer Beendigung des Versicherungsverhältnisses ist der Versicherer nicht verpflichtet, der zuständigen Ordnungsbehörde eine entsprechende Mitteilung nach § 117 Absatz 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zu machen. Das Unterlassen einer solchen Mitteilung kann aus versicherungsrechtlicher Sicht lediglich zu einer Nachhaftung des Versicherers führen; dies allerdings auch nur dann, wenn die zur Entgegennahme der Anzeige nach § 117 Absatz 2 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes zuständige Stelle gesetzlich bestimmt ist. Dies ist durch das Landeshundegesetz nicht geschehen. In Anbetracht des Fehlens dieser gesetzlichen Bestimmung kann es sich zur Sicherstellung der Kenntniserlangung über eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses in begründeten Einzelfällen empfehlen, nach Erhalt der Bestätigung über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung den Versicherer zu kontaktieren und darum zu ersuchen, im Fall der Beendigung des Versicherungsverhältnisses eine entsprechende Mitteilung an die Behörde zu veranlassen.

Für die Haltung von Hunden, für die eine wirksame Erlaubnis nach § 4 Absatz 1 der Landeshundeverordnung erteilt wurde, gilt der Nachweis als erbracht (vgl. § 21 Abs. 3). Die in § 5 Abs. 5 vorgesehenen Mindestdeckungssummen müssen von den Erlaubnisinhabern nicht nachträglich nachgewiesen werden.

5.6 Zu § 5 Abs. 6 (Abgabe oder Veräußerung eines gefährlichen Hundes)

5.6.1 § 5 Abs. 6 Satz 1 verpflichtet Besitzerinnen oder Besitzer von gefährlichen Hunden, diese nur an solche Personen abzugeben oder zu veräußern, die im Besitz einer Erlaubnis nach § 4 sind. Abgabe im Sinne der Vorschrift ist eine auf Dauer angelegte Weggabe des Hundes an eine andere Person unter Aufgabe des Besitzes oder Eigentums an dem Hund. Dadurch soll verhindert werden, dass gefährliche Hunde in die Verfügungsgewalt von Personen gelangen, die die hierzu erforderlichen Voraussetzungen nicht oder noch nicht erfüllen. Die Vorschrift erfasst nicht die kurzfristige Überlassung an eine Aufsichtsperson (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3). Ein Verstoß gegen die Verpflichtung des Absatz 6 ist bußgeldbewehrt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 12).

5.6.2 § 5 Abs. 6 Satz 2 stellt Tierheime von dem Erfordernis nach Satz 1 frei, wenn diese einen gefährlichen Hund vermitteln wollen. Die Befreiung setzt voraus, dass zwischen dem Tierheim und dem künftigen Halter oder der künftigen Halterin ein Pflegevertrag besteht, das Pflegeverhältnis zur Anbahnung einer Vermittlung nicht länger als sechs Monate dauert und der zuständigen Behörde vom Tierheim zuvor angezeigt wurde. Satz 3 stellt klar, dass die generellen Anordnungsbefugnisse der zuständigen Behörde gegenüber der Leiterin oder dem Leiter eines Tierheimes oder den Pflegehaltern auch durch ein solches Pflegeverhältnis nicht eingeschränkt werden.

Entsprechend der Vorgaben in Nummer 4.2 gilt die Regelung des § 5 Absatz 6 Satz 2 einschließlich der hierauf Bezug nehmenden Verwaltungsvorschrift nicht nur für Tierheime, sondern auch für ähnliche Einrichtungen.

6 Zu § 6 (Sachkunde)

6.1 § 6 Abs. 1 definiert die erforderliche Sachkunde, die für die Haltung eines gefährlichen Hundes und bei Aufsichtspersonen (§ 5 Abs. 4 Satz 2) zwingend notwendig ist. Sachkunde wird ebenso verlangt für das Halten von Hunden und die Aufsicht über Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 und für das Halten von großen Hunden.

Näheres über Anforderungen, Inhalt und Verfahren der Sachkundeprüfung werden durch ordnungsbehördliche Verordnung (vgl. § 16 Abs. 1 Nrn. 2 und 4) geregelt.

6.2 Die Überprüfung der erforderlichen Sachkunde zum beabsichtigten Umgang mit dem gefährlichen Hund ist der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt vorbehalten. Ergibt die Prüfung, dass die erforderliche Sachkunde vorliegt, wird der Halterin oder dem Halter eine Sachkundebescheinigung erteilt, die im Erlaubnisverfahren bei der zuständigen Ordnungsbehörde zum Nachweis der Sachkunde vorzulegen ist.

Für den Umgang mit Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 und großen Hunden kann die Sachkundebescheinigung auch von einer oder einem anerkannten Sachverständigen oder einer anerkannten sachverständigen Stelle erteilt werden (§ 10 Abs. 3). Bei großen Hunden können darüber hinaus auch von den Tierärztekammern benannte Tierärztinnen und Tierärzte die Sachkundebescheinigung erteilen (§ 11 Abs. 3).

Die Sachkundebescheinigung ist personenbezogen. Der Sachkundenachweis für eine bestimmte Kategorie (§ 3 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1) kann für die Haltung eines neuen Hundes derselben Kategorie oder eine Kategorie mit geringerem Gefahrenpotential anerkannt werden. Umgekehrt gilt dies nicht.

Als für eine neue Hundehaltung anzuerkennender Sachkundenachweis gelten auch Belege oder Erklärungen über die Sachkundevermutungen gemäß § 6 Absatz 3 und gemäß § 11 Absatz 4 des Landeshundegesetzes in der bis zum 26. September 2016 geltenden Fassung.

6.3 Für die in § 6 Abs. 3 abschließend aufgeführten Personen oder Berufsgruppen besteht eine gesetzliche Sachkundevermutung. Die Vermutung gilt nach dem Wortlaut nicht für Tierarzthelferinnen oder Tierarzthelfer.

Bei Personen, die die Jägerprüfung bestanden haben, besteht die Vermutung auch dann fort, wenn der Jagdschein seine Gültigkeit verliert.

7 zu § 7 (Zuverlässigkeit)

§ 7 Abs. 1 und Abs. 2 gilt für das Halten von Hunden der in den §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 genannten Art und stellt eine mit der Folge der Beweiserleichterung verbundene Konkretisierung des Begriffs der Unzuverlässigkeit dar. Soweit einer der aufgeführten Tatbestände vorliegt, ist in der Regel davon auszugehen, dass die erforderliche Zuverlässigkeit einer Person nicht vorliegt.

In seltenen Ausnahmefällen kann die Regelvermutung aufgrund besonderer, aktenkundig zu machender Umstände des Einzelfalles durchbrochen werden (z.B. bei Verurteilung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr bei ansonsten makellosem Lebenslauf).

Das Wort "insbesondere" ermöglicht nicht die weitere Bildung von nicht aufgeführten Regelbeispielen. Die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit führt zu einer die Betroffenen belastenden Beweiserleichterung und beruht bei den aufgeführten Tatbeständen auf einer Wertung des Gesetzgebers. Eine Auslegung der Vorschrift, welche die Bildung weiterer, vom Gesetzgeber nicht vorgesehener Regelbeispiele ermöglicht, würde zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Unbestimmtheit der Norm führen.

Zur Konkretisierung von § 7 Abs. 2 Nr. 2 gilt Nr. 12.2.1 Satz 2 und 3 entsprechend.

Eine Unzuverlässigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 kann sich im Einzelfall aber auch aus anderen Gesichtspunkten als den in den Regelbeispielen erfassten ergeben. So können auch rechtskräftige Verurteilungen wegen Straftaten mit vergleichbarer Schwere, z.B. wegen schwerer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz das Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Frage stellen. In diesen Fällen ist der Nachweis der Unzuverlässigkeit durch die zuständige Behörde im Einzelfall zu führen. Die Halterin oder der Halter eines gefährlichen Hundes oder eines Hundes im Sinne von § 10 Abs. 1 hat zum Nachweis der Zuverlässigkeit bei der zuständigen Meldebehörde ein Führungszeugnis zur Vorlage bei der für die Erlaubniserteilung zuständigen Ordnungsbehörde nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes zu beantragen. Davon unabhängig kann die zuständige Ordnungsbehörde erforderlichenfalls nach Satz 2 die zuständige Registerbehörde um Erteilung eines Führungszeugnisses auch der Belegart R (sog. Vollauskunft, incl. Jugendstrafen) ersuchen.

Bei dem Verdacht auf Vorliegen einer psychischen Krankheit, geistigen oder seelischen Behinderung, Alkohol- oder Rauschmittelsucht wird die Behörde in der Regel nicht in der Lage sein, den Nachweis für deren Vorliegen zu führen. Die zuständige Ordnungsbehörde wird daher in Satz 3 ermächtigt, ein amts- oder fachärztliches Gutachten von der Halterin oder dem Halter zu verlangen.

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