umwelt-online: VV LHundG NRW - Verwaltungsvorschriften zum Landeshundegesetz (3)

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8 Zu § 8 (Anzeige- und Mitteilungspflichten)

§ 8 regelt Auskunfts- und Mitteilungspflichten von Halterinnen oder Haltern gefährlicher Hunde und Hunde im Sinne von § 10 Abs. 1 gegenüber der zuständigen Ordnungsbehörde (Abs. 1), gegenüber Erwerberinnen oder Erwerbern (Abs. 2) sowie beim Wechsel des Haltungsortes der zuständigen Behörden untereinander (Abs. 3). Für die Haltung großer Hunde gelten die Pflichten des § 8 Abs. 1 bis 3 nicht.

Verstöße gegen die Pflichten nach § 8 Abs. 1 und Abs. 2 verwirklichen den Bußgeldtatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 13.

8.1 § 8 Abs. 1 normiert Anzeigepflichten gegenüber den zuständigen Ordnungsbehörden, insbesondere bei Halter- und Wohnungswechsel. Die Überwachungsbehörde soll über die im Zuständigkeitsbereich gehaltenen gefährlichen Hunde und Hunde im Sinne von § 10 umfassend informiert werden. Die zuständigen Behörden sollen über den Verbleib dieser Hunde von der Geburt bis zu deren Tod unterrichtet werden. Dies ist erforderlich, um das Gefahrenpotential besser einschätzen zu können und um frühere Vorkommnisse zu ermitteln oder bereits erfolgte Begutachtungen oder Vorfälle nach § 3 Abs. 3 zu erfahren. Insofern besteht für die Halterin oder den Halter eine umfassende Anzeigepflicht. Anzeigepflichtig sind nicht kurzfristige Abgaben eines Tieres an Aufsichtspersonen, z.B. zur Betreuung in Urlaubszeiten.

8.2 § 8 Abs. 2 verpflichtet die Halterin oder den Halter eines gefährlichen Hundes und eines Hundes im Sinne von § 10 Abs. 1, im Falle der Veräußerung oder sonstigen Abgabe darauf hinzuweisen, dass es sich um einen solchen Hund handelt. Dadurch soll verhindert werden, dass Dritte einen Hund erwerben oder übernehmen, ohne dessen ordnungsrechtliche Einstufung, insbesondere die Erlaubnispflicht, zu kennen. Die Vorschrift ist Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches und ermöglicht privatrechtliche Schadensersatzansprüche bei Verstößen.

8.3 § 8 Abs. 3 regelt den behördeninternen Informationsaustausch in Fällen, bei denen durch einen Wechsel eines Haltungsortes auch die örtlich zuständige Behörde wechselt. Die Vorschrift ermöglicht es der neu zuständigen Behörde, auf Informationen zurückzugreifen, die bei der vorher zuständigen Behörde vorliegen.

8.4 Um künftig eine möglichst vollständige behördliche Erfassung gefährlicher Hunde im Sinne von § 3 Abs. 2, von Hunden bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 und großer Hunde im Sinne von § 11 Abs. 1 und damit eine effektive Überwachung sicherzustellen, ermächtigt § 8 Abs. 4 die für die Erhebung der Hundesteuer zuständige Stelle innerhalb der Gemeinde, Daten an die zuständige Ordnungsbehörde zu übermitteln.

9 Zu § 9 (Verbote; Unfruchtbarmachung)

9.1 § 9 Satz 1 normiert lediglich für im Einzelfall gefährliche Hunde im Sinne von § 3 Abs. 3 ein Zucht-, Kreuzungs- und Handelsverbot. Für gefährliche Hunde im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 bestand ursprünglich ein im Bereich des Tierschutzrechts bundesrechtlich geregeltes Zuchtverbot (§ 11b Abs. 2 Buchst. a TierSchG in Verbindung mit § 11 der Tierschutz-Hundeverordnung), das durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 (Az. 1 BvR 1778/01) für nichtig erklärt wurde. Ein Zuchtverbot für gefährliche Hunde gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 wurde seinerzeit vom Landesgesetzgeber wegen des bundesrechtlichen Zuchtverbots nicht ausdrücklich geregelt. Auch wenn das bundesrechtliche Zuchtverbot zwischenzeitlich für nichtig erklärt worden ist, wirkt die Intention des Landesgesetzgebers, dass die Zucht mit Hunden gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 verboten sein soll, fort. Der Begriff des Verpaarens umfasst letztlich auch die (natürliche) Zucht. Lediglich das Zuchtgeschehen im Wege der künstlichen Befruchtung wird vom Begriff des Verpaarens nicht erfasst. Sinn und Zweck des § 9 ist es ausweislich der Gesetzesbegründung, durch umfassende Zuchtverbote die Population gefährlicher Hunde deutlich zu senken. Insofern ist das Verpaarungsverbot des § 9 Satz 2 nach Wegfall des bundesrechtlichen Zuchtverbots auch für Züchter der in § 3 Absatz 2 Satz 1 aufgeführten Rassen als Zuchtverbot zu verstehen.

Für Hunde bestimmter Rassen im Sinne von § 10 Abs. 1 gilt kein Zuchtverbot.

9.2 Zucht und Kreuzung sind das zielgerichtete Verpaaren einer Hündin mit einem Rüden oder die absichtliche Inkaufnahme des Verpaarens. In der Praxis ist es häufig schwierig, den handelnden Personen Absicht oder Vorsatz nachzuweisen. Es muss deshalb sichergestellt werden, dass auch ein "unabsichtliches" Verpaaren nicht mehr stattfindet. Insofern bestimmt Satz 2 eine generelle Halterpflicht, Verpaarungen mit gefährlichen Hunden zu verhindern. Ein Verstoß gegen § 9 Satz 2 ist bußgeldbewehrt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 14).

9.3 § 9 Satz 3 ermächtigt die zuständige Ordnungsbehörde, die Unfruchtbarmachung eines gefährlichen Hundes im Sinne des § 3 anzuordnen, wenn gegen § 9 Satz 1 oder 2 verstoßen wird und im Einzelfall die Gefahr der Heranbildung gefährlicher Nachkommen besteht. Bei festgestellten Verstößen gegen § 9 Satz 1 oder 2 soll geprüft werden, ob die Erlaubnisvoraussetzungen noch vorliegen.

10 Zu § 10 (Hunde bestimmter Rassen) 20

§ 10 Absatz 1 stellt an den Umgang mit Hunden der dort aufgeführten Rassen und Kreuzungen aus Gründen der Gefahrenprävention bestimmte Anforderungen. Für diese Hunde gelten die Vorschriften des

entsprechend. Bei der Einstufung von Hunden als Kreuzungen gemäß § 10 Absatz 1 ist zu beachten, dass die Vorschrift § 3 Absatz 2 Satz 3 mangels Verweis nicht angewendet wird.

Als Kreuzung im Sinne des § 10 Absatz 1 gilt nach dem Wortlaut jede Kreuzung mit einem der in dieser Vorschrift genannten Hunde (siehe insoweit auch die Erläuterung unter Nummer II.3.2.2). Das Vorliegen einer Kreuzung bestimmt sich im Einzelfall auch im Anwendungsbereich des § 10 Absatz 1 nicht allein aufgrund der genetischen Verwandtschaft, sondern danach, ob bei dem betreffenden Hund der Phänotyp einer der dort bezeichneten Rassen deutlich hervortritt. § 3 Absatz 2 Satz 2 gilt insoweit trotz fehlenden Verweises auch für die Bestimmung von Hunden im Sinne von § 10 Absatz 1 (OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 - Az. 5 A 1210/17, Rn 54).

Im vorstehend aufgeführten Urteil führt das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen weiterhin aus, dass die in § 10 Absatz 1 zugrunde gelegte Unterscheidbarkeit von Hunden nach Rassezugehörigkeit nicht dynamisch zu verstehen sei, sondern statisch an einen vom Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Erarbeitung des Gesetzes vorgefundenen Bestand an allgemein anerkannten Hunderassen anknüpfe (siehe insoweit auch Nummer II.3.2.1). Nach dieser Maßgabe sind etwa Hunde der Züchtung Old English Bulldog nicht als eigenständige Rasse im Sinne des Landeshundegesetzes anzusehen. Diese Züchtung wurde erst im Jahr 2014 durch den amerikanischen Zuchtverband United Kennel Club anerkannt und erfüllt diese Voraussetzung somit nicht. Bei solchen Hunden handelt es sich mithin um Kreuzungen im Sinne von § 10 Absatz 1, sofern im Einzelfall der Phänotyp einer der in der Vorschrift gelisteten Rassen deutlich hervortritt (siehe OVG NRW, Urteil vom 12. März 2019 - Az. 5 A 1210/17, Rn 59 und 68).

Das Verwaltungsgericht Köln hat ferner mit Urteil vom 6. September 2007 (Az. 20 K 5671/05) entschieden, dass Hunde der Rassen Cane Corso und Dogo Canario keine Hunde im Sinn von § 10 Absatz 1 sind, so dass eine in der Praxis bis dahin häufig vorgenommene Gleichsetzung der Rassen Alano und Dogo Canario beziehungsweise Cane Corso ausscheidet.

Ein Zuchtverbot gilt für Hunde nach § 10 Abs. 1 nicht. Eine Verhaltensprüfung zur Befreiung von der Anlein- oder Maulkorbpflicht muss nicht durch eine Behörde erfolgen, sondern kann nach Absatz 2 auch von anerkannten Sachverständigen oder von anerkannten sachverständigen Stellen durchgeführt werden.

Gleiches gilt nach Absatz 3 auch für die Erteilung einer Sachkundebescheinigung.

11 Zu § 11 (Große Hunde) 24

11.1 Als großer Hund im Sinne des § 11 Abs. 1 gilt ein Hund, der ausgewachsen eine Widerristhöhe von mindestens 40 cm oder ein Gewicht von mindestens 20 kg erreicht. Die Widerristhöhe (Schulterhöhe) des Hundes bemisst sich als Abstand vom Boden zur vorderen höchsten Stelle des Rückens, gemessen mit einem Stockmaß (Zollstock oder ähnliches). Auch Hunde, die die genannten Maße z.B. aufgrund ihres Alters (noch) nicht erreicht haben, unterfallen dem § 11 Abs. 1. Maßgeblich ist, dass die Maße in ausgewachsenem Zustand erreicht werden. Die für diese Feststellung erforderlichen Angaben können der Fachliteratur entnommen werden.

Die Halterin oder der Halter (vgl. Nr. 4.1.1) ist verpflichtet, die Haltung eines großen Hundes bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Durch die Anzeige wird die zuständige Behörde über Hundehaltungen informiert und in die Lage versetzt, das Vorliegen der Haltungsvoraussetzungen zu prüfen und die Beachtung weiterer Anforderungen an den Umgang mit großen Hunden sicherzustellen. Die Anzeige soll Angaben enthalten zur Rasse, Fellfarbe, Größe sowie zum Geschlecht, Gewicht und Alter des Hundes.

Für bestehende, bereits unter Geltung der Landeshundeverordnung angezeigte Haltungen ist eine neue Anzeige nicht erforderlich (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 1).

Die zuständige Ordnungsbehörde hat aufgrund der Anzeige und der vorgelegten Unterlagen zu prüfen, ob das Halten des Hundes einer Erlaubnis nach § 4 bedarf. Ist die Haltung erlaubnispflichtig, teilt sie dies der Halterin oder dem Halter mit und fordert unter Fristsetzung auf, einen Erlaubnisantrag zu stellen und das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen nachzuweisen. Ist die Haltung nicht erlaubnispflichtig, prüft die zuständige Ordnungsbehörde auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen, ob die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 vorliegen. Nummer 4.1.2 vorletzter Absatz gilt entsprechend.

Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht erfüllt den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 16.

11.2.1 Haltungsvoraussetzungen 20

§ 11 Absatz 2 Satz 1 bestimmt, dass große Hunde nur gehalten werden dürfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind und von der Halterin oder dem Halter gegenüber der zuständigen Ordnungsbehörde nachgewiesen werden.

11.2.1.1 Erforderliche Sachkunde

Die erforderliche Sachkunde besitzt, wer über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen großen Hund so zu halten und zu führen, dass von diesem keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Näheres über die Anforderungen an die Sachkunde und das Verfahren der Sachkundeprüfung wird in einer ordnungsbehördlichen Verordnung nach § 16 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 geregelt.

Eine gesetzliche Sachkundevermutung gilt (über den Verweis in § 11 Abs. 2 Satz 3) für die in § 6 Abs. 3 aufgeführten Personen. Auf die Ausführungen in Nummer 6.2 Satz 5 bis 8 wird verwiesen.

Soweit dies nicht zutrifft gilt Nr. 11.3.

11.2.1.2 Erforderliche Zuverlässigkeit

Mit dem Begriff der erforderlichen Zuverlässigkeit knüpft der Gesetzgeber an die Terminologie des § 7 an. Wenngleich eine ausdrückliche Verweisung im Gesetzestext fehlt, ist § 7 Abs. 1 und 2 als Orientierungsmaßstab für die Beurteilung der Zuverlässigkeit heranzuziehen. Deshalb ist, soweit einer der dort genannten Tatbestände verwirklicht ist, in der Regel vom Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit auszugehen. Mit Urteil vom 8. März 2016 (Az. 19 K 4476/14) weist das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen allerdings darauf hin, dass der Zuverlässigkeitsmaßstab für große Hunde ein anderer ist als für gefährliche oder in § 10 gelistete Hunde. Insofern dürften in diesem Zusammenhang die an die Haltungspersonen großer Hunde zu stellenden Zuverlässigkeitskriterien etwas weniger streng zu handhaben sein.

§ 11 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass die Art und Weise der Überprüfung der Zuverlässigkeit der zuständigen Ordnungsbehörde obliegt. Diese soll einen Nachweis der Zuverlässigkeit von der Halterin oder dem Halter im Einzelfall nur dann fordern, wenn Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorliegen (vgl. Nr. 11.5).

11.2.1.3 Mikrochipkennzeichnung

Der Nachweis einer Identitätskennzeichnung des Hundes durch einen Mikrochip (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 4 Abs. 7) kann durch die Vorlage einer tierärztlichen Bescheinigung oder vergleichbarer Unterlagen erfolgen. Aus den Unterlagen muss sich die Chipnummer und der Nachweis der Kennzeichnung ergeben. Die Kennzeichnung eines großen Hundes durch eine Tätowierung kann eine Mikrochipkennzeichnung nicht ersetzen.

11.3 Für die Haltung von großen Hunden kann der Sachkundenachweis gemäß § 11 Abs. 3 gegenüber einem anerkannten Sachverständigen, einer anerkannten sachverständigen Stelle oder durch die Tierärztekammer ermächtigten Tierärztinnen oder Tierärzten erbracht werden. Über den erfolgreichen Nachweis der Sachkunde wird eine Bescheinigung ausgestellt (Sachkundebescheinigung). Der Nachweis der Sachkunde wird durch die Vorlage der Sachkundebescheinigung bei der zuständigen Ordnungsbehörde erbracht.

11.4 Die Regelung des § 11 Absatz 4 wurde durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. September 2016 (GV. NRW. S. 790) aufgehoben, da es sich hierbei um eine nicht mehr benötigte Übergangsregelung handelte. Zur fortdauernden Anerkennung von Sachkundenachweisen für große Hunde wird auf Nummer 6.2 Satz 8 verwiesen.

11.5 Wenn der zuständigen Ordnungsbehörde im Hinblick auf die Halterin oder den Halter Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit vorliegen, kann nach § 11 Abs. 5 die Beantragung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der zuständigen Behörde nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes angeordnet werden.

11.6 Zu § 11 Abs. 6 (Anleinpflicht für große Hunde)

11.6.1.1 § 11 Abs. 6 Satz 1 verpflichtet Halter und Aufsichtspersonen von großen Hunden, diese auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile nur angeleint zu führen.

Die Anleinpflicht gilt auch für Halter und Aufsichtspersonen, die sich nur vorübergehend in NRW aufhalten (z.B. Urlauber, Gäste). Eine Befreiung von der Anleinpflicht des § 11 Abs. 6 sieht das Landeshundegesetz nicht vor.

Zum Verhältnis von § 11 Abs. 6 zu Anleingeboten in kommunalen Verordnungen vgl. Nr. 15.2.

Die weitergehende Anleinpflicht für gefährliche Hunde und für Hunde der in § 10 Abs. 1 aufgeführten Rassen sowie deren Kreuzungen bestimmt sich nach § 5 Abs. 2 Satz 1.

Anders als § 5 Absatz 2 Satz 1 setzt § 11 Absatz 6 Satz 1 nicht ausdrücklich die Verwendung einer "zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine" voraus. Die Verwendung so genannter Flexileinen oder Roll-Leinen beim Ausführen großer Hunde ist somit grundsätzlich erlaubt. Allerdings sind auch große Hunde - schon mit Blick auf das in § 2 Absatz 1 geregelte allgemeine Rücksichtnahme- und Gefahrvermeidungsverbot - so zu führen, dass keine Gefahren für Dritte entstehen. Falls im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass im Zusammenhang mit der Verwendung von Flexileinen oder Roll-Leinen Gefahren für Dritte verursacht werden, kann die zuständige örtliche Ordnungsbehörde die Verwendung dieser Leinen durch Ordnungsverfügung auf Grundlage des § 12 Absatz 1 beschränken oder untersagen.

11.6.1.2 Der Begriff "im Zusammenhang bebauter Ortsteile" wurde in Anlehnung an § 34 des Baugesetzbuches in das Landeshundegesetz aufgenommen, da insoweit eine durch die Rechtsprechung hinreichend konkretisierte Definition besteht. Er geht aber entsprechend dem Schutzzweck des Landeshundegesetzes weiter als die bauplanungsrechtliche Begriffsbestimmung. Die Anleinpflicht besteht auch in zusammenhängend bebauten Gebieten, für die ein Bebauungsplan im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB (z.B. Ausweisung als reines Wohngebiet) besteht. Bei der Beurteilung des tatsächlichen Bebauungszusammenhangs ist maßgebend, inwieweit eine aufeinanderfolgende Bebauung auch unter Berücksichtigung von Baulücken und Freiflächen den Eindruck der Geschlossenheit vermittelt. Letztlich kommt es dabei auf die allgemeine Verkehrsauffassung an. In der Regel kann auch der Laie bei verständiger Betrachtung ein Gebiet als "im Zusammenhang bebaut" erkennen.

Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen § 11 Abs. 6 vorliegt, sollte zur Vermeidung von Konflikten im Zweifel eine Auslegung gewählt werden, die in vertretbarem Umfang auf die Interessen der Hundehalter Rücksicht nimmt. Dies gilt insbesondere, wenn Hunde in Randbereichen bebauter Ortsteile angetroffen werden.

Außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile, nach Verkehrsauffassung im Außenbereich, besteht die Anleinpflicht nach § 11 Abs. 6 nicht. Im Außenbereich kann allerdings eine Anleinpflicht aus kommunalrechtlichen Vorschriften (Nr. 15.2) und im Wald aus § 2 Abs. 3 Satz 2 LFoG (vgl. Nr. 5.3.2 Absatz 2) folgen.

11.6.1.3 20 Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gilt die Anleinpflicht für große Hunde nur auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Öffentlich sind diejenigen Straßen, Wege und Plätze, die straßenrechtlich dem öffentlichen Verkehr gewidmet und damit für die Allgemeinheit zugänglich sind (vgl. § 2 des Straßen- und Wegegesetzes NRW). Zu öffentlichen Straßen im Sinne des Landeshundegesetzes zählen beispielsweise Bürgersteige oder Bahnhofsvorplätze, aber auch Eigentümerstraßen und -wege sowie Privatgrundstücke, die zwar nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind, die aber beschränkt öffentlich genutzt werden (beispielsweise Parkplatz für Supermarkt).

Demgegenüber zählen reine Privatgrundstücke nicht zum öffentlichen Straßenraum. Auf einem Privatgrundstück (z.B. Trainingsplatz eines Hundevereins, Firmengelände, Privatgarten) gilt die Anleinpflicht des § 11 Abs. 6 nicht. Hier kann eine Anleinpflicht jedoch aus privatrechtlichen Regelungen des Eigentümers folgen (z.B. Haus- oder Benutzungsordnung).

11.6.2 Auf abgetrennten räumlichen Arealen, die speziell für die Nutzung durch Hunde ausgewiesen wurden (sog. Hundeauslaufbereiche) gilt die Anleinpflicht nicht (vgl. Nr. 5.2.2).

11.6.3 Gegen eine Person, die einen großen Hund entgegen § 11 Abs. 6 unangeleint führt, soll je nach den Umständen des Einzelfalles, soweit nicht bereits ein Verwarnungsgeld Abhilfe verspricht, ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 18). Bei wiederholten Verstößen ist ein Bußgeldverfahren einzuleiten. Zudem hat die Überwachungsbehörde im Wiederholungsfall zu prüfen, ob beim Halter noch die erforderliche Zuverlässigkeit oder Sachkunde für das Halten vorliegt und ggf. das Halten großer Hunde nach § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 zu untersagen ist.

12 Zu § 12 (Anordnungsbefugnisse)

§ 12 ermächtigt zum Erlass von Gefahrenabwehranordnungen (Abs. 1), zur Untersagung der Haltung eines Hundes (Abs. 2) und zur Anordnung der Einschläferung eines Hundes (Abs. 3).

12.1 § 12 Abs. 1 ermächtigt die zuständige Behörde zum Erlass von notwendigen Einzelanordnungen zur Abwehr von konkreten Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch Hunde. Die Ermächtigungsgrundlage des Absatz 1 ist eine spezialgesetzliche Generalklausel zur Abwehr von Gefahren durch Hunde (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 OBG). Ein Rückgriff auf die ordnungsbehördliche Generalklausel des § 14 Abs. 1 OBG ist nicht mehr möglich. Gestützt auf Absatz 1 kann zur Gefahrenerforschung beispielsweise auch angeordnet werden, dass die Halterin oder der Halter den Hund der amtlichen Tierärztin/dem amtlichen Tierarzt zur Begutachtung vorführt, um dessen Gefährlichkeit zu beurteilen.

Eine mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene und erforderlichenfalls mit sofortiger Ersatzvornahme durchgesetzte Ordnungsverfügung, mit der dem Halter oder einer anderen den Hund führenden Person die Herausgabe des Hundes zum Zwecke der Überprüfung der Gefährlichkeit auferlegt wird, kann als Maßnahme der Gefahrerforschung auf § 12 Abs. 1 gestützt werden. Die Verfügung ist in derartigen Fällen zumindest solange aufrechtzuerhalten, bis die amtliche Tierärztin/der amtliche Tierarzt eine fachliche Stellungnahme zur Gefährlichkeit des Hundes abgegeben hat. Bei gefährlich erscheinenden Hunden, die ohne Aufsicht angetroffen werden, kann der Verwaltungszwang ohne vorausgehende Ordnungsverfügung im Wege des sofortigen Vollzuges angewendet werden (vergleiche § 55 Absatz 2, § 63 Absatz 1 Satz 5, § 64 Satz 2 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen).

Zur Abwehr konkreter Gefahren kann gestützt auf Absatz 1 auch die Haltung eines Hundes untersagt werden und seine Unterbringung in einem Tierheim angeordnet werden, der nicht von § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 oder § 11 Abs. 1 erfasst ist.

Zur Abwehr der von Hunden ausgehenden konkreten Gefahren können beispielsweise auch Anordnungen zur Verhaltenstherapierung oder Unfruchtbarmachung (vgl. auch § 9 Satz 2) auf Absatz 1 gestützt werden.

Erforderliche Anordnungen gegen Aufsichtspersonen können ebenfalls auf Absatz 1 gestützt werden.

Die Anordnungen sind unter Würdigung aller relevanten Umstände des jeweiligen Einzelfalles nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu treffen. Bei den Anordnungen handelt es sich um Ordnungsverfügungen; die §§ 15 ff. OBG sind zu beachten (vgl. § 15 Abs. 1).

12.2.1 § 12 Abs. 2 Satz 1 ermächtigt ("soll") unter den bestimmten Voraussetzungen, das Halten von gefährlichen Hunden und Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 zu untersagen. Ein die Untersagungsanordnung rechtfertigender schwerwiegender Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes besteht beispielsweise, wenn ein solcher Hund entgegen § 5 Abs. 2 Satz 1 wiederholt unangeleint oder entgegen § 5 Abs. 2 Satz 3 wiederholt ohne Maulkorb ausgeführt wird. Zudem rechtfertigt die Nichterfüllung oder der Wegfall von Erlaubnisvoraussetzungen oder die Nichtbeantragung der Erlaubnis trotz behördlicher Fristsetzung eine Untersagungsverfügung. Letztlich ist bei einer Versagung der Erlaubnis die Haltung zu untersagen.

12.2.2 § 12 Abs. 2 Satz 2 ermächtigt die zuständige Ordnungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen ("kann") unter den dort genannten Voraussetzungen das Halten eines großen Hundes nach § 11 Abs. 1 zu untersagen. Der Tatbestand der Ermächtigungsnorm ist erfüllt, wenn ein schwerwiegender Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen Vorschriften des Landeshundegesetzes oder aufgrund des Landeshundegesetzes getroffene Anordnungen vorliegt. Daneben kann eine Untersagungsverfügung erlassen werden, wenn die Haltungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 (Sachkunde, Zuverlässigkeit, Haftpflichtversicherung, Kennzeichnungspflicht) nicht erfüllt sind oder die Haltungsvoraussetzungen nicht innerhalb einer behördlich bestimmten Frist der zuständigen Behörde nachgewiesen wurden.

12.2.3 In Ergänzung zu den "konkreten" Untersagungsverfügungen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 ermächtigt Satz 3 die zuständige Behörde auch generell die Haltung anderer gefährlicher Hunde, Hunde im Sinne des § 10 Abs. 1 und großer Hunde zu untersagen. Eine solche Untersagungsanordnung wird regelmäßig in Betracht kommen, wenn die Halterin oder der Halter bestimmte Haltungsanforderungen, z.B. Sachkunde, Zuverlässigkeit oder Haftpflichtversicherung, nicht erfüllt und absehbar ist, dass diese auch nicht erfüllt werden können und Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass die Halterin oder der Halter zu einer künftigen Haltung anderer Hunde entschlossen ist (VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. März 2016 (Az. 19 K 4476/14).

12.2.4 § 12 Abs. 2 Satz 4 ermächtigt die zuständige Behörde im Falle der Untersagung nach pflichtgemessem Ermessen anzuordnen, dass der Hund der Halterin oder dem Halter entzogen wird und an eine geeignete Person oder Stelle abzugeben ist. Diese sog. "Wegnahme" des Hundes ist in der Regel erforderlich um sicherzustellen, dass Personen, denen die Haltung ihres Hundes untersagt wurde und die nicht mehr über eine entsprechende Erlaubnis zum Halten des Hundes verfügen oder die Haltungsvoraussetzungen nicht erfüllen, mit dem Hund nicht mehr umgehen.

12.3 § 12 Abs. 3 ermächtigt die zuständige Behörde, die Einschläferung eines Hundes anzuordnen, der zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leben oder Gesundheit sichergestellt wurde. Besteht die gegenwärtige Gefahr weiterer Beißvorfälle, soll der Hund unverzüglich nach § 24 Nr. 13 OBG in Verbindung mit §§ 43 ff. PolG NRW sichergestellt und in Verwahrung genommen werden.

Die Verwahrung (§ 44 PolG) eines sichergestellten Hundes bei der Polizei oder der zuständigen Ordnungsbehörde ist in der Regel unzweckmäßig. Die Verwahrung soll nach entsprechender Beauftragung in einem Tierheim oder einer ähnlichen Einrichtung erfolgen. Erforderlichenfalls kommt eine Inanspruchnahme als Nichtstörer (§ 19 OBG) durch Ordnungsverfügung in Betracht.

Eine Einschläferung des sichergestellten und verwahrten Hundes ist als "ultima ratio" nur zulässig, wenn durch andere Maßnahmen die von dem Hund ausgehende Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren nicht wirksam abgewendet werden kann. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen, insbesondere die Gefährlichkeit des Hundes, ist auf der Grundlage einer Stellungnahme der amtlichen Tierärztin/des amtlichen Tierarztes zu beurteilen. Die fehlende Erlaubnisfähigkeit oder die Unvermittelbarkeit des Hundes allein rechtfertigen eine Einschläferung nicht. In Fällen, in denen auch durch Haltung und Betreuung in Tierheimen oder vergleichbaren Einrichtungen eine Gefahr nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ausgeschlossen werden kann, wird allerdings in der Regel die Voraussetzung für die Anordnung einer Einschläferung vorliegen.

13 Zu § 13 (Zuständige Behörden) 20

Nach § 13 Satz 1 sind für die Durchführung dieses Gesetzes die örtlichen Ordnungsbehörden sachlich zuständig. Satz 1 erklärt darüber hinaus die Ordnungsbehörde für örtlich zuständig, in deren Bezirk der Hund gehalten wird. Dies ist nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 5 der Hauptwohnsitz der Halterin oder des Halters. Damit wird hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit für Aufgaben der Gefahrenabwehr an § 5 Abs. 1 Satz 1 OBG angeknüpft und gegenüber § 4 OBG eine spezialgesetzliche Bestimmung über die örtliche Zuständigkeit getroffen. Im Rahmen der Überwachung stellt die zuständige Behörde sicher, dass die Ge- und Verbote des Gesetzes befolgt werden, um präventiv Beißvorfälle möglichst zu verhindern. Bei der Planung und Organisation eines Überwachungskonzeptes sollen Risikogesichtspunkte berücksichtigt werden. Überwachungsmaßnahmen sollen sich zuerst auf Sachverhalte erstrecken, bei denen erfahrungsgemäß das Gefahrenpotenzial für Beißvorfälle besonders hoch ist.

Bei gefährlichen Hunden nach § 3 und bei Hunden im Sinne von § 10 Abs. 1 sowie deren Kreuzungen ist im Allgemeinen von einem hohen Gefahrenpotenzial auszugehen. Hier sollen die Regelungen des Gesetzes unverzüglich und konsequent mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium durchgesetzt und Verstöße durch die Einleitung von Bußgeldverfahren geahndet werden.

Bei großen Hunden wird das Gefahrenpotenzial maßgeblich von der Person der Halterin oder des Halters und den Umständen, unter denen das Tier gehalten wird, mitbestimmt. Soweit von diesen Hunden ein geringeres Gefährdungspotenzial ausgeht, sollen Halterin oder Halter und Aufsichtspersonen dieser Hunde bei festgestellten Verstößen in der Regel zunächst auf ihre Verpflichtungen hingewiesen und über mögliche Folgen bei erneuten Verstößen aufgeklärt werden. Soweit allerdings wiederholt Verstöße festgestellt werden, sind diese zu ahnden und die Regelungen des Gesetzes mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium durchzusetzen.

14 Zu § 14 (Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder)

§ 14 regelt, dass bei dem Vollzug des Gesetzes von den zuständigen Behörden Erlaubnisse, Befreiungen und Sachkundebescheinigungen, die von zuständigen Stellen anderer Länder erteilt wurden, anerkannt werden sollen. Damit wird sichergestellt, dass behördliche Entscheidungen über und zur Beurteilung der Gefährlichkeit eines Hundes und erforderliche Nachweise der Halterin oder des Halters in NRW anerkannt und nicht noch einmal erbracht werden müssen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Bescheinigungen den in dem Gesetz gestellten Anforderungen im Wesentlichen entsprechen, was im Einzelfall von der zuständigen Behörde zu entscheiden ist. In Zweifelsfällen ist eine Entscheidung des für das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums herbeizuführen.

Die Anerkennung einer behördlichen Entscheidung (Erlaubnis, Befreiung von Anlein- oder Maulkorbpflicht) erfolgt, indem die zuständige Behörde ohne weitere Prüfung entsprechende Verwaltungsakte erlässt. Erforderlichenfalls kann von der zuständigen Behörde eines anderen Landes im Wege der Amtshilfe die Verfahrensakte angefordert werden.

15 Zu § 15 (Geltung des Ordnungsbehördengesetzes und kommunaler Vorschriften)

15.1 § 15 Abs. 1 stellt klar, dass die Vorschriften des Ordnungsbehördengesetzes (z.B. §§ 2, 6, 8 bis 11, 13, 15 bis 24) ergänzend gelten, soweit spezialgesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist.

15.2 § 15 Abs. 2 regelt das Verhältnis kommunaler Vorschriften zum Landeshundegesetz und zu den aufgrund des Landeshundegesetzes erlassenen Verordnungen. In zahlreichen nordrhein-westfälischen Kommunen gelten örtliche ordnungsbehördliche Verordnungen oder Satzungen, die Regelungen zum Halten von Hunden aller Art im Gemeindegebiet enthalten. Die kommunalen ordnungsbehördlichen Rechtsvorschriften sollen ihre Geltung auch nach Inkrafttreten des Gesetzes behalten soweit sie nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Regelungen stehen. Es bleibt den Kommunen unbenommen, auch künftig generelle Regelungen über das Halten von Hunden zu treffen, die den örtlichen und regionalen Gegebenheiten angepasst sind und beispielsweise die jeweilige Bevölkerungszahl, die Bevölkerungsdichte sowie die Gesamtzahl von Hunden und den verfügbaren Freiraum berücksichtigen. Mit den Anleingeboten des § 2 Abs. 2 und § 11 Abs. 6 führt das Landeshundegesetz insoweit lediglich eine landesweite, in allen Städten und Gemeinden geltende Mindestpflicht ein.

Eine behördliche Entscheidung nach § 5 Abs. 3 über die Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht des § 5 Abs. 2 befreit nicht von bestehenden Anlein- und Maulkorbpflichten in kommunalen Vorschriften. Darauf ist in der Entscheidung über die Befreiung hinzuweisen.

16 Zu § 16 (Ordnungsbehördliche Verordnungen)

Die Regelungen über die Durchführung und die Anforderungen an die Sachkunde- und Verhaltensprüfung sowie die zentrale Erfassung von nach dem Landeshundegesetz registrierten Hunden erfolgen durch Rechtsverordnung des für das Veterinärwesen zuständigen Ministeriums.

17 Zu § 17 (Ausnahmen vom Anwendungsbereich) 24

17.1 § 17 Satz 1 regelt, dass Hunde mit einer bestimmten Ausbildung und definierten Funktion den Vorschriften dieses Gesetzes nicht unterfallen. Bei Blindenführhunden handelt es sich um Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nummer 1 der Assistenzhundeverordnung vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2436) in der jeweils geltenden Fassung. Die Pflicht zum allgemeinen gefahrvermeidenden Umgang nach § 2 Abs. 1 gilt auch für die Haltung dieser Hunde.

17.2 § 17 Satz 2 bestimmt für die dort aufgeführten Hunde eine Befreiung von den im Landeshundegesetz bestimmten Anleinpflichten soweit sich diese im bestimmungsgemäßen Einsatz befinden. Im übrigen sind in Bezug auf diese Hunde die Vorschriften des Landeshundegesetzes zu beachten. Unter dem Begriff der Behindertenbegleithunde sind Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 Behindertengleichstellungsgesetz in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Assistenzhundeverordnung zu verstehen. Die Befreiung von der gesetzlichen Anleinpflicht gilt für diese Hunde nur, soweit der bestimmungsgemäße Einsatz als Assistenzhund dies erfordert.

18 Zu § 18 (Einschränkungen von Grundrechten)

§ 18 trägt dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes Rechnung.

19 Zu § 19 (Strafvorschrift)

In § 19 Abs. 1 sind zwei Straftatbestände aufgeführt. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer einen Hund auf Menschen oder Tiere hetzt (Nr. 1) oder entgegen § 2 Abs. 3 einen Hund mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität ausbildet (Nr. 2). Absatz 2 ermöglicht die Einziehung des Hundes, auf den sich die Straftat bezieht, nach Satz 2 auch unter den erweiterten Voraussetzungen des § 74a StGB.

20 Zu § 20 (Ordnungswidrigkeiten)

§ 20 legt Ordnungswidrigkeitentatbestände für Verstöße gegen alle wesentlichen Pflichten des Landeshundegesetzes (Absatz 1 und 2) fest und bestimmt zur wirksamen Abschreckung einen Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 Euro (Absatz 3).

Nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten dürfen als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit Gegenstände nur eingezogen werden, soweit das Gesetz dies ausdrücklich zulässt. Da insbesondere nach wiederholten Ordnungswidrigkeiten von Halterinnen und Haltern die Allgemeinheit durch den weiteren Besitz der Tiere gefährdet wird, ist die Möglichkeit der Einziehung nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes neben der Sicherstellung ein weiteres und endgültiges Mittel der Gefahrenabwehr (Absatz 4). Absatz 5 bestimmt, dass die nach § 13 zuständige Behörde auch Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ist und damit präventive und repressive Maßnahmen in einer Hand liegen.

21 Zu § 21 (Übergangsvorschriften)

Um eine weitgehende Kontinuität des Vollzugs im Hinblick auf die bisherigen Regelungen der Landeshundeverordnung zu gewährleisten und um Hundehalterinnen oder Hundehalter und zuständige Behörden nicht mit wiederholendem Verwaltungsaufwand zu belasten, bestimmt § 21 weitgehende Übergangsvorschriften.

Verwaltungsbehördliche Entscheidungen über die Anerkennung zur Durchführung von Verhaltensprüfungen, die unter der Geltung der Landeshundeverordnung erteilt wurden, gelten fort, soweit sich ihr Regelungsinhalt nicht erledigt hat. Näheres regelt eine Verordnung nach § 16 Abs. 1. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 gelten Entscheidungen nach § 6 Abs. 4 LHV NRW zur Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht als Befreiung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 fort, soweit Befristungen nicht abgelaufen sind oder sich ihr Regelungsinhalt erledigt hat. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift und der Intention des Gesetzgebers, eine weitgehende Kontinuität im Vollzug zu schaffen. Zu Verfahren zur Befreiung von der Anlein- und/oder Maulkorbpflicht nach Inkrafttreten des Landeshundegesetzes vgl. Nr. 5.3.

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22.1 (Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes)

Der bisherige § 22 wurde durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. September 2016 (GV. NRW. S. 790) aufgehoben, da die in dieser Vorschrift vorgesehene Evaluationspflicht des Gesetzes nach Ablauf von fünf Jahren durch Bericht der Landesregierung vom 19. November 2008 an den Landtag (Vorlage 14/2232) erfüllt worden ist. Ungeachtet dessen ist die jährliche Statistik über die Zahl der gehaltenen Hunde und Vorfälle weiterhin erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet den an Rassekategorien anknüpfenden Gesetzgeber, die weitere Entwicklung zu beobachten und in diesem Zusammenhang insbesondere das Beißverhalten der kategorisierten Rassen weiterhin zu evaluieren und zu bewerten (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 - Az. 1 BvR 1778/01). Somit sind die bisherigen Vorgaben für die jährliche Berichtspflicht weiterhin zu beachten und umzusetzen.

22.2 Als Grundlage für die Beurteilung der Auswirkungen des Gesetzes werden die zuständigen Ordnungsbehörden und Veterinärämter gebeten, kalenderjährlich folgende Informationen zu erfassen und den Bezirksregierungen jeweils bis zum 15. Januar eines Jahres auf dem Dienstweg zu berichten:

Die vom für das Veterinärwesen zuständigen Ministerium entwickelten Berichtsformulare sind zu verwenden. Die Bezirksregierungen fassen die Berichte der zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden und Veterinärämter zusammen und berichten dem Ministerium bis zum 1. Februar eines Jahres.

22.3 Zu § 22 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Das Landeshundegesetz ist am 1. Januar 2003 in Kraft getreten. Gleichzeitig ist die Landeshundeverordnung außer Kraft getreten. Absatz 2 verschiebt für die Hunde der Rassen Alano und American Bulldog sowie deren Kreuzungen das Inkrafttreten des § 4 um 6 Monate, da die Hunde der genannten Rassen einer Erlaubnispflicht bisher nicht unterlagen.

Der Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 13. Oktober 2000 (MBl. NRW. S. 1558, 1569) wird aufgehoben.

Dieser Runderlass ergeht im Benehmen mit dem Ministerium des Innern.

23 (aufgehoben)

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