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TRGS 410 - Expositionsverzeichnis bei Gefährdung gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A oder 1B
Technische Regeln fürGefahrstoffe (TRGS)
Ausgabe Juni 2015
Vom 30. Juni 2015
(GMBl. Nr. 30 vom 05.08.2015 S. 587, ber. 2021 S. 127; 30.11.2020 / 2021 S. 23 21; 12.01.2022 S. 51 22)
- Bek. d. BMAS v. 30.6.2015 - IIIb 3 - 35125 - 5 -
Die technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder.
Sie werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach der Gefahrstoffverordnung im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.
Diese TRGS konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Gefahrstoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
1 Anwendungsbereich
Diese TRGS konkretisiert die Pflichten des Arbeitgebers gemäß § 14 Absatz 3 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Danach hat der Arbeitgeber ein aktualisiertes Verzeichnis über die Beschäftigten zu führen, die Tätigkeiten mit krebserzeugenden und keimzellmutagenen Gefahrstoffen der Kategorien 1A und 1B ausüben und bei denen eine Gefährdung der Gesundheit oder der Sicherheit besteht. Grundlage für die Aufnahme in das Expositionsverzeichnis ist das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung für diese Tätigkeiten und Arbeitsplätze gemäß TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen". Das Expositionsverzeichnis ermöglicht dem Arbeitgeber und anderen Verantwortlichen im Arbeitsschutz einen Überblick über die gegenüber krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen exponierten Beschäftigten zu erhalten. Es lässt keinen unmittelbaren Rückschluss auf das individuelle Risiko des einzelnen, im Verzeichnis aufgeführten Beschäftigten zu, weist aber Informationen über entsprechende Expositionen in dessen Arbeitsleben auf.
(2) Diese TRGS ist anzuwenden, wenn Beschäftigte Tätigkeiten mit krebserzeugenden und keimzellmutagenen Gefahrstoffen ausüben,
(3) Diese TRGS gilt auch für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, wenn diese Stoffe in der TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe" als krebserzeugend der Kategorie 1A oder 1B, oder als keimzellmutagen der Kategorie 1A oder 1B eingestuft sind (dort zzt. noch K1 u. 2 bzw. N1 u. 2 nach "alter Nomenklatur" - Anpassung in Vorbereitung) sowie für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, die in der TRGS 906 "Verzeichnis krebserzeugender Tätigkeiten oder Verfahren nach § 3 Absatz 2 Nummer 3 GefStoffV" aufgeführt sind.
2 Begriffsbestimmungen
In dieser TRGS sind Begriffe so verwendet, wie sie im "Begriffsglossar zu den Regelwerken der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), Biostoffverordnung (BioStoffV) und der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)" des ABAS, des ABS und AGS 3 bestimmt sind.
3 Pflichten des Arbeitgebers
(1) Gemäß § 14 Absatz 3 GefStoffV hat der Arbeitgeber über die Beschäftigten, die Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Nummer 1 Absätze 2 und 3 durchführen und für die sich in der Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung der Gesundheit oder der Sicherheit ergibt, ein aktualisiertes Verzeichnis zu führen, in dem Höhe und Dauer der Exposition aufgeführt sind.
(2) Der Arbeitgeber hat das Verzeichnis nach Absatz 1 mit allen Aktualisierungen 40 Jahre nach Ende der Exposition aufzubewahren. Bei Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen hat der Arbeitgeber den Beschäftigten einen Auszug über die sie betreffenden Angaben des Verzeichnisses auszuhändigen und einen Nachweis hierüber wie Personalunterlagen aufzubewahren.
(3) Wird die Gefährdungsbeurteilung aufgrung von Veränderungen an den Arbeitsplätzen oder aufgrund von neuen Informationen geändert, hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob eine Aufnahme der Änderungen in das Expositionsverzeichnis zu diesem Zeitpunkt erforderlich ist oder ob die Angaben im Expositionsverzeichnis zu diesem Zeitpunkt aktualisiert und fortgeschrieben werden müssen. Dies ist z.B. der Fall, wenn neue oder andere Stoffe am Arbeitsplatz eingesetzt werden oder wenn sich die Einstufung eines Stoffes, die Höhe des Grenzwertes bzw. Beurteilungsmaßstabes oder die Höhe, Dauer oder Häufigkeit der Exposition geändert haben. Eine rückwirkende Beurteilung neu ein- oder umgestufter Gefahrstoffe ist nicht erforderlich.
(4) Der Arbeitgeber stellt sicher, dass gemäß § 14 Absatz 3 Nummer 5 bis 7 GefStoffV
(5) Die Pflicht zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung und zum Führen des Verzeichnisses gilt gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und GefStoffV auch für Fremdfirmen. Sie haben sich vom Auftraggeber die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Der Auftraggeber muss die hierfür notwendigen Informationen zur Verfügung stellen.
(6) Leiharbeitnehmer sind nach § 11 Absatz 6 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wie eigene Mitarbeiter zu behandeln. Daher hat der Entleiher das Expositionsverzeichnis für die ihm überlassenen Mitarbeiter zu führen. Spätestens nach Beendigung der Arbeitnehmerüberlassung im Entleihbetrieb hat der Verleiher aufgrund seiner Funktion als Arbeitgeber nach § 14 Absatz 1 AÜG die Angaben aus dem Entleihbetrieb auch in sein eigenes Verzeichnis aufzunehmen.
(7) Der Arbeitgeber kann nach entsprechender Aufklärung der Beschäftigten und mit deren Einwilligung die Aufbewahrungs- einschließlich der Aushändigungspflicht nach § 14 Absatz 3 Nummer 4 GefStoffV auf den zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger übertragen.
(8) Hierzu steht online die "Datenbank zur zentralen Erfassung gegenüber krebserzeugenden Stoffen exponierter Beschäftigter - ZED" bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zur Verfügung 4. Das konkrete Vorgehen richtet sich nach den festgelegten Maßgaben zur ZED; dies umfasst auch, dass die Beschäftigten über die Aufnahme in die ZED schriftlich unterrichtet werden sowie dass die DGUV der betroffenen Person auf Anforderung jederzeit einen Auszug des Verzeichnisses mit den sie betreffenden Angaben aushändigt.
4 Kriterien für die Aufnahme in das Expositionsverzeichnis 21 22
(1) Beschäftigte sind in das Verzeichnis nach § 14 Absatz 3 GefStoffV aufzunehmen, wenn die Gefährdungsbeurteilung nach TRGS 400 ergibt, dass die Gesundheit und Sicherheit von Beschäftigten durch Tätigkeiten mit Stoffen gemäß Nummer 1 Absätze 2 und 3 gefährdet ist. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn
(2) Beschäftigte sind auch dann in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn diese Tätigkeiten mit hautresorptiven krebserzeugenden oder keimzellmutagenen Gefahrstoffen gemäß Nummer 1 Absätze 2 und 3 ausüben, wenn nach der Gefährdungsbeurteilung gemäß TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen" eine Gefährdung durch Hautkontakt besteht; dies ist beispielsweise der Fall, wenn das Tragen von Chemikalienschutzhandschuhen als erforderliche Schutzmaßnahme festgelegt wurde.
(3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 sind Beschäftigte ebenfalls in das Verzeichnis aufzunehmen, wenn nachfolgend aufgeführte oder vergleichbare Tätigkeiten wiederholt ausgeführt werden und eine Gefährdung auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung gemäß TRGS 400, 401 und 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" nicht ausgeschlossen werden kann:
Entsprechendes gilt auch bei unfallartigen Ereignissen mit erhöhter Exposition; hier ist im Rahmen der Ereignisnachbereitung eine fallbezogene Bewertung der Gefährdung vorzunehmen.
(4) Eine Aufnahme in das Verzeichnis ist nicht notwendig, wenn Beschäftigte:
(5) Wenn im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auf Grund der geringen Menge, der kurzen Expositionsdauer und der physikalisch-chemischen Eigenschaften der Stoffe (wie z.B. Dampfdruck, Staubungsverhalten, Viskosität) nur eine geringe Gefährdung besteht, ist eine Aufnahme der Beschäftigten in das Verzeichnis nicht erforderlich.
(6) Anlage 1 enthält ein vereinfachtes Ablaufschema der Kriterien für die Aufnahme bzw. Nichtaufnahme in das Verzeichnis.
5 Inhalt des Expositionsverzeichnisses
Ergibt die Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit der Beschäftigten durch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nach Nummer 1 Absätze 2 und 3, hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass ein aktualisiertes Verzeichnis über diese Beschäftigten geführt wird, dem mindestens die folgenden Angaben entnommen werden können:
Die Expositionshöhe kann als Zahlenwert oder mittels einer der folgenden halbquantitativen Angaben angegeben werden:
Dabei ist die Höhe der zugrunde gelegten Grenzwerte oder Beurteilungsmaßstäbe und die Art der Ermittlungsmethode nach Nummer 5 Satz 1 mit anzugeben. Bei der Ermittlung und Angabe der Höhe der Exposition bleiben die Auswirkungen durch das Tragen von persönlicher Schutzausrüstung unberücksichtigt.
(2) Werden Angaben im Expositionsverzeichnis aufgrund von Änderungen am Arbeitsplatz oder der Beurteilungskriterien gemäß Nummer 3 Absatz 3 aktualisiert und fortgeschrieben, ist der Zeitpunkt, ab der die Aktualisierung gilt, anzugeben. Die bisherigen Angaben verbleiben im Expositionsverzeichnis.
(3) Ergänzend wird empfohlen, zusätzliche Informationen zu den Branchen, Tätigkeiten und den getroffenen technischen sowie persönlichen Schutzmaßnahmen zu dokumentieren. Beispiele enthalten die Anlagen 2 bis 5.
Vereinfachtes Ablaufschema | Anlage 1 |
Beispielliste Betriebsarten (Branchen) | Anlage 2 |
Abfallbeseitigung |
Baugewerbe |
Beratung und Planung |
Bergbau |
Bildung, Wissenschaft |
Chemische Industrie, Spalt- und Brutstoffe, Mineralölverarbeitung |
Dienstleistungen einschließlich Heime und Einrichtungen, soweit von Unternehmen und freien Berufen erbracht |
Druckgewerbe |
Einzelhandel |
Elektrotechnik |
Energie- und Wasserversorgung |
Ernährungsgewerbe, Tabakverarbeitung |
Feinkeramik |
Feinmechanik |
Forstwirtschaft |
Gebäudereinigung |
Gebietskörperschaften |
Gesundheits- und Veterinärwesen |
Glasgewerbe |
Großhandel |
Holz-, Papiergewerbe |
Kunststoff- und Gummiwaren |
Landwirtschaft |
Leder-, Textil- und Bekleidungsgewerbe |
Metallerzeugung und -bearbeitung |
Optik |
Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbau |
Steine und Erden |
Verkehr |
Beispielliste Tätigkeiten/Arbeitsbereiche/Arbeitsverfahren | Anlage 3 |
Autoklav |
Bohren, Fräsen, Stanzen |
Brand |
Dentallabors |
Destillieren |
Drehen, Hobeln |
Extruder |
Fahrzeuge |
Fertigmachen zum Brand |
Fördern |
Formen |
Gießen, Schmelzen |
Gießereien (allgemein) |
Kalander |
Klassieren |
Kleben |
Kontrolle, Prüfstand |
Kunststoffschweißen |
Labor |
Lagern |
Lagern, Fördern |
Laminieren |
Löten |
Mischen |
Montage |
Nachbearbeitung |
Oberflächenbehandlung, Oberflächenbeschichtung |
Öfen (diverse) |
Polieren |
Pressen |
Reinigen mit Druckluft |
Reinigung |
Reparatur, Wartung |
Rohlingherstellung |
Sägen |
Schäumen |
Schleifen |
Schneiden (diverse Methoden) |
Schweißen |
Siebdruck |
Spinnerei/Weberei |
Spritzen Airless |
Spritzen AirMix |
Spritzen Druckluft |
Trennverfahren, Bearbeitungsverfahren |
Trocknung |
Verpacken, Abfüllen |
Vulkanisation |
Werkstatt |
Wiegen |
Zerkleinern |
Beispielliste Technische Schutzmaßnahmen | Anlage 4 |
Erfassung (Absaug anlage) |
Erfassung (offen) |
Erfassung (halboffen) |
Erfassung (geschlossen) |
Erfassung (geräteintegriert) |
Absaugung (nachgeführt) |
Absaugung (Punktabsaugung) |
Abscheider (Einzel-) |
Abscheider (Zentral-) |
Maßnahmen gegen Emission: Nassbearbeitung |
Maßnahmen gegen Emission: Benetzung mit Penetrationsmittel |
Maßnahmen gegen Emission: Kathodenumhüllung |
Maßnahmen gegen Emission: emissionsarmes Arbeitsmittel |
Freie Lüftung |
Raumlufttechnische Anlage (RTL- Anlage) |
Beispielliste Persönliche Schutzausrüstungen (Atemschutz und Hautschutz) | Anlage 5 |
Atemschutz |
Atemschutzanzug, geschlossen |
Atemschutzanzug, offen: Hände und Füße frei |
Umgebungsunabhängiger Atemschutz, Isoliergeräte (Frischluft-, Druckluftgeräte, Regenerationsgeräte) |
Filtergeräte mit: |
Gasfilter A |
Gasfilter B |
Gasfilter E |
Gasfilter K |
Gasfilter AX |
Gasfilter SX |
Kombinationsfilter ABEK |
Partikelfilter P1 |
Partikelfilter P2 |
Partikelfilter P3 |
Kombinationsfilter A-P2 |
Kombinationsfilter A-P3 |
Kombinationsfilter B-P2 |
Kombinationsfilter B-P3 |
Kombinationsfilter E-P2 |
Kombinationsfilter E-P3 |
Kombinationsfilter K-P2 |
Kombinationsfilter K-P3 |
Hautschutz/Handschuhmaterial |
Staubschutzanzug |
NR - Naturlatex |
CR - Polychloroprenlatex, Polychloropren, Chloroprene Kautschuk, Neopren |
NBR - Nitrillatex, Nitrilkautschuk, Acrylnitril-Butadien Kautschuk, Nitril |
Butyl - Butylkautschuk, IIR, IBR, Isobutyl-Isopren-Kautschuk |
FKM - Fluorkautschuk, Viton |
PVC - Polyvinylchlorid |
Mehrschichtenhandschuh - PE/EVAL/PE (PE=Polyethylen; EVAL=Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer) |
________________________
1) C&L-Datenbank der ECHA (Legaleinstufungen):
http://echa.europa.eu/informationon-chemicals/clinventorydatabase.
2) Liste der karzinogenen, keimzellmutagenen und reproduktionstoxischen Stoffe (KMR-Stoffe):
http://www.dguv.de/ifa.F.chinfos/KMR-Liste/index.jsp.
3) http://www.baua.de/de/Themenvon-A-Z/Gefahrstoffe/Glossar/Glossar. html.
4) https://zed.dguv.de.
ENDE |