Bundesministerium der Finanzen Berlin, den 19. Januar 2006
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident;
in der Anlage übersende ich Ihnen den
- Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Jahr 2004 ("Subsidiaritätsbericht 2004").
Das Bundeskabinett hat den Bericht am 14. Dezember 2005 zustimmend zur Kenntnis genommen und seine Zuleitung an den Deutschen Bundestag und an die Europäische Kommission beschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Mirow
Subsidiaritätsbericht der Bundesregierung 2004
I. Überblick
Der Bundesminister der Finanzen legt entsprechend dem Auftrag des Bundeskabinetts vom 12. November 2003 für das Jahr 2004 einen Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips durch die Europäische Union vor. Der Bericht schließt an den Subsidiaritätsbericht der Bundesregierung für 2003 vom 29. Oktober 2004 an und erfasst den Zeitraum 1. April 2004 bis 31. März 2005.
Im Zentrum dieses Berichts stehen wie in den Vorjahren die Ergebnisse der Subsidiaritätsprüfungen durch die Bundesressorts und den Bundesrat. Ferner ist - wie stets - der Bericht der Europäischen Kommission "Bessere Rechtsetzung 2004" vom 21. März 2004 und dessen Bewertung durch die Bundesregierung und den Bundesrat Gegenstand des Subsidiaritätsberichtes.
Das neue, im Verfassungsvertrag geänderte Subsidiaritätsprotokoll wird voraussichtlich nicht wie avisiert 2007 in Kraft treten. Das Protokoll hängt von der Europäischen Verfassung ab, deren Schicksal wegen der gescheiterten Referenden zum Verfassungsvertrag in Frankreich und in den Niederlanden und der ausstehenden Ratifizierungen durch andere Mitgliedstaaten noch offen ist. Für den Fall des Inkrafttretens haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat innerstaatliche Regelungen vereinbart, mit denen eine effektive Wahrnehmung der den nationalen Parlamenten dann neu einzuräumenden Rechte (Subsidiaritätsrüge und Subsidiaritätsklage) möglich werden soll. Diese werden am Ende des Berichts kurz vorgestellt.
II. Subsidiaritätsprüfungen durch die Bundesressorts und den Bundesrat
1. Rechtliche Grundlagen
Die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips durch die Bundesregierung orientiert sich am Maßstab des Art. 5 Abs. 2 EG. Das dort geregelte Subsidiaritätsprinzip bestimmt:
- "In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, wird die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können."
Zum Subsidiaritätsprinzip im "weiteren Sinne" wird außerdem das Verhältnismäßigkeitsprinzip nach Art. 5 Abs. 3 EG gezählt, welches das "Wie" der gemeinschaftlichen Kompetenzausübung betrifft. Art. 5 Abs. 3 EG sieht vor:
- "Die Maßnahmen der Gemeinschaft gehen nicht über das für die Erreichung der Ziele dieses Vertrags erforderliche Maß hinaus."
Die Kommission unterliegt bei Erlass ihrer Rechtsetzungsvorschläge einer Begründungspflicht im Hinblick auf beide Prinzipien (Art. 253 EG und Ziffer 4 des Subsidiaritätsprotokolls).
Die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzipien betreffen die Kompetenzausübung durch die Gemeinschaft im konkreten Einzelfall. Davon zu trennen ist die Frage, ob überhaupt eine Kompetenz des Gemeinschaftsgesetzgebers, also eine Rechtsgrundlage im Primärrecht, vorliegt. Dieser Aspekt stellt lediglich eine Vorfrage für die Subsidiaritätsprüfung dar, ist aber nicht Gegenstand der Prüfung selbst. Die Subsidiaritätsfrage stellt sich daher nur, wenn es sich um einen Fall der nichtausschließlichen Gemeinschaftszuständigkeit (d.h. bei einer sog. "konkurrierenden" oder "parallelen" Gesetzgebungszuständigkeit) handelt und auch nur in einem solchen Fall ist eine Subsidiaritätsprüfung geboten.
Die Bundesregierung prüft die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips anhand der Leitlinien, die in dem "Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit" von 1997 enthalten sind, das Bestandteil des EG-Vertrages ist. Nach Ziffer 5 des Protokolls setzt ein Tätigwerden der Gemeinschaft voraus, dass
- - der betreffende Bereich "transnationale Aspekte" aufweist,
- - alleinige Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder das Fehlen von Gemeinschaftsmaßnahmen gegen Anforderungen des Vertrags verstoßen oder auf sonstige Weise die Interessen der Mitgliedstaaten erheblich beeinträchtigen und
- - Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene im Vergleich zu Maßnahmen auf mitgliedstaatlicher Ebene "deutliche Vorteile" mit sich bringen.
In Anlehnung an die materiellen Prüfkriterien des Subsidiaritätsprotokolls hat die Bundesregierung ein Prüfraster für die Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung neuer Kommissionsvorschläge entwickelt (§ 74 Abs. 1 GGO, Anlagen 9 und 10). Die anhand dieses Prüfrasters erfolgende Subsidiaritätsprüfung durch die Ressorts findet ihren Niederschlag in einem sog. Prüfbogen, der dem EU-Ausschuss des Bundesrates übermittelt wird.
Die Subsidiaritätsprüfung erfolgt zum einen hinsichtlich aller formellen Vorschläge der Europäischen Kommission für verbindliche Sekundärrechtsakte, d.h. für Richtlinien, Verordnungen und Entscheidungen der Gemeinschaft. Zum anderen erfolgt sie bei unverbindlichen Gemeinschaftsrechtsakten (z.B. bei Empfehlungen und Stellungnahmen), da auch diese in gewissem Umfang Rechtswirkungen nach sich ziehen können. Ferner können sonstige Maßnahmen der Gemeinschaft wie etwa Aktionsprogramme, Entschließungen oder Beschlüsse ebenfalls einer Subsidiaritätsprüfung unterzogen werden. Sie beeinflussen nämlich das zukünftige Tätigwerden der Gemeinschaft insofern, als sie bereits Vorgaben für die konkreten Tätigkeitsbereiche und teilweise auch für die Art des Handelns enthalten. Schließlich werden auch Rahmenbeschlüsse und Übereinkommen gemäß der-2. und 3. Säule des EU-Vertrages auf ihre Subsidiaritätskonformität überprüft und zwar unabhängig davon, ob der Rat auf Vorschlag der Kommission oder auf mitgliedstaatliche Initiative hin tätig wird.
Handlungen der Gemeinschaft, die keine Legislativmaßnahmen darstellen, sind hingegen grundsätzlich nicht am Maßstab des Art. 5 Abs. 2 EG zu prüfen. So unterliegt etwa die Ausübung von Vollzugskompetenzen der Kommission schon deshalb regelmäßig keiner eigenen Subsidiaritätskontrolle, weil bereits der dem Durchführungsakt zugrunde liegende Rechtsakt auf seine Subsidiaritätskonformität geprüft wird. Mitteilungen1, Grün- und Weißbücher der Kommission haben zwar keinen legislativen Charakter und sie führen auch nicht unmittelbar zu einem verbindlichen Rechtsakt. Dennoch achtet auch hier die Bundesregierung auf die Befolgung des Subsidiaritätsprinzips. Es kann sich nämlich um Vorbereitungsmaßnahmen für formelle Rechtsetzungsvorschläge handeln, die in der Praxis später häufig in den Erlass eines Rechtsaktes münden. Solche Maßnahmen entfalten daher zumindest politischpsychologische Wirkungen. Deshalb bemüht sich die Bundesregierung in ihren Stellungnahmen zu Grün- und Weißbüchern, etwaige Subsidiaritätsbedenken möglichst frühzeitig auszuräumen - also bereits im Rahmen der gemeinschaftlichen Verhandlungen über diese informellen Rechtsakte.
Die Bundesregierung berücksichtigt bei ihrer Prüfung die Stellungnahmen, die der Bundesrat und der Deutsche Bundestag zur Vereinbarkeit neuer Kommissionsvorschläge mit dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in EU-Angelegenheiten (EUZBLG) abgeben. Gemäß § 5 EUZBLG ist sie dazu verpflichtet, Stellungnahmen des Bundesrates bei der Festlegung ihrer Verhandlungsposition maßgeblich zu berücksichtigen, wenn bei einem EG-Vorhaben im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind und der Bund kein Recht zur Gesetzgebung hat oder wenn ein EG-Vorhaben im Schwerpunkt die Einrichtung der Behörden der Länder oder ihre Verwaltungsverfahren betrifft. In anderen Fällen ist die Bundesregierung zwar verpflichtet, die Auffassung des Bundesrates zu berücksichtigen, nicht jedoch dazu, sie zu übernehmen.
2. Subsidiaritätsprüfung durch die Bundesressorts
- a) Von den Bundesressorts geprüfte Vorschläge für Rechtsakte
Die Bundesressorts haben im Berichtszeitraum 73 neue Vorschläge für Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse und Aktionsprogramme auf Verstöße gegen das Subsidiaritätsprinzip geprüft (im Vorjahr: 106). Allerdings hat die Kommission nach eigenen Angaben auch weniger Vorschläge vorgelegt als in den vergangenen Jahren. Unter den 73 geprüften Maßnahmen waren drei Vorschläge, die auf Initiativen von Mitgliedstaaten beruhten und keiner vertieften Prüfung bedurften, da sie im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip unproblematisch waren. Bei den übrigen 70 Initiativen handelte es sich um Vorschläge der Kommission. Damit wurde rund ein Drittel weniger Kommissionsvorschläge geprüft als im Vorjahr (2003: 106 Vorschläge). Vertieft geprüft wurden davon vier Vorschläge. Lediglich in einem der vier Fälle wurden schließlich Bedenken festgestellt (im Vorjahr: 10 Vorschläge). Diese betrafen den
- - Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zum Markt für Hafendienste (KOM (2004) 654 )
Die Subsidiaritätsbedenken der Bundesregierung richten sich dabei gegen einzelne Regelungen (z.B. Lotsenwesen, Sozial- und Arbeitsvorschriften), die in die Verwaltungskompetenz der Mitgliedstaaten eingreifen. Der Ausgang der Verhandlungen im Rat ist noch offen.
Bezüglich der anderen drei vertieft geprüften Fälle konnten dagegen die ursprünglichen Bedenken ausgeräumt werden bzw. ist hier eine endgültige Festlegung noch nicht erfolgt. So konnte bei dem
- - Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verbesserung der Gefahrenabwehr in Häfen (KOM (2004) 76)
angesichts der ursprünglichen Subsidiaritätsbedenken der Bundesregierung in den Verhandlungen eine Kompromisslösung gefunden werden. Bei dem vertieft geprüften Vorschlag
- - "Der Europäische Aktionsplan Umwelt und Gesundheit 2004-2010" - Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (KOM (2004) 416)
wurden Bedenken gegen den Aktionsplan selbst letztlich nicht geäußert. Lediglich für deren Umsetzung wurde die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips angemahnt. In Bezug auf den
- - Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (KOM (2004) 2) ist nach Auffassung der Bundesregierung bei der derzeitigen Überarbeitung unter anderem eine verstärkte Berücksichtigung von Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsgesichtspunkten erforderlich.2 Eine abschließende Bewertung von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit wird allerdings erst nach Abschluss der laufenden Beratungen möglich sein.
Sämtliche vertieft geprüften Vorschläge sind noch nicht vom Rat verabschiedet. Die Bundesregierung bemüht sich in den Verhandlungen weiterhin darum die Bedenken auszuräumen.
- b) Sonstige Beanstandungen durch die Bundesregierung
Ferner wurden von der Bundesregierung vier Maßnahmen nicht legislativer Art geprüft, wobei es sich um drei Mitteilungen und einen Vorschlag für eine Empfehlung handelte. Bezüglich zwei dieser Maßnahmen wurden Subsidiaritätsbedenken geäußert. Es handelt sich um folgende Maßnahmen:
- - Mitteilung der Kommission - "Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas - Leitlinien für die Forschungsförderung der Union" (KOM (2004) 353)
- - Mitteilung der Kommission - "Europa und die Grundlagenforschung" (KOM (2004) 9)
3. Subsidiaritätsprüfung durch den Bundesrat
- a) Vom Bundesrat geprüfte Vorschläge für Rechtsakte
Der Bundesrat hat im Berichtszeitraum 12 neue Vorschläge für Richtlinien, Verordnungen und Aktionsprogramme wegen Bedenken im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip gerügt (im Vorjahr: 15 Vorschläge):
- - Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (KOM (2004) 2 endg.); (BR-Beschluss 128/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen (KOM (2003) 739 endg.); (BR-Beschluss 066/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Statistik der betrieblichen Bildung (KOM (2004) 95 endg.); (BR-Beschluss 176/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Entschädigungen bei Nichterfüllung vertraglicher Qualitätsanforderungen im Schienengüterverkehr (KOM (2004) 144 endg.); (BR-Beschluss 213/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (KOM (2004) 490 endg.); (BR-Beschluss 565/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Verordnung des Rates mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds (KOM (2004) 492 endg.); (BR-Beschluss 571/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (KOM (2004) 496 endg.); (BR-Beschluss 575/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung humaner Fangnormen für bestimmte Tierarten (KOM (2004) 532 endg.); (BR-Beschluss 688/04 (PDF) )
- - Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - "Ein Aktionsplan für Umwelttechnologie in der Europäischen Union" (KOM (2004) 38 endg.); (BR-Beschluss 104/04 (PDF) )
- - Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen zum Aktionsplan "Europäische Agenda für unternehmerische Initiative" (KOM (2004) 70); (BR-Beschluss 165/04 (PDF) )
- - Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Europäischer Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte Lebensmittel (KOM (2004) 415); (BR-Beschluss 519/04 (PDF) )
- - Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+) (KOM (2004) 621); (BR-Beschluss 772/04 (PDF) )
- b) Sonstige Beanstandungen durch den Bundesrat
Ferner hat der Bundesrat 11 Maßnahmen nicht legislativer Art beanstandet, wie etwa Mitteilungen, Berichte, Empfehlungen, Grünbücher und Weißbücher. Die Anzahl dieser Beanstandungen ist gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken (von 13 Fällen auf 11).
4. Unterschiede bei der Beurteilung durch Bundesregierung und Bundesrat
Bei der Beurteilung europäischer Maßnahmen durch Bundesregierung und Bundesrat existieren gewisse Unterschiede.
- a) Vorschläge für Rechtsakte
In vier Fällen gab es eine abweichende Beurteilung der Subsidiaritätsfrage zwischen Bundesrat und Bundesregierung. Dabei handelte es sich um
- - den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zum Markt für Hafendienste (KOM (2004) 654 ), der lediglich von der Bundesregierung als bedenklich im Hinblick auf den europarechtlichen Subsidiaritätsgrundsatz eingestuft wurde
- - den Vorschlag für eine Verordnung über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+), der lediglich vom Bundesrat als bedenklich im Hinblick auf den europarechtlichen Subsidiaritätsgrundsatz eingestuft wurde;
- - den Vorschlag für einen Aktionsplan für Umwelttechnologie in der Europäischen Union, bei dem die Bundesregierung die Subsidiaritätsbedenken des Bundesrates ebenfalls nicht teilt;
- - den Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung humaner Fangnormen für bestimmte Tierarten, hier schloss sich die Bundesregierung zwar nicht den Bedenken des Bundesrats an, kündigte jedoch an, bei den weiteren Verhandlungen auf die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes zu achten.
Bei den restlichen neun vom Bundesrat beanstandeten Vorschlägen hat die Bundesregierung keine vertiefte Subsidiaritätsprüfung vorgenommen, da aus Sicht der betroffenen Ressorts keine Anhaltspunkte für Zweifel bestanden.
- b) Übrige Maßnahmen
Des Weiteren gab es drei Maßnahmen, die keine Vorschläge für verbindliche Rechtsakte darstellten, die aber dennoch sowohl von der Bundesregierung als auch vom Bundesrat unter Subsidiaritätsgesichtspunkten geprüft wurden. Es handelt sich um die folgenden Mitteilungen im Bereich Forschung und Umwelt:
- - Bei der Mitteilung "Europa und Grundlagenforschung" teilte die Bundesregierung ausdrücklich die Bedenken des Bundesrates.
- - Bei der Mitteilung "Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas - Leitlinien für die Forschungsförderung der Union" hatte der Bundesrat Zweifel, nicht aber die Bundesregierung, dennoch wird die Bundesregierung hier in den Verhandlungen auf die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes achten.
- - Bei der Mitteilung "Entwicklung einer thematischen Strategie für die städtische Umwelt" werden die Zweifel des Bundesrates von der Bundesregierung geteilt. Die Bundesregierung achtet in den Verhandlungen zur thematischen Strategie für die Städtische Umwelt, für die ein Vorschlag der KOM für Ende 2005 angekündigt ist, auf die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes. Die KOM hat zu erkennen gegeben, dass sie den Subsidiaritätsbedenken bei Vorlage der EU-Strategie Rechnung tragen will.
Von der Bundesregierung wurde im Bereich der unverbindlichen Maßnahmen lediglich eine Maßnahme geprüft, zu der sich der Bundesrat nicht äußerte. Umgekehrt äußerte sich der Bundesrat bei elf Maßnahmen dahingehend, dass bei der weiteren Umsetzung dieser Maßnahmen verstärkt auf die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes zu achten sei, während die Bundesregierung bei diesen Maßnahmen keinen Anlass für eine vertiefte Prüfung gesehen hatte.
Soweit die Beanstandungen des Bundesrates auch Berichte, Grün- und Weißbücher betreffen, sind diese in der vorhergehenden Darstellung der Bundesregierung nicht enthalten, da eine formelle Subsidiaritätsprüfung hier nicht stattfindet.
- c) Ausreichende Berücksichtigung der Länderinteressen
Gemäß § 5 Abs. 2 EuZBLG ist die Bundesregierung verpflichtet, die Stellungnahme des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen, wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind und der Bund kein Recht zur Gesetzgebung hat oder ein Vorhaben im Schwerpunkt die Einrichtung der Behörden der Länder oder ihre Verwaltungsverfahren betrifft.
Vorliegend betrifft keiner der Vorschläge, bei denen die Bundesregierung die Subsidiaritätsbedenken des Bundesrates nicht teilte, solche Vorhaben. Die betroffenen Vorschläge liegen nicht in ausschließlicher Gesetzgebungskompetenz der Länder. Im Umwelt- und Forschungsbereich besteht eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit oder eine Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes. In den übrigen betroffenen Bereichen, wie z.B. im Bereich des Energiewirtschaftsrechts und des Tierschutzes, hat der Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht, so dass keine Länderzuständigkeit mehr besteht. Im Übrigen war die Bundesregierung bestrebt, die Bedenken des Bundesrats in die Verhandlungen mit einzubringen.
III. Jahresbericht "Bessere Rechtsetzung 2004" der Kommission
Die Europäische Kommission hat dem Europäischen Rat am 21. März 2005 den 12. Jahresbericht der Kommission "Bessere Rechtsetzung 2004" gemäß Artikel 9 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit übermittelt (KOM (2005) 98 endg.). Wie schon im Rechtsetzungsbericht 2003 befasst sie sich darin mit den Ergebnissen ihrer Bemühungen zur Verbesserung des Regelungsumfeldes sowie mit der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Der Bericht wird ergänzt durch ein begleitendes Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, das eine detaillierte Analyse der Rechtsetzungstätigkeit mit zahlreichen Beispielen enthält (SEC (2005) 364 ).3 Den vorangegangenen Bericht "Bessere Rechtsetzung 2003" hatte die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips im Jahr 2003 ("Subsidiaritätsbericht 2003") ausgewertet.
1. Inhalt des Kommissionsberichts
Der Kommissionsbericht befasst sich in einem ersten Komplex (dazu unten a) mit den Maßnahmen für eine bessere Rechtsetzung und hier im einzelnen mit folgenden Punkten:
- - Maßnahmen der Kommission
- - Konsultation betroffener Parteien
- - Folgenabschätzung
- - Einholung und Nutzung von Expertenwissen
- - Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire
- - Wahl der Instrumente
- - Maßnahmen auf der Ebene der sonstigen Gemeinschaftsorgane
- - Maßnahmen der Mitgliedstaaten
In einem zweiten Komplex beschäftigt die Kommission sich mit der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (dazu unten b).
- a) Maßnahmen für eine bessere Rechtsetzung
Einleitend betont die Kommission, dass Subsidiarität, Verhältnismäßigkeit und Verbesserung des Regelungsumfeldes eng miteinander zusammenhängen. Ebenso wie das Subsidiaritäts- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip würden auch die Maßnahmen zur Verbesserung des Regelungsumfeldes dazu dienen, die Rechtsetzungstätigkeit der Union auf das zu beschränken, was erforderlich, wirksam und möglichst unkompliziert durchzuführen sei.
Im Rahmen ihrer Auseinandersetzung mit der besseren Rechtsetzung betont die Kommission die Dringlichkeit einer Verbesserung des Regelungsumfeldes wenn es darum gehe, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, das Wachstum zu erhöhen, die Beschäftigung wachsen zu lassen, sowie eine nachhaltige Entwicklung und eine höhere Lebensqualität für die europäischen Bürger zu erreichen. Zur Erreichung dieser Ziele sei im Jahr 2004 die Umsetzung der bisherigen Strategie fortgesetzt worden, die im Wesentlichen auf zwei Texten beruhe: Dem Aktionsplan der Kommission "Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds" vom 5. Juni 20024 und der Interinstitutionellen Vereinbarung "Bessere Rechtsetzung" von Dezember 20035. Gleichzeitig werde auf der Grundlage eines zwischenstaatlichen Programms vom Mai 2002 eine teilweise komplementäre Strategie auf mitgliedstaatlicher Ebene verfolgt. Wenngleich bereits Fortschritte erzielt worden seien, komme der neu gebildeten Kommission jetzt die Aufgabe einer umfassenden Neubewertung der Bedürfnisse und der verfügbaren Ressourcen sowie der Rationalisierung der Strukturen und Verfahren zu.
In diesem Zusammenhang befasst sich der Bericht zunächst mit den Maßnahmen der Kommission. Die Kommission stellt allgemein fest, dass sie im Bereich der Verbesserung des Regelungsumfeldes bereits beträchtliche Fortschritte erzielt habe. Unter anderem wurden verstärkt Maßnahmen im Vorfeld der Verabschiedung verbindlicher Gesetzgebungsvorschläge ergriffen. Insbesondere ist die Anzahl der öffentlichen Konsultationen betroffener Parteien vor der Vorlage von Rechtsetzungsvorschlägen erheblich erhöht worden. So gab es im Jahre 2004
- - 95 Internetkonsultationen (60 im Vorjahr)
- - 6 Grünbücher (5 im Vorjahr),
- - 1 Weißbuch (keins im Vorjahr),
- - 159 Mitteilungen (142 im Vorjahr) und
- - 110 Berichte (73 im Vorjahr).
Verschiedene Punkte sind hier nach Ansicht der Kommission aber noch verbesserungswürdig. So müsse die Kommission sich zukünftig gegenüber den an den Konsultationen beteiligten Personen verstärkt um Feedback bemühen und ihnen mitteilen, inwiefern ihre Einwände berücksichtigt oder warum sie nicht berücksichtigt worden seien. Zudem müssten alle Organe im Blick behalten, dass die zunehmende Anzahl von durchgeführten Konsultationen auch Nachteile haben könne. Beispielsweise hätten einige Interessengruppen sich von den Konsultationen zu sehr in Anspruch genommen gefühlt; auch seien bei einer großen Anzahl an durchgeführten Konsultationen die Werbemöglichkeiten und Analyseressourcen für jede Konsultation geringer.
Die Anzahl der durchgeführten Gesetzesfolgenabschätzungsverfahren von Kommissionsinitiativen sei ebenfalls erhöht worden (von 21 auf 29); trotzdem bestehe hier weiterhin Verbesserungsbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Problematisch sei insbesondere, dass weniger als die Hälfte der begonnenen Folgenabschätzungsverfahren abgeschlossen worden seien. Unter anderem müsse im Rahmen der Folgenabschätzung zudem größeres Gewicht auf Fragen der Wettbewerbsfähigkeit sowie auf soziale und ökologische Fragen gelegt werden. Zur Abhilfe dieser Probleme befänden sich neue Leitlinien und technische Hilfen in der Entwicklung. Die Transparenz soll dabei durch die Veröffentlichung von sog. Fahrplänen (Roadmaps) für Folgenabschätzungen verstärkt werden, die Anhaltspunkte hinsichtlich der zu beurteilenden Hauptfragen sowie des Ablaufs der anschließenden Analysen neuer Initiativen geben sollen.6
Um die Einholung und Nutzung von Expertenwissen und dessen Verbreitung zu verbessern, sei das elektronische Netz SINAPSE fertig gestellt worden und könne 2005 offiziell eingeführt werden. Im Laufe des Jahres 2005 sollen zunächst eine Liste der von der Kommission eingerichteten Expertengruppen und dann ein Register mit Standardinformationen über sämtliche Expertengruppen veröffentlicht werden. Außerdem konnte nach Angaben der Kommission im Jahr 2004 mit Hilfe des Rahmenprogramms Forschung und technologische Entwicklung für 2002-2006 die Einholung von Expertenwissen in bestimmten Bereichen systematisiert werden.
Die Kommission hat darüber hinaus ihr Programm zur Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire vorangetrieben. Insgesamt lagen dem Europäischen Rat und dem Parlament nach Abschluss der zweiten und dritten Phase des Aktionsrahmens "Aktualisierung und Vereinfachung des Acquis communautaire"7 am Ende des Jahres 2004 18 Vorschläge der Kommission für die Vereinfachung von Rechtsakten vor.
Hinsichtlich der Wahl ihrer Instrumente kündigt die Kommission für 2005 einen Bericht über die Möglichkeiten einer gesteigerten Nutzung alternativer Regulierungsmöglichkeiten an. Um dies zu ermöglichen, hat sie die Aufstellung eines Inventars bereits eingeführter Koregulierungsmechanismen sowie Formen der Selbstregulierung mit Gemeinschaftsdimension begonnen. Daneben ist laut Kommission die Dezentralisierung von EU-Exekutivbefugnissen zu Gunsten europäischer Regulierungsagenturen kontinuierlich vorangetrieben worden. Ende 2004 belief sich die Zahl der Gemeinschafts-/EU-Agenturen auf 26.
Hinsichtlich der Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts sei mit der Umsetzung der in der KOM-Mitteilung "Better monitoring of the application of Community Law" von 2002 vorgesehenen Maßnahmen begonnen worden. Zusätzlich habe man Schritte zur Verbesserung der Richtlinienumsetzung durch die Mitgliedstaaten eingeleitet. Zum Beispiel sehen neue Richtlinienvorschläge verstärkt eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten vor, Konkordanztabellen in Bezug auf nationales und Gemeinschaftsrecht aufzustellen. Die Bearbeitung von Beschwerden von Bürgern und Unternehmen bzgl. der Anwendung des Gemeinschaftsrechts sollten durch die Vorbereitung eines Internetbasierten Beschwerdesystems für 2005 verbessert werden.
Hinsichtlich der Maßnahmen auf der Ebene der sonstigen Gemeinschaftsorgane zur Verbesserung der Rechtsetzung hebt die Kommission insbesondere die Gemeinsame Initiative einiger Mitgliedstaaten hervor, die 2004-2005 die Präsidentschaft inne hatten bzw. haben. Diese hatten im Januar 2004 (aktualisiert Dezember 2004 ) wertvolle Anstöße zur Verringerung des Verwaltungsaufwands, zur Folgenabschätzung, zur Vereinfachung und zur stärkeren Nutzung alternativer Regulierungsmöglichkeiten gegeben. Der Rat hat im Jahre 2004 neben anderen Maßnahmen zum ersten Mal eine Folgenabschätzung vor der Verabschiedung von Änderungen eines Richtlinienvorschlags durchgeführt.8 Daneben haben Kommission, Rat und Parlament mit der Umsetzung der Ende 2003 beschlossenen Interinstitutionellen Vereinbarung "Bessere Rechtsetzung" begonnen. Rat und Parlament seien jedoch im Rückstand mit der Behandlung der eingebrachten Kodifizierungs- und Vereinfachungsvorschläge der Kommission. Überdies habe der Rat von 30 Vereinfachungsvorschlägen, die die KOM vorgelegt habe, nur 10 angenommen.
In Bezug auf die mitgliedstaatlichen Maßnahmen stellt die Kommission fest, dass die meisten Mitgliedstaaten zwar Initiativen zur Verbesserung ihres Regelungsumfelds eingeleitet hätten. Die Umsetzung sei aber noch uneinheitlich. Die Mitgliedstaaten müssen laut Kommission verstärkt Konsultations- und Folgenabschätzungsverfahren durchführen, bevor sie nationale Rechtsvorschriften zur Umsetzung von EU-Rechtsakten verabschieden. Im Hinblick auf verschiedene mitgliedstaatliche Veranstaltungen zum Thema einer Besseren Rechtsetzung nennt die Kommission explizit den im Juni 2004 von Deutschland veranstalteten Workshop "Die umweltpolitische Dimension bei Folgenabschätzungen".
- b) Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit durch die Kommission
Die Kommission hebt hervor, dass das Subsidiaritätsprinzip in den Bereichen mit zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft geteilter Kompetenz zwar eine klare Vermutung für die Dezentralisierung enthält, dass aber Bürgernähe an sich kein Aspekt des Subsidiaritätsgrundsatzes sei. Die Darstellung des inhaltlichen Prüfungsmaßstabes wird ergänzt um eine Beschreibung der prozeduralen Anforderungen für die Beachtung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wie sie sich auch aus der Interinstitutionellen Vereinbarung zur Subsidiarität von 1993 und aus dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit von 1997 ergäben. Interessant ist dabei insbesondere der explizite Hinweis der Kommission, dass die Gemeinschaftsorgane die Beweispflicht hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für ihr Tätigwerden nach den beiden Grundsätzen trügen. Die Kommission geht schließlich kurz auf den künftigen Verfassungsvertrag ein und erwähnt die dort leicht geänderte Fassung des Prinzips (nunmehr auch ausdrückliche Einbeziehung der regionalen und lokalen Ebene).
Hinsichtlich der konkreten Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit im Jahr 2004 weist die Kommission insbesondere darauf hin, dass die Anzahl der neuen Verordnungen und Richtlinien zurückgegangen sei. Gleichzeitig seien im Verhältnis dazu mehr Entscheidungen sowie unverbindliche Rechtsakte (insbesondere Empfehlungen) erlassen worden. In Reaktion auf die bisherige Kritik an der Kommission, sie würde die Gründe für ihr Tätigwerden meist nur unzureichend darlegen, hat die Kommission eine neue Softwareanwendung für die Ausarbeitung von Begründungen entwickelt und erprobt. Diese soll ab dem Jahr 2005 von sämtlichen Dienststellen genutzt werden.
In ihrem Arbeitspapier stellt die Kommission die Auswirkungen der Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung anhand von Fallgruppen dar, die durch Beispiele veranschaulicht werden (Unterabschnitte 3.2.1 ff.). So nennt sie zunächst konkrete Beispiele für die Notwendigkeit eines Tätigwerdens auf europäischer Ebene nach dem Subsidiaritätsprinzip.9 Daneben schildert sie Fälle, in denen der Rat und das Parlament der Argumentation der Kommission bzgl. der Notwendigkeit eines neuen Gemeinschaftsinstruments nicht gefolgt sei10 bzw. in denen die Kommission nach umfassender Prüfung aus Subsidiaritätsgründen einen Rechtsakt teilweise modifiziert hat."
Zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips stellt die Kommission fest, dass dieses zwar in bestimmten Fällen den Erlass eines möglichst zwingenden Rechtsinstruments, 12 in anderen Fällen aber auch die Wahl weniger einschneidender Maßnahmen gebieten könne. 13 Die Kommission weist zudem darauf hin, dass sie sich verstärkt bemühe, den Eingriff in gewachsene mitgliedstaatliche Strukturen so gering wie möglich zu halten.14
Darüber hinaus geht die Kommission auf die Subsidiaritätsprüfung durch die anderen Organe ein. Hinsichtlich der vom Europäischen Parlament und vom Rat vorgeschlagenen Änderungen der Kommissionsvorschläge stellt sie fest, dass diese sich selten ausdrücklich auf die Subsidiarität und die Verhältnismäßigkeit bezogen haben. Das Parlament habe in der Regel umfassendere Maßnahmen der Gemeinschaft und verbindlichere Rechtsinstrumente gefordert. Der Rat habe hingegen meist die Beschränkung des Anwendungsbereichs der in Aussicht genommenen Maßnahme oder die Wahl einer weniger verbindlichen Maßnahme verlangt. Überwiegend seien die drei Organe aber letztlich zu einer übereinstimmenden Auslegung und Anwendung der Prinzipien gelangt.
Das Subsidiaritätsprinzip sei 2004 sieben Mal Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof gewesen, wobei es aber in keinem Fall zu einer Beanstandung der Anwendung des Prinzips gekommen sei.15
Der Ausschuss der Regionen habe die Kommission im Rahmen der sich an den Legislativprozess anschließenden politischen Nachfolgearbeiten zweimal aufgefordert, die Wahl ihrer Rechtsinstrumente aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zu überdenken. Daraufhin sei eine Vorgehensweise gewählt worden, die bei der Durchführung der Rechtsvorschriften die lokalen und regionalen Körperschaften besser einbezieht. Sowohl der Ausschuss der Regionen als auch die COSAC16 und bestimmte nationale Parlamente haben laut Kommission neue Modelle zur verbesserten Überwachung der Subsidiarität ausgearbeitet oder geplant.
2. Bewertung des Kommissionsberichts durch die Bundesregierung
Die Bundesregierung begrüßt, dass sich die Kommission in ihrem Rechtsetzungsbericht 2004 umfassend mit den Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des Gemeinschaftsrechts auseinandersetzt, die sie im Anschluss an den Aktionsplan "Vereinfachung und Verbesserung des Regelungsumfelds" ergriffen hat. Sofern sich die Kommission mit der Beachtung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit befasst, ist hervorzuheben, dass sie sich - soweit ersichtlich erstmals - klar für eine Vermutung der Dezentralisierung im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip ausspricht.
Der neue zweigeteilte Aufbau des Rechtsetzungsberichtes mit einem kurzen zusammenfassenden Teil (Bericht) und einer ausführlichen Anlage (Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen) hat Vor- und Nachteile. Einerseits wird so der eigentliche Bericht auf die wesentlichen Punkte beschränkt, was seine Lesbarkeit erhöht und eine inhaltliche Vertiefung durch das Arbeitspapier ermöglicht. Andererseits besteht die Gefahr, dass nunmehr viele substanzielle Aussagen zur Verbesserung der Rechtsetzung weniger Beachtung finden. Sie sind jetzt nämlich in das umfangreiche und schwerer lesbare Arbeitspapier ausgelagert, dessen Bedeutung sich von seiner bloßen Titulierung her nicht ohne weiteres erschließt. Am Günstigsten wäre es daher nach Ansicht der Bundesregierung, wenn das Arbeitspapier formal Teil des Berichts würde, die Zweiteilung also innerhalb des Berichts selbst angelegt wäre.
Die Kommission setzt sich darüber hinaus kritisch mit ihrer bisherigen Begründungspraxis beim Erlass neuer Rechtsakte auseinander. Diese Praxis soll durch die Einführung einer neuen Softwareanwendung verbessert werden, die die Ausarbeitung von Begründungen mit dem Ziel unterstützt, alle erforderlichen Informationen zur Wahrung der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit systematisch darzulegen. Ob und welche Verbesserungen durch diese neue Technik zu erreicht werden, bleibt abzuwarten.
In Bezug auf das Volumen ihrer Rechtsetzungstätigkeit stellt die Kommission einen weiteren Rückgang fest. Diese zunehmende Konzentration der Gemeinschaftsgesetzgebung auf das Wesentliche wird von der Bundesregierung begrüßt.
Die Bundesregierung bedauert erneut, dass auch der Rechtsetzungsbericht 2004 die Kriterien des Art. 5 Abs. 2 EG, die sie als Maßstab für die Prüfung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips heranzieht, nicht weiter konkretisiert. Eine noch systematischere Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ließe sich möglicherweise erreichen, wenn die Voraussetzungen des Subsidiaritätsprinzips bereichsspezifisch konkretisiert würden. Dazu wäre im Einzelnen zu untersuchen, ob unterschiedliche Anforderungen an die Kompetenzausübung der Gemeinschaft etwa im Wirtschafts-, Umwelt-, Kultur- und Bildungsbereich usw. gestellt werden können.
In Bezug auf die Verbesserung der sonstigen Rechtsetzungstätigkeit sind insbesondere die erhöhte Anzahl der Konsultationen hervorzuheben, die vor der Verabschiedung eines Rechtsaktes durchgeführt wurden. Positiv ist auch die verbesserte Einhaltung der 2003 eingeführten Mindeststandards für die Konsultationen. Dies bewirkt, dass Wirtschaftsteilnehmer und andere Interessenvertreter besser einbezogen werden. Die Bundesregierung begrüßt ebenso die Fortentwicklung des Netzwerkes SINAPSE, da die Einholung von Expertenwissen wichtig sein kann, um Fehleinschätzungen bei neuen Regelungsvorhaben zu vermeiden. Dasselbe Ziel der Optimierung der Rechtsetzungstätigkeit verfolgen auch die Folgenabschätzungsverfahren, deren Anzahl im Jahr 2004 immerhin um knapp 30 Prozent zugenommen hat. Der Ansatz der Kommission, dass auch die Durchführung von Vorfeldmaßnahmen einem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegen müsse und dass die tatsächlichen Kapazitäten sämtlicher beteiligten Akteure angemessen zu berücksichtigen seien, wird von der Bundesregierung insgesamt anerkannt.
Ein wichtiger Gesichtspunkt bleibt die Vereinfachung des Acquis communautaire. Die Bundesregierung hält die Kodifizierung und Eliminierung veralteter Rechtsvorschriften weiterhin für notwendig. Dies gilt insbesondere für den Abbau übermäßiger Belastungen für Wirtschaftsteilnehmer sowie für die Erhöhung der Übersichtlichkeit des Rechtsbestandes.
Schließlich sind die Verbesserungen bei der Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts positiv hervorzuheben, vor allem vor dem Hintergrund der erweiterten Union. Insbesondere die Beschleunigung der Kontrolle durch eine vermehrte Nutzung informeller Instrumente wie der Notifizierungs-online-Bank, zusätzlicher Paketsitzungen, dem Internetbasiertem Beschwerdesystem SOLVIT etc. wird von der Bundesregierung sehr begrüßt. Auf diese Weise lassen sich viele Vertragsverletzungsverfahren bereits im Vorfeld vermeiden.
3. Bewertung des Kommissionsberichts durch den Bundesrat
Der Bundesrat hat in seiner 812. Sitzung am 17. Juni 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Im zwölften Bericht über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit teilt die Kommission die Berichterstattung erstmals in einen allgemein gehaltenen und nur einen Überblick gebenden Bericht sowie in ein ausführlicheres Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen auf. Diese Aufteilung der Berichterstattung aus Gründen der Verständlichkeit und Übersichtlichkeit ist aus Sicht des Bundesrates nicht zu kritisieren. Allerdings ist es nach Auffassung des Bundesrates nicht hinnehmbar, dass dieser Anhang zum Bericht lediglich in englischer Sprache vorgelegt wurde. Einschränkungen bei der Übersetzung substanzieller Dokumente beschränken die Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente bei den Entscheidungsprozessen der EU und widersprechen den Verpflichtungen der Kommission im Bereich der Übersetzung. Der Bundesrat fordert in Übereinstimmung mit der Bundesregierung die Kommission deshalb nachdrücklich auf, zukünftig die Übersetzung entsprechender Dokumente und Anhänge in die deutsche Sprache sicherzustellen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt die Deregulierungsinitiative der EU als wichtigen Beitrag, um die Wirtschaft von Überregulierungen durch EU-Vorgaben zu befreien sowie dadurch neue Wachstumsimpulse und eine Stärkung der wirtschaftlichen Dynamik zu erzielen. Der Bundesrat fordert dazu auf, aus der EU-Deregulierungsinitiative einen kontinuierlichen Prozess zu entwickeln, in dessen Verlauf der Rechtsbestand der EU überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet oder aufgehoben wird. Der Bundesrat nimmt den Aufruf der Kommission zur Mitarbeit am Entbürokratisierungsprozess ernst und wird diesen Kurs mit konstruktiver Kritik und eigenen Initiativen der Länder begleiten.
- 3. Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich gegenüber der Kommission dafür einzusetzen, dass Kommissionsentwürfen für Rechtsetzungsakte künftig generell Aussagen zur zeitlichen Geltung der Rechtsvorschriften beigefügt werden. Auch prinzipiell ohne beschränkte Geltungsdauer zu erlassende Rechtsetzungsakte sollten in periodischen Abständen einer Evaluierung unter dem Gesichtspunkt der Zielerreichung, Vollzugseffizienz und Vereinfachung unter besonderer Beachtung des Subsidiaritätsprinzips unterzogen werden.
- 4. Der Bundesrat nimmt in diesem Zusammenhang auch mit Sorge zur Kenntnis, dass die Zahl der Gemeinschafts-/EU-Agenturen im Jahre 2004 auf insgesamt 26 angewachsen ist. Der Bundesrat sieht die kontinuierliche Verlagerung von Exekutivbefugnissen auf europäische Agenturen zulasten der demokratischen Kontrolle und Bürgernähe der Verwaltung kritisch. Er verweist insoweit auf seinen Beschluss vom 27. Mai 2005 (BR-Drucksache 168/05(B) ).
- 5. Der Bundesrat begrüßt, dass es der Kommission gelungen ist, die Anzahl der im Jahr 2002 erstmals eingeführten Folgenabschätzungsverfahren im Jahr 2004 zu erhöhen und ihre Qualität insgesamt zu verbessern. Der Bundesrat zeigt sich jedoch darüber besorgt, dass die Kommission zur Durchführung dieser originären Aufgabe zusätzliche Ressourcen einfordert.
- 6. Die Aufforderung der Kommission an die Mitgliedstaaten, selbst Folgenabschätzungsverfahren bei der Umsetzung von EU-Rechtsakten durchzuführen, wird von Seiten des Bundesrates unterstützt. Allerdings ist er der Auffassung, dass einer nachträglichen Folgenabschätzung auf nationaler Ebene nach bereits erfolgter Verabschiedung des EU-Gesetzgebungsakts aufgrund des häufig geringen Gestaltungsspielraums des nationalen Gesetzgebers bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Entscheidend ist die Folgenabschätzung im Zusammenhang mit dem europäischen Rechtsetzungsakt.
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission auch über die Prüfung und Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit durch den Rat und das Europäische Parlament in deren Rolle als Gesetzgeber berichtet.
- 8. Der Bundesrat bedauert dabei, dass der Kommissionsbericht keine klaren Kriterien aufstellt, an denen sich die Prüfung des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips der an der Gesetzgebung beteiligten Organe orientieren könnte. Ohne das vom Bundesrat in diesem Zusammenhang immer wieder angemahnte "Prüfraster" für eine angemessene Subsidiaritätsprüfung ist der substanzielle Gehalt der Subsidiaritätsprüfung nicht zu erkennen und es bleibt unklar, in welcher Weise die Kommission dem Subsidiaritätsgedanken gerecht geworden ist.
- 9. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat darauf hin, dass die Subsidiaritätsprüfung auch eine Prüfung der Zuständigkeit der EU mit einschließt. Der Grundsatz der Subsidiarität ist ein Kompetenzausübungsprinzip. Ein Verstoß gegen dieses Prinzip setzt zwingend voraus, dass eine Kompetenz für gemeinschaftliches Handeln besteht. Daher muss im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung zunächst die Frage der Rechtsgrundlage geprüft werden.
- 10. Die Kommission führt in ihrem Bericht aus, das Subsidiaritätsprinzip sei ein dynamisches Konzept, das der EU erlaube, ihre Tätigkeiten auszudehnen, soweit es die Umstände erlauben, und andererseits zu beschränken oder zu beenden, wo sie nicht mehr gerechtfertigt sind. Der Bundesrat weist jedoch eindringlich darauf hin, dass dies die EU nicht von der Notwendigkeit befreit, in jedem Fall eine ausdrückliche Einzelermächtigung als Grundlage für ein Tätigwerden zur Verfügung zu haben. Ein Handeln der EU kann nur aus den vorhandenen Rechtsgrundlagen abgeleitet werden.
- 11. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auch in Zukunft für die effektive Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in der EU einzusetzen. Der zwölfte Bericht der Kommission lässt zwar einige Besserungen erkennen. Aus Sicht des Bundesrates besteht indes weiterhin Handlungsbedarf
IV. Rechtliche und organisatorische Neuerungen zur Subsidiaritätskontrolle
Mit Inkrafttreten der Europäischen Verfassung erfolgt die Einführung neuer Verfahrensrechte (Subsidiaritätsrüge und Subsidiaritätsklage) für die nationalen Parlamente.17 Zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat wurden mit dem Gesetz über die Ausweitung und Stärkung des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. Mai 2005 18 hierzu bereits innerstaatliche Regelungen vereinbart, welche die tatsächliche Ausübung der den nationalen Parlamenten durch den Verfassungsvertrag eingeräumten Rechte der Subsidiaritätsrüge und der Subsidiaritätsklage möglich machen sollen. In dem Gesetz sind insbesondere Unterrichtungspflichten der Bundesregierung vorgesehen. Daneben wird es den Geschäftsordnungen von Bundestag und Bundesrat vorbehalten, wie Entscheidungen über die Abgabe einer begründeten Stellungnahme gemäß Art. 6 des Protokolls zum Vertrag über eine Verfassung für Europa über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (Subsidiaritätsrüge) bzw. ein Beschluss über die Erhebung einer Subsidiaritätsklage zu fassen sind. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist gemäß seinem Art. 3 abhängig vom Inkrafttreten der Europäischen Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland.19
Um diese Rechte in Zukunft effektiv wahrnehmen zu können, wurde im April 2005 in der Verwaltung des Deutschen Bundestages bereits der "Aufbaustab Europa" eingerichtet. Seine Aufgabe besteht darin, die Einführung eines leistungsfähigen Verfahrens der Subsidiaritätskontrolle durch den Deutschen Bundestag konzeptionell und organisatorisch zu begleiten. Darüber hinaus soll er bei einer Verbesserung der geltenden Verfahren der parlamentarischen Kontrolle von EU-Angelegenheiten nach dem EUZBBG unterstützend tätig werden. Schließlich wird der Aufbaustab an dem vom Bundestag geplanten Aufbau eines "Frühwarnsystems" - Vorfeldbeobachtung in Brüssel - mitwirken. Die Einrichtung des Aufbaustabs soll zum Jahresende 2005 abgeschlossen sein.
Im Bundesrat sind entsprechende innerinstitutionelle Änderungen zu erwarten.
V. Gesamtbewertung
- 1. Die Zahl der Maßnahmen, bei denen Bedenken hinsichtlich der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit seitens der einzelnen Bundesressorts geltend gemacht wurden, ist im Berichtsjahr deutlich gesunken (1 zu 10 im Vorjahr). Dieser Rückgang korrespondiert mit einer verringerten Gesamtzahl geprüfter Gesetzgebungsvorschläge (73 im Jahre 2004 gegenüber 106 im Vorjahr). Auch die Zahl der vom Bundesrat für bedenklich gehaltenen Maßnahmen nimmt kontinuierlich ab (2002: 27, 2003: 15, 2004: 12).
- 2. Die sinkende Tendenz der Subsidiaritätsbedenken dürfte das Ergebnis der zunehmenden Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips durch die Kommission sein. Die Kommission legt nämlich einerseits weniger Vorschläge als früher vor. Damit reduziert sich schon vom Ansatz her die Anzahl der Maßnahmen, die gegen den Subsidiaritäts- oder Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen könnten. Andererseits achtet die Kommission aber auch heute mehr als früher darauf, bestimmte Maßnahmen der nationalen Ebene zur Regelung vorzubehalten. Diese zunehmende Sensibilisierung der Kommission für Subsidiaritätsaspekte kommt in ihrem Bericht "Bessere Rechtsetzung" zum Ausdruck und wird von der Bundesregierung begrüßt.
- 3. Die Kommission hat auch dieses Jahr mit ihrem Bericht "Bessere Rechtsetzung 2004" wieder zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen vorgestellt, um die Rechtsetzung effektiver und transparenter zu gestalten. Die Bundesregierung begrüßt ausdrücklich das nachhaltige Bemühen der Kommission zur Verbesserung des Regelungsumfeldes.
- 4. Die Bundesregierung bedauert, dass durch den wegen der gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden gebremsten Ratifikationsprozess für die Europäische Verfassung auch das neue Subsidiaritätsprotokoll vorläufig nicht in Kraft treten wird. Mit dem neuen Protokoll wäre eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips verbunden gewesen, denn insbesondere die nationalen Parlamente wären dann durch ihre Verfahrensrechte (Frühwarnsystem und Klagerecht) in die Lage versetzt, Subsidiaritätsverstöße zu verfolgen.
1 Sofern Aktionspläne im Wege einer Mitteilung öffentlich gemacht wurden (wie mehrfach in diesem Berichtsjahr), ändert dies nichts an ihrem Charakter als Aktionsplan und sie wurden von den Ressorts entsprechend geprüft.
2 Vgl. hierzu im Einzelnen die Unterrichtung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit im Deutschen Bundestag vom 12. April 2005 Ausschuss-Drs. 15(9)1853.
3 Daneben hat die Kommission eine Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament "Bessere Rechtsetzung für Wachstum und Arbeitsplätze in der Europäischen Union" verfasst (KOM (2005) 97 endg.).
4 KOM (2002) 278 endg.
5 ABI. C 321 vom 31. Dezember 2003, S. 1.
6 Die Roadmaps für das Legislativ- und Arbeitsprogramm 2005 sind bereits öffentlich einsehbar; vgl. unter http://europa.eu.int/comm/secretariat general/impact/practice.htm .
7 KOM (2003) 71 endg.
8 Und zwar hinsichtlich des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren, KOM (2003) 723 endg.
9 Verordnungen zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Luftraums, (EG) Nr. 549-552/2004; Amtsblatt Nr. L 096 vom 31. März 2004, S. 1 ff, sowie Vorschlag für eine Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum, KOM (2003) 46 endg. vom 30. Januar 2003.
10 Vorschlag für eine Richtlinie über die Versorgung mit Erdöl, KOM (2002) 488 endg. vom 11. September 2002; daraufhin hat die Kommission ihren Vorschlag zurückgezogen, behält sich aber das Recht vor, zu einem späteren Zeitpunkt neue Vorschläge vorzulegen. Daneben wird ein noch laufender Fall der Uneinigkeit zwischen Kommission und Parlament hinsichtlich des Umfangs eines Richtlinienvorschlag geschildert (Richtlinienvorschlag über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, KOM (2003) 448 endg. vom 23. Juli 2003); eine Stellungnahme des Rates stand hier noch aus.
11 Vorschlag für eine Richtlinie zur Festlegung von Nennfüllmengen für Erzeugnisse in Fertigpackungen, KOM (2004) 708 endg. vom 25. Oktober 2004.
12 Als Beispiel wird die Erforderlichkeit einer Verordnung als Handlungsform im Fall der Herstellung eines einheitlichen europäischen Luftraums genannt (Verordnungen zur Herstellung eines einheitlichen europäischen Luftraums, (EG) Nr. 549-552/2004; Amtsblatt Nr. L 096 vom 31. März 2004, S. 1 ff.).
13 Zum Beispiel bei der Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energiebetriebener Produkte, wo man sich auf eine Rahmenrichtlinie beschränkt hat. Auch die Möglichkeit der Kommission, Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, wurde hier auf die Fälle begrenzt, in denen die industrie nicht selbst alternative Mechanismen bereitstellt, die schneller und kostengünstiger zur Erreichung des Regelungsziels führen, KOM (2003) 453 endg. vom 1. August 2003.
14 Dazu gehört insbesondere das Beispiel eines Richtlinienvorschlages über Batterien und Akkumulatoren, der mit dem Ziel geändert wurde, die finanzielle und administrative Belastung im Rahmen des Vollzugs für die Mitgliedstaaten möglichst gering zu halten, KOM (2003) 723 endg. vom 21. November 2003.
15 Urteile des EuGH oder EuG: C-271/01; T-341/02; C-240/02; T-139/02; T-66/02; T-341/02; T-168/02.
16 Konferenz der Europaausschüsse der nationalen Parlamente
17 Vgl. hierzu ausführlich die Subsidiaritätsberichte der Bundesregierung 2002 und 2003.
18 BT-Drs. 015/4925.
19 Dies bedeutet, dass auch das Ratifizierungsgesetz für die EU-Verfassung in Kraft getreten sein muss, was derzeit noch nicht erfolgt ist.