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SOG M-V - Sicherheits- und Ordnungsgesetz
Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern
- Mecklenburg-Vorpommern -
Vom 9. Mai 2011
(GVOBl. Nr. 8 vom 27.05.2011 S. 246; 02.07.2013 S. 434 13; 22.03.2018 S. 114 18; 27.04.2020 S. 334aufgehoben)
Gl.-Nr.: 2011-1
Archiv: 1998
Abschnitt 1
Aufgaben und Zuständigkeit
§ 1 Aufgaben
(1) Das Land, die Landkreise, die kreisfreien Städte, die Ämter und die amtsfreien Gemeinden haben die Aufgabe, von der Allgemeinheit oder dem Einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird (Gefahrenabwehr).
(2) Unbeschadet der Zuständigkeit der Polizei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten (§ 7 Absatz 1 Nummer 4) sollen staatliche und nichtstaatliche Träger öffentlicher Aufgaben im Rahmen ihres jeweiligen gesetzlichen Zuständigkeitsbereichs zusammenwirken und zur Vermeidung strafbarer Verhaltensweisen (Kriminalprävention) beitragen.
(3) Der Schutz privater Rechte gehört zur Gefahrenabwehr, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne die Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
(4) Die Gefahrenabwehr wird von den Landkreisen, kreisfreien Städten, Ämtern und amtsfreien Gemeinden als Landesaufgabe im übertragenen Wirkungskreis wahrgenommen.
§ 2 Ordnungsbehörden und Polizei
(1) Die Gefahrenabwehr obliegt den Ordnungsbehörden und der Polizei.
(2) Die Ordnungsbehörden und die Polizei haben ferner diejenigen Aufgaben zu erfüllen, die ihnen durch besondere Rechtsvorschriften übertragen sind. Soweit für die Durchführung dieser Aufgaben die besonderen Rechtsvorschriften nichts Abweichendes bestimmen, gelten die §§ 2 bis 78 nach Maßgabe der §§ 4 und 7.
§ 3 Begriffsbestimmungen
(1) Ordnungsbehörden sind:
Die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte sind für das Gebiet ihrer Stadt zugleich Kreisordnungsbehörden.
(2) Polizei im Sinne dieses Gesetzes sind die Polizeivollzugsbeamten und die Polizeibehörden des Landes.
(3) Im Sinne dieses Gesetzes ist
(4) Im Sinne dieses Gesetzes ist
§ 4 Sachliche Zuständigkeit der Ordnungsbehörden
(1) Für die Gefahrenabwehr sind die Ordnungsbehörden zuständig, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist.
(2) Sachlich zuständig ist die örtliche Ordnungsbehörde, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Das fachlich zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Verordnung die Zuständigkeit auf die Landes-, Kreis- oder Sonderordnungsbehörden übertragen.
(3) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jedoch jede örtlich zuständige Ordnungsbehörde auch sachlich zuständig. Dies gilt nicht für Sonderordnungsbehörden. Die nach Absatz 2 zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.
(4) Neben den örtlichen Ordnungsbehörden sind auch die Landes- und Kreisordnungsbehörden, neben den Kreisordnungsbehörden auch die Landesordnungsbehörden für den Erlass von Verordnungen über die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständig, wenn sie eine einheitliche Regelung für ihren Bezirk oder für Teile ihres Bezirks für erforderlich halten. Sie können insoweit ihrer Verordnung entgegenstehende oder inhaltsgleiche Vorschriften der nachgeordneten Ordnungsbehörde aufheben.
§ 5 Örtliche Zuständigkeit der Ordnungsbehörden
(1) Örtlich zuständig ist im Bereich ihrer sachlichen Zuständigkeit die Ordnungsbehörde, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden.
(2) Ist es zweckmäßig, eine Angelegenheit, die benachbarte Bezirke berührt, einheitlich zu regeln, so kann die gemeinsame Fachaufsichtsbehörde eine der beteiligten Ordnungsbehörden für allein zuständig erklären.
(3) Ist die nach Absatz 1 zuständige Ordnungsbehörde nicht ohne eine Verzögerung, durch die der Erfolg des Eingreifens beeinträchtigt würde, zu erreichen, so ist für unaufschiebbare Maßnahmen eine örtlich zuständige Ordnungsbehörde der angrenzenden Bezirke zuständig. Die nach Absatz 1 zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.
(4) Das fachlich zuständige Ministerium kann im Einvernehmen mit dem Innenministerium durch Verordnung die örtliche Zuständigkeit der Ordnungsbehörden abweichend von den Absätzen 1 und 3 regeln.
§ 6 (aufgehoben)
§ 7 Sachliche Zuständigkeit der Polizei
(1) Die Polizei hat
(2) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe (§§ 82a bis 82c).
§ 8 Örtliche Zuständigkeit der Polizeivollzugsbeamten
Polizeivollzugsbeamte sind befugt, Amtshandlungen im gesamten Landesgebiet und in den Hoheitsgewässern vorzunehmen. Soweit sie im Bezirk einer Behörde der Polizei tätig werden, der sie nicht zugeteilt sind, gelten ihre dienstlichen Handlungen als Maßnahme dieser Behörde.
§ 9 Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamten, die nicht in einem Dienstverhältnis zum Land Mecklenburg-Vorpommern stehen
(1) Polizeivollzugsbeamte eines anderen Landes oder des Bundes können in Mecklenburg-Vorpommern Amtshandlungen vornehmen
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 bis 5 ist die zuständige Polizeidienststelle unverzüglich zu unterrichten.
(2) Werden Polizeivollzugsbeamte nach Absatz 1 tätig, haben sie die gleichen Befugnisse wie Polizeivollzugsbeamte des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ihre Maßnahmen gelten als Maßnahmen derjenigen Polizeibehörde, in deren örtlichem und sachlichem Zuständigkeitsbereich sie tätig geworden sind.
(3) Besondere Rechtsvorschriften über die Zuständigkeit von Polizeivollzugsbeamten des Bundes bleiben unberührt.
(4) Polizeivollzugsbeamte anderer Staaten können in Mecklenburg-Vorpommern Amtshandlungen vornehmen, soweit dies völkerrechtliche Vereinbarungen oder der Beschluss des Rates 2008/615/JI vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (Ratsbeschluss Prüm, ABl. L 210 vom 06.08.2008 S. 1) vorsehen. Sie können nur mit solchen Amtshandlungen betraut werden, die auch von den Polizeivollzugsbeamten des Landes Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen werden dürfen.
§ 10 Amtshandlungen von Polizeivollzugsbeamten außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns
(1) Die Polizeivollzugsbeamten des Landes Mecklenburg-Vorpommern dürfen außerhalb des Landes im Zuständigkeitsbereich eines anderen Landes oder des Bundes nur unter den Voraussetzungen, die § 9 Absatz 1 entsprechen, und im Falle des Artikels 91 Absatz 2 des Grundgesetzes sowie nur dann tätig werden, wenn das dort geltende Recht es vorsieht. Außerhalb der Bundesrepublik Deutschland dürfen Polizeivollzugsbeamte des Landes Mecklenburg-Vorpommern tätig werden, soweit dies völkerrechtliche Vereinbarungen oder der Beschluss des Rates 2008/615/JI vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität vorsehen.
(2) Einer Anforderung von Polizeivollzugsbeamten durch ein anderes Land oder durch den Bund ist zu entsprechen, wenn die Anforderung alle für die Entscheidung wesentlichen Merkmale des Einsatzauftrages enthält und soweit nicht die Verwendung der Polizei im eigenen Lande dringlicher ist als die Unterstützung der Polizei des anderen Landes oder des Bundes.
§ 11 Zusammenarbeit von Ordnungsbehörden und Polizei
Die Ordnungsbehörden und die Polizei arbeiten im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit zusammen und unterrichten sich gegenseitig über Vorkommnisse und Maßnahmen von Bedeutung. Näheres, insbesondere über die Zusammenarbeit im Rahmen der Vollzugshilfe, regelt das Innenministerium im Einvernehmen mit dem fachlich zuständigen Ministerium durch Verwaltungsvorschrift.
Abschnitt 2
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
§ 12 Grundsatz
(1) Die Ordnungsbehörden und Polizei führen die Aufgabe der Gefahrenabwehr nach den hierfür erlassenen besonderen Gesetzen und Verordnungen durch.
(2) Nur soweit solche besonderen Gesetze und Verordnungen fehlen oder eine abschließende Regelung nicht enthalten, gelten für die Durchführung der Gefahrenabwehr die §§ 13 bis 78.
§ 13 Allgemeine Befugnisse
Die Ordnungsbehörden und die Polizei haben im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem Einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird.
§ 14 Ermessen
(1) Die Ordnungsbehörden und die Polizei entscheiden über die von ihnen zu treffenden notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach sachlichen Gesichtspunkten unter Abwägung der öffentlichen Belange und der Interessen des Einzelnen, soweit Rechtsvorschriften nicht bestimmen, dass oder in welcher Weise sie tätig zu werden haben (pflichtgemäßes Ermessen).
(2) Dem Betroffenen ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird. Der Antrag kann nur innerhalb der Frist gestellt werden, die dem Betroffenen zur Abwehr der Gefahr gesetzt wurde.
§ 15 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die Ordnungsbehörden und die Polizei diejenigen Maßnahmen zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. Kommen dabei mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird.
(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.
(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.
§ 16 Verfügungen
(1) Verfügungen (Ordnungs- und Polizeiverfügungen) als Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die in die Rechte des Einzelnen eingreifen, sind, sofern nicht die nachfolgenden Vorschriften, ein besonderes Gesetz oder eine Verordnung über die öffentliche Sicherheit oder Ordnung die Befugnisse der Polizei und der Ordnungsbehörden besonders regeln, nur zulässig, soweit sie
erforderlich sind.
(2) Ordnungs- und Polizeiverfügungen sind Verwaltungsakte im Sinne des § 35 des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
§ 17 Verordnungen über die öffentliche Sicherheit oder Ordnung
(1) Die Landes-, Kreis- und örtlichen Ordnungsbehörden können zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Verordnungen erlassen (Verordnungen über die öffentliche Sicherheit oder Ordnung).
(2) Die Verordnungen des Landes werden von den Landesbehörden, die der Landkreise werden vom Landrat erlassen (Kreisverordnungen). Verordnungen kreisfreier Städte stehen Kreisverordnungen gleich.
(3) Die Verordnungen der kreisfreien Städte, der amtsfreien Gemeinden und der Ämter (Stadt-, Gemeinde- und Amtsverordnungen) werden vom Oberbürgermeister, Bürgermeister oder Amtsvorsteher für das Gemeinde- oder Amtsgebiet oder für Teile von ihnen erlassen.
(4) Landesordnungsbehörden dürfen Verordnungen nur erlassen, wenn eine einheitliche Regelung für das ganze Land oder für Landesteile, die mehr als einen Landkreis oder eine kreisfreie Stadt umfassen, geboten ist. Die Kreisordnungsbehörden dürfen Verordnungen nur erlassen, wenn eine einheitliche Regelung für den Landkreis oder für Gebiete, die mehr als eine Gemeinde umfassen, geboten ist.
§ 18 Inhalt der Verordnungen
(1) Verordnungen müssen ihrem Inhalt nach bestimmt sein.
(2) Verweisungen auf Bekanntmachungen, Festsetzungen oder sonstige Anordnungen außerhalb von Gesetzen und Verordnungen sind unzulässig, soweit diese Anordnungen Gebote oder Verbote von unbeschränkter Dauer enthalten.
§ 19 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer aufgrund des § 17 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte, die Bürgermeister der amtsfreien Gemeinden und die Amtsvorsteher der Ämter jeweils für die Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen eine von ihnen erlassene Verordnung. Für die Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen Verordnungen einer Landesordnungsbehörde über die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sind die Landräte und die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte zuständig, soweit keine andere Behörde bestimmt ist.
(4) Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht oder die zu ihrer Vorbereitung oder Begehung verwendet worden sind, können eingezogen werden, soweit die Verordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Vorschrift verweist.
§ 20 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften; Genehmigungspflicht
(1) Verordnungen dürfen keine Bestimmungen enthalten, die mit Gesetzen in Widerspruch stehen. Stadt-, Gemeinde-, Kreis- und Amtsverordnungen dürfen keine Bestimmungen enthalten, die mit Verordnungen einer Landesordnungsbehörde in Widerspruch stehen. Dies gilt entsprechend für Stadt-, Gemeinde- und Amtsverordnungen im Verhältnis zu Kreisverordnungen.
(2) Eine Verordnung einer Landesordnungsbehörde darf durch Stadt-, Gemeinde-, Kreis- oder Amtsverordnung nur ergänzt werden, soweit die Verordnung einer Landesordnungsbehörde dies ausdrücklich zulässt. Dies gilt entsprechend für Stadt-, Gemeinde- und Amtsverordnungen im Verhältnis zu Kreisverordnungen.
(3) Verordnungen der Landkreise und der kreisfreien Städte bedürfen der Genehmigung des Innenministeriums, die der Ämter und der amtsfreien Gemeinden bedürfen der Genehmigung des Landrates. Die Ausfertigung der nach Satz 1 genehmigungsbedürftigen Verordnungen erfolgt nach Erteilung der Genehmigung.
§ 21 Form der Verordnungen
(1) Die Verordnungen müssen
(2) Verordnungen sollen
§ 22 Geltungsdauer
(1) Verordnungen sollen eine Beschränkung ihrer Geltungsdauer enthalten. Die Geltung darf nicht über 20 Jahre hinaus erstreckt werden. Verordnungen, die keine Beschränkung der Geltungsdauer enthalten, treten 20 Jahre nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Verordnungen, durch die Verordnungen abgeändert oder aufgehoben werden.
§ 23 Amtliche Bekanntmachung
(1) Verordnungen einer Landesordnungsbehörde sind im Gesetz- und Verordnungsblatt für Mecklenburg-Vorpommern zu verkünden.
(2) Stadt-, Gemeinde-, Kreis- und Amtsverordnungen sind örtlich in der für Satzungen bestimmten Weise zu verkünden.
(3) Bei Gefahr im Verzug kann die Verkündung durch Bekanntmachung in Tageszeitungen, im Hörfunk, im Fernsehen, durch Lautsprecher oder in anderer ortsüblicher Art ersetzt werden (Ersatzverkündung). Die Verordnung ist sodann unverzüglich nach Absatz 1 oder 2 bekannt zu machen. Hierbei sind der Zeitpunkt und die Art der Ersatzverkündung anzugeben.
§ 24 Inkrafttreten der Verordnungen
Verordnungen treten, soweit in ihnen nichts anderes bestimmt ist, am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Abschnitt 3
Personenbezogene Daten
§ 25 Grundsatz
(1) Die Ordnungsbehörden und die Polizei dürfen personenbezogene Daten zum Zwecke der Gefahrenabwehr erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist und
(2) Werden personenbezogene Daten nach Absatz 1 Nummer 2 mit Einwilligung des Betroffenen erhoben, verarbeitet und genutzt, so ist dies nur für den Zweck zulässig, für den die Einwilligung erteilt worden ist.
Unterabschnitt 1
Datenerhebung
§ 26 Grundsätze der Datenerhebung
(1) Personenbezogene Daten sind beim Betroffenen zu erheben. Bei Behörden und anderen öffentlichen Stellen oder bei Personen und Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung dürfen sie nur erhoben werden, wenn die Erhebung beim Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist oder sonst die Erfüllung der jeweiligen polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Aufgabe erheblich erschwert oder gefährdet werden würde.
(2) Personenbezogene Daten sind offen zu erheben. Eine Erhebung, die nicht als polizeiliche oder ordnungsbehördliche Maßnahme erkennbar sein soll, ist nur zulässig, wenn sonst die Erfüllung polizeilicher oder ordnungsbehördlicher Aufgaben erheblich gefährdet werden würde oder wenn anzunehmen ist, dass dies im Interesse des Betroffenen ist.
(3) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen oder bei Dritten aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, so sind diese hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Auskunft, auf bestehende Auskunftsverweigerungsrechte und auf Verlangen auf die Rechtsgrundlage für die Erhebung hinzuweisen.
§ 27 Allgemeine Befugnisse zur Datenerhebung
(1) Zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr können personenbezogene Daten erhoben werden über
(2) Zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen können von
Namen, Vornamen, akademische Grade, Anschriften, Telefonnummern und andere personenbezogene Daten über die Erreichbarkeit sowie nähere Angaben über die Zugehörigkeit zu einer der genannten Personengruppen aus allgemein zugänglichen Quellen, bei Behörden oder aufgrund freiwilliger Angaben der Betroffenen erhoben werden. Eine verdeckte Datenerhebung ist nicht zulässig. Kommt es im Zusammenhang mit einem Gefahrenfall zur Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, so dürfen die nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 erhobenen personenbezogenen Daten zur Verfolgung einer solchen Straftat oder Ordnungswidrigkeit verarbeitet und genutzt werden. Werden die nach Satz 1 Nummer 4 erhobenen personenbezogenen Daten nicht nach Satz 3 genutzt, sind sie spätestens einen Monat nach Beendigung des Anlasses ihrer Erhebung zu löschen.
(3) Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für die künftige Begehung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49), kann die Polizei personenbezogene Daten erheben über
(4) Die Polizei kann auch besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 7 Absatz 2 des Landesdatenschutzgesetzes in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 und des Absatzes 3 Nummer 1 erheben, sofern die Kenntnis dieses Datums zur Abwehr der Gefahr für die öffentliche Sicherheit im jeweiligen Einzelfall zwingend erforderlich ist.
(5) Die Polizei sowie Behörden, die Aufgaben der Hilfs- und Rettungsdienste wahrnehmen, können fernmündlich an sie gerichtete Notrufe und über Notrufeinrichtungen eingehende sonstige Mitteilungen aufzeichnen; ausgehende Gespräche können aufgezeichnet werden, sofern sie mit der Bearbeitung des Notrufs in Zusammenhang stehen. Im Übrigen ist eine Aufzeichnung von Anrufen zulässig, soweit sie zur polizeilichen Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Die Aufzeichnungen nach Satz 1 sind spätestens sechs Monate nach ihrer Erhebung, die Aufzeichnungen nach Satz 2 spätestens nach einer Woche zu löschen. Dies gilt nicht, sofern die Daten zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten oder zur Erfüllung der in § 1 bezeichneten Aufgaben benötigt werden.
§ 27a Polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrollen
Die Polizei darf
Personen kurzzeitig anhalten und mitgeführte Fahrzeuge, insbesondere deren Kofferräume und Ladeflächen, in Augenschein nehmen. Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1 werden durch den Behördenleiter angeordnet, soweit polizeiliche Lageerkenntnisse dies rechtfertigen; die Anordnung ist in örtlicher und zeitlicher Hinsicht zu beschränken.
§ 28 Befragung und Auskunftspflicht
(1) Personen dürfen befragt werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie Angaben machen können, die für die Aufgabenerfüllung nach § 1 erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung dürfen diese Personen angehalten werden.
(2) Eine Person, die nach Absatz 1 befragt wird, hat die erforderlichen Angaben zu leisten und auf Frage auch Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. § 136a der Strafprozeßordnung, mit Ausnahme seines Absatzes 1 Satz 2, gilt entsprechend. Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft zur Sache berechtigt. Dies gilt nicht, wenn die Auskunft für die Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Auskünfte, die nach Satz 4 erlangt werden, dürfen nur zu Zwecken der Gefahrenabwehr verwendet werden.
§ 28a Erhebung von Telekommunikationsdaten im manuellen Auskunftsverfahren 13
(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter), Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Juni 2013 (BGBl. I S. 1602) geändert worden ist, erhobenen personenbezogenen Daten verlangen (§ 113 Absatz 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes). Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Absatz 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten vorliegen.
(2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Absatz 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes). In diesem Fall ist die betroffene Person über die Beauskunftung zu unterrichten. Die Unterrichtung erfolgt, soweit und sobald hierdurch der Zweck der Auskunft nicht vereitelt wird. Sie unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Unterrichtung nach Satz 3 zurückgestellt oder nach Satz 4 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen. Wurde die Unterrichtung zurückgestellt und ist sie fünf Jahre nach der Beauskunftung nicht möglich, ist der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit zu unterrichten.
(3) Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach Absatz 1 oder Absatz 2 haben die Diensteanbieter die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln. Die in Anspruch genommenen Diensteanbieter werden entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2418) geändert worden ist, entschädigt
§ 29 Identitätsfeststellung
(1) Die Identität einer Person darf zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr festgestellt werden. Darüber hinaus dürfen Polizeivollzugsbeamte die Identität einer Person feststellen,
(2) Es dürfen die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Insbesondere kann verlangt werden, dass die betroffene Person Angaben zur Feststellung ihrer Identität macht sowie mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Die betroffene Person darf angehalten werden.
(3) Polizeivollzugsbeamte dürfen die betroffene Person festhalten oder zur Dienststelle verbringen, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Dabei können die betroffene Person sowie die von ihr mitgeführten Sachen zum Zwecke der Identitätsfeststellung durchsucht werden. Die betroffene Person darf nicht länger festgehalten werden, als es zur Feststellung ihrer Identität erforderlich ist. Spätestens am Ende des Tages nach dem Festhalten muss die Entlassung erfolgen, sofern nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung gerichtlich angeordnet worden ist.
(4) § 56 Abs. 2 und 5 gilt entsprechend.
§ 30 Prüfung von Berechtigungsscheinen
Es kann verlangt werden, dass ein Berechtigungsschein zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn die betroffene Person aufgrund einer Rechtsvorschrift oder einer vollziehbaren Auflage in einem Erlaubnisbescheid verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen. Die betroffene Person darf für die Dauer der Prüfung angehalten werden.
§ 31 Erkennungsdienstliche Maßnahmen
(1) Erkennungsdienstliche Maßnahmen dürfen angeordnet werden, wenn eine nach § 29 zulässige Identitätsfeststellung auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. Darüber hinaus dürfen Polizeivollzugsbeamte die zur Verhütung oder Aufklärung einer künftigen Straftat erforderlich erscheinenden erkennungsdienstlichen Maßnahmen anordnen, wenn die betroffene Person verdächtig ist, eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, und wenn wegen der Art oder Ausführung der Handlung die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht. Die angeordneten Maßnahmen werden von der Polizei durchgeführt. Sie können auch von Ordnungsbehörden durchgeführt werden, soweit sie über die erforderlichen personellen und materiellen Voraussetzungen verfügen.
(2) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere
(3) Ist die Identität festgestellt, sind in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 die im Zusammenhang mit der Feststellung angefallenen erkennungsdienstlichen Daten zu löschen und, falls erforderlich, die erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten, es sei denn, dass ihre weitere Verarbeitung und Nutzung für Zwecke nach Absatz 1 Satz 2 oder nach anderen Rechtsvorschriften zulässig ist. Näheres regelt das Innenministerium durch Verwaltungsvorschrift.
§ 31a Molekulargenetische Untersuchung zur Identitätsfeststellung
(1) Die Polizei kann zur Feststellung der Identität einer hilflosen Person oder einer Leiche deren DNA-Identifizierungsmuster mit denjenigen einer vermissten Person abgleichen, wenn die Feststellung der Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. Zu diesem Zweck dürfen
Für die Entnahme der Körperzellen gilt § 81a Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung entsprechend. Die Untersuchungen nach Satz 2 Nummer 3 sind auf die Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts zu beschränken. Entnommene Körperzellen sind unverzüglich zu vernichten, wenn sie für die Untersuchung nach Satz 2 nicht mehr benötigt werden. Die DNA-Identifizierungsmuster können zum Zweck des Abgleichs in einer Datei gespeichert werden. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Identitätsfeststellung nach Satz 1 nicht mehr benötigt werden.
(2) Molekulargenetische Untersuchungen werden auf Antrag der Polizei durch das Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Für die Durchführung der Untersuchungen gilt § 81f Absatz 2 der Strafprozessordnung entsprechend.
§ 32 Einsatz technischer Mittel zur Bildüberwachung sowie zur Bild- und Tonaufzeichnung
(1) Bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, können personenbezogene Daten erhoben werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten begangen werden. Der Einsatz technischer Mittel zur Bildüberwachung ist zulässig. Der Einsatz technischer Mittel zur Bild- und Tonaufzeichnung ist nur gegen die in §§ 69 und 70 genannten Personen zulässig; Dritte dürfen von den Maßnahmen nur betroffen werden, soweit dies unvermeidbar ist.
(2) Die nach Absatz 1 erhobenen und gespeicherten Daten, insbesondere Bild- und Tonaufzeichnungen, sind spätestens einen Monat nach ihrer Erhebung zu löschen. Dies gilt nicht, wenn sie zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt werden oder Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig vergleichbare Straftaten oder Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49) begehen wird.
(3) Öffentlich zugängliche Orte dürfen offen mit technischen Mitteln zur Bildüberwachung beobachtet werden, wenn und solange tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an diesen ein die öffentliche Sicherheit schädigendes Ereignis in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Darüber hinaus dürfen offen Bilder aufgezeichnet werden, soweit an öffentlich zugänglichen Orten wiederholt Straftaten begangen worden sind und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort künftig mit der Begehung von Straftaten zu rechnen ist. Bild- und Tonaufzeichnungen dürfen offen an oder in den in § 29 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und 3 genannten Objekten angefertigt werden, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an oder in Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, diese Objekte oder andere darin befindliche Sachen gefährdet sind. Die Maßnahmen nach Satz 1 bis 3 dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Sie bedürfen der Anordnung durch den Behördenleiter. Über die Anordnung nach Satz 1, 2 oder 3 ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz unverzüglich zu unterrichten.
(4) Bild- und Tonaufzeichnungen nach Absatz 3 Satz 2 und 3 sind spätestens eine Woche nach ihrer Erhebung zu löschen. Dies gilt nicht, wenn sie zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden oder im Fall des Absatzes 3 Satz 3 Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person künftig vergleichbare Straftaten oder Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49) begehen wird.
(5) Die Polizei kann zur Eigensicherung bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen Bildaufnahmen und -aufzeichnungen durch den Einsatz optischtechnischer Mittel in oder an Fahrzeugen der Polizei herstellen. Der Einsatz der optischtechnischen Mittel ist, falls nicht offenkundig, durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen oder der betroffenen Person mitzuteilen. Die Bildaufzeichnungen sind unverzüglich, spätestens am Ende der Dienstschicht, zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die Aufzeichnungen zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden.
§ 32a Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte durch die Polizei 18
(1) Die Polizei kann an öffentlich zugänglichen Orten für die Dauer von bis zu 60 Sekunden Daten durch Anfertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen offen mittels körpernah getragener Aufnahmegeräte im Zwischenspeicher erheben, soweit und solange im Rahmen der Gefahrenabwehr und bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass dies zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die im Zwischenspeicher erhobenen Daten werden spätestens nach Ablauf von 60 Sekunden automatisch gelöscht, soweit ihre Speicherung nicht nach Absatz 2 zulässig ist.
(2) Die Polizei kann darüber hinaus an öffentlich zugänglichen Orten im Rahmen der Gefahrenabwehr und bei der Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Daten durch Anfertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen offen mittels körpernah getragener Aufnahmegeräte auf einem dauerhaften Speichermedium erheben, soweit und solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter gegen eine im Einzelfall bevorstehende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. In diesem Fall dürfen die nach Absatz 1 Satz 1 erhobenen Daten auf das dauerhafte Speichermedium übertragen werden.
(3) In Wohn- und Geschäftsräumen sowie auf einem befriedeten Besitztum gilt Absatz 1 entsprechend. Eine dauerhafte Datenerhebung nach Absatz 2 ist in Wohn- und Geschäftsräumen sowie auf einem befriedeten Besitztum nur zulässig, soweit und solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz der Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamten oder Dritter gegen eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(4) Der Aufzeichnungsvorgang ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen und den betroffenen Personen mitzuteilen; eine wegen Gefahr im Verzug unterbliebene Mitteilung ist unverzüglich nachzuholen. Die Aufzeichnungen können auch dann erfolgen, wenn unbeteiligte Dritte unvermeidbar betroffen sind. Sie sind unzulässig in Bereichen, die Berufsgeheimnisträgern nach §§ 53 und 53a der Strafprozessordnung zur Ausübung ihrer Tätigkeit dienen. Die Aufzeichnung personenbezogener Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, ist unzulässig. Der Aufzeichnungsvorgang ist unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich während der Aufzeichnung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass solche Daten erfasst werden. Kernbereichsrelevante Daten sind unverzüglich zu löschen, sie dürfen nicht verwertet werden; die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden; sie ist frühestens nach Abschluss der Datenschutzkontrolle und spätestens nach vierundzwanzig Monaten zu löschen. Nach einer Unterbrechung darf die Aufzeichnung nur fortgesetzt werden, wenn aufgrund geänderter Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Gründe, die zur Unterbrechung geführt haben, nicht mehr vorliegen.
(5) Aufzeichnungen sind verschlüsselt sowie manipulationssicher anzufertigen und aufzubewahren. Aufzeichnungen, die nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 angefertigt wurden, sind besonders zu kennzeichnen. Auf dem dauerhaften Speichermedium gespeicherte Daten sind, mit Ausnahme von Absatz 6 und 7, nach Ablauf von zwei Wochen nach ihrer Erhebung zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend.
(6) Für Aufzeichnungen nach Absatz 2 gilt die Löschungsfrist nach Absatz 5 Satz 3 nicht, wenn die Daten zur Verfolgung von Straftaten oder von Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder nach Maßgabe des § 1 Absatz 3 zum Schutz privater Rechte benötigt werden. Die Verarbeitung und Nutzung kann auch dann erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Eine Zweckänderung der durch Aufzeichnung erhobenen Daten ist festzustellen und zu dokumentieren; Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend.
(7) Für Aufzeichnungen, die nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 angefertigt wurden, gilt die Löschungsfrist nach Absatz 5 Satz 3 nicht, wenn diese zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben benötigt werden, eine gesetzliche Vorschrift eine solche Datenerhebung zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mit vergleichbaren Mitteln zulässt oder ein Verlangen der betroffenen Person zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der aufgezeichneten polizeilichen Maßnahmen vorliegt. Dies gilt auch, soweit Dritte unvermeidbar betroffen sind. Vor einer Verwertung von Aufzeichnungen nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 ist die Rechtmäßigkeit dieser Aufzeichnung zuvor richterlich festzustellen; für das Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend. Bei Gefahr im Verzug entscheidet über die Verwertung die Behördenleitung oder eine besonders beauftragte Beamtin oder ein besonders beauftragter Beamter; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Eine Zweckänderung der durch Aufzeichnung erhobenen Daten ist festzustellen und zu dokumentieren; Absatz 4 Satz 7 gilt entsprechend. Nach ihrer Übermittlung ist die Kennzeichnung nach Absatz 5 Satz 2 durch die datenempfangende Stelle aufrechtzuerhalten. Sind in den Fällen des Satzes 4 Daten an andere Stellen übermittelt worden und wurde die Rechtmäßigkeit der Aufzeichnung dieser Daten nicht richterlich bestätigt, ist die datenempfangende Stelle auf die Löschpflicht hinzuweisen.
(8) Für Aufzeichnungen, die nach Absatz 3 oder nach Absatz 4 Satz 5 oder 8 angefertigt wurden, ist § 36 Absatz 4 nicht anwendbar.
(9) Das Ministerium für Inneres und Europa regelt das Nähere durch Verwaltungsvorschrift. Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt.
§ 33 Besondere Mittel der Datenerhebung
(1) Besondere Mittel der Datenerhebung sind
(2) Mittel des Absatzes 1 können nur angewandt werden, wenn Tatsachen die Annahme der Begehung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49) rechtfertigen und die Aufklärung des Sachverhaltes zum Zwecke der Verhütung solcher Straftaten oder ihrer möglichen Verfolgung auf andere Weise nicht möglich ist. In diesem Fall kann die Polizei mit den Mitteln des Absatzes 1 Daten über Personen erheben, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie solche Straftaten begehen werden, an diesen Straftaten beteiligt sind oder mit den vorgenannten Personen hierzu in Verbindung stehen. Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleiben unberührt.
(3) Dritte dürfen von der Datenerhebung nur betroffen werden, soweit das unvermeidbar ist.
(4) Ein verdeckter Ermittler darf unter der Legende mit Einverständnis des Berechtigten dessen Wohnung betreten. Im Übrigen richten sich die Befugnisse eines verdeckten Ermittlers nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften.
(5) Soweit es für den Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Legende des verdeckten Ermittlers unerlässlich ist, können entsprechende Urkunden hergestellt, verändert und gebraucht werden. Die Unerlässlichkeit stellt die Behörde fest, die den verdeckten Ermittler einsetzt. Ein verdeckter Ermittler darf unter der Legende zur Erfüllung seines Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen.
(6) Aus einem mittels Amts- oder Berufsgeheimnis geschützten Vertrauensverhältnis im Sinne der §§ 53, 53a der Strafprozessordnung kann die Polizei personenbezogene Daten mit technischen Mitteln über Personen erheben, die für eine Gefahr verantwortlich sind, und unter den Voraussetzungen des § 71 Absatz 1 über andere Personen, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person unerlässlich ist. Ein Eingriff mit technischen Mitteln in das Beichtgeheimnis ist nicht zulässig.
§ 34 Verfahren beim Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung
(1) Die Anordnung der Maßnahmen nach § 33 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 erfolgt außer bei Gefahr im Verzug durch den Behördenleiter oder einen von ihm besonders beauftragten Beamten. Die Anordnung hat schriftlich unter Angabe der für sie maßgeblichen Gründe zu erfolgen und ist zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf einer neuen Anordnung.
(2) Daten, die ausschließlich über andere als die in § 33 Absatz 2, 3 oder 6 genannten Personen erhoben worden sind, sind unverzüglich zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die nach § 33 Absatz 2 erhobenen Daten zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden. Satz 1 gilt ferner nicht, soweit die nach § 33 Absatz 6 erhobenen Daten im Sinne des § 100d Absatz 5 der Strafprozessordnung verwendet werden dürfen.
(3) Der Einsatz technischer Mittel zur Erhebung personenbezogener Daten aus Vertrauensverhältnissen nach § 33 Absatz 6 bedarf der richterlichen Anordnung; diese ist zu befristen. Bei Gefahr im Verzug für Leib, Leben oder Freiheit einer Person kann der Behördenleiter diese Maßnahme anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren findet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung. Das Amtsgericht entscheidet endgültig.
(4) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen vorgesehen, kann der Einsatzleiter die Maßnahme anordnen. Aufzeichnungen sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen. Dies gilt nicht, wenn sie zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden und bei einem Einsatz in Wohnungen vor ihrer Verwertung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(5) Nach Abschluss der in § 33 genannten Maßnahmen ist der Betroffene zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, von Leib und Leben einer Person oder der Möglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten, nicht offenen oder verdeckt ermittelnden Polizeibeamten geschehen kann. Ist dies fünf Jahre nach Abschluss der Maßnahme nicht möglich, ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz zu unterrichten. Für Maßnahmen nach § 33 Absatz 6 gilt eine Frist von einem Jahr.
(6) Ist wegen des die Maßnahme auslösenden Sachverhaltes ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einen Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt. Mit Ausnahme der Person, gegen die sich die Maßnahme richtete, kann eine Unterrichtung mit richterlicher Zustimmung unterbleiben, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen. Im Fall des Satzes 1 gelten die Regelungen der Strafprozessordnung; im Übrigen gilt für die gerichtliche Zuständigkeit und das Verfahren § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(7) Das Innenministerium unterrichtet ein Gremium des Landtages mindestens einmal jährlich über Anlass und Dauer der nach Absatz 3 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 4 erfolgten Einsätze technischer Mittel. Entsprechend unterrichtet das Justizministerium dieses Gremium über die nach § 100c der Strafprozessordnung erfolgten Maßnahmen. Das Gremium besteht aus fünf Mitgliedern und wird vom Landtag gewählt. Die Zusammensetzung regelt sich nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen. Das Gremium gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag jährlich über die Anzahl der in Satz 1 und 2 genannten Einsätze.
§ 34a Datenerhebung durch Überwachung der Telekommunikation 13
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten durch den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation erheben über
Datenerhebungen nach Satz 1 dürfen nur durchgeführt werden, wenn die Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Personenbezogene Daten Dritter dürfen nur erhoben werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zweckes unvermeidbar ist. § 33 Absatz 6 gilt entsprechend.
(2) Eine Datenerhebung nach Absatz 1 kann sich auf
beziehen.
(3) Die Polizei kann zur Vorbereitung einer Maßnahme nach Absatz 1 auch technische Mittel einsetzen, um die Geräte- und Kartennummer eines Mobilfunkendgerätes zu ermitteln, wenn die Durchführung der Maßnahme ohne die Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer unmöglich oder wesentlich erschwert wäre. Durch den Einsatz technischer Mittel können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 Telekommunikationsverbindungen unterbrochen oder verhindert werden. Kommunikationsverbindungen Dritter dürfen dabei nur unterbrochen oder verhindert werden, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich ist.
(4) Die Maßnahmen nach Absatz 1 oder Absatz 3 bedürfen der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug für Leib, Leben oder Freiheit einer Person kann der Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Beamter die Maßnahme anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Die schriftliche Anordnung muss den Namen und die Anschrift des Betroffenen, gegen den sie sich richtet, oder die Rufnummer oder eine andere Kennung seines Telekommunikationsanschlusses enthalten. Sie ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 1 fortbestehen.
(5) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 kann die Polizei auch Auskunft über die Telekommunikation in einem zurückliegenden Zeitraum verlangen. Für die Anordnung der Maßnahme gilt Absatz 4 entsprechend.
(6) Aufgrund der Anordnung haben die Diensteanbieter nach Maßgabe der Regelungen des Telekommunikationsgesetzes und der darauf beruhenden Rechtsverordnungen zur technischen und organisatorischen Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen der Polizei die Überwachung, Aufzeichnung, Unterbrechung und Verhinderung von Telekommunikation zu ermöglichen sowie Auskünfte über nähere Umstände der Telekommunikation zu erteilen. Die in Anspruch genommenen Diensteanbieter werden entsprechend § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entschädigt.
(7) Sind die nach dieser Vorschrift durchgeführten Maßnahmen abgeschlossen, sind die Betroffenen zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann. Erfolgt die Unterrichtung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Unterrichtung der richterlichen Zustimmung. Entsprechendes gilt nach Ablauf von jeweils weiteren sechs Monaten. Ist wegen des die Maßnahme auslösenden Sachverhaltes ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einen Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt. Mit Ausnahme der Personen, gegen die sich die Maßnahme richtete, kann eine Unterrichtung mit richterlicher Zustimmung unterbleiben, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen. Im Fall des Satzes 4 gelten die Regelungen der Strafprozessordnung; im Übrigen gilt für die gerichtliche Zuständigkeit und das Verfahren § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(8) Die durch Maßnahmen nach dieser Vorschrift erlangten personenbezogenen Daten sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen nur verwendet werden zu den Zwecken, zu denen sie erhoben wurden, sowie zu dem Zweck der Verfolgung von Straftaten, die nach der Strafprozessordnung die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation rechtfertigen. Die Zweckänderung ist festzustellen und zu dokumentieren. Personenbezogene Daten Dritter sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen. Daten, bei denen sich nach Auswertung herausstellt, dass sie dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind, dürfen nicht verwendet werden; sie sind unverzüglich zu löschen. Im Übrigen findet für die erlangten personenbezogenen Daten § 45 Absatz 2, 3 und 4 Nummer 1 und 2 Anwendung. Wird eine Löschung nach den Sätzen 4, 5 oder 6 vorgenommenen, ist diese zu dokumentieren.
(9) § 34 Absatz 7 gilt entsprechend.
§ 34b Wohnraumüberwachung mit technischen Mitteln
(1) In oder aus Wohnungen von Personen, die für eine Gefahr verantwortlich sind, kann die Polizei personenbezogene Daten mit technischen Mitteln über Personen erheben, die für eine Gefahr verantwortlich sind, und unter den Voraussetzungen des § 71 Absatz 1 über andere Personen, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person unerlässlich ist. In oder aus Wohnungen von Personen, die nicht für eine Gefahr verantwortlich sind, ist die Datenerhebung nur zulässig, wenn die Gefahrenabwehr auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich wäre und dabei überwiegende Rechte und Pflichten der Personen nicht verletzt werden.
(2) Die Maßnahme nach Absatz 1 darf nur angeordnet werden, soweit nicht aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Daten erfasst werden, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind. Abzustellen ist dabei insbesondere auf die Art der zu überwachenden Räumlichkeiten und das Verhältnis der dort anwesenden Personen zueinander. Gespräche in Betriebs- oder Geschäftsräumen sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen. Das Gleiche gilt für Gespräche über begangene Straftaten und Äußerungen, mittels derer Straftaten begangen werden.
(3) Die Bild- und Tonüberwachung sowie die Aufzeichnung und die Auswertung der erhobenen Daten durch die Polizei sind unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Aufzeichnungen über solche Erkenntnisse sind unverzüglich zu löschen, sie dürfen nicht verwertet werden. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu dokumentieren. Ist die Maßnahme nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf sie unter den in Absatz 2 genannten Voraussetzungen fortgeführt werden.
(4) Für die Datenerhebung aus einem mittels Amts- oder Berufsgeheimnis geschützten Vertrauensverhältnis im Sinne der §§ 53, 53a der Strafprozessordnung gilt § 33 Absatz 6 entsprechend.
(5) Die Datenerhebung nach Absatz 1 bedarf der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug für Leib, Leben oder Freiheit einer Person kann der Behördenleiter die Maßnahme anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. In der schriftlichen Anordnung sind insbesondere
zu bestimmen. Sie ist auf höchstens zwei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als einen Monat ist zulässig, soweit die in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.
(6) Das anordnende Gericht ist über den Verlauf und die Ergebnisse zu unterrichten. Sofern die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen, ordnet es die Aufhebung der Datenerhebung an. Polizeiliche Maßnahmen nach Absatz 3 können durch das anordnende Gericht jederzeit aufgehoben, geändert oder angeordnet werden. Soweit ein Verwertungsverbot nach Absatz 3 Satz 2 in Betracht kommt, hat die Polizei unverzüglich eine Entscheidung des anordnenden Gerichts über die Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnisse herbeizuführen.
(7) Nach Absatz 1 erlangte personenbezogene Daten sind besonders zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch die Empfänger aufrechtzuerhalten. Die erlangten Daten dürfen nur verwendet werden zu Zwecken, zu denen sie erhoben wurden sowie zu dem Zweck der Verfolgung von Straftaten, die nach der Strafprozessordnung die Wohnraumüberwachung rechtfertigen. Die Zweckänderung ist festzustellen und zu dokumentieren.
(8) Sind die nach dieser Vorschrift durchgeführten Maßnahmen abgeschlossen, sind die Betroffenen zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann. Erfolgt die Unterrichtung nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Unterrichtung der richterlichen Zustimmung. Entsprechendes gilt nach Ablauf von jeweils weiteren sechs Monaten. Ist wegen des die Wohnraumüberwachung auslösenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einen Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt. Mit Ausnahme der Personen, gegen die sich die Maßnahme richtete, kann eine Unterrichtung mit richterlicher Zustimmung unterbleiben, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen. Gegenüber solchen Personen, die sich als Gast oder sonst zufällig in der überwachten Wohnung aufgehalten haben, kann die Benachrichtigung auch unterbleiben, wenn die Überwachung keine verwertbaren Ergebnisse erbracht hat. Im Fall des Satzes 4 gelten die Regelungen der Strafprozessordnung; im Übrigen gilt für die gerichtliche Zuständigkeit und das Verfahren § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(9) § 34 Absatz 7 gilt entsprechend.
§ 35 Polizeiliche Beobachtung
(1) Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49) begehen werden, kann die Polizei zur Verhütung oder zur vorbeugenden Bekämpfung solcher Straftaten die Personalien dieser Personen oder die amtlichen Kennzeichen, die Identifizierungsnummern oder die äußeren Kennzeichnungen der von solchen Personen benutzten oder eingesetzten Kraftfahrzeuge, Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge oder Container in einer Datei speichern, damit andere Polizeibehörden Erkenntnisse über das Antreffen sowie über Kontakt- und Begleitpersonen bei Gelegenheit einer Überprüfung aus anderem Anlass melden (Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung).
(2) Die Maßnahme darf nur durch den Behördenleiter angeordnet werden. Sie ist auf sechs Monate zu befristen. Nach Ablauf dieser Zeit ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für diese Anordnung noch bestehen; das Ergebnis dieser Prüfung ist aktenkundig zu machen. Zur Verlängerung der Laufzeit über sechs Monate hinaus bedarf es einer richterlichen Anordnung; für das Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(3) Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung nicht mehr vor oder ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, ist die Ausschreibung unverzüglich zu löschen. Nach Abschluss der Maßnahme sind die Betroffenen durch die Polizei zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme erfolgen kann. Ist dies nach fünf Jahren nach Abschluss der Maßnahme nicht möglich, ist der Landesbeauftragte für den Datenschutz zu unterrichten. Ist wegen des die Maßnahme auslösenden Sachverhaltes ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einen Betroffenen eingeleitet worden, ist die Unterrichtung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft nachzuholen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt. Mit Ausnahme der Personen, gegen die sich die Maßnahme richtete, kann eine Unterrichtung mit richterlicher Zustimmung unterbleiben, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Ermittlungen möglich wäre oder wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen. Im Fall des Satzes 4 gelten die Regelungen der Strafprozessordnung; im Übrigen gilt für die gerichtliche Zuständigkeit und das Verfahren § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
Unterabschnitt 2
Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten
§ 36 Grundsätze der Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten
(1) Personenbezogene Daten können verarbeitet und genutzt werden, soweit dies zur Erfüllung der jeweiligen ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Aufgabe oder hiermit im Zusammenhang stehender Aufgaben erforderlich ist. Die Verarbeitung und Nutzung darf nur zu dem Zweck erfolgen, für den die Daten erhoben worden sind. Eine erneute Verarbeitung oder Nutzung dieser Daten zu einem anderen Zweck ist jedoch zulässig, soweit eine erneute Erhebung der personenbezogenen Daten zu diesem Zweck mit vergleichbaren Mitteln zulässig ist.
(2) Werden Bewertungen in Dateien gespeichert, muss feststellbar sein, bei welcher Stelle die Unterlagen geführt werden, die der Bewertung zu Grunde liegen.
(3) Werden personenbezogene Daten von Kindern, die ohne Kenntnis der Sorgeberechtigten erhoben worden sind, gespeichert, sind die Sorgeberechtigten zu unterrichten, sobald die Erfüllung der jeweiligen Aufgabe dadurch nicht mehr gefährdet wird. Von der Unterrichtung ist abzusehen, solange zu besorgen ist, dass die Unterrichtung zu erheblichen Nachteilen für das Kind führt. Satz 1 und 2 gelten sinngemäß für unter Betreuung stehende Personen.
(4) Gespeicherte personenbezogene Daten können zur Ausbildung und Fortbildung genutzt werden, wenn auf andere Weise das Ziel der Aus- oder Fortbildung nicht erreichbar ist. Soweit der Zweck der Nutzung dieses zulässt und kein unvertretbarer Verwaltungsaufwand entgegensteht, sind diese Daten zu anonymisieren. Eine Nutzung zu statistischen Zwecken darf nur in anonymisierter Form erfolgen.
§ 37 Besondere Voraussetzungen der Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten, die sie im Rahmen von Strafermittlungsverfahren über Personen gewonnen hat, die einer Straftat verdächtig sind, verarbeiten und nutzen, soweit dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Betroffenen oder sonstiger Erkenntnisse die Gefahr der Begehung einer weiteren Straftat besteht.
(2) Ist der Ausgang des Strafermittlungsverfahrens zum Zeitpunkt der Entscheidung über eine Speicherung nicht bekannt, darf die Dauer der Speicherung zunächst drei Jahre nicht überschreiten. Eine weitere Speicherung darf nur nach erneuter Prüfung des Sachverhalts und nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass die Polizei Erkundigungen hinsichtlich des Ausgangs des Verfahrens einholt; entfällt der dem Strafermittlungsverfahren zu Grunde liegende Verdacht, so sind die Daten zu löschen.
(3) Die Polizei kann die nach § 27 Absatz 3 erhobenen Daten verarbeiten und nutzen; die nach § 27 Absatz 3 Nummer 3 erhobenen Daten dürfen nicht in einem automatisierten Abrufverfahren gespeichert werden. Die Speicherungsdauer dieser Daten darf drei Jahre nicht überschreiten. Nach jeweils einem Jahr, gerechnet vom Zeitpunkt ihrer Speicherung, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer weiteren Nutzung noch vorliegen; die Entscheidung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm beauftragter Beamter.
§ 38 Vorgangsverwaltung und Dokumentation
Zur Vorgangsverwaltung oder zur befristeten Dokumentation behördlichen Handelns können personenbezogene Daten gespeichert und nur zu diesem Zweck verarbeitet und genutzt werden. Die §§ 36 und 37 sind nicht anzuwenden. Mittel und Umfang der Vorgangsverwaltung werden vom Innenministerium im Benehmen mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz durch Verwaltungsvorschrift bestimmt.
§ 39 Datenübermittlung
(1) Personenbezogene Daten können nur zu dem Zweck übermittelt werden, zu dem sie erlangt oder gespeichert worden sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Abweichend hiervon können personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit
Bewertungen dürfen nur an Ordnungsbehörden oder die Polizei übermittelt werden.
(2) Unterliegen die personenbezogenen Daten einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis, ist ihre Übermittlung nur zulässig, wenn der Empfänger die personenbezogenen Daten zur Erfüllung des gleichen Zwecks benötigt, zu dem sie von den Ordnungsbehörden oder der Polizei erlangt worden sind.
(3) Die übermittelnde Stelle prüft die Zulässigkeit der Übermittlung. Erfolgt die Übermittlung aufgrund eines Ersuchens des Empfängers, hat dieser der übermittelnden Stelle die zur Prüfung erforderlichen Angaben zu machen. Bei Ersuchen der Polizei, von Ordnungsbehörden sowie anderen Behörden und öffentlichen Stellen prüft die übermittelnde Stelle nur, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt, es sei denn, im Einzelfall besteht Anlass zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Ersuchens.
(4) Die Übermittlung personenbezogener Daten ist aktenkundig zu machen. Bei mündlichen Auskünften gilt dies nur, soweit zur Person bereits schriftliche Unterlagen geführt werden.
(5) Der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck nutzen, zu dem sie ihm übermittelt worden sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
§ 40 Datenübermittlung zwischen Polizei und Ordnungsbehörden
(1) Zwischen Polizeidienststellen des Landes, zwischen Ordnungsbehörden sowie zwischen Ordnungsbehörden und der Polizei können personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies zur Erfüllung polizeilicher oder ordnungsbehördlicher Aufgaben erforderlich ist. § 36 Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die über Personen nach § 27 Absatz 3 gespeicherten personenbezogenen Daten dürfen nur an andere Polizeidienststellen übermittelt werden.
(2) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an Ordnungsbehörden und Polizeidienststellen anderer Länder und des Bundes gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Das Innenministerium darf zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben, die überörtliche Bedeutung haben, einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung zwischen Polizeidienststellen des Landes und Polizeidienststellen des Bundes und der Länder ermöglicht. In der Vereinbarung ist auch festzulegen, welcher Behörde die nach diesem Gesetz bestehenden Pflichten einer speichernden Stelle obliegen. Die §§ 42 und 47 gelten entsprechend.
(4) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische Polizeidienststellen gelten die Absätze 1 und 3 entsprechend, wenn dies wegen der polizeilichen Zusammenarbeit im Grenzgebiet oder der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die Daten von den ausländischen Polizeibehörden entgegen dem Zweck eines deutschen Gesetzes verwandt werden. § 41 Absatz 3 und 4 bleibt unberührt.
§ 41 Datenübermittlung an andere Behörden oder Stellen; Bekanntgabe an die Öffentlichkeit
(1) Sind andere Behörden, andere öffentliche Stellen oder Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung an der Abwehr von Gefahren beteiligt, können ihnen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit die Kenntnis dieser personenbezogenen Daten zur Gefahrenabwehr erforderlich erscheint. Im Übrigen können personenbezogene Daten an Behörden oder Stellen innerhalb oder außerhalb der öffentlichen Verwaltung übermittelt werden, soweit dies zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr erforderlich ist.
(2) Die Ordnungsbehörden und die Polizei können Daten einer Person zum Zwecke der Ermittlung der Identität oder des Aufenthaltsortes oder zur Warnung öffentlich bekannt geben oder an andere Stellen zur Bekanntgabe an die Öffentlichkeit übermitteln, wenn
(3) Personenbezogene Daten können an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- oder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden, soweit dies erforderlich ist
(4) Die Übermittlung nach Absatz 3 unterbleibt, soweit Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde oder schutzwürdige Belange der betroffenen Person beeinträchtigt würden. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck genutzt werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt wurden.
(5) Für die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen der Verfassungsschutzbehörde und den Ordnungsbehörden oder der Polizei des Landes gelten die Vorschriften des Landesverfassungsschutzgesetzes.
§ 42 Automatisiertes Abrufverfahren
(1) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen Polizeidienststellen, zwischen Ordnungsbehörden sowie zwischen Ordnungsbehörden und der Polizei durch Abruf aus einer Datei ermöglicht, ist zulässig, soweit diese Form der Übermittlung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange der Betroffenen und der Erfüllung der Aufgaben angemessen ist. Abrufe sind in überprüfbarer Form aufzuzeichnen; die Aufzeichnungen dürfen nur zur Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 49) und für die Kontrolle der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen verwendet werden.
(2) Die Beschreibung (§ 47) bedarf der Zustimmung des Innenministeriums. Die Nutzung der Aufzeichnungen über Abrufe bedarf einer Anordnung nach § 34 Absatz 1.
§ 43 Datenabgleich
(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten der in den §§ 69, 70 sowie § 27 Absatz 3 Nummer 1 genannten Personen mit dem Inhalt polizeilicher Dateien im Rahmen der Zweckbindung dieser Dateien abgleichen. Personenbezogene Daten anderer Personen kann die Polizei abgleichen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich erscheint. Die Polizei kann ferner im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erlangte personenbezogene Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Ein Abgleich der nach § 27 Absatz 2 erlangten personenbezogenen Daten ist nur mit Zustimmung der Betroffenen zulässig.
(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.
§ 43a Einsatz technischer Mittel zur Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen
(1) Die Polizei kann im öffentlichen Verkehrsraum technische Mittel zur Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen auch ohne Wissen der Person einsetzen,
Dabei können das Kennzeichen und Angaben zum Ort, zur Fahrtrichtung, zum Datum und zur Uhrzeit automatisiert erhoben werden. Die automatisierte Datenerhebung kann sich auch auf das Bild des Fahrzeuges erstrecken. Sie darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Der Einsatz technischer Mittel zur Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen darf nicht flächendeckend durchgeführt werden; er ist für Kontrollzwecke zu dokumentieren.
(2) Die erhobenen Daten dürfen nur mit polizeilichen Dateien abgeglichen werden, die auf dasselbe Schutzziel ausgerichtet sind wie die Datenerhebung nach Absatz 1. Es können für den Datenabgleich nach Satz 1 auch solche polizeilichen Dateien genutzt werden, die neben präventiven auch repressiven Zwecken dienen. Automatisierte Abgleiche dürfen nicht protokolliert werden.
(3) Nach Absatz 1 erhobene Daten, die nicht in den zum Datenabgleich genutzten Dateien enthalten sind (Nichttreffer), sind sofort zu löschen.
(4) Sind die nach Absatz 1 erhobenen Daten in den zum Datenabgleich genutzten Dateien enthalten (Treffer), können die Daten gespeichert werden. Außer im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist das von einem Treffer betroffene Fahrzeug unmittelbar durch die Polizei anzuhalten und der betroffene Fahrzeugführer oder die betroffene Fahrzeugführerin ist über die durchgeführte Maßnahme zu informieren. Weitere Maßnahmen dürfen erst nach einer Überprüfung des Treffers vorgenommen werden. Die nach Satz 1 gespeicherten Daten sind außer im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 spätestens 48 Stunden nach ihrer Erhebung unwiderruflich zu löschen. Die im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gespeicherten Daten können polizeilich genutzt und zusammen mit den gewonnenen Erkenntnissen an die ausschreibende Stelle übermittelt werden. Außer im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 dürfen die nach Satz 1 gespeicherten Daten nicht zu einem Bewegungsbild verbunden werden.
(5) Die Polizei kann im öffentlichen Verkehrsraum technische Mittel zur Erkennung von Kraftfahrzeugkennzeichen ohne Wissen der Person auch zur Unterstützung einer Observation gemäß § 33 Absatz 1 Nummer 1 einsetzen. Absatz 1 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Die erhobenen Daten können mit einer polizeilichen Datei, in der Kennzeichen von Fahrzeugen gespeichert sind, die auf die observierte Person zugelassen sind oder durch diese Person genutzt werden, abgeglichen werden. Absatz 3 und Absatz 4 Satz 1 gelten entsprechend. Die gespeicherten Daten dürfen zu einem Bewegungsbild verbunden werden. Im Übrigen sind die für die Observation gemäß § 33 Absatz 1 Nummer 1 geltenden Vorschriften zur Datenverarbeitung, zur Datennutzung und zur Unterrichtung Betroffener anzuwenden.
§ 44 Rasterfahndung
(1) Die Polizei kann von Behörden, anderen öffentlichen Stellen und von Stellen außerhalb der öffentlichen Verwaltung zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes die Übermittlung von personenbezogenen Daten bestimmter Personengruppen aus Dateien zum Zweck des Abgleichs mit anderen Datenbeständen verlangen (Rasterfahndung), wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist. Vorschriften über ein Berufs- oder besonderes Amtsgeheimnis bleiben unberührt.
(2) Das Übermittlungsersuchen ist auf Namen, Anschrift, Tag und Ort der Geburt sowie auf im einzelnen Falle festzulegende Merkmale zu beschränken. Weitere übermittelte personenbezogene Daten dürfen nicht genutzt werden.
(3) Ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, sind die übermittelten und im Zusammenhang mit der Maßnahme zusätzlich angefallenen personenbezogenen Daten auf dem Datenträger zu löschen und die Unterlagen zurückzugeben oder zu vernichten, soweit sie nicht zur Abwehr einer anderen Gefahr im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 oder für ein mit dem Sachverhalt zusammenhängendes Strafverfahren erforderlich sind. Über die getroffene Maßnahme ist eine Niederschrift anzufertigen. Diese Niederschrift ist gesondert aufzubewahren, durch technische und organisatorische Maßnahmen zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Vernichtung der Unterlagen nach Satz 1 folgt, zu vernichten.
(4) Die Maßnahme darf nur das Innenministerium anordnen. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist zu unterrichten.
§ 45 Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten
(1) Personenbezogene Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Es ist in geeigneter Weise zu dokumentieren, in welchem Zeitraum und aus welchem Grund die Daten unrichtig waren. Die Daten sind zu ergänzen, wenn der Zweck der Speicherung oder ein berechtigtes Interesse der betroffenen Person dies erfordert.
(2) Personenbezogene Daten sind unverzüglich zu löschen, sobald festgestellt wird, dass
Darüber hinaus sind sie zu löschen, wenn aus Anlass einer Einzelfallbearbeitung festgestellt wird, dass
Werden personenbezogene Daten in Dateien gespeichert, so sind sie auch zu löschen, wenn diese Feststellungen bei einer nach bestimmten Fristen vorzunehmenden Überprüfung (§ 46) getroffen werden. Kommt eine Löschung zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht in Betracht, so müssen sich die Gründe dafür aus den Unterlagen ergeben; in diesem Fall ist eine neue Prüffrist festzulegen.
(3) Werden personenbezogene Daten in Akten gespeichert, ist die Löschung nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 nur durchzuführen, wenn die gesamte Akte zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Soweit eine Löschung hiernach nicht in Betracht kommt, sind die Daten zu sperren.
(4) Anstelle der Löschung tritt eine Sperrung, solange
Gesperrte Daten dürfen ohne Einwilligung des Betroffenen nur zu den in Satz 1 Nummer 2 oder zu wissenschaftlichen Zwecken nach Maßgabe des § 34 des Landesdatenschutzgesetzes genutzt werden.
(5) Für die Übergabe der Daten an ein Archiv gelten anstelle einer Löschung aus dem in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannten Grund die Vorschriften des Landesarchivgesetzes.
(6) Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung als unzulässig erhoben, unzulässig gespeichert, unrichtig oder unvollständig, so ist der Empfänger unverzüglich davon, insbesondere über Berichtigungen und Ergänzungen, in Kenntnis zu setzen, wenn die Unterlassung der Mitteilung für den Betroffenen nach den Umständen des Einzelfalls nachteilig sein kann.
Unterabschnitt 3
Prüffristen und Beschreibung von Verfahren
§ 46 Prüffristen
Werden personenbezogene Daten in Dateien gespeichert, so ist innerhalb festzulegender Fristen die Zulässigkeit der weiteren Speicherung dieser Daten zu überprüfen. Die Prüffristen dürfen
nicht überschreiten, wobei nach dem Zweck der Speicherung sowie der Art und Bedeutung des Sachverhalts zu unterscheiden ist. Die Frist beginnt regelmäßig mit dem Tag der letzten behördlichen Speicherung eines für die Gefahrenprognose maßgebenden personenbezogenen Datums, jedoch nicht vor der Entlassung des Betroffenen aus einer Justizvollzugsanstalt, der Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung oder dem Ablauf einer gerichtlich bestimmten Bewährungszeit.
§ 47 Verfahren
(1) Verfahren zum Umgang mit personenbezogenen Daten sind auf das erforderliche Maß zu beschränken. In angemessenen Abständen ist die Notwendigkeit ihrer Weiterführung oder Änderung zu prüfen.
(2) Für jedes automatisierte Verfahren ist eine Beschreibung zu erstellen, in der neben den Vorgaben des § 18 des Landesdatenschutzgesetzes zusätzlich Prüffristen nach § 46 anzuordnen sind.
(3) Das Innenministerium regelt das Nähere durch Verwaltungsvorschrift. Die Beschreibung ist dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu übersenden.
Unterabschnitt 4
Auskunftsrecht und Begriffsbestimmung
§ 48 Auskunftsrecht des Betroffenen, Akteneinsicht
(1) Dem Betroffenen ist von der mit den Daten umgehenden Stelle auf Antrag gebührenfrei Auskunft zu erteilen über
Ein Auskunftsanspruch besteht nicht, wenn eine Auskunft bereits erteilt wurde und die gespeicherten personenbezogenen Daten sich nicht geändert haben oder die Auskunft offensichtlich missbräuchlich verlangt wird.
(2) Sind personenbezogene Daten in Akten oder nicht automatisierten Dateien gespeichert, ist dem Betroffenen gebührenfrei Einsicht in die jeweiligen ihn betreffenden Akten oder Dateien zu gewähren. Die Einsichtnahme darf nicht erfolgen, wenn die personenbezogenen Daten des Betroffenen mit personenbezogenen Daten Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen nicht personenbezogenen Daten derart verbunden sind, dass ihre Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich ist. In diesem Fall ist der betroffenen Person jedoch über die zu ihr gespeicherten Daten Auskunft zu erteilen. Rechtsvorschriften über die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren bleiben unberührt.
(3) Die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht entfällt, soweit eine Prüfung ergibt, dass
(4) In den Fällen des Absatzes 3 ist die betroffene Person unter Mitteilung der wesentlichen Gründe für die Auskunftsverweigerung darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Eine Begründung erfolgt nicht, soweit dadurch der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet werden würde. Die Gründe für die Entscheidung nach Satz 2 sind aktenkundig zu machen.
§ 49 Straftaten von erheblicher Bedeutung
Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne dieses Gesetzes sind
Abschnitt 4
Besondere Maßnahmen der Polizei und der Ordnungsbehörden
Unterabschnitt 1 18
Besondere Maßnahmen der Polizei und der Ordnungsbehörden (§§ 50 - 67)
§ 50 Vorladung
(1) Eine Person kann schriftlich oder mündlich vorgeladen werden, wenn
(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunktes soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse der oder des Vorgeladenen Rücksicht genommen werden.
(3) Wird der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge geleistet, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,
(4) § 136a der Strafprozeßordnung gilt mit Ausnahme seines Absatzes 1 Satz 2 entsprechend.
(5) Maßnahmen nach Absatz 3 im Wege des unmittelbaren Zwanges dürfen nur Polizeivollzugsbeamte vornehmen.
(6) Für die Entschädigung von Personen, die auf Vorladung als Zeugen erscheinen oder die als Sachverständige oder Dolmetscher herangezogen werden, gilt das Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz entsprechend.
§ 51 Verfahren bei der Vorführung
(1) Kommt eine Person der gesetzlichen Verpflichtung, vor einer Behörde zu erscheinen, auf Vorladung nicht nach, so kann sie vorgeführt werden, wenn hierauf in der Vorladung hingewiesen worden ist. Unter der gleichen Voraussetzung kann eine Person vorgeführt werden, wenn sie aufgrund gesetzlicher Vorschrift einer Behörde vorzustellen ist, die Vorstellung aber unterblieben ist.
(2) Die vorgeführte Person darf nicht länger als bis zum Ende der Amtshandlung, zu der sie vorgeladen war, festgehalten werden. Spätestens am Ende des Tages nach der Vorführung ist sie zu entlassen.
(3) § 56 Absatz 2 und 5 gilt entsprechend.
§ 52 Platzverweisung
(1) Zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr ist es zulässig, eine Person vorübergehend von einem Ort zu verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes zu verbieten. Die Platzverweisung kann auch gegen Personen angeordnet werden, die den Einsatz der Feuerwehr oder von Hilfs- oder Rettungsdiensten behindern.
(2) Die Polizei kann eine Person ihrer Wohnung und des unmittelbar angrenzenden Bereichs verweisen, wenn dies erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit von Bewohnern derselben Wohnung abzuwenden. Unter den gleichen Voraussetzungen kann ein Betretungsverbot angeordnet werden. Eine solche Maßnahme darf die Dauer von 14 Tagen nicht überschreiten. Ergänzend können Maßnahmen zur Durchsetzung der Wegweisung oder des Betretungsverbotes verfügt werden. Im Falle eines Antrags auf zivilrechtlichen Schutz nach dem Gewaltschutzgesetz vom 11. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3513) mit dem Ziel des Erlasses einer einstweiligen Anordnung endet die nach Satz 1 oder 2 verfügte polizeiliche Maßnahme bereits mit dem Tag der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung. Das Gericht informiert die Polizei über seine Entscheidung.
(3) Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass eine Person in einem bestimmten örtlichen Bereich eine Straftat begehen wird, so kann ihr bis zu einer Dauer von zehn Wochen untersagt werden, diesen Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten. Örtlicher Bereich im Sinne des Satzes 1 ist ein Ort oder ein Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder auch ein gesamtes Gemeindegebiet. Das Gebot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen. Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt.
§ 53 Durchsuchung und Untersuchung von Personen
(1) Eine Person kann außer in den Fällen des § 29 Absatz 3 Satz 2 nur durchsucht werden, wenn
erforderlich ist oder
(2) Die Person kann zum Zwecke der Durchsuchung zur Dienststelle verbracht werden, wenn es sonst nicht möglich ist, die Durchsuchung ordnungsgemäß durchzuführen.
(3) Maßnahmen nach Absatz 1 und 2 dürfen nur Polizeivollzugsbeamte anordnen.
(4) Bei einer lebenden oder verstorbenen Person, von der sich ergibt oder anzunehmen ist, dass sie krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig ist oder war, können körperliche Untersuchungen, Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe zur Feststellung des Infektionsstatus angeordnet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass es zu einer Übertragung von Krankheitserregern, wie insbesondere Hepatitis B, Hepatitis C oder Humanes Immundefizienzvirus (HIV) auf eine andere Person gekommen ist und bei dieser Person dadurch eine Gefahr für das Leben oder eine schwerwiegende Gesundheitsgefährdung besteht und die Kenntnis des Infektionsstatus zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist. Körperliche Untersuchungen und Eingriffe dürfen nur von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden. Vor einer Blutentnahme soll eine ärztliche Konsultation erfolgen. Körperliche Untersuchungen und Eingriffe sind ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist. Die Maßnahme bedarf der richterlichen Anordnung. Bei Gefahr im Verzug kann die Polizei die Maßnahme anordnen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Die bei der Untersuchung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen über den Zweck dieses Gesetzes hinaus nur zum Schutz vor oder zur Abwehr von schwerwiegenden Gesundheitsgefährdungen verarbeitet und genutzt werden.
§ 54 Verfahren bei der Durchsuchung von Personen
(1) Bei der Durchsuchung einer Person können der Körper, die Kleidung, der Inhalt der Kleidung und die sonstigen am Körper getragenen Sachen durchsucht werden.
(2) Personen dürfen nur von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung zum Schutz gegen eine im einzelnen Falle bevorstehende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
§ 55 Gewahrsam von Personen
(1) Eine Person kann nur in Gewahrsam genommen werden, wenn dies
(2) Minderjährige, die sich der Obhut der Sorgeberechtigten entzogen haben, können in Gewahrsam genommen werden, um sie den Sorgeberechtigten oder dem Jugendamt zuzuführen. Satz 1 gilt sinngemäß für unter Betreuung stehende Personen.
(3) Eine Person, die aus dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt oder einer Anstalt nach den §§ 129 bis 138 des Strafvollzugsgesetzes aufhält, kann in Gewahrsam genommen und in die Anstalt zurückgebracht werden.
(4) Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 dürfen nur Polizeivollzugsbeamte vornehmen.
(5) Der Gewahrsam ist unverzüglich aufzuheben, sobald der Grund weggefallen oder der Zweck erreicht ist. Der Gewahrsam ist spätestens am Ende des Tages nach der Übernahme in den Gewahrsam aufzuheben, sofern nicht vorher die Fortdauer der Freiheitsentziehung gerichtlich angeordnet worden ist.
§ 56 Verfahren bei amtlichem Gewahrsam
(1) Wird eine Person in Gewahrsam, Verwahrung oder Haft genommen oder untergebracht (amtlicher Gewahrsam), so sind ihr unverzüglich der Grund der Maßnahme und die zulässigen Rechtsbehelfe bekannt zu geben, es sei denn, die Bekanntgabe wirkt sich für die Person nachteilig aus.
(2) Einer in Gewahrsam genommenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen. Ist die betroffene Person nicht in der Lage, von diesem Recht Gebrauch zu machen, so soll die Behörde selbst die Benachrichtigung eines Angehörigen übernehmen. Ist die betroffene Person minderjährig, so ist in jedem Falle diejenige Person unverzüglich zu benachrichtigen, der die Sorge für die betroffene Person obliegt; ist für die betroffene Person ein Betreuer bestellt, so ist dieser zu benachrichtigen. Satz 1 und 2 gelten nicht, soweit der Zweck des Gewahrsams dadurch gefährdet wird.
(3) Die Person soll nicht in einem Raum mit Strafgefangenen, Untersuchungsgefangenen oder Suchtkranken verwahrt werden. Frauen und Männer sollen getrennt untergebracht werden; findet der Gewahrsam in Gewahrsamsräumen statt, sind sie getrennt unterzubringen.
(4) Der Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Sicherung des Zwecks oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung des amtlichen Gewahrsams notwendig sind.
(5) Nimmt die Polizei eine Person in Gewahrsam, so hat sie unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen. Der Herbeiführung der Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes des Gewahrsams ergehen würde. In der Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer des Gewahrsams zu bestimmen; sie darf im Falle des § 55 Absatz 1 Nummer 2 zehn Tage und in den übrigen Fällen drei Tage nicht überschreiten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Für die Entscheidung ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Person in Gewahrsam genommen worden ist. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften über das Verfahren in Freiheitsentziehungssachen nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(6) Wird der Gewahrsam nach § 55 Absatz 1 im Wege der Amtshilfe in einer Justizvollzugsanstalt vollzogen, gelten die §§ 171, 173 bis 175 und 178 Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.
§ 57 Durchsuchung von Sachen
§ 58 Verfahren bei der Durchsuchung von Sachen
Bei der Durchsuchung von Sachen hat der Gewahrsamsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend und ein Vertreter oder ein Zeuge anwesend, so soll dieser hinzugezogen werden. Dem Gewahrsamsinhaber ist auf Verlangen eine Bescheinigung über die Durchsuchung und ihren Grund zu erteilen.
§ 59 Betreten und Durchsuchung von Räumen
(1) Das Betreten von Wohn- und Geschäftsräumen oder eines befriedeten Besitztums ist gegen den Willen des Inhabers nur zulässig, wenn dies zur Verhütung einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist.
(2) Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie andere Räume und Grundstücke, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, dürfen zum Zwecke der Gefahrenabwehr während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit betreten werden.
(3) Die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen oder eines befriedeten Besitztums ist nur zulässig, wenn
(4) Während der Nachtzeit (§ 104 Absatz 3 der Strafprozessordnung) ist das Betreten und die Durchsuchung nur zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr zulässig. Dies gilt nicht für das Betreten von Räumen,
(5) Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur aufgrund richterlicher Anordnung erfolgen. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die zu durchsuchenden Räume liegen. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(6) Maßnahmen nach Absatz 3 und 4 dürfen nur Polizeivollzugsbeamte vornehmen.
§ 60 Verfahren bei der Durchsuchung von Räumen
(1) Bei der Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums hat der Inhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er nicht anwesend, so soll ein Vertreter oder ein Zeuge hinzugezogen werden.
(2) Dem Inhaber oder seinem Vertreter ist vor Beginn der Durchsuchung der Grund der Maßnahme bekannt zu geben. Auf die zulässigen Rechtsbehelfe ist hinzuweisen.
(3) Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen, in der die für die Durchführung verantwortliche Behörde, Anlass, Zeit und Ort der Durchsuchung und die anwesenden Personen namentlich aufzuführen sind. Die Niederschrift ist von dem durchsuchenden Vollzugsbeamten und dem Inhaber des durchsuchten Raumes, seinem Vertreter oder dem hinzugezogenen Zeugen zu unterschreiben. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Dem Inhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen.
(4) Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung ihrer Abschrift unter den vorherrschenden Umständen nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Inhaber oder seinem Vertreter lediglich die Vornahme der Durchsuchung unter Angabe der für die Durchsuchung verantwortlichen Behörde sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.
(5) Die nach § 291 der Abgabenordnung für die Vornahme einer Vollstreckungshandlung zur Beitreibung einer Geldforderung erforderliche Niederschrift ersetzt die Niederschrift nach dieser Bestimmung.
§ 61 Sicherstellung von Sachen
(1) Eine Sache kann nur sichergestellt werden,
(2) Sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind, sind die Sachen demjenigen herauszugeben, bei dem sie sichergestellt worden sind. Ist die Herausgabe an ihn nicht möglich, können sie an einen anderen herausgegeben werden, der seine Berechtigung glaubhaft macht. Die Herausgabe ist ausgeschlossen, wenn dadurch erneut die Voraussetzungen für eine Sicherstellung eintreten würden.
(3) Die Herausgabe der Sachen kann von der Zahlung der Kosten, die durch die Sicherstellung entstanden sind, abhängig gemacht werden.
§ 62 Verfahren bei der Sicherstellung von Sachen
(1) Hat eine Person eine bewegliche Sache herauszugeben oder vorzulegen, so kann der Vollzugsbeamte (§ 103) sie ihr wegnehmen.
(2) Der herausgabepflichtigen Person ist eine Bescheinigung zu erteilen, die die weggenommene Sache bezeichnet, den Grund der Maßnahme erkennen lässt und eine Belehrung über die zulässigen Rechtsbehelfe enthalten soll.
(3) Wird die Sache nicht vorgefunden, so hat die herausgabepflichtige Person auf Verlangen der Vollzugsbehörde vor dem Amtsgericht an Eides statt zu versichern, dass sie nicht wisse, wo die Sache sich befinde.
(4) Dem Antrag an das Amtsgericht, der herausgabepflichtigen Person die eidesstattliche Versicherung abzunehmen, sind beglaubigte Abschriften des Verwaltungsaktes sowie eine etwaige Niederschrift über den erfolglosen Wegnahmeversuch beizufügen. Für das Verfahren vor dem Amtsgericht gelten § 883 Absatz 3, die §§ 899, 900 Absatz 1, 3 und 5 und die §§ 901, 902, 904 bis 910 und 913 der Zivilprozessordnung entsprechend.
(5) Sichergestellte Sachen sind amtlich zu verwahren. Falls die Beschaffenheit der Sache dies nicht zulässt oder die amtliche Verwahrung unzweckmäßig ist, kann der Zweck der Sicherstellung auf andere Weise gewährleistet werden.
§ 63 Amtliche Verwahrung
(1) Wird eine Sache amtlich oder durch einen Dritten in amtlichem Auftrag verwahrt, so ist das Erforderliche zu veranlassen, um einem Verderb oder einer wesentlichen Minderung ihres Wertes vorzubeugen. Dies gilt nicht, wenn der Dritte auf Verlangen des früheren Gewahrsamsinhabers mit der Verwahrung beauftragt worden ist. Abweichende Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Die verwahrten Sachen sind zu verzeichnen und so zu kennzeichnen, dass Verwechselungen vermieden werden.
§ 64 Verwertung, Vernichtung
(1) Die Verwertung verwahrter Sachen ist zulässig, wenn
(2) Die Verwertung soll nach den §§ 296, 298, 302 bis 305 und 308 der Abgabenordnung durchgeführt werden. Der Eigentümer und andere Personen, denen Rechte an der Sache zustehen, sollen vor der Androhung der Verwertung gehört werden; ihnen sollen Ort und Zeit der Verwertung mitgeteilt werden.
(3) Der Erlös tritt an die Stelle der Sache.
(4) Verwahrte Sachen können unbrauchbar gemacht, vernichtet oder eingezogen werden, wenn
Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 65 Verfahren bei der Wegnahme einer Person
(1) Hat jemand eine Person herauszugeben, so kann der Vollzugsbeamte (§ 103) sie jeder Person wegnehmen, bei der sie angetroffen wird.
(2) Der herausgabepflichtigen Person ist eine Bescheinigung zu erteilen, die die weggenommene Person bezeichnet, den Grund der Maßnahme erkennen lässt und eine Belehrung über die zulässigen Rechtsbehelfe enthalten soll.
(3) Wird die Person nicht vorgefunden, so hat die herausgabepflichtige Person auf Verlangen der Vollzugsbehörde vor dem Amtsgericht an Eides statt zu versichern, dass sie nicht wisse, wo die Person sich befinde.
(4) § 62 Absatz 4 gilt entsprechend.
§ 66 Verfahren bei der Zwangsräumung
(1) Hat eine Person eine unbewegliche Sache, einen Raum oder ein Schiff zu räumen oder herauszugeben, so können sie und die ihrem Haushalt oder Geschäftsbetrieb angehörenden Personen aus dem Besitz gesetzt werden. Der Zeitpunkt der Zwangsräumung soll der betroffenen Person in angemessener Zeit vorher angekündigt werden.
(2) Werden bei einer Zwangsräumung bewegliche Sachen vorgefunden, die nicht herauszugeben oder vorzulegen sind, so werden sie der betroffenen Person oder, wenn diese abwesend ist, dem Vertreter oder einer dem Haushalt oder Geschäftsbetrieb der betroffenen Person angehörenden erwachsenen Person übergeben.
(3) Ist keine empfangsberechtigte Person nach Absatz 2 anwesend, so sind die beweglichen Sachen in amtliche Verwahrung zu nehmen. Dies gilt auch, wenn sich die empfangsberechtigte Person weigert, die Sachen anzunehmen.
§ 67 Übertragung des Eigentums
(1) Ist eine Person zur Übertragung des Eigentums an einer Sache verpflichtet, so ist für die nach bürgerlichem Recht erforderlichen Willenserklärungen und für die Eintragung in öffentliche Bücher und Register § 93 anzuwenden.
(2) Die Übergabe der Sache wird dadurch bewirkt, dass der Vollzugsbeamte die Sache in Besitz nimmt. § 62 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend. Befindet sich die Sache im Gewahrsam eines Dritten, so ist der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, der Anspruch der betroffenen Person auf Herausgabe der Sache zu überweisen. Die §§ 309 bis 313 und 315 bis 317 der Abgabenordnung sind entsprechend anzuwenden.
Unterabschnitt 2 18
Besondere Maßnahmen der Polizei im Zusammenhang mit drohenden terroristischen Straftaten (§§ 67a - 67d)
§ 67a Elektronische Aufenthaltsüberwachung 18
(1) Die Polizei kann eine Person dazu verpflichten, ein technisches Mittel, mit dem der Aufenthaltsort dieser Person elektronisch überwacht werden kann, ständig in betriebsbereitem Zustand am Körper bei sich zu führen und dessen Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen, wenn
um diese Person durch die Überwachung und die Datenverwendung von der Begehung einer solchen Straftat abzuhalten.
(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 soll mit einer Maßnahme nach § 67b verbunden werden.
(3) Die Polizei kann mit Hilfe der von der verantwortlichen Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung erheben und speichern. Soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der betroffenen Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verarbeitet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke:
Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 3 hat die Verarbeitung der Daten automatisiert zu erfolgen. Zudem sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme und Verarbeitung besonders zu sichern.
(4) Die in Absatz 3 Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Absatz 3 Satz 3 genannten Zwecke verwendet werden. Bei jedem Abruf der Daten sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und die abrufende Person zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind frühestens nach Abschluss der Datenschutzkontrolle und spätestens nach vierundzwanzig Monaten zu löschen. Werden innerhalb der Wohnung der betroffenen Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verarbeitet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren; die Sätze 3 und 4 gelten entsprechend.
(5) Eine Maßnahme nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, bedarf der richterlichen Anordnung auf Antrag der Leitung der zuständigen Polizeibehörde. Im Antrag sind anzugeben:
Bei Gefahr im Verzug kann die Leitung der zuständigen Polizeibehörde die Maßnahme anordnen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft.
(6) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben:
(7) Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist möglich, soweit die Anordnungsvoraussetzungen fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden. Für das Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr oder zur Verhütung einer terroristischen Straftat nach § 67c einer Person untersagen, sich ohne Erlaubnis der zuständigen Polizeibehörde von ihrem Wohn- oder Aufenthaltsort oder aus einem bestimmten Bereich zu entfernen (Aufenthaltsgebot) oder sich an bestimmten Orten aufzuhalten (Aufenthaltsverbot), wenn
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur von der Leitung der zuständigen Polizeibehörde angeordnet werden. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung.
(3) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben
(4) Aufenthaltsgebote und Aufenthaltsverbote sind auf den zur Abwehr der Gefahr oder zur Verhütung einer terroristischen Straftat nach § 67c erforderlichen Umfang zu beschränken und dürfen räumlich den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person nicht umfassen. Sie sind auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei Monate ist möglich, soweit ihre Voraussetzungen fortbestehen. Eine Verlängerung bedarf der gerichtlichen Anordnung nach Maßgabe des Absatzes 3 auf Antrag der Leitung der zuständigen Polizeibehörde; der Antrag muss die Angaben nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 und 2 sowie den Sachverhalt und eine Begründung enthalten. Für dieses Verfahren gilt § 34 Absatz 3 Satz 3 bis 5 entsprechend.
(5) Die Vorschriften des Versammlungsrechts bleiben unberührt. Gleiches gilt für § 52 unter der Maßgabe, dass eine Aufenthaltsanordnung nach Absatz 1 einem Aufenthaltsverbot nach § 52 Absatz 3 vorgeht, soweit sie sich entgegenstehen.
§ 67c Terroristische Straftat 18
Eine terroristische Straftat im Sinne dieses Gesetzes ist eine Straftat
bei Begehung im In- und Ausland, wenn diese Straftat dazu bestimmt ist,
und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat, ein Land oder eine internationale Organisation erheblich schädigen können.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer gegen eine gerichtliche Anordnung nach § 67a Absatz 1 verstößt und dadurch den Zweck der Maßnahme gefährdet.
(2) Ebenso wird bestraft, wer gegen eine gerichtliche Anordnung nach § 67b, die mit der Anordnung einer Maßnahme nach § 67a Absatz 1 verbunden wurde, verstößt und dadurch den Zweck der Aufenthaltsanordnung gefährdet.
(3) Absatz 1 und 2 gelten auch in den Fällen einer behördlichen Anordnung bei Gefahr im Verzug nach § 67a Absatz 5 Satz 3; die Strafbarkeit entfällt, wenn die Anordnung nicht innerhalb der Frist des § 67a Absatz 5 Satz 4 durch das zuständige Gericht bestätigt wird.
(4) Die Tat wird nur auf Antrag der zuständigen Polizeibehörde verfolgt.
Abschnitt 5
In Anspruch zu nehmende Personen
§ 68 Grundsatz
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr dürfen nur gegen die nach den §§ 69 oder 70 verantwortlichen Personen gerichtet werden, es sei denn, dass gesetzlich etwas anderes bestimmt ist.
§ 69 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen
(1) Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch das Verhalten von Personen gestört oder im einzelnen Fall gefährdet, so ist die Person verantwortlich, die die Störung oder Gefahr verursacht hat.
(2) Verursachen Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Störung oder Gefahr, so ist auch diejenige Person verantwortlich, der die Sorge für die minderjährige Person obliegt. Ist für die Person ein Betreuer bestellt, so können die Maßnahmen im Rahmen seines Aufgabenkreises auch gegen ihn gerichtet werden.
(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Störung oder Gefahr, so ist auch die Person verantwortlich, die die andere Person zu der Verrichtung bestellt hat.
§ 70 Verantwortlichkeit für Sachen
(1) Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch den Zustand einer Sache gestört oder im einzelnen Fall gefährdet, so ist deren Eigentümer verantwortlich.
(2) Eine Person, die die tatsächliche Gewalt über eine Sache ausübt, ist neben dem Eigentümer verantwortlich. Sie ist anstelle des Eigentümers verantwortlich, wenn sie die tatsächliche Gewalt gegen den Willen des Eigentümers ausübt.
(3) Geht die Störung oder Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen die Person gerichtet werden, die das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.
(4) Gesetze, die eine andere Regelung enthalten, bleiben unberührt.
§ 70a Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme
Die Ordnungsbehörden und die Polizei können eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten (unmittelbar) ausführen, wenn der nach den §§ 69 oder 70 Verantwortliche nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann und die Maßnahme dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Verantwortlichen entspricht. Der von der Maßnahme Betroffene ist unverzüglich zu unterrichten.
§ 71 Inanspruchnahme des Nichtstörers
(1) Zur Beseitigung einer Störung oder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr können Maßnahmen auch gegen andere Personen als die Verantwortlichen (§§ 68 bis 70) getroffen werden, soweit und solange
(2) Wird eine andere Person in Anspruch genommen, so hat die Behörde die verantwortliche Person unverzüglich zu benachrichtigen.
Abschnitt 6
Entschädigungsansprüche
§ 72 Entschädigungsanspruch des Nichtstörers
(1) Wer nach § 71 in Anspruch genommen wird, kann Entschädigung für den ihm hierdurch entstandenen Schaden verlangen.
(2) Ein Entschädigungsanspruch besteht jedoch nicht, soweit
(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung, soweit die Entschädigungspflicht wegen rechtmäßiger Maßnahmen in anderen gesetzlichen Vorschriften geregelt oder ausgeschlossen ist.
§ 73 Entschädigungsanspruch des unbeteiligten Dritten
§ 72 findet entsprechende Anwendung, wenn ein Dritter, der weder nach den §§ 68 bis 70 verantwortlich noch nach § 71 in Anspruch genommen worden ist, durch Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getötet oder verletzt wird oder einen billigerweise nicht zumutbaren Schaden erleidet.
§ 74 Art, Inhalt und Umfang der Entschädigungsleistung
(1) Die Entschädigung wird nur für Vermögensschäden gewährt. Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgeltes hinausgeht, und für Vermögensnachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der zu entschädigenden Maßnahme stehen, ist jedoch eine Entschädigung nur zu leisten, wenn und soweit diese zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint.
(2) Die Entschädigung ist in Geld zu gewähren. Besteht der Schaden in der Aufhebung oder Verminderung der Erwerbsfähigkeit oder in einer Vermehrung der Bedürfnisse oder in dem Verlust oder der Minderung eines Rechts auf Unterhalt, so ist die Entschädigung durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Statt der Rente kann eine Abfindung in Kapital verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
(3) Die Entschädigung ist nur gegen Abtretung der Ansprüche zu gewähren, die dem Entschädigungsberechtigten aufgrund der Maßnahme, auf der die Entschädigung beruht, gegen Dritte zustehen.
(4) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Betroffenen mitgewirkt, so ist das Mitverschulden zu berücksichtigen.
(5) Der Entschädigungsanspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald der Geschädigte von dem Schaden und dem entschädigungspflichtigen Träger der öffentlichen Verwaltung Kenntnis erlangt. Ohne Rücksicht auf diese Kenntnis kann der Anspruch nur innerhalb von dreißig Jahren seit der Entstehung des Anspruchs geltend gemacht werden.
(6) Gesetze, die weitergehende Ersatzansprüche gewähren, bleiben unberührt.
§ 75 Entschädigungspflichtiger Rückgriff
(1) Entschädigungspflichtig ist der Träger der öffentlichen Verwaltung, in dessen Dienst derjenige steht, der die Maßnahme getroffen hat.
(2) Hat der Bedienstete für die Behörde eines anderen Trägers gehandelt, so ist letztgenannter entschädigungspflichtig. Ist in den Fällen des Satzes 1 eine Entschädigung nur wegen der Art und Weise der Durchführung der Maßnahme zu gewähren, so kann der entschädigungspflichtige Träger von dem Träger, in dessen Dienst der Bedienstete steht, Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, es sei denn, dass er selbst die Verantwortung für die Art und Weise der Durchführung trägt.
(3) In den Fällen des § 72 kann der Entschädigungspflichtige in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Geschäftsführung ohne Auftrag von den nach den §§ 68 bis 70 Verantwortlichen durch Verwaltungsakt Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.
§ 76 Schadensersatzansprüche aus der Verarbeitung von Daten
Für Schadensersatzansprüche der nach den §§ 25 bis 48 betroffenen Personen findet § 27 Landesdatenschutzgesetz Anwendung.
§ 77 Rechtsweg
Für Streitigkeiten über die in §§ 72 bis 74 und 76 bezeichneten Ansprüche ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Abschnitt 7
Einschränkung von Grundrechten
§ 78 Einschränkung von Grundrechten
Für Maßnahmen, die nach den Vorschriften der Abschnitte 1 bis 6 getroffen werden können, werden das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), das Recht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), das Recht auf Wahrung des Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes), das Recht der Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes) und das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Abschnitt 8
Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen
Unterabschnitt 1
Allgemeines Vollzugsverfahren
§ 79 Grundsatz
(1) Verwaltungsakte, die auf Herausgabe einer Sache oder auf Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, werden im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt (Vollzug).
(2) Für den Vollzug gelten die §§ 80 bis 99.
(3) Die §§ 80 bis 99 gelten auch für den Vollzug von Verwaltungsakten, die nicht der Gefahrenabwehr dienen und die von Behörden der in § 1 genannten Verwaltungsträger sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts erlassen werden.
§ 80 Zulässigkeit des Vollzugs von Verwaltungsakten
(1) Der Vollzug von Verwaltungsakten ist zulässig, wenn
(2) Beim Vollzug eines Verwaltungsaktes im Wege der Ersatzvornahme (§ 89) oder der Anwendung unmittelbaren Zwangs (§ 90) kann von Absatz 1 abgewichen werden, wenn
§ 81 Sofortiger Vollzug
(1) Der Verwaltungszwang ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt (sofortiger Vollzug) ist im Wege der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwangs zulässig, wenn eine gegenwärtige Gefahr auf andere Weise nicht abgewehrt werden kann und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt. Dies gilt insbesondere, wenn Maßnahmen gegen Pflichtige nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind. Rechtsvorschriften, die die Voraussetzungen des sofortigen Vollzugs abweichend regeln, bleiben unberührt.
(2) Bei einer Ersatzvornahme ist der Verantwortliche unverzüglich zu benachrichtigen.
(3) Für den sofortigen Vollzug gelten die nachfolgenden Vorschriften über den Vollzug von Verwaltungsakten entsprechend, soweit in ihnen nichts anderes bestimmt ist.
§ 82 Vollzugsbehörden
Der Verwaltungsakt wird von der Behörde vollzogen, die ihn erlassen hat; sie vollzieht auch die Widerspruchsentscheidungen.
§ 82a Vollzugshilfe
(1) Die Polizei leistet anderen Behörden im Einzelfall auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können.
(2) Die Polizei ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend.
(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.
§ 82b Verfahren
(1) Vollzugshilfeersuchen sind grundsätzlich schriftlich zu stellen; sie haben den Grund und die Rechtsgrundlage der Maßnahme anzugeben.
(2) In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden. Es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.
(3) Die ersuchende Behörde ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.
§ 82c Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung
(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, ist auch die richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen zu bezeichnen.
(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat die Polizei die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Behörde diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.
(3) § 56 Absatz 2 und 5 gilt entsprechend.
§ 83 Pflichtiger
(1) Als Pflichtiger kann in Anspruch genommen werden
(2) Ist jemand nach diesem Gesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften verpflichtet, den Vollzug zu dulden, so ist er Pflichtiger, soweit seine Duldungspflicht reicht.
§ 84 Vollzug gegen den Rechtsnachfolger
(1) Der Vollzug gegen den Rechtsnachfolger darf erst beginnen, nachdem er von dem Verwaltungsakt Kenntnis erhalten hat und darauf hingewiesen worden ist, dass der Vollzug gegen ihn durchgeführt werden kann. Von diesen Voraussetzungen kann in den Fällen des § 80 Absatz 2 abgesehen werden.
(2) Der Vollzug, der im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtsnachfolge bereits begonnen hat, darf gegen den Rechtsnachfolger fortgesetzt werden. Dabei ist Absatz 1 zu beachten.
§ 85 Vollzug gegen Träger der öffentlichen Verwaltung
Gegen Träger der öffentlichen Verwaltung ist der Vollzug nur zulässig, soweit er durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen ist.
§ 86 Zwangsmittel
(1) Zwangsmittel sind
(2) Die Zwangsmittel können auch neben einer Strafe oder Geldbuße angewandt und solange wiederholt und gewechselt werden, bis der Verwaltungsakt befolgt worden oder auf andere Weise erledigt ist.
§ 87 Androhung von Zwangsmitteln
(1) Die Zwangsmittel müssen schriftlich angedroht werden. Beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 80 Absatz 2 sowie des § 81 kann das Zwangsmittel mündlich angedroht werden oder die Androhung unterbleiben.
(2) In der Androhung ist eine Frist zu bestimmen, innerhalb der die Erfüllung der Verpflichtung dem Pflichtigen billigerweise zugemutet werden kann. Eine Frist braucht nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder Unterlassung erzwungen werden soll.
(3) Die Androhung kann mit dem Verwaltungsakt, der vollzogen werden soll, verbunden werden. Sie soll mit ihm verbunden werden, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet oder dem Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist (§ 80 Absatz 1 Nummer 2).
(4) Die Androhung muss sich auf bestimmte Zwangsmittel beziehen. Werden mehrere Zwangsmittel angedroht, ist anzugeben, in welcher Reihenfolge sie angewandt werden sollen. Unzulässig ist Androhung, mit der sich die Vollzugsbehörde die Wahl zwischen den Zwangsmitteln vorbehält.
(5) Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen.
(6) Im Falle der Ersatzvornahme (§ 89) ist in der Androhung der Kostenbetrag vorläufig zu veranschlagen. Das Recht auf Nachforderung bleibt unberührt.
§ 88 Zwangsgeld
(1) Das Zwangsgeld ist zulässig, wenn
(2) Das Zwangsgeld ist schriftlich festzusetzen.
(3) Das Zwangsgeld beträgt mindestens 10 Euro, höchstens 50.000 Euro.
§ 89 Ersatzvornahme
(1) Wird eine Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen anderen möglich ist, nicht erfüllt, so kann die Vollzugsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen ausführen oder durch einen Beauftragten ausführen lassen (Ersatzvornahme).
(2) Die Vollzugsbehörde kann dem Pflichtigen auferlegen, die Kosten in der vorläufig veranschlagten Höhe vorauszuzahlen.
§ 90 Unmittelbarer Zwang
Führen die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Erfolg oder sind sie unzweckmäßig, so kann die Vollzugsbehörde mit unmittelbarem Zwang die Handlung selbst vornehmen oder den Pflichtigen zur Handlung, Duldung oder Unterlassung zwingen.
§ 91 Ersatzzwangshaft
(1) Ist das Zwangsgeld uneinbringlich, so kann das Verwaltungsgericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Ersatzzwangshaft anordnen, wenn bei Androhung des Zwangsgeldes hierauf hingewiesen worden ist. Die Ersatzzwangshaft beträgt mindestens einen Tag, höchstens zwei Wochen.
(2) Die Ersatzzwangshaft ist auf Antrag der Vollzugsbehörde von der Justizverwaltung nach den Bestimmungen der §§ 904 bis 910 der Zivilprozessordnung zu vollstrecken.
§ 92 Einstellung des Vollzugs
(1) Der Vollzug ist einzustellen, wenn
(2) Der Vollzugsbeamte (§ 103) ist nur dann verpflichtet, von weiteren Vollzugsmaßnahmen abzusehen, wenn ihm Tatsachen nachgewiesen werden, aus denen sich die Pflicht zur Einstellung eindeutig ergibt.
Unterabschnitt 2
Vollzug von Verwaltungsakten, die auf Abgabe einer Erklärung gerichtet sind
§ 93 Abgabe einer Erklärung
(1) Ist jemand verpflichtet, eine bestimmte Erklärung abzugeben, so gilt diese Erklärung als abgegeben, sobald der Verwaltungsakt, der die Verpflichtung begründet hat, unanfechtbar geworden ist. Voraussetzung ist, dass
(2) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, teilt den Beteiligten mit, in welchem Zeitpunkt der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist. Sie ist berechtigt, die zur Wirksamkeit der Erklärung erforderlichen Genehmigungen und Zustimmungen einzuholen und Anträge auf Eintragungen in öffentliche Bücher und Register zu stellen. § 792 der Zivilprozessordnung ist anzuwenden.
Unterabschnitt 3
Erweiterte Anwendung der Vollzugsvorschriften
§ 94 Anwendung der Vollzugsvorschriften aufgrund bundesrechtlicher Ermächtigungen
Die Vorschriften über die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen gelten auch, soweit in Bundesgesetzen die Länder ermächtigt worden sind zu bestimmen, dass die landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren anzuwenden sind oder an die Stelle von bundesrechtlichen Vorschriften treten können.
§ 95 Anwendung der Vollzugsvorschriften auf öffentlich-rechtliche Verträge
Auf öffentlich-rechtliche Verträge im Sinne des § 61 Absatz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz sind die Vorschriften über die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen entsprechend anzuwenden. Richtet sich die Vollstreckung wegen der Erzwingung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gegen einen Träger der öffentlichen Verwaltung, so ist § 172 der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden.
§ 96 Sonstige Anwendung der Vollzugsvorschriften
(1) Die Vorschriften über die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen gelten entsprechend
(2) In den Fällen des Absatzes 1 bedarf es einer Androhung der Zwangsmittel (§ 87) nicht.
§ 97 Maßnahmen gegen Tiere
Bei Maßnahmen gegen Tiere aufgrund der Vorschriften dieses Gesetzes sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Hierbei haben die Behörden die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.
Unterabschnitt 4
Einschränkung von Grundrechten und Rechtsbehelfe
§ 98 Einschränkung von Grundrechten
Für Maßnahmen, die nach den Vorschriften der Unterabschnitte 1 bis 3 getroffen werden können, werden das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), das Recht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) und das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
§ 99 Rechtsbehelfe
(1) Die Rechtsmittel und sonstigen Rechtsbehelfe gegen Vollzugsmaßnahmen richten sich, soweit durch Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften über die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie haben keine aufschiebende Wirkung.
(2) Einwendungen gegen den dem Vollzug zu Grunde liegenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollzugsverfahrens mit den dafür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen.
§ 100 (aufgehoben)
Unterabschnitt 5
Ausübung unmittelbaren Zwangs
§ 101 Rechtliche Grundlagen
(1) Lassen Rechtsvorschriften die Anwendung unmittelbaren Zwangs zu, so gelten für die Art und Weise der Ausübung des unmittelbaren Zwangs die §§ 102 bis 112 und, soweit sich aus ihnen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes.
(2) Das Recht zur Verteidigung in den Fällen der Notwehr und des Notstandes bleibt unberührt.
§ 102 Begriffsbestimmung
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reizstoffe und Sprengmittel; Sprengmittel dürfen nicht gegen Personen angewandt werden.
(4) Als Waffen sind nur Schlagstöcke, Distanz-Elektroimpulsgeräte, Pistolen, Revolver, Gewehre und Maschinenpistolen zugelassen.
§ 103 Vollzugsbeamte
(1) Unmittelbarer Zwang darf nur durch Vollzugsbeamte ausgeübt werden.
(2) Vollzugsbeamte sind
(3) Vollzugsbeamte der Ämter und amtsfreien Gemeinden bedürfen der Bestätigung der Kreisordnungsbehörde.
§ 104 Handeln auf Anordnung
(1) Vollzugsbeamte sind verpflichtet, unmittelbaren Zwang anzuwenden, der im Vollzugsdienst von ihrem Vorgesetzten oder einer sonst dazu befugten Person angeordnet wird. Dies gilt nicht, wenn die Anordnung die Menschenwürde verletzt oder nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden ist.
(2) Eine Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Vollzugsbeamte die Anordnung trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung hat der Vollzugsbeamte dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist.
(4) § 36 Absatz 2 und 3 des Beamtenstatusgesetzes ist nicht anzuwenden.
§ 105 Hilfeleistung für Verletzte
Wird unmittelbarer Zwang angewendet, ist Verletzten, soweit es nötig ist und die Lage es zulässt, Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen.
§ 106 Fesselung von Personen
Eine Person, die nach diesem Gesetz oder anderen Gesetzen festgehalten wird, darf gefesselt werden,
§ 107 Zum Gebrauch von Schusswaffen Berechtigte
Die Befugnis zum Gebrauch von Schusswaffen steht ausschließlich zu
§ 108 Allgemeine Vorschriften für den Schusswaffengebrauch
(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolglos angewendet worden sind oder offensichtlich keinen Erfolg versprechen.
(2) Der Schusswaffengebrauch ist unzulässig, wenn Unbeteiligte gefährdet werden. Dies gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.
(3) Gegen Personen, die tatsächlich oder dem äußeren Eindruck nach noch nicht 14 Jahre alt sind, dürfen Schusswaffen nicht gebraucht werden. Das gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben ist.
§ 109 Schusswaffengebrauch gegen Personen
(1) Gegen Personen ist der Gebrauch von Schusswaffen nur zulässig, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen und soweit der Zweck nicht durch Schusswaffengebrauch gegen Sachen erreicht werden kann.
(2) Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden,
(3) Schusswaffen dürfen nach Absatz 2 Nummer 4 nicht gebraucht werden, wenn es sich um den Vollzug eines Jugendarrestes oder eines Strafarrestes handelt oder wenn die Flucht aus einer offenen Anstalt verhindert werden soll.
§ 110 Schusswaffengebrauch gegen Personen in einer Menschenmenge
(1) Schusswaffen dürfen gegen Personen in einer Menschenmenge nur gebraucht werden, wenn von ihr oder aus ihr heraus schwerwiegende Gewalttaten begangen werden oder unmittelbar bevorstehen und andere Maßnahmen keinen Erfolg versprechen.
(2) Wer sich aus einer solchen Menschenmenge nach wiederholter Androhung des Schusswaffengebrauches nicht entfernt, obwohl ihm das möglich ist, ist nicht Unbeteiligter im Sinne des § 108 Absatz 2.
§ 111 Warnung
(1) Bevor unmittelbarer Zwang gegen Personen angewendet wird, ist zu warnen. Von der Warnung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer im einzelnen Falle bevorstehenden Gefahr notwendig ist. Als Warnung vor dem Schusswaffengebrauch gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.
(2) Schusswaffen dürfen nur dann ohne Warnung gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(3) Gegenüber einer Menschenmenge ist vor Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig zu warnen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. Vor Gebrauch von Schusswaffen gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets zu warnen; die Warnung ist vor dem Gebrauch zu wiederholen. Bei Gebrauch von technischen Sperren und Einsatz von Dienstpferden kann von der Warnung abgesehen werden.
§ 112 Verwaltungsvorschriften
Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften über die Anwendung unmittelbaren Zwangs erlässt das Innenministerium für seinen Geschäftsbereich; die anderen Ministerien erlassen sie für ihren Geschäftsbereich im Einvernehmen mit dem Innenministerium.
§ 113 Einschränkung von Grundrechten
Für Maßnahmen, die nach Vorschriften dieses Unterabschnitts getroffen werden, werden das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), das Recht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) und das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
Abschnitt 9
Kosten
§ 114 Kosten
(1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben.
(2) Die obersten Landesbehörden werden ermächtigt, jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung die einzelnen Amtshandlungen, für die die Verwaltungsgebühren erhoben werden, und die Gebührensätze im Einvernehmen mit dem Innenministerium und dem Finanzministerium zu bestimmen. Das Verwaltungskostengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern findet Anwendung, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält.
(3) Die Kosten trägt der Pflichtige, im Fall der unmittelbaren Ausführung einer Maßnahme (§ 70a) der nach den §§ 69 oder 70 Verantwortliche.
Abschnitt 10
Schlussbestimmungen
§ 115 Übergangsvorschrift
Auf Dateien und Datensammlungen, die vor Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes errichtet wurden, sind § 25 Absatz 3 und § 47 Absatz 2 anzuwenden, wenn die Daten verarbeitende Stelle im Rahmen ihrer laufenden Prüfungspflichten feststellt, dass Änderungen vorzunehmen sind.
§ 116 (aufgehoben)
ENDE | |
(Stand: 06.09.2023)
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