Regelwerk, Allgemeines |
Verfassung von Berlin
Vom 23. November 1995
(GVBl. vom 28.11.1995 S. 779; 14.06.1996 S. 233; 03.04.1998 S. 82; 19.05.2004 S. 214; 01.09.2004 S. 367; 28.06.2005 S. 346; 27.09.2005 S. 494; 16.03.2006 S. 262; 25.05.2006 S. 446; 06.07.2006 S. 710; 17.12.2009 S. 872; 17.03.2010 S. 134; 07.02.2014 S. 38 14 Inkrafttreten; 22.03.2016 S. 114 16; 17.12.2020 S. 1478 20; 17.05.2021 S. 502 21; 20.12.2023 S. 457 23; 29.04.2024 Nr. 16 24)
Gl.-Nr.: 100-1
Abschnitt I
Die Grundlagen
(1) Berlin ist ein deutsches Land und zugleich eine Stadt.
(2) Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland und als solches Teil der Europäischen Union. Berlin bekennt sich zu einem geeinten Europa, das demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen sowie dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist, die Eigenständigkeit der Städte und Regionen wahrt und deren Mitwirkung an europäischen Entscheidungen sichert. Berlin arbeitet mit anderen europäischen Städten und Regionen zusammen.
(3) Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind für Berlin bindend.
Träger der öffentlichen Gewalt ist die Gesamtheit der Deutschen, die in Berlin ihren Wohnsitz haben. Sie üben nach dieser Verfassung ihren Willen unmittelbar durch Wahl zu der Volksvertretung und durch Abstimmung, mittelbar durch die Volksvertretung aus. Die Vorschriften dieser Verfassung, die auch anderen Einwohnern Berlins eine Beteiligung an der staatlichen Willensbildung einräumen, bleiben unberührt.
(1) Die gesetzgebende Gewalt wird durch Volksabstimmungen, Volksentscheide und durch die Volksvertretung ausgeübt, die vollziehende Gewalt durch die Regierung und die Verwaltung sowie in den Bezirken im Wege von Bürgerentscheiden. Die richterliche Gewalt liegt in den Händen unabhängiger Gerichte.
(2) Volksvertretung, Regierung und Verwaltung einschließlich der Bezirksverwaltungen nehmen die Aufgaben Berlins als Gemeinde, Gemeindeverband und Land wahr.
(1) Berlin gliedert sich in zwölf Bezirke. Diese umfassen die bisherigen Bezirke
(2) Jede Änderung seines Gebietes bedarf der Zustimmung der Volksvertretung. Eine Änderung der Grenzen der Bezirke kann nur durch Gesetz vorgenommen werden. Für Grenzänderungen von geringerer Bedeutung, denen die beteiligten Bezirke zustimmen, kann durch Gesetz Abweichendes bestimmt werden.
Berlin führt Flagge, Wappen und Siegel mit dem Bären, die Flagge mit den Farben Weiß-Rot.
Abschnitt II
Grundrechte, Staatsziele
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(1) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(2) Jeder Verhaftete oder Festgenommene ist binnen 24 Stunden darüber in Kenntnis zu setzen, von welcher Stelle und aus welchem Grunde die Entziehung der Freiheit angeordnet wurde. Die nächsten Angehörigen haben das Recht auf Auskunft über die Freiheitsentziehung. Auf Verlangen des Verhafteten oder Festgenommenen ist auch anderen Personen unverzüglich von der Verhaftung oder Festnahme Kenntnis zu geben.
(3) Jeder Verhaftete oder Festgenommene ist binnen 48 Stunden dem zuständigen Richter zur Entscheidung über die Haft oder Festnahme vorzuführen.
(1) Ein Beschuldigter kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen.
(2) Ein Beschuldigter gilt nicht als schuldig, solange er nicht von einem Gericht verurteilt ist.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.
(3) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das Land ist verpflichtet, die Gleichstellung und die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens herzustellen und zu sichern. Zum Ausgleich bestehender Ungleichheiten sind Maßnahmen zur Förderung zulässig.
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht benachteiligt werden. Das Land ist verpflichtet, für die gleichwertigen Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung zu sorgen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
(2) Andere auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaften haben Anspruch auf Schutz vor Diskriminierung.
(3) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.
(4) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten ihrem Erziehungsauftrag nicht nachkommen.
(5) Wer in häuslicher Gemeinschaft Kinder erzieht oder für andere sorgt, verdient Förderung.
(6) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(7) Frauen und Männern ist es zu ermöglichen, Kindererziehung und häusliche Pflegetätigkeit mit der Erwerbstätigkeit und der Teilnahme am öffentlichen Leben zu vereinbaren. Alleinerziehende Frauen und Männer, Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt haben Anspruch auf besonderen Schutz im Arbeitsverhältnis.
(1) Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit: auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz der Gemeinschaft vor Gewalt, Vemachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes als eigenständiger Persönlichkit imd trägt Sorge für kindgrechte Lebensbedinungen.
(2) Den nichtehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Jedermann hat das Recht, innerhalb der Gesetze seine Meinung frei und öffentlich zu äußern, solange er die durch die Verfassung gewährleistete Freiheit nicht bedroht oder verletzt.
(2) Jedermann hat das Recht, sich über die Meinung anderer, insbesondere auch anderer Völker, durch die Presse oder Nachrichtenmittel aller Art zu unterrichten.
(3) Eine Zensur ist nicht statthaft.
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes bleibt unberührt.
(5) Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
Das Recht der Freizügigkeit, insbesondere die freie Wahl des Wohnsitzes, des Berufes und des Arbeitsplatzes, ist gewährleistet, findet aber seine Grenze in der Verpflichtung, bei Überwindung öffentlicher Notstände mitzuhelfen.
Alle haben das Recht auf Arbeit. Dieses Recht zu schützen und zu fördern ist Aufgabe des Landes. Das Land trägt zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen bei und sichert im Rahmen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts einen hohen Beschäftigungsstand. Wenn Arbeit nicht nachgewiesen werden kann, besteht Anspruch auf Unterhalt aus öffentlichen Mitteln.
(1) Niemand darf im Rahmen der geltenden Gesetze an der Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder öffentlicher Ehrenämter gehindert werden, insbesondere nicht durch sein Arbeitsverhältnis.
(2) Der Zugang zu allen öffentlichen Ämtern steht jedem ohne Unterschied der Herkunft, des Geschlechts, der Partei und des religiösen Bekenntnisses offen, wenn er die nötige Eignung besitzt.
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Bildung. Das Land ermöglicht und fördert nach Maßgabe der Gesetze den Zugang eines jeden Menschen zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen, insbesondere ist die berufliche Erstausbildung zu fördern.
(2) Das Land schützt und fördert das kulturelle Leben.
Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Das Land ist verpflichtet, im Rahmen seiner Kräfte die soziale Sicherung zu verwirklichen. Soziale Sicherung soll eine menschenwürdige und eigenverantwortliche Lebensgestaltung ermöglichen.
(2) Die Errichtung und Unterhaltung von Einrichtungen für die Beratung, Betreuung und Pflege im Alter, bei Krankheit, Behinderung, Invalidität und Pflegebedürftigkeit sowie für andere soziale und karitative Zwecke sind staatlich zu fördern, unabhängig von ihrer Trägerschaft.
(1) Das Eigentum wird gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen.
(2) Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden.
Jeder Missbrauch wirtschaftlicher Macht ist widerrechtlich. Insbesondere stellen alle auf Produktions- und Marktbeherrschung gerichteten privaten Monopolorganisationen einen Missbrauch wirtschaftlicher Macht dar und sind verboten.
Das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten in Wirtschaft und Verwaltung ist durch Gesetz zu gewährleisten.
Alle Männer und Frauen haben das Recht, sich zu gesetzlich zulässigen Zwecken friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.
(1) Alle Männer und Frauen haben das Recht, Vereinigungen und Gesellschaften zu bilden. Vereinigungen dürfen keine Zwecke verfolgen oder Maßnahmen treffen, durch welche die Erfüllung von Aufgaben verfassungsmäßiger Organe und öffentlich-rechtlicher Verwaltungskörper gefährdet wird.
(2) Das Streikrecht wird gewährleistet.
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.
(2) Der Wohnraum ist unverletzlich. Eine Durchsuchung darf nur auf richterliche Anordnung erfolgen oder bei Verfolgung auf frischer Tat durch die Polizei, deren Maßnahmen jedoch binnen 48 Stunden der richterlichen Genehmigung bedürfen.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(2) Rassenhetze und Bekundung nationalen oder religiösen Hasses widersprechen dem Geist der Verfassung und sind unter Strafe zu stellen.
(1) Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, widersprechen dem Geist der Verfassung und sind unter Strafe zu stellen.
(2) Jedermann hat das Recht, Kriegsdienste zu verweigern, ohne dass ihm Nachteile entstehen dürfen.
(1) Die Umwelt und die natürlichen Lebensgrundlagen stehen unter dem besonderen Schutz des Landes.
(2) Tiere sind als Lebewesen zu achten und vor vermeidbarem Leiden zu schützen.
Sport ist ein förderungs- und schützenswerter Teil des Lebens. Die Teilnahme am Sport ist den Angehörigen aller Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen.
Das Recht des einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird gewährleistet. Einschränkungen dieses Rechts bedürfen eines Gesetzes. Sie sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig.
Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen mit schriftlichen Anträgen, Anregungen oder Beschwerden an die zuständigen Stellen, insbesondere an das Abgeordnetenhaus, den Senat, die Bezirksverordnetenversammlungen oder die Bezirksämter, zu wenden.
(1) Der Sonntag und die gesetzlichen Feiertage sind als Tage der Arbeitsruhe geschützt.
(2) Der 1. Mai ist gesetzlicher Feiertag.
(1) Die durch die Verfassung gewährleisteten Grundrechte sind für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung verbindlich.
(2) Einschränkungen der Grundrechte sind durch Gesetz nur insoweit zulässig, als sie nicht den Grundgedanken dieser Rechte verletzen.
(3) Werden die in der Verfassung festgelegten Grundrechte offensichtlich verletzt, so ist jedermann zum Widerstand berechtigt.
Auf die Artikel 14, 26 und 27 darf sich nicht berufen, wer die Grundrechte angreift oder gefährdet, insbesondere wer nationalsozialistische oder andere totalitäre oder kriegerische Ziele verfolgt.
Abschnitt III
Die Volksvertretung
(1) Das Abgeordnetenhaus ist die von den wahlberechtigten Deutschen gewählte Volksvertretung.
(2) Das Abgeordnetenhaus besteht aus mindestens 130 Abgeordneten.
(3) Die Opposition ist notwendiger Bestandteil der parlamentarischen Demokratie. Sie hat das Recht auf politische Chancengleichheit.
(4) Die Abgeordneten sind Vertreter aller Berliner. Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(1) Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl gewählt.
(2) Parteien, für die im Gebiet von Berlin insgesamt weniger als fünf vom Hundert der Stimmen abgegeben werden, erhalten keine Sitze zugeteilt, es sei denn, dass ein Bewerber der Partei einen Sitz in einem Wahlkreis errungen hat.
(3) Wahlberechtigt sind alle Deutschen, die am Tage der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet und seit mindestens drei Monaten in Berlin ihren Wohnsitz haben.
(4) Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die am Tage der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben.
(5) Alles Nähere, insbesondere über den Ausschluss vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit sowie über das Ruhen des Wahlrechts, wird durch das Wahlgesetz geregelt.
(1) Eine Vereinigung von mindestens fünf vom Hundert der verfassungsmäßigen Mindestzahl der Abgeordneten bildet eine Fraktion. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.
(2) Fraktionen nehmen unmittelbar Verfassungsaufgaben wahr, indem sie mit eigenen Rechten und Pflichten als selbständige und unabhängige Gliederungen der Volksvertretung an deren Arbeit mitwirken und die parlamentarische Willensbildung unterstützen. Insofern haben sie Anspruch auf angemessene Ausstattung. Das Nähere über die Rechtsstellung und Organisation sowie die Rechte und Pflichten der Fraktionen werden durch Gesetz bestimmt.
(1) Das Abgeordnetenhaus gibt sich selbst eine Geschäftsordnung.
(2) Das Abgeordnetenhaus wählt für die Dauer der Wahlperiode aus seiner Mitte den Präsidenten und zwei Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses sowie die übrigen Mitglieder des Präsidiums. Für die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten haben die Fraktionen das Vorschlagsrecht in der Reihenfolge ihrer Stärke. Für die Wahl der übrigen Mitglieder des Präsidiums hat jede Fraktion das Vorschlagsrecht für ein Mitglied und für so viele weitere Mitglieder, wie nach ihrer Stärke auf die Fraktionen entfallen. Für die Wahl des gesamten Präsidiums wird die Stärke der Fraktionen nach dem d"Hondtschen Höchstzahlverfahren berechnet.
(3) Der Präsident, die Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder des Präsidiums können durch Beschluss des Abgeordnetenhauses abberufen werden. Der Beschluss setzt einen Antrag der Mehrheit der Mitglieder des Abgeordnetenhauses voraus. Er bedarf der Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Abgeordnetenhauses.
(4) Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Sitzungsgebäude aus. Ohne seine Zustimmung darf im Sitzungsgebäude keine Durchsuchung oder Beschlagnahme stattfinden.
(5) Der Präsident verwaltet die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Abgeordnetenhauses nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes. Er vertritt das Abgeordnetenhaus in allen Angelegenheiten. Ihm steht die Ernennung, Einstellung und Entlassung der Beamten, Angestellten und Arbeiter zu.
(1) Das Abgeordnetenhaus wird durch den Präsidenten einberufen.
(2) Auf Antrag eines Fünftels seiner Mitglieder oder des Senats muss das Abgeordnetenhaus unverzüglich einberufen werden.
(3) Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses sind öffentlich.
(4) Wenn ein Fünftel der Abgeordneten oder der Senat es beantragt, kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Über den Antrag ist in geheimer Sitzung zu beraten und abzustimmen.
(1) Das Abgeordnetenhaus ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der gewählten Abgeordneten anwesend ist.
(2) Das Abgeordnetenhaus beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit, falls die Verfassung nicht ein anderes Stimmenverhältnis vorschreibt. Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung. Für die vom Abgeordnetenhaus vorzunehmenden Wahlen kann durch Gesetz oder durch die Geschäftsordnung eine andere Mehrheit vorgeschrieben werden.
(3) Das Abgeordnetenhaus ist abweichend von Absatz 1 im Falle der außergewöhnlichen Notlage einer Pandemie oder Naturkatastrophe beschlussfähig, wenn mehr als ein Viertel der gewählten Abgeordneten anwesend ist.
(4) Das Abweichen nach Absatz 3 bedarf eines Beschlusses mit mehr als vier Fünfteln der gewählten Abgeordneten oder, wenn dies auf Grund der Notlage unmöglich ist, mit mehr als vier Fünfteln der Mitglieder des Ältestenrats des Abgeordnetenhauses. Dieser Beschluss tritt nach spätestens drei Monaten oder auf Verlangen eines Fünftels der gewählten Abgeordneten oder der Mitglieder des Ältestenrats außer Kraft. Der Beschluss nach Satz 1 tritt auch außer Kraft auf schriftlichen Antrag aller Mitglieder zweier Fraktionen.
(5) Die Absätze 3 und 4 finden keine Anwendung auf Wahlen und Beschlussfassungen nach Artikel 4 Absatz 2, Artikel 54 Absatz 2, Artikel 56 Absatz 1, Artikel 57 Absatz 2 und 3, Artikel 84 Absatz 1 und Artikel 100. Gleiches gilt für Änderungen der Geschäftsordnung.
(6) Alle Gesetze, die das Abgeordnetenhaus während der außergewöhnlichen Notlage nach den Absätzen 3 und 4 beschlossen hat, sind innerhalb von vier Wochen nach einem Wiederzusammentreten des Abgeordnetenhauses nach Absatz 1 durch Beschluss des Abgeordnetenhauses zu bestätigen, der in einer Lesung erfolgen kann, und treten anderenfalls außer Kraft.
(7) Die Absätze 3 bis 7 treten mit Ablauf der 18. Wahlperiode außer Kraft.
(1) Das Abgeordnetenhaus setzt nach Bedarf Ausschüsse aus seiner Mitte ein. Die Ausschüsse tagen grundsätzlich öffentlich.
(2) Die Zusammensetzung der Ausschüsse sowie die Besetzung der Vorsitze richten sich nach der Stärke der Fraktionen (Artikel 41 Abs. 2 Satz 4). Die Fraktionen benennen dem Präsidenten die auf sie entfallenden Mitglieder. Fraktionslose Abgeordnete haben das Recht, in den Ausschüssen ohne Stimmrecht mitzuarbeiten.
(3) Das Abgeordnetenhaus hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche oder bedeutsame Sachverhalte in einem Lebensbereich Enquete-Kommissionen einzusetzen. Diesen gehören auch vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses auf Vorschlag der Fraktionen berufene sachverständige Personen an, die nicht Mitglieder des Abgeordnetenhauses sind.
(4) Das Abgeordnetenhaus, die Ausschüsse und die Enquete-Kommissionen können vom Senat Auskünfte verlangen und Berichte anfordern.
(5) Alles Nähere regelt die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses.
(1) Das Recht des Abgeordneten, sich im Abgeordnetenhaus und in den Ausschüssen durch Rede, Anfragen und Anträge an der Willensbildung und Entscheidungsfindung zu beteiligen, darf nicht ausgeschlossen werden. Die Rechte der einzelnen Abgeordneten können nur insoweit beschränkt werden, wie es für die gemeinschaftliche Ausübung der Mitgliedschaft im Parlament notwendig ist. Das Fragerecht wird durch schriftliche Anfragen und spontane Fragen ausgeübt. Schriftliche Anfragen sind durch den Senat grundsätzlich innerhalb von drei Wochen schriftlich zu beantworten und dürfen nicht allein wegen ihres Umfangs zurückgewiesen werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses.
(2) Jeder Abgeordnete hat das Recht, Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Verwaltung zu nehmen. Die Einsichtnahme darf abgelehnt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen einschließlich des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung oder überwiegende private Interessen an der Geheimhaltung dies zwingend erfordern. Die Entscheidung ist dem Abgeordneten schriftlich mitzuteilen und zu begründen. Das Einsichtsrecht in Akten oder sonstige amtliche Unterlagen der Verfassungsschutzbehörde bleibt den Mitgliedern der für die Kontrolle der Verfassungsschutzbehörde zuständigen Gremien nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften vorbehalten.
Zum Schutz der Rechte der Bürger wird ein Ausschuss des Abgeordnetenhauses eingerichtet, der über Petitionen entscheidet, sofern nicht das Abgeordnetenhaus selbst entscheidet. Der Ausschuss kann auch tätig werden, wenn ihm auf andere Weise Umstände bekannt werden. Der Senat und alle ihm unterstellten oder von ihm beaufsichtigten Behörden und Einrichtungen sowie die Gerichte haben Auskunftshilfe zu leisten. Die gleichen Verpflichtungen treffen juristische Personen des Privatrechts, nichtrechtsfähige Vereinigungen und natürliche Personen, soweit sie unter maßgeblichem Einfluss des Landes öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Der Ausschuss kann Zeugen und Sachverständige vernehmen und vereidigen. Das Nähere regelt ein Gesetz.
Das Abgeordnetenhaus wählt aus seiner Mitte einen Ausschuss für Verfassungsschutz. Für die Wahl der Mitglieder steht den Fraktionen das Vorschlagsrecht in entsprechender Anwendung des Artikel 44 Abs. 2 Satz 1 zu.
(1) Zur Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung wählt das Abgeordnetenhaus einen Datenschutzbeauftragten. Er wird vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses ernannt und unterliegt dessen Dienstaufsicht.
(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.
(1) Das Abgeordnetenhaus hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
(2) Die Untersuchungsausschüsse haben das Recht, Beweise zu erheben. Sie sind dazu verpflichtet, wenn dies von den Antragstellern oder einem Fünftel der Ausschussmitglieder beantragt wird. Die Beweiserhebung ist unzulässig, wenn sie nicht im Rahmen des Untersuchungsauftrages liegt.
(3) Jeder ist verpflichtet, den Aufforderungen des Untersuchungsausschusses zum Zwecke der Beweiserhebung Folge zu leisten. Gerichte und Behörden sind zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet; sie haben auf Verlangen Akten vorzulegen und ihren Dienstkräften Aussagegenehmigungen zu erteilen, soweit nicht Gründe der Sicherheit des Bundes oder eines deutschen Landes entgegenstehen.
(4) Berichte der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen Nachprüfung entzogen.
(5) Der Untersuchungsausschuss kann durch Beschluss den Mitgliedern des Senats und ihren Beauftragten die Anwesenheit in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses gestatten.
(6) Alles Nähere, auch die Bestimmung der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, wird durch Gesetz geregelt.
(1) Das Abgeordnetenhaus und seine Ausschüsse können die Anwesenheit der Mitglieder des Senats fordern.
(2) Der Senat ist zu den Sitzungen des Abgeordnetenhauses und seiner Ausschüsse einzuladen. Den Mitgliedern des Senats ist auf Verlangen zur Tagesordnung das Wort zu erteilen.
(3) Der Regierende Bürgermeister oder sein Vertreter kann vor Eintritt in die Tagesordnung unabhängig von den Gegenständen der Beratung das Wort ergreifen. Das Nähere wird durch die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses geregelt.
(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat die Opposition das Recht der ersten Erwiderung.
(5) Die Mitglieder des Senats unterstehen in den Sitzungen der Ordnungsgewalt des Präsidenten des Abgeordnetenhauses oder des Vorsitzenden des Ausschusses.
(1) Das Abgeordnetenhaus und die jeweils zuständigen Ausschüsse können von den auf Veranlassung des Abgeordnetenhauses oder des Senats entsandten oder gewählten Vertretern des Landes Berlin in Aufsichts- oder sonstigen zur Kontrolle der Geschäftsführung berufenen Organen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer juristischen Person des Privatrechts, die unter maßgeblichem Einfluss des Landes Berlin öffentliche Aufgaben wahrnimmt, Auskünfte verlangen und Berichte anfordern.
(2) Die Unterrichtung über vertrauliche oder geheimhaltungsbedürftige Angaben ist gegenüber dem jeweils zuständigen Ausschuss des Abgeordnetenhauses vorzunehmen. Der Ausschuss muss die Gewähr für die Vertraulichkeit oder die Geheimhaltung der ihm anvertrauten Informationen, namentlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, bieten.
(3) Alles Nähere regelt die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses.
(1) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus frühzeitig und vollständig über alle in seine Zuständigkeit fallenden Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung. Dies betrifft auch Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit das Land Berlin daran beteiligt ist. Staatsverträge sind vor ihrer Unterzeichnung durch den Senat dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnis zu geben. Der Abschluss von Staatsverträgen bedarf der Zustimmung des Abgeordnetenhauses.
(2) Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus über Gesetzesvorhaben des Bundes und über die Angelegenheiten der Europäischen Union, soweit er an ihnen mitwirkt.
(1) Kein Abgeordneter darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen Äußerungen in Ausübung seines Mandats gerichtlich oder dienstlich oder sonst außerhalb des Abgeordnetenhauses zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.
(2) Jeder Abgeordnete hat das Recht, Angaben über Personen, die ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter Mitteilung gemacht haben, und die Herausgabe von Schriftstücken zu verweigern, die ihm in seiner Eigenschaft als Abgeordneter übergeben wurden.
(3) Kein Abgeordneter darf ohne Genehmigung des Abgeordnetenhauses zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Ausübung der Tat festgenommen wird.
(4) Jede Haft oder sonstige Beschränkung der persönlichen Freiheit eines Abgeordneten ist auf Verlangen des Abgeordnetenhauses aufzuheben.
Niemand darf wegen wahrheitsgetreuer Berichte über die öffentlichen Verhandlungen des Abgeordnetenhauses und seiner Ausschüsse zur Verantwortung gezogen werden.
Die Abgeordneten erhalten eine angemessene Entschädigung. Alles Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(1) Das Abgeordnetenhaus wird unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 5 für fünf Jahre gewählt. Die Wahlperiode beginnt mit dem ersten Zusammentritt des Abgeordnetenhauses. Die Neuwahl findet frühestens 56 und spätestens 59 Monate nach dem Beginn der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses statt.
(2) Das Abgeordnetenhaus kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschließen, die Wahlperiode vorzeitig zu beenden.
(3) Die Wahlperiode kann auch durch Volksentscheid vorzeitig beendet werden.
(4) Im Falle der vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode findet die Neuwahl spätestens acht Wochen nach dem Beschluss des Abgeordnetenhauses oder der Bekanntgabe des Volksentscheides statt.
(5) Die Wahlperiode endet mit dem Zusammentritt des neugewählten Abgeordnetenhauses. Das Abgeordnetenhaus tritt spätestens sechs Wochen nach der Wahl unter dem Vorsitz des ältesten Abgeordneten zusammen.
Abschnitt IV
Die Regierung
(1) Die Regierung wird durch den Senat ausgeübt.
(2) Der Senat besteht aus dem Regierenden Bürgermeister und bis zu zehn Senatoren.
(1) Der Regierende Bürgermeister wird mit der Mehrheit der Mitglieder des Abgeordnetenhauses gewählt. Kommt eine Wahl nach Satz 1 nicht zustande, so findet ein zweiter Wahlgang statt. Kommt die Wahl auch in diesem Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.
(2) Die Senatoren werden vom Regierenden Bürgermeister ernannt und entlassen. Er ernennt zwei Senatoren zu seinen Stellvertretern (Bürgermeister).
(3) Die Mitglieder des Senats können jederzeit von ihrem Amt zurücktreten. Mit der Beendigung des Amtes des Regierenden Bürgermeisters endet auch die Amtszeit der übrigen Senatsmitglieder. Der Regierende Bürgermeister und auf sein Ersuchen die übrigen Senatsmitglieder sind verpflichtet, die Amtsgeschäfte bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger fortzuführen.
(1) Der Regierende Bürgermeister bedarf des Vertrauens des Abgeordnetenhauses.
(2) Das Abgeordnetenhaus kann dem Regierenden Bürgermeister das Vertrauen entziehen. Die namentliche Abstimmung darf frühestens 48 Stunden nach der Bekanntgabe des Misstrauensantrages im Abgeordnetenhaus erfolgen.
(3) Der Beschluss über einen Misstrauensantrag bedarf der Zustimmung der Mehrheit der gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Bei Annahme eines Misstrauensantrages hat der Regierende Bürgermeister sofort zurückzutreten. Das Misstrauensvotum verliert seine Wirksamkeit, wenn nicht binnen 21 Tagen eine Neuwahl erfolgt ist.
(1) Der Regierende Bürgermeister vertritt Berlin nach außen. Er führt den Vorsitz im Senat und leitet seine Sitzungen. Bei Stimmengleichheit gibt seine Stimme den Ausschlag.
(2) Der Regierende Bürgermeister bestimmt die Richtlinien der Regierungspolitik. Sie bedürfen der Billigung des Abgeordnetenhauses.
(3) Der Regierende Bürgermeister überwacht die Einhaltung der Richtlinien der Regierungspolitik; er hat das Recht, über alle Amtsgeschäfte Auskunft zu verlangen.
(4) Der Senat gibt sich seine Geschäftsordnung.
(5) Jedes Mitglied des Senats leitet seinen Geschäftsbereich selbständig und in eigener Verantwortung innerhalb der Richtlinien der Regierungspolitik. Bei Meinungsverschiedenheiten oder auf Antrag des Regierenden Bürgermeisters entscheidet der Senat.
Abschnitt V
Die Gesetzgebung
(1) Die für alle verbindlichen Gebote und Verbote müssen auf Gesetz beruhen.
(2) Gesetzesvorlagen können aus der Mitte des Abgeordnetenhauses, durch den Senat oder im Wege des Volksbegehrens eingebracht werden.
(3) Die Öffentlichkeit ist über Gesetzesvorhaben zu informieren. Gesetzentwürfe des Senats sind spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem betroffene Kreise unterrichtet werden, auch dem Abgeordnetenhaus zuzuleiten.
(4) Jedes Gesetz muss in mindestens zwei Lesungen im Abgeordnetenhaus beraten werden. Zwischen beiden Lesungen soll im allgemeinen eine Vorberatung in dem zuständigen Ausschuss erfolgen.
(5) Auf Verlangen des Präsidenten des Abgeordnetenhauses oder des Senats hat eine dritte Lesung stattzufinden.
(1) Gesetze werden vom Abgeordnetenhaus mit einfacher Mehrheit beschlossen, soweit die Verfassung nichts anderes bestimmt.
(2) Gesetze sind vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses unverzüglich auszufertigen und sodann binnen zwei Wochen vom Regierenden Bürgermeister zu verkünden.
(3) Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so treten sie mit dem 14. Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem sie verkündet worden sind.
(1) Alle Einwohner Berlins haben das Recht, das Abgeordnetenhaus im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeiten mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen, zu befassen. Die Initiative muss von 20.000 Einwohnern Berlins, die mindestens 16 Jahre alt sind, unterzeichnet sein. Ihre Vertreter haben das Recht auf Anhörung in den zuständigen Ausschüssen.
(2) Das Nähere regelt ein Gesetz.
(1) Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben, soweit das Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz hat. Sie können darüber hinaus darauf gerichtet werden, im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Abgeordnetenhauses zu Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen, sonstige Beschlüsse zu fassen. Sie sind innerhalb einer Wahlperiode zu einem Thema nur einmal zulässig.
(2) Volksbegehren zum Landeshaushaltsgesetz, zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben, Tarifen der öffentlichen Unternehmen sowie zu Personalentscheidungen sind unzulässig.
(3) Der dem Volksbegehren zugrunde liegende Entwurf eines Gesetzes oder eines sonstigen Beschlusses ist vom Senat unter Darlegung seines Standpunktes dem Abgeordnetenhaus zu unterbreiten, sobald der Nachweis der Unterstützung des Volksbegehrens erbracht ist. Auf Verlangen der Vertreter des Volksbegehrens ist das Volksbegehren durchzuführen, wenn das Abgeordnetenhaus den begehrten Entwurf eines Gesetzes oder eines sonstigen Beschlusses nicht innerhalb von vier Monaten inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand unverändert annimmt.
(4) Ist ein Volksbegehren zustande gekommen, so muss innerhalb von vier Monaten ein Volksentscheid herbeigeführt werden. Die Frist kann auf bis zu acht Monate verlängert werden, wenn dadurch der Volksentscheid gemeinsam mit Wahlen oder mit anderen Volksentscheiden durchgeführt werden kann. Das Abgeordnetenhaus kann einen eigenen Entwurf eines Gesetzes oder eines sonstigen Beschlusses zur gleichzeitigen Abstimmung stellen. Der Volksentscheid unterbleibt, wenn das Abgeordnetenhaus den begehrten Entwurf eines Gesetzes oder eines sonstigen Beschlusses inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand unverändert annimmt.
(5) Der Präsident des Abgeordnetenhauses fertigt das durch Volksentscheid zustande gekommene Gesetz aus; der Regierende Bürgermeister verkündet es im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin.
(6) Volksbegehren können auch auf die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses gerichtet werden.
(1) Ein Volksbegehren, das einen Gesetzentwurf oder einen sonstigen Beschluss nach Artikel 62 Abs. 1 zum Gegenstand hat, bedarf zum Nachweis der Unterstützung der Unterschriften von mindestens 20.000 der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten. Es kommt zustande, wenn mindestens 7 vom Hundert der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten innerhalb von vier Monaten dem Volksbegehren zustimmt. Ein Gesetz oder ein sonstiger Beschluss nach Artikel 62 Abs. 1 ist durch Volksentscheid angenommen, wenn eine Mehrheit der Teilnehmer und zugleich mindestens ein Viertel der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten zustimmt.
(2) Ein Volksbegehren, das einen die Verfassung von Berlin ändernden Gesetzentwurf zum Gegenstand hat, bedarf zum Nachweis der Unterstützung der Unterschriften von mindestens 50.000 der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten. Es kommt zustande, wenn mindestens ein Fünftel der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten innerhalb von vier Monaten dem Volksbegehren zustimmt. Ein die Verfassung von Berlin änderndes Gesetz ist durch Volksentscheid angenommen, wenn eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der Teilnehmer und zugleich mindestens die Hälfte der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten zustimmt.
(3) Ein Volksbegehren, das die vorzeitige Beendigung der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses zum Gegenstand hat, bedarf zum Nachweis der Unterstützung der Unterschriften von mindestens 50.000 der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten. Es kommt zustande, wenn mindestens ein Fünftel der zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten innerhalb von vier Monaten dem Volksbegehren zustimmt. Der Volksentscheid wird nur wirksam, wenn sich mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten daran beteiligt und die Mehrheit der Teilnehmer zustimmt.
(4) Das Nähere zum Volksbegehren und zum Volksentscheid, einschließlich der Veröffentlichung des dem Volksentscheid zugrunde liegenden Vorschlags, wird durch Gesetz geregelt.
(1) Durch Gesetz kann der Senat oder ein Mitglied des Senats ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung müssen im Gesetz bestimmt werden. Die Rechtsgrundlage ist in der Rechtsverordnung anzugeben.
(2) Zur Festsetzung von Bebauungsplänen und Landschaftsplänen können die Bezirke durch Gesetz ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Die Ermächtigung kann sich auch auf andere baurechtliche Akte, die nach Bundesrecht durch Satzung zu regeln sind, sowie auf naturschutzrechtliche Veränderungsverbote erstrecken. Dies gilt nicht für Gebiete mit außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(3) Die Rechtsverordnungen nach Absatz 1 sind dem Abgeordnetenhaus unverzüglich zur Kenntnisnahme vorzulegen. Verwaltungsvorschriften sind dem Abgeordnetenhaus auf Verlangen vorzulegen.
(1) Parallel zur Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse in Berlin sollen Rechtsvorschriften, die bisher nur in Teilen des Landes Berlin galten, durch Rechtsvorschriften ersetzt werden, die im ganzen Land gelten.
(2) Soweit in überlieferten Rechtsvorschriften Zuständigkeiten angesprochen sind, die nicht ohne weiteres einem Verfassungsorgan zugeordnet werden können, gehen sie auf den Senat über; das Abgeordnetenhaus kann anderes beschließen.
Abschnitt VI
Die Verwaltung
(1) Die Verwaltung ist bürgernah im demokratischen und sozialen Geist nach der Verfassung und den Gesetzen zu führen.
(2) Die Bezirke erfüllen ihre Aufgaben nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung. Sie nehmen regelmäßig die örtlichen Verwaltungsaufgaben wahr.
(1) Der Senat nimmt durch die Hauptverwaltung die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung wahr. Dazu gehören:
einer Durchführung in unmittelbarer Regierungsverantwortung bedürfen. Die Ausgestaltung der Aufsicht wird durch Gesetz geregelt. Es kann an Stelle der Fachaufsicht für einzelne Aufgabenbereiche der Bezirke ein Eingriffsrecht für alle Aufgabenbereiche der Bezirke für den Fall vorsehen, dass dringende Gesamtinteressen Berlins beeinträchtigt werden.
(2) Die Bezirke nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung wahr. Der Senat kann Grundsätze und allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Tätigkeit der Bezirke erlassen. Er übt auch die Aufsicht darüber aus, dass diese eingehalten werden und die Rechtmäßigkeit der Verwaltung gewahrt bleibt.
(3) Die Aufgaben des Senats außerhalb der Leitungsaufgaben werden im einzelnen durch Gesetz mit zusammenfassendem Zuständigkeitskatalog bestimmt. Im Vorgriff auf eine Katalogänderung kann der Senat durch Rechtsverordnung einzelne Aufgaben der Hauptverwaltung den Bezirken zuweisen.
(4) Zur Ausübung der Schulaufsicht können Beamte in den Bezirksverwaltungen herangezogen werden.
(5) Einzelne Aufgaben der Bezirke können durch einen Bezirk oder mehrere Bezirke wahrgenommen werden. Im Einvernehmen mit den Bezirken legt der Senat die örtliche Zuständigkeit durch Rechtsverordnung fest.
(1) Den Bezirken ist die Möglichkeit zu geben, zu den grundsätzlichen Fragen der Verwaltung und Gesetzgebung Stellung zu nehmen.
(2) Zu diesem Zweck finden regelmäßig mindestens einmal monatlich gemeinsame Besprechungen des Regierenden Bürgermeisters und des Bürgermeisters mit den Bezirksbürgermeistern oder den stellvertretenden Bezirksbürgermeistern als Vertretern des Bezirksamts statt (Rat der Bürgermeister).
(3) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
In jedem Bezirk wird eine Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Sie wählt die Mitglieder des Bezirksamts. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung wird in allgemeiner, gleicher, geheimer und direkter Wahl zur gleichen Zeit wie das Abgeordnetenhaus gewählt. Wahlberechtigt sind alle Deutschen, die am Tage der Wahl das 16. Lebensjahr vollendet und im Bezirk ihren Wohnsitz haben, sofern ihr Wohnsitz in Berlin seit mindestens drei Monaten besteht. Wahlberechtigt und wählbar sind unter den gleichen Voraussetzungen wie Deutsche auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen. Alles Nähere regelt das Wahlgesetz.
(2) Die Bezirksverordnetenversammlung besteht aus 55 Mitgliedern. Auf Bezirkswahlvorschläge, für die weniger als drei vom Hundert der Stimmen abgegeben werden, entfallen keine Sitze.
Mit dem Ende der Wahlperiode des Abgeordnetenhauses endet auch die Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlungen.
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung ist Organ der bezirklichen Selbstverwaltung; sie übt die Kontrolle über die Verwaltung des Bezirks aus, beschließt den Bezirkshaushaltsplan und entscheidet in den ihr zugewiesenen Angelegenheiten.
(2) An die Stelle von Beschlüssen der Bezirksverordnetenversammlung können im Rahmen der Zuständigkeit der Bezirksverordnetenversammlung Bürgerentscheide der zur Bezirksverordnetenversammlung Wahlberechtigten treten. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(1) Die Bezirksverordnetenversammlung setzt zur Mitwirkung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Ausschüsse ein.
(2) Nach näherer Bestimmung durch Gesetz können den Ausschüssen neben Mitgliedern der Bezirksverordnetenversammlung auch Bürgerdeputierte angehören. Die Bürgerdeputierten werden von der Bezirksverordnetenversammlung gewählt; sie sind Inhaber von Ehrenämtern.
(1) Das Bezirksamt besteht aus dem Bezirksbürgermeister und den Bezirksstadträten, von denen einer zugleich zum stellvertretenden Bezirksbürgermeister gewählt wird. Das Bezirksamt soll auf Grund der Wahlvorschläge der Fraktionen entsprechend ihrem nach dem Höchstzahlverfahren (d"Hondt) berechneten Stärkeverhältnis in der Bezirksverordnetenversammlung gebildet werden. Gemeinsame Wahlvorschläge von mehreren Fraktionen werden bei der Wahl des Bezirksbürgermeisters unbeschadet der Gesamtzusammensetzung des Bezirksamts wie Wahlvorschläge einer Fraktion angesehen. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(2) Das Bezirksamt ist die Verwaltungsbehörde des Bezirks; es vertritt Berlin in Angelegenheiten seines Bezirks.
(1) Die Organisation der Bezirksverwaltung wird durch Gesetz geregelt.
(2) Der Bezirksbürgermeister untersteht der Dienstaufsicht des Regierenden Bürgermeisters. Der Bezirksbürgermeister hat die Dienstaufsicht über die Mitglieder des Bezirksamts. Jedes Mitglied des Bezirksamts leitet seinen Geschäftsbereich in eigener Verantwortung. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedern des Bezirksamts entscheidet das Bezirksamt.
Die Bezirksverordnetenversammlung kann mit Zweidrittelmehrheit der Bezirksverordneten ein Mitglied des Bezirksamts vor Beendigung der Amtszeit abberufen. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(1) Alle Einstellungen, Versetzungen und Entlassungen im öffentlichen Dienst erfolgen durch den Senat. Für die Bezirke wird dieses Recht den Bezirksämtern übertragen.
(2) Über Versetzungen aus einem Bezirk in einen anderen, aus der Hauptverwaltung in einen Bezirk oder umgekehrt entscheidet, wenn die Beteiligten sich nicht einigen können, der Senat nach Anhörung der Beteiligten. Zum allgemeinen Personalausgleich in der Berliner Verwaltung kann der Senat auch entgegen einer Einigung der Beteiligten nach deren Anhörung entscheiden.
Abschnitt VII
Die Rechtspflege
Die Rechtspflege ist im Geist dieser Verfassung und des sozialen Verständnisses auszuüben.
(1) Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene Gerichte im Namen des Volkes ausgeübt.
(2) An der Rechtspflege sind Männer und Frauen aller Volksschichten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu beteiligen.
Die Richter sind an die Gesetze gebunden.
Das Recht der Begnadigung übt der Senat aus. Er hat in den gesetzlich vorzusehenden Fällen den vom Abgeordnetenhaus zu wählenden Ausschuss für Gnadensachen zu hören. Der Senat kann seine Befugnis auf das jeweils zuständige Mitglied des Senats übertragen.
(1) Die Berufsrichter werden vom Senat ernannt, wenn sie nach ihrer Persönlichkeit und ihrer bisherigen Tätigkeit in der Rechtspflege die Gewähr dafür bieten, dass sie ihr Richteramt im Geist der Verfassung und sozialen Gerechtigkeit ausüben werden. Die gewählten höchsten Richter haben ein Vorschlagsrecht für ihren Amtsbereich.
(2) Die Präsidenten der oberen Landesgerichte werden auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt und vom Senat ernannt.
(3) Für gemeinsame Gerichte des Landes Berlin mit anderen Ländern können durch Staatsvertrag Zuständigkeiten und Verfahren abweichend von den Absätzen 1 und 2 bestimmt werden.
(1) Verstößt ein Richter im Amte oder außerhalb des Amtes gegen die Grundsätze des Grundgesetzes oder gegen die verfassungsmäßige Ordnung des Landes Berlin, so kann das Bundesverfassungsgericht mit Zwei-Drittel-Mehrheit auf Antrag des Abgeordnetenhauses anordnen, dass der Richter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand zu versetzen ist. Im Falle eines vorsätzlichen Verstoßes kann auf Entlassung erkannt werden.
(2) Der Beschluss, den Antrag zu stellen, bedarf der Mehrheit der Mitglieder des Abgeordnetenhauses.
(1) Es wird ein Verfassungsgerichtshof gebildet, der aus neun Mitgliedern besteht (einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und sieben Verfassungsrichtern), von denen drei zum Zeitpunkt ihrer Wahl Berufsrichter sind und drei weitere die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes werden durch das Abgeordnetenhaus mit Zweidrittelmehrheit gewählt.
(2) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet
(3) Das Nähere wird durch ein Gesetz über den Verfassungsgerichtshof bestimmt.
Abschnitt VIII
Das Finanzwesen
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Rechnungsjahr in dem Haushaltsplan veranschlagt werden; er wird durch ein Gesetz festgestellt (Haushaltsgesetz). Durch Gesetz kann eine Veranschlagung und Feststellung für einen längeren Zeitabschnitt und in besonderen Ausnahmefällen ein Nachweis von Einnahmen und Ausgaben außerhalb des Haushaltsplans zugelassen werden.
(2) Jedem Bezirk wird eine Globalsumme zur Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen des Haushaltsgesetzes zugewiesen. Bei der Bemessung der Globalsummen für die Bezirkshaushaltspläne ist ein gerechter Ausgleich unter den Bezirken vorzunehmen. Zum Jahresschluss wird das erwirtschaftete Abschlussergebnis auf die Globalsumme für den nächsten aufzustellenden Bezirkshaushaltsplan vorgetragen.
(1) Das Haushaltsgesetz bildet die Grundlage für die Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben.
(2) Haushaltsmittel dürfen nur in Anspruch genommen werden, soweit es eine sparsame Verwaltung erforderlich macht.
(3) Der Haushaltswirtschaft ist eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. Der Finanzplan ist dem Abgeordnetenhaus spätestens im Zusammenhang mit dem Entwurf des Haushaltsgesetzes für das nächste Haushaltsjahr vorzulegen.
(1) Ohne gesetzliche Grundlage dürfen weder Steuern oder Abgaben erhoben noch Anleihen aufgenommen oder Sicherheiten geleistet werden.
(2) Kredite dürfen nur aufgenommen werden, wenn andere Mittel zur Deckung nicht vorhanden sind. Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
(1) Haushaltsüberschreitungen dürfen nur mit Zustimmung des Senats im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses vorgenommen werden.
(2) Für Haushaltsüberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung des Abgeordnetenhauses einzuholen.
(3) Erhebt der mit der Leitung des Finanzwesens beauftragte Senator gegen eine Haushaltsüberschreitung Einspruch, so ist ein Beschluss des Abgeordnetenhauses herbeizuführen.
(4) Für Haushaltsüberschreitungen in den Bezirken können durch Gesetz entsprechende Regelungen getroffen werden.
(1) Ist der Haushaltsplan zu Beginn des neuen Rechnungsjahres noch nicht festgestellt, so ist der Senat zu vorläufigen Regelungen ermächtigt, damit die unbedingt notwendigen Ausgaben geleistet werden können, um bestehende Einrichtungen zu erhalten, die gesetzlichen Aufgaben und die rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, Bauvorhaben weiterzuführen und eine ordnungsgemäße Tätigkeit der Verwaltung aufrechtzuerhalten. Für den Bezirkshaushalt ist das Bezirksamt zu ergänzenden Regelungen ermächtigt.
(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage die Ausgaben gemäß Absatz 1 decken, darf der Senat die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplans im Wege des Kredits flüssig machen.
(1) Vorlagen und Anträge über Maßnahmen, die eine Minderung der Einnahmen oder eine Erhöhung der Ausgaben gegenüber dem Haushaltsplan zur Folge haben, müssen vom Abgeordnetenhaus in zwei Lesungen beraten werden, zwischen denen in der Regel 48 Stunden liegen sollen.
(2) Die Beschlüsse müssen Bestimmungen über die Deckung enthalten.
Die Mitglieder des Senats und der Bezirksämter sowie die übrigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die gegen die Bestimmungen der Verfassung über das Finanzwesen schuldhaft verstoßen, haften für den daraus entstandenen Schaden. Eine Verpflichtung zum Schadensersatz ist jedoch nicht gegeben, wenn die Handlung zur Abwendung einer nicht voraussehbaren dringenden Gefahr erfolgte und die Verletzung der Vorschriften nicht über das durch die Notlage gebotene Maß hinausgegangen ist.
Organisation, Verwaltung, Wirtschaftsführung und Rechnungswesen der nichtrechtsfähigen wirtschaftlichen Unternehmen Berlins (Eigenbetriebe) werden durch Gesetz geregelt. Das Rechnungswesen ist so einzurichten, dass ein klarer Einblick in die laufende Betriebsführung und die Ergebnisse möglich ist.
(1) Die Umwandlung von Eigenbetrieben und von einzelnen Anlagen von bleibendem Wert in juristische Personen bedarf eines Beschlusses des Abgeordnetenhauses.
(2) Die Veräußerung von Vermögensgegenständen wird durch Gesetz geregelt.
(1) Im Laufe der ersten neun Monate des folgenden Rechnungsjahres hat der Senat dem Abgeordnetenhaus über die Einnahmen und Ausgaben der Haushaltswirtschaft und über Vermögen und Schulden Rechnung zu legen.
(2) Nach Prüfung der Haushalts- und Vermögensrechnung durch den Rechnungshof beschließt das Abgeordnetenhaus über die Entlastung des Senats. Es beschließt über einzuleitende Maßnahmen und kann bestimmte Sachverhalte ausdrücklich missbilligen.
(1) Der Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde. Seine Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit.
(2) Der Rechnungshof wird von dem Präsidenten geleitet. Dieser wird auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt und vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses auf Lebenszeit ernannt. Der Präsident des Rechnungshofes untersteht der Dienstaufsicht des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin.
(3) Der Rechnungshof prüft die Rechnungen (Artikel 94) sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins. Er berichtet darüber jährlich dem Abgeordnetenhaus und unterrichtet gleichzeitig den Senat.
(4) Das Abgeordnetenhaus und der Senat können den Rechnungshof ersuchen, Angelegenheiten von besonderer Bedeutung zu untersuchen und darüber zu berichten.
(5) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Abschnitt IX
Übergangs- und Schlussbestimmungen
Zwischen Berlin und anderen Ländern können gemeinsame Behörden, Gerichte und Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gebildet werden. Die Vereinbarung bedarf der Zustimmung des Abgeordnetenhauses. Mit dem Land Brandenburg oder einzelnen seiner Gebietskörperschaften können gemeinsame Behörden und Gremien geschaffen werden, auf die durch Gesetz einzelne Befugnisse zur Raumplanung und Flächennutzungsplanung übertragen werden können. Die Bestimmungen des Baugesetzbuches und des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt.
(1) Das Land Berlin kann ein gemeinsames Land mit dem Land Brandenburg bilden.
(2) Ein Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg über die Bildung eines gemeinsamen Bundeslandes bedarf der Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Abgeordnetenhauses sowie der Zustimmung durch Volksabstimmung nach Maßgabe dieses Staatsvertrages.
(3) Der Staatsvertrag kann vorsehen, dass
(4) Die Rechte des Abgeordnetenhauses bleiben unberührt.
(5) Das Nähere zur Regelung der Volksabstimmung bestimmt ein Staatsvertrag.
Die zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus und zur Beseitigung ihrer Folgen erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieser Verfassung nicht berührt.
Artikel 99 (aufgehoben)
(1) Die Bezirke, die in der 14. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin aus bisherigen Bezirken zusammengelegt werden, werden zum 1. Januar 2001 gebildet.
(2) In der 14. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin besteht die Bezirksverordnetenversammlung in einem neuen Bezirk, der aus zwei bisherigen Bezirken zusammengelegt wird, aus 69 Mitgliedern und in einem neuen Bezirk, der aus drei bisherigen Bezirken zusammengelegt wird, aus 89 Mitgliedern. Diese Bezirksverordnetenversammlung tritt erstmalig im Oktober 2000 zusammen und wählt das neue Bezirksamt, dessen Amtszeit am 1. Januar 2001 beginnt. Sie besteht aus den Bezirksverordnetenversammlungen der bisherigen Bezirke, deren jeweilige Mitgliederzahl entsprechend dem Verhältnis der Zahl der Wahlberechtigten der bisherigen Bezirke zur Zahl der Wahlberechtigten des neuen Bezirks bei der Wahl zur 14. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin aus der Gesamtzahl der Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlung des neuen Bezirks errechnet wird. Die Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen der bisherigen Bezirke sind zugleich Mitglieder der Bezirksverordnetenversammlungen der neuen Bezirke. Die Amtszeit der Bezirksverordnetenversammlungen der bisherigen Bezirke endet mit Ablauf des 31. Dezember 2000.
(3) In den bisherigen Bezirken, die zu neuen Bezirken zusammengelegt werden, haben die Mitglieder der Bezirksämter, die zu Beginn der 14. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin im Amt sind, ihre Ämter bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 weiterzuführen. Eine Abwahl nach Artikel 76 ist nur aus wichtigem Grund zulässig. Eine Nachwahl bis zum 31. Dezember 2000 ist nur zulässig, wenn das bisherige Bezirksamt aus weniger als drei Mitgliedern besteht.
(4) Die Bezirksämter und die Bezirksverordnetenversammlungen der bisherigen Bezirke, die zu neuen Bezirken zusammengelegt werden, bereiten die Zusammenlegung vor und führen die Organisation der Bezirksverwaltungen zusammen.
(5) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Änderungen der Verfassung erfordern vorbehaltlich der Regelungen in den Artikeln 62 und 63 eine Mehrheit von zwei Dritteln der gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Ist die Verfassungsänderung auf eine Änderung der Artikel 62 und 63 gerichtet, so bedarf es zusätzlich einer Volksabstimmung.
(1) Diese Verfassung tritt, soweit in Absatz 2 nichts anderes bestimmt ist, nach Zustimmung in einer Volksabstimmung am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verfassung von Berlin vom 1. September 1950 (VOBl. I S. 433), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 1995 (GVBl. S. 339), außer Kraft.
(2) Artikel 99 tritt mit dem Beginn der 13. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin in Kraft.
(3) Artikel 55 Abs. 2 findet auf den bei Inkrafttreten dieser Verfassung im Amt befindlichen Senat keine Anwendung.
ENDE |