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HVSG - Hessisches Verfassungsschutzgesetz
- Hessen -

Vom 12. Juli 2023
(GVOBl. Nr. 27 vom 11.08.2023 S. 614)
Gl.-Nr.: 18-7



Zur Bekanntmachung

Archiv: LVerfSchG 1990, 2018

Präambel

Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Er ist Dienstleister der Demokratie und hält insbesondere die analytischen Kompetenzen zur Beurteilung jener Gefahren vor, die Demokratie und Menschenrechten durch extremistische Bestrebungen drohen. Er tauscht sich mit Wissenschaft und Gesellschaft aus. Hierzu gehört auch der öffentliche Diskurs. Er berücksichtigt gesellschaftliche Vielfalt und gesellschaftliche Entwicklungen.

Erster Teil
Organisation und Aufgaben des Landesamts

§ 1 Organisation des Landesamts

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz (Landesamt) untersteht als obere Landesbehörde dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium. Es darf mit Polizeidienststellen organisatorisch nicht verbunden werden.

(2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen in Hessen nur im Einvernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit dem Landesamt tätig werden. Das Landesamt darf in anderen Ländern nur tätig werden, soweit die Rechtsvorschriften der anderen Länder dies zulassen.

§ 2 Aufgaben des Landesamts

(1) Das Landesamt ist zuständig für die Zusammenarbeit Hessens mit dem Bund und den anderen Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Aufgabe des Landesamts ist es, es den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu treffen. Das Landesamt hat auch die Aufgabe, den in Abs. 2 genannten Bestrebungen und Tätigkeiten durch Information, Aufklärung und Beratung entgegenzuwirken und vorzubeugen (Prävention). Zur Aufklärung der Öffentlichkeit erstellt das Landesamt mindestens einmal jährlich einen Bericht über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Abs. 2 oder tatsächliche Anhaltspunkte hierfür. Der Bericht wird von dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium herausgegeben und auf der Internetseite des Landesamts für fünf Jahre bereitgestellt.

(2) Aufgabe des Landesamts ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über

  1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder die eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben,
  2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
  3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  4. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), gerichtet sind,
  5. Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes.

(3) Das Landesamt wirkt mit bei Sicherheitsüberprüfungen und Überprüfungen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2632).

(4) Das Landesamt ist zuständig für Sicherheitsüberprüfungen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2998), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Juli 2021 (BGBl. I S. 2274).

§ 3 Begriffsbestimmungen
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

(1) Die Begriffsbestimmungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 4 sowie Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes finden Anwendung.

(2) Erheblich beobachtungsbedürftig sind Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 oder solche Bestrebungen, die allgemein, insbesondere nach Verhaltens- oder Wirkungsweise, geeignet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes erheblich zu beeinträchtigen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Bestrebungen

  1. zur Zielverfolgung
    1. Gewalt anwenden, androhen, fördern oder befürworten,
    2. zu Hass oder Willkürmaßnahmen anstacheln oder
    3. andere Straftaten begehen oder darauf gerichtet sind,
  2. verdeckt vorgehen, insbesondere Ziele, Organisation, Finanzierung, Beteiligte, Zusammenarbeit oder Aktionen in wesentlichem Umfang verschleiern,
  3. erhebliche gesellschaftliche Bedeutung besitzen, insbesondere unter Berücksichtigung der Anzahl der Beteiligten, deren Mobilisierungsfähigkeit, der Finanzkraft sowie der Aktionsfähigkeit oder
  4. in erheblichem Umfang gesellschaftlichen Einfluss auszuüben suchen, insbesondere durch
    1. Vertretung in Ämtern und Mandaten,
    2. wirkungsbreite Publikationen, Bündnisse, Unterstützerstrukturen,
    3. systematische Desinformationen in öffentlichen Prozessen politischer Willensbildung oder zur Verächtlichmachung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, auch durch systematische Verunglimpfung ihrer Institutionen und Repräsentanten, oder
    4. Herbeiführung einer Atmosphäre der Angst oder Bedrohung zur Förderung ihrer Zielverfolgung.

(3) Voraussetzung für die Einstufung gemäß Abs. 2 ist, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Sachverhalte nach Abs. 2 Satz 1 vorliegen. Die Beobachtungsbedürftigkeit ist jährlich zu überprüfen. Die Einstufung der Beobachtungsbedürftigkeit nach Abs. 2 Satz 1 entfällt in der Regel, wenn nach fünf Jahren kein die Einstufung nach Abs. 2 Satz 2 begründender Sachverhalt hinreichend festgestellt ist oder eine fünf Jahre zurückliegende Feststellung sich zwischenzeitlich nicht neuerlich bestätigt hat. Wird im Rahmen der Überprüfung nach Satz 2 festgestellt, dass ein Sachverhalt nach Abs. 2 Satz 1, der einer bereits richterlich angeordneten Maßnahme zugrunde liegt, zwischenzeitlich entfallen ist, so ist die betreffende Maßnahme zu beenden, auch wenn die Frist der richterlichen Anordnung noch nicht abgelaufen ist.

(4) Organisierte Kriminalität im Sinne dieses Gesetzes ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig tätig werden

  1. unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
  2. unter Anwendung von Gewalt oder durch entsprechende Drohung oder
  3. unter Einflussnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft.

Zweiter Teil
Befugnisse des Landesamts

§ 4 Informationserhebung

(1) Das Landesamt darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 und 2 erforderlichen Informationen erheben und verarbeiten. Einzelheiten zum Umgang mit den erhobenen Informationen regelt eine von dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium zu erlassende Dienstvorschrift.

(2) Das Landesamt darf personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen erheben und verarbeiten, um zu prüfen, ob tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen.

(3) Liegen bei der betroffenen Person tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vor oder wird das Landesamt nach § 2 Abs. 3 oder 4 tätig, darf es Auskünfte bei öffentlichen Stellen oder Dritten einholen, wenn die Daten

  1. nicht aus allgemein zugänglichen Quellen,
  2. nur mit übermäßigem Aufwand oder
  3. nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme

erhoben werden können. Würde durch die Erhebung von Auskünften nach Satz 1 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder die betroffene Person unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf das Landesamt Akten und Register öffentlicher Stellen einsehen. Im Übrigen gilt § 18 Abs. 4.

(4) Das Landesamt muss Ersuchen auf Auskunft oder Einsicht nicht begründen, soweit dies dem Schutz der betroffenen Person dient oder eine Begründung den Zweck der Maßnahme gefährden würde. Es hat die Ersuchen aktenkundig zu machen. Über die Einsichtnahme nach Abs. 3 Satz 2 hat das Landesamt einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr seiner Erstellung folgt, zu vernichten.

(5) Zur Beantwortung von Übermittlungsersuchen nach § 20b Abs. 1 darf das Landesamt personenbezogene Daten nur erheben, soweit dies zur Überprüfung der dem Landesamt bereits vorliegenden Informationen erforderlich ist. Abs. 3 bleibt unberührt.

(6) Werden Daten bei der betroffenen Person oder bei Dritten außerhalb des öffentlichen Bereichs offen erhoben, so sind die Befragten auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Gegenüber der betroffenen Person ist der Erhebungszweck anzugeben. Die Befragten sind bei einer Sicherheitsüberprüfung nach § 2 Abs. 3 oder 4 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen.

(7) Ein Ersuchen des Landesamts um Übermittlung personenbezogener Daten darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die für die Erteilung der Auskunft unerlässlich sind. Schutzwürdige Interessen der betroffenen Person dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden.

(8) Zur Aufgabenerfüllung nach § 2 dürfen personenbezogene Daten von Personen, bei denen keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie selbst Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 2 nachgehen (Unbeteiligte), nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn

  1. dies für die Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorübergehend erforderlich ist,
  2. die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und
  3. überwiegende schutzwürdige Belange der betroffenen Personen nicht entgegenstehen.

Personenbezogene Daten Unbeteiligter dürfen auch erhoben werden, wenn sie mit zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen untrennbar verbunden sind.

(9) Daten, die für das Verständnis der zu speichernden Informationen nicht erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die Löschung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall dürfen die Daten nicht verwertet werden.

§ 5 Informationserhebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln

(1) Das Landesamt darf Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln erheben. Für personenbezogene Daten gilt dies nur, wenn

  1. bei der betroffenen Person tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen und anzunehmen ist, dass auf diese Weise zusätzliche Erkenntnisse erlangt werden können,
  2. tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 erforderlichen Quellen gewonnen werden können,
  3. dies zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Informationsquellen des Landesamts gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist oder
  4. dies zur Überprüfung der Nachrichtenehrlichkeit und der Eignung von Vertrauensleuten erforderlich ist.

(2) Nachrichtendienstliche Mittel sind Mittel und Methoden, die mittelbar oder unmittelbar dem von der betroffenen oder außenstehenden Person nicht erkennbaren Erheben von Daten dienen. Als nachrichtendienstliche Mittel darf das Landesamt einsetzen:

  1. Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs im Sinne des Art. 10 des Grundgesetzes einschließlich notwendiger Begleitmaßnahmen nach § 6,
  2. technische Mittel zur Wohnraumüberwachung nach § 7,
  3. technische Mittel zur Ortung von Mobilfunkendgeräten nach § 9,
  4. besondere Auskunftsersuchen nach § 10 zu
    1. den Umständen des Postverkehrs bei Unternehmen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken,
    2. Telekommunikationsverbindungs- und Teledienstenutzungsdaten bei Unternehmen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste und Teledienste erbringen oder daran mitwirken,
    3. Daten bei Verkehrsunternehmen, Betreibern von Computerreservierungssystemen und globalen Distributionssystemen sowie bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen,
  5. Observation nach § 11,
  6. Verdeckte Mitarbeiterinnen, Verdeckte Mitarbeiter und Vertrauensleute nach den §§ 12 und 13,
  7. verdeckte Ermittlungen und Befragungen,
  8. Ton- und Bildaufzeichnungen außerhalb der Schutzbereiche der Art. 10 und 13 des Grundgesetzes mit und ohne Inanspruchnahme technischer Mittel,
  9. Tarnmittel,
  10. Funkbeobachtungen,
  11. Beobachtung des Internets; dies beinhaltet auch die verdeckte Teilnahme an der im Internet geführten Kommunikation, insbesondere in Foren und elektronischen Kommunikationsplattformen.

(3) Nachrichtendienstliche Mittel dürfen auch angewendet werden, wenn Dritte hierdurch unvermeidbar betroffen werden. Sofern dieses Gesetz keine strengeren Anforderungen vorsieht, dürfen Personen, die nicht selbst an einer Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 2 beteiligt sind (Unbeteiligte), nur in eine Überwachungsmaßnahme einbezogen werden, wenn die Überwachung gerade dieser Personen zur Aufklärung einer Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 2 im Einzelfall geboten ist. Eine Überwachung Unbeteiligter ist dabei so zu begrenzen, dass deren Grundrechtsbeeinträchtigungen in angemessenem Verhältnis zu dem im Einzelfall erwartbaren Aufklärungsbeitrag stehen.

(4) Einzelheiten regelt das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium durch Dienstvorschrift, insbesondere die organisatorische Zuständigkeit für die Anordnung von Informationserhebungen mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Die Dienstvorschrift ist der Parlamentarischen Kontrollkommission nach § 1 des Gesetzes zur parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes in Hessen vom 25. Juni 2018 (GVBl. S. 302, 317) zu übersenden.

(5) Gemeinden, Gemeindeverbände und die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Gerichte und Staatsanwaltschaften und das Landesamt leisten sich gegenseitig Amts- und Rechtshilfe. Dies gilt insbesondere für die technische Hilfe bei Tarnmaßnahmen. Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Landesamt nicht zu. Das Landesamt darf auch nicht im Wege der Amtshilfe Polizeibehörden um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.

(6) Zur Erfüllung von Aufgaben aufgrund eines Gesetzes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b und c des Grundgesetzes stehen dem Landesamt die Befugnisse zu, die es zur Erfüllung der entsprechenden Aufgaben nach diesem Gesetz hat.

§ 5a Gerichtliche Kontrolle

(1) Wird der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel durch dieses Gesetz unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung gestellt, liegt die Zuständigkeit für die richterlichen Entscheidungen beim Amtsgericht am Sitz des Landesamts; über Beschwerden entscheidet das in § 120 Abs. 4 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2606), bezeichnete Gericht.

(2) Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Februar 2023 (BGBl. I Nr. 51), entsprechend mit der Maßgabe, dass eine Anhörung oder Unterrichtung der Betroffenen durch das Gericht unterbleibt. Die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen.

(3) Der Antrag ist hinreichend substantiiert zu begründen; insbesondere sind dem Gericht alle beurteilungsrelevanten Tatsachen mitzuteilen. Im Antrag sind anzugeben:

  1. bei gezielt gegen bestimmte Personen gerichteten Maßnahmen die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,
  2. bei Maßnahmen nach § 7 Abs. 1 die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
  3. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,
  4. der Sachverhalt sowie
  5. eine Begründung.

(4) Das Gericht prüft, ob die beantragte Maßnahme den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht. Die Anordnung ergeht schriftlich gegenüber der beantragenden Stelle. In der Anordnung sind anzugeben:

  1. bei gezielt gegen bestimmte Personen gerichteten Maßnahmen die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,
  2. bei Maßnahmen nach § 7 Abs. 1 die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
  3. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme sowie
  4. die wesentlichen Gründe.

(5) Bei Maßnahmen gemäß §§ 12 und 13 gelten Abs. 3 und 4 mit der Maßgabe, dass Gegenstand von Antrag und Anordnung der Einsatz der verdeckten Mittel zur Aufklärung einer bestimmten nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit ist, ohne dabei konkrete Verdeckte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter oder Vertrauenspersonen zu benennen. Sollen im Rahmen der Maßnahme gemäß § 12 oder § 13 konkrete Einzelpersonen nicht nur punktuell durch die Maßnahme betroffen, sondern dauerhaft Ziel eines personenbezogenen Aufklärungsansatzes sein, so sind sie mit in die gerichtliche Entscheidung aufzunehmen.

(6) Bei Gefahr im Verzug kann die Behördenleitung oder ihre Vertretung die Anordnung treffen; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

§ 6 Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs und der Telekommunikation

Die Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs im Sinne des Art. 10 des Grundgesetzes richtet sich nach dem Artikel 10-Gesetz mit den in Satz 2 bis 4 bestimmten Maßgaben und dem Hessischen Ausführungsgesetz zum Artikel 10- Gesetz vom 16. Dezember 1969 (GVBl. I S. 303), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. September 2012 (GVBl. I S. 290), in der jeweils geltenden Fassung. Ist eine laufende Kontrolle nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz durch die G 10-Kommission noch nicht beendet, ist die Dokumentation nach § 3a Abs. 1 Satz 10 des Artikel 10-Gesetzes bis zum Abschluss der laufenden Kontrolle aufzubewahren. § 4 Abs. 1 Satz 5 des Artikel 10- Gesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Protokolldaten sechs Monate nach der Mitteilung oder nach der Feststellung der endgültigen Nichtmitteilung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 oder 5 des Artikel 10-Gesetzes zu löschen sind. § 4 Abs. 1 Satz 6 des Artikel 10-Gesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Löschung der Daten auch unterbleibt, soweit die Daten für eine Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz durch die G 10-Kommission von Bedeutung sein können.

§ 7 Verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung

(1) Das Landesamt darf bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine dringende Gefahr für

  1. den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
  2. Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder
  3. solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Bundes oder eines Landes oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt,

zu deren Abwehr in einer Wohnung verdeckt technische Mittel einsetzen, um das nichtöffentlich gesprochene Wort abzuhören und aufzuzeichnen sowie Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen herzustellen.

(2) Die Anordnung einer Wohnraumüberwachung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und geeignete polizeiliche Hilfe für das betroffene Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Die Maßnahme darf sich nur gegen eine Person richten, von der aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie für die Gefahr verantwortlich ist (Zielperson), und nur in deren Wohnung durchgeführt werden. In der Wohnung einer anderen Person ist die Maßnahme nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass sich die Zielperson dort zur Zeit der Maßnahme aufhält, sich dort für die Erforschung des Sachverhalts relevante Informationen ergeben werden und der Zweck der Maßnahme nicht allein unter Beschränkung auf die Wohnung der Zielperson zu erreichen ist.

(3) Werden in Privaträumen Gespräche mit Personen des persönlichen Vertrauens geführt, ist die Anwendung von Mitteln nach Abs. 1 unzulässig. Dies gilt nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass

  1. den Gesprächen insgesamt ein höchstvertraulicher Charakter fehlen wird oder
  2. die Gespräche unmittelbar die Besprechung oder Planung von Straftaten, die sich gegen die in Abs. 1 genannten Rechtsgüter richten, zum Gegenstand haben werden.

(4) Die Maßnahme ist im Übrigen unzulässig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse gewonnen werden würden

  1. aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder
  2. bei einer Rechtsanwältin, einem Rechtsanwalt, einem Kammerrechtsbeistand, einer der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 4 der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. März 2022 (BGBl. I S. 571), genannten Person oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, über die der Berufsgeheimnisträger das Zeugnis verweigern dürfte.

Erfolgen Maßnahmen bei einem der im Übrigen in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder 5 der Strafprozessordnung genannten Berufsgeheimnisträger oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, sind das öffentliche Interesse an den von dem Berufsgeheimnisträger wahrgenommenen Aufgaben und das Interesse an der Geheimhaltung der diesem anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 gelten nicht bei Maßnahmen zur Aufklärung von eigenen Bestrebungen oder Tätigkeiten der genannten zeugnisverweigerungsberechtigten Personen.

(5) Ergeben sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne von Abs. 4 Satz 1, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung von Leib oder Leben eingesetzter Personen möglich ist. Bestehen insoweit Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. Unterbleibt ein Abbruch aufgrund einer Gefährdung nach Satz 1, sind die Tatsache des Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Umstände des Fortsetzens der Maßnahme zu dokumentieren. Sind das Abhören und Beobachten nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf die Maßnahme fortgeführt werden, wenn keine Anhaltspunkte nach Abs. 4 Satz 1 vorliegen. Daten, die durch eine Maßnahme nach Abs. 1 erlangt worden sind, sind dem für die Anordnung zuständigen Gericht unverzüglich vorzulegen. Dieses entscheidet unverzüglich über die Verwendbarkeit oder Löschung der Daten. Soweit Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 durch eine Maßnahme nach Abs. 1 erlangt worden sind, dürfen sie nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Dokumentation ist sechs Monate nach der Mitteilung oder nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung zur Feststellung der endgültigen Nichtmitteilung nach § 8 Abs. 4 zu löschen.

(6) Bei Gefahr im Verzug können die Erkenntnisse, die durch eine Maßnahme nach Abs. 1 erlangt worden sind, unter Aufsicht einer oder eines Bediensteten, die oder der die Befähigung zum Richteramt hat, gesichtet werden. Die oder der Bedienstete entscheidet im Benehmen mit der oder dem Datenschutzbeauftragten des Landesamts über eine vorläufige Verwertung der Erkenntnisse. Die Bediensteten sind zur Verschwiegenheit über die ihnen bekannt gewordenen Erkenntnisse, die nicht verwertet werden dürfen, verpflichtet. Die gerichtliche Entscheidung nach Abs. 5 Satz 5 und 6 ist unverzüglich nachzuholen.

§ 8 Verfahren bei Maßnahmen nach § 7

(1) Der Einsatz technischer Mittel nach § 7 bedarf einer richterlichen Anordnung. Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als einen weiteren Monat sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verlängerung ist die Gesamtdauer der Maßnahme zu berücksichtigen.

(2) Das Landesamt prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten für Zwecke nach Abs. 6 erforderlich sind. Soweit dies nicht der Fall ist, sind sie unverzüglich unter Aufsicht einer oder eines Bediensteten, die oder der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind sechs Monate nach der Mitteilung oder nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung zur Feststellung der endgültigen Nichtmitteilung nach Abs. 4 zu löschen. Die Löschung der Daten unterbleibt, soweit die Daten für eine Mitteilung nach Abs. 4 oder für eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten in der Verarbeitung einzuschränken; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden.

(3) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Die Behördenleitung oder ihre Stellvertretung kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung einer Maßnahme nicht zu gefährden, und das für die Anordnung zuständige Gericht zugestimmt hat. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unterrichten. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten.

(4) Eine Maßnahme nach § 7 ist der betroffenen Person nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung des für die Anordnung zuständigen Gerichts. Das Gericht bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn das Gericht festgestellt hat, dass

  1. eine der Voraussetzungen in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch vorliegt,
  2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und
  3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl beim Landesamt als auch beim Empfänger vorliegen.

Eine Mitteilung kann auch auf Dauer unterbleiben, wenn überwiegende Interessen einer betroffenen Person entgegenstehen oder wenn die Identität oder der Aufenthaltsort einer betroffenen Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist. Die Mitteilung obliegt dem Landesamt. Wurden personenbezogene Daten übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dem Empfänger.

(5) Die aus der Anordnung sich ergebenden Maßnahmen sind unter Verantwortung des Landesamts und unter Aufsicht einer oder eines Bediensteten vorzunehmen, die oder der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden, wenn sie nicht mehr erforderlich sind oder die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen. Die Beendigung ist dem für die Anordnung zuständigen Gericht anzuzeigen.

(6) Personenbezogene Daten, die durch eine Maßnahme der optischen Wohnraumüberwachung erlangt wurden, dürfen nur weiterverarbeitet und an andere Stellen übermittelt werden, soweit dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr im Sinne des § 7 Abs. 1 erforderlich ist. Personenbezogene Daten aus einer Maßnahme der akustischen Wohnraumüberwachung dürfen darüber hinaus zur Strafverfolgung übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine besonders schwere Straftat im Sinne der § 100c Abs. 1, § 100b Abs. 2 der Strafprozessordnung begangen hat.

(7) Dient der Einsatz technischer Mittel nach § 7 ausschließlich dem Schutz der für den Verfassungsschutz bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen, erfolgt die Anordnung abweichend von Abs. 1 durch die Behördenleitung oder ihre Vertretung. Eine anderweitige Verwendung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zulässig, wenn zuvor richterlich festgestellt wurde, dass die Maßnahme rechtmäßig ist und die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 vorliegen; Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend. Im Übrigen sind die Daten unverzüglich zu löschen.

§ 9 Ortung von Mobilfunkendgeräten
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf im Einzelfall, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 erforderlich ist, technische Mittel einsetzen

  1. zur Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer und
  2. zur Ermittlung des Standorts eines aktiv geschalteten Mobilfunkendgeräts.

(2) Technische Mittel nach Abs. 1 Nr. 2, die

  1. nicht lediglich im Zusammenhang mit anderen operativen Maßnahmen zu deren Ermöglichung eingesetzt werden, insbesondere für Zwecke von Observationsmaßnahmen nach § 11 zur Bestimmung des Standorts der eingeloggten Funkzelle, sondern um anhand der Standortdaten die Bewegungen des Mobiltelefons nachzuverfolgen (Bewegungsprofil) und
  2. zu diesem Zweck an mehr als drei aufeinanderfolgenden Tagen mehrfach täglich eingesetzt werden,

dürfen nur eingesetzt werden, soweit dies zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 im Einzelfall geboten ist.

(3) § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 und die §§ 9 und 10 Abs. 2 und 3 des Artikel 10-Gesetzes gelten entsprechend. Maßnahmen nach Abs. 2 bedürfen einer richterlichen Anordnung. Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als sechs weitere Monate sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verlängerung ist die Gesamtdauer der Maßnahme zu berücksichtigen.

§ 10 Besondere Auskunftsersuchen
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf im Einzelfall, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 erforderlich ist, bei denjenigen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen oder Telemedien anbieten oder daran mitwirken, Auskünfte über Daten, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Postdienstleistungen oder Telemedien gespeichert worden sind, einholen.

(2) Das Landesamt darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen, bei

  1. Verkehrsunternehmen sowie Betreibern von Computerreservierungssystemen und Globalen Distributionssystemen für Flüge zu Namen und Anschriften von Kunden sowie zu Inanspruchnahme und Umständen von Transportleistungen, insbesondere zum Zeitpunkt von Abfertigung und Abflug und zum Buchungsweg,
  2. Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und über Geldbewegungen und Geldanlagen, insbesondere über Kontostand und Zahlungsein- und -ausgänge,

Auskünfte einholen. Im Fall des § 2 Abs. 2 Nr. 1 gilt dies nur für Bestrebungen, die bezwecken oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind,

  1. zu Hass- oder Willkürmaßnahmen gegen Teile der Bevölkerung aufzustacheln oder deren Menschenwürde durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden anzugreifen und dadurch die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt zu fördern und den öffentlichen Frieden zu stören oder
  2. Gewalt anzuwenden oder vorzubereiten, einschließlich des Befürwortens, Hervorrufens oder Unterstützens von Gewaltanwendung, auch durch Unterstützen von Vereinigungen, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen.

Für die Zwecke von Ersuchen nach Satz 1 Nr. 2 darf das Landesamt das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2730), bezeichneten Daten abzurufen, wenn dies zur Aufklärung von Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 im Einzelfall geboten ist.

(3) Das Landesamt darf im Einzelfall, soweit dies aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 erforderlich ist, von denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, Auskünfte über die nach den § 3 Nr. 6 und § 172 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2022 (BGBl. I S. 1166), erhobenen Daten verlangen (§ 174 Abs. 1 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes). Dies gilt auch für Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 174 Abs. 1 Satz 2 des Telekommunikationsgesetzes). Die Auskunft darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 174 Abs. 1 Satz 3 des Telekommunikationsgesetzes); diese Rechtsgrundlage und die tatsächlichen Anhaltspunkte, die dieses Auskunftsverlangen veranlassen, sind aktenkundig zu machen. Die Auskunft darf nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für das Nutzen der Daten vorliegen.

(4) Das Landesamt darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes bei Personen und Unternehmen, die geschäftsmäßig

  1. Postdienstleistungen erbringen oder daran mitwirken, Auskünfte zu den sonstigen Umständen des Postverkehrs,
  2. Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken, Auskünfte zu Verkehrsdaten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 des Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1982, 2022 I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. August 2021 (BGBl. I S. 3544),
  3. Telemedien anbieten oder daran mitwirken, Auskünfte über
    1. Merkmale zur Identifikation des Nutzers von Telemedien,
    2. Beginn und Ende sowie über den Umfang der jeweiligen Nutzung und
    3. die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien

einholen.

(5) Auskünfte nach Abs. 3, soweit Daten nach § 174 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes betroffen sind, und Auskünfte nach Abs. 4 dürfen nur auf Anordnung des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums eingeholt werden. Die Anordnung ist durch die Behördenleitung schriftlich zu beantragen. Der Antrag ist zu begründen. Das Ministerium unterrichtet unverzüglich die G 10-Kommission nach § 2 Abs. 1 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz über die Anordnung vor deren Vollzug und holt deren Zustimmung ein. Bei Gefahr im Verzug kann das Ministerium den Vollzug der Anordnung auch bereits vor Unterrichtung der G 10-Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. § 15 Abs. 5 des Artikel 10-Gesetzes ist entsprechend anzuwenden. Anordnungen, welche die G 10-Kommission für unzulässig erklärt, hat das Ministerium unverzüglich aufzuheben. § 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes findet entsprechende Anwendung.

(6) Bei Maßnahmen nach Abs. 2 und 4 ist § 4 des Artikel 10-Gesetzes, für Maßnahmen nach Abs. 2 mit Ausnahme des § 4 Abs. 4 des Artikel 10-Gesetzes, mit der Maßgabe nach § 6 Satz 3 und 4 dieses Gesetzes anzuwenden, die §§ 9, 10 Abs. 2 und 3, § 11 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 1 und 3, § 17 Abs. 3 des Artikel 10-Gesetzes sowie § 2 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Artikel 10-Gesetz sind entsprechend anzuwenden. Abweichend von § 10 Abs. 3 des Artikel 10-Gesetzes genügt eine räumlich und zeitlich hinreichende Bezeichnung der Telekommunikation, sofern anderenfalls die Erreichung des Zwecks der Maßnahme aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Soweit dem Verpflichteten keine Entschädigung nach besonderen Bestimmungen zusteht, findet § 20 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Im Übrigen hat der Verpflichtete die Auskunft unentgeltlich zu erteilen.

(7) Die zur Erteilung der Auskunft erforderlichen Daten müssen unverzüglich, vollständig und richtig übermittelt werden. Das Auskunftsersuchen und die übermittelten Daten dürfen der betroffenen Person oder Dritten vom Verpflichteten nicht mitgeteilt werden.

(8) Auf Auskünfte nach Abs. 4 Nr. 2 sind die Vorgaben des § 8b Abs. 8 Satz 4 und 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes anzuwenden. Für die Erteilung von Auskünften nach Abs. 1, 2 und 4 Nr. 3 gilt die Nachrichtendienste-Übermittlungsverordnung vom 11. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2117), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2021 (BGBl. I S. 990).

(9) Dem Verpflichteten ist es verboten, allein aufgrund eines Auskunftsersuchens einseitige Handlungen vorzunehmen, die für die betroffene Person nachteilig sind und die über die Erteilung der Auskunft hinausgehen, insbesondere bestehende Verträge oder Geschäftsverbindungen zu beenden, ihren Umfang zu beschränken oder ein Entgelt zu erheben oder zu erhöhen. Die Anordnung ist mit dem ausdrücklichen Hinweis auf dieses Verbot und darauf zu verbinden, dass das Auskunftsersuchen nicht die Aussage beinhaltet, dass sich die betroffene Person rechtswidrig verhalten hat oder ein darauf gerichteter Verdacht bestehen müsse.

(10) Auskunft nach Abs. 1 bis 4 darf bei Unternehmen eingeholt werden, die in Deutschland

  1. eine Niederlassung haben oder
  2. Leistungen erbringen oder hieran mitwirken.

§ 11 Observation

(1) Das Landesamt darf außerhalb der Schutzbereiche der Art. 10 und 13 des Grundgesetzes Personen verdeckt mit oder ohne Inanspruchnahme technischer Mittel planmäßig observieren, insbesondere das nichtöffentlich gesprochene Wort mithören, abhören und aufzeichnen sowie Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen anfertigen, sofern dies zur Aufklärung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 im Einzelfall geboten ist.

(2) Die Maßnahme ist im Einzelfall länger als 48 Stunden oder an mehr als drei Tagen innerhalb einer Woche (langfristige Observation) nur zulässig, wenn dies zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 im Einzelfall geboten ist.

(3) Eine Maßnahme nach Abs. 2 darf sich gezielt nur gegen eine Person richten, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie entweder

  1. an der Bestrebung oder Tätigkeit beteiligt ist oder
  2. mit einer Person nach Nr. 1 in Kontakt steht und
    1. von der Bestrebung oder Tätigkeit Kenntnis hat oder
    2. die Person nach Nr. 1 sich ihrer zur Förderung der Bestrebung oder Tätigkeit bedient

und eine Maßnahme gegen die Person nach Nr. 1 allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht.

(4) Maßnahmen der langfristigen Observation nach Abs. 2 bedürfen einer richterlichen Anordnung. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verlängerung ist die Gesamtdauer der Maßnahme zu berücksichtigen.

(5) Die Maßnahme ist unzulässig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse gewonnen werden würden

  1. aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder
  2. bei einer Rechtsanwältin, einem Rechtsanwalt, einem Kammerrechtsbeistand, einer der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 4 der Strafprozessordnung genannten Person oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, über die der Berufsgeheimnisträger das Zeugnis verweigern dürfte.

Erfolgen Maßnahmen bei einem der im Übrigen in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder 5 der Strafprozessordnung genannten Berufsgeheimnisträger oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, sind das öffentliche Interesse an den von dem Berufsgeheimnisträger wahrgenommenen Aufgaben und das Interesse an der Geheimhaltung der diesem anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 gelten nicht bei Maßnahmen zur Aufklärung von eigenen Bestrebungen oder Tätigkeiten der genannten zeugnisverweigerungsberechtigten Personen.

(6) Erfolgt während der Maßnahme eine unmittelbare Kenntnisnahme und ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne von Abs. 5 Satz 1, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung von Leib oder Leben eingesetzter Personen möglich ist. Unterbleibt ein Abbruch aufgrund einer Gefährdung nach Satz 1, sind die Tatsache des Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Umstände des Fortsetzens der Maßnahme zu dokumentieren. Vor der Weitergabe von Informationen hat die eingesetzte Mitarbeiterin oder der eingesetzte Mitarbeiter zu prüfen, ob durch die Informationen oder die Art und Weise, in der sie erlangt wurden, Erkenntnisse im Sinne von Abs. 5 Satz 1 berührt sind. Entsprechende Erkenntnisse dürfen nicht zur Verwertung weitergegeben werden. Sind das Abhören und Beobachten nach Satz 1 unterbrochen worden, so darf die Maßnahme fortgeführt werden, wenn keine Anhaltspunkte nach Abs. 5 Satz 1 vorliegen. Soweit Erkenntnisse im Sinne von Abs. 5 Satz 1 durch die Maßnahme erlangt worden sind, dürfen sie nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Dokumentation ist sechs Monate nach der Mitteilung oder nach Zustimmung der Behördenleitung zur endgültigen Nichtmitteilung nach Abs. 8 zu löschen.

(7) Bestehen Zweifel, ob oder wie lange die Voraussetzungen nach Abs. 6 Satz 1 vorliegen, darf die Maßnahme ausschließlich als automatische Aufzeichnung fortgeführt werden. Diese ist unverzüglich dem für die Anordnung zuständigen Gericht vorzulegen. Dieses entscheidet unverzüglich über die Verwendbarkeit oder Löschung der Daten. Bei Gefahr im Verzug können Aufzeichnungen nach Satz 1 unter Aufsicht einer oder eines Bediensteten, die oder der die Befähigung zum Richteramt hat, gesichtet werden. Die oder der Bedienstete entscheidet im Benehmen mit der oder dem Datenschutzbeauftragten des Landesamts vorläufig über eine Verwendung der Erkenntnisse. Die Bediensteten sind zur Verschwiegenheit über die ihnen bekannt gewordenen Erkenntnisse, die nicht verwendet werden dürfen, verpflichtet. Die gerichtliche Entscheidung nach Satz 2 und 3 ist unverzüglich nachzuholen.

(8) Dauert eine langfristige Observation nach Abs. 2 durchgehend länger als eine Woche oder findet sie an mehr als 14 Tagen innerhalb eines Monats statt, ist die Maßnahme der betroffenen Person nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung der Behördenleitung. Die Behördenleitung bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn

  1. eine der Voraussetzungen in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch vorliegt,
  2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und
  3. die Voraussetzungen für eine Löschung vorliegen.

Eine Mitteilung kann auch auf Dauer unterbleiben, wenn überwiegende Interessen einer betroffenen Person entgegenstehen oder wenn die Identität oder der Aufenthaltsort einer betroffenen Person nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist. Die Mitteilung obliegt dem Landesamt.

§ 12 Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter einer ihnen verliehenen und auf Dauer angelegten Legende (Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter) einsetzen, wenn dies zur Aufklärung einer bestimmten nachrichtendienstlich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit im Einzelfall geboten ist. Der Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Verdeckter Mitarbeiter für eine Dauer von länger als sechs Monaten ist nur zulässig, wenn dieser zur Aufklärung einer erheblich beobachtungsbedürftigen Bestrebung oder Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 2 unerlässlich ist.

(2) Eine Maßnahme nach Abs. 1 darf sich gezielt nur gegen eine Person richten, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie entweder

  1. an der Bestrebung oder Tätigkeit beteiligt ist oder
  2. mit einer Person nach Nr. 1 in Kontakt steht und
    1. von der Bestrebung oder Tätigkeit Kenntnis hat oder
    2. die Person nach Nr. 1 sich ihrer zur Förderung der Bestrebung oder Tätigkeit bedient
      und eine Maßnahme gegen die Person nach Nr. 1 allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts ausreicht.

(3) Maßnahmen nach Abs. 1 bedürfen einer richterlichen Anordnung. Die Anordnung ist auf höchstens zwölf Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als zwölf weitere Monate sind zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Verlängerung ist die Gesamtdauer der Maßnahme zu berücksichtigen.

(4) Bei der Planung von Einsatzumständen sollen nach Möglichkeit Situationen vermieden werden, bei denen regelmäßig Erkenntnisse gewonnen werden würden

  1. aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder
  2. bei einer Rechtsanwältin, einem Rechtsanwalt, einem Kammerrechtsbeistand, einer der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 4 der Strafprozessordnung genannten Person oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, über die der Berufsgeheimnisträger das Zeugnis verweigern dürfte.

Bei einem gegen eine Person gerichteten Einsatz darf unter keinen Umständen der Kernbereich zum Ziel staatlicher Ermittlungen gemacht werden. Insbesondere dürfen zum Aufbau oder zum Erhalt eines Vertrauensverhältnisses keine intimen Beziehungen oder vergleichbar engste persönliche Bindungen begründet oder fortgeführt werden. Entstehen solche Bindungen, ist der Einsatz gegen diese Person abzubrechen.

(5) Erfolgt während der Maßnahme eine unmittelbare Kenntnisnahme und ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne von Abs. 4 Satz 1, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung von Leib oder Leben oder Enttarnung eingesetzter Personen möglich ist. Unterbleibt ein Abbruch aufgrund einer Gefährdung nach Satz 1, sind die Tatsache des Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Umstände des Fortsetzens der Maßnahme zu dokumentieren. Die Maßnahme darf fortgeführt werden, wenn keine Anhaltspunkte nach Abs. 4 Satz 1 mehr vorliegen. Soweit Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 durch eine Maßnahme erlangt worden sind, dürfen sie nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Dokumentation ist am Ende des Kalenderjahres, das der Protokollierung folgt, zu löschen.

(6) Vor der Weitergabe von Informationen hat die Verdeckte Mitarbeiterin oder der Verdeckter Mitarbeiter zu prüfen, ob durch die Informationen oder die Art und Weise, in der sie erlangt wurden, Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 berührt sind. Entsprechende Erkenntnisse dürfen nicht zur Verwertung weitergegeben werden.

(7) Bestehen Zweifel, ob bei einer Maßnahme Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 gewonnen worden sind, entscheidet der behördliche Datenschutzbeauftragte. Dieser entscheidet unverzüglich über die Verwendbarkeit und Löschung der Daten.

(8) Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter dürfen weder zur Gründung von Bestrebungen nach § 2 Abs. 2 noch zur steuernden Einflussnahme auf derartige Bestrebungen eingesetzt werden. Sie dürfen in Personenzusammenschlüssen oder für diese tätig werden, auch wenn dadurch ein Straftatbestand verwirklicht wird. Im Übrigen dürfen Verdeckte Mitarbeiterinnen und Verdeckte Mitarbeiter im Einsatz bei der Beteiligung an Bestrebungen solche Handlungen vornehmen, die

  1. nicht in Individualrechte eingreifen,
  2. von den an den Bestrebungen Beteiligten derart erwartet werden, dass sie zur Gewinnung und Sicherung der Informationszugänge unumgänglich sind, und
  3. nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen.

Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Verdeckte Mitarbeiterin oder ein Verdeckter Mitarbeiter rechtswidrig einen Straftatbestand von erheblicher Bedeutung verwirklicht hat, wird ihr oder sein Einsatz unverzüglich beendet und die Strafverfolgungsbehörde unterrichtet. Über Ausnahmen von Satz 4 entscheidet die Behördenleitung oder ihre Vertretung.

(9) Bei Einsätzen zur Erfüllung der Aufgabe nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 gilt § 9a Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend.

(10) Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die verdeckt Informationen in sozialen Netzwerken und sonstigen Kommunikationsplattformen im Internet erheben, gelten Abs. 8 und 9 sowie § 9a Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes entsprechend, auch wenn sie nicht unter einer auf Dauer angelegten Legende tätig werden.

§ 13 Vertrauensleute

(1) Für den Einsatz von Privatpersonen, deren planmäßige, dauerhafte Zusammenarbeit mit dem Landesamt Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensleute), gilt § 12 Abs. 1 bis 9 entsprechend. Vor der Weitergabe von Informationen an die VP-Führung haben Vertrauensleute selbst zu prüfen, ob durch die Informationen oder die Art und Weise, in der sie erlangt wurden, Erkenntnissen im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 berührt sind. Die VP-Führung hat die gewonnenen Informationen auf Erkenntnissen im Sinne von § 12 Abs. 4 Satz 1 überprüfen, bevor sie zur Verwertung weitergegeben werden.

(2) Über die Verpflichtung von Vertrauensleuten entscheidet die Behördenleitung oder ihre Vertretung. Vertrauensleute müssen nach ihren persönlichen und charakterlichen Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz geeignet sein. Diese Eignung ist fortlaufend durch das Landesamt zu überprüfen. Als Vertrauensleute dürfen Personen nicht angeworben und eingesetzt werden, die

  1. nicht voll geschäftsfähig, insbesondere minderjährig sind,
  2. von den Geld- oder Sachzuwendungen für die Tätigkeit auf Dauer als alleinige Lebensgrundlage abhängen würden,
  3. an einem Aussteigerprogramm teilnehmen,
  4. Mitglied des Europäischen Parlaments, des Deutschen Bundestages, eines Landesparlaments oder Mitarbeiterin oder Mitarbeiter eines solchen Mitglieds sind oder
  5. im Bundeszentralregister mit einer Verurteilung wegen eines Verbrechens oder zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist, eingetragen sind.

Die Behördenleitung oder ihre Vertretung kann eine Ausnahme von Satz 4 Nr. 5 zulassen, wenn die Verurteilung nicht als Täter eines Totschlags (§§ 212, 213 des Strafgesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2146) oder einer allein mit lebenslanger Haft bedrohten Straftat erfolgt ist und der Einsatz zur Aufklärung von Bestrebungen unerlässlich ist, die auf die Begehung von in § 3 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes oder § 100b Abs. 2 der Strafprozessordnung bezeichneten Straftaten gerichtet sind. Im Falle einer Ausnahme nach Satz 5 ist der Einsatz nach höchstens sechs Monaten zu beenden, wenn er zur Erforschung der in Satz 5 genannten Bestrebungen nicht zureichend gewichtig beigetragen hat. Auch im Weiteren ist die Qualität der gelieferten Informationen fortlaufend zu bewerten.

§ 14 Schranken nachrichtendienstlicher Mittel

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat das Landesamt diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.

(4) Eine Maßnahme ist unzulässig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse gewonnen werden würden

  1. aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung oder
  2. bei einer Rechtsanwältin, einem Rechtsanwalt, einem Kammerrechtsbeistand, einer der in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 4 der Strafprozessordnung genannten Person oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, über die der Berufsgeheimnisträger das Zeugnis verweigern dürfte.

Erfolgen Maßnahmen bei einem der im Übrigen in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder 5 der Strafprozessordnung genannten Berufsgeheimnisträger oder einer diesen nach § 53a Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung gleichstehenden Person, sind das öffentliche Interesse an den von dem Berufsgeheimnisträger wahrgenommenen Aufgaben und das Interesse an der Geheimhaltung der diesem anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 gelten nicht bei Maßnahmen zur Aufklärung von eigenen Bestrebungen oder Tätigkeiten der genannten zeugnisverweigerungsberechtigten Personen.

(5) Erfolgt während der Maßnahme eine unmittelbare Kenntnisnahme und ergeben sich tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne von Abs. 4 Satz 1, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung von Leib oder Leben oder Enttarnung eingesetzter Personen möglich ist. Unterbleibt ein Abbruch aufgrund einer Gefährdung nach Satz 1, sind die Tatsache des Eindringens in den Kernbereich privater Lebensgestaltung und die Umstände des Fortsetzens der Maßnahme zu dokumentieren. Die Dokumentation ist dem behördlichen Datenschutzbeauftragten zur unverzüglichen Entscheidung über die Verwertbarkeit und Löschung der Datenerhebung vorzulegen. Die Maßnahme darf fortgeführt werden, wenn keine Anhaltspunkte nach Abs. 4 Satz 1 mehr vorliegen. Soweit Erkenntnisse im Sinne von Abs. 4 Satz 1 durch eine Maßnahme erlangt worden sind, dürfen sie nicht verwendet werden und sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Dokumentation ist am Ende des Kalenderjahres, das der Protokollierung folgt, zu löschen.

Dritter Teil
Verarbeitung personenbezogener Daten

§ 15 Geltung datenschutzrechtlicher Vorschriften

Bei der Erfüllung der Aufgaben nach § 2 durch das Landesamt findet das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz vom 3. Mai 2018 (GVBl. S. 82), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. November 2021 (GVBl. S. 718), wie folgt Anwendung:

  1. § 1 Abs. 8, die §§ 4, 14 Abs. 1 und 3, § 19 sowie der Zweite Teil finden keine Anwendung,
  2. die §§ 41, 46 Abs. 1 bis 4 und die §§ 47 bis 49, 57, 59, 78 und 79 sind entsprechend anzuwenden.

§ 16 Speicherung, Berichtigung, Löschung und Verarbeitungseinschränkung

(1) Das Landesamt darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, wenn

  1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen,
  2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 erforderlich ist oder
  3. das Landesamt nach § 2 Abs. 3 tätig wird.

Unterlagen, die nach Satz 1 gespeicherte Angaben belegen, dürfen auch gespeichert werden, wenn in ihnen weitere personenbezogene Daten Dritter enthalten sind. Eine Abfrage von Daten Dritter ist unzulässig.

(2) Umfang und Dauer der Speicherung personenbezogener Daten sind auf das für die Aufgabenerfüllung des Landesamts erforderliche Maß zu beschränken.

(3) Das Landesamt darf Daten über eine minderjährige Person unter 14 Jahren in Dateien und zu ihrer Person geführten Akten nur speichern, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie eine der in § 3 Abs. 1 und 1a des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat.

(4) In Dateien oder zu ihrer Person geführten Akten gespeicherte Daten über eine minderjährige Person sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, dass nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse angefallen sind, die eine Fortdauer der Speicherung rechtfertigen. Nicht erforderliche Daten sind zu löschen.

(5) Personenbezogene Daten, die erhoben worden sind, um zu prüfen, ob Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 vorliegen, dürfen in Dateien erst gespeichert werden, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte für derartige Bestrebungen oder Tätigkeiten ergeben haben. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen auch keine zur Person geführten Akten angelegt werden.

(6) Unrichtige personenbezogene Daten sind zu berichtigen. Wird bei personenbezogenen Daten in Akten festgestellt, dass sie unrichtig sind, oder wird ihre Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten.

(7) Das Landesamt prüft bei der Einzelfallbearbeitung und im Übrigen nach von ihm festgesetzten angemessenen Fristen, spätestens jedoch nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zur Aufgabenerfüllung noch erforderlich sind; wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Person eine der in § 3 Abs. 1 und 1a des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat, erfolgt die Prüfung in der Regel erst nach zehn Jahren. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 bis 5 sind spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, die Behördenleitung trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. Enthalten Sachakten oder Akten zu anderen Personen personenbezogene Daten, die nach Satz 2 zu löschen sind, dürfen sie nicht mehr verwendet werden. Soweit Daten automatisiert verarbeitet oder Akten automatisiert erschlossen werden, ist auf den Ablauf der Fristen nach Satz 1 und 2 hinzuweisen. Nicht erforderliche Daten sind zu löschen.

(8) Personenbezogene Daten sind nicht zu löschen, sondern nur in der Verarbeitung einzuschränken, wenn

  1. Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange der betroffenen Person beeinträchtigt würden,
  2. die Daten zur Behebung einer bestehenden Beweisnot unerlässlich sind oder
  3. die Verwendung der Daten zu wissenschaftlichen Zwecken erforderlich ist.

In den Fällen des Satz 1 Nr. 3 sind die Daten zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu anonymisieren.

(9) Die Verpflichtung nach § 4 Abs. 1 und 2 des Hessischen Archivgesetzes vom 13. Oktober 2022 (GVBl. S. 493) bleibt unberührt.

(10) Akten oder Auszüge aus Akten dürfen auch in elektronischer Form geführt werden. Insoweit kommen die Regelungen zu personenbezogenen Daten in Akten zur Anwendung. Eine Abfrage personenbezogener Daten mittels automatisierter Verarbeitung ist insoweit nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Der automatisierte Abgleich dieser personenbezogenen Daten ist nur beschränkt auf Akten eng umgrenzter Anwendungsgebiete zulässig. Bei jeder Abfrage sind für Zwecke der Datenschutzkontrolle der Zeitpunkt, die Angaben, die die Feststellung der abgefragten Daten ermöglichen, sowie Angaben zur Feststellung des Abfragenden zu protokollieren. Die protokollierten Daten dürfen nur für Zwecke der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres, das der Protokollierung folgt, zu löschen.

(11) Zum Zweck der gegenseitigen Information über den Einsatz von Vertrauenspersonen darf das Landesamt zusammen mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der anderen Länder eine Übersicht als gemeinsame Datei führen. Die Übersicht kann Angaben über wesentliche Eigenschaften der Vertrauenspersonen und deren Einsatzbereiche enthalten. Das Landesamt und das Hessische Landeskriminalamt koordinieren den jeweiligen Einsatz von Vertrauenspersonen; Näheres regeln gemeinsame Richtlinien.

§ 17 Zweckbindung

(1) Das Landesamt darf personenbezogene Daten auch über den für die Datenerhebung maßgebenden Anlass hinaus zum Zweck der Aufgabenerfüllung des Verfassungsschutzes im Sinne des § 2 nutzen. Die Übermittlung personenbezogener Daten an eine andere Stelle stellt eine Nutzung für andere Zwecke dar und ist nur nach Maßgabe der §§ 20 bis 24 zulässig.

(2) Personenbezogene Daten dürfen auch zur Ausübung von Aufsichts- und Kontrollbefugnissen übermittelt und in dem dafür erforderlichen Umfang verwendet werden.

§ 18 Informationsübermittlung durch öffentliche Stellen an das Landesamt

(1) Die Behörden, Gerichte hinsichtlich der dort geführten Register, sonstigen öffentlichen Stellen des Landes Hessen sowie die Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstigen der Aufsicht des Landes Hessen unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts haben dem Landesamt die ihnen bei Erfüllung ihrer Aufgaben bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten auch ohne vorheriges Ersuchen des Landesamts zu übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Informationen für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamts erforderlich sein können. § 18 Abs. 1a und 1b des Bundesverfassungsschutzgesetzes bleibt unberührt. Die Übermittlung kann auch durch Einsichtnahme des Landesamts in Akten und Dateien der jeweiligen öffentlichen Stelle erfolgen, soweit die Übermittlung in sonstiger Weise den Zweck der Maßnahme gefährden oder einen übermäßigen Aufwand erfordern würde. Über die Einsichtnahme in amtlich geführte Dateien führt das Landesamt einen Nachweis, aus dem der Zweck und die eingesehene Datei hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu löschen. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 übermitteln die Staatsanwaltschaften außerdem Anklageschriften und Urteile.

(2) Das Landesamt überprüft die übermittelten Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich darauf, ob sie für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass die Informationen nicht erforderlich sind, werden sie unverzüglich gelöscht. Die Löschung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in diesem Fall dürfen die nicht erforderlichen Informationen nicht verwendet werden.

(3) Die Übermittlung personenbezogener Daten nach Abs. 1, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in § 3 Abs. 1 und 1a des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dem Landesamt nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse und Unterlagen findet § 4 Abs. 1 und 4 bis 6 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung.

(4) Die in Abs. 1 genannten Stellen sind zur Übermittlung verpflichtet, wenn im Einzelfall ein Ersuchen des Landesamts nach § 4 Abs. 3 vorliegt. Hält die ersuchte Stelle das Verlangen nach Auskunft oder Einsichtnahme nach § 4 Abs. 3 nicht für rechtmäßig, so teilt sie dies dem Landesamt mit. Besteht dieses auf dem Verlangen nach Auskunft oder Einsichtnahme, so entscheidet die für die ersuchte Stelle zuständige oberste Aufsichtsbehörde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

§ 19 Informationsübermittlung durch das Landesamt an übergeordnete Behörden und Aufklärung der Öffentlichkeit

(1) Das Landesamt unterrichtet die Ministerien und die Staatskanzlei über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 oder tatsächliche Anhaltspunkte hierfür, die für deren Zuständigkeitsbereich von Bedeutung sind. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten übermittelt werden.

(2) Das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium und das Landesamt dürfen personenbezogene Daten zum Zweck der Aufklärung der Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 oder tatsächliche Anhaltspunkte hierfür öffentlich bekanntgeben, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Organisationen erforderlich ist und das Allgemeininteresse das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person überwiegt.

§ 19a Übermittlung personenbezogener Daten durch das Landesamt an andere Stellen

(1) Eine Übermittlung personenbezogener Daten durch das Landesamt an eine andere Stelle ist nur zulässig, soweit die Übermittlung der betreffenden Daten zur Erfüllung der Aufgaben der betreffenden Stelle im Einzelfall geboten ist und § 23 nicht entgegensteht.

(2) Die Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten an öffentliche Stellen ist darüber hinaus nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 20 bis 20c zulässig. Die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen und an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs ist nur nach Maßgabe der §§ 21 und 22 zulässig.

(3) Soweit personenbezogene Daten übermittelt werden, die mit Maßnahmen nach § 6 bzw. §§ 7, 8 gewonnen wurden, richtet sich die Übermittlung an andere Stellen nach § 4 Abs. 4 des Artikel-10-Gesetzes bzw. § 8 Abs. 6, wobei eine Übermittlung nach § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Artikel-10-Gesetzes nur zulässig ist, wenn die fraglichen Daten auch nach §§ 20 oder 20a übermittelt werden dürften.

(4) Der Empfänger darf die Informationen nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung hinzuweisen.

(5) Zur Übermittlung ist auch das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium befugt.

(6) Jede Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobener personenbezogener Daten an andere Stellen ist unter Nennung der der Übermittlung zugrunde gelegten Rechtsvorschrift zu protokollieren.

§ 20 Informationsübermittlung durch das Landesamt an Polizeibehörden sowie zum Einsatz operativer Zwangsbefugnisse

Das Landesamt darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an Polizeibehörden übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur Abwehr einer wenigstens konkretisierten Gefahr für

  1. die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes,
  2. den Bestand oder die Sicherheit anderer Staaten oder internationaler Organisationen, denen Deutschland angehört, oder das friedliche Zusammenleben der Völker,
  3. Menschenwürde, Leib, Leben, Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung oder Freiheit einer Person oder
  4. Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist.

Satz 1 gilt auch für die Übermittlung an sonstige Gefahrenabwehrbehörden, wenn sie den Einsatz operativer Zwangsbefugnisse ermöglichen soll.

§ 20a Informationsübermittlung durch das Landesamt an Strafverfolgungsbehörden
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass jemand eine besonders schwere Straftat begangen (§ 25 des Strafgesetzbuchs), an der Begehung teilgenommen (§§ 26, 27 des Strafgesetzbuchs) oder die Beteiligung versucht (§§ 22, 23, 30 des Strafgesetzbuchs) hat, darf die Verfassungsschutzbehörde mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an die Strafverfolgungsbehörden übermitteln, soweit dies zur Verfolgung der Tat erforderlich ist. Besonders schwere Straftaten sind solche, die mit einer Höchststrafe bedroht sind von mindestens

  1. zehn Jahren Freiheitsstrafe oder
  2. fünf Jahren Freiheitsstrafe, wenn sie im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer beobachtungsbedürftigen Bestrebung i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 oder 5 oder in Ausübung einer beobachtungsbedürftigen Tätigkeit i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 begangen werden.

Besonders schwere Straftaten sind ferner sonstige gegen Leib, Leben, Gesundheit, sexuelle Selbstbestimmung, Freiheit oder Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im besonderen öffentlichen Interesse geboten ist, gerichtete Straftaten, soweit im Einzelfall tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Tatentschluss auf einem rassistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund oder Ziel beruht, und die Tat geeignet ist,

  1. Personen zu instrumentalisieren, indem ihnen wiederkehrend oder in beträchtlichem Ausmaß körperliches oder seelisches Leid oder wirtschaftlicher Schaden zugefügt wird,
  2. Personen von der Teilhabe an der demokratischen Willensbildung auszuschließen oder nachhaltig zu hindern oder
  3. das Vertrauen von Teilen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts zu erschüttern.

§ 20b Informationsübermittlung an sonstige inländische öffentliche Stellen
(Entscheidung BVerfG vom 28.10.2024 siehe =>)

(1) Das Landesamt darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn eine gesetzliche Regelung, die den Schutz eines der in § 20 genannten Rechtsgüter bezweckt, eine Mitwirkung des Landesamts vorsieht und die Datenübermittlung im Einzelfall erforderlich ist

  1. zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der betroffenen Person
    1. im Rahmen eines Erlaubniserteilungsverfahrens auf Ersuchen der überprüfenden Stelle oder
    2. zur Erfüllung einer gesetzlichen Nachberichtspflicht, wenn dem Landesamt im Nachhinein Informationen bekannt werden, die für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der betreffenden Person von Bedeutung sind,
  2. zur Prüfung der Frage, ob von der betroffenen Person oder Organisation eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ausgeht, oder ob gegen diese Person oder Organisation sonstige Sicherheitsbedenken bestehen,
    1. auf Ersuchen der überprüfenden Stelle oder
    2. zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterrichtungspflicht, wenn nachträglich sicherheitserhebliche Erkenntnisse über die überprüfte Person bekannt werden.

(2) Das Landesamt darf von sich aus mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an sonstige inländische öffentliche Stellen zum Schutz eines der in § 20 genannten Rechtsgüter übermitteln, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies im Einzelfall zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist.

(3) Das Landesamt darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an Vereinsverbotsbehörden im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vereinsgesetzes vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600), übermitteln, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Informationsübermittlung zur Vorbereitung oder Durchführung einer Maßnahme nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes im Einzelfall erforderlich ist.

§ 20c Informationsübermittlung durch das Landesamt an öffentliche Stellen zu arbeits- und dienstrechtlichen Zwecken

(1) Das Landesamt darf mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten für Zwecke dienst- oder arbeitsrechtlicher Maßnahmen an personalführende öffentliche Stellen übermitteln, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die betroffene Person Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 verfolgt oder unterstützt.

(2) Das Landesamt darf darüber hinaus mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhobene personenbezogene Daten an personalführende öffentliche Stellen übermitteln zum Zwecke der Überprüfung der Verfassungstreue von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben in den Fällen des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2005 (GVBl. I S. 14), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juni 2023 (GVBl. S. 456).

§ 21 Informationsübermittlung durch das Landesamt an ausländische öffentliche Stellen

(1) Das Landesamt darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung im Einzelfall zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Sind die Daten mit nachrichtendienstlichen Mitteln ersterhoben worden, sind die §§ 20 bis 20b entsprechend anzuwenden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn erkennbar ist, dass

  1. auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder
  2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen, insbesondere, wenn hierdurch Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder sonstige elementare Menschenrechte gefährdet würden oder Verletzungen von elementaren rechtsstaatlichen Grundsätzen drohen oder
  3. im Einzelfall ein datenschutzrechtlich angemessener Umgang mit den Daten beim Empfänger nicht hinreichend gesichert ist.

Bei der Prüfung, ob eine Übermittlung zu unterbleiben hat, berücksichtigt das Landesamt insbesondere den bisherigen Umgang des Empfängers mit übermittelten Daten.

(2) Der Empfänger darf die Informationen nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass das Landesamt sich vorbehält, Auskunft über die Verwendung der Daten zu verlangen. Das Landesamt kann bei der Übermittlung ausschließen, dass die übermittelten Informationen für die Anwendung operativer Befugnisse genutzt werden.

§ 22 Informationsübermittlung durch das Landesamt an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs

(1) Das Landesamt darf personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs nicht übermitteln, es sei denn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder zur Gewährleistung der Sicherheit von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen im Einzelfall erforderlich ist und das für den Verfassungsschutz zuständige Ministerium im Einzelfall seine Zustimmung erteilt hat. Das Landesamt führt über die Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, die Fundstelle und der Empfänger hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr seiner Erstellung folgt, zu vernichten. Der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass das Landesamt sich vorbehält, Auskunft über die Verwendung der Daten zu verlangen. Satz 1 bis 4 finden keine Anwendung, wenn personenbezogene Daten zum Zwecke von Datenerhebungen nach § 4 übermittelt werden.

(2) Der Empfänger darf die Informationen nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt worden sind. Der Empfänger ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass das Landesamt sich vorbehält, Auskunft über die Verwendung der Daten zu verlangen.

§ 23 Übermittlungsverbote

Die Übermittlung von Informationen nach diesem Teil unterbleibt, wenn

  1. erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Interesse der Allgemeinheit oder des Empfängers an der Übermittlung überwiegen,
  2. überwiegende Sicherheitsinteressen, insbesondere Gründe des Quellenschutzes oder des Schutzes operativer Maßnahmen, dies erfordern oder
  3. besondere gesetzliche Regelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

§ 24 Minderjährigenschutz

(1) Personenbezogene Daten minderjähriger Personen dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen ihrer Speicherung nach § 16 Abs. 3 erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Verfolgung einer der in § 100a der Strafprozessordnung genannten Straftaten erforderlich ist.

(2) Personenbezogene Daten minderjähriger Personen dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder über- oder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden.

§ 25 Nachberichtspflicht

Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung nach den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, wenn dies zu einer anderen Bewertung der Daten führen könnte oder zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist.

§ 26 Auskunft

(1) Das Landesamt erteilt der betroffenen Person über zu ihrer oder seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft, soweit die betroffene Person hierzu ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. Legt die betroffene Person nach Aufforderung ein besonderes Interesse nicht dar, entscheidet das Landesamt nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Auskunft erstreckt sich nicht auf

  1. die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen und
  2. Daten, die nicht strukturiert in automatisierten Dateien gespeichert sind, es sei denn, die betroffene Person macht Angaben, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand steht nicht außer Verhältnis zu dem von der betroffenen Person dargelegten Auskunftsinteresse.

Das Landesamt bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit durch sie

  1. eine Gefährdung der Erfüllung der Aufgaben zu besorgen ist,
  2. Nachrichtenzugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamts zu befürchten ist,
  3. die öffentliche Sicherheit gefährdet oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes ein Nachteil bereitet würde oder
  4. Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung preisgegeben werden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.

Die Entscheidung trifft die Behördenleitung oder eine von ihr besonders beauftragte Mitarbeiterin oder ein von ihr besonders beauftragter Mitarbeiter.

(3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung. Sie enthält einen Hinweis auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf, dass sich die betroffene Person an die Hessische Datenschutzbeauftragte oder den Hessischen Datenschutzbeauftragten wenden kann. Mitteilungen der oder des Hessischen Datenschutzbeauftragten an die betroffene Person dürfen ohne Zustimmung des Landesamts keine Rückschlüsse auf den Kenntnisstand des Landesamts zulassen.

§ 27 Dateianordnungen

(1) Für den erstmaligen Einsatz einer automatisierten Datei nach § 16 trifft das Landesamt in einer Dateianordnung, die der Zustimmung des für den Verfassungsschutz zuständigen Ministeriums bedarf, die in § 14 Abs. 1 Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannten Festlegungen. Die oder der Hessische Datenschutzbeauftragte ist vor Erlass einer Dateianordnung anzuhören. Das Gleiche gilt für wesentliche Änderungen von Dateianordnungen. Das Landesamt führt ein Verzeichnis der geltenden Dateianordnungen.

(2) Das Landesamt hat in angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung der Dateien zu überprüfen.

(3) Ist im Hinblick auf die Dringlichkeit der Aufgabenerfüllung die vorherige Mitwirkung der in Abs. 1 genannten Stellen nicht möglich, so kann das Landesamt eine Sofortanordnung treffen. Das Verfahren nach Abs. 1 ist unverzüglich nachzuholen.

Vierter Teil
Schlussvorschriften

§ 28 Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 14 Abs. 1 der Verfassung des Landes Hessen), Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 12 der Verfassung des Landes Hessen) und Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes, Art. 8 der Verfassung des Landes Hessen) eingeschränkt werden.

§ 29 Aufhebung bisherigen Rechts *

Das Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz vom 19. Dezember 1990 (GVBl. I S. 753), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Mai 2018 (GVBl. S. 82), wird mit Ausnahme der §§ 20 bis 22 aufgehoben; die §§ 20 bis 22 werden mit Ablauf des 17. Januar 2019 aufgehoben.

§ 30 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. 1

_______
1) Diese Bestimmung betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der ursprünglichen Fassung.



Bekanntmachung der Neufassung des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes
- Hessen -

Vom 20. Juli 2023
(GVOBl. Nr. 27 vom 11.08.2023 S. 614)
Gl.-Nr.: 18-7

Aufgrund des Art. 8a des Gesetzes zur Änderung sicherheitsrechtlicher Vorschriften und zur Umorganisation der hessischen Bereitschaftspolizei vom 29. Juni 2023 (GVBl. S. 456) wird nachstehend der Wortlaut des Hessischen Verfassungsschutzgesetzes in der vom 12. Juli 2023 an geltenden Fassung bekannt gemacht.

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