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Regelwerk, Allgemeines, Sanktionen
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JVollzGB III LSA - Drittes Buch Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt
Drittes Buch Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt- Vollzug des Jugendarrests -

- Sachsen-Anhalt -

Vom 11. November 2020
(GVBl. Nr. 41 vom 17.11.2020 S. 644)
Gl.-Nr.: 451.2



Teil 1
Anwendungsbereich

§ 1 Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrests (Vollzug) in einer Jugendarrestanstalt (Anstalt).

(2) Arrestanten im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, gegen die eine auf Jugendarrest erkennende Entscheidung vollstreckt wird.

Teil 2
Vollzug des Dauerarrests

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 2 Ziel des Vollzugs

Der Vollzug soll den Arrestanten das von ihnen begangene Unrecht, dessen Folgen und ihre Verantwortung hierfür bewusst machen und einen Beitrag leisten, die Arrestanten zu einem eigenverantwortlichen Leben ohne weitere Straftaten zu befähigen.

§ 3 Stellung der Arrestanten, Mitwirkung

(1) Die Persönlichkeit der Arrestanten ist zu achten.

(2) Die Arrestanten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit dieses Gesetz keine besondere Regelung enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind. Die Beschränkungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Anordnung stehen und dürfen die Arrestanten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

(3) Die Arrestanten sind berechtigt und verpflichtet, an Maßnahmen, die der Erreichung des Vollzugsziels dienen, mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. Die Maßnahmen sind ihnen zu erläutern.

§ 4 Grundsätze der Vollzugsgestaltung

(1) Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten und auf die Erreichung des Vollzugsziels auszurichten.

(2) Schädlichen Folgen des Vollzugs ist entgegenzuwirken.

(3) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Arrestanten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Herkunft, Behinderung, Religion und Gesundheit, werden bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall berücksichtigt.

§ 5 Maßnahmen erzieherischer Gestaltung

(1) Den Arrestanten ist in geeigneter Weise zu vermitteln, dass sie Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen und die notwendigen Konsequenzen für ihr künftiges Leben ziehen müssen. Das Bewusstsein für den dem Opfer zugefügten Schaden soll geweckt werden.

(2) Die erzieherische Gestaltung erfolgt insbesondere durch Maßnahmen zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Arrestanten im Hinblick auf ein künftiges Leben ohne Straftaten. Zudem sollen den Arrestanten sozial angemessene Verhaltensweisen unter Achtung der Rechte Anderer vermittelt werden.

(3) Einzel- und Gruppenmaßnahmen richten sich auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten sowie deren Ursachen und Folgen, auf die Unterstützung bei der lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung, auf die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens und der freien Zeit sowie auf die Vermittlung unterstützender Kontakte. Auch an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen sind geeignete Maßnahmen durchzuführen.

(4) Die Arrestanten sind an einen geregelten Tagesablauf heranzuführen.

(5) Die Arrestanten werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, und dazu angehalten werden, den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wiedergutzumachen.

§ 6 Zusammenarbeit, Einbeziehung Dritter

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.

(2) Die Anstalt arbeitet eng mit anderen öffentlichen Stellen, außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie Personen und Vereinen zusammen, um das Vollzugsziel zu erreichen und eine Durchführung der für erforderlich erachteten Maßnahmen nach der Entlassung zu ermöglichen. Dies gilt insbesondere für die Jugendämter, die Bewährungshilfe und die öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe. Der von den Sätzen 1 und 2, erfasste Personenkreis ist verpflichtet, außerhalb seiner Tätigkeit im Rahmen dieses Gesetzes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung der Tätigkeit.

(3) Die Personensorgeberechtigten der Arrestanten sollen angemessen in die Planung und Gestaltung des Vollzugs einbezogen werden, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft. Über besondere Begebenheiten während des Vollzugs sind sie unverzüglich zu unterrichten.

Abschnitt 2
Aufnahme, Planung

§ 7 Aufnahmeverfahren

(1) Mit den Arrestanten ist unverzüglich im Rahmen der Aufnahme ein Gespräch zu führen, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird. Während dieses Gesprächs dürfen andere Arrestanten nicht zugegen sein.

(2) Die Arrestanten werden über ihre Rechte und Pflichten in einer für sie verständlichen Form und Sprache unterrichtet. Ihnen wird ein Exemplar der Hausordnung ausgehändigt. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Arrestanten auf Verlangen zugänglich zu machen.

(3) Die Arrestanten werden nach Durchführung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen unverzüglich ärztlich untersucht. Während dieser Untersuchung dürfen andere Arrestanten nicht zugegen sein.

(4) Die Personensorgeberechtigten der Arrestanten, das Jugendamt und die Staatsanwaltschaft werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet. Stehen Arrestanten unter Bewährung, ist auch die Bewährungshilfe von der Aufnahme zu unterrichten.

(5) Werden der Anstalt bei der Aufnahme oder während des Vollzugs Tatsachen bekannt, die ein Absehen von der Vollstreckung oder deren Unterbrechung rechtfertigen können, unterrichtet sie unverzüglich die Vollstreckungsleitung.

§ 8 Ermittlung des Hilfebedarfs, Erziehungsplan

(1) Nach dem Aufnahmeverfahren wird alsbald ein ausführliches Gespräch mit den Arrestanten geführt. Dabei wird der Hilfebedarf unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit, ihrer Lebensverhältnisse und ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten ermittelt. Erkenntnisse aus den Vollstreckungsunterlagen und Erkenntnisse der Jugendgerichtshilfe werden einbezogen.

(2) Die an der Erziehung beteiligten Bediensteten erörtern den Hilfebedarf für die Dauer des Vollzugs sowie die Zeit danach und legen die sich daraus ergebenden Maßnahmen fest (Erziehungsplan). Diese werden mit den Arrestanten besprochen; dabei werden deren Anregungen und Vorschläge einbezogen, soweit sie der Erreichung des Vollzugsziels dienen. Der Erziehungsplan wird schriftlich niedergelegt und den Arrestanten ausgehändigt. Auf Verlangen der Personensorgeberechtigten der Arrestanten erhalten diese ebenfalls eine Ausfertigung des Erziehungsplanes.

(3) Als Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 kommen insbesondere in Betracht:

  1. Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz, insbesondere zu den Schwerpunktbereichen Gewalt, Sucht und Schulden,
  2. Maßnahmen zur lebenspraktischen, beruflichen und schulischen Entwicklung,
  3. angemessene Beschäftigung,
  4. Sportangebote und die Anleitung zur strukturierten Gestaltung der Freizeit, -
  5. Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen.

Abschnitt 3
Unterbringung, Versorgung

§ 9 Unterbringung während der Einschlusszeiten, Trennungsgebot

(1) Die Arrestanten werden in ihren Arresträumen einzeln untergebracht.

(2) Mit ihrer Zustimmung können höchstens zwei Arrestanten in einem geeigneten Arrestraum untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind und erzieherische Gründe dem nicht entgegenstehen.

(3) Die Arrestanten werden getrennt nach Geschlechtern untergebracht.

§ 10 Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten

(1) Außerhalb der Einschlusszeiten können sich die Arrestanten in Gemeinschaft aufhalten.

(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden, wenn

  1. es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,
  2. ein schädlicher Einfluss auf andere Arrestanten zu befürchten ist,
  3. es aus erzieherischen Gründen dringend geboten ist.

§ 11 Gewahrsam an Gegenständen

Die Arrestanten dürfen Gegenstände nur mit Zustimmung der Anstalt einbringen oder in Gewahrsam haben. Die Anstalt kann die Zustimmung verweigern oder widerrufen, wenn die Gegenstände geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder die Erreichung des Vollzugsziels zu gefährden. Gegenstände, die die Arrestanten nicht in Gewahrsam haben dürfen, werden von der Anstalt bis zur Entlassung aufbewahrt, soweit dies nach Art und Umfang möglich ist.

§ 12 Kleidung

(1) Die Arrestanten dürfen eigene Kleidung tragen. Dieses Recht kann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit es zur Gewährleistung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Für die Reinigung eigener Kleidung haben die Arrestanten selbst zu sorgen.

(2) Bei Bedarf stellt die Anstalt den Arrestanten Kleidung zur Verfügung.

§ 13 Verpflegung

Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung haben den Anforderungen an eine gesunde Ernährung zu entsprechen und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Den Arrestanten ist zu ermöglichen, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu befolgen.

Abschnitt 4
Bildung, Beschäftigung, Freizeit

§ 14 Bildung und Beschäftigung

Den Arrestanten sind Maßnahmen zur lebenspraktischen, schulischen und beruflichen Entwicklung anzubieten. Zu diesem Zweck können ihnen auch Aufgaben innerhalb der Anstalt und gemeinnützige Tätigkeiten außerhalb der Anstalt übertragen werden. Ein Anspruch auf Entlohnung besteht nicht.

§ 15 Freizeit

(1) Die Anstalt hat Angebote zur sinnvollen Freizeitgestaltung vorzuhalten. Sie stellt insbesondere Angebote zur sportlichen und kulturellen Betätigung, eine angemessen ausgestattete Mediathek sowie Zeitungen und Zeitschriften zur Verfügung. Die Arrestanten sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Maßnahmen der Freizeitgestaltung zu motivieren und dabei anzuleiten.

(2) Der Zugang zum Rundfunk ist zu ermöglichen. Eigene Hörfunk- oder Fernsehgeräte sowie andere eigene Geräte der Kommunikations-, Informations- und Unterhaltungselektronik sind nicht zugelassen.

(3) Dem Sport kommt bei der Gestaltung des Vollzugs besondere Bedeutung zu. Die Anstalt bietet täglich Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung an. Sie fördert die Bereitschaft der Arrestanten, sich sportlich zu betätigen.

Abschnitt 5
Gesundheitsfürsorge

§ 16 Gesundheitsschutz und Hygiene

(1) Die Anstalt unterstützt die Arrestanten bei der Erhaltung ihrer körperlichen, geistigen und seelischen Gesundheit. Sie fördert das Bewusstsein für gesunde Ernährung und Lebensführung. Insbesondere ist auf die Gefährdung durch Infektionen, Drogen, Tabak und Alkohol hinzuweisen. Der Konsum von Alkohol und Drogen ist den Arrestanten auf dem Anstaltsgelände und in den Anstaltsgebäuden untersagt. In diesen Bereichen sind der Nichtraucherschutz und der Schutz Minderjähriger zu gewährleisten. Die Arrestanten haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.

(2) Den Arrestanten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

(3) Die Arrestanten werden während des Vollzugs ärztlich behandelt, soweit dies aus vollzuglichen Gründen erforderlich ist. Die Behandlung von Arrestanten, die nicht krankenversichert sind, umfasst die notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistung unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit nach dem Standard der gesetzlichen Krankenversicherung und der Dauer des Vollzugs.

Abschnitt 6
Außenkontakte

§ 17 Schriftwechsel, Pakete

(1) Die Arrestanten haben das Recht, Schreiben zu empfangen und abzusenden. Die Anstalt fördert die schriftliche Kommunikation und übernimmt die Kosten für abgehende Schreiben in angemessenem Umfang.

(2) Die Arrestanten haben das Absenden und den Empfang ihrer Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, die sie unverzüglich weiterleitet. Eine inhaltliche Kontrolle findet nicht statt. Ein- und ausgehende Schreiben können auf verbotene Gegenstände kontrolliert werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen, wenn

  1. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige der Arrestanten sind, zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Arrestanten haben oder die Erreichung des Vollzugsziels behindern,
  3. bei Personen, die Opfer der Straftat waren oder im Haftbefehl als Opfer benannt werden, zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel mit den Arrestanten einen schädlichen Einfluss auf sie hat, oder
  4. die Personensorgeberechtigten der Arrestanten nicht einverstanden sind.

(4) Den Arrestanten kann in begründeten Ausnahmefällen genehmigt werden, Pakete zu empfangen. Pakete sind in Gegenwart der Arrestanten zu öffnen und zu kontrollieren. Wird der Empfang nicht genehmigt, kann die Anstalt die Annahme von Paketen ablehnen oder die Pakete an den Absender zurücksenden.

§ 18 Besuche, Telefongespräche, Störung des Mobilfunkverkehrs

(1) Den Arrestanten kann gestattet werden, Besuch zu empfangen oder unter Vermittlung der Anstalt Telefongespräche zu führen, wenn dies der Erreichung des Vollzugsziels dient und die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt hierdurch nicht gefährdet wird.

(2) Aus Gründen der Sicherheit der Anstalt können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher durchsuchen oder mit technischen Hilfsmitteln absuchen lassen. Besuche und Telefongespräche dürfen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt beaufsichtigt werden. Sie dürfen abgebrochen werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden.

(3) Besuche von Verteidigern, von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2146), von Rechtsanwälten und Notaren in einer die Arrestanten betreffenden Rechtssache sowie Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, des Ausschusses der Vereinten Nationen gegen Folter, des zugehörigen Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter und der weiteren Einrichtungen, mit denen der Kontakt aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist, sind zu gestatten und werden nicht beaufsichtigt. Dies gilt für Telefongespräche mit diesem Personenkreis entsprechend. Im Rahmen von Besuchen nach Satz 1 darf die Übergabe von Schriftstücken und sonstigen Unterlagen nur aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von einer Erlaubnis abhängig gemacht werden.

(4) § 117 des Ersten Buches Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt gilt entsprechend.

§ 19 Aufenthalte außerhalb der Anstalt

(1) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können geeigneten Arrestanten gewährt werden, wenn es sich um Maßnahmen der Anstalt handelt oder dies sonst zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlich ist. Aufenthalte außerhalb der Anstalt dürfen nicht gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die Arrestanten sich dem Vollzug entziehen oder sie zu Straftaten missbrauchen werden.

(2) Aufenthalte außerhalb der Anstalt können auch aus wichtigem Anlass gewährt werden, insbesondere zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen, zur medizinischen Behandlung des Arrestanten sowie bei einer akut lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger oder dem Tod naher Angehöriger.

(3) Zur Ausgestaltung der Aufenthalte außerhalb der Anstalt können den Arrestanten Weisungen erteilt werden. Soweit dies erforderlich ist, werden sie durch eine von der Anstalt zugelassene Person begleitet oder ständig und unmittelbar beaufsichtigt.

Abschnitt 7
Religionsausübung

§ 20 Seelsorge, religiöse Veranstaltungen, Weltanschauungsgemeinschaften

(1) Den Arrestanten darf die religiöse Betreuung durch einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einem Seelsorger ihres Bekenntnisses in Verbindung zu treten.

(2) Die Arrestanten dürfen religiöse Schriften sowie in angemessenem Umfang Gegenstände des religiösen Gebrauchs besitzen. Diese dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Die Arrestanten haben das Recht, am Gottesdienst und anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses in der Anstalt teilzunehmen. Sie dürfen an Gottesdiensten und religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft teilnehmen, wenn der Seelsorger der Religionsgemeinschaft zustimmt.

(4) Arrestanten können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen in der Anstalt ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden.

(5) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

Abschnitt 8
Sicherheit und Ordnung

§ 21 Grundsatz

(1) Die Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die Erreichung des Vollzugsziels ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei, dass in der Anstalt ein gewaltfreies Klima herrscht.

(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Arrestanten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und die Arrestanten nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

§ 22 Allgemeine Verhaltenspflichten

(1) Die Arrestanten sind für das geordnete Zusammenleben in der Anstalt mitverantwortlich und müssen mit ihrem Verhalten dazu beitragen.

(2) Die Arrestanten sind verpflichtet, die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn sie sich durch diese beschwert fühlen.

(3) Die Arrestanten haben ihre Arresträume und die ihnen von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(4) Die Arrestanten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 23 Pflichtverstöße

(1) Verstöße der Arrestanten gegen Pflichten, die ihnen durch oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind unverzüglich in einem erzieherischen Gespräch aufzuarbeiten.

(2) Darüber hinaus können erzieherische Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Arrestanten ihr Fehlverhalten bewusst zu machen. Die erzieherischen Maßnahmen sollen mit der Verfehlung in Zusammenhang stehen. Als erzieherische Maßnahmen kommen insbesondere die Erteilung von Weisungen und Auflagen, die Beschränkung der Nutzung oder der Entzug einzelner Gegenstände für die Freizeitbeschäftigung für eine Dauer von bis zu zwei Tagen und der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder einzelnen Freizeitveranstaltungen für eine Dauer von bis zu drei Tagen in Betracht.

(3) In geeigneten Fällen sollen im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden. Insbesondere kommen die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung beim Geschädigten, die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft und das vorübergehende Verbleiben im Arrestraum in Betracht. Erfüllen die Arrestanten die Vereinbarung, so ist von der Anordnung erzieherischer Maßnahmen abzusehen.

§ 24 Durchsuchung, Absuchung

(1) Die Arrestanten, ihre Sachen und ihre Arresträume dürfen auch mit technischen oder sonstigen Hilfsmitteln abgesucht oder durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Arrestanten darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Arrestanten nur von Frauen vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu achten.

(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung der Arrestanten vorzunehmen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Arrestanten dürfen nicht anwesend sein. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass die Arrestanten in der Regel bei der Aufnahme zu durchsuchen sind.

§ 25 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder aus Gründen der Gesundheitsvorsorge können im Einzelfall Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch angeordnet werden. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.

§ 26 Besondere Sicherungsmaßnahmen

(1) Gegen Arrestanten können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach ihrem Verhalten oder aufgrund ihres seelischen Zustandes in erhöhtem Maße die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
  2. die Beobachtung der Arrestanten, auch mit technischen Hilfsmitteln,
  3. die Trennung von allen anderen Arrestanten (Absonderung),
  4. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Arrestraum ohne gefährdende Gegenstände für eine Dauer bis zu sechs Stunden.

(3) Eine Absonderung für die Dauer von mehr als sechs Stunden ist nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer in Absatz 1 genannten Gefahr unerlässlich ist.

(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen; die Entscheidung des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen. Wird die Genehmigung nicht erteilt, ist die besondere Sicherungsmaßnahme unverzüglich aufzuheben.

(5) Die Entscheidung über die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme wird den Arrestanten mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich niedergelegt.

(6) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen. In den Fällen des Absatzes 3 ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich über die Anordnung der besonderen Sicherungsmaßnahmen zu berichten.

(7) Während der Absonderung und während der Unterbringung im besonders gesicherten Arrestraum sind die Arrestanten in besonderem Maße zu betreuen.

(8) Sind die Arrestanten in einem besonders gesicherten Arrestraum untergebracht oder länger als sechs Stunden abgesondert, hat sie ein Arzt aufzusuchen.

Abschnitt 9
Unmittelbarer Zwang

§ 27 Begriffsbestimmungen, allgemeine Voraussetzungen

(1) Unmittelbarer Zwang im Vollzug ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt. Als Hilfsmittel körperlicher Gewalt gegen Personen dürfen nur dienstlich zugelassene Fesseln und Reizstoffe verwendet werden. Der Gebrauch von Waffen jeglicher Art ist unzulässig.

(2) Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn die durchzusetzenden Maßnahmen rechtmäßig sind und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.

(3) Gegen andere Personen als Arrestanten darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie versuchen, Arrestanten zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.

(4) Unmittelbarer Zwang darf aufgrund anderer Rechtsvorschriften ausgeübt werden.

§ 28 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Androhung

(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.

(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

(3) Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Abschnitt 10
Entlassung, Nachsorge

§ 29 Nachsorge, Entlassungsbeihilfe

(1) Die Anstalt unterstützt und berät die Arrestanten in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendamt sowie öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe bei der Einleitung von nachsorgenden Maßnahmen.

(2) Die Entlassung kann am Tag des Ablaufs des Vollzugs vorzeitig erfolgen, wenn die Arrestanten aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen sind oder die Verkehrsverhältnisse das erfordern.

(3) Soweit die eigenen Mittel nicht ausreichen, kann den Arrestanten bei der Entlassung eine Beihilfe zu den Fahrtkosten öffentlicher Verkehrsmittel gewährt werden.

§ 30 Schlussbericht, Entlassungsgespräch

(1) Für jeden Arrestanten wird zum Ende des Vollzugs ein Schlussbericht erstellt, der insbesondere folgende Angaben enthält:

  1. Übersicht über den Vollzugsverlauf, insbesondere über die durchgeführten Maßnahmen,
  2. Aussagen zur Persönlichkeit und zu den gegenwärtigen Lebensumständen der Arrestanten sowie zu ihrer Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels,
  3. Darlegung des Hilfebedarfs der Arrestanten sowie Empfehlung von weiteren externen Hilfsangeboten,
  4. Vorschläge zu Auflagen und Weisungen, wenn Arrestanten unter Bewährungsaufsicht stehen.

(2) Der Inhalt ihres Schlussberichts wird den Arrestanten in einem Entlassungsgespräch erläutert.

(3) Der Schlussbericht wird in den jeweiligen Vollzugs- und Strafakten der Arrestanten abgelegt. Eine Ausfertigung des Berichts erhalten die Jugendgerichtshilfe und bei unter Bewährungsaufsicht stehenden Arrestanten die Bewährungshilfe. Auf deren Antrag erhalten auch die Arrestanten und ihre Personensorgeberechtigten eine Ausfertigung des Berichts.

Abschnitt 11
Beschwerde

§ 31 Beschwerderecht

(1) Die Arrestanten erhalten Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen oder von gemeinsamem Interesse sind, an den Anstaltsleiter zu wenden.

(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Arrestanten sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.

(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde besteht daneben fort.

Abschnitt 12
Aufbau und Organisation der Anstalt

§ 32 Einrichtung und Ausstattung der Anstalt

(1) Der Jugendarrest wird in Jugendarrestanstalten vollzogen.

(2) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalt so fest, dass eine angemessene Unterbringung im Sinne des § 9 gewährleistet ist.

(3) Es sind bedarfsgerechte Einrichtungen für Gruppen- und Einzelmaßnahmen vorzuhalten. Gleiches gilt für Besuche, Freizeit, Sport und Seelsorge.

§ 33 Anstaltsleitung

(1) Der Anstaltsleiter trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug und vertritt die Anstalt nach außen. Er kann einzelne Aufgabenbereiche und Befugnisse auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.

(2) Die Befugnis, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung oder besondere Sicherungsmaßnahmen anzuordnen, darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde anderen Bediensteten übertragen werden.

(3) Die Aufsichtsbehörde überträgt die Leitung der Anstalt dem Jugendrichter am Sitz der Anstalt. Ist dort kein Jugendrichter oder sind dort mehrere Jugendrichter tätig, bestimmt die Aufsichtsbehörde einen Jugendrichter zum Anstaltsleiter.

(4) Die Aufsichtsbehörde kann abweichend von Absatz 3 einen Beamten der Laufbahngruppe 2 zum Anstaltsleiter bestellen. In diesem Fall findet § 85 Abs. 1 des Jugendgerichtsgesetzes Anwendung. An die Stelle des gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes bestimmten Vollzugsleiters tritt der am Sitz des Vollzugs nach der Geschäftsverteilung des betreffenden Amtsgerichtes zuständige Jugendrichter.

§ 34 Personelle Ausstattung

(1) Die Anstalt wird mit dem für die Erreichung des Vollzugsziels und für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal ausgestattet. Die Bediensteten müssen für die erzieherische Gestaltung des Vollzugs geeignet und qualifiziert sein.

(2) Die Aufgaben der Anstalt werden von Justizvollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen kann die Wahrnehmung der Aufgaben auch anderen Bediensteten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(3) Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung der Bediensteten sind zu gewährleisten.

§ 35 Hausordnung

Der Anstaltsleiter erlässt zur Gestaltung und Organisation des Vollzugsalltags auf der Grundlage dieses Gesetzes eine Hausordnung. Darin sind insbesondere die Rechte und Pflichten der Arrestanten und der strukturierte Tagesablauf aufzunehmen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung vorbehalten.

Abschnitt 13
Aufsicht

§ 36 Aufsichtsbehörde, Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften

(1) Das für Justizvollzug zuständige Ministerium führt die Aufsicht über die Anstalten (Aufsichtsbehörde).

(2) Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalten in einem Vollstreckungsplan.

(3) Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Jugendarrest auch in Anstalten der Justizverwaltungen anderer Länder vollzogen werden.

Teil 3
Freizeit- und Kurzarrest, Nichtbefolgungsarrest, Jugendarrest neben Jugendstrafe

§ 37 Grundsatz

Für den Vollzug des

  1. Freizeit- und Kurzarrests nach § 16 Abs. 2 und 3 des Jugendgerichtsgesetzes,
  2. Nichtbefolgungsarrests nach § 11 Abs. 3, § 15 Abs. 3 Satz 2, § 23 Abs. 1 Satz 4, § 29 Satz 2 und § 88 Abs. 6 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes und nach § 98 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 185 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328, 1350), sowie
  3. Jugendarrests neben Jugendstrafe nach § 16a des Jugendgerichtsgesetzes

gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Vollzug des Dauerarrests, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.

§ 38 Freizeit- und Kurzarrest

(1) Während des Freizeit- und Kurzarrests sind Maßnahmen nach § 5 Abs. 2 anzubieten, soweit die kurze Dauer des Vollzugs dies zulässt und sinnvoll erscheinen lässt.

(2) Ein Erziehungsplan nach § 8 Abs. 2 wird nicht erstellt. Von § 8 Abs. 1 kann dahingehend abgewichen werden, dass den Arrestanten, soweit dies die kurze Dauer des Vollzugs zulässt, zur Erreichung des Vollzugsziels in Gesprächen insbesondere ihre Straftaten und ihre gegenwärtige Lebenssituation bewusst gemacht werden. Sie sollen, soweit möglich, über externe Hilfsangebote unterrichtet werden. Ein Schlussbericht nach § 30 wird nur erstellt, wenn dies aus besonderen Gründen erforderlich ist. § 7 Abs. 3 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass eine ärztliche Untersuchung nur erfolgt, wenn Anhaltspunkte für eine Vollzugsuntauglichkeit bestehen.

§ 39 Nichtbefolgungsarrest

(1) Im Vollzug des Nichtbefolgungsarrests sollen mit den Arrestanten die Gründe für die Nichterfüllung der auferlegten Pflichten erörtert werden. Sie sollen dazu angehalten und motiviert werden, die ihnen erteilten Weisungen oder Anordnungen zu befolgen und ihre Auflagen zu erfüllen.

(2) In den Fällen des § 98 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten tritt an die Stelle der Auseinandersetzung mit der Straftat nach § 5 Abs. 3 eine Auseinandersetzung mit der zugrundeliegenden Ordnungswidrigkeit.

(3) Der Schlussbericht nach § 30 enthält zudem Angaben über die Befolgung von Weisungen oder Anordnungen sowie die Erfüllung von Auflagen während des Vollzugs.

(4) Für den Vollzug des Nichtbefolgungsarrests in Form eines Freizeit- und Kurzarrests findet zusätzlich § 38 Anwendung.

§ 40 Jugendarrest neben Jugendstrafe

(1) Die Gestaltung des Vollzugs des Jugendarrests neben Jugendstrafe und die dabei vorgesehenen Einzelmaßnahmen haben sich zusätzlich an den in § 16a Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Jugendgerichtsgesetzes genannten Anordnungsgründen zu orientieren.

(2) Die Bewährungshilfe hält während des Vollzugs des Jugendarrests neben Jugendstrafe Kontakt zu den Arrestanten und wirkt an der Planung und Einleitung nachsorgender Maßnahmen mit, um eine bestmögliche Vorbereitung der Bewährungszeit zu gewährleisten.

(3) In den Fällen des § 16a Abs. 1 Nr. 2 des Jugendgerichtsgesetzes sind den Arrestanten Kontakte zu Personen ihres sozialen Umfeldes nur dann zu gestatten, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.

(4) Für den Vollzug des Jugendarrests neben Jugendstrafe in Form eines Freizeit- und Kurzarrests findet zusätzlich § 38 Anwendung.

Teil 4
Schlussvorschriften

§ 41 Folgeänderung

Das Landesrichtergesetz vom 28. Januar 2011 (GVBl. LSA S. 30), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes vom 7. Juli 2020 (GVBl. LSA S. 372, 374), wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht erhält die Angabe zu § 13 folgende Fassung:

" § 13 (weggefallen)".

2. § 13

§ 13 Wahrnehmung von Aufgaben des Justizvollzuges

Dem aufsichtführenden Richter eines Amtsgerichts können die Aufgaben des Leiters einer Jugendarrestanstalt mit Sitz im Bezirk dieses Amtsgerichts übertragen werden.

wird aufgehoben.

§ 42 Verhältnis zu Bundesrecht

Dieses Gesetz ersetzt nach Artikel 125a Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes in seinem Geltungsbereich

  1. § 90 des Jugendgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2146), und
  2. die Jugendarrestvollzugsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 3270), zuletzt geändert durch Artikel 53 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864, 1872), mit Ausnahme der Bestimmungen über die Vollstreckung des Jugendarrests (§§ 4, 5 Abs. 3, § 17 Abs. 4 und § 25 Abs. 1, 3 und 4 der Jugendarrestvollzugsordnung).

§ 43 Evaluation

(1) Die im Vollzug eingesetzten Maßnahmen, insbesondere die Methoden zur Förderung der Arrestanten, sind von der Anstalt und der Aufsichtsbehörde in Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Forschung im Hinblick auf ihre Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Dabei sind geschlechtsspezifische Besonderheiten des Vollzugs zu berücksichtigen, soweit dies für die Aussagekraft der Untersuchung von Bedeutung ist. Die Ergebnisse der Überprüfung sind für die Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sind Konzepte für den Einsatz vollzuglicher Maßnahmen zu entwickeln und fortzuschreiben. Auch im Übrigen sind die Erfahrungen mit der Ausgestaltung des Vollzugs durch dieses Gesetz sowie der Art und Weise der Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes zu überprüfen.

(2) Das für Justizvollzug zuständige Ministerium berichtet dem Landtag in fünfjährigem Abstand, erstmals im vierten Quartal 2024, über die Ergebnisse der Überprüfung.

§ 44 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die folgenden Grundrechte eingeschränkt:

  1. das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes und des Artikels 6 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt,
  2. das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit im Sinne des Artikels 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes und des Artikels 5 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt,
  3. das Grundrecht der Freiheit der Person im Sinne des, Artikels 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und des Artikels 5 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und
  4. das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses sowie des Post- und Fernmeldegeheimnisses im Sinne des Artikels 10 Abs. 1 des Grundgesetzes und des Artikels 14 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt.

§ 45 Sprachliche Gleichstellung

Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 46 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

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