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§ 70 Eigengeld
(1) Das Eigengeld besteht aus den Beträgen, die der Gefangene bei Strafantritt in die Anstalt mitbringt, Geldern, die ihm während der Haftzeit zugehen, und Bezügen, die nicht als Hausgeld oder zur Bildung des Überbrückungsgeldes in Anspruch genommen werden.
(2) Der Gefangene kann über das Eigengeld verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist. § 31 Abs. 3 und 4 und § 68 bleiben unberührt.
Abschnitt 9
Sicherheit und Ordnung
§ 71 Grundsatz
(1) Sicherheit und Ordnung der Anstalt bilden die Grundlage des auf die Erziehung und Förderung aller Gefangenen ausgerichteten Anstaltslebens und tragen dazu bei, dass in der Anstalt ein gewaltfreies Klima herrscht.
(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die dem Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und den Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen.
§ 72 Verhaltensvorschriften
(1) Der Gefangene ist für das geordnete Zusammenleben in der Anstalt mitverantwortlich und muss mit seinem Verhalten dazu beitragen. Sein Bewusstsein hierfür ist zu entwickeln und zu stärken.
(2) Der Gefangene hat sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten.
(3) Der Gefangene hat die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen, auch wenn er sich durch diese beschwert fühlt. Einen ihm zugewiesenen Bereich darf er nicht ohne Erlaubnis verlassen.
(4) Der Gefangene hat seinen Haftraum und die ihm von der Anstalt überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.
(5) Der Gefangene hat Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.
§ 73 Durchsuchung, Absuchung
(1) Der Gefangene, seine Sachen und der Haftraum dürfen durchsucht und mit technischen Mitteln abgesucht werden. Die Durchsuchung männlicher Gefangener darf nur von Männern, die Durchsuchung weiblicher Gefangener darf nur von Frauen vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.
(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Gefangenen nur in Gegenwart von Männern, bei weiblichen Gefangenen nur in Gegenwart von Frauen erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein.
(3) Der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, dass Gefangene bei der Aufnahme, vor und nach Kontakten mit Besuchern sowie vor und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt nach Absatz 2 zu durchsuchen sind.
§ 74 Sichere Unterbringung
(1) Ein Gefangener kann in eine Anstalt verlegt werden, die für eine sichere Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt.
(2) § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.
§ 75 Erkennungsdienstliche Maßnahmen
(1) Zur Sicherung des Jugendstrafvollzugs, zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder zur Identitätsfeststellung sind mit Kenntnis des Gefangenen zulässig
(2) Die hierbei gewonnenen Unterlagen oder Daten werden zur Gefangenenpersonalakte' genommen oder in personenbezogenen Dateien gespeichert. Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen gespeichert werden. Die nach Absatz 1 erhobenen Daten dürfen nur für die in Absatz 1, in § 78 Abs. 2 und in § 99 Abs. 2 Nr. 4 genannten Zwecke verarbeitet werden.
(3) Wird der Gefangene aus dem Jugendstrafvollzug entlassen oder in eine andere Anstalt verlegt, sind diese in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten nach spätestens zwei Jahren zu löschen.
§ 76 Lichtbildausweise
Die Anstalt kann den Gefangenen verpflichten, einen Lichtbildausweis mit sich zu führen, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erforderlich ist. Dieser ist bei der Entlassung oder bei der Verlegung in eine andere Anstalt einzuziehen und zu vernichten.
§ 77 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelmissbrauch
(1) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt können allgemeine Kontrollen angeordnet werden, um den Missbrauch von Suchtmitteln festzustellen. Gegen einzelne Gefangene kann eine Kontrolle angeordnet werden, wenn sie im Verdacht stehen, Suchtmittel zu besitzen oder solche zu gebrauchen. Die Maßnahmen nach Satz 1 und 2 dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein.
(2) Wird Suchtmittelmissbrauch festgestellt, können die Kosten der Maßnahmen dem Gefangenen auferlegt werden.
§ 78 Festnahmerecht
(1) Ein Gefangener, der entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhält, darf durch die Anstalt oder auf deren Veranlassung festgenommen und zurückgebracht werden.
(2) Nach § 75 Abs. 1 und § 98 erhobene und zur Identifizierung oder Festnahme erforderliche Daten dürfen den Vollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden, soweit dies für Zwecke der Fahndung und Festnahme des entwichenen oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhaltenden Gefangenen erforderlich ist.
§ 79 Besondere Sicherungsmaßnahmen
(1) Gegen einen Gefangenen können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach seinem Verhalten oder aufgrund seines seelischen Zustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht.
(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:
(3) Maßnahmen nach Absatz 2 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Hausordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann.
(4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn Fluchtgefahr besteht.
§ 80 Einzelhaft
Die unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in seiner Person liegen, unerlässlich ist. Einzelhaft von mehr als zwei Monaten Gesamtdauer im Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Während des Vollzugs der Einzelhaft ist der Gefangene in besonderem Maße zu betreuen.
§ 81 Fesselung
In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse des Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.
§ 82 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren
(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen.
(2) Wird ein Gefangener ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet sein seelischer Zustand den Anlass der Sicherungsmaßnahme, ist vorher eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt.
(3) Die Entscheidung wird dem Gefangenen vom Anstaltsleiter mündlich eröffnet und schriftlich begründet.
(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen.
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 79 Abs. 2 Nrn. 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden.
§ 83 Ärztliche Überwachung
(1) Ist ein Gefangener in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt (§ 79 Abs. 2 Nrn. 5 und 6), sucht ihn der Arzt unverzüglich und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transportes (§ 79 Abs. 4).
(2) Der Arzt ist regelmäßig zu hören, solange eine besondere Sicherungsmaßnahme nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 oder Einzelhaft nach § 80 andauert.
§ 84 Ersatz von Aufwendungen
(1) Der Gefangene ist verpflichtet, der Anstalt Aufwendungen zu ersetzen, die er durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung anderer Gefangener verursacht, hat. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(2) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 genannten Forderungen ist abzusehen, soweit hierdurch die Erziehung und Förderung des Gefangenen oder seine Eingliederung behindert würde.
Abschnitt 10
Unmittelbarer Zwang
§ 85 Begriffsbestimmungen
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln und Reizstoffe.
(4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hieb- und Schusswaffen.
§ 86 Allgemeine Voraussetzungen
(1) Die Bediensteten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.
(2) Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten:
(3) Das Recht zur Anwendung unmittelbaren Zwangs aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleibt unberührt.
§ 87 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.
(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.
§ 88 Handeln auf Anordnung
(1) Wird unmittelbarer Zwang von einem Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, sind die Bediensteten verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden.
(2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgen die Bediensteten sie trotzdem, trifft sie eine Schuld nur, wenn sie erkennen oder wenn es nach den ihnen bekannten Umständen offensichtlich ist, dass dadurch eine Straftat begangen wird.
(3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung haben Bedienstete dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Bestimmungen des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an Vorgesetzte sind nicht anzuwenden.
§ 89 Androhung
Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.
§ 90 Schusswaffengebrauch
Der Gebrauch von Schusswaffen durch Bedienstete innerhalb und außerhalb der Anstalt ist verboten. Das Recht zum Schusswaffengebrauch aufgrund anderer Vorschriften durch Polizeivollzugsbedienstete bleibt hiervon unberührt.
§ 91 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind zwangsweise nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen zulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit des Gefangenen verbunden sein. Zur Durchführung der Maßnahmen ist die Anstalt nicht verpflichtet, solange von einer freien Willensbestimmung des Gefangenen ausgegangen werden kann.
(2) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Falle des Absatzes 1 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.
(3) Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist.
Abschnitt 11
Erzieherische Maßnahmen, Disziplinarmaßnahmen
§ 92 Erzieherische Maßnahmen
(1) Verstöße des Gefangenen gegen Pflichten, die ihm durch oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind
unverzüglich im erzieherischen Gespräch aufzuarbeiten. Daneben können Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, dem Gefangenen sein Fehlverhalten bewusst zu machen (erzieherische Maßnahmen). Erzieherische Maßnahmen sind insbesondere
(2) Der Anstaltsleiter legt fest, welche Bediensteten befugt sind, erzieherische Maßnahmen anzuordnen.
(3) Es sollen solche erzieherischen Maßnahmen angeordnet werden, die mit der Verfehlung in Zusammenhang stehen.
§ 93 Disziplinarmaßnahmen
(1) Verstößt ein Gefangener rechtswidrig und schuldhaft gegen Pflichten, die ihm durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind, kann der Anstaltsleiter gegen ihn Disziplinarmaßnahmen anordnen. Das gilt insbesondere, wenn er
(2) Von einer Disziplinarmaßnahme ist abzusehen, wenn erzieherische Maßnahmen nach § 92 genügen, um dem Gefangenen das Unrecht seines Verhaltens zu verdeutlichen.
(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind
(4) Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.
(5) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.
(6) Arrest darf nur wegen schwerer oder wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
§ 94 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Bewährung
(1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt.
(2) Disziplinarmaßnahmen können ganz oder teilweise bis zu sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt werden.
(3) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Er ist erzieherisch auszugestalten. Der Gefangene kann in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muss, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse des Gefangenen aus § 29, § 30 Abs. 2, § 31 Abs. 2 und 3, § 44 und den § § 47 bis 49.
§ 95 Disziplinarbefugnis
(1) Disziplinarmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Weg in eine andere Anstalt zum Zweck der Verlegung ist die aufnehmende Anstalt zuständig.
(2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung gegen den Anstaltsleiter richtet.
(3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen einen Gefangenen in einer anderen Anstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. § 94 Abs. 2 bleibt unberührt.
§ 96 Verfahren
(1) Der Sachverhalt ist zu klären. Der betroffene Gefangene ist zu hören und darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht sich zu äußern. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung des Gefangenen ist zu vermerken.
(2) Bei schweren Verfehlungen soll sich der Anstaltsleiter vor der Entscheidung mit Personen besprechen, die an der Erziehung des Gefangenen mitwirken.
(3) Vor der Anordnung von Disziplinarmaßnahmen gegen einen Gefangenen, der sich in ärztlicher Behandlung befindet, oder gegen Schwangere oder stillende Mütter ist ein Arzt zu hören.
(4) Die Entscheidung wird dem Gefangenen vom Anstaltsleiter mündlich eröffnet und schriftlich begründet.
(5) Bevor Arrest vollzogen wird, ist ein Arzt zu hören. Während des Arrestes steht der Gefangene unter ärztlicher Aufsicht. Der Vollzug unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit des Gefangenen gefährdet würde.
Abschnitt 12
Beschwerde
§ 97 Beschwerderecht
(1) Der Gefangene kann sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an den Anstaltsleiter wenden.
(2) Besichtigen Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, dass die Gefangenen sich in Angelegenheiten, die sie selbst betreffen, an diese wenden können.
(3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.
Abschnitt 13
Datenschutz
§ 98 Erhebung personenbezogener Daten
(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten erheben, soweit dies für den Jugendstrafvollzug erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten sind bei dem Betroffenen zu erheben, Ohne seine Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden, wenn
(3) Werden personenbezogene Daten bei dem Betroffenen erhoben, so ist dieser von der verantwortlichen Stelle über
zu unterrichten. Werden personenbezogene Daten bei dem Betroffenen aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so ist der Betroffene hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. Soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, ist er über die Rechtsvorschrift und über die Folgen der Verweigerung von Angaben aufzuklären.
(4) Daten über Personen, die nicht Gefangene sind, dürfen ohne ihre Mitwirkung bei Personen oder Stellen außerhalb der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur erhoben werden, wenn sie für die Erziehung des Gefangenen, die Sicherheit der Anstalt oder die Sicherung des Vollzugs einer Jugend- oder Freiheitsstrafe unerlässlich sind und die Art der Erhebung schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht beeinträchtigt.
(5) Über eine ohne seine Kenntnis vorgenommene Erhebung personenbezogener Daten wird der Betroffene unter Angabe dieser Daten unterrichtet, soweit der in Absatz 1 genannte Zweck dadurch nicht gefährdet wird. Sind die Daten bei anderen Personen oder Stellen erhoben worden, kann die Unterrichtung unterbleiben, wenn
(6) Werden personenbezogene Daten statt bei dem Betroffenen bei einer nichtöffentlichen Stelle erhoben, so ist die Stelle auf die Rechtsvorschrift, die zur Auskunft verpflichtet, sonst auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen.
§ 99 Verarbeitung und Nutzung
(1) Die Anstalt und die Aufsichtsbehörde dürfen personenbezogene Daten verarbeiten und nutzen, soweit dies für den Jugendstrafvollzug erforderlich ist.
(2) Die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für andere Zwecke ist zulässig, soweit dies
erforderlich ist.
(3) Eine Verarbeitung oder Nutzung für andere Zwecke liegt nicht vor, soweit sie dem gerichtlichen Rechtsschutz im Zusammenhang mit diesem Gesetz oder den in § 10 Abs. 3 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Februar 2002 (GVBl. LSA S. 54), zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 18. November 2005 (GVBl. LSA S. 698, 701), genannten Zwecken dient.
(4) Über die in den Absätzen 1 und 2 geregelten Zwecke hinaus dürfen zuständigen öffentlichen Stellen personenbezogene Daten übermittelt werden, soweit dies für
erforderlich ist. Eine Übermittlung für andere Zwecke ist auch zulässig, soweit eine andere gesetzliche Bestimmung dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf personenbezogene Daten über Gefangene bezieht.
(5) Der Anstaltsleiter oder die Aufsichtsbehörde darf öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen auf schriftlichen Antrag mitteilen, ob sich eine Person in Haft befindet sowie ob und wann ihre Entlassung voraussichtlich innerhalb eines Jahres bevorsteht, soweit
Den Verletzten einer Straftat können darüber hinaus auf schriftlichen Antrag Auskünfte über die Entlassungsadresse oder die Vermögensverhältnisse des Gefangenen erteilt werden, wenn die Erteilung zur Feststellung oder Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit der Straftat erforderlich ist. Der Gefangene wird vor der Mitteilung gehört, es sei denn, es ist zu besorgen, dass dadurch die Verfolgung des Interesses der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde, und eine Abwägung ergibt, dass dieses Interesse das Interesse des Gefangenen an seiner vorherigen Anhörung überwiegt. Ist die Anhörung unterblieben, wird der betroffene Gefangene über die Mitteilung der Anstalt oder Aufsichtsbehörde nachträglich unterrichtet.
(6) Akten mit personenbezogenen Daten dürfen nur anderen Anstalten, Aufsichtsbehörden, den für Strafvollzugs-, straftvollstreckungs- und strafrechtliche Entscheidungen zuständigen Gerichten sowie den Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsbehörden überlassen werden. Die Überlassung an andere öffentliche Stellen ist zulässig, soweit die Erteilung einer Auskunft einen unvertretbaren Aufwand erfordert oder nach Darlegung der Akteneinsicht begehrenden Stellen für die Erfüllung der Aufgabe nicht ausreicht. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Akten an die von der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde mit Gutachten beauftragten Stellen.
(7) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach Absatz 1, Absatz 2 oder Absatz 4 übermittelt werden dürfen, weitere personenbezogene Daten von Betroffenen oder von Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen von Betroffenen oder Dritten an deren Geheimhaltung offensichtlich überwiegen. Eine Verarbeitung oder Nutzung dieser Daten durch die Empfänger ist unzulässig.
(8) Bei der Überwachung der Besuche oder des Schriftwechsels sowie bei der Überwachung des Inhaltes von Paketen bekannt gewordene personenbezogene Daten dürfen nur
verarbeitet und genutzt werden.
(9) Personenbezogene Daten, die nach § 98 Abs. 4 über Personen, die nicht Gefangene sind, erhoben worden sind, dürfen nur zur Erfüllung des Erhebungszwecks, für die in Absatz 2 Nrn. 1 bis 3 geregelten Zwecke oder zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie von anstaltsbezogenen Straftaten verarbeitet oder genutzt werden.
(10) Die Übermittlung von personenbezogenen Daten unterbleibt, soweit die in § 102 Abs. 2 oder § 104 Abs. 2 und 4 geregelten Einschränkungen oder besondere gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen.
(11) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen einer öffentlichen Stelle, trägt diese die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde nur, ob das Übermittlungsersuchen im Rahmen der Aufgaben des Empfängers liegt und die Absätze 8 bis 10 der Übermittlung nicht entgegenstehen, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.
§ 100 Einrichtung automatisierter Übermittlungs- und Abrufverfahren
Für die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung personenbezogener Daten nach § 99 Abs. 1, 2 und 4 ermöglicht, gilt § 7 Abs. 1 bis 4 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger.
§ 101 Zweckbindung
Von der Anstalt oder der Aufsichtsbehörde übermittelte personenbezogene Daten dürfen nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden, zu dessen Erfüllung sie übermittelt worden sind. Die Empfänger dürfen die Daten für andere Zwecke nur verarbeiten oder nutzen, soweit sie ihnen auch für diese Zwecke hätten übermittelt werden dürfen, und wenn im Fall einer Übermittlung an nichtöffentliche Stellen die übermittelnde Anstalt oder Aufsichtsbehörde zugestimmt hat. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde hat die nichtöffentlichen Empfänger auf die Zweckbindung nach Satz 1 hinzuweisen.
§ 102 Schutz besonderer Daten
(1) Das religiöse oder weltanschauliche Bekenntnis und personenbezogene Daten eines Gefangenen, die anlässlich ärztlicher Untersuchungen erhoben worden sind, dürfen in der Anstalt nicht allgemein kenntlich gemacht werden. Andere personenbezogene Daten des Gefangenen dürfen innerhalb der Anstalt allgemein kenntlich gemacht werden, soweit dies für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt erforderlich ist. § 99 Abs. 8 bis 10 bleibt unberührt.
(2) Personenbezogene Daten, die
(3) Die nach Absatz 2 offenbarten Daten dürfen nur für den Zweck, für den sie offenbart wurden oder für den eine Offenbarung zulässig gewesen wäre, und nur unter denselben Voraussetzungen verarbeitet oder genutzt werden, unter denen eine in Absatz 2 Satz 1 genannte Person selbst hierzu befugt wäre. Der Anstaltsleiter kann unter diesen Voraussetzungen die unmittelbare Offenbarung gegenüber bestimmten Bediensteten allgemein zulassen.
(4) Sofern Ärzte oder Psychologen außerhalb des Jugendstrafvollzugs mit der Untersuchung oder Behandlung eines Gefangenen beauftragt werden, gilt Absatz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass der beauftragte Arzt oder Psychologe auch zur Unterrichtung des in der Anstalt tätigen Arztes oder des in der Anstalt mit der Behandlung des Gefangenen betrauten Psychologen befugt sind.
§ 103 Schutz der Daten in Akten und Dateien
(1) Die Bediensteten dürfen sich von personenbezogenen Daten nur Kenntnis verschaffen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben oder für die Zusammenarbeit nach § 7 erforderlich ist.
(2) Akten und Dateien mit personenbezogenen Daten sind durch die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen unbefugten Zugang und unbefugten Gebrauch zu schützen. Gesundheitsakten und Krankenblätter sind getrennt von anderen Unterlagen zu führen und besonders zu sichern. Im Übrigen gilt für die Art und den Umfang der Schutzvorkehrungen § 6 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger.
§ 104 Berichtigung; Löschung und Sperrung 15
(1) Die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten sind spätestens fünf Jahre nach der Entlassung des Gefangenen oder der Verlegung des Gefangenen in eine andere Anstalt zu löschen. Hiervon können bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist für die Gefangenenpersonalakte die Angaben über Familienname, Vorname, Geburtsname, Geburtstag, Geburtsort, Eintritts- und Austrittsdatum des Gefangenen ausgenommen werden, soweit dies für das Auffinden der Gefangenenpersonalakte erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten in Akten müssen nach Ablauf von fünf Jahren seit der Entlassung des Gefangenen gesperrt werden. Sie dürfen danach nur übermittelt oder genutzt werden, soweit dies
unerlässlich ist. Diese Verwendungsbeschränkungen enden, wenn der Gefangene erneut zum Vollzug einer Jugend- oder Freiheitsstrafe aufgenommen wird oder wenn er eingewilligt hat.
(3) Bei der Aufbewahrung von Akten mit nach Absatz 2 gesperrten Daten dürfen folgende Fristen nicht überschritten werden:
1. | Gefangenenpersonalakten, Gesundheitsakten und Krankenblätter | 20 Jahre |
2. | Gefangenenbücher | 30 Jahre. |
Dies gilt nicht, wenn aufgrund bestimmter. Tatsachen anzunehmen ist, dass die Aufbewahrung für die in Absatz 2 Satz 2 genannten Zwecke weiterhin erforderlich ist. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem auf das Jahr der aktenmäßigen Weglegung folgenden Kalenderjahr. Die Bestimmungen des Archivgesetzes Sachsen-Anhalt bleiben unberührt.
(4) Wird festgestellt, dass unrichtige Daten übermittelt worden sind, ist dies den Empfängern mitzuteilen, wenn dies zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der Betroffenen erforderlich ist.
(5) Im Übrigen gilt für die Berichtigung, Löschung und Sperrung personenbezogener Daten auch § 16 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger.
§ 105 Auskunft an den Betroffenen, Akteneinsicht
(1) Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft zu erteilen über
In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden. Sind die personenbezogenen Daten weder automatisiert noch in nicht automatisierten Dateien, gespeichert, wird die Auskunft nur erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten ermöglichen, und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem von dem Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Die Anstalt oder die Aufsichtsbehörde bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung, nach pflichtgemäßem Ermessen.
(2) Absatz 1 gilt nicht für personenbezogene Daten, die nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, oder ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen und eine Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde.
(3) Bezieht sich die Auskunftserteilung auf die Übermittlung personenbezogener Daten an Behörden der Staatsanwaltschaft, an Polizeidienststellen, Verfassungsschutzbehörden, den Bundesnachrichtendienst, den Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, andere Behörden des Bundesministeriums der Verteidigung, so ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig.
(4) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit
(5) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf einer Begründung nicht, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesen Fällen ist der Betroffene darauf hinzuweisen, dass er sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann.
(6) Wird dem Betroffenen keine Auskunft erteilt, so ist sie auf sein Verlangen dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu erteilen, soweit nicht die Aufsichtsbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Landes Sachsen-Anhalt, eines anderen Landes oder des Bundes gefährdet würde. Die Mitteilung des Landesbeauftragten für den Datenschutz an den Betroffenen darf keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der speichernden Stelle zulassen, sofern diese nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt.
(7) Die Auskunft nach Absatz 1 ist unentgeltlich.
(8) Soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen nicht ausreicht und er hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist, erhält der Betroffene Akteneinsicht.
§ 106 Anwendung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger
Soweit insbesondere in den § § 98 bis 105 nicht anderes bestimmt ist, finden auf den Umgang mit personenbezogenen Daten der Gefangenen die Regelungen des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger Anwendung.
Abschnitt 14
Kriminologische Forschung
§ 107 Evaluation, kriminologische Forschung
(1) Behandlungs-, Erziehungs- und Förderprogramme für die Gefangenen sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.
(2) Der Jugendstrafvollzug, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien sowie die Behandlungsprogramme und deren Wirkungen auf das Vollzugsziel, soll regelmäßig durch den kriminologischen Dienst, durch eine Hochschule oder durch eine andere Stelle wissenschaftlich begleitet und erforscht werden. § 476 der Strafprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass auch elektronisch gespeicherte personenbezogene Daten übermittelt werden können.
Abschnitt 15
Aufbau der Jugendstrafanstalt
§ 108 Jugendstrafanstalt
(1) Die Jugendstrafe wird in Jugendstrafanstalten oder in getrennten Abteilungen einer Anstalt des Erwachsenenvollzugs (Anstalt) vollzogen. Gemeinsame Aus- und Fortbildungsmaßnahmen von nach Jugendstrafrecht und nach allgemeinem Strafrecht Verurteilten sind zulässig; in jedem Fall erfolgt für die nach Jugendstrafrecht Verurteilten der Vollzug der Jugendstrafe nach diesem Gesetz.
(2) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe- und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind zweckentsprechend auszugestalten.
(3) Die Abteilungen der Anstalt sollen in Wohngruppen gegliedert sein, zu denen neben den Hafträumen weitere Räume zur gemeinsamen Nutzung gehören.
§ 109 Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung
(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Anstalt so fest, dass eine angemessene Unterbringung während der Ruhezeit gewährleistet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Aus- und Weiterbildung, Arbeit sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht.
(2) Hafträume dürfen nicht mit mehr Gefangenen als zugelassen belegt werden.
(3) Ausnahmen von Absatz 2 sind nur vorübergehend und nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig.
§ 110 Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, Arbeitsbetriebe
(1) Die erforderlichen Einrichtungen zur schulischen und beruflichen Bildung, arbeitstherapeutischen Beschäftigung und die notwendigen Betriebe für die Arbeit sind vorzuhalten. Sie sind den Verhältnissen außerhalb der Anstalt anzugleichen.
(2) Bildung und Beschäftigung können auch in geeigneten privaten Einrichtungen und Betrieben erfolgen. Die technische und fachliche Leitung kann Angehörigen dieser Einrichtungen und Betriebe übertragen werden.
§ 111 Anstaltsleitung
(1) Der Anstaltsleiter trägt die Verantwortung für den gesamten Jugendstrafvollzug und vertritt die Anstalt nach außen. Er kann einzelne Aufgabenbereiche auf andere Bedienstete übertragen. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.
(2) Für jede Jugendstrafanstalt ist ein Beamter des höheren Dienstes zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen. Aus besonderen Gründen kann sie auch von einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden.
§ 112 Bedienstete
Die Anstalt wird mit dem für das Erreichen des Vollzugsziels erforderlichen Personal ausgestattet. Es muss für die erzieherische Gestaltung des Jugendstrafvollzugs geeignet und qualifiziert sein. Fortbildung sowie Praxisberatung und -begleitung für die Bediensteten sind zu gewährleisten.
§ 113 Seelsorger
(1) Die Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet.
(2) Wenn die geringe Anzahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen.
(3) Mit Zustimmung des Anstaltsleiters darf der Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und diese für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen von außen zuziehen.
§ 114 Medizinische Versorgung
(1) Die ärztliche Versorgung ist durch hauptamtliche Anstaltsärzte sicherzustellen. Sie kann aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärzten übertragen werden.
(2) Die Pflege der Kranken soll von Bediensteten ausgeübt werden, die eine Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz besitzen. Solange diese nicht zur Verfügung stehen, können auch Bedienstete eingesetzt werden, die eine sonstige Ausbildung in der Krankenpflege erfahren haben.
§ 115 Sozialtherapeutische Abteilung, sozialtherapeutische Anstalt
(Inkrafttrteten: 1.1.2013)
Die Sozialtherapie nach § 14 erfolgt in einer sozialtherapeutischen Abteilung oder sozialtherapeutischen Anstalt des Jugendstrafvollzugs. Die Einrichtung als Außenstelle ist zulässig.
§ 116 Konferenzen
Zur Erstellung und Fortschreibung des Vollzugsplans und zur Vorbereitung anderer wichtiger Vollzugsentscheidungen führt der Anstaltsleiter Konferenzen mit den an der Erziehung maßgeblich Beteiligten durch.
§ 117 Mitverantwortung der Gefangenen
Den Gefangenen soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen.
§ 118 Hausordnung
(1) Der Anstaltsleiter erlässt eine Hausordnung. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Genehmigung vorbehalten.
(2) In die Hausordnung sind insbesondere Anordnungen aufzunehmen über die
Abschnitt 16
Aufsicht, Beirat
§ 119 Aufsichtsbehörde
Das für Justiz zuständige Ministerium führt die Aufsicht über die Anstalt.
§ 120 Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Anstalt in einem Vollstreckungsplan. Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Jugendstrafvollzug auch in Vollzugseinrichtungen anderer Länder vorgesehen werden.
§ 121 Beirat
(1) Bei der Anstalt ist ein Beirat zu bilden. Bedienstete dürfen nicht Mitglieder des Beirats sein.
(2) Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Jugendstrafvollzugs und bei der Betreuung der Gefangenen mit. Sie unterstützen den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung.
(3) Die Mitglieder des Beirats können insbesondere Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Sie können sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung unterrichten sowie die Anstalt besichtigen. Sie können die Gefangenen in ihren Räumen aufsuchen. Unterhaltung und Schriftwechsel werden nicht überwacht.
(4) Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Gefangenen, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes.
Abschnitt 17
Schlussbestimmungen
§ 122 Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes, Artikel 5 Abs. 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt), auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 14 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) und auf den Schutz personenbezogener Daten (Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 6 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt) eingeschränkt.
§ 123 Berichtspflicht
Das für Justiz zuständige Ministerium berichtet dem Landtag von Sachsen-Anhalt in zweijährigem Abstand zur Lage des Jugendstrafvollzugs in Sachsen-Anhalt.
§ 124 Sprachliche Gleichstellung
Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
§ 125 Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. Januar 2008 in Kraft.
(2) Die §§ 14 und 115 treten am 1. Januar 2013 in Kraft.
ENDE |