Druck- und LokalversionFür einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk; Allgemeines
Frame öffnen

JStVollzG LSA - Jugendstrafvollzugsgesetz Sachsen-Anhalt
Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Sachsen-Anhalt

- Sachsen-Anhalt -

Vom 7. Dezember 2007
(GVBl. Nr. 30 vom 13.12.2007 S. 368; 03.07.2015 S. 314 15; 18.12.2015 S. 666 aufgehoben)
Gl.-Nr.: 312-6



Zur Nachfolgeregelung JVollzGB

Abschnitt 1
Grundsätze

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe.

§ 2 Ziel und Aufgabe

Der Jugendstrafvollzug dient dem Ziel, den Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Gleichermaßen hat er die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

§ 3 Erziehungsauftrag, Vollzugsgestaltung

(1) Der Jugendstrafvollzug ist erzieherisch zu gestalten. Der Gefangene ist in der Entwicklung seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass er zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer befähigt wird. Die Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen soll geweckt werden.

(2) Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalt im Sinne von § 108 Abs. 1 Satz 1 werden an Zielsetzung und Aufgabe des Jugendstrafvollzugs sowie den besonderen Bedürfnissen der Gefangenen ausgerichtet.

(3) Das Leben in der Anstalt ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen der Freitheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Der Jugendstrafvollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, dem Gefangenen zu helfen, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Die Belange von Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie die Belange der Allgemeinheit sind zu beachten. Die Gefangenen sind insbesondere vor Übergriffen zu schützen.

(4) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Gefangenen werden bei der Vollzugsgestaltung und bei Einzelmaßnahmen berücksichtigt.

§ 4 Pflicht zur Mitwirkung

Der Gefangene ist verpflichtet, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

§ 5 Leitlinien der Erziehung und Förderung

(1) Erziehung und Förderung erfolgen durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten des Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels.

(2) Durch differenzierte Angebote soll auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Erziehungs- und Förderbedarf des Gefangenen eingegangen werden.

(3) Die Maßnahmen und Programme richten sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die schulische Bildung, berufliche Qualifizierung, soziale Integration und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte.

§ 6 Stellung der Gefangenen

(1) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.

(2) Vollzugsmaßnahmen sollen dem Gefangenen erläutert werden.

§ 7 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter

(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.

(2) Die Anstalt arbeitet mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen, wie dem Jugendamt, sowie Personen und Vereinen eng zusammen, deren Mitwirkung die Eingliederung fördern kann. Dieser Personenkreis ist verpflichtet, außerhalb seiner Tätigkeit im Rahmen dieses Gesetzes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit des Gefangenen, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach der Beendigung der Tätigkeit.

(3) Die Personensorgeberechtigten sollen, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft, in die Planung und Gestaltung des Jugendstrafvollzugs einbezogen werden.

§ 8 Soziale Hilfe

(1) Der Gefangene wird darin unterstützt, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Er soll dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere den durch die Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen und eine Schuldenregulierung herbeizuführen.

(2) Der Gefangene ist, soweit erforderlich, über die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung seiner sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche zu beraten.

Abschnitt 2
Vollzugsplanung

§ 9 Aufnahme

(I) Beim Aufnahmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.

(2) Der Gefangene wird über seine Rechte und Pflichten unterrichtet.

(3) Nach der Aufnahme wird der Gefangene unverzüglich ärztlich untersucht und dem Leiter der Anstalt oder der Aufnahmeabteilung vorgestellt.

(4) Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden von der Aufnahme unverzüglich unterrichtet.

(5) Der Gefangene soll dabei unterstützt werden, notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige und die Sicherung seiner Habe außerhalb der Anstalt zu veranlassen.

§ 10 Feststellung des Erziehungs- und Förderbedarfs

(1) Nach der Aufnahme wird dem Gefangenen das Ziel seines Aufenthalts in der Anstalt verdeutlicht sowie das Angebot an Unterricht, Aus- und Fortbildung, Arbeit, Behandlungsmaßnahmen und Freizeit erläutert.

(2) Der Erziehungs- und Förderbedarf des Gefangenen wird in einem Explorationsverfahren ermittelt. Es erstreckt sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine zielgerichtete Vollzugsgestaltung und die Eingliederung des Gefangenen nach der Entlassung notwendig erscheint.

(3) Die Planung der Erziehung und Behandlung wird mit dem Gefangenen erörtert. Dabei sollen dessen Anregungen und Vorschläge einbezogen werden, soweit sie dem Vollzugsziel dienen.

§ 11 Vollzugsplan

(1) Auf der Grundlage des festgestellten Erziehungs- und Förderbedarfs wird regelmäßig innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Aufnahme ein Vollzugsplan erstellt.

(2) Der Vollzugsplan wird regelmäßig alle vier Monate auf seine Umsetzung überprüft, mit dem Gefangenen erörtert und fortgeschrieben. Bei Jugendstrafen von mehr als zwei Jahren verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Bei der Fortschreibung sind die Entwicklung des Gefangenen und in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen.

(3) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen enthalten, je nach Stand des Jugendstrafvollzugs, insbesondere folgende Angaben:

  1. die dem Vollzugsplan zugrunde liegenden Annahmen zur Vorgeschichte der Straftaten sowie die Erläuterung der Ziele, Inhalte und Methoden der Erziehung und Förderung des Gefangenen,
  2. Unterbringung im geschlossenen oder offenen Jugendstrafvollzug,
  3. Zuweisung zu einer Wohngruppe oder einem anderen Unterkunftsbereich,
  4. Unterbringung in der Sozialtherapie,
  5. Teilnahme an schulischen, berufsorientierenden, qualifizierenden oder arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder Zuweisung von Arbeit,
  6. Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen oder anderen Hilfs- oder Fördermaßnahmen,
  7. Teilnahme an Sport- und Freizeitangeboten,
  8. Lockerungen des Jugendstrafvollzugs und Urlaub,
  9. Pflege der familiären Beziehungen und Gestaltung der Außenkontakte,
  10. Maßnahmen und Angebote zum Ausgleich von Tatfolgen,
  11. Schuldenregulierung,
  12. Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Wiedereingliederung und Nachsorge und
  13. die Zeitpunkte für die Fortschreibung des Vollzugsplans.

(4) Der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen werden dem Gefangenen ausgehändigt. Sie werden dem Vollstreckungsleiter und auf Verlangen den Personensorgeberechtigten mitgeteilt.

§ 12 Verlegung und Überstellung

(1) Der Gefangene kann abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere Anstalt verlegt werden,

  1. wenn das Erreichen des Vollzugsziels oder die Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird oder
  2. wenn dies aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist.

(2) Die Personensorgeberechtigten, der Vollstreckungsleiter, das Jugendamt sowie die Strafverteidigung werden von der Verlegung unverzüglich unterrichtet.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann sich Entscheidungen über Verlegungen vorbehalten.

(4) Der Gefangene darf aus wichtigem Grund in eine andere Anstalt oder Justizvollzugsanstalt überstellt werden.

§ 13 Geschlossener und offener Jugendstrafvollzug

(1) Die Gefangenen werden im geschlossenen oder offenen Jugendstrafvollzug untergebracht.

(2) Ein Gefangener soll im offenen Jugendstrafvollzug untergebracht werden, wenn er dessen besonderen Anforderungen genügt, insbesondere verantwortet werden kann, zu erproben, dass er sich dem Jugendstrafvollzug nicht entziehen und die Möglichkeiten des offenen Jugendstrafvollzugs nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werde.

§ 14 Sozialtherapie
(Inkrafttrteten: 1.1.2013)

(1) Ein Gefangener ist in die Sozialtherapie zu verlegen, wenn die Wiederholung einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches oder wegen einer Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit aufgrund einer Entwicklungs-, Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung zu befürchten und die Behandlung in der Sozialtherapie angezeigt ist.

(2) Andere Gefangene sollen mit ihrer Zustimmung in die Sozialtherapie verlegt werden, wenn deren besondere therapeutische Mittel und soziale Hilfen zum Erreichen des Vollzugsziels angezeigt sind.

(3) Der Gefangene wird zurückverlegt, wenn der Zweck der sozialtherapeutischen Behandlung aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, nicht erreicht werden kann.

(4) § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend; § 74 bleibt unberührt.

§ 15 Lockerungen des Jugendstrafvollzugs, Ausführung aus besonderen Gründen

(1) Als Lockerungen des Jugendstrafvollzugs kommen insbesondere in Betracht:

  1. Verlassen der Anstalt für eine bestimmte Tageszeit unter Aufsicht von Bediensteten (Ausführung) oder ohne Aufsicht (Ausgang) und
  2. regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt unter Aufsicht von Bediensteten (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht (Freigang).

(2) Lockerungen dürfen gewährt werden, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass der Gefangene sich dem Jugendstrafvollzug nicht entziehen und die Lockerungen nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werde. Sie können versagt werden, wenn der Gefangene seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt.

(3) Im Übrigen darf ein Gefangener ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist. Liegt die Ausführung ausschließlich im Interesse des Gefangenen, können ihm die Kosten auferlegt werden. Dabei sind die Auswirkungen auf seine Erziehung und Eingliederung zu berücksichtigen.

§ 16 Urlaub aus dem Jugendstrafvollzug, Ausgang aus wichtigem Anlass

(1) Zur Förderung der Wiedereingliederung in das Leben in Freiheit, insbesondere zur Aufrechterhaltung sozialer Bindungen, kann der Anstaltsleiter nach Maßgabe des Vollzugsplans Urlaub gewähren. Der Urlaub darf 24 Tage in einem Vollstreckungsjahr nicht übersteigen.

(2) Weiterhin kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen aus wichtigem Anlass Ausgang gewähren oder ihn bis zu sieben Tagen im Vollstreckungsjahr beurlauben, zur Teilnahme an gerichtlichen Terminen, wegen des Todes oder einer lebensbedrohenden Erkrankung naher Angehöriger auch darüber hinaus.

(3) § 15 Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Durch Urlaub wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.

§ 17 Weisungen für Lockerungen und Urlaub, Widerruf und Rücknahme

(1) Der Anstaltsleiter kann dem Gefangenen für Lockerungen und Urlaub Weisungen erteilen.

(2) Er kann Lockerungen und Urlaub widerrufen, wenn

  1. er aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände berechtigt wäre, die Maßnahmen zu versagen,
  2. der Gefangene die Maßnahme missbraucht oder
  3. der Gefangene Weisungen nicht befolgt.

(3) Er kann Lockerungen und Urlaub mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben.

§ 18 Vorführung, Ausantwortung

(1) Auf Ersuchen eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft erfolgt die Vorführung des Gefangenen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt.

(2) Auf begründeten Antrag ist der Gefangene befristet dem Gewahrsam eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft oder einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde zu überlassen (Ausantwortung).

§ 19 Entlassungsvorbereitung

(1) Die Anstalt arbeitet frühzeitig mit außervollzuglichen Einrichtungen, Organisationen sowie Personen und Vereinen zusammen, um zu erreichen, dass der Gefangene nach seiner Entlassung über eine geeignete Unterbringung und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügt. Die Personensorgeberechtigten und das Jugendamt werden unterrichtet.

(2) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Jugendstrafvollzug gelockert werden (§ 15).

(3) Der Gefangene kann in den offenen Jugendstrafvollzug verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient.

(4) Zur Vorbereitung der Entlassung kann der Gefangene zum Zwecke der Teilnahme an gezielten Wiedereingliederungsmaßnahmen bis zu sieben Tage Urlaub erhalten. Freigänger (§ 15 Abs. 1 Nr. 2) können innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Urlaub bis zu sechs Tagen im Monat erhalten; Satz 1 findet keine Anwendung. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 gelten entsprechend.

(5) Darüber hinaus kann der Gefangene nach Anhörung des Vollstreckungsleiters bis zu vier Monate beurlaubt werden. Hierfür sollen Weisungen erteilt werden. Der im laufenden Vollstreckungsjahr gewährte Urlaub nach § 16 Abs. 1 wird auf diese Zeit angerechnet. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 Abs. 2 gelten entsprechend.

§ 20 Entlassungszeitpunkt

(1) Der Gefangene soll am letzten Tag seiner Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag, entlassen werden.

(2) Fällt das Strafende auf einen Sonnabend oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 6. Januar, so kann der Gefangene an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies gemessen an der Dauer der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.

(3) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn Gründe dafür vorliegen, dass der Gefangene zu seiner Eingliederung hierauf dringend angewiesen ist.

§ 21 Hilfe zur Entlassung, Nachsorge

(1) Zur Vorbereitung der Entlassung ist der Gefangene bei der Ordnung seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu unterstützen. Dies kann auch die Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen umfassen.

(2) Ist der Gefangene bedürftig, kann ihm eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses, angemessener Kleidung oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

(3) Die dem Gefangenen gewährte Entlassungsbeihilfe ist unpfändbar.

§ 22 Fortführung von Maßnahmen nach der Entlassung

(1) Der Gefangene darf auf Antrag nach seiner Entlassung im Jugendstrafvollzug begonnene Ausbildungs- oder Behandlungsmaßnahmen fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden können. Hierzu kann der entlassene Gefangene auf vertraglicher Grundlage vorübergehend in der Anstalt untergebracht werden, sofern es die Belegungssituation zulässt.

(2) Stört der entlassene Gefangene den Anstaltsbetrieb, kann der Anstaltsleiter die Unterbringung und die Maßnahme jederzeit beenden. Dasselbe gilt für eine Beendigung aus vollzugsorganisatorischen Gründen.

Abschnitt 3
Unterbringung, Versorgung und Gesundheitsfürsorge

Unterabschnitt 1
Unterbringung und Versorgung der Gefangenen

§ 23 Trennung von männlichen und weiblichen Gefangenen

Männliche und weibliche Gefangene werden getrennt untergebracht. Gemeinsame Maßnahmen, insbesondere eine gemeinsame Schul- und Berufsausbildung, sind zulässig.

§ 24 Unterbringung während der Ausbildung, Arbeit und Freizeit

(1) Die Gefangenen arbeiten gemeinsam. Dasselbe gilt für Unterricht, Berufsausbildung, berufliche Fort- und Weiterbildung, Umschulung sowie arbeitstherapeutische Beschäftigung und sonstige Beschäftigung während der Arbeitszeit.

(2) Den Gefangenen kann gestattet werden, sich während der Freizeit in Gemeinschaft mit anderen Gefangenen aufzuhalten. Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen oder organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen.

(3) Die gemeinschaftliche Unterbringung bei Ausbildung, Arbeit und Freizeit kann eingeschränkt werden,

  1. wenn ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist,
  2. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert,
  3. wenn dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist oder
  4. bis zur Erstellung des Vollzugsplans, jedoch nicht länger als zwei Monate.

§ 25 Unterbringung während der Ruhezeit

(1) Die Gefangenen werden während der Ruhezeit einzeln in ihren Hafträumen untergebracht. Mit ihrer Zustimmung dürfen Gefangene gemeinsam untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind. Es sollen grundsätzlich nicht mehr als zwei Gefangene gemeinsam untergebracht werden.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist auch zulässig, wenn ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht. Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

§ 26 Wohngruppen

Geeignete Gefangene werden in Wohngruppen untergebracht.

§ 27 Unterbringung von Müttern mit Kindern

(1) Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht drei Jahre alt, kann es mit Zustimmung des Aufenthaltsbestimmungsberechtigten in der Anstalt untergebracht werden, wenn die baulichen Gegebenheiten dies zulassen und Sicherheitsgründe nicht entgegenstehen. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten des für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet würde.

§ 28 Persönlicher Gewahrsam, Kostenbeteiligung

(1) Der Gefangene darf nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihm von der Anstalt oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung darf er Sachen von geringem Wert von anderen Gefangenen annehmen. Der Anstaltsleiter kann Annahme und Gewahrsam auch dieser Sachen von seiner Zustimmung abhängig machen.

(2) Eingebrachte Sachen, die der Gefangene nicht in Gewahrsam haben darf, sind für ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Dem Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, seine Sachen, die er während des Jugendstrafvollzugs und für seine Entlassung nicht benötigt, zu verschicken. Geld wird ihm als Eigengeld gutgeschrieben.

(3) Werden eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, von dem Gefangenen trotz Aufforderung nicht aus der Anstalt verbracht, so ist der Anstaltsleiter berechtigt, diese Sachen auf Kosten des Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen.

(4) Aufzeichnungen und andere Sachen, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, darf der Anstaltsleiter vernichten oder unbrauchbar machen lassen.

(5) Die Zustimmung nach Absatz 1 kann widerrufen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwendung einer erheblichen Störung der Ordnung der Anstalt oder zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des Vollzugsziels erforderlich ist.

(6) Der Gefangene kann an den Betriebskosten der in seinem Gewahrsam befindlichen Geräte beteiligt werden.

§ 29 Ausstattung des Haftraums

(1) Der Gefangene darf seinen Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden ihm belassen.

(2) Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraums behindern oder die in anderer Weise die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können ausgeschlossen werden.

§ 30 Kleidung

(1) Die Gefangenen tragen Anstaltskleidung.

(2) Der Anstaltsleiter kann eine abweichende Regelung treffen. Für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel eigener Kleidung hat der Gefangene selbst zu sorgen.

§ 31 Verpflegung und Einkauf

(1) Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung müssen den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen entsprechen und werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Dem Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(2) Der Gefangene kann auf eigene Kosten aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot einkaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt.

(3) Dem Gefangenen soll die Möglichkeit eröffnet werden, Gegenstände über den Versandhandel zu beziehen. Der Bezug erfolgt über den Anstaltsleiter, der auch Zulassung und Verfahren regelt.

(4) Nahrungs- und Genussmittel sind vom Einkauf über den Versandhandel ausgeschlossen. Gegenstände, die geeignet sind, das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden, sind vom Einkauf und Versandhandel ausgeschlossen.

Unterabschnitt 2
Gesundheitsfürsorge

§ 32 Allgemeine Regeln

(1) Für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen ist zu sorgen.

(2) Der Gefangene hat die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen.

§ 33 Gesundheitsuntersuchungen, medizinische Vorsorgeleistungen

(1) Der Gefangene hat, soweit erforderlich, alle zwei Jahre Anspruch auf ärztliche Gesundheitsuntersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, insbesondere von Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie der Zuckerkrankheit.

(2) Frauen haben frühestens vom Beginn des 20. Lebensjahres an höchstens einmal jährlich Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen.

(3) Voraussetzungen für die Untersuchung nach den Absätzen 1 und 2 ist, dass

  1. es sich um Krankheiten handelt, die wirksam behandelt werden können,
  2. das Vor- und Frühstadium dieser Krankheiten durch diagnostische Maßnahmen erfassbar ist,
  3. die Krankheitszeichen medizinischtechnisch genügend eindeutig zu erfassen sind,
  4. genügend Ärzte und Einrichtungen vorhanden sind, um die aufgefundenen Verdachtsfälle eingehend zu diagnostizieren und zu behandeln.

(4) Mütter haben für ihre Kinder, die mit ihnen in der Anstalt untergebracht sind, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit ihrer Kinder in nicht geringfügigem Maße gefährden.

(5) Ein Gefangener, der das 20. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kann sich zur Verhütung von Zahnerkrankungen einmal in jedem Kalenderhalbjahr untersuchen lassen. Die Untersuchungen sollen sich auf den Befund des Zahnfleisches, die Aufklärung über Krankheitsursachen und ihre Vermeidung, das Erstellen von diagnostischen Vergleichen zur Mundhygiene, zum Zustand des Zahnfleisches und zur Anfälligkeit gegenüber Karieserkrankungen, auf die Motivation und Einweisung bei der Mundpflege sowie auf Maßnahmen zur Schmelzhärtung der Zähne erstrecken.

(6) Der Gefangene hat Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,

  1. eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen,
  2. einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken oder
  3. Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

§ 34 Krankenbehandlung

Der Gefangene hat Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst insbesondere

  1. ärztliche Behandlung,
  2. zahnärztliche Behandlung einschließlich Versorgung mit Zahnersatz,
  3. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
  4. medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation sowie Belastungserprobung und Arbeitstherapie, soweit die Belange des Jugendstrafvollzugs dem nicht entgegenstehen.

§ 35 Versorgung mit Hilfsmitteln

Der Gefangene hat Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, sofern dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzugs ungerechtfertigt ist und soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung zu ihrem Gebrauch, soweit die Belange des Jugendstrafvollzugs dem nicht entgegenstehen. Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien. Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen.

§ 36 Krankenbehandlung im Urlaub

Während eines Urlaubs oder Ausgangs hat der Gefangene gegen das Land nur einen Anspruch auf Krankenbehandlung in der für ihn zuständigen Anstalt.

§ 37 Art und Umfang der Leistungen

Für die Art der Gesundheitsuntersuchungen und medizinischen Vorsorgeleistungen sowie für den Umfang dieser Leistungen und der Leistungen zur Krankenbehandlung einschließlich der Versorgung mit Hilfsmitteln gelten die entsprechenden Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und die aufgrund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen.

§ 38 Zuschüsse zu Zahnersatz und Zahnkronen

Das für Justiz zuständige Ministerium bestimmt die Höhe der Zuschüsse zu den Kosten der zahnärztlichen Behandlung und der zahntechnischen Leistungen bei der Versorgung mit Zahnersatz. Es kann bestimmen, dass die gesamten Kosten übernommen werden.

§ 39 Ruhen der Ansprüche

Der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 33 bis 35 ruht, solange der Gefangene aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses (§ 44 Abs. 4) krankenversichert ist.

§ 40 Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung

Mit Zustimmung des Gefangenen und dessen Gesundheitssorgeberechtigten soll die Anstalt ärztliche Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen, durchführen lassen, die eine soziale Eingliederung fördern. Der Gefangene ist an den Kosten zu beteiligen, wenn dies nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gerechtfertigt ist und der Zweck der Behandlung dadurch nicht in Frage gestellt wird.

§ 41 Aufenthalt im Freien

Dem Gefangenen ist zu ermöglichen, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zulässt.

§ 42 Verlegung und Überstellung zur Krankenbehandlung

(1) Ein kranker Gefangener kann in ein' Anstaltskrankenhaus oder in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Anstalt oder Justizvollzugsanstalt verlegt oder überstellt werden.

(2) Kann die Krankheit eines Gefangenen in einer Anstalt, Justizvollzugsanstalt oder in einem Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, den Gefangenen rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus zu verlegen oder zu überstellen, ist dieser in ein Krankenhaus außerhalb des Jugendstrafvollzugs zu bringen.

(3) § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

§ 43 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall

(1) Wird ein Gefangener schwer krank, so sind die Gesundheitssorgeberechtigten oder, soweit diese nicht erreichbar sind, ein Angehöriger oder eine Person seines Vertrauens unverzüglich zu benachrichtigen. Dasselbe gilt, wenn ein Gefangener verstirbt.

(2) Dem Wunsch des Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.

Abschnitt 4
Bildung und Arbeit

§ 44 Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung, Arbeit

(1) Ausbildung, Weiterbildung, arbeitstherapeutische Beschäftigung und Arbeit dienen insbesondere dem Ziel, die Fähigkeit des Gefangenen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. Sofern dem Gefangenen Arbeit zugewiesen wird, soll diese möglichst seinen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen entsprechen.

(2) Der Gefangene ist vorrangig zur Teilnahme an schulischen und beruflichen Orientierungs-, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder speziellen Maßnahmen zur Förderung seiner schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung verpflichtet. Im Übrigen ist der Gefangene zu Arbeit, arbeitstherapeutischer oder sonstiger Beschäftigung verpflichtet, wenn und soweit er dazu in der Lage ist.

(3) Die Anstalt und die für Schule und Bildung zuständigen Behörden sind zur Zusammenarbeit verpflichtet. Das Zeugnis oder der Nachweis über eine Bildungsmaßnahme darf keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.

(4) Dem Gefangenen soll gestattet werden, einer Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung, Umschulung oder Arbeit auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen oder sich innerhalb oder außerhalb des Jugendstrafvollzugs selbst zu beschäftigen, wenn er hierfür geeignet ist. § 13 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und § 17 gelten entsprechend. Die Anstalt kann verlangen, dass ihr das Entgelt für das freie Beschäftigungsverhältnis zur Gutschrift für den Gefangenen überwiesen wird.

(5) Ist der Gefangene ein Jahr lang ununterbrochen seiner Verpflichtung nach Absatz 2 nachgekommen, kann er beanspruchen, im darauf folgenden Jahr für die Dauer von 18 Werktagen freigestellt zu werden. Zeiten, in denen der Gefangene unverschuldet infolge Krankheit an der Teilnahme an Maßnahmen nach Absatz 2, Arbeit oder an der Beschäftigung gehindert war, werden bis zur Dauer von sechs Wochen auf das Jahr angerechnet. Auf die Zeit der Freistellung wird der Urlaub nach § 16 Abs. 1 angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt Der Gefangene erhält für die Zeit der Freistellung seine zuletzt gezahlten Bezüge weiter. Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Jugendstrafvollzugs bleiben unberührt.

Abschnitt 5
Freizeit, Sport

§ 45 Freizeit

Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Vollzugsziel. Dazu sind geeignete Angebote vorzuhalten. Der Gefangene ist zur Teilnahme und Mitwirkung an Freizeitangeboten verpflichtet.

§ 46 Sport

Es sind ausreichende und geeignete Angebote vorzuhalten, um dem Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich zu ermöglichen.

§ 47 Zeitungen und Zeitschriften

(1) Der Gefangene darf auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen.

(2) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, auch einzelne Ausgaben davon, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist oder deren Inhalt das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde.

§ 48 Radio und Fernsehen

(1) Der Gefangene darf am Hörfunkempfang sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Der Rundfunkempfang nach Satz 1 kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerlässlich ist.

(2) Eigene Fernsehgeräte können zugelassen werden, wenn erzieherische Gründe nicht entgegenstehen.

§ 49 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

(1) Der Gefangene darf in angemessenem Umfang Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen.

(2) Dies gilt nicht, wenn deren Besitz, Überlassung oder Benutzung das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde.

(3) Elektronische Medien können zugelassen werden, wenn erzieherische Gründe oder Gründe der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht entgegenstehen.

Abschnitt 6
Ausübung von Religion und weltanschaulichen Bekenntnissen

§ 50 Seelsorge

(1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten.

(2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

§ 51 Religiöse Veranstaltungen

(1) Der Gefangene hat das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen seines Bekenntnisses teilzunehmen.

(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung des Seelsorgers der Religionsgemeinschaft.

(3) Ein Gefangener kann von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden.

§ 52 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 50 und 51 entsprechend.

Abschnitt 7
Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche

§ 53 Grundsatz

Der Gefangene hat das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren. Der Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann, wird gefördert.

§ 54 Recht auf Besuch

(1) Der Gefangene darf regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt für Angehörige mindestens vier Stunden im Monat. Für alle übrigen Besucher beträgt sie mindestens eine Stunde im Monat. Die Besuchszeit dieser Besucher kann auf die Gesamtdauer der Besuchszeit für Angehörige angerechnet werden.

(2) Kontakte des Gefangenen zu seinen Kindern und Kontakte des minderjährigen Gefangenenau seinen Eltern werden besonders gefördert. Deren Besuche werden nicht auf die Besuchszeit nach Absatz 1 angerechnet.

(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erziehung oder Eingliederung des Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von dem Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.

(4) Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich der Besucher mit technischen Hilfsmitteln absuchen oder durchsuchen lässt.

§ 55 Besuchsverbot

Der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. wenn durch den Besuch von Personen, die nicht Angehörige des Gefangenen sind, zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen haben oder seine Eingliederung behindern, oder
  3. wenn die Personensorgeberechtigten des Gefangenen nicht einverstanden sind.

§ 56 Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten, Notaren und Beiständen

Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten und Notaren in einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. Dasselbe gilt für Besuche von Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes. § 54 Abs. 4 gilt entsprechend. Eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. § 59 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

§ 57 Überwachung der Besuche

(1) Besuche dürfen aus Gründen der Erziehung und Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden, es sei denn, es liegen im Einzelfall Erkenntnisse dafür vor, dass es der Überwachung nicht bedarf. Die Unterhaltung darf nur überwacht werden, soweit dies im Einzelfall aus diesen Gründen geboten erscheint.

(2) Besuche dürfen abgebrochen werden, wenn Besucher oder der Gefangene gegen dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen trotz Abmahnung verstoßen. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerlässlich ist, den Besuch sofort abzubrechen.

(3) Besuche dürfen auch abgebrochen werden, wenn von den Besuchern ein schädlicher Einfluss ausgeht.

(4) Besuche von Verteidigern und Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes werden nicht überwacht.

(5) Gegenstände dürfen dem Gefangenen beim Besuch nicht übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch des Verteidigers übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen sowie für die bei dem Besuch von Rechtsanwälten oder Notaren zur Erledigung einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen. Bei dem Besuch eines Rechtsanwalts oder Notars kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von der Erlaubnis des Anstaltsleiters abhängig gemacht werden. § 59 Abs. 1 Satz 2 und 3 bleibt unberührt.

§ 58 Recht auf Schriftwechsel

(1) Der Gefangene hat das Recht, auf eigene Kosten Schreiben abzusenden und zu empfangen.

(2) Der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige des Gefangenen sind, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf den Gefangenen hat oder seine Eingliederung behindert, oder
  3. wenn Personensorgeberechtigte nicht einverstanden sind.

§ 59 Überwachung des Schriftwechsels

(1) Der Schriftwechsel des Gefangenen mit seinem Verteidiger oder Beistand nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes wird nicht überwacht. Liegt dem Jugendstrafvollzug eine Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuchs zugrunde, gelten § 148 Abs. 2 und § 148a der Strafprozessordnung entsprechend; dies gilt nicht, wenn der Gefangene sich in einer Einrichtung des offenen Jugendstrafvollzugs befindet oder wenn ihm Vollzugslockerungen nach § 15 oder Urlaub nach § 16 Abs. 1 gewährt worden ist und ein Grund, der den Anstaltsleiter nach § 17 Abs. 2 oder 3 zum Widerruf oder zur Rücknahme von Vollzugslockerungen und Urlaub ermächtigt, nicht vorliegt. Satz 2 gilt auch, wenn eine Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, des Strafgesetzbuchs erst im Anschluss an den Vollzug der Jugendstrafe, der eine andere Verurteilung zugrunde liegt, zu vollstrecken ist.

(2) Nicht überwacht werden ferner Schreiben des Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben. Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und weitere Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist. Satz 1 gilt auch für den Schriftverkehr mit den Bürgerbeauftragten der Länder und den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Schreiben der in den Sätzen 1 bis 3 genannten Stellen, die an den Gefangenen gerichtet sind, werden nicht überwacht, sofern die Identität des Absenders zweifelsfrei feststeht.

(3) Der übrige Schriftwechsel darf überwacht werden, es sei denn, dass dies aus Gründen der Erziehung und Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt nicht erforderlich erscheint.

§ 60 Weiterleitung von Schreiben, Aufbewahrung

(1) Der Gefangene hat Absendung und Empfang seiner Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist.

(2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.

(3) Der Gefangene hat eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Er kann sie verschlossen zu seiner Habe geben.

§ 61 Anhalten von Schreiben

(1) Der Anstaltsleiter kann Schreiben anhalten, wenn

  1. das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,
  2. die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
  3. sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten,
  4. sie Beleidigungen enthalten,
  5. sie die Eingliederung anderer Gefangener gefährden können oder
  6. sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.

(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn der Gefangene auf deren Absendung besteht.

(3) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird das dem Gefangenen mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, verwahrt.

(4) Schreiben, deren Überwachung ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.

§ 62 Telefongespräche

Dem Gefangenen kann gestattet werden, auf eigene Kosten Telefongespräche zu führen. Die Bestimmungen über den Besuch gelten entsprechend. Ist die Überwachung des Telefongesprächs erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung dem Gesprächspartner des Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Anstalt oder den Gefangenen mitzuteilen. Der Gefangene ist rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten. -

§ 63 Pakete

(1) Der Empfang von Paketen mit Nahrungs- und Genussmitteln ist dem Gefangenen nicht gestattet. Der Empfang von Paketen mit anderem Inhalt bedarf der Erlaubnis des Anstaltsleiters, welcher Zeitpunkt und Höchstmenge für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen kann. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 31 Abs. 4 entsprechend.

(2) Pakete sind in Gegenwart des Gefangenen zu öffnen, an den sie adressiert sind. Ausgeschlossene Gegenstände können zu seiner Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden. Die nach Satz 3 getroffenen Maßnahmen werden dem Gefangenen mitgeteilt.

(3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen der Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt geboten erscheint.

(4) Dem Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Die Anstalt kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüfen.

Abschnitt 8
Gelder der Gefangenen, Freistellung von der Arbeit

§ 64 Ausbildungsbeihilfe, Arbeitsentgelt

(1) Ein Gefangener, der während der Arbeitszeit ganz oder teilweise an einer schulischen oder beruflichen Orientierungs-, Aus- oder Weiterbildungsmaßnahme oder an speziellen Maßnahmen zur Förderung seiner schulischen, beruflichen oder persönlichen Entwicklung teilnimmt und der zu diesem Zweck von seiner Arbeitspflicht freigestellt ist, erhält hierfür eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt besteht, die freien Personen aus solchem Anlass zustehen.

(2) Wer eine Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung ausübt, erhält Arbeitsentgelt.

(3) Der Bemessung der Ausbildungsbeihilfe und des Arbeitsentgelts ist 9 v. H. der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung; die Ausbildungsbeihilfe und das Arbeitsentgelt können nach einem Stundensatz bemessen werden.

(4) Die Ausbildungsbeihilfe und das Arbeitsentgelt können je nach Leistung des Gefangenen und der Art der Ausbildung oder Arbeit gestuft werden. 75 v. H. der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Leistungen des Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.

(5) Die Höhe der Ausbildungsbeihilfe und des Arbeitsentgeltes ist dem Gefangenen schriftlich mitzuteilen.

(6) Das für Justiz zuständige Ministerium wird ermächtigt, eine Rechtsverordnung über die Vergütungsstufen nach Absatz 4 zu erlassen.

(7) Soweit Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, kann vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein Betrag einbehalten werden, der dem Anteil des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte.

§ 65 Freistellung von der Arbeit

(1) Die Arbeit der Gefangenen wird neben der Gewährung von Arbeitsentgelt (§ 64 Abs. 2) durch Freistellung von der Arbeit (Freistellung) anerkannt, die auch als Arbeitsurlaub genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.

(2) Hat der Gefangene zwei Monate lang zusammenhängend eine Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung ausgeübt, so wird er auf Antrag einen Werktag von der Arbeit freigestellt. § 44 Abs. 5 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen der Gefangene ohne sein Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub, Freistellung von der Arbeit oder sonstige nicht von ihm zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert ist, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.

(3) Der Gefangene kann beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 2 in Form von Arbeitsurlaub gewährt wird. § 15 Abs. 2, § 16 Abs. 4 und § 17 gelten entsprechend.

(4) Der Gefangene erhält für die Zeit der Freistellung von der Arbeit seine zuletzt gezahlten Bezüge weiter.

(5) Stellt der Gefangene keinen Antrag nach Absatz 2 Satz 1 oder Absatz 3 Satz 1 oder kann die Freistellung von der Arbeit nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 3 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird sie nach Absatz 2 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt des Gefangenen angerechnet.

(6) Eine Anrechnung nach Absatz 5 ist ausgeschlossen,

  1. wenn die Vollstreckung des Restes einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt ist und wegen des von der Entscheidung des Vollstreckungsleiters bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
  2. wenn dies vom Vollstreckungsleiter angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Jugendstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse des Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
  3. wenn nach § 2 des Jugendgerichtsgesetzes in Verbindung mit § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird oder
  4. wenn der Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen wird.

(7) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 6 ausgeschlossen ist, erhält der Gefangene bei seiner Entlassung für eine Tätigkeit nach § 64 Abs. 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 v. H. des Entgelts, das für die Freistellungszeit zu zahlen gewesen wäre, oder der Ausbildungsbeihilfe nach § 64 Abs. 3 und 4. Der Anspruch entsteht mit der Entlassung.

§ 66 Haftkostenbeitrag

(1) Von einem in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehenden Gefangenen wird ein Haftkostenbeitrag erhoben.

(2) Dem Gefangenen muss ein Betrag verbleiben, der dem mittleren Arbeitsentgelt in der Jugendstrafanstalt des Landes entspricht.

(3) Der Haftkostenbeitrag wird in Höhe des Betrages erhoben, der nach § 17 Abs. 1 Nr. 3 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Bei Selbstverpflegung entfallen die für die Verpflegung vorgesehenen Beträge. Für den Wert der Unterkunft ist die festgesetzte Belegungsfähigkeit maßgebend. Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, nicht aber zu Lasten des Hausgeldes und der Ansprüche unterhaltsberechtigter Angehöriger angesetzt werden.

§ 67 Taschengeld

(1) Erhält ein Gefangener ohne sein Verschulden weder Ausbildungsbeihilfe noch Arbeitsentgelt, wird ihm bei Bedürftigkeit auf Antrag ein angemessenes Taschengeld gewährt. Bedürftig ist ein Gefangener, soweit ihm im laufenden Monat aus Hausgeld (§ 68) und Eigengeld (§ 70) nicht ein Betrag bis zur Höhe des Taschengeldes zur Verfügung steht.

(2) Das Taschengeld beträgt 14 v. H. der Eckvergütung (§ 64 Abs. 3).

§ 68 Hausgeld

(1) Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen über drei Siebtel monatlich (Hausgeld) und über das Taschengeld (§ 67) verfügen.

(2)Für Gefangene, die gemäß § 44 Abs. 4 in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, wird aus ihrem Entgelt ein angemessenes Hausgeld festgesetzt.

(3) Verfügt der Gefangene ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, wird ihm gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld (§ 70) einzukaufen.

§ 69 Überbrückungsgeld

(1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Entgelten der Gefangenen, die gemäß § 44 Abs. 4 in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen, ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll.

(2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei seiner Entlassung ausgezahlt. Der Anstaltsleiter kann es auch ganz oder teilweise dem Bewährungshelfer, einer mit der Entlassenenbetreuung befassten Stelle oder den Personensorgeberechtigten überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer, die mit der Entlassenenbetreuung befasste Stelle und die Personensorgeberechtigten sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem sonstigen Vermögen getrennt zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden.

(3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, dass das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen.

(4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als es dem Teil der Ansprüche von der Pfändung bis zum Ablauf der vier Wochen entspricht.

(5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen., als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit seiner Entlassung bedarf.

leerweiter .Frame öffnen