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LVerfGG - Landesverfassungsgerichtsgesetz
Gesetz über das Landesverfassungsgericht

- Land Sachsen-Anhalt -

Vom 23. August 1993
(GVBl vom 26.08.1993 Nr. 36 S. 441; 14.06.1994 S. 700; 22.10.1996 S. 332; 07.12.2001 S. 540, 541; Nr. 16 der Anlage vom 19.03.2002 S. 130;133; 26.03.2004 S. 234; 24.09.2009 S. 474 09; 05.11.2009 S. 525; 13.06.2018 S. 71 18; 20.06.2018 S. 162 18a; 18.06.2024 S. 155 24 i.K.)
Gl. Nr.:1104.1



Siehe Fn. *

I. Teil
Gerichtsverfassung, Zuständigkeit und Organisation

§ 1

(1) Das Landesverfassungsgericht ist ein den anderen Verfassungsorganen gegenüber selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Landes.

(2) Der Sitz des Landesverfassungsgerichts ist Dessau-Roßlau.

§ 2 18a

Das Landesverfassungsgericht entscheidet

  1. über die Anfechtung von Entscheidungen des Landtages oder eines seiner Organe über die Gültigkeit einer Wahl zum Landtag oder den Erwerb oder Verlust der Mitgliedschaft im Landtag,
  2. über die Auslegung der Verfassung des Landes Sachsen Anhalt aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Landesverfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder de Landesregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind, auf Antrag des obersten Landesorgans oder der an deren Beteiligten,
  3. aus Anlaß von Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheides auf Antrag der Antragsteller, eines Viertels der Mitglieder des Landtages oder auf Antrag der Landesregierung,
  4. bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrech mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Landttages oder auf Antrag der Landesregierung,
  5. über die Verfassungsmäßigkeit des Untersuchungsauftrages eines Untersuchungsausschusses auf Vorlage eines Gerichts, wenn es den Untersuchungsauftrag für verfassungswidrig hält und es bei dessen Entscheidung auf die Verfassungsmäßigkeit des Untersuchungsauftrage ankommt,
  6. über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, wenn ein Gericht das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes ausgesetzt hat,
  7. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mi der Behauptung erhoben werden können, durch ein Landesgesetz unmittelbar in seinen Grundrechten, grundrechtsgleichen Rechten oder staatsbürgerlichen Rechten verletzt zu sein,
  8. a. über Verfassungsbeschwerden, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden können, durch einen sonstigen Akt der öffentlichen Gewalt des Landes unmittelbar in seinen Grundrechten, grundrechtsgleichen Rechten oder staatsbürgerlichen Rechten verletzt zu sein,
  9. über Verfassungsbeschwerden von Kommunen und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts au Selbstverwaltung nach Artikel 2 Abs. 3 und Artikel 8 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt durch ein Landesgesetz,
  10. in den ihm sonst durch Gesetz zugewiesenen Fällen (Artikel 44 Abs. 3, Artikel 75 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt).

§ 3 18a

(1) Das Landesverfassungsgericht besteht aus sieben Mitgliedern. Für jedes Mitglied wird ein bestimmter Vertreter gewählt. Die Mitglieder und ihre Vertreter werden vor Landtag ohne Aussprache mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder, auf Vorschlag des Ausschusse für Recht und Verfassung für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt. Mindestens drei der Mitglieder und mindestens drei der Vertreter sollen Frauen sein. Die einmalige Wiederwahl ist zulässig.

(2) Der Landtag regelt das Verfahren des Ausschusses für Recht und Verfassung in Angelegenheiten nach Absatz Satz 3 durch seine Geschäftsordnung. Die Sitzungen sind vertraulich. Der Ausschuß kann den Präsidenten des Landesverfassungsgerichts hören und um Auskunft ersuchern. Personalakten dürfen nur mit Zustimmung des Betroffenen vorgelegt werden.

§ 4 09 18a

(1) Drei Mitglieder und ihre Vertreter werden aus der Gruppe der Präsidenten und Vizepräsidenten der Gerichte des Landes und der Vorsitzenden Richter an den obersten Landesgerichten gewählt Sie müssen zum Landtag von Sachsen-Anhalt wählbar sein

(2) Aus den nach Absatz 1 gewählten Mitgliedern wählt der Landtag mit der in § 3 Abs. 1 Satz 3 festgelegten Mehrheit den Präsidenten und den Vizepräsidenten (§ 13 Abs. 1 Satz 1;

§ 5

(1) Die weiteren Mitglieder und ihre Vertreter sollen auf Grund ihrer Erfahrung im öffentlichen Leben für das Amt eines Mitglieds des Landesverfassungsgerichts besonders geeignet sein; mindestens ein Mitglied und sein Vertreter müssen auf Lebenszeit ernannte Universitätsprofessoren des Rechts sein. Sie müssen das 40. Lebensjahr vollendet haben, zum Landtag wählbar sein und sich schriftlich bereit erklärt haben, Mitglied des Landesverfassungsgerichts zu werden

(2) Sie dürfen weder dem Landtag oder der Landesregierung noch den entsprechenden Organen des Bundes, eine anderen Landes oder der Europäischen Gemeinschaft angehören; aus solchen Organen des Landes Sachsen-Anhalt scheiden sie mit ihrer Ernennung aus.

(3) Sie dürfen beruflich weder im Dienst des Landes noc einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Landes oder der Kommune und Gemeindeverbände stehen. Ausgenommen ist der Dienst als Hochschullehrer und im Richterverhältnis auf Lebenszeit.

§ 6

(1) Zum Mitglied des Landesverfassungsgerichts oder zum Vertreter eines Mitglieds soll nicht gewählt werden, wer

  1. gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat oder
  2. wegen einer Tätigkeit als hauptamtlicher oder inoffizieller Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Sinne des § 6 Abs. 4 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2272) oder als diesen Mitarbeitern nach § 6 Abs. 5 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes gleichgestellte Person für das Amt nicht geeignet ist.

(2) Der Präsident des Landtages kann zu diesem Zweck von den Vorgeschlagenen eine schriftliche Erklärung verlangen, daß bei ihnen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vorliegen. Seine Befugnis, zur Überprüfung der Vorgeschlagenen ein Ersuchen an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes zu richten, bleibt unberührt.

§ 7

(1) Der Ministerpräsident ernennt die Gewählten. Die Amtszeit beginnt mit der Aushändigung der Ernennungsurkunde.

(2) Die Mitglieder des Landesverfassungsgerichts leisten, bevor sie ihr Amt antreten, vor dem Landtag den folgenden Eid: "Ich schwöre, daß ich als gerechter Richter die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland getreulich wahren und meine richterlichen Pflichten gegenüber jedermann gewissenhaft erfüllen werde." Der Eid kann mit der religiösen Bekräftigung: "So wahr mir Gott helfe" oder ohne sie geleistet werden.

§ 8 09 18 18a

(1) Das Amt des Mitglieds des Landesverfassungsgerichts ist ein Ehrenamt.

(2) Die Tätigkeit als Mitglied des Landesverfassungsgerichts geht jeder anderen Tätigkeit vor.

(3) Die Mitglieder erhalten die Reisekostenvergütung nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes sowie, beginnend mit dem Monat ihrer Ernennung, eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 600 Euro. Die Bezüge werden bis zum Schluß des letzten Kalendermonats der Amtszeit und im Falle des § 9 Abs. 1 bis zur Ernennung eines Nachfolgers gewährt. Mitglieder einer Kammer nach § 13a erhalten für jedes von dieser Kammer entschiedene Verfahren, an dessen Entscheidung sie mitgewirkt haben, eine zusätzliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Euro.

(4) Die Mitglieder erhalten Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der Vorschriften des § 37 Abs. 2 Nrn. 2 bis 4 und der §§ 38 bis 42 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Sachsen-Anhalt

§ 9 09

(1) Nach Ablauf der Amtszeit führen die Mitglieder ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung des Nachfolgers fort.

(2) Eine Neuwahl wird innerhalb von drei Monaten vor Ablauf der Amtszeit der bisherigen Mitglieder durchgeführt. Wenn die Wahlperiode des Landtages in dieser Zeit vorzeitig beendet ist, soll die Neuwahl innerhalb von zwei Monaten nach dem Zusammentritt des neuen Landtages durchgeführt werden.

(3) Scheidet ein Mitglied vor Ablauf seiner Amtszeit aus dem Landesverfassungsgericht aus, soll innerhalb von zwei Monaten ein Nachfolger für den Rest der Amtszeit gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 gewählt werden; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Ist der Präsident oder der Vizepräsident ausgeschieden und kommt die Wahl des Nachfolgers im Vorsitz nach § 4 Abs. 2 nicht innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der in Absatz 2 oder 3 bestimmten Frist zustande, so obliegt sie den Mitgliedern des Landesverfassungsgerichts unter dem Vorsitz des lebensältesten Mitglieds.

§ 10

Ein Mitglied des Landesverfassungsgerichts ist auf seinen Antrag vor Ablauf seiner Amtszeit durch den Ministerpräsidenten aus dem Amt zu entlassen. Im übrigen kann ein Mitglied vor Ablauf seiner Amtszeit nur auf Verlangen des Landesverfassungsgerichts (§ 11) entlassen werden. Artikel 84 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt bleibt unberührt.

§ 11

(1) Das Landesverfassungsgericht kann die Entlassung eines Mitgliedes verlangen,

  1. wenn in § 6 Abs. 1 bezeichnete Umstände bekannt werden, die der Eignung für das Amt entgegenstehen; der Präsident des Landesverfassungsgerichts hat die Befugnisse nach § 6 Abs. 2;
  2. wenn das Mitglied eine Voraussetzung seiner Wählbarkeit nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 nicht mehr erfüllt;
  3. wenn es infolge körperlicher oder geistiger Schwäche zur Ausübung des Amtes dauernd unfähig ist;
  4. wenn es zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden ist oder
  5. wenn es sich innerhalb oder außerhalb des Amtes einer so groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, daß sein Verbleiben im Amt ausgeschlossen erscheint.

(2) Das Landesverfassungsgericht beschließt unter Mitwirkung auch der stellvertretenden Mitglieder darüber, ob es die Entlassung verlangen will. Der Präsident leitet das Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag von mindestens drei Mitgliedern oder Stellvertretern ein. Das Landesverfassungsgericht ist bei Anwesenheit von mindestens neun Mitgliedern und Stellvertretern beschlußfähig. Das Entlassungsverlangen bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Anwesenden.

(3) Nach Einleitung des Verfahrens kann der Betroffene durch Beschluß des Landesverfassungsgerichts vorläufig seines Amtes enthoben werden; Absatz 2 Satz 1, 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden. Das gleiche gilt, wenn gegen den Betroffenen wegen einer Straftat das Hauptverfahren eröffnet worden ist.

(4) Die allgemeinen Verfahrensvorschriften gelten entsprechend. Der Betroffene wirkt in den Verfahren nach Absatz 2 und 3 nicht mit. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Die Beschlüsse sind ihm zu eröffnen.

(5) Andere von dem Betroffenen bekleidete Ämter werden durch die Verfahren nach Absatz 2 und 3 nicht berührt.

§ 12

(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die für die Mitglieder geltenden Vorschriften der §§ 7 bis 11 auch auf die Vertreter anzuwenden. Das Amt der Vertreter wird durch die Beendigung des Amtes des Mitgliedes, das sie vertreten nicht berührt.

(2) Die nach § 4 Abs. 1 gewählten Vertreter und die Vertreter der Mitglieder nach § 5 vertreten sich innerhalb jeder Gruppe gegenseitig; zur Vertretung ist der lebensälteste nicht verhinderte Vertreter berufen.

(3) Die Vertreter erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe des halben Betrages der den Mitgliedern zustehenden Entschädigung. Für die Monate, in denen sie an einem Verfahren mitwirken, erhalten sie die volle Aufwandsentschädigung.

§ 13

(1) Den Vorsitz im Landesverfassungsgericht führt der Präsident, im Falle seiner Verhinderung der Vizepräsident. Ist auch dieser verhindert, so übernimmt das lebensälteste anwesende Mitglied, das nach § 4 Abs. 1 gewählt ist, den Vorsitz.

(2) Das Landesverfassungsgericht ist beschlußfähig, wenn mindestens sechs Mitglieder oder deren Vertreter anwesend und mindestens zwei der Anwesenden nach § 4 Abs. 1 gewählt sind.

(3) Soweit nichts anderes bestimmt ist, entscheidet die Mehrheit der an der Entscheidung Mitwirkenden. Bei Stimmengleichheit ist ein Antrag abgelehnt. Ein Verstoß gegen die Verfassung oder sonstiges Recht kann bei Stimmengleichheit nicht festgestellt werden.

§ 13a 18a

Für Entscheidungen nach § 50b kann das Landesverfassungsgericht für die Dauer eines Geschäftsjahres eine oder mehrere Kammern einrichten. In diesem Fall bestimmt es vor Beginn des Geschäftsjahres deren Zahl und Zusammensetzung sowie gegebenenfalls die Verteilung der Verfassungsbeschwerden auf die einzelnen Kammern. Eine Kammer besteht aus drei Mitgliedern des Landesverfassungsgerichts, von denen mindestens eines nach § 4 Abs. 1 und mindestens ein weiteres entweder nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 gewählt ist. Mindestens ein Mitglied soll nach § 5 Abs. 1 Satz 1 gewählt sein.

§ 14 09 18a

(1) Der Präsident des Landesverfassungsgerichts vertritt das Gericht außerhalb der Sitzungen und leitet die Verwaltung. § 13 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Das Landesverfassungsgericht kann sich der Geschäftsstelle und der Geschäftseinrichtungen des Landgerichts Dessau -Roßlau bedienen. Auf Ersuchen des Präsidenten wird vom für Justiz zuständigen Ministerium eine Geschäftsstelle bei dem Landesverfassungsgericht eingerichtet und im Einvernehmen mit dem Präsidenten mit einem geschäftsleitenden Beamten sowie den weiter erforderlichen Bediensteten besetzt.

(3) Der Präsident kann einen Richter im Landesdienst, auch zu einem Teil seines regelrnäßigen Dienstes, zu seiner Unterstützung in den Verwaltungsgeschäften und zur Mitwirkung als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Nebenamt bestellen- Er kann weitere wissenschaftliche Mitarbeiter zur Vorbereitung von Entscheidungen nach Bedarf heranziehen; Richter und Beamte sind dazu im Nebenamt zu bestellen. Bedienstete des Landes erhalten für die Dauer ihrer Heranziehung nach Satz 1 oder 2 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 300 Euro, sofern sie nicht deshalb in ihrem Hauptamt entlastet sind.

§ 15 09

Das Landesverfassungsgericht gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Vorschriften des Gesetzes zur Aufbewahrung von Schriftgut der Justiz im Land Sachsen-Anhalt finden mit der Maßgabe Anwendung, dass das Landesverfassungsgericht die bei der Aufbewahrung von Schriftgut zu beachtenden Aufbewahrungsfristen in seiner Geschäftsordnung regelt. Sie ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt zu veröffentlichen.

II. Teil
Allgemeine Verfahrensvorschriften

§ 16

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Landesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Präsident stellt den Antrag den übrigen Beteiligten und den Beitrittsberechtigten mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.

(3) Der Präsident kann jedem Beteiligten aufgehen, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Überstücken der Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und die Verfahrensbeteiligten nachzureichen.

§ 16a 24

Die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung zum elektronischen Rechtsverkehr sowie die Rechtsverordnungen aufgrund von § 55a Abs. 2 und § 55c der Verwaltungsgerichtsordnung sind in ihrer jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden.

§ 17

Das Landesverfassungsgericht kann anhängige Verfahren verbinden und verbundene Verfahren trennen.

§ 18 09

(1) Die Beteiligten können sich in jeder Lage des Verfahrens durch einen Rechtsanwalt oder durch einen Rechtslehrer an einer Hochschule vertreten lassen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverfassungsgericht müssen sie sich in dieser Weise vertreten lassen. Die Vollmacht ist unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Verfahren schriftlich zu erteilen.

(2) Der Landtag oder seine Teile, die in der Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages mit eigenen Rechten ausgestattet sind, können sich auch durch ihre Mitglieder vertreten lassen. Das Land und seine Verfassungsorgane sowie die Kommunen und Gemeindeverbände können sich ferner durch ihre Beamten vertreten lassen, soweit diese die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sind oder einer Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes angehören.

(3) Das Landesverfassungsgericht kann auch eine andere Person als Beistand eines Beteiligten zulassen. Die Zulassung kann jederzeit widerrufen werden.

(4) Erfordert es die Sach- und Rechtslage oder ist der Antragsteller zum Vortrag nicht geeignet, so kann der Präsident ihm aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist einen Bevollmächtigten nach Absatz 1 Satz 1 zu bestellen. Wenn das Verfahren von einer Personengruppe beantragt wird oder eine solche sonst am Verfahren beteiligt ist, so kann der Präsident ihr aufgehen, einen gemeinsamen Beauftragten oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten nach Absatz 1 Satz 1 zu bestellen. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) In den Fällen, in denen die Vertretung durch einen Bevollmächtigten oder Beauftragten vorgeschrieben oder aufgegeben ist, kann nur ein solcher rechtswirksam Anträge stellen und Erklärungen abgehen.

(6) Ist ein Bevollmächtigter oder Beauftragter bestellt, sind alle Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten. Ist der Aufenthalt eines Bevollmächtigten oder Beauftragten unbekannt, erfolgt die Mitteilung unmittelbar an die Beteiligten des Verfahrens.

§ 19

(1) Ein Mitglied des Landesverfassungsgerichts ist von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn es

  1. an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet, in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder war oder in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt oder gelebt hat,
  2. in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig war oder ist,
  3. mit einem Dritten, der nach den Nummern 1 oder 2 von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen wäre, eine Bürogemeinschaft oder Sozietät betreibt.

(2) Beteiligt ist nicht, wer auf Grund seines Familienstandes, seines Berufes, seiner Abstammung, seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder aus einem ähnlichen allgemeinen Gesichtspunkt am Ausgang des Verfahrens interessiert ist.

(3) Als Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gilt nicht

  1. die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren,
  2. die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten auch für die Vertreter.

§ 20

(1) Wird ein Mitglied des Landesverfassungsgerichts oder ein in dem Verfahren mitwirkender Vertreter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet das Gericht unter Ausschluß des Abgelehnten in der verbleibenden Besetzung. Sind mehr als zwei Richter abgelehnt worden, entscheidet das Gericht unter Heranziehung der Vertreter. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(2) Die Ablehnung ist zu begründen. Der Abgelehnte hat sich dazu zu äußern. Ein Beteiligter ist nicht mehr zur Ablehnung berechtigt, wenn er sich, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen hat.

(3) Erklärt sich ein Mitglied oder ein in dem Verfahren mitwirkender Vertreter selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend.

§ 21

(1) Das Landesverfassungsgericht kann durch einstimmigen Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, unzulässige Anträge verwerfen und offensichtlich unbegründete Anträge zurückweisen.

(2) Der Beschluß bedarf keiner weiteren Begründung, wenn der Antragsteller zuvor auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit seines Antrags hingewiesen worden ist. Im übrigen genügt zur Begründung des Beschlusses ein Hinweis auf den maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt.

§ 22

Das Landesverfassungsgericht klärt den Sachverhalt von Amts wegen auf und erhebt ohne Bindung an das Vorbringenund die Beweisanträge der Beteiligten den nach seinem Ermessen erforderlichen Beweis. Es kann damit außerhalb der mündlichen Verhandlung ein Mitglied des Gerichts beauftragen oder unter Bezeichnung bestimmter Beweisfragen und Beweismittel ein anderes Gericht um die Beweiserhebung ersuchen.

§ 23

(1) Für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(2) Soweit ein Zeuge oder Sachverständiger nur mit Genehmigung einer vorgesetzten Stelle vernommen werden darf, darf diese Genehmigung nur verweigert werden, wenn das Wohl des Bundes oder eines Landes oder erhebliche schutzwürdige Interessen Dritter es erfordern. Bezieht sich das Verfahren auf einen vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschuß, gelten die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Satz 1 des Untersuchungsausschußgesetzes. Der Zeuge oder Sachverständige kann sich nicht auf seine Schweigepflicht berufen, wenn das Landesverfassungsgericht die Verweigerung der Aussagegenehmigung für unbegründet erklärt.

§ 24

Die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Landes leisten dem Landesverfassungsgericht Rechts- und Amtshilfe. Sie legen ihm Akten und Urkunden über ihre oberste Dienstbehörde vor. Im übrigen gilt § 23 Abs. 2 entsprechend.

§ 25

(1) Die Beteiligten haben das Recht der Akteneinsicht. Über Ort und Zeit der Akteneinsicht entscheidet der Präsident.

(2) Voten, Entwürfe zu Entscheidungen und Verfügungen, die Arbeiten zu ihrer Vorbereitung sowie die Unterlagen über Abstimmungen sind nicht Bestandteil der Verfahrensakten und werden nicht vorgelegt.

§ 26

(1) Das Landesverfassungsgericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.

(2) Von einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist und die am Verfahren Beteiligten und die Beitrittsberechtigten auf eine mündliche Verhandlung verzichten.

(3) Die Entscheidungen ergehen im Namen des Volkes, und zwar nach mündlicher Verhandlung als Urteil, ohne mündliche Verhandlung als Beschluß.

(4) Teil- und Zwischenentscheidungen sind zulässig.

§ 27

Über die mündliche Verhandlung wird eine Niederschrift aufgenommen. Die Verhandlung kann darüber hinaus in einer Tonbandaufnahme festgehalten werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

§ 28

(1) Das Landesverfassungsgericht entscheidet in geheimer Beratung nach seiner freien, aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschöpften Überzeugung. Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen, zu begründen und von den Richtern, die mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Sie ist sodann, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in einem in der Verhandlung bekanntgegebenen oder nach Abschluß der Beratung festgelegten Termin, der den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen ist, unter Mitteilung der wesentlichen Entscheidungsgründe öffentlich zu verkünden. Zwischen dem Abschluß der mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung sollen nicht mehr als drei Monate liegen.

(2) Ein Richter kann seine in der Beratung vertretene abweichende Meinung zu der Entscheidung oder zu deren Begründung in einem Sondervotum niederlegen; das Sondervotum ist der Entscheidung anzuschließen. Das Gericht kann in seinen Entscheidungen das Stimmenverhältnis mitteilen. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

(3) Alle Entscheidungen sind den Beteiligten schriftlich bekanntzumachen.

§ 29

Alle mitwirkenden Mitglieder und Vertreter sind verpflichtet, über den Hergang der Beratung und die Abstimmung Stillschweigen gegenüber jedermann zu bewahren.

§ 30 18a

(1) Die Entscheidungen des Landesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane und alle Gerichte und Behörden des Landes.

(2) Entscheidungen nach § 2 Nrn. 4, 6, 7 und 8 haben Gesetzeskraft, soweit durch sie ein Gesetz als mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt unvereinbar oder für nichtig erklärt wird. Insoweit ist die Entscheidungsformel durch das für Justiz zuständige Ministerium im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt zu veröffentlichen.

§ 31 09

(1) Das Landesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Vor ihrem Erlaß soll den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

(3) Gegen die einstweilige Anordnung und gegen ihre Ablehnung kann binnen eines Monats Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Landesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Landerverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Landesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt mit Bekanntgabe der Entscheidung zur Hauptsache außer Kraft, wenn das Landesverfassungsgericht sie nicht vorher aufhebt.

(7) Ist das Landesverfassungsgericht nicht beschlussfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Mitglieder oder deren Vertreter anwesend sind, mindestens zwei der Anwesenden nach § 4 Abs. 1 gewählt sind und der Beschluss einstimmig gefasst wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie innerhalb der Monatsfrist durch das Landesverfassungsgericht bestätigt, findet für das Außerkrafttreten Absatz 6 entsprechende Anwendung.

(8) Das Landesverfassungsgericht kann anordnen, daß eine einstweilige Anordnung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt zu veröffentlichen ist. § 30 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 32 18a

(1) Das Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht ist kostenfrei.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde nach § 2 Nr. 7 oder Nr. 7a als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Landesverfassungsgericht die volle oder teilweise Erstattung der notwendigen Auslagen anordnen.

(4) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzt auf Antrag die zu erstattenden Kosten und Auslagen fest. Über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß entscheidet das Landesverfassungsgericht. Die Erinnerung hat aufschiebende Wirkung.

§ 33

(1) Hinsichtlich der Öffentlichkeit, der Sitzungspolizei, der Gerichtssprache, der Beratung und der Abstimmung sind die Vorschriften der Titel 14 bis 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung und ergänzend diejenigen der Zivilprozeßordnung entsprechend heranzuziehen.

III. Teil
Besondere Verfahrensvorschriften

1. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 1
(Wahlprüfung)

§ 34 18a

(1) Gegen die Entscheidung des Landtages im Wahlprüfungs- oder Feststellungsverfahren ist die Beschwerde zulässig.

(2) Die Beschwerde können

  1. jede wahlberechtigte Person und jede Gruppe von Wahlberechtigten, deren Einspruch verworfen wurde,
  2. der Abgeordnete, dessen Mitgliedschaft bestritten ist,
  3. jede Fraktion des Landtages,
  4. im Feststellungsverfahren die Antragsberechtigten nach § 17 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 4 und § 18 Abs. 1 des Wahlprüfungsgesetzes Sachsen-Anhalt,
  5. der Präsident des Landtages, der für Wahlen zuständige Minister und der Landeswahlleiter, deren in amtlicher Eigenschaft eingelegter Einspruch oder Antrag vom Landtag zurückgewiesen ist,

binnen eines Monats seit der Zustellung des Beschlusses des Landtages erheben.

(3) Das Landesverfassungsgericht kann von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist.

2. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 2
(Organstreitigkeiten)

§ 35

Antragsteller. und Antragsgegner der Streitigkeiten nach § 2 Nr. 2 können nur sein

  1. der Landtag,
  2. die Landesregierung,
  3. die in der Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Zuständigkeiten ausgestatteten Teile dieser Organe,
  4. die Parteien.

§ 36

(1) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, daß er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.

(2) In dem Antrag ist die Vorschrift der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt zu bezeichnen, gegen die der. Antragsgegner durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung verstoßen haben soll.

(3) Der Antrag muß binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden.

§ 37

(1) Dem Antragsteller und dem Antragsgegner können in jeder Lage des Verfahrens andere in § 35 genannte Antragsberechtigte beitreten, wenn die Entscheidung auch für die Abgrenzung ihrer Zuständigkeit von Bedeutung ist.

(2) Das Landesverfassungsgericht gibt von der Einleitung des Verfahrens dem Landtag und der Landesregierung Kenntnis.

§ 38

Das Landesverfassungsgericht stellt in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassungdes Antragsgegners gegen eine Vorschrift der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verstößt. Die Vorschrift ist zu bezeichnen. Das Landesverfassungsgericht kann in der Entscheidungsformel zugleich eine für die Auslegung der Vorschrift der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt erhebliche Rechtsfrage entscheiden, von der die Feststellung gemäß Satz 1 abhängt.

3. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 4
(Abstrakte Normenkontrolle)

§ 39

Der Antrag eines Viertels der Mitglieder des Landtages oder der Antrag der Landesregierung nach Artikel 75 Nr. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt ist nur zulässig, wenn einer der Antragsberechtigten Landesrecht

  1. wegen seiner förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit der Landesverfassung für nichtig hält oder
  2. für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Landes das Landesrecht als unvereinbar mit der Verfassung nicht angewendet hat.

§ 40

(1) Das Landesverfassungsgericht hat dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist zu geben.

(2) Der Landtag und die Landesregierung können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

§ 41

Kommt das Landesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß die beanstandete Rechtsnorm mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt unvereinbar ist, so stellt es in seiner Entscheidung diese Unvereinbarkeit oder die Nichtigkeit der Rechtsnorm fest. Sind weitere Vorschriften desselben Gesetzes aus den gleichen Gründen mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt unvereinbar, so kann das Landesverfassungsgericht seine Entscheidung auf diese Vorschriften erstrecken.

4. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 6
(Konkrete Normenkontrolle)

§ 42

(1) Hält ein Gericht ein Landesgesetz, auf dessen Gültigkeit es für seine Entscheidung ankommt, für unvereinbar mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, so setzt es sein Verfahren aus und holt die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ein.

(2) Das Gericht hat die Vorlage zu begründen und dabei anzugeben, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der beanstandeten Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher Vorschrift der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt sie unvereinbar erscheint. Die Akten sind beizufügen.

(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes durch einen Beteiligten des Ausgangsverfahrens.

§ 43

(1) Die Vorschriften der §§ 40 und 41 gelten entsprechend. Das Landesverfassungsgericht entscheidet nur über die Rechtsfrage.

(2) Das Landesverfassungsgericht gibt auch denjenigen, die an dem Verfahren des vorlegenden Gerichts beteiligt sind, Gelegenheit zur Äußerung.

(3) Das Landesverfassungsgericht kann die oberen Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie die Verfassung in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Landesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

5. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 5
(Prüfung eines Untersuchungsauftrages)

§ 44

(1) Hält ein Gericht den Untersuchungsauftrag eines vom Landtag eingesetzten Untersuchungsausschusses oder einen Teil dieses Untersuchungsauftrags, auf dessen Verfassungsmäßigkeit es für seine Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so setzt es sein Verfahren aus und holt die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ein.

(2) § 42 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

§ 45

Die Vorschriften des § 40 gelten entsprechend. Das Landesverfassungsgericht gibt auch den Antragstellern einer Einsetzungsminderheit des Landtages Gelegenheit zur Äußerung; sie können dem Verfahren beitreten.

§ 46

(1) Das Landesverfassungsgericht entscheidet nur über die Rechtsfrage.

(2) Kommt das Landesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß der Untersuchungsauftrag oder ein bestimmter Teil des Untersuchungsauftrags mit der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt unvereinbar ist, so stellt es in seiner Entscheidung diese Unvereinbarkeit fest.

6. Abschnitt 18a
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 7 oder Nr. 7a
(Verfassungsbeschwerde)

§ 47 18a

Jedermann kann mit der Behauptung, durch ein Landesgesetz oder einen sonstigen Akt der öffentlichen Gewalt des Landes gegenwärtig unmittelbar in einem seiner in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verbürgten Grundrechte, grundrechtsgleichen Rechte oder staatsbürgerlichen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Landesverfassungsgericht erheben.

§ 48 18a

(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen zwei Monaten zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, dass der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefassten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.

(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, diese Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte -Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Landesgesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offen steht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres ë seit dem Inkrafttreten des zur Überprüfung gestellten Landesgesetzes oder dem Erlass des Hoheitsaktes erhoben und begründet werden.

§ 49 18a

In der Begründung der Verfassungsbeschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die sich der Beschwerdeführer unmittelbar verletzt sieht, zu bezeichnen.

§ 50 18a

(1) Das Landesverfassungsgericht gilbt dem Verfassungsorgan, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.

(2) Ging die Handlung oder Unterlassung von einem Minister oder einer Behörde des Landes aus, so ist dem zuständigen Minister Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, so gibt das. Landesverfassungsgericht auch dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung.

(4) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz, so sind § 40 und § 43 Abs. 3 entsprechend anzuwenden.

(5) Die in den Absätzen 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 40 genannten Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten.

§ 50a 18a

Das Landesverfassungsgericht kann über Verfassungsbeschwerden ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

§ 50b 18a

(1) Die Kammer kann die Verfassungsbeschwerde als unzulässig verwerfen oder als offensichtlich unbegründet zurückweisen. Eine Anhörung nach § 50 ist nicht erforderlich. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie kann abweichend von § 28 Abs. 1 Satz 1 in einem schriftlichen Umlaufverfahren getroffen werden. § 21 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

(2) Solange und soweit das Landesverfassungsgericht nicht in seiner regulären Besetzung im Sinne von § 13 Abs. 2 (Plenum) mit der Verfassungsbeschwerde befasst war, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur das Plenum treffen; § 31 Abs. 7 bleibt anwendbar.

(3) Die Entscheidungen der Kammer bedürfen eines einstimmigen Beschlusses.

§ 50c 18a

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift der Verfassung durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Das Landesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, dass auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme die Verfassung verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Landesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 47 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz gerichteten Verfassungsbeschwerde stattgegeben, ist gilt § 41 entsprechend.

7. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 8
(Kommunale Verfassungsbeschwerde)

§ 51 18a

(1) Kommunen und Gemeindeverbände können die Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, durch ein Landesgesetz in ihrem Recht auf Selbstverwaltung nach Artikel 2 Abs. 3 und Artikel 87 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt verletzt zu sein.

(2) Die §§ 40, 41, 43 Abs. 3, § 48 Abs. 3 und § 49 gelten entsprechend.

(3) Betrifft das Gesetz, gegen das sich die Verfassungsbeschwerde richtet, die Gebietsänderung einer Gemeinde oder eines Landkreises, so gibt das Landesverfassungsgericht auch denjenigen Kommunen Gelegenheit zur Äußerung, deren Gebietsstand durch die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde berührt werden kann.

8. Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 2 Nr. 3
(Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheiden)

§ 52

Das Verfahren bei Streitigkeiten über die Durchführung einer Volksinitiative, eines Volksbegehrens und eines Volksentscheids richtet sich nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes sowie nach den Bestimmungen der Gesetze nach Artikel 80 Abs. 3 und Artikel 81 Abs. 6 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt. § 34 Abs. 4 gilt entsprechend.

IV. Teil 18a
Verzögerungsbeschwerde

§ 53 18a

(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Verfahrens vor dem Landesverfassungsgericht als Verfahrensbeteiligter oder als Beteiligter in einem zur Herbeiführung einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts ausgesetzten Verfahren einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Aufgaben und der Stellung des Landesverfassungsgerichts.

(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Verfahren vor dem Landesverfassungsgericht unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann eine Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise, insbesondere durch die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer, ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag nach Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, so kann das Landesverfassungsgericht einen höheren oder einen niedrigeren Betrag festsetzen.

(3) Für das Verfahren gelten die §§ 97b bis 97d des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass über die Verzögerungsbeschwerde eine Beschwerdekammer entscheidet, die aus drei für die Dauer eines Geschäftsjahres bestellten Richtern besteht, von denen mindestens zwei nach § 4 Abs. 1 gewählt sind.

V. Teil 18a
Übergangs- und Schlussvorschriften

§ 54 18a

§ 47 Abs. 3 gilt nicht für Verfassungsbeschwerden, die am 1. Januar 2019 bereits anhängig waren.

§ 55 18a

Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Gesetz gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.

§ 55a 24

(1) Das Landesverfassungsgericht wird § 16a nach Ablauf von fünf Jahren seit dessen Inkrafttreten auf wissenschaftlicher Grundlage evaluieren. Dabei ist insbesondere über die Entwicklung der elektronischen Ein- und Ausgänge im Sinne dieser Vorschrift und die Möglichkeit der Führung elektronischer Verfahrensakten zu berichten. Das Landesverfassungsgericht unterrichtet über das Ergebnis den Landtag.

(2) Das Landesverfassungsgericht darf sich zur Erhebung der notwendigen Datengrundlage der Geschäftsstelle des Landgerichts Dessau-Roßlau bedienen. Zur Erstellung der Evaluation kann es eine wissenschaftliche Einrichtung beauftragen.

§ 56

(1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des I. Teils am 28. Oktober 1993 in Kraft.

(2) Der I. Teil treten am Tage nach der Verkündung in Kraft.

*) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom l2. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006 S. 36).

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