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Regelwerk

Änderungstext

Gesetz zur Durchführung von Zwangsbehandlungen und Fixierungen im Zusammenhang mit dem Vollzug freiheitsentziehender Maßnahmen im Land Sachsen-Anhalt
- Sachsen-Anhalt -

Vom 25. März 2021
(GVBl. LSA Nr. 14 vom 31.03.2021 S. 120)



Fn 1

Artikel 1
Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt

Das Maßregelvollzugsgesetz Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 2010 (GVBl. LSA S. 510), zuletzt geändert durch § 46 Abs. 1 des Gesetzes vom 14. Oktober 2020 (GVBl. LSA S. 570, 584), wird wie folgt geändert:

1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe zu § 7 erhält folgende Fassung:

altneu
§ 7 Aufnahme, Eingangsuntersuchung" § 7 Aufnahme, Eingangsuntersuchung, Untersuchung Jugendlicher auf Antrag".

b) Nach der Angabe zu § 9 wird folgende Angabe eingefügt:

" § 9a Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge".

c) Die Angabe zu § 20 erhält folgende Fassung:

altneu
§ 20 Besondere Sicherungsmaßnahmen" § 20 Besondere Sicherungsmaßnahmen ohne Richtervorbehalt".

d) Nach der Angabe zu § 20 wird folgende Angabe eingefügt:

" § 20a Fixierung".

2. Nach § 4 Abs. 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

"(1a) Jugendliche sind getrennt von Erwachsenen unterzubringen, soweit dies dem Kindeswohl entspricht. Heranwachsende können gemeinsam mit Jugendlichen untergebracht werden, soweit dies dem Kindeswohl nicht widerspricht."

3. § 7 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift erhält folgende Fassung:

altneu
§ 7 Aufnahme, Eingangsuntersuchung" § 7 Aufnahme, Eingangsuntersuchung, Untersuchung Jugendlicher auf Antrag".

b) Absatz 3 erhält folgende Fassung:

altneu
(3) Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung können ohne Einwilligung der untergebrachten Person körperliche Untersuchungen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, und Entnahmen von Blutproben durch die verantwortliche Ärztin oder den verantwortlichen Arzt vorgenommen werden sowie die Abgabe einer Urinprobe und Röntgenuntersuchungen ohne Kontrastmittelgabe angeordnet werden, soweit diese Maßnahmen dem Gesundheitsschutz oder der körperlichen Hygiene dienen."(3) Jugendliche sind zur Beurteilung ihrer allgemeinen körperlichen und geistigen Verfassung auch auf ihren Antrag oder auf Antrag ihrer gesetzlichen Vertreter oder Rechtsbeistände unverzüglich ärztlich zu untersuchen."

4. § 8 Abs. 5

(5) Ohne Einwilligung der untergebrachten Person dürfen medizinische Behandlungsmaßnahmen oder Untersuchungen ausschließlich bei einer Gefahr für das Leben oder bei einer schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der untergebrachten Person oder Dritter durchgeführt werden. Ohne Einwilligung dürfen sie nur auf Anordnung und unter Leitung einer verantwortlichen Ärztin oder eines verantwortlichen Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig anwesend und mit dem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Eine zwangsweise Ernährung ist zulässig, wenn dies zur Abwendung einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der untergebrachten Person erforderlich ist.

wird aufgehoben.

5. § 9 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 4 wird die Angabe ", 5" gestrichen.

b) Absatz 2

(2) Für Maßnahmen, die dem Gesundheitsschutz oder der körperlichen Hygiene dienen, gilt § 7 Abs. 3 entsprechend.

wird aufgehoben.

c) Absatz 3 wird Absatz 2.

6. Nach § 9 wird folgender § 9a eingefügt:

" § 9a Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Eine medizinische Untersuchung, eine Behandlung und Zwangsernährung ist gegen den natürlichen Willen der untergebrachten Person zulässig, wenn

  1. die untergebrachte Person zur Einsicht in die Schwere ihrer Krankheit und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist,
  2. die Maßnahme darauf abzielt,
    1. die Entlassungsfähigkeit der untergebrachten Person zu erreichen oder
    2. eine bestehende Lebensgefahr oder gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit der untergebrachten Person oder anderer Personen abzuwenden,
  3. eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind, nicht vorliegt,
  4. die Maßnahme zur Erreichung des Ziels geeignet und erforderlich ist,
  5. der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen und die durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schäden deutlich überwiegt,
  6. die untergebrachte Person durch eine Ärztin oder einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer ihrer Auffassungsgabe und ihrem Gesundheitszustand angemessenen Weise informiert wurde und
  7. der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch einer Ärztin oder eines Arztes, ein Einverständnis der untergebrachten Person zu der Maßnahme zu erreichen, erfolglos geblieben ist.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung Erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Anordnung bedarf der Einwilligung des Gerichts.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 sind der untergebrachten Person unverzüglich bekannt zu geben. Dabei ist die untergebrachte Person über die gegen die Anordnung möglichen Rechtsbehelfe und den beabsichtigten Beginn der Maßnahme rechtzeitig zu informieren.

(4) Die Gründe für die Anordnung der Maßnahme und das Vorliegen der Voraussetzungen, die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen der untergebrachten Person, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 kann bei Gefahr im Verzug von den Vorgaben gemäß Absatz 1 Nrn. 6 und 7, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 2 abgesehen werden. Die Handlungen sind unverzüglich nachzuholen.

(6) § 8 Abs. 4 und 6 findet Anwendung.

(7) Soweit die Maßnahmen dem Gesundheitsschutz oder der körperlichen Hygiene dienen, dürfen ohne Einwilligung der untergebrachten Person Untersuchungen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind, Entnahmen von Blutproben sowie die Abgabe einer Urinprobe und Röntgenuntersuchungen ohne Kontrastmittelgabe angeordnet werden. Die Maßnahmen bedürfen jeweils der Anordnung einer Ärztin oder eines Arztes und sind unter deren oder dessen Leitung durchzuführen.

(8) Die Anwendbarkeit anderer Vorschriften, nach denen Maßnahmen nach Absatz 1 angeordnet werden dürfen, wird nicht eingeschränkt."

7. § 20 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift erhält folgende Fassung:

altneu
§ 20 Besondere Sicherungsmaßnahmen" § 20 Besondere Sicherungsmaßnahmen ohne Richtervorbehalt".

b) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 3 wird das Komma durch das Wort "oder" ersetzt.

bb) Nummer 4

4. die Fixierung oder

wird aufgehoben.

c) In Absatz 4 Satz 5 wird die Angabe "Nm. 1 bis 4" durch die Angabe "Nm. 1 bis 3" ersetzt.

8. Nach § 20 wird folgender § 20a eingefügt:

" § 20a Fixierung

(1) Eine Fesselung, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person vollständig aufgehoben wird (Fixierung), ist nur zulässig, soweit und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist.

(2) Eine Fixierung ist von der verantwortlichen Ärztin oder dem verantwortlichen Arzt anzuordnen.

(3) Eine Fixierung, die die Dauer von einer halben Stunde voraussichtlich überschreiten wird, bedarf der Einwilligung des Gerichts. Einer gerichtlichen Einwilligung bedarf es nicht bei Gefahr im Verzug. In diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Genehmigung zu beantragen, es sei denn, es ist bereits eindeutig absehbar, dass die Entscheidung erst nach Wegfall der Gefahr nach Absatz 1 ergehen wird oder die Fixierung vor Erlangung der Entscheidung tatsächlich beendet sein wird und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Fixierung vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen.

(4) Fixierungen sind in Räumlichkeiten durchzuführen, zu denen andere untergebrachte Personen keinen Zutritt haben. Sie sind ärztlich zu überwachen und unverzüglich aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Während der Durchführung der Fixierung stellen ärztlich in solche Aufgaben eingewiesene Bedienstete durch ständigen Sicht- und Sprechkontakt die Betreuung der untergebrachten Person sicher (Einszu-Eins-Betreuung). Sofern eine solche Betreuung aus zwingenden therapeutischen Gründen nicht geboten ist, findet § 33 Abs. 2 Anwendung. Eine ärztliche Betreuung ist jederzeit sicherzustellen.

(5) Nach Beendigung einer Fixierung ist, sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person zulässt, von der verantwortlichen Ärztin oder dem verantwortlichen Arzt eine Nachbesprechung durchzuführen. Sofern eine Fixierung ohne gerichtliche Entscheidung durchgeführt wurde, ist die untergebrachte Person auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der Fixierung nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen.

(6) Die Anordnung einer Fixierung, die maßgeblichen Gründe für die Anordnung, Entscheidungen zu ihrer Fortdauer, ihre Durchsetzung, ihre Dauer und die Art und Weise der Überwachung, einschließlich der Beteiligung der Ärztin oder des Arztes, die Nachbesprechung sowie der Hinweis nach Absatz 5 Satz 2 sind zu dokumentieren.

(7) Die Anordnung und Aufhebung von Fixierungen sind der Aufsichtsbehörde wöchentlich mitzuteilen. Der Aufsichtsbehörde ist jährlich eine Auflistung der durchgeführten Fixierungen vorzulegen."

9. In § 33 Abs. 2 Satz 1 wird die Angabe "nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4" gestrichen.

Artikel 2
Änderung des Ersten Buches Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt

Das Erste Buch Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt vom 18. Dezember 2015 (GVBl. LSA S. 666), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. September 2020 (GVBl. LSA 5. 444, 477), wird wie folgt geändert:

1. § 74 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Satz 3

Erweist sich eine Maßregelvollzugseinrichtung des Landes Sachsen-Anhalt bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung als besser geeignet für die erforderliche Behandlung und erfolgt insoweit eine Verlegung, gelten für die Zeit der dortigen Unterbringung die Vorschriften des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt.

wird aufgehoben.

bb) Die Sätze 4 und 5 werden die Sätze 3 und 4.

b) Nach Absatz 1 werden folgende Absätze 1a bis 1d eingefügt:

"(1a) Solange sich eine Einrichtung des Maßregelvollzugs des Landes Sachsen-Anhalt bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung als besser geeignet für die erforderliche medizinische Behandlung und Unterbringung erweist, werden Gefangene dorthin verlegt. Absatz 1 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung. Für die Zeit des dortigen Aufenthalts gelten die Vorschriften des Abschnitts 2 bis 3 und 5 bis 6 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt sowie die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen entsprechend. Die medizinische Behandlung und Unterbringung erfolgen nach Maßgabe der Absätze 1c und 1d und für Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt zusätzlich nach Maßgabe des Absatzes 1b.

(1b) Im Einvernehmen mit dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium kann das für den Justizvollzug zuständige Ministerium die Aufgabe der medizinischen Behandlung und Unterbringung psychisch erkrankter Gefangener im Rahmen des Vollzuges der Freiheits- und Jugendstrafe Einrichtungen des Maßregelvollzugs nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt als Aufgabe zur Erledigung in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Landes widerruflich übertragen. Die Übertragung erfolgt durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag. Das durch Verwaltungsakt begründete Rechtsverhältnis kann ergänzend durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt werden. Die Aufgabenübertragung darf nur erfolgen, wenn die Einrichtung im Hinblick auf ihre personelle und sachliche Ausstattung und Organisation sowie medizinische und persönliche Betreuung der Gefangenen für die stationäre Behandlung und Unterbringung geeignet ist.

(1c) Die Einrichtungen sind einem Leiter zu unterstellen. Die Bestellung des Leiters bedarf der Einwilligung der Aufsichtsbehörde. Beschäftigte der Einrichtung dürfen im Rahmen der Unterbringung an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse gegenüber Gefangenen nach Weisung des Leiters nur beteiligt sein, wenn sie die Aufsichtsbehörde hierzu unter entsprechender Anwendung der Verordnung über Verwaltungsvollzugsbeamte widerruflich bestellt. Sie dürfen nur bestellt werden, wenn sie die erforderliche Zuverlässigkeit und die erforderliche Sachkunde besitzen.

(1d) Die Einrichtung, ihre Leitung und ihre Beschäftigten unterliegen für die Unterbringung der Gefangenen der unmittelbaren staatlichen Aufsicht. Aufsichtsbehörde ist das für Justizvollzug zuständige Ministerium. Im Rahmen der Aufsicht ist der Aufsichtsbehörde insbesondere Auskunft zu erteilen, Einsicht in Akten und Dateien zu gewähren, ihren Weisungen Folge zu leisten und jederzeit Zugang zu den Räumlichkeiten der Einrichtung zu gewähren. Die Aufsichtsbehörde kann auf Kosten der Einrichtung selbst tätig werden oder Dritte tätig werden lassen, wenn die Einrichtung eine Weisung innerhalb einer bestimmten Frist nicht befolgt. Das Selbsteintrittsrecht nach Satz 3 kann die Aufsichtsbehörde auch durch Weisungen gegenüber den Beschäftigten des Trägers der Einrichtung ausüben."

2. § 78 erhält folgende Fassung:


altneu
§ 78 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Eine medizinische Untersuchung und Behandlung ist ohne Einwilligung des Gefangenen zulässig, um den Erfolg eines Selbsttötungsversuches zu verhindern. Eine Maßnahme nach Satz 1 ist auch zulässig, wenn von einem Gefangenen eine Gefahr für die Gesundheit einer anderen Person ausgeht und die Maßnahme verhältnismäßig ist.

(2) Eine medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Zwangsernährung sind auch bei Lebensgefahr oder schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit des Gefangenen zulässig, soweit dieser zur Einsicht in das Vorliegen der Gefahr und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist.

(3) Eine Maßnahme nach Absatz 1 darf nur angeordnet werden, wenn

  1. eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind, nicht vorliegt,
  2. der Gefangene durch einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer seiner Auffassungsgabe und seinem Gesundheitszustand angemessenen Weise informiert wurde,
  3. der ernsthafte und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch eines Arztes, ein Einverständnis zu der Maßnahme zu erreichen, erfolglos geblieben ist,
  4. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahren nach Absatz 1 geeignet und erforderlich ist und
  5. der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen und die durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schäden deutlich überwiegt.

(4) Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Anordnung bedarf in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2 der Zustimmung eines Arztes, der für eine andere Vollzugsbehörde tätig ist, und des Anstaltsleiters. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2, in den Fällen des Absatzes 2 auch das Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, sowie die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen des Gefangenen, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.

(5) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 sind dem Gefangenen vor Durchführung der Maßnahme schriftlich bekannt zu geben. Er ist darüber zu belehren, dass gegen die Anordnung bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und auch Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt werden kann. Eine Anordnung ist so lange nicht zu vollziehen, bis der Gefangene Gelegenheit hatte, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

(6) Bei Gefahr im Verzug finden die Bestimmungen in Absatz 3 Nrn. 2 und 3, Absatz 4 Satz 2 und Absatz 5 keine Anwendung.

(7) Die zwangsweise körperliche Untersuchung des Gefangenen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist nur zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Sie bedarf der Anordnung eines Arztes und ist unter dessen Leitung durchzuführen.

" § 78 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Eine medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Zwangsernährung ist gegen den natürlichen Willen des Gefangenen zulässig, wenn

  1. der Gefangene zur Einsicht in die Schwere seiner Krankheit und die Notwendigkeit der Maßnahme oder. zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist,
  2. die Maßnahme darauf abzielt, eine bestehende Lebensgefahr oder gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Gefangenen oder anderer Personen abzuwenden,
  3. eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind, nicht vorliegt,
  4. die Maßnahme zur Erreichung des Ziels geeignet und erforderlich ist,
  5. der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen und die durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schäden deutlich überwiegt,
  6. der Gefangene durch einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer seiner Auffassungsgabe und seinem Gesundheitszustand angemessenen Weise informiert wurde und
  7. der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch eines Arztes, ein Einverständnis des Gefangenen zu der Maßnahme zu erreichen, erfolglos geblieben ist.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung Erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Anordnung bedarf der Einwilligung des Gerichts.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 sind dem Gefangenen unverzüglich bekannt zu geben. Dabei ist der Gefangene über die gegen die Anordnung möglichen Rechtsbehelfe und den beabsichtigten Beginn der Maßnahme rechtzeitig zu informieren.

(4) Die Gründe für die Anordnung der Maßnahme und das Vorliegen der Voraussetzungen, die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen des Gefangenen, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 kann bei Gefahr im Verzug von den Vorgaben gemäß Absatz 1 Nrn. 6 und 7, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 2 abgesehen werden. Die Handlungen sind unverzüglich nachzuholen.

(6) Die zwangsweise körperliche Untersuchung des Gefangenen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist nur zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Sie bedarf der Anordnung eines Arztes und ist unter dessen Leitung durchzuführen.

(7) Die Anwendbarkeit anderer Vorschriften, nach denen Maßnahmen nach Absatz 1 angeordnet werden dürfen, wird nicht eingeschränkt."

3. § 89 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 6 wird der Punkt durch das Wort "und" ersetzt.

bb) Nach Nummer 6 wird folgende Nummer 7 angefügt:

"7. die Aufhebung der vollständigen Bewegungsfreiheit durch Fesselung aller Gliedmaßen (Fixierung)."

b) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:

"(4a) Eine Fixierung ist nur zulässig, soweit und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist."

c) Absatz 6 erhält folgende Fassung:

altneu
(6) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse des Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist."(6) Fesseln dürfen nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Abweichend von Satz 1 kann der Anstaltsleiter
  1. im Interesse des Gefangenen oder
  2. bei einer Ausführung, einer Vorführung oder dem Transport bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Gefahr der Entweichung oder von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen von bedeutendem Wert

eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist."

4. § 90 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt:

"(3a) Eine Fixierung, die die Dauer von einer halben Stunde voraussichtlich überschreiten wird, bedarf der Einwilligung des Gerichts. Einer gerichtlichen Einwilligung bedarf es nicht bei Gefahr im Verzug. In diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Genehmigung zu beantragen, es sei denn, es ist bereits eindeutig absehbar, dass die Entscheidung erst nach Wegfall der Gefahr nach § 89 Abs. 4a ergehen wird oder die Fixierung vor Erlangung der Entscheidung tatsächlich beendet sein wird und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Fixierung vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen."

b) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:

"(4a) Während der Absonderung und Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ist der Gefangene in besonderem Maße zu betreuen. Ist er darüber hinaus gefesselt oder fixiert, stellen ärztlich in solche Aufgaben eingewiesene Bedienstete durch ständigen Sicht- und Sprechkontakt die Betreuung des Gefangenen sicher (Einszu-Eins-Betreuung)."

c) Die Absätze 5 und 6 erhalten folgende Fassung:

altneu
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 89 Abs. 2 Nrn. 3, 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde, im Vollzug der Untersuchungshaft auch dem Gericht und der Staatsanwaltschaft, unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Absonderung und Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum von mehr als 30 Tagen Gesamtdauer innerhalb von zwölf Monaten bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.

(6) Während der Absonderung und Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ist der Gefangene in besonderem Maße zu betreuen. Ist er darüber hinaus gefesselt, ist er ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten.

"(5) Sofern eine Fixierung ohne gerichtliche Entscheidung durchgeführt wurde, ist der Gefangene auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der Fixierung nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen.

(6) Die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme, die maßgeblichen Gründe für die Anordnung, Entscheidungen zu ihrer Fortdauer, ihre Durchsetzung, ihre Dauer und die Art und Weise der Überwachung, einschließlich der Beteiligung des Arztes, sowie der Hinweis nach Absatz 5 sind zu dokumentieren."

d) Nach Absatz 6 wird folgender Absatz 7 angefügt:

"(7) Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 89 Abs. 2 Nrn. 3, 5 und 6 sind der Aufsichtsbehörde, im Vollzug der Untersuchungshaft auch dem Gericht und der Staatsanwaltschaft, unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als drei Tage aufrechterhalten werden. Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 89 Abs. 2 Nr. 7 sind den in Satz 1 genannten Stellen unabhängig von der Dauer ihrer Durchführung unverzüglich mitzuteilen. Absonderung und Unterbringung im besonders gesicherten Haftraum von mehr als 30 Tagen Gesamtdauer innerhalb von zwölf Monaten bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde."

5. In § 91 Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter "oder gefesselt" durch die Wörter ", gefesselt oder fixiert" ersetzt und nach den Wörtern "täglich auf" die Wörter "und stellt eine angemessene ärztliche Überwachung sicher" eingefügt.

Artikel 3
Änderung des Zweiten Buches Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt

Das Zweite Buch Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt vom 13. Mai 2013 (GVBl. LSA S. 206), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. September 2020 (GVBl. LSA S. 444, 478), wird wie folgt geändert:

1. In § 49 werden nach Absatz 1 folgende Absätze 1a bis 1d eingefügt:

"(1a) Solange sich eine Einrichtung des Maßregelvollzugs des Landes Sachsen-Anhalt bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung als besser geeignet für die erforderliche medizinische Behandlung und Unterbringung erweist, werden Untergebrachte dorthin verlegt. Absatz 1 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung. Für die Zeit des dortigen Aufenthalts gelten die Vorschriften des Abschnitts 2 bis 3 und 5 bis 6 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt sowie die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen entsprechend. Die medizinische Behandlung und Unterbringung erfolgen nach Maßgabe der Absätze 1c und 1d und für Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt zusätzlich nach Maßgabe des Absatzes 1b.

(1b) Im Einvernehmen mit dem für den Maßregelvollzug zuständigen Ministerium kann das für den Justizvollzug zuständige Ministerium die medizinische Behandlung und Unterbringung psychisch erkrankter Gefangener im Rahmen des Vollzuges der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung Einrichtungen des Maßregelvollzugs nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Maßregelvollzugsgesetzes Sachsen-Anhalt als Aufgabe zur Erledigung in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Landes widerruflich übertragen. Die Übertragung erfolgt durch Verwaltungsakt oder öffentlich-rechtlichen Vertrag. Das durch Verwaltungsakt begründete Rechtsverhältnis kann ergänzend durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt werden. Die Aufgabenübertragung darf nur erfolgen, wenn die Einrichtung im Hinblick auf ihre personelle und sachliche Ausstattung und Organisation sowie medizinische und persönliche Betreuung der Gefangenen für die stationäre Behandlung und Unterbringung geeignet ist.

(1c) Die Einrichtungen sind einem Leiter zu unterstellen. Die Bestellung des Leiters bedarf der Einwilligung der Aufsichtsbehörde. Beschäftigte der Einrichtung dürfen im Rahmen der Unterbringung an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse gegenüber Untergebrachten nach Weisung des Leiters nur beteiligt sein, wenn sie die Aufsichtsbehörde hierzu unter entsprechender Anwendung der Verordnung über Verwaltungsvollzugsbeamte widerruflich bestellt. Sie dürfen nur bestellt werden, wenn sie die erforderliche Zuverlässigkeit und die erforderliche Sachkunde besitzen.

(1d) Die Einrichtung, ihre Leitung und ihre Beschäftigten unterliegen für die Unterbringung der Untergebrachten der unmittelbaren staatlichen Aufsicht. Aufsichtsbehörde ist das für Justizvollzug zuständige Ministerium. Im Rahmen der Aufsicht ist der Aufsichtsbehörde insbesondere Auskunft zu erteilen, Einsicht in Akten und Dateien zu gewähren, ihren Weisungen Folge zu leisten und jederzeit Zugang zu den Räumlichkeiten der Einrichtung zu gewähren. Die Aufsichtsbehörde kann auf Kosten der Einrichtung selbst tätig werden oder Dritte tätig werden lassen, wenn die Einrichtung eine Weisung innerhalb einer bestimmten Frist nicht befolgt. Das Selbsteintrittsrecht nach Satz 3 kann die Aufsichtsbehörde auch durch Weisungen gegenüber den Beschäftigten des Trägers der Einrichtung ausüben."

2. § 77 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 6 wird das Wort "und" durch ein Komma ersetzt.

bb) In Nummer 7 wird der Punkt durch das Wort "und" ersetzt.

cc) Nach Nummer 7 wird folgende Nummer 8 angefügt:

"8. die Aufhebung der vollständigen Bewegungsfreiheit durch Fesselung aller Gliedmaßen (Fixierung)."

b) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 5a eingefügt:

"(5a) Eine Fixierung ist nur zulässig, soweit und solange eine gegenwärtige erhebliche Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen, der Selbsttötung oder der Selbstverletzung besteht und die Fixierung zur Abwehr dieser Gefahr unerlässlich ist."

c) Absatz 6 erhält folgende Fassung:

altneu
(6) In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse der Untergebrachten kann die Leitung der Einrichtung eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung kann zeitweise gelockert werden, soweit dies notwendig ist."(6) Fesseln dürfen nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Abweichend von Satz 1 kann der Leiter der Einrichtung
  1. im Interesse des Untergebrachten oder
  2. bei einer Ausführung, einer Vorführung oder dem Transport bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Gefahr der Entweichung oder von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen von bedeutendem Wert

eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist."

3. § 78 wird wie folgt geändert:

a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt:

"(3a) Eine Fixierung, die die Dauer von einer halben Stunde voraussichtlich überschreiten wird, bedarf der Einwilligung des Gerichts. Einer gerichtlichen Einwilligung bedarf es nicht bei Gefahr im Verzug. In diesem Fall ist unverzüglich eine richterliche Genehmigung zu beantragen, es sei denn, es ist bereits eindeutig absehbar, dass die Entscheidung erst nach Wegfall der Gefahr nach § 77 Abs. 5a ergehen wird oder die Fixierung vor Erlangung der Entscheidung tatsächlich beendet sein wird und auch keine Wiederholung zu erwarten ist. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Fixierung vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen."

b) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 4a eingefügt:

"(4a) Während der Absonderung und Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ist der Untergebrachte in besonderem Maße zu betreuen. Ist er darüber hinaus gefesselt oder fixiert, stellen ärztlich in solche Aufgaben eingewiesene Bedienstete durch ständigen Sicht- und Sprechkontakt die Betreuung des Untergebrachten sicher (Einszu-Eins-Betreuung)."

c) Absatz 5 erhält folgende Fassung:

altneu
(5) Besondere Sicherungsmaßnahmen sollen den Untergebrachten erläutert werden. Die Anordnung, Entscheidungen zur Fortdauer und die Durchführung der Maßnahmen einschließlich der Beteiligung des ärztlichen Dienstes sind aktenkundig zu machen."(5) Sofern eine Fixierung ohne gerichtliche Entscheidung durchgeführt wurde, ist der Untergebrachte auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit der Fixierung nachträglich gerichtlich überprüfen zu lassen."

d) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 5a eingefügt:

"(5a) Besondere Sicherungsmaßnahmen sollen den Untergebrachten erläutert werden. Die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme, die maßgeblichen Gründe für die Anordnung, Entscheidungen zu ihrer Fortdauer, ihre Durchsetzung, ihre Dauer und die Art und Weise der Überwachung, einschließlich der Beteiligung des Arztes, sowie der Hinweis nach Absatz 5 sind zu dokumentieren."

e) Nach Absatz 6 Satz 1 wird folgender neuer Satz 2 eingefügt:

"Besondere Sicherungsmaßnahmen nach § 77 Abs. 2 Nr. 8 sind der Aufsichtsbehörde unabhängig von der Dauer ihrer Durchführung unverzüglich mitzuteilen."

f) Absatz 7

(7) Während der Absonderung oder Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum sind die Untergebrachten in besonderem Maße zu betreuen. Sind sie darüber hinaus gefesselt, sind sie ständig und in unmittelbarem Sichtkontakt zu beobachten.

wird aufgehoben.

4. In § 79 Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter "oder gefesselt" durch die Wörter ", gefesselt oder fixiert" ersetzt und nach den Wörtern "täglich auf" die Wörter "und stellt eine angemessene ärztliche Überwachung sicher" eingefügt.

5. § 86 erhält folgende Fassung:

altneu
§ 86 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Bei Lebensgefahr oder schwerwiegender Gefahr für die Gesundheit der Untergebrachten oder für andere Personen sind medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Zwangsernährung der Untergebrachten zulässig, soweit diese zur Einsicht in das Vorliegen der Gefahr und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig sind.

(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 darf nur angeordnet werden, wenn

  1. eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind, nicht vorliegt,
  2. die Untergebrachten durch einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer seiner Auffassungsgabe und seinem Gesundheitszustand angemessenen Weise informiert wurde,.
  3. der ernsthafte Versuch eines Arztes, ein Einverständnis zu der Maßnahme zu erreichen, erfolglos geblieben ist,
  4. die Maßnahme zur Abwendung der Gefahren nach Absatz 1 geeignet und erforderlich ist und
  5. der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen und die durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schäden deutlich überwiegt.

(3) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Anordnung bedarf der Zustimmung eines Arztes, der für eine andere Vollzugsbehörde tätig ist, und des Anstaltsleiters. Die Gründe für die Anordnung der Maßnahme nach Absatz 1, das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 2 sowie die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen der Untergebrachten, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.

(4) Anordnungen nach Absatz 1 sind den Untergebrachten unverzüglich bekannt zu geben. Sie sind darüber zu belehren, dass sie gegen die Anordnung bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen und auch Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen können. Mit dem Vollzug einer Anordnung ist zu warten, bis die Untergebrachten Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

(5) Bei Gefahr im Verzug finden die Bestimmungen in Absatz 2 Nrn. 2 und 3, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 2 und 3 keine Anwendung.

(6) Abweichend von den Absätzen 1 bis 5 ist die zwangsweise körperliche Untersuchung der Untergebrachten zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.

" § 86 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge

(1) Eine medizinische Untersuchung, eine Behandlung und Zwangsernährung ist gegen den natürlichen Willen des Untergebrachten zulässig, wenn

  1. der Untergebrachte zur Einsicht in die Schwere seiner Krankheit und die Notwendigkeit der Maßnahme oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist,
  2. die Maßnahme darauf abzielt, eine bestehende Lebensgefahr oder gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit des Untergebrachten oder anderer Personen abzuwenden,
  3. eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahme gerichtet sind, nicht vorliegt,
  4. die Maßnahme zur Erreichung des Ziels geeignet und erforderlich ist,
  5. der von der Maßnahme erwartete Nutzen die mit der Maßnahme verbundenen Belastungen und die durch das Unterlassen der Maßnahme möglichen Schäden deutlich überwiegt,
  6. der Untergebrachte durch einen Arzt über Notwendigkeit, Art, Umfang, Dauer, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme in einer seiner Auffassungsgabe und seinem Gesundheitszustand angemessenen Weise informiert wurde und
  7. der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch eines Arztes, ein Einverständnis des Untergebrachten zu der Maßnahme zu erreichen, erfolglos geblieben ist.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung Erster Hilfe für den Fall, dass ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Die Anordnung bedarf der Einwilligung des Gerichts.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 sind dem Untergebrachten unverzüglich bekannt zu geben. Dabei ist der Untergebrachte über die gegen die Anordnung möglichen Rechtsbehelfe und den beabsichtigten Beginn der Maßnahme rechtzeitig zu informieren.

(4) Die Gründe für die Anordnung der Maßnahme und das Vorliegen der Voraussetzungen, die ergriffene Maßnahme, einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise und der Wirkungsüberwachung, sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren. Gleiches gilt für Erklärungen des Untergebrachten, die im Zusammenhang mit Zwangsmaßnahmen von Bedeutung sein können.

(5) Bei Maßnahmen nach Absatz 1 kann bei Gefahr im Verzug von den Vorgaben gemäß Absatz 1 Nrn. 6 und 7, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 2 abgesehen werden. Die Handlungen sind unverzüglich nachzuholen.

(6) Die zwangsweise körperliche Untersuchung des Untergebrachten zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist nur zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Sie bedarf der Anordnung eines Arztes und ist unter dessen Leitung durchzuführen.

(7) Die Anwendbarkeit anderer Vorschriften, nach denen Maßnahmen nach Absatz 1 angeordnet werden dürfen, wird nicht eingeschränkt."

Artikel 4
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit im Sinne des Artikels 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes und des Artikels 5 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt und das Grundrecht auf Freiheit der Person im Sinne des Artikels 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes und des Artikels 5 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt eingeschränkt.

Artikel 5
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

1) Artikel 1 Nm. 2 und 3 dieses Gesetzes dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (ABl. L 132 vom 21.05.2016 S. 1).

ID 210726

ENDE