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VVPolG NRW - Verwaltungsvorschrift zum Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
- Nordrhein-Westfalen -
Vom 19. Dezember 2003
(MBl. Nr. 4 vom 23.01.2004 S. 82; 17.11.2010 /2011 S. 22 11)
RdErl. d. Innenministeriums - 44.1-2001
Aufgrund von § 68 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 2003 (GV NRW. S. 441) ergeht folgende Verwaltungsvorschrift:
Hinweise zur Darstellung:
Die Hauptnummern beziehen sich auf die jeweiligen Paragraphen des Gesetzes. Bei den ausgelassenen Hauptnummern bestehen zu den betreffenden Paragraphen keine Verwaltungsvorschriften.
1 Aufgaben der Polizei (zu § 1) 11
1.1 (zu Absatz 1)
1.11 11 Nach dem Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen ist es Aufgabe der Polizei, Gefahren sowohl für die öffentliche Sicherheit als auch für die öffentliche Ordnung abzuwehren.
Die öffentliche Sicherheit bezieht sich auf die Unversehrtheit der gesamten materiellen Rechtsordnung, von Rechten und Rechtsgütern des Einzelnen und von Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates.
Unter öffentlicher Ordnung ist die Gesamtheit jener ungeschriebener Regeln für das Verhalten der Einzelnen in der Öffentlichkeit anzusehen, deren Beachtung nach den jeweils herrschenden Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten staatsbürgerlichen Gemeinschaftslebens betrachtet wird.
In Bezug auf die öffentliche Ordnung ist die Polizei legitimiert, im Einzelfall gegen belästigendes Verhalten in der Öffentlichkeit, das noch unter der Schwelle einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 116ff. OWiG bleibt, einzuschreiten. Sie kann - ebenso wie die Ordnungsbehörden - Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, die geeignet sind das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger in der Öffentlichkeit zu beeinträchtigen, unterbinden.
Die vorrangige Zuständigkeit der Ordnungsbehörden, Gefahren für die öffentliche Ordnung abzuwehren, bleibt erhalten
1.12 § 1 Abs. 1 stellt auf die abstrakte Gefahr ab und umfasst damit auch alle Fälle, in denen bereits eine konkrete Gefahr vorliegt.
1.13 11 Die Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten wurde aus dem Aufgabenkatalog der Polizei entfernt, da sie systematisch zu den Regelungen des gerichtlichen Verfahrens zählt, und damit der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegt.
2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (zu § 2)
2.0 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat Verfassungsrang. Er ist bei jeder Maßnahme zu beachten.
4 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen (zu § 4)
4.0 Wird eine Gefahr durch die hoheitliche Tätigkeit einer Behörde verursacht, hat die Polizei die Behörde oder deren Aufsichtsbehörde zu unterrichten. Führt dies nicht zum Ziel, kann die Polizei ihre Aufsichtsbehörde unterrichten mit der Bitte, auf eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken. Eingriffsmaßnahmen gegen Behörden sind unzulässig; allerdings kann bei Gefahr im Verzug, wenn die Behörde nicht sofort erreichbar ist, die Polizei zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr vorläufige Maßnahmen treffen.
4.2 (zu Absatz 2)
Da durch § 4 Abs. 2 Satz 2 sämtliche Fälle der Betreuung erfasst werden, braucht bei einer Inanspruchnahme nach § 4 Abs. 2 Satz 1 nicht geprüft zu werden, für welche Aufgabenbereiche die Betreuung gilt.
5 Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen (zu § 5)
5.0 Wird im hoheitlichen Tätigkeitsbereich einer Behörde eine Gefahr durch eine Sache verursacht, hat die Polizei die Behörde oder deren Aufsichtsbehörde zu unterrichten. RdNr. 4.0 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.
5.1 (zu Absatz 1) Wirken sich Maßnahmen auf Tiere aus (z.B. bei Sicherstellung, Ersatzvornahme oder Anwendung unmittelbaren Zwanges), sind insbesondere die Vorschriften des Tierschutzgesetzes (TierSchG) zu beachten. Der Schutz von Menschen hat Vorrang vor dem Schutz des Tieres.
6 Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen (zu § 6)
6.2 (zu Absatz 2)
Eine Maßnahme gegen eine nicht verantwortliche Person darf nur für den Zeitraum getroffen werden, bis die Polizei mit eigenen oder anderen Kräften und Mitteln die Gefahr beseitigen kann. Hat die Anordnung Dauerwirkung, muss die Polizei das Geschehen fortlaufend überwachen, damit die Inanspruchnahme des Nichtstörers zum frühestmöglichen Zeitpunkt beendet werden kann.
8 Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung (zu § 8)
8.0 Auf die Generalklausel des § 8 Abs. 1 darf nicht zurückgegriffen werden, wenn es sich um Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach den §§ 9 bis 46 handelt. Die Voraussetzungen für diese Ma nahmen sowie deren Art und Umfang sind in den genannten Vorschriften abschließend geregelt.
8.1 (zu Absatz 1)
8.11 Zur konkreten Gefahr gehört auch die Anscheinsgefahr, also eine Sachlage, die bei verständiger Würdigung eines objektiven Betrachters den Anschein einer konkreten Gefahr erweckt.
8.12 11 Die Polizei kann auch die zur Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlichen Maßnahmen treffen, wenn von der Störung eine fortwirkende Gefährdung ausgeht (z.B. bei Dauerdelikten).
8.2 (zu Absatz 2)
Von den Vorschriften dieses Gesetzes haben im Bereich der Strafverfolgung nur die Bestimmungen über die Anwendung unmittelbaren Zwanges Gültigkeit, soweit keine speziellen Regelungen in der StPO enthalten sind.
8.3 (zu Absatz 3)
Hierzu können auch andere Straftaten zählen, soweit sie gewerbs- oder bandenmäßig oder in anderer Weise organisiert begangen werden und dementsprechend einen erheblichen materiellen oder immateriellen (Gesamt-) Schaden verursachen.
9 Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung (zu § 9)
9.0 11 § 9 gilt für die Erhebung von Daten durch die Polizei für die in § 1 genannten Aufgaben, falls nicht bereichsspezifische Regelungen bestehen. Die in § 9 geregelten Grundsätze wirken sich auch auf die §§ 11 bis 21 aus, soweit sich aus den letztgenannten Vorschriften keine Besonderheiten ergeben.
9.1 (zu Absatz 1)
9.11 11 Eine Person kann unabhängig davon befragt werden, ob die Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 vorliegen. Eine Befragung ist für die Erfüllung der Aufgabe erforderlich, wenn ohne Kenntnisse der zu erhebenden Daten die Aufgabe nicht oder zumindest nicht mehr zeit- oder sachgerecht wahrgenommen werden kann. Ein Hinweis auf die Freiwilligkeit der Auskunft oder Aussage bzw. auf ein eventuell bestehendes Aussage- oder Auskunftsverweigerungsrecht ist nur dann verzichtbar, wenn dadurch die Abwehr einer Gefahr erheblich erschwert oder vereitelt wird. Die Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit hat im Zweifelsfall Vorrang vor der Sicherung von gerichtsverwertbaren Beweisen.
9.12 Die Dauer der Befragung ist auf das notwendige Maß zu beschränken.
9.2 (zu Absatz 2)
9.21 Angaben zur Person sollten nur erfragt werden, wenn Gründe vorliegen, die eine spätere erneute Kontaktaufnahme möglich erscheinen lassen. Aus dem Sinn des § 9 Abs. 2 Satz 1 ergibt sich, dass unter den Begriff "Namen" nicht nur Familiennamen fallen, sondern auch Geburtsnamen, Künstlernamen und sonstige Namen. Da § 9 Abs. 2 Satz 1 nicht auf eine Identitätsfeststellung abzielt, sind Maßnahmen nach § 12 Abs. 2 und § 14 nicht zulässig. Verweigert die betroffene Person die Angaben, bedarf es einer besonders sorgfältigen Prüfung, ob der Verstoß gegen § 111 OWiG verfolgt werden soll und deshalb eine Identitätsfeststellung gemäß § 46 OWiG in Verbindung mit § 163 StPO notwendig ist.
9.22 Gesetzliche Handlungspflichten i. S. d. § 9 Abs. 2 Satz 2 sind nur Offenbarungspflichten, die sich direkt aus einem Gesetz ergeben (z.B. § 138 StGB). Aus § 8 in Verbindung mit den §§ 4 bis 6 lassen sich keine Handlungspflichten i. S. d. § 9 Abs. 2 Satz 2 herleiten.
9.3 (zu Absatz 3)
Eine Datenerhebung kann ohne Kenntnis der betroffenen Person u. a. bei öffentlichen Stellen oder Dritten sowie aus allgemein zugänglichen Quellen erfolgen. Eine Datenerhebung durch Befragung Dritter oder durch Auskunftsersuchen bei einer anderen Behörde ist nicht schon deshalb eine verdeckte Maßnahme, weil sie ohne Kenntnis der betroffenen Person erfolgt.
9.4 (zu Absatz 4)
Eine verdeckte Datenerhebung liegt vor, wenn getarnte Maßnahmen zur Datenerhebung vorgenommen werden, insbesondere die Zugehörigkeit zur Polizei bewusst verschleiert wird. Um ein verdecktes Vorgehen handelt es sich nicht schon, wenn Polizeivollzugsbeamtinnen oder Polizeivollzugsbeamte Dienst in Zivilkleidung verrichten oder ein äußerlich nicht als solches zu erkennendes Dienstfahrzeug benutzen.
9.5 (zu Absatz 5) 11
Für die Datenerhebung gilt der Zweckbindungsgrundsatz. Eine Datenerhebung auf Vorrat ist unzulässig, soweit sie nicht ausdrücklich geregelt ist. Die Erhebung der abschließend in Satz 2 aufgezählten Daten ist nur ausnahmsweise zulässig.
9.6 (zu Absatz 6) 11
Der Hinweis auf die Rechtsvorschriften sowie über die Freiwilligkeit oder Auskunftspflicht bzw. auf ein eventuell bestehendes Aussage- oder Auskunftsverweigerungsrecht ist nur dann verzichtbar, wenn die Aufklärung im Einzelfall aufgrund bestimmter Umstände offenkundig entbehrlich ist (z.B. Befragung eines Spaziergängers nach einem vermissten Kind) oder dadurch die polizeiliche Aufgabenerfüllung erheblich erschwert oder gefährdet wird.
10.0 § 10 regelt die Vorladung zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Die Vorladung durch die Polizei in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach § 163a StPO.
10.1 (zu Absatz 1)
Die Vorladung ist unzulässig, wenn die erforderliche Aufklärung auf anderem Wege ohne unverhältnismäßigen Aufwand rechtzeitig erreicht werden kann oder die Personalien der betroffenen Person bekannt sind und nach den Umständen zu erwarten ist, dass sie zur Sache keine Angaben macht.
10.3 (zu Absatz 3)
Mittel zur Durchsetzung der Vorladung sind das Zwangsgeld und die Vorführung. Soweit zur Durchsetzung der Vorführung unmittelbarer Zwang angewendet werden soll, ist eine richterliche Entscheidung im Rahmen des § 10 Abs. 3 Satz 2 erforderlich. Unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ist gemäß § 55 Abs. 2 ausgeschlossen.
10.5 (zu Absatz 5) 11
Eine Entschädigung gemäß § 10 Abs. 5 PolG NRW bzw. § 59 OWiG oder § 26 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in Verbindung mit dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) darf nur gezahlt werden, wenn die Zeugin oder der Zeuge auf Vorladung bei der Polizei erscheint. Bei einer Anhörung an Ort und Stelle (z.B. bei Verkehrsverstößen) und bei einer schriftlichen Anhörung kommt die Zahlung einer Entschädigung grundsätzlich nicht in Betracht.
11 Erhebung von Personaldaten zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen (zu § 11)
11.01 Die Polizei soll auf die freiwillige Mitarbeit der betroffenen Personen und damit auf das Einverständnis zur Speicherung der in § 11 genannten Daten hinwirken. § 4 DSG NRW ist zu beachten.
11.02 Die Anwendung des § 11 ist auf die Fälle beschränkt, in denen das Einverständnis der betroffenen Person zur Datenerhebung nicht oder nicht rechtzeitig erlangt werden kann. § 11 begründet keine Auskunftspflicht für die Betroffenen. Ggf. ist darauf hinzuweisen, dass die Daten auch ohne ihre Einwilligung erhoben werden können. Die §§ 23 Abs. 1 und 27 Abs. 1 sind zu beachten.
12 Identitätsfeststellung (zu § 12)
12.0 § 12 regelt die Identitätsfeststellung zur Gefahrenabwehr. Die Identitätsfeststellung in Straf- oder Bußgeldverfahren richtet sich nach den §§ 163b f. StPO.
12.1 (zu Absatz 1)
12.11 § 12 Abs. 1 Nr. 1 setzt eine konkrete Gefahr i. S. d. § 8 Abs. 1 voraus.
12.12 Identitätsfeststellungen nach § 12 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 sind bei Personen, die offensichtlich in keiner Beziehung zu dem mit der Maßnahme verfolgten Zweck stehen, nicht vorzunehmen.
12.13 In § 12 Abs. 1 Nr. 2 a) ist der Kreis der Anlassstraftaten auf solche von "erheblicher Bedeutung" i. S. d. § 8 Abs. 3 begrenzt, so dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jetzt unmittelbar zum Ausdruck kommt.
12.14 § 12 Abs. 1 Nr. 2 c) setzt voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich an dem Ort Personen verbergen, die wegen einer Straftat verurteilt wurden und aus diesem Grunde zur Strafvollstreckung gesucht werden.
12.15 § 12 Abs. 1 Nr. 4 regelt die Einrichtung von Kontrollstellen zur Gefahrenabwehr. Für den Bereich der Strafverfolgung gilt § 111 StPO. Kontrollstellen nach Nummer 4 sind auf das notwendige Maß zu beschränken. Sie sollen nur eingerichtet werden, wenn eine durch hinreichende Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass die genannten Straftaten durch die Identitätsfeststellung, evtl.in Verbindung mit sonstigen polizeilichen Maßnahmen, verhütet werden können.
12.16 11 Beauftragte Stelle i.s.d. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 ist das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD). Bei Gefahr im Verzug können Kreispolizeibehörden Kontrollstellen ohne Zustimmung einrichten; hierüber haben sie dem LZPD unverzüglich zu berichten.
12.2 (zu Absatz 2)
12.21 Bei der Entscheidung, ob die betroffene Person zur Dienststelle gebracht werden soll, ist zu prüfen, ob dies zu dem beabsichtigten Erfolg nicht außer Verhältnis steht.
12.22 Die Durchsuchung nach § 12 Abs. 2 Satz 4 hat sich darauf zu beschränken, die Identität einer Person festzustellen; liegen jedoch die Voraussetzungen des § 39 oder des § 40 vor, kann sich die Durchsuchung auch auf die dort angegebenen Zwecke erstrecken.
13 Prüfung von Berechtigungsscheinen (zu § 13)
13.01 Die betroffene Person darf für die erforderliche Dauer der Überprüfung angehalten werden.
13.02 Eine Anordnung nach § 13 setzt voraus, dass die betroffene Person die Tätigkeit, für deren Ausübung der Berechtigungsschein erforderlich ist, ausübt oder nach den Umständen erkennbar ist, dass sie diese beginnen wird oder beendet hat.
13.03 Regelungen im Bundes- und Landesrecht, nach denen Berechtigungsscheine zur Prüfung auszuhändigen bzw. vorzulegen sind, gehen als Spezialvorschriften § 13 vor. Wenn das Bundesrecht nur ein Mitführen oder Vorzeigen vorschreibt, ist § 13 ebenfalls nicht anzuwenden. Eine Aushändigung von Berechtigungsscheinen aufgrund des § 13 kann nur verlangt werden, soweit sich eine Pflicht zum Aushändigen nicht schon aus den Regelungen des Landesrechts ergibt, die zum Mitführen des Berechtigungsscheines verpflichten.
14 Erkennungsdienstliche Maßnahmen (zu § 14)
14.0 § 14 regelt die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen für den Bereich der Gefahrenabwehr. § 81b, 2. Alternative StPO bleibt unberührt und geht als Bundesrecht § 14 Abs. 1 Nr. 2 vor.
14.1 (zu Absatz 1)
Erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 sind nur vorzunehmen, wenn andere Möglichkeiten der Identitätsfeststellung mit zumutbarem Aufwand nicht bestehen. Auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 kann nur zurückgegriffen werden, wenn § 81b, 2. Alternative StPO nicht anwendbar ist.
14.2 (zu Absatz 2)
Die Richtlinien für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen (KpS-RL) sind zu beachten.
14.3 (zu Absatz 3)
Die Belehrung über den Anspruch auf Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen nach Wegfall der Voraussetzungen hat in allen Fällen - auch in denen des § 81b StPO - zu erfolgen.
14.4 (zu Absatz 4)
Andere Maßnahmen sind nur zulässig, wenn und soweit sie hinsichtlich der Beeinträchtigung der betroffenen Person den Maßnahmen des § 14 Abs. 4 vergleichbar sind.
14a Molekulargenetische Untersuchungen zur Identitätsfeststellung (zu § 14a) 11
14a.1 (zu Absatz 1) 11
Zur sicheren Identifizierung kann eine Gewinnung von Körperzellen sowie die Sicherstellung und molekulargenetische Untersuchung von DNA-Material erfolgen. Insbesondere bei unbekannten Toten mit längerer Liegezeit ist häufig eine Identifizierung mit anderen Methoden (z.B. anhand von Fotos, Fingerabdrücken oder Gebissbefunden) nicht möglich. Die DNA bleibt dagegen theoretisch unbegrenzt haltbar und bietet zudem die Möglichkeit, auch Leichenteile sicher zuzuordnen. Nicht identifizierbare, hilflose Personen sind solche, die sich aufgrund eines Unglücksfalls (Großschadensereignis, Naturkatastrophe) oder einer schweren Erkrankung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befinden. Die Speicherung der DNA-Identifizierungsmusters lässt den Datenabgleich mit anderen Proben zu. Die enge Zweckbindung und die Pflicht zur unverzüglichen Löschung der Daten, wenn diese zur Identitätsfeststellung nicht mehr benötigt werden, sind zu beachten.
14a.2 (zu Absatz 2) 11
Die Durchführung der molekulargenetischen Untersuchungen ist einem Richtervorbehalt unterstellt. Die Anordnung kann nur auf Antrag der Polizei erfolgen. Durch Verweis auf § 81f Abs. 2 der Strafprozessordnung werden besondere Anforderungen an die Untersuchungsinstitute gestellt und datenschutzrechtliche Vorkehrungen zur Einhaltung der Anforderungen dieses Absatzes getroffen.
15 Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen (zu § 15)
15.1 (zu Absatz 1)
15.11 11 Die Datenerhebung über teilnehmende Personen bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen richtet sich nach den §§ 12a und 19a VersammlG. Bis zum Erlass eines Versammlungsgesetzes des Landes NRW gilt das Versammlungsgesetz des Bundes fort.
15.12 Öffentliche Veranstaltungen i. S. d. § 15 Abs. 1 sind beispielsweise Volksfeste, Sport- oder Kulturveranstaltungen. Eine Ansammlung liegt vor, wenn Menschen zufällig zusammentreffen, denen das gemeinsame Wollen des Zusammenseins und damit ein verbindender Zweck der Zusammenkunft fehlt.
15.13 11 Das BVerfG hat in einer Entscheidung zum Versammlungsrecht (Beschluss vom 17.02.2009, 1BvR 2492/08) festgestellt, dass aufgrund der heutigen Technik auch Übersichtsaufnahmen einen Grundrechtseingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen. Insofern bedarf es auch für diese einer Rechtsgrundlage.
15.14 § 15 Abs. 1 Satz 3 ist eine Bestimmung i. S. d. § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1. Personenbezogene Daten, die zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt werden, sind in die Ermittlungsvorgänge zu übernehmen. Daten aus solchen Strafverfahren können auch nach § 24 Abs. 2 verarbeitet werden.
15a Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel (zu § 15a)
15a.0 Die Videoüberwachung ist an Kriminalitätsbrennpunkten im Sinne des § 15a zulässig, das heißt an einzelnen öffentlich zugänglichen Orten, an denen wiederholt Straftaten begangen wurden und deren Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigt. Durch diese Maßnahme können Straftaten verhütet, die Aufklärung von Straftaten gesteigert und das Sicherheitsgefühl verbessert werden. Die Videoüberwachung ist im Rahmen eines Gesamtkonzepts einzusetzen, das auf die spezifischen Gegebenheiten abgestimmt ist und ergänzende Maßnahmen vorsieht. Vor einem Einsatz dieser Maßnahme ist zu prüfen, ob die Videoüberwachung aller Wahrscheinlichkeit nach nur zu einem Verdrängungseffekt führt; in diesem Fall ist die Videoüberwachung unzulässig. Im Übrigen ist § 10 DSG NRW zu beachten.
15a.1 (zu Absatz 1)
15a11 Die Norm stellt auf Straftaten ab, um die an Kriminalitätsbrennpunkten typischen Delikte der Straßenkriminalität wie z.B. Diebstahl, Körperverletzung und Sachbeschädigung besser bekämpfen zu können.
15a.12 Die Videoüberwachung ist auf Kriminalitätsbrennpunkte beschränkt. Eine flächendeckende Videoüberwachung aller öffentlich zugänglichen Orte ist unzulässig.
15a.13 Die Beschaffenheit der Örtlichkeit muss günstige Tatgelegenheiten bieten und somit für potentielle Straftäter als attraktiver Tatort nicht ohne Weiteres austauschbar sein. Das kann neben den baulichen Gegebenheiten der Fall sein durch die Tätererwartung eines erhöhten Aufkommens geeigneter Opfer, schwach ausgeprägter Anzeigebereitschaft der Opfer oder einer verspäteten Erstattung der Strafanzeige oder eines geringen Entdeckungsrisikos. Damit soll eine Videoüberwachung an Orten verhindert werden, an denen ausschließlich mit Verdrängungseffekten zu rechnen ist.
15a14 Grundsätzlich sind die übertragenen Bilder zur Ermöglichung der Rekonstruktion von Geschehensabläufen aufzuzeichnen.
15a15 11 Durch ausreichende und eindeutige Beschilderung ist gut sichtbar auf die Videoüberwachung hinzuweisen.
15a.2 (zu Absatz 2)
Absatz 2 regelt die Speicherungsdauer der Daten. Die Zulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten richtet sich nach den dafür geltenden Vorschriften im PolG NRW oder in der StPO.
15a.3 (zu Absatz 3)
Die Anordnung obliegt stets der Behördenleiterin oder dem Behördenleiter. Bei deren Abwesenheit oder Verhinderung nimmt die ständige/allgemeine Vertreterin oder der ständige/allgemeine Vertreter die Behördenleitungsfunktion wahr.
15a.4 (zu Absatz 4)
15a.41 Die Maßnahmen sind zu dokumentieren. Die Dokumentation dient als Grundlage für die Entscheidung über die Aufrechterhaltung und Verlängerung der Maßnahme. Sie sollte dazu folgende Angaben enthalten: Ort, soziale Umstände, Kriminalität, Gesamtkonzept, Veränderungen während und ggf. nach der Maßnahme. Den Abschluss der Dokumentation bildet eine Bewertung über Geeignetheit und Erfolg der Maßnahme.
15a.42 Die Überprüfung nach Fristablauf von jeweils einem Jahr bezweckt eine in regelmäßigen Abständen durchzuführende Bewertung der Erforderlichkeit der Maßnahme. Die Voraussetzungen für eine Fortsetzung entfallen nicht allein durch einen Rückgang der registrierten Kriminalität. Die Bewertung muss vielmehr auch eine begründete Prognose umfassen, ob ein Fortfall der Videoüberwachung zu einem erneuten Kriminalitätsanstieg führen wird. Die Prüfung ist so zeitgerecht vorzunehmen, dass eine Fortsetzung der Maßnahme nach Ablauf der Jahresfrist ohne Unterbrechung möglich ist.
15a.5 (zu Absatz 5) 11
Die Verlängerung und erneute Befristung der Norm erfolgte durch Artikel 1 des Gesetzes v. 10. Juni 2008 (GV. NRW. S.473).
15b Datenerhebung zur Eigensicherung (zu § 15b) 11
15b.0 Mein RdErl. zur Datenerhebung zur Eigensicherung ist zu beachten.
16 Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bei der Datenerhebung mit besonderen Mitteln (zu § 16) 11
16.0 § 16 enthält eine allgemeine Kernbereichsschutzregelung, die auf die besonderen Mittel der Datenerhebung durch verdeckte polizeiliche Maßnahmen (§§ 16a bis 20 PolG NRW) Anwendung findet.
Bei allen verdeckten Überwachungsmaßnahmen staatlicher Stellen muss ein unantastbarer Kernbereich privater Lebensgestaltung gewahrt werden, dessen Schutz sich aus Artikel 1 Abs. 1 GG ergibt.
Zur Entfaltung der Persönlichkeit im Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Möglichkeit, innere Vorgänge wie Empfindungen und Gefühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher Art ohne Angst vor staatlicher Überwachung zum Ausdruck zu bringen; vom Schutz umfasst sind auch Gefühlsäußerungen, Äußerungen des unbewussten Erlebens sowie Ausdrucksformen der Sexualität (s. BVerfG, 1 BvR 2378/98, 1084/99, vom 03.03.2004, Absatz-Nr. 120, http://www.bverfg.de). Ob es sich um eine Offenbarung der innersten Vorgänge einer Person handelt, ist situationsbedingt und im Einzelfall anhand von Kommunikationsinhalten und -umständen (besonderes Vertrauensverhältnis der kommunizierenden Personen, Ort, erkennbarer Geheimhaltungswille) zu beurteilen.
Kommunikationsinhalte höchstpersönlicher Art können insbesondere sein
Die Norm setzt das vom Bundesverfassungsgericht entwickelte "zweistufige Schutzkonzept" (s. BVerfG, 1 BvR 370/07, 595/07, Urt. vom 27.02.2008, Absatz-Nr. 280 ff.,http://www.bverfg.de
§ 16 setzt zunächst voraus, dass eine rechtmäßige Erhebung personenbezogener Daten auf Grundlage der polizeilichen Standardbefugnisse gemäß §§ 16a ff. PolG erfolgt. Die Absätze 1 und 2 des § 16 befassen sich mit der Umsetzung der ersten Stufe des Schutzkonzepts, der Vermeidung der Erhebung kernbereichsrelevanter Daten. Dazu stellt Absatz 1 den Grundsatz der Datenvermeidung auf, der in Absatz 2 konkretisiert wird. Absatz 2 regelt, dass eine zunächst zulässige Erhebung personenbezogener Daten zu unterbrechen ist, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Erfassung von Kernbereichsinhalten bestehen. Allerdings darf - innerhalb des angeordneten Zeitraums der verdeckten Maßnahme - die Datenerhebung fortgesetzt werden, wenn neue Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Unterbrechungsgründe nicht mehr vorliegen.
16.1 (zu Absatz 1) 11
16.11 Bei den Maßnahmen außerhalb der Wohnung besteht generell eine geringere Wahrscheinlichkeit, dass der Kernbereich betroffen sein kann, da die von der Überwachung betroffene Person sich grundsätzlich in der Öffentlichkeit bewegt bzw. in der Öffentlichkeit mit anderen Personen kommuniziert und damit ein Sozialbezug gegeben ist. Gleichwohl kann der Kernbereich privater Lebensgestaltung auch durch das verdeckte Erheben von Daten außerhalb von Wohnungen berührt werden, wenn die Person nicht damit rechnen muss, von anderen wahrgenommen zu werden, z.B. an abgelegenen Orten oder in einem Fahrzeug. Sollte eine Situation eintreten, in der mit der heimlichen Erfassung innerer Zustände oder gegenüber engsten Vertrauten geäußerten Gefühlsregungen zu rechnen ist, ist daher die Datenerhebung gemäß Abs. 2 Satz 1 unverzüglich zu unterbrechen.
16.12 Gespräche mit engsten Vertrauten, die Angaben über polizeilich abzuwehrende Gefahren enthalten, gehören schon ihrem Inhalt nach nicht zu dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung, und führen daher nicht zur Unterbrechung. Zwar reicht nicht jede Verknüpfung zwischen einer Gefahr und den Äußerungen der betroffenen Person zur Bejahung des Sozialbezugs aus. Ein hinreichender Sozialbezug besteht aber jedenfalls bei Äußerungen, die sich unmittelbar auf eine konkrete Gefahr beziehen, insbesondere wenn die kommunizierenden Personen für die Gefahren nach Absatz 1 verantwortlich sind.
Wird erkennbar, dass Kernbereichsdaten betroffen sind und bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Daten gerade dem Zweck der Herbeiführung eines Erhebungsverbots bzw. einer Unterbrechung dienen sollen, bleibt die Datenerhebung insoweit zulässig.
16.2 (zu Absatz 2) 11
16.21 In Abs. 2 Satz 1 wird im letzten Halbsatz geregelt, dass die Pflicht zur Unterbrechung der Datenerhebung nicht besteht, soweit dies aus informations- oder ermittlungstechnischen Gründen nicht möglich ist. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass z.B. bei verdeckten Maßnahmen außerhalb des Wohnraums auch automatisierte Aufzeichnungen zulässig sind; bei diesen Maßnahmen kann - je nach eingesetzter Technik - eine Unterbrechung nicht zu jedem Zeitpunkt erfolgen. Andere Gründe, die gegen eine sofortige Unterbrechung sprechen, können gegenwärtige Gefahren für Leib und Leben verdeckt eingesetzter Personen sein. Mit dieser eng auszulegenden Ausnahmeregelung wird anerkannt, dass es unter bestimmten Umständen praktisch unvermeidbar ist, Informationen zur Kenntnis zu nehmen, bevor ihr Kernbereichsbezug bewertet werden kann. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Kernbereichsschutz leer läuft, sondern dass er auf die zweite Stufe des Schutzkonzepts (abgesichert durch ein Datenverwendungsverbot und ein -löschungsgebot) verlagert wird.
16.22 Absatz 2 Satz 2 bestimmt, dass die Datenerhebung fortgesetzt werden kann, wenn zu erwarten ist, dass die Unterbrechungsgründe nicht mehr vorliegen. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen z.B., wenn Erkenntnisse vorliegen, dass andere Personenkonstellationen eintreten (Familienangehörige entfernen sich, andere Personen, mit denen die Zielperson ausschließlich geschäftlich verkehrt, kommen hinzu), so dass im Weiteren von einem Sozialbezug der Kommunikation auszugehen ist.
16.3 (zu Absatz 3) 11
Zur Absicherung des Kernbereichsschutzes auf der zweiten Stufe wird das Verfahren näher geregelt. Die qualifizierte Bewertung der erhobenen Daten wird mittels einer Durchsicht nach dem Vier-Augen-Prinzip durch besonders geeignete bzw. geschulte Bedienstete der zuständigen Polizeibehörde gewährleistet. Die Vorlage hat unverzüglich, d. h. ohne schuldhafte Verzögerung zu erfolgen. Besonders beauftragte Leitungsperson des höheren Polizeivollzugsdienstes ist der zuständige Abteilungsleiter bzw. Direktionsleiter (oder der Vertreter im Amt). Für die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten gilt § 32a DSG NRW; insbesondere wird auf die Weisungsfreiheit und auf das Benachteiligungsverbot hingewiesen. Im Falle des Abhörens oder der Aufzeichnung des gesprochenen Wortes außerhalb der Wohnung obliegt gemäß Satz 2 dem anordnenden Richter die Durchsicht. Die bereichsspezifischen Verfahrensvorschriften zur Wohnraumüberwachung bleiben gemäß Satz 3 unberührt.
16.4 (zu Absatz 4) 11
Absatz 4 regelt den Kernbereichsschutz auf der zweiten Stufe. Wurden im Ausnahmefall entgegen den Geboten in den Absätzen 1 und 2 unbeabsichtigt Kernbereichsdaten erfasst, so dürfen diese gemäß Absatz 4 Satz 1 nicht verwendet werden. Alle Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Zusätzlich ist die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung zu dokumentieren.
16.5 (zu Absatz 5) 11
Über das Verhältnis zu engsten Vertrauten (Ehegatte, Partner, Verwandten, Freunden) hinaus gehört auch das durch ein Berufsgeheimnis geschützte Vertrauensverhältnis zu Berufsgeheimnisträgern im Sinne der §§ 53 und 53a StPO zum geschützten Kernbereich. Abweichend von § 160a StPO genießen alle Berufsgeheimnisträger denselben rechtlichen Status.
16a Datenerhebung durch Observation (zu § 16a) 11
16a.0 Soweit Belange der Strafverfolgung berührt sein können, sind nach Möglichkeit Observationen gemäß § 16a mit der Staatsanwaltschaft abzustimmen.
16a.1 (zu Absatz 1) 11
16a.11 Erfasst werden von der Legaldefinition in § 16a Abs. 1 Satz 1 Maßnahmen (verdeckte und offene Observationen) mit größerer Eingriffsintensität, die einen nicht unerheblichen organisatorischen, personellen und sachlichen Aufwand erfordern.
16a.12 Bei der suchfähigen Speicherung der Daten von Kontakt- und Begleitpersonen in Dateien ist § 24 Abs. 4 zu beachten. Als Kontaktpersonen können nur die Personen angesehen werden, die enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche Beziehungen zu der Zielperson unterhalten. Begleitpersonen sind Personen, die - ohne enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche Beziehungen zu der Zielperson zu unterhalten - nicht nur kurzfristig mit ihr angetroffen werden. Daher dürften z.B. Verkäufer, Bedienungspersonal oder (Taxi-)Fahrer in der Regel keine Begleitpersonen, sondere allenfalls andere Personen i. S. d. § 16a Abs. 1 Satz 2 sein.
16a.13 11 Keine Begleitpersonen, sondern allenfalls andere Personen i. S. d. Abs.1 Satz 2, sind z.B. Verkäufer, Bedienungspersonal oder Taxifahrer, da sie nur kurzfristig mit Zielpersonen zusammentreffen.
16a.2 (zu Absatz 2) 11
16a.21 Die Anordnungskompetenz geht bei Abwesenheit oder Verhinderung der Behördenleiterin oder des Behördenleiters auf denjenigen über, der in diesen Fällen die Behördenleitungsfunktion wahrnimmt.
16a.22 Die Anordnung der längerfristigen Observationen gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 wird grundsätzlich durch die Leiterin oder den Leiter der nach § 7 Abs. 1 POG NRW zuständigen Polizeibehörde getroffen. Soweit das zur Kriminalhauptstelle bestimmte Polizeipräsidium seine Aufgaben (Zuständigkeit) gemäß Kriminalhauptstellenverordnung (KHSt-VO) wahrnimmt, obliegt die Anordnung dessen Behördenleiterin oder Behördenleiter. Eine zuvor von der örtlich zuständigen Behördenleiterin oder dem Behördenleiter getroffene Anordnung wirkt bei Übernahme durch das zur Kriminalhauptstelle bestimmte Polizeipräsidium solange fort, bis sie von dessen Behördenleiterin oder Behördenleiter bestätigt oder aufgehoben wird.
16a.23 In den Fällen des § 9 Abs. 1 POG NRW trifft die Behördenleiterin oder der Behördenleiter der für die überörtliche Observation zuständigen Kriminalhauptstelle, in deren Zuständigkeitsbereich die längerfristige Observation in Nordrhein-Westfalen zuerst beginnt, die Anordnung nach § 16a Abs. 2.
16a.24 Die RdNrn. 16a.21 bis 16a.23 gelten für das Landeskriminalamt entsprechend.
16a.25 11 In Satz 2 ist geregelt, dass die gemäß Absatz 1 erlangten Daten zur Gewährleistung der strengen Zweckbindung der gewonnenen Informationen besonders zu kennzeichnen sind. Dies gilt auch bei einer Weiterübermittlung der Daten.
16a.3 (zu Absatz 3) 11
16a.31 11 Zur Unterrichtungspflicht wird auf die Nummern 17.51 ff. verwiesen.
16a.32 Unterrichtungspflichtig ist grundsätzlich die sachbearbeitende Polizeibehörde. Die Unterrichtungspflicht bezieht sich auf die Mitteilung, dass gegen die zu informierende Person eine Maßnahme durchgeführt worden ist, auf Beginn und Ende der Maßnahme sowie deren Rechtsgrundlage. Eine weitergehende Auskunft kann nach Einzelfallprüfung auf Antrag gemäß § 18 DSG NRW erteilt werden. Die sachbearbeitende Polizeibehörde kann erweiterte Auskünfte, die sich auf die ausführende Polizeibehörde beziehen, nur mit deren Zustimmung geben.
16a.4 (zu Absatz 4) 11
Eine kurzfristige Observation ist abzubrechen, sobald sie die in § 16a Abs. 1 vorgegebenen Zeitkriterien überschreitet und nicht zwischenzeitlich die materiellen und formellen Voraussetzungen für die längerfristige Observation erfüllt werden.
17 Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel (zu § 17 ) 11
17.0 § 17 erfasst sowohl die optische als auch die akustische Erhebung personenbezogener Daten durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel außerhalb von Wohnungen. Die Eingriffsvoraussetzungen haben sich gegenüber der Altfassung von § 17 nicht geändert. Der bei Maßnahmen gemäß § 17 zu beachtende Kernbereichsschutz ergibt sich aus § 16.
17.1 (zu Absatz 1) 11
Hinsichtlich der Kontakt- und Begleitpersonen gelten gemäß § 17 Abs.1 S.2 die Regelungen in § 16a Abs.1 Sätze 3 bis 5 entsprechend.
17.2 (zu Absatz 2) 11
Die Anordnungsbefugnis bei der akustischen Überwachung ist wegen des schwerwiegenderen Eingriffs dem Amtsgericht übertragen. Wie bei der Wohnraumüberwachung kann in Eilfällen die Behördenleitung entscheiden. Die Entscheidung bedarf dann der richterlichen Bestätigung. Satz 4 verweist bezüglich des Verfahrens des Gerichts auf die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Gemäß Art. 112 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) ist das Gesetz über die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) außer Kraft getreten; gleichzeitig ist das FamFG in Kraft getreten.
17.3 (zu Absatz 3) 11
Zur Gewährleistung der Zweckbindung der erhobenen Daten verweist Abs. 3 auf das Datenkennzeichnungsgebot gemäß § 16a Abs. 2 Sätze 2 und 3.
17.4 (zu Absatz 4) 11
17.41 Der personen- und funktionsbezogene Auftrag an Polizeivollzugsbeamte, über den Einsatz der technischen Geräte gemäß § 17 Abs. 4 zu entscheiden, bedarf der Schriftform, Der Auftrag ist auf höchstens zwei Jahre zu befristen; Verlängerungen sind zulässig.
17.42 Eine Maßnahme nach § 17 Abs. 4 setzt eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung der eingesetzten Person voraus.
17.43 Die Zulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten richtet sich nach den dafür geltenden Vorschriften im PolG NRW oder in der StPO.
17.5 (zu Absatz 5) 11
17.51 Grundregel ist gemäß Absatz 5 Satz 1, dass die Unterrichtung zu erfolgen hat, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann.
17.52 Die Unterrichtungspflicht entfällt gemäß Satz 2 dann, wenn zur Unterrichtung zunächst weitere Daten (z.B. Identität und Anschrift) erhoben werden müssten und der Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dadurch noch vertieft würde (s. Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2378/98, 1084/99, Urt. vom 03.03.2004, Nr. 297,http://www.bverfg.de. In der Praxis wird sich dieser Ausnahmetatbestand im Zweifel nur auf die Unterrichtung Dritter, also nicht auf die bereits bekannte Zielperson beziehen.
17.53 Bei jeder Unterrichtung ist auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme nachträglichen Rechtsschutzes hinzuweisen; je nach Charakter der Anordnung zur Datenerhebung kommt dabei der verwaltungsgerichtliche (behördliche Anordnung) oder der ordentliche Rechtsweg (bei richterlicher Anordnung) in Betracht.
17.54 Wenn aufgrund desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die betroffene Person eingeleitet worden ist, ist gemäß Satz 4 die Unterrichtung, anders als nach bisherigem Recht, in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft durchzuführen, sobald dies der Stand des Ermittlungsverfahrens zulässt.
17.55 Satz 5 regelt die weiteren Fälle, in denen aus Gründen der Gefahrenabwehr oder wegen schutzwürdiger Belange anderer Personen eine Unterrichtung zurückgestellt wird.
17.6 (zu Absatz 6) 11
17.61 Im Hinblick auf die Gewährleistung des nachträglichen Rechtsschutzes wird die grundsätzliche Verpflichtung zur Unterrichtung durch weitere Verfahrensregelungen ausgestaltet: Wird die Unterrichtung länger als sechs Monate aufgeschoben, bedarf die weitere Zurückstellung gemäß Absatz 6 Satz 1 der richterlichen Zustimmung. Gemäß Satz 2 muss bei weiterem Aufschub jeweils nach einem Jahr erneut eine richterliche Überprüfung erfolgen.
17.62 Zur zusätzlichen Absicherung der Überprüfung der Zurückstellungsgründe wird in Satz 5 geregelt, dass nach zweimaliger Verlängerung der Zurückstellungsentscheidung eine Entscheidung durch das für die
Einlegung einer Beschwerde zuständige Gericht erfolgt. Gemäß Satz 6 ist eine Übertragung dieser Entscheidung auf den Einzelrichter (§ 68 Abs.4 FamFG) nicht zulässig. Ein endgültiges Absehen von der Benachrichtigung ist nicht möglich.
Satz 7 trifft eine besondere Regelung hinsichtlich des Zurückstellungsgrundes der Gefährdung des weiteren Einsatzes einer Vertrauensperson oder eines Verdeckten Ermittlers (§§ 19 Abs. 3 bzw. § 20 Abs. 5). Im Hinblick auf den erheblichen Aufwand, der erforderlich ist, um eine Legende aufzubauen und aufrechtzuerhalten (§ 20 Abs. 2 PolG NRW), und um eine Person in eine kriminelle Szene einzuschleusen, als auch wegen der im Regelfall sehr langen Zeitdauer, die erforderlich, ist um kriminelle Strukturen aufzudecken, wird eine Sonderregelung getroffen. Sie ermöglicht einerseits eine längerfristige Zurückstellung, andererseits bestimmt sie zur Gewährleistung der Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG einen Endzeitpunkt, zu dem die Benachrichtigung erfolgen muss. Dieser Zeitpunkt darf nur überschritten werden, wenn die zusätzlichen Zurückstellungsgründe der Gefährdung von Leib und Leben dieser Personen nachweisbar vorliegen.
17.7 (zu Absatz 7) 11
Absatz 7 enthält die bisherigen Regelungen der §§ 17 Abs. 6 und 18 Abs. 6 zur Löschung von Bild- und Tonaufzeichnungen; anders als bisher gilt die Regelung nicht nur für automatisierte Aufzeichnungen. Der einschränkende Zusatz im letzten Halbsatz betrifft lediglich den Fall, dass die unbeteiligte Person als Zeuge einer Straftat der Person, gegen die sich die Maßnahme richtete (Zielperson), in Betracht kommen kann.
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