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PolG NRW - Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 25. Juli 2003
(GVBl. NRW Nr. 38 vom 08.08.2003 S. 441; 05.04.2005 S. 408 05; 29.03.2007 S. 137 07; 10.06.2008 S. 473; 09.02.2010 S. 132 10: 18.12.2012 S. 670; 21.06.2013 S. 335 13; 02.10.2014 S. 620 14; 06.12.2016 S. 1061 16; 17.10.2017 S. 806 17; 21.07.2018 S. 402 18; 13.12.2018 S. 684 18a; 18.12.2018 S. 741 18b; 19.12.2019 S. 995 19; 17.12.2021 S. 2 22; 13.04.2022 S. 504 22a; 19.12.2023 S. 1394 23)
Gl.-Nr.: 205



Erster Abschnitt
Aufgaben und allgemeine Vorschriften

§ 1 Aufgaben der Polizei 10

(1) Die Polizei hat die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr). Sie hat im Rahmen dieser Aufgabe Straftaten zu verhüten sowie vorbeugend zu bekämpfen und die erforderlichen Vorbereitungen für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen zu treffen. Sind außer in den Fällen des Satzes 2 neben der Polizei andere Behörden für die Gefahrenabwehr zuständig, hat die Polizei in eigener Zuständigkeit tätig zu werden, soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint; dies gilt insbesondere für die den Ordnungsbehörden obliegende Aufgabe, gemäß § 1 Ordnungsbehördengesetz Gefahren für die öffentliche Ordnung abzuwehren. Die Polizei hat die zuständigen Behörden, insbesondere die Ordnungsbehörden, unverzüglich von allen Vorgängen zu unterrichten, die deren Eingreifen erfordern.

(2) Der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei nach diesem Gesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht zu rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

(3) Die Polizei leistet anderen Behörden Vollzugshilfe (§§ 47 bis 49).

(4) Die Polizei hat ferner die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragen sind.

(5) Maßnahmen, die in Rechte einer Person eingreifen, darf die Polizei nur treffen, wenn dies auf Grund dieses Gesetzes oder anderer Rechtsvorschriften zulässig ist. Soweit die Polizei gemäß Absatz 1 Satz 2 Straftaten vorbeugend bekämpft oder die erforderlichen Vorbereitungen für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen trifft, sind Maßnahmen nur nach dem Zweiten Unterabschnitt "Datenverarbeitung" des Zweiten Abschnittes dieses Gesetzes zulässig.

§ 2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.

§ 3 Ermessen, Wahl der Mittel

(1) Die Polizei trifft ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen.

(2) Kommen zur Abwehr einer Gefahr mehrere Mittel in Betracht, so genügt es, wenn eines davon bestimmt wird. Der betroffenen Person ist auf Antrag zu gestatten, ein anderes ebenso wirksames Mittel anzuwenden, sofern die Allgemeinheit dadurch nicht stärker beeinträchtigt wird.

§ 4 Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

(1) Verursacht eine Person eine Gefahr, so sind die Maßnahmen gegen diese Person zu richten.

(2) Ist die Person noch nicht 14 Jahre alt oder ist für sie zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer bestellt, können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die zur Aufsicht über sie verpflichtet ist. Dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Angelegenheiten nicht erfasst.

(3) Verursacht eine Person, die zu einer Verrichtung bestellt ist, die Gefahr in Ausführung der Verrichtung, so können Maßnahmen auch gegen die Person gerichtet werden, die die andere zu der Verrichtung bestellt hat.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit andere Vorschriften dieses Gesetzes oder andere Rechtsvorschriften bestimmen, gegen wen eine Maßnahme zu richten ist.

§ 5 Verantwortlichkeit für den Zustand von Sachen

(1) Geht von einer Sache oder einem Tier eine Gefahr aus, so sind die Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten. Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die nachfolgenden für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend auf Tiere anzuwenden.

(2) Maßnahmen können auch gegen den Eigentümer oder einen anderen Berechtigten gerichtet werden. Das gilt nicht, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt diese ohne den Willen des Eigentümers oder Berechtigten ausübt.

(3) Geht die Gefahr von einer herrenlosen Sache aus, so können die Maßnahmen gegen denjenigen gerichtet werden, der das Eigentum an der Sache aufgegeben hat.

(4) § 4 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 6 Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

(1) Die Polizei kann Maßnahmen gegen andere Personen als die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen richten, wenn

  1. eine gegenwärtige erhebliche Gefahr abzuwehren ist,
  2. Maßnahmen gegen die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen,
  3. die Polizei die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und
  4. die Personen ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherwertiger Pflichten in Anspruch genommen werden können.

(2) Die Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Abwehr der Gefahr nicht auf andere Weise möglich ist.

(3) § 4 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 6a (aufgehoben) 16 17

§ 7 Einschränkung von Grundrechten 10 13 19

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes), Leben und körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes), Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes), Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes), Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes), Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes) und Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

Zweiter Abschnitt
Befugnisse der Polizei

Erster Unterabschnitt
Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung

§ 8 Allgemeine Befugnisse, Begriffsbestimmung 10 18a

(1) Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Befugnisse der Polizei besonders regeln.

(2) Zur Erfüllung der Aufgaben, die der Polizei durch andere Rechtsvorschriften zugewiesen sind (§ 1 Abs. 4), hat sie die dort vorgesehenen Befugnisse. Soweit solche Rechtsvorschriften Befugnisse der Polizei nicht regeln, hat sie die Befugnisse, die ihr nach diesem Gesetz zustehen.

(3) Straftaten von erheblicher Bedeutung sind insbesondere Verbrechen sowie die in § 138 des Strafgesetzbuches genannten Vergehen, Vergehen nach § 129 des Strafgesetzbuches und gewerbs- oder bandenmäßig begangene Vergehen nach

  1. den §§ 243, 244, 260, 261, 263 bis 264a, 265b, 266, 283, 283a, 291 oder 324 bis 330 des Strafgesetzbuches,
  2. § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c) oder d) des Waffengesetzes,
  3. §§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 oder 29a Abs. 1 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes,
  4. §§ 96 und 97 des Aufenthaltsgesetzes

(4) Straftaten nach

  1. § 211, § 212, § 226, § 227, § 239a, § 239b, § 303b, § 305, § 305a, §§ 306 bis 306c, § 307 Absatz 1 bis 3, § 308 Absatz 1 bis 4, § 309 Absatz 1 bis 5, § 313, § 314, § 315 Absatz 1, 3 oder 4, § 316b Absatz 1 oder 3, § 316c Absatz 1 bis 3, § 317 Absatz 1, § 328 Absatz 1 oder 2, § 330 Absatz 1 oder 2 oder § 330a Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuchs,
  2. den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuchs vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2254), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3150) geändert worden ist,
  3. § 19 Absatz 1 bis 3, § 20 Absatz 1 oder 2, § 20a Absatz 1 bis 3, § 19 Absatz 2 Nummer 2 oder Absatz 3 Nummer 2, § 20 Absatz 1 oder 2, § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder § 22a Absatz 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) geändert worden ist, und
  4. § 51 Absatz 1 bis 3 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133) geändert worden ist,

sind terroristische Straftaten im Sinne dieses Gesetzes, wenn und soweit sie dazu bestimmt sind, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und sie durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen können.

Zweiter Unterabschnitt
Datenverarbeitung

Erster Titel
Datenerhebung

I. Befragung, Auskunftspflicht, allgemeine Regeln der Datenerhebung, Vorladung

§ 9 Allgemeine Regeln, Befragung, Auskunftspflicht 18b

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben, wenn

  1. ihre Kenntnis zur Erfüllung der ihr durch dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist, soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Erhebung besonders regeln. Dies gilt auch für personenbezogene Daten, die von der betroffenen Person offensichtlich öffentlich gemacht wurden oder
  2. die betroffene Person wirksam im Sinne des § 38 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle], das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom [einsetzen: Änderungsdatum und Fundstelle des (Name des Änderungsgesetzes)] geändert worden ist, eingewilligt hat.

Die Erhebung von besonderen Kategorien personenbezogener Daten richtet sich nach § 22a.

(2) Die Polizei kann jede Person befragen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.

(3) Eine Person, deren Befragung nach Absatz 2 zulässig ist, ist verpflichtet, auf Frage Namen, Vornamen, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit anzugeben. Sie ist zu weiteren Auskünften verpflichtet, soweit gesetzliche Handlungspflichten bestehen.

(4) Die Befragung richtet sich an die betroffene Person. Ist deren Befragung nicht oder nicht rechtzeitig möglich oder würde sie die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erheblich erschweren oder gefährden, können die Daten auch ohne Kenntnis der betroffenen Person erhoben werden, wenn dies zur Aufgabenwahrnehmung gemäß Absatz 2 erforderlich ist.

(5) Befragung und Datenerhebung sind offen durchzuführen; eine verdeckte Datenerhebung ist nur zulässig, wenn dies durch Gesetz zugelassen ist.

(6) Werden durch Befragung Daten bei der betroffenen Person oder bei Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs erhoben, sind diese in geeigneter Weise über die Rechtsvorschriften für die Datenerhebung sowie entweder über die bestehende Auskunftspflicht oder über die Freiwilligkeit der Auskunft aufzuklären, es sei denn, dies ist wegen besonderer Umstände offenkundig nicht angemessen oder die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben wird hierdurch erheblich erschwert oder gefährdet.

(7) Die Erhebung personenbezogener Daten zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken ist unzulässig.

§ 10 Vorladung 05

(1) Die Polizei kann eine Person schriftlich oder mündlich vorladen, wenn

  1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person sachdienliche Angaben machen kann, die für die Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind,
  2. das zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen erforderlich ist.

(2) Bei der Vorladung soll deren Grund angegeben werden. Bei der Festsetzung des Zeitpunkts soll auf den Beruf und die sonstigen Lebensverhältnisse der betroffenen Person Rücksicht genommen werden.

(3) Leistet eine betroffene Person der Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge, so kann sie zwangsweise durchgesetzt werden,

  1. wenn die Angaben zur Abwehr einer Gefahr für Leib Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind,
  2. zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen.

Die zwangsweise Vorführung darf nur auf Grund richterlicher Anordnung erfolgen, es sei denn, dass Gefahr im Verzug vorliegt.

(4) § 136a der Strafprozessordnung gilt entsprechend.

(5) Für die Entschädigung von Personen, die auf Vorladung als Zeugen erscheinen, und für die Vergütung von Personen, die als Sachverständige herangezogen werden, gilt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz entsprechend.

II.
Datenerhebung in bestimmten Fällen

§ 11 Erhebung von Personaldaten zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen

Die Polizei kann über

  1. Personen, deren Kenntnisse oder Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr benötigt werden,
  2. Verantwortliche für Anlagen oder Einrichtungen, von denen eine erhebliche Gefahr ausgehen kann,
  3. Verantwortliche für gefährdete Anlagen oder Einrichtungen

Namen, Vornamen, akademische Grade, Anschriften, Telefonnummern und andere Daten über die Erreichbarkeit sowie nähere Angaben über die Zugehörigkeit zu einer der genannten Personengruppen erheben, soweit dies zur Vorbereitung für die Hilfeleistung und das Handeln in Gefahrenfällen erforderlich ist.

§ 12 Identitätsfeststellung 22

(1) Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen

  1. zur Abwehr einer Gefahr,
  2. wenn sie sich an einem Ort aufhält, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
    1. dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,
    2. sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen,
    3. sich dort gesuchte Straftäter verbergen,
  3. wenn sie sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem öffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgebäude oder einem anderen besonders gefährdeten Objekt oder in dessen unmittelbarer Nähe aufhält und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen oder diese Objekte gefährdet sind, und dies auf Grund der Gefährdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist,
  4. an einer Kontrollstelle, die von der Polizei eingerichtet worden ist, um eine Straftat nach § 129a des Strafgesetzbuches, eine der in dieser Vorschrift genannten Straftaten oder eine Straftat nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a) oder b), Abs. 2 Nr. 1 oder nach § 255 des Strafgesetzbuches in den vorgenannten Begehungsformen zu verhüten.

(2) Die Polizei kann die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann die betroffene Person insbesondere anhalten, sie nach ihren Personalien befragen und verlangen, dass sie Angaben zur Feststellung ihrer Identität macht und mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt. Die betroffene Person kann festgehalten werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Unter den Voraussetzungen des Satzes 3 können die betroffene Person sowie die von ihr mitgeführten Sachen durchsucht werden.

§ 12a Polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrollen (strategische Fahndung) 18a

(1) Die Polizei darf im öffentlichen Verkehrsraum

  1. zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 8 Absatz 3 und zur Verhütung von terroristischen Straftaten nach § 8 Absatz 4,
  2. zur Verhütung gewerbs- oder bandenmäßig begangener grenzüberschreitender Kriminalität oder
  3. zur Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts

Personen anhalten und befragen sowie die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen nach § 12 Absatz 2 treffen. Fahrzeuge und mitgeführte Sachen dürfen in Augenschein genommen werden. Die Polizei darf verlangen, dass mitgeführte Sachen sowie Fahrzeuge einschließlich an und in ihnen befindlicher Räume und Behältnisse geöffnet werden; im Übrigen ist die Durchsuchung von Personen, mitgeführten Sachen und Fahrzeugen unter den Voraussetzungen der §§ 39 und 40 zulässig.

Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in diesem Gebiet Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen werden sollen und die Maßnahme zur Verhütung dieser Straftaten erforderlich und verhältnismäßig im Sinne von § 2 ist.

(2) Die Maßnahme ist schriftlich zu beantragen und bedarf der schriftlichen Anordnung durch die Behördenleitung oder deren Vertretung. Umfasst das festgelegte Gebiet die Zuständigkeit mehrerer Behörden, so trifft die Anordnung das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste. Die Anordnung ist zeitlich und örtlich auf den in Absatz 1 genannten Zweck zu beschränken. Sie darf die Dauer von 28 Tagen nicht überschreiten. Eine Verlängerung um jeweils bis zu weiteren 28 Tagen ist zulässig, soweit die Voraussetzungen für eine Anordnung weiterhin vorliegen. In der Anordnung sind

  1. die tragenden Erkenntnisse für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1,
  2. die Art der Maßnahme einschließlich zeitlicher und örtlicher Beschränkung und
  3. die Begründung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nach Absatz 1 Satz 4

anzugeben.

§ 13 Prüfung von Berechtigungsscheinen

Die Polizei kann verlangen, dass ein Berechtigungsschein zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn die betroffene Person auf Grund einer Rechtsvorschrift oder einer vollziehbaren Auflage in einem Erlaubnisbescheid verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen.

§ 14 Erkennungsdienstliche Maßnahmen 18a 18b

(1) Die Polizei kann erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn

  1. dies für eine nach § 12 und 12a zulässige Identitätsfeststellung unbedingt erforderlich ist, insbesondere wenn dies auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist,
  2. das zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten unbedingt erforderlich ist, weil die betroffene Person verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.

(2) Ist die Identität festgestellt, sind in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die im Zusammenhang mit der Feststellung angefallenen erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten, es sei denn, ihre weitere Aufbewahrung ist nach Absatz 1 Nr. 2 oder anderen Rechtsvorschriften zulässig.

(3) Die betroffene Person ist bei Vornahme der Maßnahme darüber zu belehren, dass sie die Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen verlangen kann, wenn die Voraussetzungen für ihre weitere Aufbewahrung entfallen sind.

(4) Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind insbesondere Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen - Nr. 38 vom 8. August 2003

  1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken,
  2. die Aufnahme von Lichtbildern,
  3. die Feststellung äußerer körperlicher Merkmale,
  4. Messungen.

§ 14a Molekulargenetische Untersuchungen zur Identitätsfeststellung 10 18b

(1) Zur Feststellung der Identität einer Leiche oder einer hilflosen Person können deren DNA-Identifizierungsmuster mit denjenigen einer vermissten Person abgeglichen werden, wenn dies zur Feststellung der Identität unbedingt erforderlich ist, insbesondere wenn dies auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist. Zu diesem Zweck dürfen

  1. der hilflosen Person oder der Leiche Körperzellen entnommen werden,
  2. Proben von Gegenständen mit Spurenmaterial der vermissten Person genommen und
  3. die Proben nach den Nummern 1 und 2 molekulargenetisch untersucht werden.

Für die Entnahme gilt § 81a Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung entsprechend. Die Untersuchungen nach Satz 2 Nummer 3 sind auf die Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts zu beschränken. Entnommene Körperzellen sind unverzüglich zu vernichten, wenn sie für die Untersuchung nach Satz 2 nicht mehr benötigt werden. Die DNA-Identifizierungsmuster können zum Zweck des Abgleichs in einer Datei gespeichert werden. Die in der Datei gespeicherten DNA-Identifizierungsmuster dürfen ausschließlich zum Zweck der Gefahrenabwehr verwendet werden. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Identitätsfeststellung nach Satz 1 nicht mehr benötigt werden.

(2) Molekulargenetische Untersuchungen werden auf Antrag der Polizei durch das Amtsgericht angeordnet, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Für die Durchführung der Untersuchungen gilt § 81f Absatz 2 der Strafprozessordnung entsprechend.

§ 15 Datenerhebung bei öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen 18b

(1) Die Polizei kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen, von Teilnehmern erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dabei Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten begangen werden. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können. Bild- und Tonaufzeichnungen, in Dateien suchfähig gespeicherte personenbezogene Daten sowie zu einer Person suchfähig angelegte Akten sind spätestens einen Monat nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt oder Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass die Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung ist zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich.

(2) § 24 Absatz 2 und 3 sowie § 32 Absatz 3 und 4 bleiben unberührt.

§ 15a Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel 13 18 18a

Zur Verhütung von Straftaten kann die Polizei einzelne öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung beobachten und die übertragenen Bilder aufzeichnen, wenn

  1. an diesem Ort wiederholt Straftaten begangen wurden und die Beschaffenheit des Ortes die Begehung von Straftaten begünstigt, solange Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an diesem Ort weitere Straftaten begangen werden oder
  2. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten von erheblicher Bedeutung nach § 8 Absatz 3 verabredet, vorbereitet oder begangen werden

und jeweils ein unverzügliches Eingreifen der Polizei möglich ist. Die Beobachtung ist, falls nicht offenkundig, durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(2) Nach Absatz 1 gewonnene Daten dürfen höchstens für die Dauer von 14 Tagen gespeichert werden, es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt oder Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass eine Person künftig Straftaten begehen wird, und die Aufbewahrung ist zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich.

(3) Über die Einrichtung der Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel entscheidet die Behördenleiterin oder der Behördenleiter.

(4) Maßnahmen nach Absatz 1 sind zu dokumentieren. Sie sind jeweils auf ein Jahr befristet. Rechtzeitig vor Fristablauf ist zu überprüfen, ob die Voraussetzungen gemäß Absatz 1 weiter vorliegen. Eine Verlängerung um jeweils ein Jahr ist in diesem Fall zulässig.

§ 15b Datenerhebung zur Eigensicherung 19

Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr im Sinne des § 1 Abs. 1 zum Zwecke der Eigensicherung bei Personen- oder Fahrzeugkontrollen Bildaufnahmen und -aufzeichnungen durch den Einsatz optisch-technischer Mittel in Fahrzeugen der Polizei herstellen. Der Einsatz der optisch-technischen Mittel ist, falls nicht offenkundig, durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen oder der betroffenen Person mitzuteilen. Die Bildaufzeichnungen sind am Tage nach dem Anfertigen zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die Aufzeichnungen zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten benötigt werden. § 24 Abs. 2 und 3 bleibt unberührt.

§ 15c Datenerhebung durch den Einsatz körpernah getragener Aufnahmegeräte 16 18b 19

(1) Die Polizei kann bei der Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten mittels körpernah getragener Aufnahmegeräte offen Bild- und Tonaufzeichnungen anfertigen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten oder Dritten gegen eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Die Erhebung personenbezogener Daten kann auch dann erfolgen, wenn Dritte unvermeidbar betroffen sind. Über die Anfertigung der technischen Aufzeichnungen entscheidet die das Aufnahmegerät tragende Polizeivollzugsbeamtin oder der das Aufnahmegerät tragende Polizeivollzugsbeamte anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls.

(2) In Wohnungen (§ 41 Absatz 1 Satz 2) ist die Anfertigung von technischen Aufzeichnungen bei der Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zum Schutz von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten oder Dritten gegen eine dringende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Über die Anfertigung der technischen Aufzeichnungen in Wohnungen entscheidet außer bei Gefahr im Verzug die den Einsatz leitende Polizeivollzugsbeamtin oder der den Einsatz leitende Polizeivollzugsbeamte. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Der Einsatz der Aufnahmegeräte ist durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen und den betroffenen Personen mitzuteilen. Bei Gefahr im Verzug kann die Mitteilung unterbleiben. Aufzeichnungen sind unzulässig in Bereichen, die der Ausübung von Tätigkeiten von Berufsgeheimnisträgern nach §§ 53 und 53a der Strafprozessordnung dienen. Aufzeichnungen werden verschlüsselt sowie manipulationssicher gefertigt und aufbewahrt.

(4) Die nach Absatz 1 und 2 angefertigten Aufzeichnungen sind zwei Wochen nach ihrer Anfertigung zu löschen. Dies gilt nicht, wenn die Aufzeichnungen

  1. zur Gefahrenabwehr,
  2. zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten oder
  3. auf Verlangen der betroffenen Person für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von aufgezeichneten polizeilichen Maßnahmen

benötigt werden. Über die Löschung entscheidet die aufzeichnende Beamtin oder der aufzeichnende Beamte mit Zustimmung einer oder eines Vorgesetzten. Für die Verwertung der aus Aufzeichnungen nach Absatz 2 erlangten Erkenntnisse gilt Absatz 6. § 32 Absatz 3 bleibt unberührt.

(5) Die Aufzeichnung personenbezogener Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, ist unzulässig. Der Aufzeichnungsvorgang ist unverzüglich zu unterbrechen, sofern sich während der Aufzeichnung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Aufzeichnungen über solche Äußerungen und Handlungen sind unverzüglich zu löschen. Nach einer Unterbrechung darf die Aufzeichnung nur fortgesetzt werden, wenn auf Grund geänderter Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Gründe, die zur Unterbrechung geführt haben, nicht mehr vorliegen.

(6) Eine Verwertung der nach Absatz 2 sowie der nach Absatz 5 Satz 4 erlangten Erkenntnisse ist zum Zweck der Gefahrenabwehr nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist. Bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Bei Weitergabe der Daten ist zu vermerken, dass sie aus einer Maßnahme nach Absatz 2 herrühren. Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung durch diese aufrecht zu erhalten. Die Regelungen der Strafprozessordnung bleiben unberührt.

(7) § 24 Absatz 2 und 3 bleibt unberührt.

(8) Maßnahmen nach Absatz 1 bis 6 sind zu dokumentieren. Näheres regelt das für Inneres zuständige Ministerium durch Verwaltungsvorschrift.

III. Besondere Mittel der Datenerhebung

§ 16 Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bei der Datenerhebung mit besonderen Mitteln 10

(1) Die Erhebung personenbezogener Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, ist unzulässig.

(2) Eine Erhebung ist unverzüglich zu unterbrechen, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Daten, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden; dies gilt nicht, soweit die Erhebung aus zwingenden informations- oder ermittlungstechnischen Gründen nicht unterbleiben kann. Die Erhebung darf fortgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass die Gründe, die zur Unterbrechung geführt haben, nicht mehr vorliegen. Die anordnende Stelle ist über den Verlauf der Maßnahme unverzüglich zu unterrichten. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, so hat sie den Abbruch der Maßnahme anzuordnen.

(3) Bestehen Zweifel hinsichtlich der Kernbereichsrelevanz der erhobenen Daten, sind diese unverzüglich dem oder der behördlichen Datenschutzbeauftragten und einer von dem Behördenleiter oder der Behördenleiterin besonders beauftragten Leitungsperson des höheren Polizeivollzugsdienstes zur Durchsicht vorzulegen. Im Falle des § 17 Absatz 2 Satz 3 erfolgt die Durchsicht durch das zuständige Amtsgericht. § 18 Absatz 4 bleibt unberührt.

(4) Wurden Daten erfasst, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, dürfen sie nicht verwendet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist zu dokumentieren.

(5) Der Kernbereich umfasst auch das durch das Berufsgeheimnis geschützte Vertrauensverhältnis zu den in §§ 53 und 53a der Strafprozessordnung genannten Berufsgeheimnisträgern.

§ 16a Datenerhebung durch Observation 10 18b 22

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben durch eine durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als an zwei Tagen vorgesehene oder tatsächlich durchgeführte und planmäßig angelegte Beobachtung (längerfristige Observation)

  1. über die in den §§ 4 und 5 genannten und unter den Voraussetzungen des § 6 über die dort genannten Personen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,
  2. über Personen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen, sowie über deren Kontakt- oder Begleitpersonen, wenn die Datenerhebung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können. Als Kontaktpersonen gelten nur die Personen, die enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche Beziehungen zu den Personen gemäß Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 unterhalten. Begleitpersonen sind Personen, die nicht nur kurzfristig mit diesen Personen angetroffen werden, ohne jedoch enge persönliche, dienstliche oder geschäftliche Beziehungen zu diesen zu unterhalten. Berufsgeheimnisträger gemäß § 53 der Strafprozessordnung gehören, soweit das geschützte Vertrauensverhältnis reicht, nicht zu den Kontakt- oder Begleitpersonen.

(2) Eine längerfristige Observation bedarf der Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Die Anordnung bedarf der Schriftform und ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse fortbestehen. § 18 Absatz 2 Satz 5 bis 9 gilt entsprechend. In der Anordnung sind anzugeben

  1. die Person, gegen sich die Maßnahme richtet, soweit möglich mit Name und Anschrift,
  2. Art, Beginn und Ende der Maßnahme und
  3. Tatsachen, die den Einsatz der Maßnahme begründen.

Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Soll die Maßnahme ohne Wissen der betroffenen Person durchgeführt werden, kann die Entscheidung des Gerichts ohne vorherige Anhörung der betroffenen Person ergehen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntmachung an sie.

(3) Auf eine Observation, die nicht die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt (kurzfristige Observation), finden die Absätze 1 und 2 keine Anwendung. Durch eine kurzfristige Observation kann die Polizei personenbezogene Daten über die in den §§ 4 und 5 genannten und andere Personen nur erheben, soweit dies zum Zwecke der Gefahrenabwehr (§ 1 Abs. 1) erforderlich ist und ohne diese Maßnahme die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe gefährdet wird.

§ 17 Datenerhebung durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel 10 13 18b 22

(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten erheben durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen sowie zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes

  1. über die Personen, die in den §§ 4 und 5 genannt werden, sowie unter den Voraussetzungen des § 6 über die dort genannten Personen, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist,
  2. über Personen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wollen, sowie über deren Kontakt- oder Begleitpersonen, wenn die Datenerhebung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist.

Dabei dürfen auch personenbezogene Daten über andere Personen erhoben werden, soweit dies erforderlich ist, um eine Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können. § 16a Absatz 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(2) Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen darf nur durch die Behördenleiterin oder den Behördenleiter angeordnet werden. Die Anordnung bedarf der Schriftform und ist auf höchstens einen Monat zu befristen; soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen, sind Verlängerungen um jeweils einen weiteren Monat zulässig. Für den Einsatz der Mittel zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes gilt § 16a Absatz 2 entsprechend.

(3) Wenn das technische Mittel gemäß Absatz 1 ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen mitgeführt und verwendet wird, kann die Maßnahme durch die Behördenleiterin oder den Behördenleiter oder eine von ihnen beauftragte Leitungsperson des höheren Polizeivollzugsdienstes angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Aufzeichnungen, die nicht im Sinne des Satzes 2 verwendet werden, sind unverzüglich nach Beendigung des Einsatzes zu löschen. § 24 Absatz 3 sowie § 32 Absatz 3 Nummer 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Bild- und Tonaufzeichnungen, die ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Maßnahme nicht richtete, sind unverzüglich zu vernichten; es sei denn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten jener Personen, gegen die sich die Maßnahme richtete, benötigt.

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