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SächsJArrestVollzG - Sächsisches Jugendarrestvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug des Jugendarrestes im Freistaat Sachsen

- Sachsen -

Vom 5. März 2019
(SächsGVBl. Nr. 4 vom 21.03.2019 S. 158; 22.08.2019 S. 663 19; 19.08.2022 S. 486 22; 29.01.2024 S. 52 24)


Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich 24

Dieses Gesetz regelt den Vollzug des Jugendarrestes (Vollzug) an Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten" in Einrichtungen zur Durchführung des Jugendarrestes (Einrichtungen). Einrichtungen sind eigenständige, den Gebäuden des offenen Vollzuges einer Justizvollzugs- oder Jugendstrafvollzugsanstalt angegliederte Bereiche, die ausschließlich der Durchführung des Jugendarrestes dienen. Jugendarrest kann auch in freien Formen vollzogen werden.

§ 2 Ziele des Vollzuges 24

(1) Im Jugendarrest soll den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten das von ihnen begangene Unrecht bewusst gemacht werden mit den Zielen, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihr Einfühlungsvermögen in die Situation der Opfer von Straftaten ebenso zu stärken wie die Entwicklung von Einstellungen und Fertigkeiten, die vor erneuter Straffälligkeit und ordnungswidrigem Verhalten schützen. Diese Ziele sind entsprechend den einzelnen Arrestarten unter Berücksichtigung der Arrestdauer auszugestalten. Dazu sollen durch sozialpädagogische Trainingsmaßnahmen und andere pädagogische Interventionen den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten die Hilfen gewährt werden, die sie in die Lage versetzen, zukünftig ihre persönlichen und sozialen Schwierigkeiten zu bewältigen.

(2) Wird der Jugendarrest neben einer Jugendstrafe, deren Verhängung oder Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist, verhängt, dient der Vollzug darüber hinaus dem Ziel, die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten auf die Bewährungszeit vorzubereiten und die Erfolgsaussichten für eine erzieherische Einwirkung in der Bewährungszeit zu verbessern.

§ 3 Vollzugsgestaltung 24

(1) Im Jugendarrest schützt die Einrichtung die körperliche und psychische Unversehrtheit der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, fördert ihr Wohlergehen und achtet ihre Privatsphäre. Der Vollzug ist erzieherisch auszugestalten. Er ist auf die Förderung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, insbesondere auch auf weitere Hilfs- und Betreuungsangebote für die Zeit nach der Entlassung, auszurichten. Sind die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten bislang der Schulpflicht nicht oder nur unzureichend nachgekommen, sind sie zu motivieren, künftig der Schulpflicht nachzukommen.

(2) Die Einrichtung hat das verfassungsmäßige Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, zu achten und die Verantwortung der übrigen Träger der Erziehung und Bildung zu berücksichtigen.

(3) Das Leben in der Einrichtung ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sind vor Übergriffen zu schützen.

(4) Im Jugendarrest soll den Jugendarrestanten ermöglicht werden, von und mit Gleichaltrigen zu lernen und Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich nach ihrer Eigenart für eine Mitwirkung eignen, zu übernehmen.

(5) Bei der Gestaltung des Vollzugs und bei allen Einzelmaßnahmen sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, sexuelle Identität, Alter, individuellen Reifegrad, Gesundheit, Herkunft und Religion. Auf Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten mit Behinderung ist besonders Rücksicht zu nehmen.

§ 4 Fördermaßnahmen 24

Elemente der erzieherischen Gestaltung des Vollzuges sind insbesondere:

  1. Planung und Strukturierung eines geordneten Tagesablaufs,
  2. spezifisches soziales Training,
  3. die Förderung des Bemühens der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten um einen Ausgleich mit der oder dem Verletzten (Täter-Opfer-Ausgleich) oder andere Formen der Wiedergutmachung,
  4. Gemeinschafts- und Informationsveranstaltungen zu staatsbürgerlichen, gesundheitspräventiven, familienorientierten und weiteren sozialen Themen,
  5. entwicklungsgemäße Beschäftigung innerhalb und außerhalb der Einrichtung oder arbeitstherapeutische Beschäftigung,
  6. strukturierte Freizeitgestaltung und sportliche Betätigung,
  7. die Vermittlung in Beratungsstellen und
  8. die Förderung stabilisierender Beziehungen.

§ 5 Stellung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sowie Mitwirkung 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit dieses Gesetz keine besondere Regelung enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung in der Einrichtung unerlässlich sind.

(2) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sollen mit "Sie" angeredet werden.

(3) Vollzugs- und Fördermaßnahmen sollen den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten erläutert werden. Soweit erforderlich, wird eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzugezogen. Mit Zustimmung der beteiligten Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten kann in Ausnahmefällen für die Übersetzung auch eine andere sprachkundige Person tätig werden.

(4) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sind stetig zur Mitarbeit an der Erreichung der Vollzugsziele zu motivieren.

§ 6 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter 24

(1) Alle in der Einrichtung Tätigen arbeiten vertrauensvoll zusammen und wirken gemeinsam daran mit, die Vollzugsziele zu erreichen.

(2) Die Einrichtung arbeitet eng mit staatlichen Stellen und Organisationen sowie Personen, insbesondere geeigneten Ehrenamtlichen, zusammen, um die Vollzugsziele zu erreichen und eine Weiterführung der erforderlichen Maßnahmen nach der Entlassung sicherzustellen.

(3) Beziehen Jugendarrestantinnen, Jugendarrestanten oder deren Personensorgeberechtigte Jugendhilfe oder anderen Sozialleistungen, die die Entwicklungsförderung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten bezwecken, sollen diese bei der Arrestgestaltung berücksichtigt werden. Der Träger der Jugendhilfe oder anderer Sozialleistungen kann in die Arrestgestaltung einbezogen werden.

§ 7 Personensorgeberechtigte, Betreuer und Bevollmächtigte 24

(1) Die Personensorgeberechtigten sind von der Aufnahme einer minderjährigen Jugendarrestantin oder eines minderjährigen Jugendarrestanten in den Vollzug sowie über besondere Begebenheiten während des Vollzugs und die anstehende Entlassung aus dem Vollzug zu unterrichten.

(2) Die Einrichtung soll Kontakt zu den Personensorgeberechtigten aufnehmen und diese zu Gesprächen einladen, wenn dies den Vollzugszielen dient. Die Personensorgeberechtigten können in diesem Falle auch an der Vollzugsgestaltung beteiligt werden. Andere der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten nahestehende Personen können mit ihrem oder seinem Einverständnis an der Vollzugsgestaltung beteiligt werden, wenn dies den Vollzugszielen dient.

(3) Für Betreuerinnen und Betreuer volljähriger Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, die nach § 1896 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches gerichtlich bestellt sind, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dasselbe gilt für Bevollmächtigte im Sinne des § 1896 Absatz 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

§ 8 Soziale Hilfe 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten werden durch die Einrichtung, soweit erforderlich, darin beraten und unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten zu bewältigen.

(2) Ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe soll bei Bedarf während des Jugendarrestes Kontakt zu dem Jugendarrestanten halten.

§ 9 Jugendarrest neben Jugendstrafe 24

(1) Die zuständige Bewährungshelferin oder der zuständige Bewährungshelfer hält während des Jugendarrestes Kontakt zu der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten und beteiligt sich an der Planung und Einleitung nachsorgender Hilfen.

(2) In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 2 des Jugendgerichtsgesetzes gestattet die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter Kontakte der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten zu Personen des sozialen Umfeldes nur dann, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind.

(3) In den Fällen des § 16a Absatz 1 Nummer 3 des Jugendgerichtsgesetzes soll durch die Einrichtung eine auf die individuelle Problematik besonders zugeschnittene erzieherische Einwirkung auf den auf die Jugendarrestantin oder den Jugendarrestanten erfolgen.

Teil 2
Vollzug des Dauerarrestes

Abschnitt 1
Aufnahme, Gestaltung, Planung und Entlassung

§ 10 Aufnahme 24

(1) Mit der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten wird unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt. Es wird ihre oder seine gegenwärtige Lebenssituation erörtert, akuter Förderbedarf festgestellt und Hilfe eingeleitet sowie die allgemeine Arrestgestaltung besprochen. Ihr oder ihm ist die Hausordnung zu erläutern und die Aushändigung eines Exemplars anzubieten. Die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Zugangsgespräch sind zu dokumentieren. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und veröffentlichten Verwaltungsvorschriften sind der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten auf Verlangen zugänglich zu machen.

(2) Beim Zugangsgespräch dürfen andere Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten nicht zugegen sein.

(3) Die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant wird unverzüglich ärztlich untersucht.

(4) Die Jugendgerichtshilfe und im Falle der Bewährungsunterstellung auch die Bewährungshilfe werden über die Aufnahme der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten unterrichtet. Von der Benachrichtigung kann abgesehen werden, wenn diese bereits zuvor über den Antrittstermin informiert wurden und die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant den Jugendarrest an diesem Termin angetreten hat.

(5) Treten Umstände hervor, die allein oder in Verbindung mit den bereits bekannten Umständen ein Absehen von der Vollstreckung oder ihre Unterbrechung rechtfertigen können, und ist die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter nicht zugleich Vollstreckungsleiterin oder Vollstreckungsleiter, hat die Vollzugsleitung die Vollstreckungsleitung unverzüglich über diese Umstände zu unterrichten. Die Einrichtung informiert zudem die Jugendgerichtshilfe.

§ 11 Perspektivengespräch und Förderplan 24

(1) Ausgehend von den Erkenntnissen aus dem Zugangsgespräch und den vorliegenden Akten verschafft sich die Einrichtung einen möglichst umfassenden Überblick über die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse und den Förderbedarf der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten.

(2) Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter führt alsbald mit der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten ein ausführliches Gespräch, in dem ihre oder seine aktuelle Lebenssituation erörtert und weiterer Förderbedarf festgestellt wird (Perspektivengespräch). Am Perspektivengespräch sind die mit der Erziehung betrauten Bediensteten der Einrichtung zu beteiligen. Es können im Einzelfall die Personensorgeberechtigten, externe Fachkräfte, insbesondere die zuständigen örtlichen Träger der Jugendhilfe, bestellte Betreuerinnen und Betreuer, Bevollmächtigte, Seelsorgerinnen und Seelsorger sowie weitere Personen, die an der Erreichung der Vollzugsziele mitwirken, beteiligt werden.

(3) Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse ist für die Jugendarrestantin oder den Jugendarrestanten ein Förderplan zu erstellen, der insbesondere Angaben über die Teilnahme an Fördermaßnahmen enthält sowie Fähigkeiten und Begabungen der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten berücksichtigt. Der Förderplan enthält auch Angaben über externe Hilfsangebote, insbesondere zur Fortführung vor oder im Jugendarrest begonnener Maßnahmen. Anregungen und Vorschläge der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten sollen berücksichtigt werden, soweit sie erzieherisch sinnvoll sind.

(4) Der Förderplan berücksichtigt auch Leistungen und Hilfen, die der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten sowie ihrer oder seiner Familie von anderen staatlichen Stellen, Organisationen oder Personen gewährt werden oder gewährt werden können.

(5) Werden die Personensorgeberechtigten in die Vollzugsgestaltung eingebunden, erhalten sie Gelegenheit, Anregungen und Vorschläge zur Planung des Vollzuges anzubringen. Diese sollen, soweit sie mit den Zielen und der Gestaltung des Jugendarrestes vereinbar sind, berücksichtigt werden.

(6) Eine Abschrift des Förderplans wird der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten ausgehändigt und der Jugendgerichtshilfe übersandt. Auf Verlangen der Personensorgeberechtigten ist ihnen der Förderplan auszuhändigen und zu erläutern.

§ 12 Kontakte und Anlaufstellen 24

Der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten sind alsbald nach der Aufnahme Kontakte zu staatlichen Stellen, Organisationen und Personen zu vermitteln, die ihr oder ihm nach der Entlassung persönliche und soziale Hilfestellung leisten können. Hierzu zählen beispielsweise die zuständigen örtlichen Träger der Jugendhilfe, Bildungsstätten und Vereine.

§ 13 Aufenthalt außerhalb der Einrichtung, Vorführung und Ausantwortung 24

(1) Aufenthalt außerhalb der Einrichtung dient insbesondere dem Ziel, der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten die Teilnahme an Fördermaßnahmen, die Besorgung persönlicher Angelegenheiten und die Teilnahme an schulischer und beruflicher Bildung zu ermöglichen sowie richterlich angeordnete Auflagen zu erfüllen. Er dient auch der Vermeidung von schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung, indem an den Vollzugszielen ausgerichtete Freizeitmaßnahmen oder die Förderung sozialer Kontakte ermöglicht werden.

(2) Aufenthalt außerhalb der Einrichtung ohne Begleitung eines Bediensteten darf nicht gewährt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant dem Vollzug entziehen oder die Maßnahme zur Begehung von Straftaten missbrauchen wird. Für Aufenthalt außerhalb der Einrichtung werden die nach den Umständen des Einzelfalles erforderlichen Weisungen erteilt.

(3) Aufenthalt außerhalb der Einrichtung kann unbegleitet oder in Begleitung von Bediensteten oder geeigneten vollzugsexternen Personen gestattet werden. Die Eignung vollzugsexterner Begleitpersonen ist vor der Gestattung des Aufenthaltes außerhalb der Einrichtung zu prüfen, soweit die Person der Einrichtung nicht anderweitig als geeignet bekannt ist. Die Prüfung und ihr Ergebnis sind zu dokumentieren.

(4) Durch Aufenthalt außerhalb der Einrichtung wird die Vollstreckung des Jugendarrestes nicht unterbrochen.

(5) Bedürftigen Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten werden die erforderlichen Fahrtkosten der preiswertesten Kategorie für öffentliche Verkehrsmittel auf Antrag erstattet oder verauslagt.

(6) Auf Ersuchen eines Gerichts oder einer Behörde werden Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, denen Aufenthalt außerhalb der Einrichtung nicht gewährt werden kann, vorgeführt. Sie dürfen auch befristet der Obhut eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft, einer Dienststelle des Polizeivollzugsdienstes oder einer Zoll- oder Finanzbehörde überlassen werden (Ausantwortung).

§ 14 Bericht über den Vollzugsverlauf 24

(1) Zum Ende der Arrestzeit wird ein Bericht über den Vollzugsverlauf erstellt. Dieser enthält insbesondere Angaben zur Persönlichkeit der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten, zu den durchgeführten Fördermaßnahmen, zum weiteren Förderbedarf unter Empfehlung weiterer externer Hilfsangebote und über die Erfüllung erteilter Weisungen, Auflagen oder Anordnungen sowie im Falle der Bewährungsunterstellung Vorschläge zu Auflagen und Weisungen.

(2) Der Bericht wird zu den Vollstreckungs- und Arrestakten genommen. Eine Ausfertigung des Berichts ist der Jugendgerichtshilfe und im Falle der Bewährungsunterstellung auch der Bewährungshilfe zuzuleiten. Die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant und die Personensorgeberechtigten erhalten ebenfalls eine Ausfertigung des Berichts, minderjährige Jugendarrestantinnen oder Jugendarrestanten jedoch nur, soweit erzieherische Gründe nicht entgegenstehen

§ 15 Entlassung 24

(1) Vor der Entlassung führt die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter mit der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten ein Schlussgespräch, in dem auch der Inhalt des Berichts über den Vollzugsverlauf erläutert wird.

(2) Die Entlassung kann am Tag des Ablaufs der Arrestzeit vorzeitig erfolgen, wenn die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant aus schulischen oder beruflichen Gründen hierauf angewiesen ist oder die Verkehrsverhältnisse dies erfordern. Die Entscheidung trifft die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter.

(3) Besteht die begründete Annahme, dass eine minderjährige Jugendarrestantin oder ein minderjähriger Jugendarrestant bei der Entlassung nicht von den Personensorgeberechtigten oder einer von diesen bevollmächtigten, volljährigen Begleitperson an der Einrichtung abgeholt wird, ist das Jugendamt rechtzeitig über die bevorstehende Entlassung zu informieren.

(4) Bedürftigen Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses gewährt werden.

§ 16 Fortführung der Maßnahmen nach der Entlassung 24

(1) Eine bereits entlassene Jugenarrestantin oder ein bereits entlassener Jugendarrestant kann bei einer dringenden Gefahr für ihr oder sein Wohl auf ihren oder seinen Antrag und mit Zustimmung der Personensorgeberechtigten vorübergehend in der Einrichtung verbleiben oder wieder aufgenommen werden, sofern es die Belegungssituation zulässt. Eine Fortführung der Unterbringung und der Fördermaßnahmen kommt insbesondere in Betracht, wenn nachsorgende Maßnahmen noch nicht eingeleitet wurden oder noch nicht beginnen können oder eine anderweitige geeignete Unterbringung nicht oder noch nicht möglich ist. Auf das Verlangen der oder des Entlassenen oder der jeweiligen Personensorgeberechtigten hin ist die weitere Unterbringung zu beenden.

(2) Gegen eine verbliebene Entlassene oder einen verbliebenen Entlassenen dürfen Maßnahmen des Vollzuges nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. § 45 Absatz 2 und 3 bleibt unberührt.

(3) Bei Störung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung durch eine Entlassene oder einen Entlassenen oder aus vollzugsorganisatorischen Gründen können die Unterbringung und die Maßnahmen durch die Einrichtung jederzeit beendet werden.

(4) § 15 Absatz 4 gilt entsprechend.

Abschnitt 2 24
Unterbringung und Versorgung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sowie Gesundheitsfürsorge

§ 17 Unterbringung während der Ruhezeit 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten werden während der Ruhezeit in ihren Arresträumen einzeln untergebracht. Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten unterschiedlichen Geschlechts werden getrennt voneinander untergebracht. Davon kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, der Erreichung des Vollzugsziels sowie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt, einschließlich der Bedürfnisse der übrigen Jugendarrestantinnen oder Jugendarrestanten abgewichen werden.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung von höchstens zwei Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten gleichen Geschlechts während der Ruhezeit ist zulässig, wenn ihr körperlicher oder seelischer Zustand dies erfordert oder sie eine gemeinsame Unterbringung ausdrücklich wünschen und erzieherische Gründe dem nicht entgegenstehen.

§ 18 Aufenthalt außerhalb der Ruhezeit 24

(1) Außerhalb der Ruhezeit dürfen sich die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten grundsätzlich in Gemeinschaft aufhalten.

(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden, wenn Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder erzieherische Gründe dies erfordern.

§ 19 Persönlicher Besitz 24

(1) Eine Jugendarrestantin oder ein Jugendarrestant darf nur Sachen in Besitz haben oder annehmen, die ihr oder ihm von der jeweiligen Einrichtung oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Der Besitz persönlicher Gegenstände ist in angemessenem Umfang zu gestatten, sofern nicht unabweisbare Gründe der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder erzieherische Gründe dem entgegenstehen.

(2) Eingebrachte Sachen, welche die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant nicht in Besitz haben darf, sind für sie oder ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Werden eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, von der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten trotz Aufforderung nicht aus der Einrichtung verbracht, können diese auf Kosten der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten aus der Einrichtung entfernt oder außerhalb der Einrichtung verwahrt, verwertet oder vernichtet werden. Für die Voraussetzungen und das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gelten die §§ 33 sowie 34 Absatz 2 und 3 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358).

(3) Aufzeichnungen und andere Sachen, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Justizvollzugs- oder Jugendstrafvollzugsanstalt oder der Einrichtung vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

§ 20 Kleidung 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten dürfen eigene Kleidung tragen. Dieses Recht kann durch die Vollzugsleiterin oder den Vollzugsleiter eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, soweit es zur Gewährleistung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erforderlich ist. Bei Bedarf stellt ihnen die Einrichtung Kleidung zur Verfügung.

(2) Für die Reinigung und Instandsetzung eigener Kleidung haben die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten selbst zu sorgen.

§ 21 Verpflegung und Einkauf 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten nehmen an der Gemeinschaftsverpflegung teil. Zusammensetzung und Nährwert der Gemeinschaftsverpflegung hat den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen zu entsprechen. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Es soll den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten ermöglicht werden, Gebote ihrer jeweiligen Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(2) Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter kann die Selbstverpflegung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten zulassen, sofern dies erzieherisch sinnvoll erscheint und Gründe der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung nicht entgegenstehen. Die gemeinsame Zubereitung und Einnahme der Mahlzeiten durch die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten im Unterbringungsbereich ist zu fördern.

(3) Den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten kann ermöglicht werden, aus einem von der Einrichtung vermittelten Angebot einzukaufen. Dabei soll die Einrichtung für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten Rücksicht nimmt. Hierfür können Räumlichkeiten der Justizvollzugs- oder Jugendstrafvollzugsanstalt, der die Einrichtung angegliedert ist, genutzt werden. Ein gemeinsamer Einkauf von Jugendarrestanten und Gefangenen findet nicht statt.

§ 22 Gesundheitspflege 24

(1) Die Einrichtung unterstützt die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten bei der Wiederherstellung oder Erhaltung ihrer Gesundheit. Sie vermittelt ihnen die Bedeutung einer gesunden Lebensweise.

(2) Den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

(3) Der Nichtraucherschutz ist zu gewährleisten.

(4) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten werden im Vollzug ärztlich behandelt und medizinisch versorgt, soweit dies erforderlich ist. Sind sie nicht krankenversichert, haben sie einen Anspruch auf notwendige, ausreichende und zweckmäßige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit, der Dauer des Vollzuges und des allgemeinen Standards der gesetzlichen Krankenversicherung.

(5) Untersuchung und Behandlung im Rahmen der Gesundheitsfürsorge nach Absatz 4 und die Eingangsuntersuchung nach § 10 Absatz 3 können im medizinischen Bereich der Justizvollzugs- oder Jugendstrafvollzugsanstalt erfolgen, der die Einrichtung angegliedert ist. Dabei ist die Trennung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten von Gefangenen zu gewährleisten. Ein Aufenthalt außerhalb der Einrichtung aus medizinischen Gründen kann auch gegen den Willen der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten in Begleitung von Bediensteten durchgeführt werden. Eine Unterbringung von Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten im Justizvollzugskrankenhaus erfolgt nicht.

Abschnitt 3
Freizeit, Sport und Beschäftigung

§ 23 Freizeit und Sport 24

(1) Im Jugendarrest sollen die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten dazu motiviert und angeleitet werden, freie Zeit sinnvoll zu gestalten. Handwerkliche, künstlerische und kreative Betätigungen sollen ermöglicht werden.

(2) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten erhalten Gelegenheit, eine angemessen ausgestattete Mediathek zu nutzen. Der Zugang zur Mediathek kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung unerlässlich ist.

(3) Es sind ausreichende und geeignete Angebote vorzuhalten, um den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten eine sportliche Betätigung von mindestens einer Stunde täglich zu ermöglichen. Dabei ist Aufenthalt im Freien nach § 22 Absatz 2 nicht anzurechnen. Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sind nach Möglichkeit sportpädagogisch anzuleiten.

(4) Zur Durchführung von Freizeit- und Sportmaßnahmen dürfen die hierfür vorgesehenen Gegenstände und Räumlichkeiten der Justizvollzugs- oder Jugendstrafvollzugsanstalt, der die Einrichtung angegliedert ist, genutzt werden. Eine gemeinsame Freizeitgestaltung von Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten und Gefangenen sowie gemeinsame Sportveranstaltungen finden nicht statt.

§ 24 Beschäftigung 24

(1) Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes sind erzieherisch geprägte und sinnvolle Tätigkeiten. Sie soll die Entwicklung von Gemeinschaftsfähigkeit fördern und die Erkenntnis vermitteln, dass Pflichten innerhalb eines Gemeinwesens von allen zu tragen sind.

(2) Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten können zu diesen Tätigkeiten herangezogen werden, soweit sie nicht an besonderen Fördermaßnahmen teilnehmen. Ein Anspruch auf Entlohnung besteht nicht.

§ 25 Rundfunk, Informations- und Unterhaltungselektronik 24

(1) Der Zugang zum Rundfunk ist zu ermöglichen und der Besitz eigener Hörfunkgeräte in angemessenem Umfang zu gestatten, soweit deren Betrieb nicht die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung gefährdet. Der Zugang zum Rundfunk kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung unerlässlich ist.

(2) Der Empfang von Fernsehprogrammen ist nur in den hierfür vorgesehenen Gemeinschaftsräumen zulässig.

(3) Die Nutzung anderer Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik kann gestattet werden, wenn überwiegende Gründe der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung oder erzieherische Gründe nicht entgegenstehen.

Abschnitt 4
Religionsausübung

§ 26 Religionsausübung 24

(1) Den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten.

(2) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen. Die Zulassung zu Gottesdiensten oder religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der Seelsorgerin oder des Seelsorgers dieser Religionsgemeinschaft. Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung geboten ist. In diesem Fall soll die Seelsorgerin oder der Seelsorger vorher gehört werden. § 13 Absatz 2 bleibt unberührt.

(3) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten dürfen grundlegende religiöse Schriften und Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang besitzen. Diese dürfen den Jugendarrestanten nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(4) Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

Abschnitt 5
Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche

§ 27 Grundsatz 24

Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten haben das Recht, mit Personen außerhalb der Einrichtung im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren. Die Einrichtung fördert den Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann.

§ 28 Recht auf Besuch und Durchführung der Besuche 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten dürfen in der Regel eine Stunde Besuch pro Woche von den Personensorgeberechtigten empfangen. Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter kann darüber hinausgehende Besuche anderer Personen gestatten, wenn anzunehmen ist, dass der Besuch für die Erreichung des Vollzugsziels förderlich ist. Dies gilt insbesondere für Besuche der eigenen Kinder der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten in Begleitung des anderen Elternteils.

(2) Aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherinnen und Besucher durchsuchen lassen. Besuche werden regelmäßig beaufsichtigt. Über Ausnahmen entscheidet die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter. Die Beaufsichtigung mit technischen Mitteln ist nicht zulässig.

(3) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Zustimmung der Einrichtung übergeben werden.

(4) Besuche dürfen abgebrochen werden, wenn Besucherinnen, Besucher, Jugendarrestantinnen oder Jugendarrestanten gegen dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen verstoßen. Besuche dürfen auch abgebrochen werden, wenn von Besucherinnen oder Besuchern ein schädlicher Einfluss auf Jugendarrestantinnen oder Jugendarrestanten ausgeht.

(5) Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter kann den Jugendarrestinnen und Jugendarrestanten gestatten, den Besuch mittels einer audiovisuellen Verbindung durchzuführen (Videobesuch). Absatz 1 Satz 2 und 3, Absatz 2 Satz 2 bis 4 und Absatz 4 gelten entsprechend. Videobesuchszeiten werden auf die Besuchszeit nach Absatz 1 Satz 1 angerechnet, wobei die Anrechnung bei Besuchen von Angehörigen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches höchstens im Verhältnis zwei zu eins, im Übrigen im Verhältnis eins zu eins erfolgt.

§ 29 Überwachung der Gespräche 24

Gespräche dürfen nur überwacht werden, soweit es aus Gründen der Erziehung oder der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung erforderlich ist. Eine Überwachung der Gespräche zwischen Jugendarrestantinnen oder Jugendarrestanten und Personen nach § 30 Absatz 1 findet nicht statt.

§ 30 Besondere Besuchsvorschriften 22 24

(1) Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes, der Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe, Betreuungshelferinnen und Betreuungshelfern nach § 10 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 des Jugendgerichtsgesetzes, Erziehungsbeiständen, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Jugendarrestantin oder den Jugendarrestanten betreffenden Rechtssache sind zu gestatten und werden nicht beaufsichtigt. Dies gilt ferner für Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, des Ausschusses der Vereinten Nationen gegen Folter, des zugehörigen Unterausschusses zur Verhütung von Folter und des entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismus, der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der konsularischen Vertretung des Heimatlandes der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten und der weiteren Einrichtungen, mit denen der Kontakt auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist. Satz 1 gilt auch für die Mitglieder des Beirates nach § 59, die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.

(2) Die Durchsuchung von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren sowie Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes setzt voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der Sicherheit in der Einrichtung vorliegen.

(3) Eine inhaltliche Überprüfung der von Personen nach Absatz 1 beim Besuch der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten mitgeführten Schriftstücke, sonstigen Unterlagen und Datenträger ist nicht zulässig. Abweichend von § 28 Absatz 3 dürfen Schriftstücke oder sonstige Unterlagen den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten durch Personen nach Absatz 1 übergeben werden.

§ 31 Schriftwechsel 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten haben das Recht, durch Vermittlung der Einrichtung unbegrenzt Schreiben abzusenden und zu empfangen. Ein- und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten. Sie werden auf verbotene Gegenstände kontrolliert, in der Regel in Anwesenheit der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten.

(2) Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung gefährdet würde,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten im Sinne von § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf die Jugendarrestantin oder den Jugendarrestanten hat oder die Erreichung der Vollzugsziele behindert,
  3. zu minderjährigen Personen, die Opfer der Straftaten waren, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel mit der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten einen schädlichen Einfluss auf sie hat, oder
  4. wenn die Personensorgeberechtigten der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten mit dem Schriftwechsel nicht einverstanden sind.

Bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant einer Untersagung nach Satz 1 zuwider handelt, kann die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter das Schreiben anhalten. Hierüber wird die betroffene Jugendarrestantin oder der betroffene Jugendarrestant in formiert. Das angehaltene Schreiben wird verwahrt und mit der Entlassung zurückgegeben.

(3) Der Schriftverkehr mit Personen und Institutionen nach § 30 Absatz 1 wird nicht kontrolliert und entsprechende Schreiben werden nicht angehalten.

(4) Die Kosten des Schriftverkehrs tragen die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Einrichtung die Kosten in angemessenem Umfang übernehmen.

(5) Die Leiterin oder der Leiter der Einrichtung kann der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten gestatten, sich E-Mails an ein von der Anstalt dafür eingerichtetes Funktionspostfach zusenden zu lassen.

§ 32 Telefongespräche 24

(1) Den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten kann gestattet werden, Telefongespräche zu führen. Telefongespräche mit Personen und Institutionen nach § 30 Absatz 1 und 2 sind zu gestatten. Telefongespräche werden nicht überwacht.

(2) Die Kosten der Telefongespräche tragen die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Einrichtung die Kosten in angemessenem Umfang übernehmen.

(3) Die Jugendstrafvollzugs- oder Justizvollzugsanstalt, der die Einrichtung angegliedert ist, kann die Bereitstellung und den Betrieb von Telekommunikationsanlagen sowie die Bereitstellung, Vermietung oder Ausgabe von Telekommunikationsgeräten und von anderen Geräten der Telekommunikation auch für den Bereich des Jugendarrestvollzuges einem Dritten gestatten oder übertragen.

(4) Innerhalb des Geländes der Einrichtungen sind der Besitz und die Benutzung von Mobilfunkendgeräten verboten. In begründeten Fällen kann die Leiterin oder der Leiter der Einrichtung für den Einsatz von Polizei- oder Rettungskräften, Notärzten und Wartungsfirmen abweichende Regelungen treffen. Die folgenden Vorschriften in der jeweils geltenden Fassung bleiben unberührt:

  1. § 30 Absatz 4 Satz 2 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes vom 16. Mai 2013 (SächsGVBl. S. 250), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Januar 2024 (SächsGVBl. S. 52) geändert worden ist,
  2. § 51 Absatz 4 Satz 2 des Sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes vom 12. Dezember 2007 (SächsGVBl. S. 558), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 29. Januar 2024 (SächsGVBl. S. 52) geändert worden ist,
  3. § 31 Absatz 4 Satz 2 des Sächsischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes vom 16. Mai 2013 (SächsGVBl. S. 294), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 29. Januar 2024 (SächsGVBl. S. 52) geändert worden ist.

(5) Die Einrichtungen dürfen technische Geräte

  1. zur Auffindung von Mobilfunkendgeräten,
  2. zur Aktivierung von Mobilfunkendgeräten zum Zwecke der Auffindung und
  3. zur Störung von Frequenzen, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen auf dem Einrichtungsgelände dienen,

betreiben. Sie haben hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 91 Absatz 1 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. I Nr. 71) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Einrichtungen darf nicht beeinträchtigt werden.

§ 33 Pakete 24

Den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten kann gestattet werden, Pakete zu empfangen. Der Empfang von Paketen mit Nahrungs-, Genuss- und Körperpflegemitteln ist untersagt. Die Einrichtung kann Anzahl, Gewicht und Größe von Sendungen und einzelnen Gegenständen festsetzen. Über § 19 Absatz 1 Satz 2 hinaus kann sie Gegenstände und Verpackungsformen ausschließen, die einen unverhältnismäßigen Kontrollaufwand bedingen. Pakete werden geöffnet und durchsucht, in der Regel in Anwesenheit der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten. § 19 Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie § 19 Absatz 3 gilt entsprechend. Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen der Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung unerlässlich ist. Der Versand von Paketen ist nicht zulässig.

§ 34 Andere Formen der Telekommunikation 24

Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für andere Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes entsprechend, soweit die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter ihre Benutzung gestattet.

Abschnitt 6
Sicherheit und Ordnung

§ 35 Grundsatz 24

(1) Sicherheit und Ordnung in der Einrichtung bilden die Grundlage des auf die Erreichung des Vollzugsziels ausgerichteten Lebens in der Einrichtung und tragen dazu bei, dass in der Einrichtung ein gewaltfreies Klima herrscht.

(2) Die Pflichten und Beschränkungen, die den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung auferlegt werden, müssen in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und dürfen die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten nicht länger als notwendig beeinträchtigen.

§ 36 Verhalten der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten 24

(1) Das Verantwortungsbewusstsein der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten für ein sozialverträgliches Verhalten ist zu wecken und zu fördern. Ihre Fähigkeit zu gewaltfreier Konfliktlösung sowie zu einvernehmlicher Streitbeilegung ist zu entwickeln und zu stärken. Sie haben sich nach der Tageseinteilung der Einrichtung zu richten und dürfen durch ihr Verhalten das geordnete Zusammenleben nicht stören.

(2) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten haben die Anordnungen der Bediensteten zu befolgen. Einen ihnen zugewiesenen Bereich dürfen sie nicht ohne Erlaubnis verlassen.

(3) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten haben ihren Arrestraum und die ihnen von der Einrichtung überlassenen Sachen in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln.

(4) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten haben Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden.

§ 37 Durchsuchung 24

(1) Die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, ihre Sachen und die Arresträume dürfen durchsucht werden. Die Durchsuchung männlicher Jugendarrestanten darf nur von Männern und die Dursuchung weiblicher Jugendarrestantinnen darf nur von Frauen vorgenommen werden. Das Schamgefühl ist zu schonen.

(2) Nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Vollzugsleiterin oder des Vollzugsleiters im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie darf bei männlichen Jugendarrestanten nicht in Gegenwart von Frauen und bei weiblichen Jugendarrestantinnen nicht in Gegenwart von Männern erfolgen. Sie ist in einem geschlossenen Raum durchzuführen. Andere Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten dürfen nicht anwesend sein.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter allgemein anordnen, dass bei der Aufnahme von Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten, vor und nach Kontakten mit Besucherinnen und Besuchern sowie vor und nach jeder unbeaufsichtigten Abwesenheit von der Einrichtung in der Regel eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen ist. Dies gilt nicht bei Kontakten mit Besucherinnen und Besuchern nach § 30 Absatz 1.

(4) Die Anordnung nach Absatz 2 ist zu begründen. Durchführung und Ergebnis der Durchsuchungen nach den Absätzen 2 und 3 sind aktenkundig zu machen.

§ 38 (aufgehoben) 19

§ 39 (aufgehoben) 19

§ 40 Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmitteln 24

Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung kann die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter im Einzelfall Maßnahmen, insbesondere den Einsatz geeigneter technischer Verfahren und technischer Mittel, zum Nachweis des Konsums von Suchtmitteln anordnen, um deren Gebrauch festzustellen. Diese Maßnahmen dürfen nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sein. Abweichend von Satz 2 sind Speicheltests unter Nutzung eines Mundschleimhautabstrichs zulässig. Die den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten entnommenen Körperzellen dürfen nur für Zwecke der der Entnahme zugrundeliegenden Maßnahme verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

§ 41 Besondere Sicherungsmaßnahmen und Fesselung 24

(1) Gegen Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn die Gefahr einer erheblichen Störung der Sicherheit oder Ordnung in der Einrichtung nicht auf andere Weise vermieden oder behoben werden kann. Sie sind insbesondere zur Abwehr der Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, von Selbstverletzungen oder der Selbsttötung zulässig.

(2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen,
  2. die Beobachtung der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten, auch mit optisch-technischen Hilfsmitteln in dafür vorgesehenen Arresträumen, und
  3. die Trennung von anderen Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten (Absonderung).

(3) Eine Absonderung von mehr als acht Stunden Dauer ist nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer in der Person der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten liegenden konkreten Gefahr der Anwendung körperlicher Gewalt gegenüber anderen Personen unerlässlich ist. Die betroffene Jugendarrestantin oder der betroffene Jugendarrestant ist besonders zu betreuen. Jede Absonderung, die insgesamt die Dauer von acht Stunden überschreitet, ist der Aufsichtsbehörde und, soweit die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant es beantragt, ihrer oder seiner Verteidigerin oder ihrem oder seinem Verteidiger unverzüglich durch die Vollzugsleiterin oder den Vollzugsleiter mitzuteilen.

(4) Bei einem Aufenthalt außerhalb der Einrichtung nach § 22 Absatz 5 Satz 3 und bei Vorführungen auf Veranlassung eines Gerichts oder einer Behörde oder beim Transport ist die Fesselung der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten an den Händen oder an den Füßen zulässig, wenn eine konkrete Entweichungsgefahr in seiner Person besteht. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist.

§ 42 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen und Verfahren 19 24

(1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter an. Bei Gefahr im Verzug können auch andere Bedienstete diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung der Vollzugsleiterin oder des Vollzugsleiters ist unverzüglich einzuholen.

(2) Wird eine Jugendarrestantin oder ein Jugendarrestant ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet ihr oder sein seelischer Zustand den Anlass der besonderen Sicherungsmaßnahme, ist vorher eine ärztliche Stellungnahme einzuholen. Ist dies wegen Gefahr im Verzug nicht möglich, wird die Stellungnahme unverzüglich nachträglich eingeholt.

(3) Die Entscheidung wird der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefasst. Dies gilt nicht für die Fälle des § 41 Absatz 4 Satz 1.

(4) Besondere Sicherungsmaßnahmen sind in angemessenen Abständen daraufhin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie aufrechterhalten werden müssen.

(5) Die Beobachtung mit optisch-technischen Hilfsmitteln nach § 41 Absatz 2 Nummer 2 ist der Aufsichtsbehörde und, sofern die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant es beantragt, ihrer oder seiner Verteidigerin oder ihrem oder seinem Verteidiger unverzüglich mitzuteilen, wenn sie länger als 48 Stunden aufrechterhalten wird.

§ 43 (aufgehoben) 19

Abschnitt 7
Unmittelbarer Zwang

§ 44 Begriffsbestimmung

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt oder Hilfsmittel der körperlichen Gewalt.

(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.

(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln.

§ 45 Allgemeine Voraussetzungen 24

(1) Soweit es zur Durchführung von Vollzugs- oder Sicherungsmaßnahmen erforderlich ist, dürfen Bedienstete unmittelbaren Zwang anwenden. Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs ist diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

(2) Gegen andere Personen als Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten zu befreien oder widerrechtlich in die Einrichtung einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.

(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt.

§ 46 Androhung

Unmittelbarer Zwang ist anzudrohen. Die Androhung darf nur unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

Abschnitt 8
Konfliktregelung

§ 47 Erzieherische Maßnahmen 24

(1) Verstöße der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten gegen Pflichten, die ihnen durch oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, sind unverzüglich in einem Gespräch zu erörtern und aufzuarbeiten.

(2) Ist eine Konfliktregelung nicht möglich oder erfolgreich, können Maßnahmen angeordnet werden, die geeignet sind, den Jugendarrestanten ihr Fehlverhalten bewusst zu machen. Als solche Maßnahmen sind zulässig:

  1. die Erteilung von Weisungen und Auflagen,
  2. die Beschränkung oder der Entzug einzelner Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung und
  3. der Ausschluss von gemeinsamer Freizeit oder von einzelnen Freizeitveranstaltungen für bis zu zwei Tage.

(3) Die Anordnung beschränkender Maßnahmen nach Absatz 2 trifft die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter im Gespräch nach Absatz 1. Die Anordnung ist aktenkundig zu machen.

Teil 3
Andere Arrestformen und Vollzug in freien Formen

Abschnitt 1
Andere Arrestformen

§ 48 Freizeit- und Kurzarrest 24

(1) Für den Freizeit- und Kurzarrest gelten die Vorschriften für den Dauerarrest entsprechend, soweit die kurze Arrestdauer dies zulässt und in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die ärztliche Eingangsuntersuchung nach § 10 Absatz 3 kann entfallen, es sei denn, es liegen konkrete Anhaltspunkte für eine Arrestuntauglichkeit oder für behandlungsbedürftige Krankheiten oder Verletzungen vor.

(3) Das Zugangs- und das Perspektivengespräch können miteinander verbunden werden. In diesem Fall genügt es, wenn das Gespräch durch einen erzieherisch geschulten und mit den besonderen Voraussetzungen des Jugendarrestes vertrauten Bediensteten geführt wird. Ein Förderplan wird nicht erstellt. Der Bericht über den Vollzugsverlauf kann in abgekürzter Form erstellt werden.

(4) Im Vollzug des Freizeit- und Kurzarrestes finden die §§ 13, 16, 28 und 41 Absatz 2 Nummer 3 und Absatz 3 keine Anwendung. § 23 gilt mit der Maßgabe, dass den Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten eine sportliche Betätigung ermöglicht werden soll.

§ 49 Nichtbefolgungsarrest 24

(1) Wurde Jugendarrest wegen Nichtbefolgung erteilter Weisungen oder Auflagen verhängt, sollen mit der Jugendarrestantin oder dem Jugendarrestanten die Gründe für deren Nichtbefolgung erörtert werden. Sie oder er soll dazu motiviert werden, die ihr oder ihm erteilten Weisungen oder Auflagen zu befolgen. Es soll ihr oder ihm während des Jugendarrestes dazu Gelegenheit gegeben werden. Dazu kann ihr oder ihm Aufenthalt außerhalb der Einrichtung gestattet werden, soweit kein Versagungsgrund nach § 13 Absatz 2 vorliegt.

(2) Absatz 1 gilt für die Nichtbefolgung von Anordnungen nach § 98 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2571) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend.

Abschnitt 2
Vollzug in freien Formen

§ 50 Vollzug in freien Formen 24

(1) Dauerarrest und Nichtbefolgungsarrest können in geeigneten Fällen mit Zustimmung der Vollstreckungsleiterin oder des Vollstreckungsleiters und der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten sowie der Personensorgeberechtigten in freien Formen durchgeführt werden. Die Aufnahme erfolgt zunächst in der Einrichtung.

(2) Geeignet ist eine Jugendarrestantin oder ein Jugendarrestant für den Vollzug in freien Formen, wenn nicht zu befürchten ist, dass sie oder er sich dem Vollzug entziehen oder den Vollzug in freien Formen zur Begehung von Straftaten nutzen werde, und wenn die Erreichung des Vollzugsziels durch die freie Form des Vollzuges besonders gefördert wird.

(3) Erweist sich die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant nach Beginn des Vollzuges in freien Formen nicht mehr als hierfür geeignet, ist sie oder er wieder in der Einrichtung unterzubringen.

(4) Das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung bestimmt die für den Jugendarrest in freien Formen zugelassenen Einrichtungen und seine nähere Ausgestaltung. Bei Bedarf wird das Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt beteiligt. Während der Unterbringung im Jugendarrest in freien Formen besteht das Vollzugsverhältnis der Jugendarrestantin oder des Jugendarrestanten zur Einrichtung fort.

Teil 4
Aufhebung von Maßnahmen und Beschwerde

§ 51 Aufhebung von Maßnahmen

Für den Widerruf und die Rücknahme von Maßnahmen nach diesem Gesetz gilt § 86 des Sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes, soweit dieses Gesetz keine abweichende Bestimmung enthält.

§ 52 Beschwerderecht 24

(1) Die Jugendarrestantin oder der Jugendarrestant kann sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die sie oder ihn selbst betreffen, an die Vollzugsleiterin oder den Vollzugsleiter wenden. Dieses Recht steht auch den Personensorgeberechtigten zu.

(2) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt.

Teil 5 19
Kriminologische Forschung

§ 53 Evaluation und Kriminologische Forschung 19 24

(1) Behandlungsprogramme für die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

(2) Der Vollzug des Jugendarrestes, insbesondere seine Aufgabenerfüllung und Gestaltung, die Umsetzung seiner Leitlinien sowie die Behandlungsprogramme und deren Wirkungen auf die Erreichung der Vollzugsziele, soll regelmäßig durch den kriminologischen Dienst, durch eine Hochschule oder durch eine andere Stelle wissenschaftlich begleitet und erforscht werden. Dabei sind alters- und geschlechtsspezifische Besonderheiten des Vollzuges zu berücksichtigen.

§ 54 (aufgehoben) 19

Teil 6
Organisation, Vollstreckungsplan und Vollzugsgemeinschaft

§ 55 Trennungsgrundsatz, Aufsichtsbehörde und Ausstattung 24

(1) Die Durchführung des Jugendarrestes erfolgt vom Strafvollzug und von sonstigen Haftarten getrennt. § 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Aufsichtsbehörde ist das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung.

(3) Arrest- und Funktionsräume sind zweckentsprechend auszustatten. Personelle Ausstattung und sachliche Mittel der Einrichtung sind daran auszurichten, dass die erforderlichen Fördermaßnahmen durchgeführt werden können.

§ 56 Festsetzung der Belegungsfähigkeit und Überbelegungsverbot 24

(1) Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit der Einrichtung so fest, dass eine angemessene Unterbringung und Betreuung der Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten gewährleistet ist.

(2) Arresträume dürfen nicht mit mehr Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten als zugelassen belegt werden.

§ 57 Leiterin oder Leiter der Einrichtung, Vollzugsleiterin oder Vollzugsleiter 24

(1) Leiterin oder Leiter der Einrichtung im Sinne dieses Gesetzes ist die oder der von der Aufsichtsbehörde für die Jugendstraf- oder Justizvollzugsanstalt, der die Einrichtung angegliedert ist, als hauptamtliche Leiterin oder hauptamtlicher Leiter bestellte Beamtin oder Beamte. Sie oder er ist Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter der Bediensteten der Einrichtung.

(2) Vollzugsleiterin oder Vollzugsleiter im Sinne dieses Gesetzes ist die Jugendrichterin oder der Jugendrichter am Ort der Einrichtung. Sind dort mehrere Jugendrichterinnen oder Jugendrichter tätig, bestimmt die Aufsichtsbehörde eine Jugendrichterin zur Vollzugsleiterin oder einen Jugendrichter zum Vollzugsleiter. Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter trägt die Verantwortung für die erzieherische Ausgestaltung und Organisation des Jugendarrestes und leitet die Bediensteten der Einrichtung fachlich an.

(3) Einzelne Aufgabenbereiche und Befugnisse der Vollzugsleiterin oder des Vollzugsleiters können durch diese oder diesen auf andere, hierfür geeignete Bedienstete übertragen werden. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung zur Übertragung vorbehalten.

(4) Die Aufsichtsbehörde kann in begründeten Ausnahmefällen abweichend von Absatz 2 eine Beamtin oder einen Beamten der zweiten Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 zur Vollzugsleiterin oder zum Vollzugsleiter bestellen. In diesem Fall bleibt die Regelung des § 85 Absatz 1 des Jugendgerichtsgesetzes mit der Maßgabe unberührt, dass für die Abgabe der Vollstreckung an die Stelle der als Vollzugsleiterin zuständigen Jugendrichterin oder des als Vollzugsleiter zuständigen Jugendrichters die am Ort des Vollzuges nach der Geschäftsverteilung des betreffenden Amtsgerichts zuständige Jugendrichterin oder der danach zuständige Jugendrichter tritt.

§ 58 Bedienstete 24

(1) Die Aufgaben der Einrichtung werden von Beamtinnen und Beamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können die Aufgaben auch anderen Bediensteten der Einrichtung und nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden.

(2) Das für die Erreichung des Vollzugsziels erforderliche Personal, unter anderem Sozialarbeiterinnen, Sozialarbeiter, Psychologinnen, Psychologen, Pädagoginnen und Pädagogen, ist vorzuhalten. Fortbildung, Praxisberatung und -begleitung sowie die zur Qualitätssicherung erforderliche Supervision für die Bediensteten sind zu gewährleisten.

(3) Es sollen Bedienstete eingesetzt werden, die für den Umgang mit jungen Menschen besonders geeignet sind. Diese Eignung soll mit Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 2 gefördert werden.

§ 59 Beirat 24

Die bei den Justizvollzugsanstalten oder der Jugendstrafvollzugsanstalt gebildeten Beiräte begleiten nach Maßgabe der Regelungen des § 107 Absatz 2 bis 5 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes für die Justizvollzugsanstalten und des § 101 Absatz 2 bis 5 des Sächsischen Jugendstrafvollzugsgesetzes für die Jugendstrafvollzugsanstalt auch den Vollzug des Jugendarrestes.

§ 60 Hausordnung 24

Die Vollzugsleiterin oder der Vollzugsleiter erlässt im Benehmen mit der Leiterin oder dem Leiter der Einrichtung zur Gestaltung und Organisation des Vollzugsalltags eine Hausordnung für die Einrichtung. Die Hausordnung ist für die Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten verständlich zu fassen und soll auf das notwendige Maß an Regelungen beschränkt werden. Die Aufsichtsbehörde kann sich die Zustimmung vorbehalten.

§ 61 Vollstreckungsplan und Vollzugsgemeinschaft

(1) Die Aufsichtsbehörde regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Einrichtung in einem Vollstreckungsplan.

(2) Im Rahmen von Vollzugsgemeinschaften kann der Vollzug des Jugendarrestes auch in Einrichtungen der Justizverwaltungen anderer Länder vorgesehen werden.

Teil 7
Schlussbestimmungen

§ 62 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 16 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen), auf Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 27 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen) und auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) eingeschränkt.

§ 63 Verhältnis zum Bundesrecht

Dieses Gesetz ersetzt gemäß Artikel 125a Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in seinem Geltungsbereich § 90 des Jugendgerichtsgesetzes und die Jugendarrestvollzugsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1976 (BGBl. I S. 3270), die zuletzt durch Artikel 53 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Die Vorschriften über die Vollstreckung des Jugendarrestes (§§ 4, 5 Absatz 3, § 17 Absatz 4 sowie § 25 Absatz 1, 3 und 4 der Jugendarrestvollzugsordnung) gelten fort.

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