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SächsJStVollzG - Sächsisches Jugendstrafvollzugsgesetz
Sächsisches Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe

- Sachsen -

Vom 12 Dezember 2007
(GVBl. Nr.16 vom 31.12.2007 S. 558; 14.12.2010 S. 414 10; 16.05.2013 S. 250 13; 05.03.2019 S. 158 19; 11.05.2019 S. 358 19a; 22.08.2019 S. 663 19b; 19.08.2022 S. 486 22; 15.12.2022 S. 626 22a; 29.01.2024 S. 52 24; 22.07.2024 S. 706 24a i.K.)



Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich 19 24

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe (Vollzug), soweit nicht die Vollstreckungsleiterin oder der Vollstreckungsleiter nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes, anordnet, dass der Vollzug nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene erfolgt.

§ 2 Ziel und Aufgabe des Vollzugs 13

Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er erfüllt auch die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Dies wird durch eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung sowie sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet

§ 3 Erziehungsauftrag und Vollzugsgestaltung 13 19 24

(1) Die Gefangenen sind in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer befähigt werden (Erziehungsauftrag). Die Gefangenen sind zur Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen zu erziehen. Sie sind zur Ehrfurcht vor allem Lebendigen, zur Nächstenliebe, zum Frieden und zur Erhaltung der Umwelt, zur Heimatliebe, zu sittlichem und politischem Verantwortungsbewusstsein, zu Gerechtigkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des Anderen, zu beruflichem Können, zu sozialem Handeln und zu freiheitlicher demokratischer Haltung zu erziehen.

(2) Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalt (§ 98 Abs. 1 Satz 1) sind an Zielsetzung und Aufgabe des Vollzugs sowie den besonderen Bedürfnissen der Gefangenen auszurichten.

(3) Gefangene angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung sind individuell und intensiv zu betreuen, um ihre Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entbehrlich zu machen. Soweit standardisierte Maßnahmen nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuelle Maßnahmen zu entwickeln.

(4) Das Leben in der Anstalt ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Der Vollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, den Gefangenen bei der Eingliederung in ein Leben in Freiheit ohne Straftaten (Eingliederung) zu helfen. Die Belange von Sicherheit und Ordnung in der Anstalt sowie die Belange der Allgemeinheit sind zu beachten.

(5) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, sexuelle Identität, Alter, Herkunft und Glauben, sowie die Bedürfnisse von Gefangenen mit Behinderung sind bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall zu berücksichtigen. Behandlungsmaßnahmen orientieren sich auch an dem geschlechtsspezifischen Bedarf.

§ 4 Mitwirkung der Gefangenen

(1) Den Gefangenen obliegt, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken.

(2) Die Bereitschaft der Gefangenen zur Mitwirkung ist durch eine auf Ermutigung zur aktiven Mitwirkung abstellende Vollzugsplanung, Bereitstellung motivierender Lerngelegenheiten und verbindlicher Entwicklungshilfen, Maßnahmen der Belohnung und Anerkennung sowie durch unterstützende und normverdeutlichende Maßnahmen zu wecken und zu fördern.

§ 5 Erziehung und Förderung

(1) Erziehung und Förderung erfolgen durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels. Durch differenzierte Angebote soll auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen eingegangen werden.

(2) Die Maßnahmen und Programme richten sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die schulische Bildung, berufliche Qualifizierung, soziale Integration und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte.

§ 6 Stellung der Gefangenen 13 19 24

(1) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz keine besondere Regelung enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung in der Anstalt unerlässlich sind.

(2) Vollzugsmaßnahmen sollen den Gefangenen erläutert werden. Soweit erforderlich, wird eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzugezogen. Mit Zustimmung der beteiligten Gefangenen kann in Ausnahmefällen für die Übersetzung auch eine andere sprachkundige Person tätig werden.

§ 7 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter 10 19

(1) Alle in der Anstalt Tätigen sind verpflichtet, zusammenzuarbeiten und daran mitzuwirken, das Vollzugsziel zu erreichen.

(2) Die Anstalt arbeitet mit Dritten, insbesondere mit der Bewährungshilfe, der Führungsaufsicht, dem Jugendamt einschließlich der Jugendgerichtshilfe, den Schulen und beruflichen Bildungsträgern, zusammen, soweit dies zur Eingliederung erforderlich ist.

(3) Die Belange der Personensorgeberechtigten und der Familienangehörigen der Gefangenen sind, soweit dies möglich ist und sie dem Vollzugsziel nicht zuwider laufen, bei der Vollzugsgestaltung zu berücksichtigen. Der Erhalt familiärer Bindungen ist zu unterstützen.

§ 8 Soziale Hilfe 13

Die Gefangenen werden durch die Anstalt darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wiedergutzumachen und eine Schuldenregulierung herbeizuführen.

Teil 2
Planung des Vollzugs

§ 9 Aufnahme 13 19 24

(1) Mit der oder dem Gefangenen wird unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre oder seine gegenwärtige Lebenssituation erörtert und sie oder er über ihre oder seine Rechte und Pflichten informiert wird. Ihnen ist die Hausordnung zu erläutern und die Aushändigung eines Exemplars anzubieten. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und veröffentlichten Verwaltungsvorschriften sind den Gefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.

(2) Im Zugangsgespräch ist auch zu klären, ob die oder der Gefangene in ihrer oder seiner Obhut stehende Minderjährige ohne Betreuung und Versorgung zurückgelassen hat. In diesem Falle ist unverzüglich das zuständige Jugendamt zu unterrichten.

(3) Beim Zugangsgespräch dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.

(4) Die Gefangenen werden unverzüglich ärztlich untersucht.

(5) Den Personensorgeberechtigten und dem Jugendamt wird die Aufnahme unverzüglich mitgeteilt.

(6) Die Gefangenen sollen dabei unterstützt werden, notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige und die Sicherung ihrer Vermögensgegenstände außerhalb der Anstalt zu veranlassen.

§ 10 Diagnoseverfahren 13 19 19b 24

(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung das Diagnoseverfahren an.

(2) Das Diagnoseverfahren muss wissenschaftlichen Erkenntnissen genügen. Insbesondere bei Gefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung ist es von Personen mit einschlägiger wissenschaftlicher Qualifikation durchzuführen.

(3) Im Diagnoseverfahren wird der Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen ermittelt. Es erstreckt sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung erforderlich ist. Neben den Unterlagen aus der Vollstreckung und dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen sind insbesondere auch Erkenntnisse der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe einzubeziehen.

(4) Im Diagnoseverfahren werden die im Einzelfall die Straffälligkeit begünstigenden Faktoren ermittelt. Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Gefangenen ermittelt werden, deren Stärkung einer erneuten Straffälligkeit entgegenwirken kann.

(5) Das Ergebnis des Diagnoseverfahrens wird mit der oder dem Gefangenen erörtert.

§ 11 Vollzugs- und Eingliederungsplanung 13 19 24

(1) Auf der Grundlage des Ergebnisses des Diagnoseverfahrens wird ein Vollzugs- und Eingliederungsplan erstellt. Er zeigt der oder dem Gefangenen bereits zu Beginn des Vollzugs unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Vollzugsdauer die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen auf. Daneben kann erweitere Hilfsangebote und Empfehlungen enthalten. Die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen der oder des Gefangenen sollen einbezogen werden.

(2) Der Vollzugs- und Eingliederungsplan wird regelmäßig innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Aufnahme erstellt. Diese Frist verkürzt sich bei einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von unter einem Jahr auf vier Wochen.

(3) Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie die darin vorgesehenen Maßnahmen werden regelmäßig alle sechs Monate, spätestens aber alle zwölf Monate überprüft und fortgeschrieben. Die Entwicklung der oder des Gefangenen und die in der Zwischenzeit gewonnen Erkenntnisse sind zu berücksichtigen. Die durchgeführten Maßnahmen sind zu dokumentieren.

(4) Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung wird mit der oder dem Gefangenen erörtert. Dabei werden dessen Anregungen und Vorschläge einbezogen, soweit sie der Erreichung des Vollzugsziels dienen.

(5) Zur Erstellung und Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans führt die Anstaltsleitung eine Konferenz mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durch. Die Personensorgeberechtigten und die Vertreterinnen oder Vertreter der Jugendgerichtshilfe können an der Konferenz beteiligt werden; stand die oder der Gefangene vor ihrer oder seiner Inhaftierung unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht, kann auch die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer an der Konferenz beteiligt werden, die oder der für sie bislang zuständig war. Die Teilnahme der Verteidigerin oder des Verteidigers ist zu gestatten. Die Gefangenen sollen ebenfalls an der Konferenz beteiligt werden. Im Falle der Teilnahme wird ihnen der Vollzugs- und Eingliederungsplan eröffnet und erläutert. Im Übrigen wird ihnen der Vollzugs- und Eingliederungsplan bekanntgegeben

(6) An der Eingliederung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sind nach Möglichkeit in die Planung einzubeziehen, soweit dies zur Eingliederung erforderlich ist. Sie können mit Zustimmung des Gefangenen auch an der Konferenz beteiligt werden.

(7) Wird die oder der Gefangene nach der Entlassung voraussichtlich unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht gestellt, so ist einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Bewährungshilfe und der Führungsaufsichtsstelle in den letzten zwölf Monaten vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt die Teilnahme an der Konferenz zu ermöglichen. Der Vollzugs- und Eingliederungsplan und seine Fortschreibungen sind zu übersenden.

(8) Eine Abschrift des Vollzugs- und Eingliederungsplans und seiner Fortschreibungen wird der oder dem Gefangenen ausgehändigt. Sie werden der Vollstreckungsleiterin oder dem Vollstreckungsleiter und auf Verlangen den Personensorgeberechtigten und der Jugendgerichtshilfe mitgeteilt; auf Verlangen werden sie den Personensorgeberechtigten erläutert.

§ 11a Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplans 13 19

(1) Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie seine Fortschreibungen enthalten insbesondere folgende Angaben:

  1. Zusammenfassung der für die Vollzugs- und Eingliederungsplanung maßgeblichen Ergebnisse des Diagnoseverfahrens,
  2. voraussichtlicher Entlassungszeitpunkt,
  3. Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug sowie Vollzug in freien Formen,
  4. Zuweisung zu einer Wohngruppe oder einem anderen Unterkunftsbereich,
  5. Maßnahmen zur Förderung der Mitwirkungsbereitschaft,
  6. Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Abteilung und Teilnahme an deren Behandlungsprogrammen,
  7. Teilnahme an einzel- oder gruppentherapeutischen Maßnahmen, insbesondere psychologische Intervention und Psychotherapie,
  8. Teilnahme an psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen,
  9. Teilnahme an Maßnahmen zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch, einschließlich Suchtberatung,
  10. Teilnahme an Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz und familienunterstützende Angebote,
  11. Teilnahme an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen, einschließlich Alphabetisierungs- und Deutschkursen,
  12. Teilnahme an arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder am Arbeitstraining,
  13. Arbeit,
  14. freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung,
  15. Teilnahme an Sportangeboten und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit,
  16. Ausführungen, Außenbeschäftigung,
  17. Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels,
  18. Aufrechterhaltung, Förderung und Gestaltung von familiären Bindungen und Außenkontakten,
  19. Bildung von Überbrückungsgeld, Schuldnerberatung, Schuldenregulierung und Erfüllung von Unterhaltspflichten,
  20. Ausgleich von Tatfolgen, einschließlich Täter-Opfer Ausgleich,
  21. Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Eingliederung und Nachsorge und
  22. Frist zur Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans.

Bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung enthalten der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie seine Fortschreibungen darüber hinaus Angaben zu sonstigen Maßnahmen im Sinne des § 3 Absatz 3 Satz 2 dieses Gesetzes und einer Antragstellung im Sinne des § 119a Absatz 2 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2571) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 bis 10 und Satz 2, die nach dem Ergebnis des Diagnoseverfahrens als zur Erreichung des Vollzugsziels zwingend erforderlich erachtet werden, sind als solche zu kennzeichnen und gehen allen anderen Maßnahmen vor. Auch für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 11 und 12 kann ein Vorrang vor anderen Maßnahmen vorgesehen werden. Es ist anzustreben, die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 im Einvernehmen mit den Gefangenen festzulegen. Andere Maßnahmen dürfen nicht gestattet werden, soweit sie die Teilnahme an Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 beeinträchtigen würden.

(3) Spätestens ein Jahr vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt hat die Planung zur Vorbereitung der Eingliederung zu beginnen. Anknüpfend an die bisherige Vollzugsplanung werden ab diesem Zeitpunkt die Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 21 konkretisiert oder ergänzt. Insbesondere ist Stellung zu nehmen zu:

  1. Unterbringung im offenen Vollzug, Übergangseinrichtung,
  2. Unterkunft sowie Arbeit oder Ausbildung nach der Entlassung,
  3. Unterstützung bei notwendigen Behördengängen und der Beschaffung der notwendigen persönlichen Dokumente,
  4. Beteiligung der Jugendgerichtshilfe, Bewährungshilfe, Führungsaufsichtsstelle und der forensischen Ambulanzen,
  5. Kontaktaufnahme zu Einrichtungen der Entlassenenhilfe,
  6. Fortsetzung von im Vollzug noch nicht abgeschlossenen Maßnahmen,
  7. Anregung von Auflagen und Weisungen für die Bewährungs- oder Führungsaufsicht,
  8. Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen und
  9. nachgehende Betreuung durch Vollzugsbedienstete.

§ 12 Verlegung und Überstellung 10 24

(1) Gefangene können abweichend vom Vollstreckungsplan nach § 100 in eine andere Anstalt verlegt werden, wenn

  1. die Erreichung des Vollzugsziels oder die Eingliederung hierdurch gefördert wird oder
  2. Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erforderlich machen.

(2) Den Personensorgeberechtigten, der Vollstreckungsleiterin oder dem Vollstreckungsleiter, dem Jugendamt und der Verteidigerin oder dem Verteidiger wird die Verlegung unverzüglich mitgeteilt.

(3) Gefangene dürfen aus wichtigem Grund vorübergehend in eine andere Anstalt oder in eine Anstalt des Erwachsenenvollzugs überstellt werden.

§ 13 Geschlossener und offener Vollzug, Vollzug in freien Formen 10 13 24

(1) Die Gefangenen werden im geschlossenen oder offenen Vollzug oder im Vollzug in freien Formen untergebracht.

(2) Die Gefangenen sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verantwortet werden kann zu erproben, dass sie sich dem Vollzug nicht entziehen und die Möglichkeiten des offenen Vollzugs nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden. Gefangene genügen den besonderen Anforderungen in der Regel dann, wenn

  1. sie sich selbst rechtzeitig zum Strafantritt gestellt haben,
  2. gegen sie eine oder mehrere Freiheitsstrafen von insgesamt nicht mehr als 24 Monaten oder Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt werden,
  3. die zu verbüßende Freiheitsstrafe nicht wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder aufgrund von grober Gewalttätigkeit vollzogen wird und
  4. sie sich in einem geeigneten Ausbildungs- oder festen Arbeitsverhältnis befinden und deren Arbeitgeber zu einer Weiterbeschäftigung während der Inhaftierung bereit ist.

(3) Genügen die Gefangenen den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs nicht mehr, werden sie im geschlossenen Vollzug untergebracht. § 86 bleibt unberührt.

(4) Der Vollzug kann in geeigneten Fällen nach Anhörung der Vollstreckungsleiterin oder des Vollstreckungsleiters und mit Zustimmung der oder des Gefangenen in freien Formen durchgeführt werden. Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 gelten entsprechend.

§ 14 Sozialtherapie 13 19

(1) Sozialtherapie dient der Verringerung einer erheblichen Gefährlichkeit der Gefangenen. Auf der Grundlage einer therapeutischen Gemeinschaft bedient sie sich psychologischer, psychotherapeutischer, sozialpädagogischer und arbeitstherapeutischer Methoden, die in umfassenden Behandlungsprogrammen verbunden werden. Personen aus dem Lebensumfeld der Gefangenen außerhalb des Vollzugs werden in die Behandlung einbezogen.

(2) Gefangene sind in einer sozialtherapeutischen Abteilung unterzubringen, wenn ihre Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zur Verringerung ihrer erheblichen Gefährlichkeit angezeigt ist. Eine erhebliche Gefährlichkeit liegt vor, wenn schwerwiegende Straftaten gegen Leib oder Leben, die persönliche Freiheit oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind.

(3) Andere Gefangene sollen in einer sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht werden, wenn die Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zur Erreichung des Vollzugsziels angezeigt ist.

(4) Die Unterbringung soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, der entweder den Abschluss der Behandlung zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt erwarten lässt oder die Fortsetzung der Behandlung nach der Entlassung ermöglicht. Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, soll die Unterbringung zu einem Zeitpunkt erfolgen, der den Abschluss der Behandlung noch während des Vollzugs der Jugendstrafe erwarten lässt.

(5) Die Unterbringung wird beendet, wenn das Ziel der Behandlung aus Gründen, die in der Person der Gefangenen liegen, nicht erreicht werden kann.

§ 14a Psychologische Intervention und Psychotherapie 13

Psychologische Intervention und Psychotherapie im Vollzug dienen insbesondere der Behandlung psychosozialer Faktoren und psychischer Störungen des Verhaltens und Erlebens, die in einem Zusammenhang mit der Straffälligkeit stehen. Sie werden durch systematische Anwendung wissenschaftlich fundierter psychologischer und psychotherapeutischer Methoden mit einem oder mehreren Gefangenen durchgeführt.

§ 15 Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels 13

(1) Aufenthalte außerhalb der Anstalt ohne Aufsicht sind insbesondere

  1. das Verlassen der Anstalt für bis zu 24 Stunden in Begleitung einer von der Anstalt zugelassenen Person (begleiteter Ausgang),
  2. das Verlassen der Anstalt für bis zu 24 Stunden ohne Begleitung (unbegleiteter Ausgang),
  3. das Verlassen der Anstalt für mehrere Tage (Langzeitausgang) und
  4. die regelmäßige Beschäftigung außerhalb der Anstalt (Freigang).

(2) Die Lockerungen sollen gewährt werden, wenn sie der Erreichung des Vollzugsziels dienen und verantwortet werden kann zu erproben, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der Jugendstrafe nicht entziehen und die Lockerungen nicht zu Straftaten missbrauchen werden.

(3) Durch Lockerungen wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nicht unterbrochen.

§ 16 Lockerungen aus sonstigen Gründen 13

Lockerungen sollen auch aus wichtigem Anlass gewährt werden, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der Jugendstrafe nicht entziehen und die Lockerungen nicht zu Straftaten missbrauchen werden. Wichtige Anlässe sind insbesondere die Teilnahme an gerichtlichen Terminen, die medizinische Behandlung der Gefangenen sowie der Tod oder eine lebensgefährliche Erkrankung naher Angehöriger der Gefangenen. § 15 Abs. 3 gilt entsprechend.

§ 17 Weisungen für Lockerungen 13

Für Lockerungen sind die nach den Umständen des Einzelfalles erforderlichen Weisungen zu erteilen. Bei der Ausgestaltung der Lockerungen ist nach Möglichkeit auch den Belangen des Opfers der Straftaten Rechnung zu tragen.

§ 18 Ausführung, Außenbeschäftigung, Vorführung, Ausantwortung 13

(1) Den Gefangenen kann das Verlassen der Anstalt unter Aufsicht gestattet werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist (Ausführung). Die Gefangenen können auch gegen ihren Willen ausgeführt werden. Liegt die Ausführung ausschließlich im Interesse der Gefangenen, können ihnen die Kosten auferlegt werden, soweit dies die Behandlung oder die Eingliederung nicht behindert oder nicht anderweitig unbillig ist.

(2) Den Gefangenen kann gestattet werden, außerhalb der Anstalt einer regelmäßigen Beschäftigung unter ständiger Aufsicht oder unter Aufsicht in unregelmäßigen Abständen (Außenbeschäftigung) nachzugehen. § 16 Satz 1 gilt entsprechend.

(3) Auf Ersuchen eines Gerichts werden Gefangene, denen Ausgang nicht gewährt werden kann, vorgeführt.

(4) Gefangene dürfen befristet der Obhut eines Gerichts, einer Staatsanwaltschaft, einer Dienststelle des Polizeivollzugsdienstes oder einer Zoll- oder Finanzbehörde überlassen werden (Ausantwortung).

§ 19 Vorbereitung der Eingliederung 13 24

(1) Die Maßnahmen zur sozialen und beruflichen Eingliederung sind auf den Zeitpunkt der voraussichtlichen Entlassung in die Freiheit auszurichten. Die Gefangenen sind bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu unterstützen. Dies umfasst die Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen.

(2) Durch eine frühzeitige Zusammenarbeit mit Personen und Einrichtungen außerhalb des Vollzugs soll insbesondere erreicht werden, dass die Gefangenen nach ihrer Entlassung über eine geeignete Unterbringung und eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle verfügen. Bewährungshilfe und Führungsaufsichtsstelle beteiligen sich frühzeitig an der sozialen und beruflichen Eingliederung der Gefangenen. Den Personensorgeberechtigten und dem Jugendamt wird die bevorstehende Entlassung mitgeteilt.

(3) Den Gefangenen können Aufenthalte in Einrichtungen außerhalb des Vollzugs (Übergangseinrichtungen) sowie ein zusammenhängender Langzeitausgang bis zu sechs Monaten gewährt werden, wenn dies zur Vorbereitung der Eingliederung erforderlich ist. Die Vollstreckungsleiterin oder der Vollstreckungsleiter ist vorher anzuhören. § 15 Abs. 2 und 3 und § 17 gelten entsprechend.

(4) Zur Vorbereitung der Entlassung soll der Vollzug gelockert werden. In einem Zeitraum von sechs Monaten vor der voraussichtlichen Entlassung sind den Gefangenen die zur Vorbereitung der Eingliederung erforderlichen Lockerungen zu gewähren, sofern nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Gefangenen sich dem Vollzug der Jugendstrafe entziehen oder die Lockerungen zu Straftaten missbrauchen werden. Außerdem sollen Gefangene, die im offenen Vollzug untergebracht sind, heimatnah untergebracht werden.

§ 20 Entlassungszeitpunkt 13 24

(1) Die Gefangenen sollen am letzten Tag ihrer Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag, entlassen werden.

(2) Fällt das Strafende auf einen Sonnabend oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 2. Januar, so können die Gefangenen an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies gemessen an der Dauer der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen.

(3) Der Entlassungszeitpunkt kann um bis zu zwei Tage vorverlegt werden, wenn dies die Eingliederung der Gefangenen erleichtert.

§ 21 Hilfe zur Entlassung, Nachsorge 24

(1)Zur Vorbereitung der Entlassung sind die Gefangenen bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu unterstützen. Dies umfasst die Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen. Nachgehende Betreuung kann unter Mitwirkung von Bediensteten erfolgen.

(2) Bedürftigen Gefangenen kann eine Entlassungsbeihilfe in Form eines Reisekostenzuschusses, angemessener Kleidung oder einer sonstigen notwendigen Unterstützung gewährt werden.

§ 22 Fortführung von Maßnahmen nach der Entlassung 10 19 24

(1) Gefangene können auf Antrag nach ihrer Entlassung ausnahmsweise im Vollzug begonnene Ausbildungs- oder Behandlungsmaßnahmen fortführen, soweit diese nicht anderweitig durchgeführt werden können. Hierzu können die Entlassenen vorübergehend in einer Anstalt untergebracht werden, sofern es die Belegungssituation zulässt.

(2) Bei Störung des Anstaltsbetriebes durch eine Entlassene oder einen Entlassenen oder aus vollzugsorganisatorischen Gründen können die Unterbringung und die Maßnahme jederzeit beendet werden.

(3) Erhalten Entlassene Leistungen nach § 19 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch wird von einer Beteiligung der Entlassenen an den Kosten der Unterbringung abgesehen.

Teil 3
Unterbringung und Versorgung der Gefangenen

§ 23 Trennungsgrundsätze 13 24

(1) Gefangene unterschiedlichen Geschlechts werden getrennt voneinander untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung zum Zweck der medizinischen Behandlung und gemeinsamer Maßnahmen, insbesondere zur schulischen und beruflichen Qualifizierung sind zulässig.

(2) Von dem Grundsatz der getrennten Unterbringung gemäß Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Gefangenen, der Erreichung des Vollzugsziels sowie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt, einschließlich der Bedürfnisse der übrigen Gefangenen, abgewichen werden.

§ 24 Unterbringung während der Einschlusszeiten 13 24

(1) Die Gefangenen werden in ihren Hafträumen einzeln untergebracht.

(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig

  1. mit Zustimmung der Gefangenen, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind, oder
  2. wenn eine Gefangene oder ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht.

(3) Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.

§ 25 Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten 13

(1) Außerhalb der Einschlusszeiten dürfen sich die Gefangenen in Gemeinschaft aufhalten.

(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden, wenn

  1. ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist,
  2. es die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erfordert oder
  3. dies aus erzieherischen Gründen angezeigt ist.

§ 26 Wohngruppen

Gefangene werden regelmäßig in Wohngruppen untergebracht. In einer Wohngruppe sollen nicht mehr als zwölf Gefangene untergebracht werden.

§ 27 Mütter und Väter mit Kindern 13

(1) Ein Kind kann mit Zustimmung der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Person bis zur Vollendung des dritten Lebensjahre in einer Anstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter oder sein Vater befindet, wenn dies seinem Wohl entspricht um Sicherheitsgründe nicht entgegenstehen. Aus besonderen Gründen kann die Unterbringung auch bis zu einem halben Jahr darüber hinaus erfolgen. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.

(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten der für das Kind Unter haltspflichtigen.

§ 28 Persönlicher Gewahrsam, Kostenbeteiligung 13 19 19a 24

(1) Gefangene dürfen nur Sachen in Gewahrsam haben oder annehmen, die ihnen von der jeweiligen Anstalt oder mit deren Zustimmung überlassen werden. Ohne Erlaubnis dürfen sie Gegenstände von geringem Wert von anderen Gefangenen annehmen; die jeweilige Anstalt kann Annahme und Gewahrsam auch dieser Gegenstände von ihrer Erlaubnis abhängig machen.

(2) Eingebrachte Sachen, welche Gefangene nicht in Gewahrsam haben dürfen, sind für sie aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Den Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, ihre Sachen, die sie während des Vollzugs und für ihre Entlassung nicht benötigen, zu verschicken. Geld wird ihnen als Eigengeld gutgeschrieben.

(3) Werden eingebrachte Sachen, deren Aufbewahrung nach Art oder Umfang nicht möglich ist, von den Gefangenen trotz Aufforderung nicht aus der Anstalt verbracht, können diese auf Kosten der Gefangenen aus der Anstalt entfernt, außerhalb der Anstalt verwahrt, verwertet oder vernichtet werden. Für die Voraussetzungen und das Verfahren der Verwertung und Vernichtung gelten die §§ 33 und 34 Absatz 2 und 3 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358), in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Aufzeichnungen und andere Sachen, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen einer Anstalt vermitteln oder Schlussfolgerungen auf diese zulassen, dürfen vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden.

(5) Die Zustimmung nach Absatz 1 kann widerrufen werden wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, zur Abwendung einer erheblichen Störung der Ordnung in der Anstalt oder zur Vermeidung einer erheblichen Gefährdung des Vollzugsziels erforderlich ist.

(6) Gefangene können an den Betriebskosten der in ihrem Gewahrsam befindlichen Geräte beteiligt werden.

§ 29 Ausstattung des Haftraums

Die Gefangenen dürfen ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Sachen, die geeignet sind. das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt zu gefährden, sind ausgeschlossen.

§ 30 Kleidung 13 24

(1) Die Gefangenen tragen Anstaltskleidung oder eigene Kleidung. Näheres regelt die Anstaltsleitung.

(2) Für Reinigung und Instandsetzung eigener Kleidung haben die Gefangenen auf ihre Kosten zu sorgen.

§ 31 Verpflegung und Einkauf 10 24

(1) Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung hat den besonderen Anforderungen an eine gesunde Ernährung junger Menschen zu entsprechen. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Es soll den Gefangenen ermöglicht werden, Gebote ihrer jeweiligen Religionsgemeinschaft zu befolgen.

(2) Die Gefangenen können aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot einkaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt. Nahrungs-, Genuss- oder Körperpflegemittel können aus dem Haus- oder Taschengeld, andere Gegenstände in angemessenem Umfang aus dem Haus-, Taschen- oder Eigengeld eingekauft werden.

(3) Den Gefangenen kann die Möglichkeit eröffnet werden, unmittelbar oder über Dritte Gegenstände über den Versandhandel zu beziehen. Zulassung und Verfahren des Einkaufs über den Versandhandel regelt die Anstaltsleitung.

(4) Gegenstände, die geeignet sind, das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt zu gefährden, sind vom Einkauf ausgeschlossen.

(5) Gefangenen kann dreimal im Jahr ein weiterer Einkauf von Nahrungs-, Genuss- und Körperpflegemitteln in angemessener Höhe gestattet werden. Dazu können die Gefangenen Eigengeld verwenden. Dritten kann gestattet werden, zum Zwecke des Einkaufes nach Satz 1 Geld auf das Hausgeldkonto der oder des Gefangenen einzuzahlen.

§ 32 Gesundheitsfürsorge 13 19

(1) Die Anstalt unterstützt die Gefangenen bei der Wiederherstellung oder Erhaltung ihrer Gesundheit. Die Gefangenen haben die notwendigen Anordnungen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu befolgen.

(2) Den Gefangenen wird ermöglicht, sich täglich mindestens eine Stunde im Freien aufzuhalten.

(3) Der Nichtraucherschutz ist angemessen zu gewährleisten.

(4) Erkranken Gefangene schwer oder versterben sie, werden die nahen Angehörigen in der Regel unverzüglich benachrichtigt. Bei minderjährigen Gefangenen werden stets die Personensorgeberechtigten informiert. Dem Wunsch der Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach Möglichkeit entsprochen werden.

§ 33 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge 10 13 19 19b 22a 24

(1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sind ohne Einwilligung der Gefangenen zulässig, um den Erfolg eines Selbsttötungsversuchs zu verhindern. Gleiches gilt für eine zwangsweise Ernährung, wenn die Gefangenen mit dem Ziel der Selbsttötung die Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme verweigern. Eine Maßnahme nach Satz 1 ist auch zulässig, wenn von Gefangenen eine Gefahr für die Gesundheit anderer Personen ausgeht.

(2) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind unbeschadet der Rechte der Personensorgeberechtigten zwangsweise auch bei einer Gefahr für das Leben oder einer schwerwiegenden Gefahr für die Gesundheit der Gefangenen zulässig, wenn die Gefangenen auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können und eine Patientenverfügung im Sinne des § 1827 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, deren Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen und gegen die Durchführung der Maßnahmen gerichtet sind, der Anstalt nicht vorliegt.

(3) Zwangsmaßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen nur angeordnet werden, wenn

  1. erfolglos versucht worden ist, das auf Vertrauen gegründete Einverständnis der Gefangenen zu der Untersuchung, Behandlung oder Ernährung zu erwirken,
  2. die Gefangenen über Notwendigkeit, Art, Umfang und Dauer der Maßnahmen durch eine Ärztin oder einen Arzt aufgeklärt wurden,
  3. die Maßnahmen zur Abwendung einer Gefahr geeignet und erforderlich sowie nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit der Gefangenen verbunden sind und
  4. der zu erwartende Nutzen der Maßnahmen nicht außer Verhältnis zum Behandlungsrisiko steht und den möglichen Schaden der Nichtbehandlung deutlich überwiegt.

(4) Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung Erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar ist und die Gefahr nach Absatz 1 oder Absatz 2 unmittelbar bevorsteht. Die Anordnung bedarf der Zustimmung der Anstaltsleitung. Die Personensorgeberechtigten Verteidigerinnen und Verteidiger der Gefangenen sind unverzüglich zu benachrichtigen. Die Gründe und die Voraussetzungen für die Anordnung der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2, die ergriffenen Maßnahmen einschließlich ihres Zwangscharakters, der Durchsetzungsweise, der Wirkungsüberwachung sowie der Untersuchungs- und Behandlungsverlauf sind zu dokumentieren.

(5) Anordnungen von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 sind den Gefangenen unverzüglich bekannt zu geben. Sie sind darüber zu belehren, dass sie gegen die Anordnung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen und bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen können. Mit dem Vollzug einer Anordnung ist zu warten, bis die Gefangenen Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

(6) Bei Gefahr im Verzug finden die Bestimmungen in Absatz 3 Nr. 1 und 2, Absatz 4 Satz 2 sowie Absatz 5 keine Anwendung. Die Voraussetzungen nach Absatz 3 Nr. 1 und 2, Absatz 4 Satz 1 bis 3 sowie Absatz 5 Satz 2 sind unverzüglich nachzuholen.

(7) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Fall der Absätze 1 und 2 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. Sie bedarf der Anordnung einer Ärztin oder eines Arztes und ist unter deren oder dessen Leitung durchzuführen.

§ 34 Medizinische Leistungen, Kostenbeteiligung 13

(1) Die Gefangenen haben einen Anspruch auf notwendige medizinische Leistungen unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit nach dem allgemeinen Standard der gesetzlichen Krankenversicherung.

(2) Der Anspruch umfasst die Versorgung mit Hilfsmitteln wie Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, eine Behinderung auszugleichen oder einer drohenden Behinderung vorzubeugen, sofern dies mit Rücksicht auf die Dauer des Freiheitsentzugs nicht ungerechtfertigt ist und soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Der Anspruch umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen besteht nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien. Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht nur in medizinisch zwingend erforderlichen Fällen.

(3) An den Kosten für zahntechnische Leistungen und Zahnersatz können volljährige Gefangene beteiligt werden.

(4) Für Leistungen, die über die in Absatz 1 und 2 genannten Leistungen hinausgehen, können den Gefangenen die gesamten Kosten auferlegt werden.

(5) Erhalten Gefangene Leistungen nach Absatz 1 infolge einer mutwilligen Selbstverletzung, sind sie in angemessenem Umfang an den Kosten zu beteiligen. Die Kostenbeteiligung unterbleibt, wenn hierdurch die Erreichung des Vollzugsziels, insbesondere die Eingliederung der Gefangenen, gefährdet würde.

(6) Mit Zustimmung der Gefangenen soll die Anstalt ärztliche Behandlungen, insbesondere Operationen oder prothetische Maßnahmen, durchführen lassen, die die soziale Eingliederung fördern. Die Kosten tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

§ 35 Schwangerschaft, Geburt, Mutterschaft 13 24

(1) Ist eine Person schwanger, soll die Anstalt im Benehmen mit dem Jugendamt bei den Vollstreckungsbehörden eine Unterbrechung der Strafvollstreckung nach den Regelungen der Strafprozeßordnung vor oder unmittelbar nach der Geburt anregen.

(2) Auf den Zustand einer schwangeren Person oder einer Person, die unlängst entbunden hat, ist Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften des Mutterschutzgesetzes vom 23. Mai 2017 (BGBl. I S. 1228), das zuletzt durch Artikel 57 Absatz 8 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2652) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, finden entsprechende Anwendung.

(3) Bei Schwangerschaft und Entbindung besteht Anspruch auf medizinische Behandlung und Hebammenhilfe in der Anstalt. Zur medizinischen Behandlung während der Schwangerschaft gehören auch Untersuchungen zur Feststellung einer Schwangerschaft und damit einhergehende Vorsorgeuntersuchungen.

(4) Ist eine medizinische Behandlung in einem Krankenhaus wegen schwerwiegender Schwangerschaftsbeschwerden während einer Lockerung nach den §§ 15 oder 16 erforderlich, trägt die Anstalt die Kosten, wenn der schwangeren Person die Rückkehr in die Anstalt nicht zuzumuten ist.

(5) Zur Entbindung ist die schwangere Person in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzugs zu bringen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt und entbindet die schwangere Person in einer Anstalt, dürfen in der Anzeige der Geburt an das Standesamt die Anstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis der anzeigenden Person zur Anstalt und die Inhaftierung der Mutter nicht vermerkt sein.

§ 36 Durchführung der medizinischen Leistungen, Krankenbehandlung in besonderen Fällen, Forderungsübergang 13 24

(1) Medizinische Diagnose, Behandlung und Versorgung kranker und hilfsbedürftiger Gefangener erfolgen in der Anstalt, erforderlichenfalls in einer hierfür besser geeigneten Anstalt oder einem Vollzugskrankenhaus, ausnahmsweise auch außerhalb des Vollzugs.

(2) Während Lockerungen oder des Vollzugs in freien Formen haben die Gefangenen einen Anspruch auf medizinische Leistungen gegen den Freistaat Sachsen in der Regel nur in der für sie zuständigen Anstalt. § 16 bleibt unberührt.

(3) Der Anspruch auf Leistungen nach § 34 und nach § 35 Absatz 3 und 4 ruht, solange Gefangene aufgrund eines freien Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert sind.

(4) Wird die Strafvollstreckung während einer Behandlung von Gefangenen unterbrochen oder beendet, so hat der Freistaat Sachsen nur diejenigen Kosten zu tragen, die bis zur Unterbrechung oder Beendigung der Strafvollstreckung angefallen sind.

(5) Gesetzliche Schadensersatzansprüche, die Gefangenen infolge einer Körperverletzung gegen Dritte zustehen, gehen insoweit auf das Land über, als den Gefangenen Leistungen nach § 34 Abs. 1 zu gewähren sind. Von der Geltendmachung der Ansprüche ist im Interesse Gefangener abzusehen, wenn hierdurch die Erreichung des Vollzugsziels, insbesondere die Eingliederung, gefährdet würde

Teil 4 13
Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeit

§ 37 Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeit 13 19 24

(1) Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeit dienen insbesondere dem Ziel, den Gefangenen Fähigkeiten zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln sowie vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern.

(2) Das Zeugnis oder der Nachweis über eine schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahme darf keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.

(3) Den Gefangenen soll auf Antrag oder mit ihrer Zustimmung Arbeit übertragen werden. Sofern den Gefangenen Arbeit übertragen wird, soll diese möglichst deren Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen entsprechen. § 11a Abs. 2 bleibt unberührt. Nehmen sie eine Arbeit auf, gelten die von der Anstalt festgelegten Arbeitsbedingungen. Die Arbeit darf nicht zur Unzeit niedergelegt werden.

(4) Gefangenen, die zum Freigang nach § 15 Absatz 1 Nummer 4 zugelassen sind, soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses oder der Selbstbeschäftigung außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn die Beschäftigungsstelle geeignet ist und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen. § 17 gilt entsprechend. Das Entgelt ist der Anstalt zur Gutschrift für die Gefangenen zu überweisen.

(5) Haben Gefangene ein halbes Jahr lang gearbeitet, so können sie beanspruchen, zehn Arbeitstage von der Arbeit freigestellt zu werden. Zeiten, in denen Gefangene infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert waren, werden auf das Halbjahr mit bis zu 15 Arbeitstagen angerechnet. Auf die Zeit der Freistellung wird Langzeitausgang nach § 315 Abs. 1 Nr. 3 angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt. Gleiches gilt für einen Langzeitausgang nach § 16, soweit er nicht wegen des Todes oder einer lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger erteilt worden ist. Der Anspruch verfällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines Jahres nach seiner Entstehung erfolgt ist. Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihr Arbeitsentgelt weiter. Urlaubsregelungen freier Beschäftigungsverhältnisse bleiben unberührt.

(6) Für arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen gilt Absatz 5 entsprechend, sofern diese Maßnahmen den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erreichen.

Teil 5
Freizeit, Sport

§ 38 Freizeit

Die Ausgestaltung der Freizeit orientiert sich am Vollzugsziel. Dazu sind geeignete Angebote vorzuhalten. Gefangene sind zur Teilnahme und Mitwirkung an Angeboten der Freizeitgestaltung zu motivieren und anzuleiten. Sie sollen insbesondere am Unterricht, am Fernunterricht, an Lehrgängen und sonstigen Veranstaltungen der Fortbildung, an Freizeitgruppen und Gruppengesprächen teilnehmen und ermutigt werden, eine Bücherei zu benutzen sowie den verantwortungsvollen Umgang mit neuen Medien zu erlernen, soweit dies mit der Sicherheit in der Anstalt vereinbar ist.

§ 39 Sport

Es sind ausreichende und geeignete Angebote vorzuhalten, um den Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens vier Stunden wöchentlich zu ermöglichen.

§ 40 Zeitungen und Zeitschriften 24

(1) Die Gefangenen dürfen auf eigene Kosten Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen. Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist.

(2) Einzelne Ausgaben einer Zeitung oder Zeitschrift können einer oder einem Gefangenen auch vorenthalten werden, wenn deren Inhalte das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erheblich gefährden würden.

§ 41 Rundfunk, Informations- und Unterhaltungselektronik 19

(1) Der Zugang zum Rundfunk ist zu ermöglichen. Er kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt unerlässlich ist.

(2) Eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte werden zugelassen, wenn nicht Gründe des § 29 Satz 2 entgegenstehen oder in der Anstalt Mietgeräte oder ein Haftraummediensystem zur Verfügung gestellt werden. Ein Ausschluss eigener Geräte nach Satz 1 Alternative 2 und 3 setzt voraus, dass den Gefangenen für den Zugang zu einer Grundversorgung mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk keine Kosten für die Zurverfügungstellung der Geräte berechnet werden. Andere Geräte der Informations- und Unterhaltungselektronik können unter den Voraussetzungen von Satz 1 zugelassen werden. § 55b bleibt unberührt.

(3) Die Anstalt kann die Bereitstellung und den Betrieb der Empfangsanlagen, die Bereitstellung, Vermietung oder Ausgabe von Hörfunk- und Fernsehgeräten sowie von anderen Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik einem Dritten gestatten oder übertragen.

§ 42 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung

(1) Die Gefangenen dürfen in angemessenem Umfang Gegenstände zur Freizeitbeschäftigung besitzen.

(2) Dies gilt nicht, wenn deren Besitz, Überlassung oder Benutzung das Vollzugsziel oder die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährden würde.

Teil 6
Religionsausübung

§ 43 Seelsorge 19 24

(1) Den Gefangenen darf religiöse Betreuung durch eine Seelsorgerin oder einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf Wunsch ist ihnen zu helfen, mit einer Seelsorgerin oder einem Seelsorger in Verbindung zu treten. Die Gefangenen dürfen grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihnen nur bei grobem Missbrauch entzogen werden.

(2) Den Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfang zu belassen.

§ 44 Religiöse Veranstaltungen 24

(1) Die Gefangenen haben das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen ihres Bekenntnisses teilzunehmen.

(2) Die Zulassung zu den Gottesdiensten oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft bedarf der Zustimmung der Seelsorgerin oder des Seelsorgers dieser Religionsgemeinschaft.

(3) Gefangene können von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; die Seelsorgerin oder der Seelsorger soll vorher gehört werden.

§ 45 Weltanschauungsgemeinschaften

Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 43 und 44 entsprechend.

Teil 7
Besuche, Schriftwechsel und Telefongespräche

§ 46 Grundsatz 13

Die Gefangenen haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren. Die Anstalt fördert den Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann.

§ 47 Recht auf Besuch 13 19 24

(1) Die Gefangenen dürfen im Monat vier Stunden Besuch empfangen, darüber hinaus zwei weitere Stunden von Angehörigen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches. Die Anstaltsleitung kann längere Besuchszeiten vorsehen. Ausführungen oder Ausgänge, die der Pflege von Kontakten mit Angehörigen und Bezugspersonen dienen, können angerechnet werden.

(2) Besuche, insbesondere die Besuche der Kinder der Gefangenen, sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Erziehung der Gefangenen oder ihre Eingliederung fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.

(3) Die Anstaltsleitung soll über Absatz 1 hinausgehend mehrstündige unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) zulassen, wenn dies für das Wohl des Kindes oder zur Pflege der familiären, partnerschaftlichen oder ihnen gleichzusetzenden Kontakte der Gefangenen geboten erscheint und die Gefangenen hierfür geeignet sind.

(4) Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen, Notaren und Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sowie Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie des Europäischen Parlaments sind zu gestatten.

§ 48 Besuchsverbot 13 19 24

Die Anstaltsleitung kann Besuche untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Besucherinnen und Besuchern, die nicht Angehörige im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches der oder des Gefangenen sind, wenn zu befürchten ist, dass sie auf diese oder diesen einen schädlichen Einfluss haben oder deren oder dessen Eingliederung behindern,
  3. wenn bei minderjährigen Personen, die Opfer der Straftaten waren, zu befürchten ist, dass die Begegnung mit der oder dem Gefangenen einen schädlichen Einfluss auf sie hat, oder
  4. wenn die Personensorgeberechtigten nicht einverstanden sind.

§ 49 Durchführung der Besuche 13 19 22 24

(1) Aus Gründen der Sicherheit in der Anstalt können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherinnen und Besucher durchsuchen lassen. Die Durchsuchung von Verteidigerinnen und Verteidigern setzt voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der Sicherheit vorliegen.

(2) Besuche werden regelmäßig beaufsichtigt. Über Ausnahmen entscheidet die Anstaltsleitung. Die Beaufsichtigung mit technischen Mitteln ist zulässig, wenn die Besucherinnen, Besucher und Gefangenen vor dem Besuch erkennbar darauf hingewiesen werden. Eine Aufzeichnung findet nicht statt.

(3) Besuche dürfen abgebrochen werden, wenn Besucherinnen, Besucher oder Gefangene gegen dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen verstoßen. Besuche dürfen auch abgebrochen werden, wenn von Besucherinnen oder Besuchern ein schädlicher Einfluss auf Gefangene ausgeht.

(4) Gegenstände dürfen beim Besuch nicht übergeben werden.

(5) Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache werden nicht beaufsichtigt. Nicht beaufsichtigt werden ferner Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, des Ausschusses der Vereinten Nationen gegen Folter, des zugehörigen Unterausschusses zur Verhütung von Folter und des entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismus, der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der konsularischen Vertretung der Heimatländer der Gefangenen und der weiteren Einrichtungen, mit denen der Kontakt aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist. Satz 2 gilt auch für die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Transparenzbeauftragte oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.

(6) Eine inhaltliche Überprüfung der von Verteidigerinnen, Verteidigern, Beiständen nach § 69 des Jugendgerichtsgesetzes, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren beim Besuch in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache mitgeführten Schriftstücke, sonstigen Unterlagen und Datenträger ist nicht zulässig. Das Gleiche gilt beim Besuch von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie des Europäischen Parlaments. Abweichend von Absatz 4 dürfen Schriftstücke oder sonstige Unterlagen den Gefangenen von ihren Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren zur Erledigung in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache übergeben werden. Die Übergabe kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt von der Erlaubnis der Anstaltsleitung abhängig gemacht werden. Ist eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des Strafgesetzbuches zu vollstrecken, gelten § 148 Absatz 2 und § 148a der Strafprozeßordnung entsprechend. Satz 5 gilt nicht, wenn sich die Gefangenen im offenen Vollzug befinden, wenn der Vollzug in freien Formen durchgeführt wird oder wenn ihnen Lockerungen nach § 15 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleitung zur Aufhebung nach § 13 Absatz 3 oder § 86 ermächtigt, nicht vorliegt. Satz 5 gilt auch, wenn eine Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des Strafgesetzbuches erst im Anschluss an den Vollzug der Jugendstrafe, der eine Verurteilung wegen einer anderen Straftat zugrunde liegt, zu vollstrecken ist. Satz 1 gilt auch für die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Transparenzbeauftragte oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.

(7) Die Anstaltsleitung kann im Einzelfall die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist.

(8) Die Anstaltsleitung kann den Gefangenen gestatten, den Besuch mittels einer audiovisuellen Verbindung durchzuführen (Videobesuch). Die Absätze 2, 3 und 5 gelten entsprechend. Videobesuchszeiten werden auf die Besuchszeit nach § 47 Absatz 1 Satz 1 angerechnet, wobei die Anrechnung bei Besuchen von Angehörigen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches höchstens im Verhältnis zwei zu eins, im Übrigen im Verhältnis eins zu eins erfolgt.

§ 50 Überwachung der Gespräche 13 24

Gespräche dürfen nur überwacht werden, soweit es im Einzelfall aus Gründen der Erziehung oder der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist. § 49 Abs. 5 gilt entsprechend. § 101 Abs. 3 Satz 4 bleibt unberührt.

§ 51 Telefongespräche 13 19 24

(1) Den Gefangenen kann gestattet werden, Telefongespräche zu führen. Die §§ 49 bis 50 gelten entsprechend. Darüber hinaus können Telefongespräche mit Personen, die Opfer der Straftaten waren, versagt werden. Die Anordnung der Überwachung teilt die Anstalt den Gefangenen rechtzeitig vor Beginn des Telefongesprächs und den Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern der Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung mit.

(2) Die Kosten der Telefongespräche tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

(3) Die Anstalt kann die Bereitstellung und den Betrieb von Telekommunikationsanlagen, die Bereitstellung, Vermietung oder Ausgabe von Telekommunikationsgeräten sowie von anderen Geräten der Telekommunikation einem Dritten gestatten oder übertragen.

(4) Innerhalb des Geländes der Anstalten sind der Besitz und die Benutzung von Mobilfunkendgeräten verboten. Für den offenen Vollzug kann die Anstaltsleitung abweichende Regelungen treffen. Satz 2 findet auch im geschlossenen Vollzug in begründeten Fällen entsprechende Anwendung für den Einsatz von Polizei- und Rettungskräften, Notärzten, Wartungsfirmen und externen Bildungsträgern sowie im Rahmen von vollzuglichen Digitalisierungsprojekten.

(5) Die Anstalten dürfen technische Geräte

  1. zur Auffindung von Mobilfunkendgeräten,
  2. zur Aktivierung von Mobilfunkendgeräten zum Zwecke der Auffindung und
  3. zur Störung von Frequenzen, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen auf dem Anstaltsgelände dienen,

betreiben. Sie haben hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 91 Absatz 1 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 14. März 2023 (BGBl. I Nr. 71) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Anstalten darf nicht beeinträchtigt werden.

§ 52 Schriftwechsel 13 24

(1) Die Gefangenen haben das Recht, Schreiben abzusenden und zu empfangen.

(2) Die Kosten des Schriftwechsels tragen die Gefangenen. Sind sie dazu nicht in der Lage, kann die Anstalt die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen.

(3) Die Anstaltsleitung kann der oder dem Gefangenen gestatten, sich E-Mails an ein von der Anstalt dafür eingerichtetes Funktionspostfach zusenden zu lassen.

§ 53 Untersagung des Schriftwechsels 13 19 24

Die Anstaltsleitung kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen,

  1. wenn die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde,
  2. bei Personen, die nicht Angehörige der Gefangenen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen hat oder die Erreichung des Vollzugsziels behindert,
  3. bei minderjährigen Personen, die Opfer der Straftaten waren, wenn zu befürchten ist, dass der Schriftwechsel mit den Gefangenen einen schädlichen Einfluss auf sie hat, oder
  4. wenn die Personenberechtigten nicht einverstanden sind.

§ 54 Sichtkontrolle, Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben 13 19 22 24

(1) Die Gefangenen haben das Absenden und den Empfang von Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist. Ein- und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten.

(2) Ein- und ausgehende Schreiben werden auf verbotene Gegenstände kontrolliert, in der Regel in Anwesenheit der oder des Gefangenen. Die Anstaltsleitung kann abweichende Regelungen treffen.

(3) Der Schriftwechsel mit Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Verteidigerinnen, Verteidigern, Notarinnen und Notaren, soweit sie von den Gefangenen mit der Vertretung in einer Rechtssache nachweislich beauftragt wurden, wird nicht nach Absatz 2 kontrolliert. § 49 Absatz 6 Satz 5 bis 7 gilt entsprechend.

(4) Nicht nach Absatz 2 kontrolliert werden ferner Schreiben der Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und die Absenderin oder den Absender zutreffend angeben. Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, den Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, den zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismus, die Parlamentarische Versammlung des Europarates, die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, die konsularische Vertretung ihres Heimatlandes und weitere Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist. Satz 1 gilt auch für den Schriftverkehr mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der oder dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten, der oder dem Transparenzbeauftragten sowie anderen Landesdatenschutzbeauftragten und Landesinformationsfreiheitsbeauftragten. Nicht kontrolliert werden ferner Schreiben der Gefangenen an Gerichte, Staatsanwaltschaften und die Aufsichtsbehörde. Schreiben der in den Sätzen 1 bis 3 genannten Stellen, die an die Gefangenen gerichtet sind, werden nicht nach Absatz 2 kontrolliert, sofern die Identität der Absenderin oder des Absenders zweifelsfrei feststeht. § 101 Abs. 3 Satz 4 bleibt unberührt.

(5) Die Gefangenen haben eingegangene Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird. Sie können sie verschlossen zu ihrer Habe geben.

§ 55 Überwachung des Schriftwechsels 13 19

Der Schriftwechsel darf nur überwacht werden, soweit es aus Gründen der Erziehung oder der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist. § 54 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 55a Anhalten von Schreiben 13 24

(1) Die Anstaltsleitung kann Schreiben anhalten, wenn

  1. die Erreichung des Vollzugsziels oder die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde,
  2. die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
  3. sie an Opfer der Straftaten gerichtet sind,
  4. sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen oder grobe Beleidigungen enthalten,
  5. sie die Eingliederung anderer Gefangener gefährden können oder
  6. sie in Geheim- oder Kurzschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.

(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Gefangenen auf dem Absenden bestehen.

(3) Sind Schreiben angehalten worden, wird das den Gefangenen mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen nicht angezeigt ist, verwahrt.

(4) Schreiben, deren Kontrolle nach § 54 Abs. 3 und 4 ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden.

§ 55b Andere Formen der Telekommunikation 13 24

Nach Zulassung anderer Formen der Telekommunikation im Sinne des Telekommunikationsgesetzes durch die Aufsichtsbehörde kann die Anstaltsleitung den Gefangenen gestatten, diese Formen auf ihre Kosten zu nutzen. Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten entsprechend.

§ 56 Pakete 10 13 19 24

(1) Der Empfang von Paketen mit Nahrungs-, Genuss- oder Körperpflegemitteln ist den Gefangenen nicht gestattet. Der Empfang von Paketen reit anderem Inhalt bedarf der Erlaubnis der Anstalt, welche Zeitpunkt und Höchstmenge für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen kann. Für den Ausschluss von Gegenständen gilt § 31 Abs. 4 entsprechend.

(2) Pakete sind zu öffnen und zu durchsuchen, in der Regel in Anwesenheit der oder des Gefangenen. Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährden, sind von der Aushändigung an die Gefangenen ausgeschlossen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe genommen, zurückgesandt oder vernichtet werden.

(3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen der Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt unerlässlich ist.

(4) Den Gefangenen kann gestattet werden, auf eigene Kosten Pakete zu versenden. Die Anstalt kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt überprüfen. Der Versand kann untersagt werden, wenn die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde oder ein schädlicher Einfluss auf Opfer der Straftaten zu befürchten wäre.

Teil 8
Gelder der Gefangenen, Freistellung von der Arbeit

§ 57 Vergütung 10 13 19 24
Übergangsbestimmungen

(1) Die Gefangenen erhalten eine Vergütung in Form von

  1. finanzieller Anerkennung für die Teilnahme an der Konferenz nach § 11 Absatz 5 Satz 1,
  2. finanzieller Anerkennung für die Teilnahme an Maßnahmen nach § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 bis 10 und Satz 2, soweit sie nach § 11a Abs. 2 für zwingend erforderlich erachtet wurden oder Teil des Behandlungsprogramms der sozialtherapeutischen Abteilung sind und die Gefangenen wegen der Teilnahme an diesen Maßnahmen keine nach den Nummern 2 oder 3 vergütete Maßnahme oder Arbeit ausüben können,
  3. Ausbildungsbeihilfe für die Teilnahme an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen nach § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 oder
  4. Arbeitsentgelt für arbeitstherapeutische Maßnahmen oder Arbeitstraining nach § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 oder für Arbeit nach § 11a Abs. 1 Satz 1 Nr. 13.

(2) Der Bemessung der Vergütung sind neun Prozent der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710, 3973, 2011 I S. 363), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2651) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der 250. Teil der Eckvergütung; die Vergütung kann nach einem Stundensatz bemessen werden.

(3) Die Vergütung kann je nach Art der Maßnahme und Leistung der Gefangenen gestuft werden. Sie beträgt mindestens 60 Prozent der Eckvergütung. Das Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung wird ermächtigt, eine Rechtsverordnung über die Vergütungsstufen nach Satz 1 zu erlassen.

(4) Soweit Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, kann vom Arbeitsentgelt oder der Ausbildungsbeihilfe ein Betrag einbehalten werden, der dem Anteil der Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn sie diese Vergütung als Arbeitnehmer erhielten.

(5) Die Höhe der Vergütung ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.

(6) Die Gefangenen, die an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen, erhalten hierfür nur eine Ausbildungsbeihilfe, soweit kein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt besteht, die außerhalb des Vollzugs aus solchem Anlass gewährt werden.

§ 58 (aufgehoben) 13
Übergangsbestimmungen

§ 59 Taschengeld 13 19 24

(1) Gefangenen, die ohne eigenes Verschulden nicht über ausreichendes Arbeitsentgelt oder über ausreichende Ausbildungsbeihilfe verfügen, wird auf Antrag ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls sie bedürftig sind. Bedürftig sind Gefangene, soweit ihnen im laufenden Monat aus Hausgeld nach § 60 und Eigengeld nach § 61 nicht ein Betrag bis zur Höhe des Taschengeldes zur Verfügung steht. Finanzielle Anerkennungen nach § 57 Abs. 1 Nr. 1 bleiben bis zur Höhe des Taschengeldbetrages unberücksichtigt.

(2) Das Taschengeld beträgt 14 Prozent der Eckvergütung nach § 57 Abs. 2. Es kann insbesondere im ersten Monat des Vollzugs im Voraus gewährt werden. Gehen den Gefangenen im Falle der Vorauszahlung im Laufe des Monats Gelder zu, wird zum Ausgleich ein Betrag bis zur Höhe des gewährten Taschengeldes einbehalten.

(3) Der Anspruch auf Taschengeld kann für die Dauer von bis zu drei Monaten entfallen, wenn den Gefangenen ein Betrag nach Absatz 1 Satz 2 deshalb nicht zur Verfügung steht, weil sie eine ihnen angebotene zumutbare Arbeit oder Qualifizierungsmaßnahme nicht angenommen haben oder eine ausgeübte Arbeit oder Qualifizierungsmaßnahme verschuldet verloren haben.

(4) Die Gefangenen dürfen über das Taschengeld im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes verfügen. Es wird dem Hausgeldkonto gutgeschrieben.

(5) Leisten Gefangene gemeinnützige Arbeit, kann das Taschengeld angemessen erhöht werden.

§ 59a Konten, Bargeld 13 24

(1) Gelder der Gefangenen werden auf Hausgeld- und Eigengeldkonten in der Anstalt geführt.

(2) Der Besitz von Bargeld in der Anstalt ist den Gefangenen nicht gestattet. Über Ausnahmen entscheidet die Anstaltsleitung.

(3) Geld in Fremdwährung wird zur Habe genommen.

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