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BGI 893 / DGUV Information 201-032 - Gefährdungsbeurteilung für biologische Arbeitsstoffe bei Arbeiten auf Deponien
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)

(Ausgabe 03/2002)



Vorbemerkungen

Diese Handlungsanleitung dient als Hilfe zur Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen auf Deponien sowie zur Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (BioStoffV). Diese Vorschrift enthält Mindestvorschriften, mit denen das erforderliche Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz erreicht werden kann. Danach ist der Unternehmer insbesondere verpflichtet, die Gefährdungen, die von biologischen Arbeitsstoffen ausgehen können, zu ermitteln und zu beurteilen. Darin sind Gefährdungen durch allergisierende und toxische Substanzen der biologischen Arbeitsstoffe einzubeziehen.

Aufgrund des Gefährdungspotenzials sind in vielen Fällen weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen, als dies rein aufgrund der biologischen Gefährdung erforderlich wäre. Zur vollständigen Gefährdungsbeurteilung entsprechend des Arbeitsschutzgesetzes sind diese Gefährdungen ebenfalls zu berücksichtigen.

Die in diesem Merkblatt enthaltenen technischen Lösungen schließen andere, mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in technischen Regeln anderer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum ihren Niederschlag gefunden haben können.

1 Anwendungsbereich

Diese Handlungsanleitung findet Anwendung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen bei Arbeiten auf Deponien und in den angegliederten Betriebsteilen.

2 Begriffsbestimmungen

  1. Biologische Arbeitsstoffe sind Mikroorganismen (einschließlich gentechnisch veränderter Mikroorganismen), Zellkulturen und humanpathogener Endoparasiten, die Infektionen, Allergien oder toxische Wirkungen hervorrufen können.
  2. Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung sind auch der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten und Gegenständen, wenn bei diesen Tätigkeiten biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und dabei Beschäftigte mit den biologischen Arbeitsstoffen direkt in Kontakt kommen können.
  3. Gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung liegen vor, wenn alle drei folgenden Voraussetzungen gegeben sind:
  1. Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn mindestens eine der Voraussetzungen nach Satz 3 nicht gegeben ist.
  2. Aerosole sind Systeme aus Luft und darin fein verteilten kleinen festen (Stäube oder Rauche) oder flüssigen (Nebel) Teilchen.

3 Anforderungen der Biostoffverordnung

3.1 Gefährdungsbeurteilung

Die Biostoffverordnung (BioStoffV) regelt die Vorgehensweise bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und ist deshalb auch bei Arbeiten mit biologischen Arbeitsstoffen auf Deponien anzuwenden. Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefährdungen und Festlegung der Schutzstufen bzw. der Schutzmaßnahmen entsprechend der Biostoffverordnung ist in Anhang 1 als Fließschema dargestellt.

Für die Gefährdungsbeurteilung entsprechend § 5 Abs. 1 der BioStoffV hat der Arbeitgeber ausreichende Informationen zu beschaffen. Zu berücksichtigen sind dabei:

  1. Die ihm zugänglichen tätigkeitsbezogenen Informationen über die Identität, die Einstufung und das Infektionspotenzial der vorkommenden biologischen Arbeitsstoffe sowie die von ihnen ausgehenden sensibilisierenden und toxischen Wirkungen.
  2. Tätigkeitsbezogene Informationen über Betriebsabläufe und Arbeitsverfahren.
  3. Art und Dauer der Tätigkeiten und damit verbundene Übertragungswege sowie Informationen über eine Exposition der Beschäftigten.
  4. Erfahrung aus vergleichbaren Tätigkeiten, Belastungen und Expositionssituationen und über bekannte tätigkeitsbezogene Erkrankungen sowie die ergriffenen Gegenmaßnahmen.

Als Ergebnis aus der Bearbeitung der o.g. Punkte sind die einzelnen Tätigkeiten einer Schutzstufe zuzuordnen.

Ist die Zuordnung zu einer Schutzstufe z.B. aufgrund nicht ausreichender Informationen nicht möglich, sind nach dem Stand der Technik Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Beschäftigten gegenüber biologischen Arbeitsstoffen zu ermitteln und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Wie schon erwähnt, sind dabei sensibilisierende und toxische Wirkungen von biologischen Arbeitsstoffen zusätzlich zu berücksichtigen.

Die bisher vorliegenden Informationen für den Deponiebereich werden in dieser Handlungsanleitung zusammengefasst dargestellt und können als Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung nach Abs. 1 herangezogen werden.

3.2 Eingruppierung der Mikroorganismen

Entsprechend der Biostoffverordnung werden biologische Arbeitsstoffe anhand des von ihnen ausgehenden Infektionsrisikos in vier Risikogruppen unterteilt:

Risikogruppe 1:Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen.
Risikogruppe 2:Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung der Stoffe in der Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise möglich.
Risikogruppe 3:Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für die Beschäftigten darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung möglich.
Risikogruppe 4:Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können und eine ernste Gefahr für die Beschäftigten darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich.

Zur Eingruppierung in Risikogruppen sind die TRBA 460 "Einstufung von Pilzen in Risikogruppen", die TRBA 462 "Einstufung von Viren in Risikogruppen" und die Merkblätter "Sichere Biotechnologie; Eingruppierung biologischer Agenzien" (BGI 631-634) der Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zu beachten. In der Regel treten auf Deponien Mikroorganismen der Risikogruppen 1 und 2 auf. Nur in Ausnahmefällen können auch Mikroorganismen der Risikogruppe 3 vorkommen. Mikroorganismen der Risikogruppe 4 spielen in Deutschland keine Rolle.

Die Bandbreite der Einordnung in Risikogruppen bedingt, dass in Art und Höhe des Gefährdungspotenzials innerhalb einzelner Gruppen Differenzierungen vorgenommen werden müssen.

So ist z.B. die Risikogruppe 2 sehr heterogen. Sie enthält Erreger ernsthafter Krankheiten, gegen die allerdings wirksame Therapien oder Impfmöglichkeiten vorhanden sind; ebenso Keime, die nur unter besonderen Voraussetzungen Infektionen auslösen können. Sie kommen als normale Besiedler, z.B. auch auf der Haut oder im Darm des Menschen und anderer Lebewesen vor.

Vertreter der Risikogruppe 3 finden sich in Deutschland mit Ausnahme der Bakterien Bacillus anthracis (Milzbranderreger) sowie Chlamydophila psittaci (Erreger der Papageienkrankheit; im Vogelkot) nur bei den Viren. Prominentes Beispiel ist das Hepatitis-B-Virus.

4 Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe

Mikroorganismen sind ein natürlicher Bestandteil unserer Umwelt. Einige Formen leben in Gemeinschaft mit dem Menschen, andere haben parasitäre Eigenschaften. Manche können aber auch schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Die gesamte Haut, der obere Atemtrakt und der Magen-Darm-Trakt sind üblicherweise mit Mikroorganismen besiedelt.

Um eine Erkrankung (Infektion, Allergie, toxische Wirkung) hervorzurufen, können diese Keime über die Atmung, über den Mund, aber auch unter gewissen Umständen über die Haut aufgenommen werden. Besonders ist das Eindringen von Mikroorganismen als Folge einer Verletzung zu beachten.

Neben infektiösen Eigenschaften, die von Mikroorganismen ausgehen können, besitzen manche Keime allergene Eigenschaften, die zu heuschnupfenartigen Symptomen, aber auch zu Asthma bronchiale oder zu Gasaustauschstörungen an den Lungenbläschen führen können (so genannte Exogene Allergische Alveolitis: EAA). Andere Erreger produzieren Toxine, die Durchfallerkrankungen oder toxische Erscheinungen an den Bronchien verursachen.

Um eine mögliche Erkrankung vorherzusagen, sind mehrere Faktoren zu betrachten. Vereinfacht sind dabei folgende Fragen zu beantworten: Über welchen Weg kann welche Keimart in weicher Dosis von welchem Organismus aufgenommen werden, und welche Wirkung hat diese Dosis?

Die verfügbare Informationsbasis zu diesem Fragenkomplex ist sehr unterschiedlich. Die Aufnahmepfade sind bekannt. Hierbei müssen u.a. mögliche Verletzungen der Haut, auch Bagatellverletzungen, berücksichtigt werden. So ist bei fehlenden Maßnahmen zum Hautschutz (s. Hautschutzplan) mit vermehrten und heftigen Wundinfektionen zu rechnen.

Es bestehen auch gesicherte Erkenntnisse über die Zielorgane spezifischer Keime und ihre Krankheitssymptome.

Dagegen bestehen zu Fragen der Keimdosis erhebliche Unsicherheiten. Von nur wenigen Keimen ist die Dosis bekannt, die bei Aufnahme zu einer Infektion führt (infektiöse Dosis).

Die Wahrscheinlichkeit, ob jemand letztlich erkrankt, hängt im wesentlichem Maße von seiner Abwehrfähigkeit ab. Ein geschwächtes Immunsystem bewirkt eine größere Infektionsgefährdung, ein überreagierendes Immunsystem eine höhere Allergieneigung. Beides sind individuelle Eigenschaften, mit denen bei Arbeitnehmern auf Deponien gerechnet werden muss. Es existieren medizinische Methoden, derartige Merkmale im Vorfeld einer Erkrankung bis zu einem gewissen Grad zu erkennen.

5 Spezielle Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe im Deponiebereich

Trotz lückenhafter Kenntnisse über das auf Deponien vorgefundene Keimspektrum zeichnen sich hinsichtlich des Auftretens von Problemkeimen Schwerpunkte ab. Diese sind häusliche Abfälle, in denen sich erhöhte Gehalte an Fäkalkeimen finden, fehlchargierte Krankenhausabfälle, die auch Mikroorganismen der Risikogruppe 3 enthalten können sowie Bereiche mit erhöhter Freisetzung von Pilz- oder Actinomycetensporen (z.B. Aspergillus fumigatus oder Nocardia asteroides) auf Grund der Abbauprozesse im Müll.

Typische Fäkalkeime sind z.B. die Bakteriengattungen Escherichia, Yersinia, Shigella und Saimonella sowie das Hepatitis-A-Virus. Hier ist besonders bei mangelnder Hygiene am Arbeitsplatz die orale Aufnahme darmpathogener Keime möglich. Dies kann dann z.B. zu Durchfallerkrankungen führen.

Eine Darminfektion ist aber auch durch den Verzehr unsachgemäß aufbewahrter Nahrungsmittel, insbesondere bei warmen Außentemperaturen, möglich.

Hepatitis-B-Viren können u.a. über blutkontaminierte Abfälle aus fehlchargierten Krankenhausabfällen, wie z.B. Wundverbände oder Kanülen, in den Müll gelangen.

Bei der Bearbeitung organischer Substanzen (Kompostierung, biologische Behandlung) muss mit vermehrter Freisetzung von Pilz- und Actinomycetensporen gerechnet werden. Aus anderen Arbeitsbereichen, wie z.B. der Landwirtschaft, der Pilzzucht oder der Käseherstellung, ist bekannt, dass hohe Konzentrationen von Pilzsporen in der Luft Erkrankungen der Lunge verursachen können. Dies sind z.B. die Exogene Allergische Alveolitis (EAA) oder obstruktive Atemwegserkrankungen (s. Glossar, Anhang 6). Die Hintergrundbelastung an Keim- und Pilzsporen unterliegt Schwankungen und beträgt durchschnittlich 102 bis 103 KBE/m3. In Abhängigkeit z.B. von Luftbewegung, Luftfeuchte und Pollenflug können sich jedoch Unterschiede im Bereich von Zehnerpotenzen ergeben. Abbildung 1 zeigt eine Übersicht, über Konzentrationen an Pilzsporen und Bakterien, die an unterschiedlichen Arbeitsbereichen auf Deponien ermittelt wurden.

Bei diesen luftgetragenen Mikroorganismen ist eher ein allergenes Risiko zu berücksichtigen. Aber auch Infektionserreger können über den Luftweg transportiert werden.

Abbildung 1: Konzentration an Pilzsporen und Bakterien in der Luft auf Deponien in KBE/m3

Abbildung 1: Konzentration an Pilzsporen und Bakterien in der Luft auf Deponien in KBE/m3


KBE: Koloniebildende Einheiten

6 Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten auf Deponien

6.1 Allgemeines

Tätigkeiten im Bereich der Abfallwirtschaft sind nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der BioStoffV, es ist also eine Gefährdungsbeurteilung entsprechend § 7 der BioStoffV durchzuführen.

6.2 Betriebsbezogene Gefährdungsbeurteilung und Festlegung von Schutzmaßnahmen

Im Bereich der Abfallverarbeitung ist mit einer Vielzahl von biologischen Arbeitsstoffen zu rechnen. Es ist sicherlich nicht sinnvoll, in jedem Einzelfall Messungen, besonders qualitative Messungen, durchzuführen. In Abfallbehandlungsanlagen treten in der Regel biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 1 und 2 auf. In Einzelfällen sind auch biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 3 vorhanden.

Beim Umgang mit Abfall ist generell davon auszugehen, dass die Tätigkeiten der Schutzstufe 2 zuzuordnen sind.

In Einzelfällen könnten bei Betriebsstörungen, z.B. Fehlanlieferung von Klinikmüll der Klasse C, auch Maßnahmen der Schutzstufe 3 erforderlich sein. Dies ist im Notfallplan zu berücksichtigen.

Obwohl auf Bodendeponien auch Keime der Risikogruppe 2 vorkommen, ist aufgrund der zu erwartenden Gefährdung i.d.R. von der Schutzstufe 1 auszugehen. Hier sind die Schutzmaßnahmen, die in der TRBA 500 "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen" (s. Anhang 5) aufgeführt sind, ausreichend.

Die Fachkraft für Arbeitssicherheit und der Betriebsarzt sind bei der Gefährdungsbeurteilung zu beteiligen.

6.3 Arbeitsplatzbezogene Beurteilung

Für die Ermittlung der Gefährdungen ist es erforderlich, die Arbeitsbereiche bzw. die Tätigkeiten klar zu trennen.

In Anhang 2 ist eine Tabelle aufgeführt, in der einzelne Tätigkeiten und Arbeitsbereiche genannt werden, die bei Arbeiten auf Deponien auftreten können. Diesen Tätigkeiten bzw. Arbeitsbereichen werden dann im zweiten Schritt unterschiedliche Expositionsmöglichkeiten zugeordnet.

Die möglichen Expositionen bei Arbeiten in und auf Deponien sind Staub bzw. Sporen, Nebel oder auch direkter Hautkontakt über Kontakt zu Abfall oder Wasser. Diese Expositionen sind relevant für die Beurteilung eines möglichen Risikos.

So können z.B. beim direkten Hautkontakt mit Abfall oder Wasser über Schmierinfektionen Erreger aufgenommen werden. Krankheitserreger können auch durch verschmutzte Gegenstände oder Kleidung in Sozialräume und Fahrerkabinen von Baumaschinen verschleppt werden.

Weiterhin können Expositionen gegenüber Schimmelpilzsporen zu Atemwegserkrankungen führen. Bei Kontakt mit Nebel (z.B. Reinigen mit Hochdruckreiniger) sind sowohl allergisierende Wirkungen als auch Infektionen denkbar.

7 Schutzmaßnahmen

7.1 Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 1

Allgemeine Hygienemaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die der Schutzstufe 1 zuzuordnen sind, sind in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen" (TRBA 500, s. Anhang 5) festgelegt.

7.2 Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2

7.2.1 Rangfolge der Schutzmaßnahmen

Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, dass von Arbeitsabläufen möglichst keine Gefahren ausgehen. Insbesondere hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass Arbeitsverfahren sowie Maschinen und Geräte so ausgestattet und beschaffen sind, dass diese Forderungen eingehalten werden.

Sind Arbeitsschritte mit erhöhtem Gefährdungspotenzial nicht auszuschließen, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die biologischen Arbeitsstoffe an der Austritts- oder Entstehungsstelle erfasst und gefahrlos beseitigt werden, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Ist dies nicht möglich, hat der Unternehmer Lüftungsmaßnahmen nach dem Stand der Technik zu ergreifen. Sind technische und organisatorische Schutzmaßnahmen nicht ausreichend, hat der Unternehmer geeignete persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen.

7.2.2 Technische und Organisatorische Maßnahmen

Der Unternehmer hat, dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung entsprechend, die sicherheitsrelevanten Fragen zu beachten. Dies betrifft insbesondere:

Falls im Einzelfall die Gefährdungsbeurteilung ergeben sollte, dass Maßnahmen der Schutzstufe 3 erforderlich sind, hat der Unternehmer sich hierzu fachkundig beraten zu lassen, soweit er nicht selbst über entsprechende Kenntnisse verfügt (siehe § 10 Abs. 5 BioStoffV).

Organisatorische Maßnahmen sind z.B. Staubreduktion bzw. Staubminimierung, kein Einstieg in die Geräte im kontaminierten Bereich, Bedienung der Geräte von der windzugewandten Seite aus, Vermeiden von Spritzwasser.

Zu den technischen Schutzmaßnahmen zählt i.d.R. die Ausstattung der eingesetzten Maschinen mit einer Anlage zur Atemluftversorgung entsprechend der BGI 581. Bei der Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen ist nach dem heutigen Kenntnisstand eine Ausstattung mit Schwebstofffilter der Klasse S1 ausreichend. Aktivkohlefilter sollten bei Geruchsbelästigung oder Belastung durch Gefahrstoffe eingesetzt werden. Als weitere technische Schutzmaßnahmen kommen z.B. Fernbedienungseinrichtungen entsprechender Maschinen (z.B. Schredder), bzw. das Einkapseln von Transportvorrichtungen in Frage.

Eine Übersicht über die an den einzelnen Arbeitsplätzen bzw. bei den zu verrichtenden Tätigkeiten erforderlichen Schutzmaßnahmen ist im Anhang 2 gegeben.

7.2.3 Persönliche Schutzmaßnahmen Handschutz

Der Handschutz ist notwendig, um Verletzungen und damit Eintrittspforten für Krankheitserreger zu minimieren. In der Regel sind wasserdichte Handschuhe (z.B. nitrilgetränkte Handschuhe) ausreichend.

Fußschutz

Als Fußschutz sind Sicherheitsschuhe der Schutzkategorie S3 oder Sicherheitsstiefel der Schutzkategorie S5 nach DIN EN 345 "Spezifikation des Sicherheitsschuhes für den gewerblichen Gebrauch" einzusetzen.

Schutzkleidung

Als Schutz vor Staub- und Sporenbelastung ist mindestens luftdurchlässige Einwegschutzkleidung Typ 5, 6 zu tragen 1, es sei denn, technische Maßnahmen (z.B. Kabinen-Schutzbelüftung) verhindern eine Kontamination. In Einzelfällen kann höherwertigere Schutzkleidung (z.B. bei Spritzwasser) erforderlich sein.

Atemschutz

Wenn eine nicht akzeptable Gefährdung gegenüber luftgetragenen biologischen Arbeitsstoffen nicht durch höherrangige Schutzmaßnahmen abgebaut werden kann, ist geeigneter Atemschutz einzusetzen. Als geeignet sind Halbmasken mit Partikelfilter P3 anzusehen. Die Filter sind mindestens arbeitstäglich zu wechseln. Die Beschäftigten sind zum Tragen dieser Atemschutzmasken verpflichtet.

Aufgrund der Gefahrstoffbelastung kann auch höherwertiger Atemschutz notwendig werden.

Geeignete Atemschutzgeräte sind in den "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" (BGR 190) aufgeführt.

7.2.4 Betriebsanweisung, Unterweisung

Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen ab der Schutzstufe 2 hat der Unternehmer die im Betrieb anzuwendenden Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften in einer Betriebsanweisung aufzuführen und sie an geeigneter Stelle im Arbeitsbereich bekannt zu machen. Zu beachten ist die Wirkung der biologischen Arbeitsstoffe auf die Beschäftigten, die notwendigen Schutzmaßnahmen sowie die Reinigung, ggf. Desinfektion und Entsorgung von biologischen Arbeitsstoffen. In dieser Betriebsanweisung sollten auch Hygienemaßnahmen, die beim Essen, Trinken, Rauchen, Schnupfen und beim Toilettengang zu beachten sind, aufgeführt werden. Die Betriebsanweisung ist in einer den Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abzufassen und an geeigneter Stelle bekannt zu machen sowie den Beschäftigten auszuhändigen und zu erläutern. Musterbetriebsanweisung siehe Anhang 4.

Die Beschäftigten, die mit biologischen Arbeitsstoffen umgehen, haben die auf der Grundlage der Unterweisung erfolgten Anweisungen des Unternehmens sowie die Betriebsanweisung zu befolgen.

7.2.5 Einsatz betriebsfremder Personen

Beim Einsatz betriebsfremder Personen im Rahmen der Beauftragung von Fremdunternehmen sind die Bestimmungen des § 3 der Unfallverhütungsvorschrift "Biologische Arbeitsstoffe" (BGV B12) zu beachten. Insbesondere sind die mit den Tätigkeiten verbundenen Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen, wobei

7.2.6 Hygienemaßnahmen

Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die der Schutzstufe 2 zuzuordnen sind, sind die Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 wie folgt zu erweitern:

Schwarz/Weiß-Trennung

Abhängig vom Gefahrstoffprofil und einer möglichen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe ist eine Erweiterung bis hin zur Mehrkammer-Schleuse vorzusehen. Dies ist erforderlich, um eine Verschleppung von Keimen zu verhindern. Die Schwarz/Weiß-Anlage ist arbeitstäglich feucht zu reinigen. Eine Desinfektion ist i.d.R. nicht erforderlich. Ein beispielhafter Hygiene- und Hautschutzplan ist in Anhang 3 beigefügt.

Essen, Trinken, Rauchen, Schnupfen

Essen, Rauchen und Schnupfen am Arbeitsplatz ist generell verboten.

Zum Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes bei sommerlichen Temperaturen und bei schwerer körperlicher Arbeit hat der Arbeitgeber geeignete Getränke anzubieten. Hierfür müssen zusätzliche Trinkmöglichkeiten unter Beachtung der Schwarz/Weiß-Trennung gewährt werden, z.B. durch Aufstellung von Getränkeautomaten, deren Trinkgefäße kontaminationsfrei geöffnet werden können.

Um die Aufnahme von Krankheitserregern zu vermeiden, sind die Hände sowie kontaminierte Hautareale nach Verschmutzung, vor den Mahlzeiten sowie nach Arbeitsabschnitten mit Wasser und Seife gründlich zu reinigen. Es wird empfohlen, die Fingernägel zur Verringerung der Keimansiedlung kurz zu schneiden. Für die Reinigung sind zusätzlich Nagelbürsten zu verwenden.

Hautschutz

Nach jeder Hautreinigung sind die Hände und Finger sorgfältig einzucremen.

Personal mit Hautverletzungen darf, mit Ausnahme kleinerer Hautverletzungen, im Schwarzbereich nicht eingesetzt werden. Kleinere Hautverletzungen sind zu desinfizieren und mit einem dicht schließenden Verband zu schützen.

Ein beispielhafter Hygiene- und Hautschutzplan ist in Anhang 3 beigefügt.

7.2.7 Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2 in Abhängigkeit von den Expositionspfaden

Sind aufgrund der Ermittlung der Gefahren nach Abschnitt 4 Maßnahmen der Schutzstufe 2 zu treffen, sind abhängig von den Expositionen folgende Schutzmaßnahmen zu beachten:

Aerosole (Staub/Sporen/Nebel)

Aerosolbildung ist zu vermeiden. Die maximal zulässige Staubkonzentration ist durch die Technischen Regeln für Gefahrstoffe 900 "Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz Luftgrenzwerte - MAK- und TRK-Werte" (TRGS 900) geregelt. Im Einzelfall können in Abhängigkeit vom Arbeitsbereich und der Herkunft der Medien erhöhte Konzentrationen an Mikroorganismen in der Luft auftreten, die erweiterte Schutzmaßnahmen erforderlich machen. Generell ist die Keimbelastung der Luft unabhängig vom Keimspektrum, z.B. durch ausreichende Lüftungsmaßnahmen, zu minimieren. Die Freisetzung von Sporen durch Staub ist durch feucht gehaltene Bodenoberflächen möglichst zu vermeiden. Als technische Schutzmaßnahmen sind vorzusehen:

Bei einer möglichen Exposition gegenüber Nebel ist mindestens imprägnierte, luftdurchlässige Einwegschutzkleidung zu tragen; im Bereich einer Nebelwolke zusätzlich Atemschutzmasken (P3), sofern das versprühte Wasser kein Frischwasser ist.

Es dürfen nur Maschinen eingesetzt werden, die mit einer Anlage zur Atemluftversorgung entsprechend BGI 581 "Merkblatt für Fahrerkabinen mit Anlagen zur Atemluftversorgung auf Erdbaumaschinen und Spezialmaschinen des Tiefbaus" ausgestattet sind. Bei der Beurteilung des Ausmaßes einer Aerosolwolke sind wechselnde Luftbewegungen mit zu berücksichtigen.

Spritzwasser, Wasser

Der Hautkontakt mit Boden, Spritzwasser, Wasser und kontaminierten Geräten ist zu vermeiden. Bei einer möglichen Spritzwasser- oder Wasser-Exposition ist mindestens wasserdichte Einwegschutzkleidung zu benutzen.

Aufgrund des hierdurch entstehenden erhöhten Hitzestaus sind bei warmer oder heißer Witterung zusätzliche Erholungspausen einzuplanen.

Für Atemschutz gelten die unter "Aerosole" für Nebel aufgeführten Schutzmaßnahmen.

7.3 Überprüfung der Wirksamkeit

Die aufgrund der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Maßnahmen müssen überprüft werden. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, ob u.U. eine gegenseitige negative Beeinflussung einzelner Arbeitsbereiche besteht. Auch ist die Akzeptanz der Mitarbeiter zu berücksichtigen.

7.4 Dokumentation

Die ermittelten Gefährdungen und Maßnahmen und die Umsetzung ist entsprechend § 8 BioStoffV ab der Schutzstufe 2 auch bei weniger als 10 Beschäftigten zu dokumentieren.

8 Arbeitsmedizinische Vorsorge und Betreuung

8.1 Allgemeines

Es ist die Aufgabe des Unternehmers, dafür zu sorgen, dass der Gesundheitszustand der Beschäftigten durch arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen überwacht wird. Er hat damit einen Arzt mit arbeitsmedizinischer Fachkunde (§ 3 UVV "Betriebsärzte" (BGV A7)) zu beauftragen und diesem ausreichend Zeit zur Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung zu stellen.

8.2 Vorsorgeuntersuchung

Zu diesen Maßnahmen gehören unter anderem Vorsorgeuntersuchungen, die nach der UVV "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4) unter Beachtung der einschlägigen Berufsgenossenschaftlichen Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden. Bei Arbeiten auf Deponien können jedoch sehr viele Kombinationen biologischer Arbeitsstoffe vorkommen. Daher ist davon auszugehen, dass mit der Durchführung spezieller arbeitsmedizinischer Untersuchungen nach den vorhandenen Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen nicht alle biologischen Arbeitsstoffe und Gefährdungen berücksichtigt werden können. Deshalb ist der Arzt befugt, unter Berücksichtigung der dem Unternehmen zur Verfügung stehenden Informationen über die vorhandenen biologischen Arbeitsstoffe und Gefährdungen und die daraus abzuleitenden gesundheitlichen Belastungen, weitergehende Vorsorgeuntersuchungen und Maßnahmen zu ergreifen. Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Beratung des Unternehmers durch den Arbeitsmediziner hinsichtlich des Gefährdungspotenzials der vorgefundenen oder vermuteten biologischen Arbeitsstoffe (§ 8 BioStoffV) und der damit verbundenen Anforderungen an Hygiene, Immunisierung und Erste Hilfe (siehe Aufgabenkatalog für Betriebsärzte in § 3 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)).

8.3 Beratung

Der Unternehmer sollte für die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen stets auch auf medizinischen Sachverstand zurückgreifen. Zu beachten ist dabei auch die Beurteilung des eingesetzten oder vorhandenen Keimspektrums hinsichtlich möglicher Krankheitserreger und deren Auswirkungen unter Berücksichtigung der tätigkeitsbedingten Aufnahmepfade.

Auch besteht Beratungsbedarf hinsichtlich der Weiterarbeit einzelner Beschäftigter bei auftretenden Infektionskrankheiten. Vor Beginn einer Maßnahme sind die erforderlichen Hygienemaßnahmen festzulegen. Weiterhin sind die Handlungsweisen für Erste-Hilfe-Maßnahmen zu koordinieren.


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Biostoffverordnung - BiostoffV Anwendung auf DeponienAnhang 1

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