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Abschnitt 2
Rettungswege

Zu § 6 Führung der Rettungswege
(§§ 19 Abs. 1, 20, 22, 23, 24 a, 40, 51 Abs. 1 bis 4 und Abs. 9 und 10 VStättVO 1978, §§ 9, 10 und 12 Muster-GastBauVO 1982)

Absatz 1 regelt in Satz 1 den Grundsatz, dass Rettungswege immer ins Freie führen müssen. Der Rettungsweg im Freien muss immer an der öffentlichen Verkehrsfläche enden; Rettungswege aus der Versammlungsstätte dürfen nicht in gefangene Innenhöfe ohne unmittelbaren Zugang zu öffentlichen Verkehrsflächen führen. Satz 2 benennt die Teile der Versammlungsstätte, die zum Rettungsweg gehören und somit der Bemessungsvorschrift des § 7 unterliegen. Balkone und Dachterrassen, die keine direkte Verbindung über notwendige Treppen auf das Grundstück haben und nur angeleitert werden können, sind in Versammlungsstätten als Rettungsweg nicht zulässig.

Abweichend von § 33 Abs. 2 Satz 2 MBO 2002 schreibt Absatz 2 für Versammlungsstätten zwingend zwei bauliche Rettungswege vor. Satz 2 stellt eine Erleichterung gegenüber der bisherigen Regelung des § 23 Abs. 2 VStättVO 1978 dar. Satz 2 stellt klar, dass auch in Versammlungsstätten notwendige Flure innerhalb einer Geschossebene sowohl in Fluchtrichtung des ersten als auch in Fluchtrichtung des zweiten Rettungsweges benutzt werden dürfen. Satz 3 betrifft sowohl den ersten als auch den zweiten baulichen Rettungsweg mit der Folge, dass auch Außentreppen als nicht eingehauste notwendige Treppen zulässig sind. Die bisher im § 51 Abs. 10 VStättVO 1978 enthaltene Regelung wurde in den allgemeinen Teil übernommen. Bauliche Rettungswege aus einem Geschoss sollten möglichst weit auseinander liegen. Dies gilt insbesondere für die baulichen Rettungswege von Versammlungsstätten in Kellergeschossen.

Absatz 3 lässt die Führung von Rettungswegen über Gänge und Treppen durch eine Halle oder ein Foyer zu Ausgängen ins Freie zu, wenn das betreffende Geschoss jeweils mindestens einen weiteren davon unabhängigen baulichen Rettungsweg hat, der nicht durch die Halle bzw. das Foyer führt. Absatz 3 ermöglicht abweichend von § 35 Abs. 3 MBO 2002 die offene Führung von Rettungswegen durch eine Halle oder ein Foyer. Dies schließt auch den Fall ein, dass der Ausgang aus einem Treppenraum in ein Foyer mündet und über dieses ins Freie führt. Da nach § 6 Abs. 1 Satz 2 die Gänge und Stufengänge im Versammlungsraum sowie dessen Ausgänge Bestandteil der Rettungsweges sind, ist immer eine Gesamtbetrachtung des Verlaufs des Rettungsweges vom jeweiligen Versammlungsraum bis ins Freie erforderlich.

Sind beispielsweise für einen im ersten Obergeschoss liegenden Versammlungsraum zwei bauliche Rettungswege erforderlich, dann müssen grundsätzlich beide Rettungswege unmittelbar ins Freie oder über notwendige Flure oder notwendige Treppenhäuser ins Freie geführt werden. Absatz 3 eröffnet die Alternative, einen der beiden Rettungswege aus dem Versammlungsraum unmittelbar ins Freie oder über notwendige Flure oder notwendige Treppenhäuser ins Freie zu führen und den anderen Rettungsweg durch ein Foyer oder eine Halle in Freie zu führen.

Foyers und Hallen sind selbst Versammlungsräume und können größere Brandlasten haben. Die Führung baulich ungeschützter Gänge und notwendiger Treppen durch eine Halle oder ein Foyer ist daher nur vertretbar, wenn das Brandrisiko in dieser Halle und dem Foyer durch eine automatische Feuerlöschanlage minimiert wird (§ 19 Abs. 4).

Die Anzahl der weiteren Rettungswege hängt von der Zahl der Besucherplätze der jeweiligen Geschosse ab; für die Kapazität der durch das Foyer führenden Rettungswege ist ein Nachweis nach § 7 Abs. 4 zu führen. Im Zusammenhang von Absatz 2 und 3 bedeutet dies, dass die Führung von Rettungswegen aus einem oder mehreren Geschossen - z.B. über offene Treppen - durch ein Foyer oder eine Halle nur dann zulässig ist, wenn jedes dieser Geschosse über mindestens einen vom Foyer oder der Halle unabhängigen weiteren baulichen Rettungsweg verfügt. Bei diesem partiellen Verzicht auf einen notwendigen Treppenraum handelt es sich insoweit um eine Erleichterung gegenüber § 35 Abs. 1 Satz 1 MBO 2002. Eine solche durch ein Foyer geführte Treppe muss im Übrigen dann die Anforderungen an eine notwendige Treppe erfüllen. Die Erleichterung des Absatzes 3, wird ferner durch die zwingende Vorschrift des Absatzes 4 eingeschränkt.

Unabhängig von Absatz 3 schreibt Absatz 4 gesonderte Rettungswege für Geschosse mit mehr als 800 Besucherplätzen zwingend vor. Zweck der Regelung ist die getrennte Führung der Personenströme aus verschiedenen Geschossen zu den Ausgängen ins Freie oder auf eine gemeinsame Ausgangsebene. Die getrennte Führung dieser Rettungswege durch einen Raum (notwendiger Treppenraum oder ein Foyer nach Absatz 3), z.B. als Schachteltreppe nach § 8 Abs. 1, ist möglich. In der Ausgangsebene müssen die insgesamt erforderlichen Rettungswegsbreiten ins Freie uneingeschränkt vorhanden sein. Eine Trennung der Personenströme in der Ausgangsebene, z.B. durch Abschrankungen, ist nicht erforderlich

Absatz 5 fordert zwei Ausgänge erst für Versammlungsräume von mehr als 100 m² Grundfläche und stellt in soweit eine Erleichterung gegenüber der bisherigen Regelung des § 20 Abs. 1 VStättVO 1978 dar. Für sonstige Aufenthaltsräume mit mehr als 100 m² Grundfläche gilt die gleiche Anforderung, da in Versammlungsstätten bei Räumen dieser Größe eine Nutzung durch eine größere Personenzahl unterstellt wird - z.B. bei Proberäumen.

Im Zusammenhang mit § 7 Abs. 4 bedeutet dies, dass für Aufenthaltsräume bis 100 m² Grundfläche eine Türe mit 0,90 m Breite genügt. Zweck der Regelung ist es, die Fluchtwege aus dem Versammlungsraum so zu optimieren, dass sie möglicht in entgegengesetzte Richtung führen. Die Formulierung "möglichst weit auseinander und entgegengesetzt liegende Ausgänge" stellt gegenüber § 20 Abs. 1 der VStättVO 1978 ("günstig gelegene") klar, dass ein objektiver Maßstab an die Beurteilung der Lage der Ausgänge anzulegen ist. Die schärfere Formulierung ist insbesondere deswegen erforderlich, weil die MVStättV deutlich längere Rettungswege im Versammlungsraum zulässt als die bisherige VStättVO.

Die Regelung des Absatzes 6 ist erforderlich, weil die Kennzeichnungspflicht nicht in der Musterbauordnung geregelt, aber eine Kennzeichnungspflicht bei Versammlungsstätten grundsätzlich erforderlich ist. Die Beleuchtung der Sicherheitszeichen ist in § 15 geregelt, die Ausführung der Rettungszeichen ergibt sich aus DIN 4844 Teil 1 bzw. aus den Vorschriften der Berufsgenossenschaft.

Zu § 7 Bemessung der Rettungswege
(§§ 19 Abs. 2, 20, 22 VStättVO 1978, §§ 9, 11 Muster-GastBauVO 1982)

Die Vorschriften über die Bemessung der Rettungswege werden gegenüber der VStättVO 1978 erheblich erleichtert. Die Regelung des Absatzes 1 entspricht der Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 VStättVO 1978, die von jedem Besucherplatz bis zum nächsten Ausgang jedoch nur eine Weglänge von maximal 25 m zuließ. Im Hinblick auf die Anforderung an die Entrauchung ist eine Rettungsweglänge im Versammlungsraum von 30 m als Erleichterung vertretbar. Neu ist die Staffelung der Rettungsweglänge in Abhängigkeit von der Höhe des Versammlungsraumes. Die Regelung des Satzes 2 stellt auf die lichte Höhe der zu entrauchenden Ebene ab, für die dieses Privileg in Anspruch genommen wird und nicht auf die mittlere Höhe des gesamten Raumes. Der Bereich, für den die Verlängerung des Rettungsweges in Anspruch genommen wird, muss diese lichte Höhe über seine gesamte Fläche aufweisen. Bei Stufenreihen ist die lichte Höhe über der obersten Stufe maßgebend.

Gegenüber der bisherigen Praxis werden unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen an den Rauchabzug, der Ausstattung mit automatischen Feuerlöschanlagen und der sonstigen sicherheitstechnischen Einrichtungen größere Rettungsweglängen zugelassen. Dies ist insbesondere bei großflächigen Hallen vertretbar, da diese regelmäßig auch eine größere Höhe und damit ein für die Beurteilung der Rauchentwicklung relevantes, größeres Volumen aufweisen. Die maximale Rettungsweglänge in einem Versammlungsraum, ist auf 60 m in der Lauflinie begrenzt; spätestens dann muss ein notwendiger Flur, ein notwendiger Treppenraum, ein Foyer oder das Freie erreicht sein. Auf dem Flur oder dem Foyer darf die Lauflänge zusätzliche 30 m betragen.

Die Regelung des Absatzes 2 Satz 1 entspricht der Regelung des § 51 Abs. 2 Satz 1 VStättVO 1978. Satz 2 entspricht der Regelung des § 44 Abs. 5 VStättVO 1978 und reduziert gegenüber diesen die Breite des Ganges auf 1,20 m. Dies entspricht der Mindestbreite der Rettungswege nach Absatz 4. Bestehende Züge für Rundhorizonte, die bei bisherigen Mittelbühnen einen Gang von 1 m oder bei bisherigen Vollbühnen einen Gang von 1,50 m freihalten, haben Bestandsschutz. Bei der Aufstellung von Dekorationen muss die Neuregelung jedoch beachtet werden.

Absatz 3 regelt die Rettungsweglänge im notwendigen Flur oder Foyer nunmehr im allgemeinen Teil der MVStättV. Die Regelung entspricht dem § 22 Abs. 1 Satz 2 VStättVO 1978 und stellt gegenüber dem § 51 Abs. 4 Satz 1 VStättVO 1978 eine Erleichterung dar.

Absatz 4 Satz 1 regelt dass die Rettungswegbreiten immer nach der größtmöglichen Personenzahl der Versammlungsstätte, also der Besucher und der Beschäftigten, zu berechnen ist. Dabei ist zunächst eine raumbezogene Betrachtung vorzunehmen und die sich daraus für die Ausgänge ergebenen Rettungswegbreiten sind für die sich anschließenden notwendigen Flure und notwendigen Treppen zu addieren. Die Regelung des bisherigen § 19 Abs. 4 VStättVO 1978, die bei der Zusammenführung von Rettungswegen aus verschiedenen Geschossen eine Abminderung für den anschließenden gemeinsamen Rettungsweg zuließ, wird nicht übernommen, da sie sich nicht bewährt hat. § 19 Abs. 4 VStättVO 1978 ging von der Vorstellung aus, dass eine Evakuierung im Gefahrenfall so gesteuert werden kann, dass sich die Personenströme aus verschiedenen Geschossen nicht überlagern. Es hat sich jedoch gezeigt, dass es insbesondere beim Zusammentreffen der Personenströme auf Treppenabsätzen zu Stauungen auf den Treppen und zu Panikverhalten kommt. Da sich auch der Veranstaltungscharakter verändert hat und Versammlungsstätten aus wirtschaftlichen Gründen maximal ausgelastet werden, sind Abschläge bei der Ermittlung der Personenzahl nicht gerechtfertigt.

Der in Absatz 4 geregelten Mindestbreite von 1,20 m liegt das Modul des Entwurfs der "DIN-EN 13200-1:1998-06 "Zuschauertribünen" Teil 1: Kriterien für die räumliche Anordnung von Zuschauerbereichen" zu Grunde.

Das Ausgangsmodul unterstellt, dass für eine Person eine Durchgangsbreite von 0,60 m erforderlich ist und jeweils zwei Personen ohne gegenseitige Behinderung einen Rettungsweg nutzen können. Das Ausgangsmodul beträgt danach mindestens 2 x 0,60 m; nach DIN 18024 wäre ohnehin eine Mindestbreite von 0,90 m erforderlich.

Durch eine Türöffnung in der Breite des Ausgangsmoduls von 1,20 m können also jeweils zwei Personen gleichzeitig den Raum verlassen; 100 Personen benötigen dafür ca. eine Minute. Für das Verlassen eines Raumes durch ein 0,60 m Modul benötigen also ca. 50 Personen eine Minute. Da durch eine Tür von 0,80 m, 0,90 m oder 1 m Breite jeweils nur eine Person gehen kann, ändert sich diese Räumungszeit dafür nicht. Erst bei einer Verdoppelung auf zwei Module a´ 0,60 m verdoppelt sich auch die Durchgangskapazität. Daraus ergeben sich die Mindestbreiten der Rettungswege je darauf angewiesener Personen, wie sie in den Folgenummern 1 und 2 geregelt sind. Würde eine Breite von nur 0,90 m oder 1 m zu Grunde gelegt, so bedeutet dies, dass jeweils nur eine Person den Raum verlassen kann, dadurch würden sich die Räumungszeiten verdoppeln.

Die dem Absatz 4 zu Grunde liegende Modulbetrachtung entspricht den bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen und hydraulischen Modellen z.B. von Predtetschenski und Milinski (Predtetschenski, M.M. und Milinski, A.I, Personenströme in Gebäuden, Staatsverlag der DDR, Berlin 1971) und ist durch Versuche in der Praxis bestätigt worden. § 7 Abs. 4 ordnet je 200 Personen eine Mindestbreite von 1,20 m zu. Bei Einhaltung der Bemessungsregeln und der sonstigen Anforderungen an die Rettungswege wird eine ausreichend schnelle Räumung unterstellt. Die Regelungen der MVStättV 2002 machen "Evakuierungsberechungen" für jeden Einzelfall entbehrlich.

Die Sätze 5 und 6 sehen nur für Versammlungsräume mit nicht mehr als 200 Besucherplätzen sowie für die Rettungswege im Bühnenhaus und von Arbeitsgalerien eine Erleichterung vor. Die Erleichterung betrifft die Rettungswege im gesamten Verlauf. Soweit die Rettungswege barrierefrei sein müssen, sind die Abmessungen nach § 50 Abs. 3 MBO 2002 zu beachten.

Die Erleichterung für Versammlungsräume mit nicht mehr als 200 Besucherplätzen ist wegen der kurzen Entfernung bis zum Ausgang vertretbar. In Versammlungsräumen mit mehr als 100 m² Grundfläche und nicht mehr als 200 Besucherplätze reichen somit zwei Ausgänge mit je 0,90 m Breite aus. Auch in diesen Fall wird die Zahl der Besucherplätze nach § 1 Abs. 2 ermittelt. Dies bedeutet, dass bei einem Gastraum einer Speisegaststätte mit Sitzplätzen an Tischen zwei Ausgänge mit 0,90 m Breite ausreichen, wenn die den Besuchern zugängliche Fläche im Gastraum 200 m² nicht überschreitet. Bei dem Gastraum einer Diskothek mit Stehplätzen reichen zwei Ausgänge mit 0,90 m Breite nur bei einer den Besuchern zugängliche Fläche im Gastraum von nicht mehr als 100 m²; in einer Diskothek sind damit regelmäßig bereits bei einer den Besuchern zugänglichen Fläche von mehr als 100 m² mindestens zwei Ausgänge mit 1,20 m Breite erforderlich.

Bei der Bemessung der Rettungswege in den für Besucher zugänglichen Bereichen von Versammlungsstätten ist die sich aus der Berechnung nach § 1 Abs. 2 ergebende Besucherzahl heranzuziehen. Ein besonderer Zuschlag für das Personal (z.B. Ordnungs- oder Servicekräfte) erfolgt für diesen Besucherbereich nicht. Sind in Versammlungsräumen den Besuchern nicht zugängliche Szenenflächen eingerichtet, wie z.B. ein Podium im Konzertsaal, so sind die für die darauf agierenden Mitwirkenden erforderlichen Rettungswege gesondert zu ermitteln; für Bühnen und Bühnenhäuser gilt das Gleiche.

Die neue Bemessungsformel mit 1,20 m Breite je 200 Personen stellt gegenüber der bisherigen Bemessungsregel von 1 m je 150 Personen keine Erschwernis dar. Waren bisher für 1 200 Personen insgesamt 8 m Ausgangsbreite erforderlich, so sind es künftig nur noch 7,20 m Ausgangsbreite. Diese Reduzierung kann erfolgen, weil durch das Modulsystem die Rettungswege effektiver genutzt werden können und dadurch die Kapazität der Rettungswege erhöht wird.

Aus Absatz 4 Satz 2 ergibt sich unmittelbar das Verbot der Einengung der erforderlichen Rettungswegbreite. Das Freihalten der Rettungswegbreiten ist als Betriebsvorschrift in § 31 Abs. 2 geregelt.

Mit der Bemessungsvorschrift des Satzes 3 Nr. 1 werden die Versammlungsstätten im Freien und die nicht überdachten Sportstadien gegenüber der Regelung der Nummer 2 deutlich begünstigt. Diese Begünstigung nach Nummer 1 erfasst in Sportstadien nur die Rettungswege von den Tribünen und aus dem Innenbereich. Die Rettungswege von Aufenthaltsräumen im Gebäudeinnern fallen dagegen unter Nummer 2. Die neuen bautechnischen und architektonischen Entwicklungen führen dazu, dass Sportstadien mit beweglichen Dächern vollständig überdacht und damit Mehrzeckhallen werden. Ein Beispiel ist das in der Stadt Gelsenkirchen errichtete Sportstadion "Arena auf Schalke". Soweit bei Veranstaltungen das Dach über dem Spielfeld komplett geöffnet ist und nur die Tribünen überdacht sind, führt dies zur Anwendung der Bemessungsregel der Nummer 1, soweit Veranstaltungen in der geschlossenen Halle stattfinden, führt dies zur Anwendung der Bemessungsregel der Nummer 2. Da zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung über die Breite der erforderlichen Rettungswege zu entscheiden ist, können diese in einem solchen Fall nur nach Nummer 2 bemessen werden. Für die die Tribünen umgebenden geschlossenen Aufenthaltsräume ist stets Nummer 2 anzuwenden.

Die Tatsache, dass derartige Dächer im Brandfall aufgefahren werden können - was z.B. bei dem neuen Sportstadion in Gelsenkirchen ca. 30 Minuten in Anspruch nimmt - rechtfertigt nicht, die geschlossene Halle hinsichtlich der Bemessung der Rettungswege als Versammlungsstätte im Freien zu behandeln. Eine Bemessung der Rettungswege von den Tribünen und dem Innenbereich nach Nummer 1 käme allenfalls dann in Betracht, wenn technisch und rechtlich gesichert wäre, dass die Versammlungsstätte nur bei voll geöffnetem Dach genutzt wird und das Dach nur noch die Tribünen überdeckt. In Betracht kommt jedoch die Nutzung eines Teils der Besucherplätze bei geschlossenem Dach, wenn für die zu nutzenden Teilbereiche durch einen besonderen Bestuhlungsplan nachgewiesen wird, dass die zugehörigen Rettungswege nach Nummer 2 bemessen sind. So kann z.B. ein Sportstadion, dessen Rettungswege nach Nummer 1 bemessen sind, bei geschlossenen Dach mit einer Veranstaltung mit Besucherplätzen ausschließlich im Innenbereich belegt werden, wenn die für diesen Bereich erforderlichen Rettungswege der Anforderung der Nummer 2 entsprechen.

Für Ausstellungshallen sieht Absatz 5 ein besonderes Rettungswegkonzept vor, das den Bedürfnissen der Messe- und Ausstellungsbetreiber entspricht. Die auf der maximal 30 m tiefen Ausstellungsfläche zulässige Rettungsweglänge von 20 m wird bei Ausstellungshallen, die den Anforderungen des Absatzes 5 entsprechen, nicht auf die Länge des Rettungsweges angerechnet.

Satz 1 definiert den Begriff der "Ausstellungsfläche" als den Teil der Hallengrundfläche, auf denen Ausstellungsstände aufgestellt werden dürfen. In Ausstellungshallen wird die Ausstellungsfläche durch die als Rettungswege dienenden Gänge begrenzt. Die Geschossebenen mehrgeschossiger Ausstellungsstände sind daher nicht Ausstellungsfläche im Sinne dieser Definition. Die Definition gilt jedoch nicht nur speziell für Messe- und Ausstellungshallen, sondern in gleicher Weise für Ausstellungen in Mehrzweckhallen. Die 20 m zusätzliche und auf die Gänge anrechnungsfreie Rettungsweglänge auf der Ausstellungsfläche ist in Lauflinie zu messen; dies gilt für eingeschossige und mehrgeschossige Ausstellungsstände. Die Formulierung "Entfernung von jeder Stelle auf der Ausstellungsfläche" bezieht sich auf die Regelung des Absatzes 1 der als Entfernung vom "Besucherplatz zum nächsten Ausgang aus dem Versammlungsraum" maximal 30 m und in Abhängigkeit von der Lichten Höhe der Halle bis maximal 60 m zulässt. Für die Bemessung kommt dabei nicht darauf an, ob sich der Besucherplatz auf dem Fußboden oder in einer Ebene über dem Fußboden befindet. Die Ausnahme des Satzes 2 schließt daher die maximal anrechnungsfreie Rettungsweglänge der auf einer Ausstellungsfläche aufgestellten mehrgeschossigen Ausstellungsstände ein.

Die Regelung ermöglicht damit unter Berücksichtigung des Absatzes 1 Satz 2 Hallen mit einer maximalen Rettungsweglänge auf den Gängen von 60 m bis zum Ausgang aus dem Versammlungsraum. Der Teil des Rettungsweges, der sich nicht mehr in der Halle befindet, jedoch einen notwendigen Flur im Gebäude darstellt, wird dabei nicht mit einbezogen. Dies ergibt sich daraus, dass sich Absatz 1

und 5 nur auf die Rettungsweglänge im Versammlungsraum beziehen und Absatz 3 die maximale zulässige Rettungsweglänge auf einem notwendigen Flur auf 30 m beschränkt.

Absatz 6 regelt, dass die Entfernungen nach den Absätzen 1 bis 3 und 5 in der Lauflinie zu bemessen sind. Zweck der Regelung ist es, die in einem Raum tatsächlich zurückzulegenden Wege zu erfassen und zu begrenzen.

Zu § 8 Treppen
(§ 23 VStättVO 1978)

Grundsätzlich gelten die § 34 und 35 MBO 2002. Bei Kellergeschossen ist zu beachten, dass die diesen Geschossen zugeordneten notwendigen Treppenräume "innenliegende notwendige Treppenräume" im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 MBO 2002 sind; in diese Treppenräume darf kein Rauch eindringen.

Werden nach § 6 Abs. 4 den Geschossen zugeordnete gesonderte Rettungswege erforderlich und müssen diese über notwendige Treppen geführt werden, so ließ die bisherige Regelung des § 23 Satz 3 VStättVO 1978 Schachteltreppen, das sind mehrere, verschiedene Geschosse erschließende Treppen in einem gemeinsamen Treppenraum, nur ausnahmsweise zu. Diese Einschränkung wird aufgehoben, weil die Vorschrift des § 6 Abs. 4 nur den Zweck hat, die Personenströme über getrennte Rettungswege geschossweise zu steuern. Die Frage des Raucheintritts in den notwendigen Treppenraum ist in beiden Fällen gleich zu beurteilen, da die Anzahl der Öffnungen zu den Geschossen gleich ist. Die gleichzeitige Führung des ersten und des zweiten Rettungsweges aus einem Geschoss in einem gemeinsamen notwendigen Treppenraum ist jedoch nicht zulässig.

Abweichend von Absatz 2 Satz 1 verzichtet Satz 2 bei notwendigen Treppen in Treppenräumen und bei Außentreppen auf die Anforderungen an die Feuerwiderstandsfähigkeit der Treppe, verlangt aber, dass sie nichtbrennbar sind. Werden die Rettungswege von begehbaren Flächen veränderbarer Einbauten über Treppen geführt, so müssen diese die Anforderungen an notwendige Treppen erfüllen. Für diesen Fall enthält Satz 3 eine Erleichterung. Analog zur Regelung des § 3 Abs. 6 gilt Absatz 2 Satz 1 bis 3 nicht für Messestände.

Zweck der Regelung des Absatzes 3 ist es, die sichere Begehbarkeit der Treppen im Fall einer Räumung zu gewährleisten sowie die Personenströme zu ordnen und auf mehrere Treppen zu lenken. Der Begriff "lichte Breite" entspricht dem Begriff der "nutzbaren Treppenlaufbreite" DIN 18065:2000-03 Abschnitt 4.10.

Aus Gründen der Verkehrssicherheit und im Hinblick auf die barrierefreie Nutzbarkeit von Treppen stellt Absatz 4 über den § 34 Abs. 6 MBO 2002 hinausgehende Anforderungen. Die Regelungen der Absätze 5 und 6 sind aus den gleichen Gründen erforderlich.

Sind Stufengänge in Versammlungsräumen und auf Tribünen sehr steil, dann können die Verkehrssicherungsanforderungen an Treppen in Betracht kommen. Statt Handläufen können Haltebügel erforderlich werden.

Zu § 9 Türen und Tore
(§§ 20, 21, 24 und 52 VStättVO 1978, § 12 Abs. 3 und § 13 Muster-GastBauVO 1982)

Die MVStättV verzichtet künftig darauf, Sicherheitsschleusen (§ 56 VStättVO 1978) zwischen Zuschauerhaus und Bühnenhaus sowie zwischen notwendigen Treppenräumen für Besucher und Betriebsräumen im Keller vorzuschreiben.

Die Absätze 1 und 2 beschreiben die Anforderungen an die Türen und Tore in raumabschließenden Innenwänden und inneren Brandwänden von Versammlungsstätten. Für die Türen in der Trennwand zwischen Zuschauer- und Bühnenhaus einer Großbühne gilt jedoch die erhöhte Anforderung des § 22 Abs. 2 Satz 2.

Die Regelung fasst die bisher auch im besonderen Teil enthaltenen Vorschriften über die Anforderungen an Türen und Toren im allgemeinen Teil zusammen. Gegenüber den bisherigen Anforderungen der §§ 45 Abs. 5 und 49 Abs. 2 VStättVO 1978 werden die Anforderungen von feuerbeständig auf

feuerhemmend, rauchdicht und selbstschließend erleichtert. Die Abminderung ist auch für die Tore zwischen Bühne und Bühnenerweiterung bei Großbühnen vertretbar, weil Großbühnen eine automatische Sprühwasserlöschanlage haben müssen.

Die Absätze 3 bis 5 entsprechen inhaltlich den bisherigen Regelungen des § 24 Abs. 3 bis 5 VStätt-VO 1978 und des § 15 Abs. 3 bis 5 der Muster-Verkaufsstättenverordnung. Die Formulierung des Absatzes 3 stellt klar, dass die Türen der Rettungswege während der Anwesenheit von Personen nur für die Bereiche funktionsfähig sein müssen, in denen sich die Personen tatsächlich aufhalten. Damit wird bei Versammlungsstätten mit mehreren Versammlungsräumen oder Gebäudeabschnitten ein abschnittsweiser Betrieb ermöglicht. Es müssen nicht ständig alle Türen in allen Rettungswegen der Versammlungsstätte jederzeit geöffnet werden können, sondern nur die Türen der (mindestens beiden) Rettungswege, die dem jeweils betriebenen Versammlungsraum oder Gebäudeabschnitt zugeordnet sind. Zentrale Entriegelungen sind nur zulässig, wenn sie die individuelle Entriegelung nicht ausschließen, sondern überlagern. Elektrische Verriegelungssysteme, mit denen die Türen in Rettungswegen leicht zu öffnen sind, sind in der Muster-Richtlinie über elektrische Verriegelungssysteme von Türen in Rettungswegen geregelt. Automatische Schiebetüren, die die Rettungswege nicht beeinträchtigen, sind in der Muster-Richtlinie über automatische Schiebetüren in Rettungswegen geregelt.

Absatz 6 berücksichtigt das Interesse der Veranstalter an einer Eingangskontrolle. Drehtüren, Drehkreuze, insbesondere aber die neuen durch elektronische Kontrollsysteme gesteuerten Drehkreuze, erfordern eine Regelung, die sicher stellt, dass die Funktion der Rettungswege nicht beeinträchtigt wird.

Abschnitt 3
Besucherplätze und Einrichtungen für Besucher

Zu § 10 Bestuhlung, Gänge und Stufengänge
(§§ 13, 14, 15 und 94 VStättVO 1978)

In § 10 werden die bisher an verschiedenen Stellen der VStättVO 1978 enthaltenen Regelungen zusammengefasst. Absatz 1 entspricht der Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1 VStättVO 1978. Satz 2 ist erforderlich, weil Gaststätten in den Anwendungsbereich der MVStättV aufgenommen sind, eine feste Bestuhlung dem Nutzungszweck der gastronomischen Bereiche widerspricht. Zugleich übernimmt Satz 2 die bisherige Regelung des § 14 Abs. 4 für Logen in Form einer weiteren Erleichterung, in dem sie bis zu 20 Sitzplätze ohne feste Bestuhlung zulässt.

Absatz 2 enthält die Standardanforderung an die Sitzplatzbereiche, die bei Versammlungsstätten mit Großveranstaltungen aus Sicherheitsgründen erforderlich sind. Die Anforderung entspricht den Vorschriften des DFB für Bundesligaspiele.

Absatz 3 entspricht der Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 VStättVO 1978. Die Durchgangsbreite von mindestens 0,40 m entspricht dem Entwurf der DIN EN 13200. Aus der Modulbreite von 0,60 m (= Sitzbreite plus notwendiger Armraum) und der Tiefe des Podestes von ca. 0,85 m (= übliche Sitztiefe plus Durchgangsbreite) ergibt sich ein Platzbedarf von 0,51 m² je Sitzplatz. Für zwei Besucher also 1,02 m². Dies entspricht der Maßzahl von zwei Besuchern je 1 m² laut § 1 Abs. 2.

Die Blockbildung nach Absatz 4 ist aus Sicherheitsgründen erforderlich. Sie entspricht den Anforderungen des DFB für Bundesligaspiele und der Regelung des Entwurfs der DIN EN 13200-1 Nr. 6.1. Satz 3 und 6. Abweichend vom DIN-Entwurf ist ein Gang vor der ersten Sitzreihe eines Blocks nicht zwingend vorgeschrieben, da dies insbesondere bei Stufenreihen nicht praxisgerecht wäre.

Absatz 5 beinhaltet gegenüber der bisherigen Regelung des § 14 Absätze 2 und 3 VStättVO 1978 eine Verschärfung. Die Verschärfung ist erforderlich, um die Bestimmung dem Entwurf der DIN-EN 13200-1 Nr. 6.2 Satz 5 anzupassen. Diese sieht für Versammlungsräume max. 20 Sitze zwischen zwei seitlichen Gängen und bei Versammlungsstätten im Freien und Sportstadien max. 40 Sitze zwischen zwei seitlichen Gängen vor. Die geringfügige Erhöhung der Anforderung dient der schnelleren Evakuierung und unterstützt die höheren Sicherheitsanforderungen bei Großveranstaltungen. Die Blockbildung steht im direkten Zusammenhang mit den Regelungen der §§ 27 bis 30. Eine gute Zugänglichkeit der einzelnen Besucherplätze unterstützt auch neuzeitliche Veranstaltungskonzepte, die zulassen, dass Besucher während der Veranstaltung den Platz verlassen können. Die Regelung greift nicht in den Bestandsschutz ein. Der bloße Austausch von Stühlen unter Beibehaltung des genehmigten Bestuhlungsplanes berührt nicht den Bestandsschutz.

Aus § 7 Abs. 4 ergibt sich eine Mindestbreite der Stufengänge und Ausgänge von 1,20 m. Bezogen auf eine Blockbildung von je zehn Sitzen beiderseits eines 1,20 m breiten Stufenganges ergeben sich somit zehn zulässige Reihen (2x10x10=200 Besucherplätze). Soll die Höchstzahl von 30 Reihen ausgeschöpft werden, bedeutet dies bei einer Gesamtzahl von 600 Besucherplätzen im Block, dass der Stufengang und der Ausgang jeweils 3,60 m breit sein müssen; alternativ wäre, bei Beibehaltung der Rettungswegbreite von 1,20 m, für jeweils zehn Reihen ein zusätzlicher Ausgang von 1,20 m Breite durch ein Mundloch erforderlich.

Satz 3 ist eine Sonderregelung insbesondere für Theater und entspricht der Regelung des bisherigen § 14 Abs. 3 VStättVO 1978. Diese Sonderregelung ist nur anwendbar, wenn in einem Versammlungsraum zwischen den beiden an den Seitenwänden geführten Seitengängen die Sitze in nur einem Block angeordnet sind.

Absatz 6 entspricht der bisherigen Regelung des § 15 VStättVO 1978. Satz 1 bringt zugleich für Gaststätten eine Erleichterung gegenüber dem § 9 Abs. 2 der bisherigen Muster-GastBauVO 1982. Die Regelung ist als Bauvorschrift gefasst, weil es um die Aufteilung der Flächen und die Anordnung der Rettungswege geht. Die Verlängerung des Weges zwischen den Tischen von 5 auf 10 m ist nur unter dem Gesichtspunkt vertretbar, dass zugleich der Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Tischen vorgeschrieben ist, damit eine Durchgangsbreite von ca. 50 cm gesichert ist. Die Fassung als Sollvorschrift ermöglicht unter Beachtung des mit der Begrenzung der Rettungswege verfolgten Schutzzieles die Reduzierung des Tischabstandes jedoch nur unter gleichzeitiger Reduzierung der Weglänge.

Die Regelung des Absatzes 7 ist erforderlich, um Versammlungsräume und damit auch die Versammlungsstätte für die auf die Benutzung von Rollstühlen angewiesenen Besucher zugänglich zu machen. Es handelt sich um eine Konkretisierung der schon bisher bestehenden Regelungen der § 3a und 15 a VStättVO. Die Regelung entspricht DIN 18024 - 2 Nummer 13. Geeignet sind diese Plätze nur, wenn die Sichtbeziehung zur Szenenfläche oder Sportfläche ohne Beeinträchtigung möglich ist. Damit sind Plätze hinter sichtbehindernden Abschrankungen, Stützen oder Pfeilern oder unmittelbar vor erhöhten Podien ausgeschlossen. Überdachte Tribünen sind Versammlungsräume; für überdachte Tribünen von z.B. Sportstadien gilt somit die Regelung des Absatzes 7. Für nicht überdachte Tribünen greift § 50 Abs. 2 bis 4 MBO 2002 unmittelbar in Verbindung mit der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 18024 - 2, wobei die Bemessung entsprechend Absatz 7 Satz 1 einen Anhalt bieten kann.

Die Regelung des Absatzes 8 entspricht der Vorschrift des bisherigen § 21 Abs. 2 VStättVO 1978. Sie ist erforderlich, da nur Stufengänge mit einer ununterbrochenen Folge von mindestens drei Treppenstufen zwischen zwei Ebenen von der DIN 18065 (Treppen) erfasst werden. Da Stufengänge mit nur jeweils einer oder zwei Stufen zwischen den Sitzplatzebenen möglich sind und Stufengänge immer Rettungswege sind bedarf es einer speziellen Regelung. Die Bemessung wird an die Werte der DIN 18065 Tabelle 1 Zeile 4 Spalten 4 und 5 angepasst. Die farbige Kennzeichnung der Rettungswege in großen Versammlungsstätten dient der Erkennbarkeit und der Durchsetzung der Betriebsvorschrift des § 31 Abs. 2.

Zu § 11 Abschrankungen und Schutzvorrichtungen
(§ 11, 16, 61 Abs. 2, 82 bis 86 VStättVO 1978)

§ 11 fasst die bisherige Bestimmung über die Umwehrung nach § 11 VStättVO 1978 und die Regelung über Abschrankungen in den §§ 82 bis 86 VStättVO 1978 zusammen und ergänzt die Bestimmungen des § 38 MBO 2002. § 38 Abs. 1 Nr. 1 MBO 2002 schreibt grundsätzlich die Umwehrung von begehbaren Flächen mit mehr als 1 m Höhe über angrenzenden Flächen vor; lediglich die Seiten, die aus Gründen der Nutzung offen bleiben müssen, sind nicht zu umwehren. Bei Bühnen ist dies die zum Zuschauer zugewandte Seite.

Umwehrungen haben den Zweck, den Absturz zu verhindern. Das Risiko eines Absturzes wird ausschließlich von der Höhe der Umwehrung (Kipppunkt) über der zu umwehrenden Fläche bestimmt und hängt nicht davon ab, in welcher Höhe über einer tieferliegenden Fläche sich die umwehrte Fläche befindet. Die Höhe der umwehrten Fläche über einer tieferliegenden Fläche mag für das weitere Schutzziel der Vermeidung eines konkreten Verletzungsrisikos erheblich sein, letzteres ist aber nicht das vorrangige Schutzziel der Regelung. Die Erhöhung auf 1,10 m berücksichtigt die größere Körperhöhe des Menschen. Da sich in Versammlungsstätten regelmäßig auch Kleinkinder aufhalten können, ist eine Regelung erforderlich, die das Überklettern der Umwehrungen erschwert und das Durchfallen durch Lücken in der Umwehrung möglichst verhindert. Da die MBO 2002 dies nicht allgemein regelt, ist hier eine spezielle Regelung unverzichtbar.

Absatz 4 entspricht im Wesentlichen der Bestimmung des bisherigen § 16 Abs. 4 VStättVO 1978. Die DIN 1055 Satz 3 Ziffer 7 Nr. 1.2 setzt für Abschrankungen eine Lastannahme von lediglich 50 kp pro laufenden Meter fest. Dies ist bei Glaswänden und bei anderen Abschrankungen, die auch bei Gedränge nicht eingedrückt werden dürfen, zu niedrig. Die Regelung des Absatzes 4 formuliert die Anforderung unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Personengruppe" ohne die Zahl der Personen zu benennen. Sie lässt damit Platz für die Ausfüllung des Rechtsbegriffs durch Verwaltungsvorschrift oder durch DIN-Normung. Solange eine Überarbeitung der DIN 1055 im Hinblick auf die Anforderung nicht erfolgt ist, sind mindestens 200 kp pro laufenden Meter ~ 2 kN pro laufenden Meter anzusetzen. Eine Festsetzung höherer Anforderungen ist wegen des Risikos von einer Panik bei Massenveranstaltungen erforderlich. Der Entwurf der DIN EN 13 200-1 sieht in Nr. 8b unterschiedliche Bemessung in Abhängigkeit von der Bewegungsrichtung und dem Anbringungsort der Umwehrung vor, ohne konkrete Lastannahmen zu benennen. Die Verordnung setzt nur die Mindestlast fest, höhere Lasten hängen vom jeweiligen Lastfall ab und sind nach der Norm zu ermitteln. Die Regelung des Absatzes 4 ist auf die Abschrankungen in den den Besuchern zugänglichen Bereichen beschränkt. In den nur den Beschäftigten der Versammlungsstätte zugänglichen Bereichen, wie der Bühne, reichen die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen insbesondere der GUV 6.15 (=VBG 70 = BGV C1) aus.

Welche Schutzvorrichtungen nach Absatz 6 erforderlich sind, ist im Einzelfall zu prüfen und hängt im Wesentlichen von der Art der Gefährdung ab. So ist bei Fußballspielen in der Regel nur eine Sicherung des Bereichs hinter dem Tor in der Breite des Strafraumes erforderlich. Satz 2 stellt klar, dass Besucher durch schwebende Lasten nicht gefährdet werden dürfen.

§ 12 Toilettenräume
(§§ 24 b, 33, 39, 49 und 63 VStättVO 1978 sowie § 22 Muster-GastBauVO 1982)

Die Regelung des Absatzes 1 orientiert sich an der Bestimmung des bisherigen § 22 Muster-GastBauVO 1982. Die Übernahme in die MVStättV erfolgt, weil gerade bei einem großen Personenkreis derartige Regelungen aus hygienischen Gründen zwingend erforderlich sind. Da die grundsätzlichen Anforderungen des § 47 Abs. 2 MBO 1997 nicht in den § 43 MBO 2002 übernommen wurden, bedarf es für den Sonderbau "Versammlungsstätte" einer speziellen Regelung. Da sich die bisher vorgeschriebene Anzahl von Toilettenbecken bei Großveranstaltungen als nicht ausreichend erwiesen hat, werden hier höhere Werte festgesetzt. Die Regelungen der Sätze 4 und 5 ermöglichen eine flexible Handhabung nach der Art der Veranstaltung, bei Messeveranstaltungen und vergleichbaren Großveranstaltungen, insbesondere bei temporären Versammlungsstätten im Freien. Bei Großveranstaltungen im Freien müssen gegebenenfalls mobile Toiletten eingerichtet werden.

Absatz 2 entspricht der bisherigen Regelung des § 24 b VStättVO 1978. Die weiteren Anforderungen der Absätze 3 bis 5 entsprechen den bisherigen Anforderungen der VStättVO 1978 und der Muster-GastBauVO 1982.

Zu § 13 Stellplätze für Behinderte
(§ 5 Abs. 2 VStättVO 1978)

Die neue Regelung stellt nicht nur auf "Schwerbehinderte" oder "Benutzer von Rollstühlen" ab, sondern allgemein auf Behinderte im Sinne des § 50 MBO 2002 und der Behindertengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder. Die Regelung ist in den Ländern entbehrlich, in denen es eine auf der Landesbauordnung beruhende Stellplatzrichtlinie gibt, die den Sachverhalt der notwendigen Stellplätze für Behinderte bei Versammlungsstätten ausreichend regelt.

Gegenüber dem § 5 Abs. 2 VStättVO 1978, der bereits bisher mindestens "drei Prozent der Stellplätze für Schwerbehinderte" vorschreibt sieht § 13 künftig eine von der Bemessung der notwendigen Stellplätze unabhängige, feste Bemessung der Stellplätze für Behinderte vor. Da die Stellplatz-Richtzahlen bei Versammlungsstätten nach der Art der Versammlungsstätte unterschiedliche Richtzahlen festschreiben (z.B. bei Theatern einen Stellplatz je fünf Besucherplätze, bei Sportstadien einen Stellplatz je zehn bis fünfzehn Besucherplätze) ist es nicht zweckmäßig, die Anzahl der notwendigen Stellplätze für die Kraftfahrzeuge behinderter Personen an die Gesamtzahl der notwendigen Stellplätze zu binden. Wäre nur eine geringe Zahl notwendiger Stellplätze nachzuweisen, dann hätte dies zur Folge, das auch entsprechend weniger Stellplätze für die Fahrzeuge behinderter Personen zur Verfügung stünden.

Die Zahl der notwendigen Stellplätze für die Kraftfahrzeuge behinderter Personen ist damit gleichbleibend, auch wenn die Stellplatzanforderungen im Übrigen auf Grund der Stellplatz-Richtzahlen, einer Stellplatzbeschränkungssatzung reduziert sind oder ganz auf Stellplätze verzichtet würde.

§ 10 Abs. 7 reserviert mindestens ein Prozent der Besucherplätze für Rollstuhlbenutzer. Dies schließt nicht aus, dass auch andere Besucherplätze durch Behinderte, die nicht Rollstuhlbenutzer sind, in Anspruch genommen werden. Die Stellplatzrichtlinien lassen im Allgemeinen jeweils für fünf Besucherplätze einen Stellplatz genügen. Bei einer Versammlungsstätte mit 1 000 Besucherplätzen werden demnach ca. 200 Stellplätze erforderlich. Aus § 10 Abs. 7 ergibt sich für diesen Fall, dass diese Versammlungsstätte mit 1 000 Besucherplätzen mindestens zehn Besucherplätze für Rollstuhlbenutzer haben müsste. Für diese zehn Besucherplätze müssen somit mindestens fünf besondere Stellplätze zur Verfügung stehen. Da Rollstuhlbenutzer überwiegend auf die Nutzung von Kraftfahrzeugen angewiesen sind, erscheint eine weitere Reduzierung nicht angebracht. Für die Stellplätze ist DIN 18024-1 und 18024-2 zu beachten.

Abschnitt 4
Technische Anlagen und Einrichtungen, besondere Räume

Zu § 14 - Sicherheitsstromversorgungsanlagen, elektrische Anlagen und Blitzschutzanlagen
(§ 103 VStättVO 1978)

Absatz 1 bezeichnet alle sicherheitstechnischen Anlagen, für die eine Sicherheitsstromversorgung gefordert wird. Sie soll eine Stromversorgung der sicherheitstechnisch erforderlichen Einrichtungen bei Stromausfall, aus welcher Ursache auch immer, sicherstellen. Die konkrete Ausführung der Sicherheitsstromversorgungsanlage richtet sich nach DIN VDE 0108. § 105a Satz 4 VStättVO 1978 hat bisher vorgesehen, dass Aufzüge für die Benutzer von Rollstühlen an eine Sicherheitsstromversorgung anzuschließen sind; diese Regelung entfällt künftig, da sie mit der Regelung der Brandfallsteuerung nach § 20 Abs. 4 nicht vereinbar ist. In der Konsequenz bedeutet dies für Aufzüge für die Benutzer von Rollstühlen, dass auch für sie im Brandfall das Verbot der Nutzung der Aufzüge greift. Von einer Aufnahme der Aufzüge mit Brandfallsteuerung nach § 20 Abs. 4 sowie der Feuerschutzabschlüsse in die Regelung des Absatzes 1 wurde abgesehen, weil sich die Sicherheitsstromversorgung für die Aufzüge mit Brandfallsteuerung sowie die Feuerschutzabschlüsse unmittelbar aus den dafür geltenden technischen Regeln oder Zulassungen ergibt.

Die Regelung des Absatzes 2 stellt klar, dass der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie entsprechende Installationsschächte und -kanäle sowie Abschottungen auch für die vorübergehende Verlegung beweglicher Kabel und Leitungen anzuwenden sind. Die Vorhaltung dieser baulichen Vorkehrungen ermöglicht die flexible Nutzung bei wechselnden Veranstaltungen. Kabeldurchführungen durch Brandwände können z.B. durch Brandschutzkissen abgeschottet werden. Es ist nicht zulässig, Kabel vorübergehend durch Brand- oder Rauchschutztüren zu verlegen und dadurch deren Schutzfunktion zu beeinträchtigen.

Die Regelung des Absatzes 3 stellt eine Erleichterung gegenüber der bisherigen Regelung des § 105 VStättVO 1978 dar. Im Hinblick auf die heutige Steuer- und Regelungstechnik sind die scharfen Anforderungen des § 105 VStättVO 1978 nicht mehr erforderlich. Absatz 3 ist daher auf den Zweck beschränkt, zum einen den Schutz der Besucher bei im Versammlungsraum aufgestellten elektrischen Schaltanlagen zu gewährleisten und zum anderen eine Manipulation von Schaltanlagen, wie Verteiler, Dimmer und andere Sicherungs- und Steuerungseinrichtungen, durch unberechtigte Besucher auszuschließen. Im Übrigen sind die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten.

Blitzschutzanlagen nach Absatz 4 sind erforderlich, weil Versammlungsstätten zu den baulichen Anlagen gehören, bei denen nach Lage, Bauart oder Nutzung Blitzschlag leicht eintreten oder zu schweren Folgen führen kann. Die Regelung dient der Vermeidung von Brand und von schweren Schäden an sicherheitstechnischen Einrichtungen. Sie dient damit zugleich der Vorbeugung von Panik bei Massenveranstaltungen.

Zu § 15 Sicherheitsbeleuchtung
(§ 104 VStättVO 1978)

Der Text wurde gestrafft und redaktionell überarbeitet. Absatz 1 ist schutzzielorientiert formuliert. Eine spezielle Regelung der Beleuchtungsstärken ist nicht erforderlich, weil sich dies im Einzelnen aus der DIN VDE 0108 Teil 2, Versammlungsstätten, Abschnitt 6 Nr. 2.2 sowie DIN VDE 0108-1 Tabellen 1 und 2 zu Abschnitt 3.3.2 ergibt. Im Übrigen sind die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften zu beachten.

Zu § 16 Rauchableitung
(§§ 27, 38 und 48 VStättVO 1978 und § 15 Muster-GastBauVO 1982)

Die Vorschrift über die Rauchableitung wurde gegenüber den bisherigen Regelungen gestrafft, schutzzielorientiert formuliert und an der Gesamtkonzeption des Brandschutzes ausgerichtet. Die Rauchableitung ist erforderlich, um den Einsatz der Feuerwehr zu ermöglichen. Dies hat unmittelbare Auswirkung auf die Bemessung, den Zeitpunkt des Wirksamwerdens und die Dauer der Funktionsfähigkeit der Rauchabzugsanlagen.

Der Personenschutz wird im Brandfall - wie auch bei der Verkaufsstättenverordnung - insbesondere durch eine schnelle Räumung der Versammlungsstätte durch Selbstrettung der Personen innerhalb weniger Minuten verwirklicht. Demzufolge liegt der Schwerpunkt auf dem Schutz, der Anordnung, der Bemessung und der Führung der Rettungswege, dem Sicherheitskonzept und dem Ordnungsdienst (siehe § 43).

Absatz 1 Satz 1 schreibt für alle Versammlungsräume und sonstigen Aufenthaltsräume mit mehr als 200 m² Grundfläche sowie für alle Versammlungsräume in Kellergeschossen vor, dass diese Räume entraucht werden können. Die Entrauchung kann prinzipiell durch das Öffnen von Fenstern, von Rauchableitungsöffnungen oder durch Einschalten von Rauchabzugsanlagen erfolgen. Für kleinere Räume bis 200 m² genügt das Anforderungsniveau des § 47 Abs. 2 Satz 1 MBO 2002.

Absatz 2 beinhaltet eine Erleichterung in Form einer pauschalen Regelung für Räume unter 1 000 m² Grundfläche. Absatz 2 ist somit eine gegenüber Absatz 3 spezielle Sonderregelung für Räume bis zu 1 000 m² Grundfläche; in diesem Fall muss also keine raucharme Schicht von mindestens 2,5 m Höhe nachgewiesen werden. Die Formulierung "genügen" stellt dies klar. Satz 1 schreibt Rauchableitungsöffnungen von mindestens 1 % der Grundfläche des Raumes vor. Als Alternative zu den Rauchableitungsöffnungen werden für die Entrauchung günstig angeordnete Fenster und Türen zugelassen; wegen der gegenüber Rauchableitungsöffnungen schlechteren Wirksamkeit muss deren freie Öffnungsfläche das Doppelte betragen. Unter dem unbestimmten Rechtsbegriff "freie Öffnungsfläche" ist die für die Rauchableitung tatsächlich nutzbare Fläche zu verstehen. So steht bei einem gekippten Fenster für den Rauchabzug nicht die gesamte Fensterfläche zur Verfügung, sondern nur der durch das Kippen frei gegebene Spalt. Ein Nachweis der "aerodynamisch wirksamen Fläche" ist wegen des pauschalen prozentualen Ansatzes nicht erforderlich.

Die Vorschrift beinhaltet ferner eine Pauschalregelung für mechanische Rauchabzugsanlagen. 36 m³/h (= 0,01m³/s) je m² Grundfläche bedeuten bei einem Raum von 200 m² Grundfläche eine Abluftleistung von 2 m³/s, bei einem Raum von 400 m² Grundfläche eine Abluftleistung von 4 m³/s und bei einem Raum von 1000 m² Grundfläche eine Abluftleistung von 10 m³/s. Auch bei dieser Alternative ist eine Nachweis einer rauchfreien Schicht gemäß Absatz 3 nicht erforderlich.

Für Versammlungsräume und sonstige Aufenthaltsräume mit mehr als 1 000 m² schreibt Absatz 3 Rauchabzugsanlagen vor, deren Bemessung nach den technischen Regeln oder mit ingenieurtechnischen Methoden nachzuweisen ist. Wegen der grundsätzlich gleichen Problemstellung der Rauchableitung aus großen Hallen, können die Grundgedanken des Normentwurfs DIN 18232 - 1 bis 5 auch bei der Bemessung der Rauchableitung aus Versammlungsstätten herangezogen werden. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in Versammlungsräumen regelmäßig deutlich geringere Brandlasten bestehen als z.B. in Industriebauten. Im Einzelfall kann daher eine gutachterliche Bewertung nach wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Erkenntnissen zweckmäßig sein.

Nach Absatz 3 ist zur Erreichung der Schutzziele auf allen zu entrauchenden Geschoss- oder Emporenebenen eine raucharme Schicht von mindestens 2,5 m erforderlich. Die raucharme Schicht ist erforderlich, um einen sicheren und wirkungsvollen Einsatz der Feuerwehr zu ermöglichen; nur so ist im Brandfall eine rasche Suche nach in den Räumen verbliebenen Personen und Brandherden gewährleistet. Die 2,5 m raucharme Schicht berücksichtigt die durchschnittliche Körperhöhe des Menschen und einen Sicherheitsbeiwert. Grundsätzlich sind alle Ebenen zu entrauchen, auf denen sich Personen - seien es Besucher oder Beschäftigte - regelmäßig aufhalten können. Zu den zu entrauchenden Ebenen gehören somit auch die Ränge und Emporen in den Versammlungsräumen. Die Rauchabzugsanlagen müssen daher so angeordnet und bemessen sein, dass sie im einem Zuschauerraum mit mehreren Rängen nicht nur das Parkett, sondern auch alle Ränge bis in eine Höhe von 2,5 m über dem jeweiligen Fußboden raucharm halten können. Für Ebenen, die nicht für den regelmäßigen Aufenthalt von Personen bestimmt sind oder die nur im Fall von Wartungsarbeiten betreten werden, wie Technikgeschosse oder Arbeitsgalerien, ist die Freihaltung einer raucharmen Schicht von 2,5 m dagegen nicht erforderlich.

Da für Großbühnen eine automatische Sprühwasserlöschanlage vorgeschrieben ist, kann auf den in der bisherigen Bemessungsvorschrift systematisch mit berücksichtigten Wärmeabzug verzichtet und von den festen Bemessungsregeln von 3 % bei Mittelbühnen (§ 27 Abs. 2, § 38 Abs. 1 VStättVO 1978) und 8 % bei Vollbühnen (§ 48 Abs. 1 VStättVO 1978) abgegangen werden.

Absatz 4 entspricht der bisherigen Regelung und schreibt eine Entrauchung der Treppenräume unabhängig von der Zahl der Geschosse oder der Höhe der Gebäude vor.

Absatz 5 regelt die Anordnung der Rauchableitungsöffnungen. Die Sätze 1 bis 3 entsprechen hinsichtlich der Anordnung den bisher in den §§ 27, 38 und 48 VStättVO 1978 enthaltenen Bestimmungen. Satz 4 ergänzt die Bestimmung des Absatzes 3 hinsichtlich der Lage der für die Rauchableitung mit berücksichtigten Fenster, ist jedoch auch in dem Fall zwingend zu berücksichtigen, in dem eine Bemessung nach Absatz 2 erfolgt. Die für die Entrauchung maßgeblichen Fenster- oder Türflächen dürfen in den Nachweis der Bemessung somit nur einbezogen werden, wenn oder soweit sie im oberen Drittel der jeweiligen Geschossebene angeordnet sind.

Absatz 6 entspricht der Regelung des § 48 Abs. 5 VStättVO 1978 (350 Pa = 35 kp/m²). Die automatische Auslösung durch Temperaturmelder ist auf Grund der heutigen Steuer- und Regelungstechnik möglich.

Absatz 7 ermöglicht es, die maschinellen Lüftungsanlagen, die die Anforderungen an Rauchabzuganlagen erfüllen, auch als Rauchabzugsanlagen zu betreiben.

Die Bestimmungen der Absätze 8 und 9 entsprechen den bisherigen Regelungen. Die Anforderung des Absatz 8 Satz 1 erfordert lediglich, dass die einzelnen Fenster vom jeweiligen Fußboden aus geöffnet werden können. Fenster und Türen, die nach Absatz 5 angerechnet werden können, fallen nicht unter den Begriff "Rauchabzugsanlage". Eine zentrale Bedienungsvorrichtung für Fenster und Türen ist nicht erforderlich.

Zu § 17 Heizanlagen und Lüftungsanlagen
(§§ 21, 26 und 53 VStättVO 1978)

Die Muster-Feuerungverordnung erfasst nur Feuerstätten im Sinne des § 2 Abs. 8 MBO 2002, also ortsfest benutzte Anlagen oder Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, durch Verbrennung Wärme zu erzeugen. Dazu gehören auch gasbetriebene Heizstrahler (z.B. Hellstrahler). Heizungsanlagen, in denen keine Verbrennung stattfindet (z.B. elektrische Heizanlagen oder Strahler) werden zwar von der Muster-Feuerungsverordnung nicht erfasst, unterfallen jedoch dem § 17 Abs. 1, da dieser nicht auf die Art der Wärmeerzeugung abstellt.

In Versammlungsstätten sind wegen des Personenschutzes und wegen der Vermeidung von Brandgefahren für alle Heizungsanlagen unabhängig von der Art der Wärmeerzeugung ausreichende Sicherheitsvorkehrungen erforderlich. Absatz 1 benennt die Schutzziele. Die Installation von Heizungsanlagen ist in den allgemein anerkannten Regeln der Technik geregelt. So ist z.B. für Gas -Hellstrahler das DVGW -Arbeitsblatt G 638-1 einschlägig. Für Feuerungsanlagen gelten zusätzlich die Vorschriften der Muster-Feuerungsverordnung.

Absatz 2 regelt die Anforderungen an die Lüftung. Die Grundanforderung, dass ein Aufenthaltsraum durch Fenster oder raumlufttechnische Anlagen belüftet können werden muss, ergibt sich bereits aus § 47 Abs. 2 MBO 2002. § 17 stellt jedoch klar, dass Aufenthaltsräume mit mehr als 200 m² Grundfläche eine mechanische Lüftungsanlage haben müssen. Dies ist erforderlich, weil erst diese Regelung zur Anwendung der die Vorschrift ausfüllende allgemein anerkannten Regel der Technik - DIN 1946 - führt.

Soll bei Versammlungsräumen oder sonstigen Aufenthaltsräumen mit mehr als 200 m² im Einzelfall auf eine nach § 17 erforderliche Lüftungsanlage verzichtet werden, so ist darüber durch Zulassung einer Abweichung zu entscheiden. Wegen der durch § 47 MBO 2002 und § 17 verfolgten Schutzziele kommt eine Abweichung nur in Betracht, wenn ein ausreichender Luftwechsel durch notwendige Fenster nachgewiesen wird.

Bei der Bemessung der Lüftungsanlage sind die arbeitsrechtlichen Bestimmungen der Arbeitsstätten-Richtlinie "ASR 5 Lüftungstechnische Anlagen" sowie die "DIN 1946-2: 1994-01, Raumlufttechnik Gesundheitstechnische Anforderungen" zu beachten und gemäß § 44 Abs. 2 nachzuweisen. Der erforderliche Außenluftstrom ist gemäß DIN 1946 Teil 2 Ziffer 4.4.2 nach der Zahl der Besucherplätze im Versammlungsraum, nach der Grundfläche des Versammlungsraumes und nach möglichen Luftverunreinigungen zu berechnen, wobei der jeweils höhere Wert maßgebend ist.

Der in Tabelle 3 der DIN 1946-2 für Versammlungsräume vorgegebene Außenluftstrom von 20 m³/h pro Person entspricht dem arbeitsrechtlichen Grundgedanken der ARS 5, dass jeder Person, wenn diese keiner besonderen Belastung ausgesetzt ist, stündlich ca. 20 m³ frische Atemluft zur Verfügung stehen müssen und sich dieser Wert bei besonderer körperlicher Belastung oder schlechten Luftverhältnissen noch erhöht. Für Versammlungsstätten, in denen geraucht wird oder in denen die Besucher belästigenden Geruchsquellen ausgesetzt sind, soll der Mindest-Außenluftstrom je Person 40 m³/h betragen. Die ASR 5 fordert unter Nr. 4.2 für überwiegend sitzende Tätigkeiten eine Außenluftstrom von mindestens 20 m³/h je Person und kommt - abhängig von der Belastung - ebenfalls auf bis zu 40 m³/h je Person.

Maßgebend für die Bemessung ist die maximale Leistungsfähigkeit der Lüftungsanlage bei Vollbetrieb der Versammlungsstätte. Die Lüftungsanlage kann, z.B. wenn sich nur wenige Personen im Versammlungsraum aufhalten, mit geringerer Leistung betrieben werden.

Halten sich im Versammlungsraum regelmäßig nur Besucher auf - wie z.B. in einem Kinosaal - sind nur die bauaufsichtlichen Anforderungen des § 17 zu erfüllen. Halten sich im Versammlungsraum überwiegend Arbeitnehmer auf - wie z.B. auf der Bühne -, so überlagern sich die bauaufsichtliche Mindestanforderung des § 17 in Verbindung mit DIN 1946-2 und die speziell für Arbeitsstätten geltenden Anforderungen der ASR 5. Gesonderte Regelungen für Orchestergraben und Regieräume sind entbehrlich, da sich hierfür die Anforderungen aus der ASR 5 ergeben.

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