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BauGBÄndG 2017 - Mustererlass
Muster-Einführungserlass zum Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt und zu weiteren Änderungen des Baugesetzbuchs

Vom 28. September 2017
(Publikationen ARGEBAU)



Beschlossen durch die Fachkommission Städtebau am 28. September 2017.

1. Allgemeines

1.1 Einführung

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) ist am 13. Mai 2017 in Kraft getreten.

Das BauGBÄndG 2017 dient zum einen der Anpassung des Baugesetzbuchs an die Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 124 vom 25.04.2014 S. 1) (UVP-Richtlinie). Zum anderen wird die Innenentwicklung gestärkt. Hierzu wurde in der Baunutzungsverordnung die neue Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" eingeführt. An der Schnittstelle von Städtebaurecht und Immissionsschutzrecht wird den Kommunen zur Erleichterung des Bauens in stark verdichteten städtischen Gebieten mehr Flexibilität eingeräumt.

Das Gesetz greift zudem weitere städtebauliche Anliegen auf und führt diese einer gesetzlichen Regelung zu: So wurden flankierende Regelungen aufgenommen, die es ermöglichen, durch bauplanungsrechtliche Festsetzungen die Folgen von Störfällen in der Nachbarschaft von Störfallbetrieben zu vermeiden oder zu mindern. Im Hinblick auf Ferienwohnungen und Nebenwohnungen sind Rechtsunsicherheiten beseitigt und die kommunalen Steuerungsmöglichkeiten ausgeweitet worden. Des Weiteren wurden Erleichterungen für den Wohnungsbau geschaffen.

Dieser Muster-Erlass berücksichtigt zugleich folgende weitere Rechtsänderungen mit Auswirkungen auf die Bauleitplanung oder die Zulässigkeit von Vorhaben:

1.2 Überblick über die Neuregelungen

Wesentliche Änderungen im Baugesetzbuch sind:

Wesentliche Änderungen der Baunutzungsverordnung sind:

2 Bauleitplanung

2.1 Ziele und Grundsätze der Bauleitplanung (§ 1 Absatz 5 BauGB)

In § 1 Absatz 5 Satz 1 BauGB werden nunmehr die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung ausdrücklich als ein Bestandteil der sozialgerechten Bodennutzung benannt, die als Planungsgrundsatz der Bauleitplanung zu berücksichtigen ist.

2.2 Belangekatalog (§ 1 Absatz 6 BauGB)

2.2.1 Wohnbedürfnisse von Familien mit Kindern (§ 1 Absatz 6 Nummer 2 BauGB)

In § 1 Absatz 6 Nummer 2 BauGB werden die Wohnbedürfnisse von Familien mit mehreren Kindern besonders hervorgehoben.

2.2.2. Umweltbelange (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 BauGB)

2.2.2.1 Schutzgut Fläche (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a BauGB)

In § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a BauGB wird nunmehr das Schutzgut "Fläche" neben dem Schutzgut "Boden" genannt. Auch wenn das Thema "Flächeninanspruchnahme" schon nach bisherigem Recht im Rahmen der Umweltprüfung zu berücksichtigen war, ist zur Anpassung an die UVP-Änderungsrichtlinie und auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung das Schutzgut "Fläche" zur Klarstellung ausdrücklich in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe a BauGB aufgenommen worden.

2.2.2.2 Wechselwirkungen (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe i BauGB)

Nach dem bisherigen § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe i BauGB bildeten nur die Wechselwirkungen zwischen den Umweltbelangen nach den Buchstaben a, c und d der Nummer 7 einen eigenständigen Umweltbelang. Die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete (Buchstabe b) waren hingegen ausgenommen. Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der UVP-Richtlinie benennt jedoch nunmehr unter dem Gesichtspunkt der biologischen Vielfalt ausdrücklich auch die geschützten Arten und Lebensräume nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie, so dass diese auch in die Betrachtung der Wechselwirkungen nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe i einbezogen worden sind.

2.2.2.3 Anfälligkeit der Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe j BauGB)

In den Katalog der bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigenden Belange sind in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe j BauGB die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Umweltbelange nach den nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstaben a bis d BauGB sowie auf deren Wechselwirkungen (§ 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe i BauGB) als eigenständiger Umweltbelang klarstellend aufgenommen worden.

Die Regelung tritt in Ergänzung zu § 50 Satz 1 BImSchG, der im Übrigen unberührt bleibt (vgl. BT-Drs. 18/10942, S. 40).

Die Pflicht zur Berücksichtigung der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen in der Bauleitplanung gilt

Es müssen nur solche Auswirkungen berücksichtigt werden, die aufgrund der Anfälligkeit des Vorhabens für schwere Unfälle und/oder Katastrophen zu erwarten und deshalb für das betroffene Vorhaben von Bedeutung sind. Für die Bestimmung der Relevanz von Unfall- und Katastrophenereignissen ist sowohl ihre Wahrscheinlichkeit als auch das mit ihnen verbundene Schadensausmaß zu berücksichtigen. Letzteres ist abhängig von den jeweiligen Merkmalen der Vorhaben, deren Zulässigkeit mit dem Bebauungsplan begründet wird. Bei den gegebenenfalls zu betrachtenden Ereignissen kann es sich sowohl um solche handeln, die von dem Vorhaben selbst hervorgerufen werden (z.B. die Explosion einer Anlage), als auch um vorhabenexterne Ereignisse (z.B. Hochwasser), die auf das Vorhaben einwirken und dadurch bewirken, dass von ihm erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt ausgehen. Da nur für das Vorhaben bedeutsame Unfälle und Katastrophen relevant sind, sind bspw. die Folgen eines Hochwassers nur in hochwassergefährdeten Gebieten zu berücksichtigen und die Folgen eines Erdbebens nur an Standorten, an denen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Erdbeben besteht. Nicht berücksichtigt werden müssen Unfälle und Katastrophen, die sehr unwahrscheinlich sind, also jenseits der Schwelle der praktischen Vernunft liegen. Das Szenario eines Flugzeugabsturzes auf eine geplante Industrieanlage dürfte daher nur dann zu berücksichtigen sein, wenn eine Industrieanlage in der Nachbarschaft eines Flughafens, möglicherweise sogar im Bereich bestehender An- und Abflugrouten geplant wird (vgl. zum Ganzen das in der Gesetzesbegründung 18/10942, S. 22 genannte Gutachten [abrufbar unter: www.bmub.bund.de/N51884/], S. 21f).

Die erheblichen nachteiligen Auswirkungen nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe j BauGB sind im Umweltbericht zu beschreiben (Nummer 2 Buchstabe e der Anlage 1 zum BauGB). Wegen der Einzelheiten wird auf Nr. 3.5 verwiesen.

Exkurs

Die BauGB-Novelle dient nicht der Umsetzung der Seveso-III-Richtlinie. Mit Blick auf den Sachzusammenhang wird allgemein jedoch auf Folgendes hingewiesen:

Die Anforderungen des Immissionsschutzrechts an Störfallbetriebe dienen dem Ziel, Störfälle soweit wie möglich zu verhindern. Sollte es dennoch zu einem Störfall kommen, sollen die Unfallfolgen für Mensch und Umwelt soweit wie möglich begrenzt werden. Dabei werden nicht nur einzelne Anlagen, sondern der gesamte Betriebsstandort (= Betriebsbereich i. S. des § 3 Absatz 5a BImSchG, im Folgenden wird allgemein der Begriff "Störfallbetrieb" verwendet) betrachtet. Das Immissionsschutzrecht fordert vom Betreiber eines Störfallbetriebes störfallverhindernde und störfallauswirkungsbegrenzende Vorkehrungen.

Der Anfälligkeit der Vorhaben für Störfälle kann insbesondere durch eine geeignete Zuordnung von Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 BauNVO zueinander Rechnung getragen und damit miteinander verträglichere Nutzungen erreicht werden. Potentielle Nutzungskonflikte können durch eine planerische Feinsteuerung sowohl für störfallrelevante Nutzungen als auch für schutzbedürftige Nutzungen auf der Grundlage des § 1 Absatz 4 bis 9 BauNVO entschärft werden (Einzelheiten vgl. Reidt/Schiller, BauR 2012, S. 1722 ff).

Zusätzlich kommen differenzierte Festsetzungen in Betracht, um die Folgen von Störfällen zu vermeiden oder zu mindern (vgl. Nummer 2.3.2 und 2.3.4).

Ergänzend wird zu den Anforderungen der Seveso-Richtlinie und insbesondere zum Inhalt des Abstandsgebots auf die Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau vom 30. März 2017 zur "Berücksichtigung des Art. 13 Seveso-III-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren in der Umgebung von unter die Richtlinie fallenden Betrieben" (www.Bauministerkonferenz.de) hingewiesen.

2.2.4 Hochwasserschutz (§ 1 Absatz 6 Nummer 12 BauGB)

Die mit dem Hochwasserschutzgesetz II erfolgte, am 6. Juli 2017 in Kraft getretene Ergänzung stellt klar, dass zu den Belangen des Hochwasserschutzes auch die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden gehört.

Hinweis:

Durch das Hochwasserschutzgesetz II werden mit Wirkung zum 5. Januar 2018 u.a. auch die geltenden Regelungen zum Planungsverbot bei der Ausweisung neuer Baugebiete in festgesetzten Überschwemmungsgebieten nach § 78 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und zum Bauverbot nach § 78 Absatz 4 Satz 1 WHG geändert. Bei der Zulassung von Ausnahmen sollen die Auswirkungen auf die Nachbarschaft besonders berücksichtigt werden und drittschützenden Charakter erhalten. Der Begriff der Nachbarschaft erfasst dabei nicht nur die unmittelbaren Grundstücksnachbarn, sondern "all diejenigen, deren verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit oder Eigentum durch die Erteilung einer Ausnahme von den in Überschwemmungsgebieten geltenden Verboten mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sein können". Der im Einzelfall von der für Ausnahmeentscheidungen zuständigen Behörde zu bestimmende Personenkreis soll damit das Recht erhalten, Ausnahmeentscheidungen gerichtlich angreifen zu können. Im grenznahen Bereich sollen auch betroffene Bürgerinnen und Bürger aus anderen Staaten von der Neuregelung des § 78 Absatz 5 WHG erfasst sein und damit Rechtsbehelfe einlegen können.

Ebenfalls mit Wirkung zum 5. Januar 2018 wird in § 78 Absatz 3 WHG eine konkretisierende Abwägungsklausel eingeführt, die bei Planungen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten zu berücksichtigen ist.

Ferner werden mit dem Hochwasserschutzgesetz II die neuen Gebietstypen "Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten" (§ 78b WHG) und "Hochwasserentstehungsgebiete" (§ 78d WHG) eingeführt. Mit Wirkung zum 5. Januar 2018 werden die bei Planungen in diesen Gebieten zu berücksichtigenden Belange in § 78b Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 WHG und in § 78d Absatz 6 Nummer 1 und Nummer 2 WHG konkretisiert.

Ergänzend wird auf die Handlungsanleitung für den Einsatz rechtlicher und technischer Instrumente zum Hochwasserschutz in der Raumordnung, in der Bauleitplanung und bei der Zulassung von Einzelbauvorhaben der ARGEBAU vom 17. Mai 2016 (www.Bauministerkonferenz.de) hingewiesen. 1

2.3 Festsetzungen (§ 9 Absatz 1 und Absatz 2c BauGB)

2.3.1 Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden (§ 9 Absatz 1 Nummer 16 BauGB)

Durch das insoweit am 6. Juli 2017 in Kraft getretene Hochwasserschutzgesetz II wurden die Festsetzungsmöglichkeiten des § 9 Absatz 1 Nummer 16 BauGB zur Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden neu strukturiert. Vor allem ermöglicht Nummer 16 Buchstabe c die Festsetzung von Gebieten, in denen bei Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen. Insbesondere Festsetzungen zur Verwendung bestimmter Bauteile oder Baustoffe zur hochwassersicheren Errichtung von Bauvorhaben kommen in Betracht. Denkbar ist auch die Festsetzung, dass bei Tiefgaragen Vorkehrungen getroffen werden müssen, um sie im Fall eines Hochwassers zur Vermeidung von Schäden und zum Erhalt von Retentionsraum zu fluten.

Nach Nummer 16 Buchstabe d können Flächen festgesetzt werden, die auf einem Grundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen.

Dies kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn Flächen durch Parkplätze versiegelt werden sollen.

2.3.2 Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen (§ 9 Absatz 1 Nummer 23 Buchstabe c BauGB)

Nach § 9 Absatz 1 Nummer 23 Buchstabe c BauGB können aus städtebaulichen Gründen Gebiete festgesetzt werden, in denen bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art (z.B. Wohnen oder eine andere der typisierten Nutzungsarten der BauNVO), Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Störfallbetrieben bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen. Nach dieser Norm kann nicht die Zulässigkeit von Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen selbst, insbesondere auch nicht die Nutzungsintensität eines Gebäudes bestimmt werden, wohl aber, dass z.B. bei einer bestimmten Nutzungsintensität eines Gebäudes bestimmte bauliche oder sonstige technische Maßnahmen vorzusehen sind.

Erfasst werden passive Schutzmaßnahmen wie insbes. Anforderungen an die Dichtigkeit des Gebäudes gegenüber einer stofflichen Exposition (wie Fenster, Türen und Lüftungsanlagen) sowie die Übersichtlichkeit von Gebäuden und Arealen inkl. der Qualität der Fluchtwege). Festgesetzt werden könnte auch eine Verpflichtung zur Errichtung von Schutzräumen, die z.B. bei Sportanlagen im Freien kurzfristig erreichbar sind (vgl. Planspiel zur Städtebaurechtsnovelle 2016/2017 -

http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Staedtebaurecht/staedtebaurechtsnovelle_bericht_bf.pdf).

Die Neuregelung soll den planerischen Handlungsspielraum der Gemeinden im Hinblick auf die Vermeidung und die Verringerung der Folgen von Störfällen erweitern. Insbesondere werden ausdrücklich Differenzierungen nach Art, Maß oder Nutzungsintensität der Gebäude oder Anlagen ermöglicht. Kriterien der Nutzungsintensität können beispielsweise die Anzahl anwesender Personen sowie die Zeiten ihrer Anwesenheit sein.

Die Festsetzungsmöglichkeit kann insbesondere im Zusammenhang mit einer Festsetzung nach § 9 Absatz 2c BauGB genutzt werden. Während nach § 9 Absatz 2c BauGB die Zulässigkeit von Anlagen gesteuert werden kann, können nach § 9 Absatz 1 Nummer 23 Buchstabe c BauGB bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die zulässigen Anlagen festgesetzt werden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach § 9 Absatz 1 Nummer 24 BauGB im Bebauungsplan zur Minderung der Risiken von Störfällen Schutzflächen festgesetzt werden können, die von der Bebauung freizuhalten sind (Alt. 1), sowie Flächen für besondere Anlagen oder Vorkehrungen (Alt. 2) wie Wälle, Gräben oder Wände. § 9 Absatz 1 Nummer 24 Alt. 3 BauGB ermöglicht neben passiven Schutzmaßnahmen auch Festsetzungen zum aktiven Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen durch bauliche oder sonstige technische Vorkehrungen.

2.3.3 Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche (§ 9 Absatz 1 Nummer 24 BauGB)

Die Ergänzung des § 9 Absatz 1 Nummer 24 BauGB stellt im Ergebnis klar, dass zum Schutz vor Lärm auch die Verpflichtung zur Durchführung passiver Lärmschutzmaßnahmen (z.B. Schallschutzfenster) festgesetzt werden kann, um einen über das Immissionsschutzrecht hinausgehenden Innenraumlärmschutz zu ermöglichen.

Die Vorgaben des Immissionsschutzrechts, insbesondere der Grundsatz aktiven Schallschutzes, bleiben davon unberührt.

2.3.4 Bebauungspläne zur Steuerung für die Ansiedlung von Nutzungen bzw. Gebäuden in der Nähe von Störfallbetrieben (§ 9 Absatz 2c BauGB)

Nach dem neuen § 9 Absatz 2c BauGB kann für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 BauGB und für Gebiete nach § 30 BauGB in der Nachbarschaft von Störfallbetrieben zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

Vergleichbar den Bebauungsplänen zur Sicherung zentraler Versorgungsbereiche (§ 9 Absatz 2a BauGB) bzw. zur Steuerung von Vergnügungsstätten (§ 9 Absatz 2b BauGB) kann ein Bebauungsplan nach § 9 Absatz 2c BauGB zunächst für den nicht beplanten Innenbereich i.S.d. § 34 BauGB aufgestellt werden. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn ein Neuansiedlungsvorhaben nach den vom Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 20.12.2012, Az. 4 C 11/11) entwickelten Kriterien nicht auf der Grundlage des § 34 Absatz 1 BauGB zugelassen werden kann. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die in Nr. 2.2.2.3. genannte Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau zur Berücksichtigung des Abstandsgebots der Seveso-III-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren verwiesen.

Darüber hinaus kann ein Rückgriff auf § 9 Absatz 2c BauGB bei Änderung eines qualifizierten oder einfachen Bebauungsplans sinnvoll sein, der zu einem Zeitpunkt aufgestellt worden ist, bevor das Abstandsgebot nach Artikel 13 Absatz 2 Seveso-III-Richtlinie bzw. der inhaltlich nahezu identischen Vorgängerregelung in Artikel 12 der Richtlinie 96/82/EG (sog. Seveso-II-Richtlinie) galten. Betroffen sind insoweit Bebauungspläne, die vor der Umsetzung der Richtlinie durch § 50 BImSchG am 27. Oktober 1998 bekannt gemacht worden sind.

Außerdem kann § 9 Absatz 2c BauGB bei Änderung neuerer (einfacher oder qualifizierter) Bebauungspläne zur Anwendung kommen, wenn nach ihrem Inkrafttreten neuere Entwicklungen insbesondere beim Störfallbetrieb eingetreten sind oder wenn das Abstandsgebot der Seveso-Richtlinien II und III nicht abschließend berücksichtigt wurde.

§ 9 Absatz 2c ermöglicht über die Feinsteuerungsmöglichkeiten nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO hinausgehende Differenzierungen. § 1 Absatz 5 BauNVO ermöglicht eine Feinsteuerung nach der Art der Nutzung, § 1 Absatz 9 BauNVO nach der Unterart der Nutzung. § 9 Absatz 2c BauGB geht darüber hinaus und lässt zusätzlich eine Differenzierung nicht nur nach der Art oder Unterart einer Nutzung, sondern für "bestimmte" Nutzungen sowie die Nutzungsintensität zu. Danach wäre beispielsweise denkbar, die Nutzung auf eine bestimmte Personenzahl oder bestimmte Betriebszeiten zu beschränken. Hinsichtlich ergänzender Festsetzungen für Schutzvorkehrungen wird auf Nr. 2.3.2 verwiesen.

Wegen dieser über die Feinsteuerung nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO hinausgehenden Differenzierungsmöglichkeiten kann ein Bedarf für die Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 Absatz 2c BauGB auch bei der Aufstellung und Änderung qualifizierter Bebauungspläne bestehen.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 9 Absatz 2c BauGB ist die Lage in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebes. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Gebiet zumindest teilweise innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands nach § 3 Absatz 5c BImSchG oder, wenn dieser nicht bekannt ist, innerhalb des Achtungsabstands liegt. Wegen der Einzelheiten zur Ermittlung des angemessenen Sicherheitsabstandes wird auf die o. g. Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau verwiesen.

2.4 Nachrichtliche Übernahme (§ 5 Absatz 4a, § 9 Absatz 6a BauGB)

Auch Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten (§ 78b Absatz 1 WHG) und Hochwasserentstehungsgebiete (§ 78d WHG) sollen nach § 5 Absatz 4a Satz 1 BauGB in den Flächennutzungsplan und nach § 9 Absatz 6a Satz 1 BauGB in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden. Diese Regelung tritt am 5. Januar 2018 in Kraft.

2.5. Vorhaben- und Erschließungsplan (§ 12 Absatz 7 BauGB)

Erholungssondergebiete nach § 10 BauNVO sind konzeptionell für das Erholungswohnen vorgesehen. Durch § 12 Absatz 7 BauGB wurde eine klarstellende Regelung geschaffen, um sich mit der Thematik des Dauerwohnens in bisherigen Erholungssondergebieten planerisch auf diesem Wege auseinandersetzen zu können.

Die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 BauGB kann eine Möglichkeit sein, um in einem bisherigen Erholungssondergebiet oder einem Teil davon Wohnnutzung zuzulassen. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit von Vorhaben nicht an den Festsetzungskatalog nach § 9 BauGB und nach der auf Grund von § 9a erlassenen Verordnung gebunden (§ 12 Absatz 3 Satz 2 BauGB).

2.6 Urbane Gebiete (§§ 6a und 17 Absatz 1 BauNVO)

2.6.1 Allgemeines

Die neue Baugebietskategorie "Urbane Gebiete" erweitert das städtebauliche Instrumentarium der Kommunen. Mit § 6a BauNVO soll den Kommunen eine Möglichkeit zur Verfügung gestellt werden, um planerisch eine nutzungsgemischte "Stadt der kurzen Wege" zu verwirklichen. Die neue Gebietskategorie erlaubt eine räumliche Nähe von wichtigen Funktionen, wie Wohnen,

Arbeiten, Versorgung, Bildung, Kultur und Sport, und sieht eine im Vergleich zum Mischgebiet breiter angelegte Nutzungsmischung vor. Damit soll auch Verkehr vermieden bzw. reduziert und die Entstehung eines lebendigen öffentlichen Raums gefördert werden. Unterstützt wird dies durch eine höhere Obergrenze für das Maß der baulichen Nutzung (§ 17 Absatz 1 BauNVO) sowie durch besondere Festsetzungsmöglichkeiten zur Anordnung von Wohnnutzungen innerhalb eines Gebäudes und das Verhältnis von Wohn- und gewerblichen Nutzungen in Gebäuden.

Maßgeblich für die Anwendbarkeit des § 6a BauNVO ist die Wahrung seiner Zweckbestimmung, nicht die Größe der Gemeinde.

Die neue Gebietskategorie kann grundsätzlich sowohl bei der Planung einer erstmaligen Bebauung als auch bei der Überplanung von bebauten Bereichen zur Anwendung kommen. Tragende städtebauliche Zielsetzungen können dabei die Erhaltung oder die Entwicklung einer entsprechenden Nutzungsmischung gegebenenfalls in Verbindung mit einer hohen baulichen Dichte sein, die sich von den anderen Gebietskategorien, insbesondere dem allgemeinen Wohngebiet und dem Mischgebiet, aber auch vom Kerngebiet unterscheidet.

2.6.2 Allgemeine Zweckbestimmung (Absatz 1)

"Urbane Gebiete dienen dem Wohnen sowie der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen, die die Wohnnutzung nicht wesentlich stören" (§ 6a Absatz 1 Satz 1 BauNVO).

Es handelt sich um einen Baugebietstyp, der eine neue Form der Mischung zulässt (§ 1 Absatz 2 Nummer 7 BauNVO). § 6a Absatz 1 Satz 1 BauNVO unterscheidet zwei Arten von Hauptnutzungen: zum einen das Wohnen, zum anderen ("sowie") nicht wesentlich störendes Gewerbe, ergänzt durch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen. Die Ergänzung betont die Offenheit des Gebietstyps für vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Im Unterschied zum Mischgebiet ist der Gebietscharakter stärker auf eine Mischung von Wohnen und sozialen, kulturellen und anderen Einrichtungen ausgerichtet; Im Unterschied zum Kerngebiet dienen urbane Gebiete nicht der Unterbringung der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur; ferner sind großflächige Einzelhandelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 BauNVO in urbanen Gebieten nicht zulässig. Wie etwa auch in Mischgebieten ist eine Widerlegung der Vermutungsregelung gemäß § 11 Absatz 3 Satz 4 BauNVO aber nicht ausgeschlossen.

Zur Wahrung des Gebietscharakters müssen beide Hauptnutzungsarten das Gebiet prägen. Daraus folgt zunächst, dass keine der beiden Hauptnutzungsarten völlig verdrängt werden darf. Hinsichtlich der Anteile der einzelnen Nutzungen bestimmt § 6a Absatz 1 Satz 2 BauNVO, dass die Nutzungsmischung nicht gleichgewichtig sein muss. Damit soll eine Abgrenzung zum Mischgebiet markiert werden. Während die Rechtsprechung für das Mischgebiet annimmt, dass die Bandbreite seiner typischen Eigenart verlassen wird, wenn eine der beiden Hauptnutzungsarten nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend und in diesem Sinne "übergewichtig" in Erscheinung tritt (z.B. BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79), ist der Gebietscharakters eines urbanen Gebietes bei Überwiegen einer der beiden Hauptnutzungsarten noch gewahrt, wenn die andere eine das Gebiet städtebaulich mitprägende Funktion hat. Der gemischte Charakter des Gebiets insgesamt muss erhalten bleiben.

Das Wohnen ist - stärker als im Mischgebiet - mit einer Pflicht zur Duldung der Störungen durch andere Nutzungsarten "belastet", wobei der Anteil dieser anderen Nutzungen den des Wohnens übersteigen kann und umgekehrt. Die Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (18. BImSchV - Sportanlagenlärmschutzverordnung) und die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) sehen entsprechend Immissionsrichtwerte von tags 63 dB (A) (gegenüber 60 dB (A) im Mischgebiet) sowie nachts 45 dB (A) (wie im Mischgebiet) vor. Dies soll dazu beitragen, eine Mischung von Nutzungen auch in verdichteten städtischen Bereichen zu ermöglichen und einer Verdrängung von nicht wesentlich störenden, aber "lauteren" Nutzungen, wie Gewerbe oder Sportausübung, an die Stadtränder entgegenzuwirken.

Für die planerische Gliederung urbaner Gebiete stehen - wie für andere Gebietstypen auch - die allgemeinen Festsetzungsmöglichkeiten nach § 1 Absatz 4 bis 10 BauNVO zur Verfügung. Diese müssen im Einklang mit der allgemeinen Zweckbestimmung nach § 6a Absatz 1 BauNVO angewendet werden (s. o.). Eine räumliche Gliederung des Gebiets - oder von Teilen des Gebiets - ist insbesondere bei einer kleinteiligen räumlichen Trennung möglich; das Baugebiet insgesamt muss aber von beiden Hauptnutzungsarten städtebaulich zumindest mitgeprägt sein.

2.6.3 Allgemein zulässige Nutzungen (§ 6a Absatz 2 BauNVO)

Absatz 2 benennt in den Nummern 1 bis 5 die in urbanen Gebieten allgemein zulässigen Nutzungen. Diese unterscheiden sich grundsätzlich nicht von den im Mischgebiet nach § 6 Absatz 2 Nummer 1 bis 5 BauNVO allgemein zulässigen Nutzungen. Dies gilt insbesondere für "Wohngebäude" nach Nummer 1. Das einzelne Wohngebäude kann entsprechend der allgemeinen Struktur des Gebiets ausschließlich dem Wohnen dienen oder auch eine gemischte Nutzung aufweisen. Das Vorhandensein ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu Wohnzwecken genutzter Gebäude darf nicht der allgemeinen Zweckbestimmung des urbanen Gebietes im Hinblick auf die vorgesehene Nutzungsmischung widersprechen (s. o.).

Die im Mischgebiet allgemein zulässigen Gartenbaubetriebe (§ 6 Absatz 2 Nummer 6 BauNVO) passen nicht in den verdichteten innerstädtischen Bereich und sind daher in § 6a BauNVO nicht übernommen worden. § 11 Absatz 3 BauNVO ist auch in urbanen Gebieten zu beachten.

2.6.4 Als Ausnahme zulässige Nutzungsarten (§ 6a Absatz 3 BauNVO)

Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (§ 6a Absatz 3 Nummer 1 BauNVO), und Tankstellen (§ 6a Absatz 3 Nummer 2 BauNVO) können als Ausnahme zugelassen werden.

2.6.5 Besondere Festsetzungsmöglichkeiten (§ 6a Absatz 4 BauNVO)

In § 6a Absatz 4 BauNVO sind - angelehnt an § 4a Absatz 4 und § 7 Absatz 4 BauNVO - besondere Festsetzungsmöglichkeiten für urbane Gebiete geregelt, die über die Differenzierungsmöglichkeiten nach § 1 Absatz 4 bis 8 BauNVO hinausgehen. Ebenso wie für diese gilt auch für die zusätzlichen Festsetzungsmöglichkeiten des § 6a Absatz 4, dass die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleiben muss.

Einleitend wird in § 6a Absatz 4 BauNVO zunächst geregelt, dass die besonderen Festsetzungen entweder für das gesamte urbane Gebiet oder für Teile davon zulässig sind. Den Bezug der Festsetzungen bilden dabei ausweislich des Einleitungsteils "Gebäude". Festsetzungen nach § 6a Absatz 4 bedürfen einer städtebaulichen Begründung. Nach Absatz 4 Nummer 1 kann festgesetzt werden, dass in Gebäuden im Erdgeschoss an der Straßenseite keine Wohnungen (Wohnnutzung) zulässig sind oder nur als Ausnahme zugelassen werden können. Dies soll - entsprechend der jeweiligen städtebaulichen Vorstellungen der Kommune - ermöglichen, einen möglichst durch Kunden- bzw. Publikumsverkehr belebten öffentlichen Raum zu gestalten.

Eine Festsetzung nach Absatz 4 Nummer 2 führt dazu, dass die nach Absatz 1 neben dem Wohnen allgemein zulässigen Nutzungsarten oberhalb des in der Festsetzung bestimmten Geschosses nicht zulässig sind.

Absatz 4 Nummer 3 und 4 stellen weitere, differenzierte Festsetzungsmöglichkeiten zugunsten einer Wohn- oder einer Gewerbenutzung zur Verfügung. Diese ermöglichen die Festsetzung bestimmter Anteile oder Größen der zulässigen Geschossflächen für Wohnen bzw. Gewerbe.

2.6.6 Maß der baulichen Nutzung in urbanen Gebieten (§ 17 Absatz 1 BauNVO)

Die Gemeinden entscheiden grundsätzlich bei der Aufstellung von Bebauungsplänen auch über das Maß der baulichen Nutzung. Hierbei müssen sie grundsätzlich die Obergrenzen des § 17 BauNVO beachten. Sie müssen sie aber nicht ausschöpfen. Ob und inwieweit sie von den Obergrenzen Gebrauch machen, ist ihnen überlassen.

In § 17 Absatz 1 BauNVO sind folgende Obergrenzen für das Maß der baulichen Nutzung in urbanen Gebieten aufgenommen worden: Die GRZ beträgt 0,8 und übersteigt insoweit die GRZ des Mischgebiets um 0,2. Die GFZ kann bis zu 3,0 betragen und erreicht damit die des Kerngebiets.

Bei der auch hier möglichen Überschreitung der Obergrenzen nach § 17 Absatz 2 BauNVO ist - wie bei den anderen Baugebieten auch - sorgfältig darauf zu achten, dass die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht beeinträchtigt werden und nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden werden.

2.6.7 Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Absatz 2 BauGB)

Da nach § 245c Absatz 3 BauGB § 34 Absatz 2 BauGB auf Baugebiete nach § 6a BauNVO keine Anwendung findet, gibt es keine faktischen urbanen Gebiete.

3 Bauleitplanverfahren

3.1 Beteiligung der Öffentlichkeit

3.1.1 Auslegungsfrist (§ 3 Absatz 2 Satz 1 BauGB), Planerhaltungsvorschriften (§ 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstaben c und d BauGB)

Für den Regelfall bleibt es bei einer Auslegungsfrist von einem Monat; mindestens jedoch muss die Auslegungsfrist aus europarechtlichen Gründen bei UVP-pflichtigen Bebauungsplänen künftig 30 Tage betragen. Dies gewinnt insbesondere bei einem Fristbeginn im Februar sowie am 30. und 31. Januar Bedeutung. Für die Berechnung der Frist ist - wie bei der Monatsfrist - auf die §§ 186 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zurückzugreifen (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 6. Juli 1972 - Gms-OBG 2.71).

Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist eine angemessen längere Auslegungsdauer zu wählen. Im Regelfall ist davon auszugehen, dass die Monatsfrist bzw. die Frist von 30 Tagen ausreichend ist. Eine Verlängerung kann z.B. bei Planungsvorhaben in Betracht kommen, bei denen die Zahl der betroffenen Belange außergewöhnlich groß ist, bei denen besonders umfängliche Unterlagen vorliegen oder die aus anderen Gründen besonders komplex sind.

Nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe d BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich, wenn bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist ausgelegt worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist. Damit diese Planerhaltungsvorschrift ggf. zur Anwendung kommen kann, sollten die Gemeinden generell festhalten, ob und aus welchen Gründen aus ihrer Sicht kein wichtiger Grund vorliegt, der eine Verlängerung der Auslegung erfordert.

3.1.2 Hinweis auf die Präklusion

3.1.2.1 Hinweis bei Bebauungsplänen

Mit dem Wegfall der bisherigen Präklusion von Normenkontrollanträgen gegen Bebauungspläne (§ 47 Absatz 2a VwGO a.F.) entfällt auch die bisher in § 3 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB geregelte diesbezügliche Hinweispflicht.

3.1.2.2 Hinweis bei Flächennutzungsplänen

Für Vereinigungen i. S. des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) ist die Möglichkeit eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen Flächennutzungspläne eingeführt worden (§ 1 Abs.1 S. 1 Nr. 4 UmwRG). Die Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs und die sachliche Zuständigkeit sind in § 7 Absatz 2 UmwRG geregelt. § 7 Absatz 3 UmwRG enthält folgende neue Präklusionsregelung:

"(3) Hat eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 in einem Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf nach Absatz 2 mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 nicht oder nach den geltenden Rechtsvorschriften nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können. Satz 1 gilt nicht für Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach § 10 des Baugesetzbuches."

Dementsprechend ist nach § 3 Absatz 3 BauGB bei Flächennutzungsplänen ergänzend zu dem Hinweis nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 UmwRG bei einem Rechtsbehelf nach § 7 Absatz 2 UmwRG gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 UmwRG mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Auslegungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

Das Unterbleiben dieses Hinweises ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BauGB nicht beachtlich, da § 3 Absatz 3 BauGB dort keine Erwähnung findet.

3.1.3 Internetnutzung (§ 4a Absatz 4 BauGB), Planerhaltungsvorschrift (§ 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe e BauGB)

3.1.3.1 Einstellen in das Internet

Nach § 4a Absatz 4 Satz 1 BauGB sind der Inhalt der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 3 Absatz 2 Satz 2 BauGB und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 BauGB auszulegenden Unterlagen zusätzlich in das Internet einzustellen. Die Verpflichtung gilt aufgrund der Verweisung in § 34 Absatz 6 Satz 1 und § 35 Absatz 6 Satz 5 BauGB auf § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 BauGB auch für Innen- und Außenbereichssatzungen, wenn eine Auslegung nach § 3 Absatz 2 durchgeführt wird.

Der bisherige § 4a Absatz 4 Satz 1 BauGB sah nur eine fakultative Nutzung elektronischer Informationstechnologien bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung vor. Nunmehr wird geregelt, dass neben die ortsübliche Bekanntmachung verpflichtend eine zusätzliche Einstellung des Inhalts der ortsüblichen Bekanntmachung einschließlich der nach § 3 Absatz 2 Satz 1 BauGB auszulegenden Unterlagen in das Internet tritt.

Der Verpflichtung zur Einstellung in das Internet ist genügt, wenn die auszulegenden Unterlagen, etwa über das Internetportal der Gemeinde, für die Öffentlichkeit auffindbar und abrufbar sind. Die Gemeinde sollte in geeigneter Weise dokumentieren, dass die Unterlagen über das Internet auffindbar und abrufbar waren. Hierfür kommen auch technische Möglichkeiten (z.B. Screenshots) in Betracht.

3.1.3.2 Zugänglichmachung über ein zentrales Portal

Der Inhalt der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 3 Absatz 2 Satz 2 BauGB und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 BauGB auszulegenden Unterlagen sind neben der Einstellung in das Internet über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die Verpflichtung der Länder zur Einrichtung des Internetportals ergibt sich aus § 20 Absatz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung in der Fassung des UVP-Modernisierungsgesetzes.

Nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe e BauGB ist es für die Rechtswirksamkeit des Bauleitplans unbeachtlich, wenn der Inhalt der Bekanntmachung und die auszulegenden Unterlagen zwar in das Internet eingestellt, aber nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich sind. Ein Verstoß gegen die originäre gemeindliche Verpflichtung zur Einstellung in das Internet führt damit zu einem beachtlichen Fehler.

3.2 Beteiligung der Behörden

3.2.1 Frist zur Stellungnahme (§ 4 Absatz 2 BauGB)

Um unterschiedliche Fristen für die Öffentlichkeitsbeteiligung einerseits und die Behördenbeteiligung andererseits zu vermeiden, gilt auch nach § 4 Absatz 2 Satz 2 BauGB eine Mindestrist von 30 Tagen (vgl. oben Nr. 3.1.1).

3.2.2 Internetnutzung

Nach § 4a Absatz 4 Satz 2 BauGB können die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange dadurch eingeholt werden, dass Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung nach § 3 Absatz 2 BauGB und die Internetadresse, unter der der Inhalt der Bekanntmachung und die Unterlagen nach Satz 1 im Internet eingesehen werden können, mitgeteilt werden. Die Mitteilung kann elektronisch übermittelt werden; auf die ausdrückliche Benennung des Erfordernisses einer Zugangseröffnung wird wegen Entbehrlichkeit verzichtet.

Die Neufassung des § 4a Absatz 4 Satz 2 BauGB trägt dem Umstand Rechnung, dass nach § 4a Absatz 4 Satz 1 BauGB eine Internetveröffentlichung künftig obligatorisch ist, und entspricht im Übrigen dem bisherigen Recht.

Nach § 4a Absatz 4 Satz 3 BauGB, der dem Regelungsgehalt des bisherigen Rechts entspricht, hat die Gemeinde in den Fällen des § 4a Absatz 4 Satz 2 BauGB der Behörde oder einem sonstigen Träger öffentlicher Belange auf Verlangen den Entwurf des Bauleitplans und der Begründung in Papierform zu übermitteln. Da § 4 Absatz 2 Satz 2 BauGB (Stellungnahmefrist) unberührt bleibt, verlängert sich dadurch nicht die Frist zur Stellungnahme.

3.3 Zusammenfassende Erklärung zum Flächennutzungsplan/Bebauungsplan; Einstellen in das Internet (§§ 6a und 10a BauGB)

3.3.1 Zusammenfassende Erklärung (§ 6a Absatz 1 und § 10a Absatz 1 BauGB)

Nach § 6 Absatz 5 bzw. § 10 Absatz 4 BauGB war bereits bisher dem Flächennutzungsplan und dem Bebauungsplan eine zusammenfassende Erklärung beizufügen über die Art und Weise, wie die Umweltbelange und die Ergebnisse der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in dem Bebauungsplan berücksichtigt wurden, und über die Gründe, aus denen der Plan nach Abwägung mit den geprüften, in Betracht kommenden anderweitigen Planungsmöglichkeiten gewählt wurde.

Die Regelung wurde inhaltlich unverändert in § 6a Absatz 1 bzw. § 10a Absatz 1 BauGB verschoben. Eine Änderung der Planerhaltungsvorschriften war entbehrlich, da von der zusammenfassenden Erklärung keine Auswirkungen auf die Rechtswirksamkeit des Bauleitplans ausgehen, nachdem die Erklärung einen zustande gekommenen Bauleitplan voraussetzt.

3.3.2 Einstellen in das Internet (§ 6a Absatz 2 und § 10a Absatz 2 BauGB)

Nach § 6a Absatz 2 BauGB soll der wirksame Flächennutzungsplan, nach § 10a Absatz 2 BauGB der in Kraft getretene Bebauungsplan - jeweils zusammen mit der Begründung und der zusammenfassenden Erklärung - in das Internet eingestellt und über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich gemacht werden (vgl. Nr. 3.1.3.2).

Die Regelung ist nicht obligatorisch, sondern belässt den Gemeinden ausdrücklich einen Entscheidungsspielraum, um keine Betroffenheit nach Artikel 4 Absatz 6 der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2007 zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE) (ABl. L 108 vom 25.04.2007 S. 1) auszulösen.

Mit der Bereitstellung der Informationen aus der Bauleitplanung im Internet wird die Nutzung für raumbezogene Entscheidungen erleichtert sowie eine Weiterverwendung als Informationsgrundlage grundsätzlich ermöglicht. Dies entspricht auch den Zielen der Nationalen Geoinformations-Strategie (NGIS).

Die Beachtung der Regelungen nach § 6a Absatz 2 und § 10a Absatz 2 BauGB hat keine Auswirkungen auf die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne.

3.4 Überwachung (§ 4c Satz 1 BauGB)

3.4.1 Inhalt der Regelung

Bereits bisher sind die Gemeinden nach § 4c Satz 1 BauGB zur Überwachung von erheblichen Umweltauswirkungen verpflichtet, die auf Grund der Durchführung der Bauleitpläne eintreten, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen.

In § 4c Satz 1 BauGB wird nunmehr bestimmt, dass sich das Monitoring auch auf die Umsetzung der planerischen Darstellungen und Festsetzungen nach § 1a Absatz 3 Satz 2 BauGB und von Maßnahmen nach § 1a Absatz 3 Satz 4 BauGB erstreckt.

3.4.2 Anwendung der Regelung

Mit der Erstreckung des Monitorings auch auf Ausgleichsmaßnahmen soll keine Verpflichtung zur generellen Vollzugskontrolle eingeführt werden. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang die einschränkende Regelung in Artikel 8a Absatz 4 Satz 2 der UVP-Änderungsrichtlinie, wonach die Art der zu überwachenden Parameter und die Dauer der Überwachung der Art, dem Standort und dem Umfang des Projekts sowie dem Ausmaß seiner Auswirkungen auf die Umwelt angemessen sein müssen. Diese Vorgabe zeigt, dass in Bezug auf die Vollzugskontrolle im Rahmen des Monitorings keine unverhältnismäßigen Anforderungen gestellt werden dürfen.

Gegenstand der Überwachung bleiben auch künftig in erster Linie die erheblichen (nachteiligen) Umweltauswirkungen. Die Überwachung der Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen dient daher entsprechend der Regelung des Satzes 1 Halbsatz 1 insbesondere dem Zweck, bei der Aufstellung des Bauleitplans vorhandene Prognoseunsicherheiten zu verringern.

Sollen aus Anlass der Überwachung Pflanzgebote ausgesprochen werden, wird auf § 178 BauGB hingewiesen.

3.5 Anforderungen an den Umweltbericht (Anlage 1 zu § 2 Absatz 4 und den §§ 2a und 4a BauGB)

Die Bestandteile des Umweltberichts nach § 2 Absatz 4 und § 2a Satz 2 BauGB sind wie bisher in Anlage 1 dargelegt. Es wurden zusätzliche Bestandteile aufgenommen und bestehende Bestandteile weiter detailliert. Die Änderungen dienen der Umsetzung der UVP-Richtlinie. Der Umweltbericht erfüllt weiterhin eine Doppelfunktion: er ist wegen der im BauGB umgesetzten Integrationslösung Umweltbericht i.S.d. der SUP-Richtlinie 2 und UVP-Bericht i.S.d. der UVP-Richtlinie.

Grundsätzlich gilt, dass der Umweltbericht die Angaben der Anlage 1 lediglich in einer der jeweils durchgeführten Umweltprüfung angemessenen Detailschärfe beinhalten muss. Nicht jeder denkbare Prüf- und Ermittlungsaufwand zur Darlegung im Umweltbericht ist zu leisten. Es bleibt bei dem Grundsatz des § 2 Absatz 4 Satz 3 BauGB, dass sich die Umweltprüfung auf das bezieht, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessener Weise verlangt werden darf (vgl. Mustererlass zum Europarechtsanpassungsgesetz Bau der Fachkommission Städtebau vom 1. Juli 2004).

Es sind daher nur soweit für das jeweilige Planverfahren relevant und im Ermittlungsaufwand angemessen zu einzelnen Bestandteilen der Anlage 1 Angaben im Umweltbericht zu machen. Insbesondere bei einer Angebotsplanung ohne konkreten Vorhabenbezug, durch die typischerweise eine Bandbreite von möglichen Nutzungen eröffnet wird, werden regelmäßig eine Reihe der infolge der UVP-Richtlinie nunmehr geforderten Angaben entweder von vornherein nicht relevant oder eine Beschreibung konkreter Projektmerkmale nicht möglich sein.

Nach der Begründung zum Gesetz werden nach wie vor nur solche Auswirkungen geprüft, die durch die Festsetzungen des Plans hinreichend absehbar sind. Auf der Planebene nicht absehbare zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens sind wie nach bisheriger Rechtslage (vgl. dazu § 50 Absatz 3 UVPG = § 17 Absatz 3 UVPG a. F.) auf der Zuslassungsebene zu prüfen.

Wesentliche Neuerungen in der Anlage 1 sind:

Konkretisierung der "Nullvariante" (Verzicht auf die Planung)

In Nummer 2 Buchstabe a wird im Vergleich zur bisher in Nummer 2 Buchstabe b enthaltenen Regelung klargestellt, dass Angaben zur Entwicklung des Umweltzustands bei Nichtdurchführung der Planung nur insoweit erforderlich werden, wie dieser mit zumutbarem Aufwand auf der Grundlage der verfügbaren Umweltinformationen und wissenschaftlichen Erkenntnisse abgeschätzt werden kann.

Betrachtung der Bauphase

Mit Nummer 2 Buchstabe b wird gefordert, dass auch die möglichen erheblichen Umweltauswirkungen während der Bauphase darzustellen sind. Doppelbuchstabe aa konkretisiert hierbei, dass zur Bauphase auch Abrissarbeiten zählen, soweit diese von Relevanz sind. Nach Nummer 2 Buchstabe c ist die Bauphase auch bei der Beschreibung der Minderungsmaßnahmen zu betrachten.

Art und Menge an Immissionen

Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc verlangt eine Darstellung der Art und Menge an Emissionen von Schadstoffen, Lärm, Erschütterungen, Licht, Wärme und Strahlung sowie der Verursachung von Belästigungen.

Darstellung der Abfallerzeugung

Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe dd verlangt eine Darstellung der Art und Menge der erzeugten Abfälle und ihrer Beseitigung und Verwertung.

Klimarelevanz des Vorhabens

Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe gg betont, dass auch die Auswirkungen des Projekts auf das Klima und die Anfälligkeit des Projekts gegenüber den Folgen des Klimawandels zu betrachten sind. Hierzu kann z.B. eine Angabe zu Art und Ausmaß der erzeugten Treibhausgasemissionen sinnvoll sein.

Konkretisierung der unterschiedlichen Auswirkungen

Mit Nummer 2 Buchstabe b Halbsatz 2 wird klargestellt, dass die Auswirkungen in verschiedener Hinsicht zu betrachten sind. So sollen die direkten, indirekten, sekundären, kumulativen, grenzüberschreitenden, kurzfristigen, mittelfristigen, langfristigen, ständigen und vorübergehenden, positiven und negativen Auswirkungen der Vorhaben dargestellt werden.

Bei der Beschreibung der Auswirkungen soll auch den festgelegten Umweltschutzzielen Rechnung getragen werden, die auf Ebene der Europäischen Union, des Bundes, des Landes oder der Gemeinde bestehen.

Betrachtung von Unfällen und Katastrophen

Nummer 2 Buchstabe e fordert die Beschreibung erheblicher nachteiliger Auswirkungen durch Unfälle und Katastrophen im Sinne von § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe j BauGB. Zudem sollen soweit angemessen eine Beschreibung der Minderungsmaßnahmen erfolgen sowie Angaben zu Einzelheiten darüber gemacht werden, welche Bereitschafts- und Bekämpfungsmaßnahmen für derartige Krisenfälle vorgesehen sind.

Quellenangabe

Nummer 3 Buchstabe d regelt, dass der Umweltbericht auch eine Referenzliste der Quellen enthalten muss, die für die Erstellung des Berichtes herangezogen worden sind.

3.6 Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren (§ 13b BauGB)

3.6.1 Allgemeines

Durch § 13b BauGB wird der Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens auf an den Ortsrand anschließende Außenbereichsflächen erweitert, um hierdurch insbesondere den Gemeinden, die mit ihrem Innenentwicklungspotential an ihre Grenze gekommen sind, bei Bedarf eine weitere Wohnbaulandmobilisierung zu ermöglichen (§ 13a BauGB gilt entsprechend).

3.6.2 Voraussetzungen

3.6.2.1 Grundflächenbegrenzung

Die Zulässigkeit des beschleunigten Verfahrens am Ortsrand ist durch einen Schwellenwert begrenzt, der

Nach dem in Bezug genommenen § 13a Absatz 1 Satz 2 BauGB ist bei der Ermittlung der Grundfläche § 19 Absatz 2 BauNVO zu Grunde zu legen, d.h. der sich aus der festgesetzten Grundflächenzahl ergebende rechnerische Anteil der überbaubaren Flächen. Die Überschreitungsmöglichkeiten nach § 19 Absatz 4 BauNVO bleiben unberücksichtigt.

Auch im Rahmen des § 13b ist die Kumulationsregelung des § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 BauGB zu beachten, wonach "...die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind." (vgl. hierzu BauGBÄndG 2007-Mustererlass, Nummer 2.1.2.2).

3.6.2.2 Anschluss an im Zusammenhang bebaute Ortsteile

Als im Zusammenhang bebaute Ortsteile kommen sowohl nach § 34 BauGB zu beurteilende Flächen in Betracht als auch bebaute Flächen, die nach § 30 Absatz 1 oder 2 BauGB zu beurteilen sind. Nicht zu berücksichtigen wären Flächen, für die der Bebauungsplan beispielsweise die Errichtung von Windenergieanlagen vorsieht oder lediglich Festsetzungen zum Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft enthält. Voraussetzung ist, dass die Flächen im Wesentlichen tatsächlich bebaut sind.

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans nach § 13b BauGB muss daher an den unbeplanten Innenbereich oder einen beplanten Bereich anschließen, wobei eine städtebauliche Betrachtung zugrunde zu legen ist. Ein Anschließen an im Zusammenhang bebaute Ortsteile ist jedenfalls dann gegeben, wenn das Grundstück, auf dem das Vorhaben verwirklicht werden soll, unmittelbar an die bebauten Flächen nach § 30 Absatz 1 oder 2 oder § 34 BauGB angrenzt. Im Einzelfall sind aber auch Fälle vorstellbar, in denen es - etwa wegen der Besonderheiten der Grundstückszuschnitte - zwar an einem nahtlosen Angrenzen des zu bebauenden Grundstücks an die bebauten Innenbereichsflächen fehlt, aber dennoch ein unmittelbarer (städtebaulicher) Anschluss besteht. Besonderheiten der Topografie, des Gelände- oder Grundstückszuschnitts können daher ein Abweichen von Grundsatz des "nahtlosen" Anschließens zulassen.

3.6.2.3 Festsetzung von "Wohnnutzungen"

§ 13b BauGB gilt für "Bebauungspläne, durch die "...die Zulässigkeit von Wohnnutzungen ... begründet wird". Die Gemeinde wird sich mit dieser Vorgabe durch entsprechende Festsetzungen - gegebenenfalls auch unter Nutzung des Instruments des Vorhaben- und Erschließungsplans - auseinander zu setzen haben.

3.6.2.4 Keine UVP-Pflicht/ keine Beeinträchtigung von FFH- oder europäischen Vogelschutzgebieten/ keine Störfallrelevanz

Entsprechend § 13a Absatz 1 Satz 4 und 5 BauGB ist auch das beschleunigte Verfahren für Außenbereichsflächen ausgeschlossen, wenn

3.6.2.5 Befristung bis zum 31. Dezember 2019

Die förmliche Einleitung des beschleunigten Verfahrens (Aufstellungsbeschluss oder Einleitung der Öffentlichkeits- oder Behördenbeteiligung) muss bis spätestens zum 31. Dezember 2019, der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan bis spätestens bis zum 31. Dezember 2021 erfolgen.

3.6.3 Anwendung des beschleunigten Verfahrens

§ 13b Satz 1 BauGB verweist auf § 13a und damit über § 13a Absatz 2 BauGB auch auf § 13 Absatz 2 und 3 BauGB (vereinfachtes Verfahren).

Im Hinblick auf die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ist danach Folgendes möglich:

§ 13a Absatz 2 Nummer 4 BauGB bestimmt für Bebauungspläne nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 BauGB, dass ein Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft nicht erforderlich ist. Dies gilt auch für das Verfahren nach § 13b BauGB.

Ergänzend wird zu den Besonderheiten des beschleunigten Verfahrens auf Nummer 2.1.3 bis 2.1.6 des Muster-Einführungserlasses zum Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (www.Bauministerkonferenz.de) hingewiesen.

3.6.4 Hinweispflichten

Wie beim beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB sind neben den allgemeinen Hinweispflichten besondere Hinweispflichten zu beachten:

3.6.5 Materiell-rechtliche Anforderungen

Zu berücksichtigen ist, dass auch im Rahmen des beschleunigten Verfahrens nach § 13b BauGB der Belangekatalog des § 1 Absatz 6 BauGB und damit auch die Umweltbelange nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 BauGB zu ermitteln, inhaltlich zu prüfen und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Absatz 7 BauGB) sind. Entbehrlich ist lediglich die Erstellung eines förmlichen Umweltberichts.

Entsprechendes gilt für städtebauliche Prämissen, wie z.B. den Vorrang der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung (vgl. Bodenschutzklausel des § 1a Absatz 2 Satz 1, § 1 Absatz 5 Satz 3 BauGB). Dies bedeutet insbesondere auch, dass die Gemeinde bei der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen die Notwendigkeit der Umwandlung begründen und insbesondere Ermittlungen zu Innenentwicklungspotentialen durchführen soll, zu denen -" ... insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeit zählen können...." (§ 1a Absatz 2 Satz 4 BauGB).

3.7 Ausschluss von Satzungsverfahren

Neben den für das vereinfachte und das beschleunigte Verfahren bereits bislang bestehenden Ausschlussgründen (§ 13 Absatz 1 Nummer 1 und 2 BauGB sowie § 13a Satz 1 BauGB, auch in Verbindung mit § 13b BauGB) sind diese Verfahrensarten künftig auch ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Aufstellung der jeweiligen Pläne im Hinblick auf Störfälle das Abstandsgebot nach § 50 Satz 1 BImSchG zu beachten ist.

Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Gebiet zumindest teilweise innerhalb des angemessenen Sicherheitsabstandes nach § 3 Absatz 5c BImSchG oder, wenn dieser nicht bekannt ist, innerhalb des Achtungsabstandes liegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Kapitel 2.2.2.3 verwiesen.

Bestehen entsprechende Anhaltspunkte, ist nach § 34 Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 bzw. nach § 35 Absatz 6 Satz 4 Nummer 3 BauGB auch die Aufstellung einer Entwicklungs-, einer Ergänzungs- und einer Außenbereichssatzung ausgeschlossen.

3.8 Überleitungsvorschrift (§ 245c Absatz 1 BauGB)

Die Überleitungsvorschrift in § 245c Absatz 1 BauGB sieht abweichend von § 233 Absatz 1 Satz 1 BauGB vor, dass Verfahren nur dann nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen werden können, wenn die frühzeitige Beteiligung der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange nach § 4 Absatz 1 Satz 1 BauGB, die auch für die Festlegung des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung, Bedeutung hat, vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet worden ist. Findet keine frühzeitige Beteiligung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 BauGB statt, ist auf die Einleitung der Beteiligung der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange nach sonstigen Vorschriften abzustellen; dies zielt auf die Einholung der Stellungnahmen nach § 4 Absatz 2 Satz 1 BauGB oder auf die Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist (§ 13 Absatz 2 Satz 1 BauGB, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 BauGB) ab. Durch eine Anpassung des Gesetzeswortlauts im Rahmen des UVP-Modernisierungsgesetzes ist dies klargestellt worden.

§ 233 Absatz 1 Satz 2 BauGB bleibt unberührt.

Zu § 245c Absatz 2 BauGB wird auf die Ausführungen zu § 22 BauGB (siehe Nr. 6.1.7), zu § 245c Absatz 3 BauGB auf die Ausführungen zu § 6a BauNVO (siehe Nr. 2.6.7) verwiesen.

4. Zulässigkeit von Vorhaben

4.1 Umwandlung bestehender Anlagen zu Wohnzwecken (§ 34 Absatz 3a BauGB)

Zur Erleichterung des Wohnungsbaus soll im unbeplanten Innenbereich bei Nutzungsänderungen sämtlicher baulicher Anlagen zu Wohnzwecken vom Erfordernis des Einfügens abgesehen werden können. Dies galt bislang nur bei Nutzungsänderungen von Gewerbe- und Handwerksbetrieben zu Wohnzwecken, nunmehr können z.B. auch Einrichtungen für soziale oder kirchliche Zwecke, öffentliche Gebäude oder Anlagen, die der technischen Versorgung dienen, zu Wohnzwecken umgenutzt werden.

Von der Neuregelung wird ausdrücklich auch eine erforderliche Änderung oder Erneuerung erfasst.

Die Regelung ist ebenso wie die bisherige nur dann von Bedeutung, wenn das Einfügungsgebot des § 34 Absatz 1 BauGB nicht erfüllt ist, da anderenfalls das Vorhaben bereits nach § 34 Absatz 1 BauGB zulässig ist. § 34 Absatz 3a BauGB findet hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wie bisher keine Anwendung auf Vorhaben, die als faktische Baugebiete nach § 34 Absatz 2 BauGB einschließlich des dort anwendbaren § 31 Absatz 2 BauGB zu beurteilen sind.

Um Konflikten in Gemengelagen vorzubeugen, gelten wie bisher die weiteren Voraussetzungen des § 34 Absatz 3a Satz 1 Nummern 2 und 3 BauGB, also die städtebauliche Vertretbarkeit und die Vereinbarkeit mit öffentlichen Interessen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen.

Im Rahmen der Zulassungsentscheidung sind mögliche Nutzungskonflikte zu berücksichtigen und im Hinblick auf ein Planerfordernis an den Vorschriften des § 1 Absatz 6 und 7 BauGB zu messen. Gegebenenfalls sind die vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 C 11/11 - entwickelten Grundsätze zum Abstandsgebot nach der Seveso-II-Richtlinie zu beachten (vgl. die in Nr. 2.2.2.3 aE genannte Arbeitshilfe der Fachkommission Städtebau zur Berücksichtigung des Abstandsgebots der Seveso-III-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren).

Bei der Würdigung nachbarlicher Interessen sind insbesondere die Interessen bestehender benachbarter Betriebe oder sonstiger emittierender Anlagen zu beachten und zu prüfen, inwiefern unter dem Gesichtspunkt der Beachtung des Rücksichtnahmegebots Abwehrrechte gegen eine heranrückende Wohnbebauung entstehen könnten.

4.2 Ferienwohnungen (§ 13a BauNVO und § 1 Absatz 5; § 11 Absatz 2 BauNVO)

4.2.1 Allgemeines

Anlass der Regelung zu Ferienwohnungen in § 13a BauNVO ist die infolge der Rechtsprechung insb. des OVG Greifswald (z.B. Urteil vom 19. Februar 2014 - 3 L 212/12) entstandene Rechtsunsicherheit zur Zulässigkeit von Ferienwohnungen in den Baugebieten nach §§ 2 bis 7 BauNVO. § 13a BauNVO regelt hierzu, welchen der bestehenden Nutzungskategorien Ferienwohnungen bei Aufstellung von Bebauungsplänen zugeordnet werden können. Leitgedanke der Regelungskonzeption ist es, die herrschende Meinung im Wesentlichen klarstellend abzubilden (vgl. zum Meinungsstand BT-Drs. 18/10942, S. 35).

4.2.2 Begriff der Ferienwohnung

Ferienwohnungen werden in § 13a Satz 1 BauNVO als Räume oder Gebäude definiert, die einem ständig wechselnden Kreis von Gästen gegen Entgelt vorübergehend zur Unterkunft zur Verfügung gestellt werden und die zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit geeignet und bestimmt sind.

In Abgrenzung zur Nutzungsart "Wohnen" fehlt es bei Ferienwohnungen insbesondere an dem Aspekt der Dauerhaftigkeit, da Ferienwohnungen von einem ständig wechselnden Kreis von Gästen nur vorübergehend genutzt werden. In Abgrenzung zu einem klassischen Beherbergungsbetrieb in Form eines Hotelgewerbes sind Ferienwohnungen zur Begründung einer eigenen Häuslichkeit bestimmt und geeignet.

Der Begriff "Ferienwohnung" impliziert, dass eine Anmietung regelmäßig für Zwecke der Freizeit- und Urlaubsgestaltung erfolgt (BT-Drs. 18/10942, S. 57). Eine Kurzzeitvermietung für andere Zwecke wird von § 13a BauNVO nicht ausdrücklich erfasst, aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Neben dem Anwendungsbereich des § 13a BauNVO bleiben die allgemeinen Regeln anwendbar. Die Beurteilung beispielsweise von Boardinghäusern richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 30.05.2016 - 10 S 34.15; Beschl. v. 06.07.2006 - OVG 2 S 2.06).

Nach Satz 1 können als Ferienwohnung sowohl Räume innerhalb eines Gebäudes als auch ein ganzes Gebäude überlassen werden.

Hinweis: Von Gebäuden, die in den Baugebieten nach §§ 2 bis 7 BauNVO als Ferienwohnung überlassen werden, sind Ferienhäuser im Sinne des § 10 Absatz 4 BauNVO zu unterscheiden. Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO), zeichnen sich dadurch aus, dass dort ausschließlich Erholungssuchende Unterkunft finden sollen. Dementsprechend kann es sich bei Ferienhäusern im Sinne des § 10 Absatz 4 BauNVO nur um solche handeln, die auch in einem Ferienhausgebiet belegen sind.

4.2.3 Nutzungsart

Nach Satz 1 zählen Ferienwohnungen

Das bedeutet, dass sich Ferienwohnungen nach den für diese Nutzungsarten geltenden Festsetzungen richten - gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Festsetzungen nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO. § 13a Satz 1 BauNVO verfolgt städtebauliche Zielsetzungen; für seine Anwendung kommt es daher nicht darauf an, ob in anderen Rechtsgebieten (z.B. Gewerberecht, Einkommensteuerrecht oder Wohnungseigentumsrecht) gegebenenfalls bestehende abweichende Anforderungen an einen Gewerbebetrieb erfüllt sind. Ausreichend ist vielmehr, dass die Überlassung der Räumlichkeiten entgeltlich erfolgt.

In Gewerbe- und Industriegebieten findet § 13a BauNVO keine Anwendung. An der Qualifizierung einer Ferienwohnung als Gewerbebetrieb ändert sich auch dort nichts; aufgrund des wohnähnlichen Charakters ist hier jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob sie gebietsverträglich sind.

Nach § 13a Satz 2 BauNVO können als Ferienwohnung überlassene Räume abweichend von Satz 1 in den übrigen Fällen, insbesondere bei einer baulich untergeordneten Bedeutung gegenüber der in dem Gebäude vorherrschenden Hauptnutzung zu den Betrieben des Beherbergungsgewerbes zählen. Die Regelung hat insbesondere reine Wohngebiete im Blick. Ihr liegt hier die Annahme zugrunde, dass als Ferienwohnung überlassene Räume, die der im Gebäude vorherrschenden Hauptnutzung untergeordnet sind, nach ihrer städtebaulichen Wirkung einschließlich ihres Störpotentials einem kleinen Betrieb des Beherbergungsgewerbes entsprechen, auch wenn keine Bewirtungsleistungen erbracht werden.

4.2.4 Feinsteuerung

Ferienwohnungen können Gegenstand von Festsetzungen nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO sein.

Sofern Ferienwohnungen in dem jeweiligen Bebauungsplangebiet allgemein zulässig sind, kann nach dem geänderten § 1 Absatz 5 BauNVO festgesetzt werden, dass sie nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind.

Darüber hinaus kommt eine Feinsteuerung nach § 1 Absatz 9 BauNVO in Betracht.

4.2.5 Bestehende Bebauungsplangebiete

Die Regelung des § 13a BauNVO dürfte aufgrund ihres im Wesentlichen klarstellenden Charakters (siehe 4.2.1) grundsätzlich auch bei Genehmigungsentscheidungen in bestehenden Bebauungsplangebieten Bedeutung erlangen können.

Sofern zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von § 13a BauNVO z.B. in reinen Wohngebieten Ferienwohnungen betrieben werden, die bei einer Neuerrichtung nicht nach § 13a BauNVO genehmigungsfähig wären, ist im Einzelfall von den Baugenehmigungsbehörden zu prüfen, ob Bestandsschutz besteht.

Sind derartige Ferienwohnungen unanfechtbar genehmigt worden, genießen sie Bestandsschutz. Von Bestandsschutz wird man aber nur dann ausgehen können, wenn ausdrücklich die Ferienwohnungsnutzung Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war. Wurde z.B. die Genehmigung für ein Wohngebäude beantragt, in dem sich nach den Bauvorlagen drei Dauerwohnungen und eine Ferienwohnung befinden sollte, dürfte davon auszugehen sein, dass auch die Ferienwohnung ab Unanfechtbarkeit der Genehmigung Bestandsschutz genießt. Das Gleiche gilt, wenn die Ferienwohnung als Gewerbebetrieb oder Betrieb des Beherbergungsgewerbes genehmigt wurde, aus den Bauvorlagen aber die Nutzung als Ferienwohnung erkennbar war.

Wurde dagegen ohne weitere Differenzierung lediglich ein Wohngebäude mit vier Wohnungen genehmigt, wird man nicht ohne Weiteres von einer bestandskräftigen Genehmigung der Ferienwohnung ausgehen können. Entsprechendes dürfte z.B. auch für Fälle gelten, in denen erst später - ohne Beteiligung der Bauaufsichtsbehörde - eine Dauerwohnung oder ein Beherbergungsbetrieb zur Ferienwohnung umgenutzt wurde.

Ist für das Gebäude lediglich eine Einreichung von Unterlagen in der Genehmigungsfreistellung entsprechend § 62 der Musterbauordnung erfolgt, ergibt sich unabhängig vom Inhalt der eingereichten Unterlagen daraus kein Bestandsschutz. In diesem Fall ist zu prüfen, ob die Nutzung als Ferienwohnung materiell zulässig ist.

Zur weiteren Nutzung bestehender Ferienwohnungen, die bei einer Neuerrichtung nicht zulässig wären und auch keinen Bestandsschutz genießen, kommen auf Vollzugsebene folgende Möglichkeiten in Betracht:

Unberührt bleibt die Möglichkeit, den Bebauungsplan anzupassen. Es kann sinnvoll sein, dass sich Gemeinden einen Überblick über bestehende Ferienwohnungen verschaffen und prüfen, ob ihr aus dem Bebauungsplan hervorgehender Planungswille den in § 13a BauNVO enthaltenen Regelungen entspricht. Dadurch kann auch die Entscheidung über die Zulassung von Ausnahmen oder Befreiungen nach § 31 BauGB bzw. die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens hierzu erleichtert werden.

4.2.6 Sondergebiete für den Fremdenverkehr (§ 11 Absatz 2 Satz 2, 1. Spiegelstrich BauNVO)

In § 11 Absatz 2 Satz 2, 1. Spiegelstrich BauNVO wird entsprechend der bisherigen Rechtslage (OVG Lüneburg, Urt. vom 18.09.2014 - 1 KN 123/12; OVG Lüneburg Urt. v. 9.8.2016 - 1 KN 65/15; BT-Drs. 18/10942, S. 35) ausdrücklich klargestellt, dass Sondergebiete für den Fremdenverkehr auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits festgesetzt werden können. Bei Gebieten, die ausschließlich Dauerwohnen und Ferienwohnen aufweisen, handelt es sich um Sondergebiete gemäß § 11 BauNVO und nicht um Allgemeine Wohngebiete (§ 4 BauNVO) oder Mischgebiete (§ 6 BauNVO).

5 Einheimischenmodelle (§ 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 BauGB)

Die Europäische Kommission hat im Februar 2017 nach langjährigen Verhandlungen die zwischen Bayern und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit abgestimmten Leitlinien zur Ausgestaltung von Einheimischenmodellen akzeptiert. Mit der Änderung des § 11 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 BauGB wurde dessen Wortlaut an die Leitlinien angepasst. Im Folgenden werden die Leitlinien abschnittsweise wiedergegeben und erläutert.

Leitlinien für Gemeinden bei der vergünstigten Überlassung von Baugrundstücken im Rahmen des so genannten Einheimischenmodells

Die Leitlinien dienen der europarechtskonformen Ausgestaltung städtebaulicher und sonstiger Verträge (vgl. § 11 Absatz 1 Nummer 2 des Baugesetzbuchs - BauGB), soweit die Gemeinde Einheimischenmodelle nutzt. Unter Berücksichtigung des Grundrechts auf Freizügigkeit dienen Einheimischenmodelle dazu, ein-kommensschwächeren und weniger begüterten Personen der örtlichen Bevölkerung den Erwerb angemessenen Wohnraums zu ermöglichen.

Die Leitlinien zeichnen die Linie nach, in deren Rahmen ein Einheimischenmodell europarechtlich zulässig ist: Es stellte einen Verstoß gegen europäisches Recht dar, wenn bereits die Teilnahme am Auswahlverfahren zum Einheimischenmodell den Wohnsitz am Ort voraussetzen oder der Wohnsitz am Ort als das primär maßgebliche Auswahlkriterium ausgestaltet würde. Keine europarechtlichen Bedenken bestehen jedoch, wenn die Ortsansässigkeit bei der Auswahlentscheidung in Kombination mit dem Ziel, ein ausreichendes Wohnangebot für einkommensschwache und andere benachteiligte Gruppen der örtlichen Bevölkerung sicherzustellen, berücksichtigt wird. Damit ist dem Einheimischenmodell das Ziel immanent, dem weniger begüterten und einkommensschwächeren Teil der örtlichen Bevölkerung den Erwerb einer Immobilie, sei es ein Einfamilienwohnhaus oder eine Eigentumswohnung, zu ermöglichen. Das bedeutet aber auch, dass ein Überschreiten der durch die Leitlinien vorgezogenen Begrenzungen gegen Europarecht verstößt. Der die neuen Leitlinien tragende Grundgedanke kommt auch in der Präambel zum Ausdruck.

Die Leitlinien dienen den betroffenen Städten und Gemeinden zur rechts- und damit auch planungssicheren Aufstellung von Einheimischenmodellen. Sie geben zwingend zu beachtende Rahmenbedingungen für die Zulässigkeit von Einheimischenmodellen vor, gewähren aber innerhalb dieser Vorgaben ein großes Maß an Gestaltungsspielraum für die Kommunen.

1. Einhaltung von Vermögens- und Einkommensobergrenzen

Für die vergünstigte Überlassung von Baugrundstücken im Rahmen eines Einheimischenmodells kommen nur Bewerber in Betracht, deren Vermögen und Einkommen (kumulativ) die jeweils von der Gemeinde vorab öffentlich bekannt gemachten Obergrenzen nicht überschreiten. Hierbei gelten folgende Maßgaben:

1.1 Vermögensobergrenze

  • Der Bewerber darf maximal über ein Vermögen in Höhe des Grundstückswertes verfügen.
  • Der Bewerber darf nicht Eigentümer eines bebaubaren Grundstücks in der betreffenden Gemeinde sein. Immobilieneigentum außerhalb der betreffenden Gemeinde wird als Vermögen angerechnet.

1.2 Einkommensobergrenze

  • Der Bewerber darf maximal ein Einkommen (Gesamtbetrag der Einkünfte) in Höhe des durchschnittlichen Jahreseinkommens eines Steuerpflichtigen innerhalb der Gemeinde 1 erzielen. Erfolgt der Erwerb durch ein Paar, erfolgt die Berechnung auf Basis der addierten Einkommen und in Relation zum doppelten Durchschnittseinkommen.
  • Wenn in der Gemeinde das durchschnittliche Jahreseinkommen von 51.000 EUR überschritten wird, gilt für einen Bewerber eine Einkommensobergrenze von 51.000 EUR 2. Bei einem Paar als Bewerber dürfen die addierten Einkommen die doppelte Obergrenze nicht übersteigen.
  • Zur Obergrenze ist ein Freibetrag in Höhe von 7.000 EUR 3 je unterhaltspflichtigem Kind hinzuzurechnen.

___
1) Grundlage sind die jeweils aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts bzw. des Statistischen Landesamts.

2) Der Betrag wird jährlich entsprechend der Entwicklung des bundesweiten Durchschnitteinkommens angepasst.
3) Der Betrag orientiert sich an der steuerrechtlichen Größe des Kinderfreibetrages in Deutschland. Dieser gilt bundesweit und wird regelmäßig angepasst.

Als allgemeine Zugangsvoraussetzung werden allein die Kriterien "Einkommen" und "Vermögen" angesetzt. Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH, kann hinsichtlich des Kriteriums "Einkommen" als Maximum das Durchschnittseinkommen in der Gemeinde - dies wird z.B. vom Bayerischen Landesamt für Statistik für jede Gemeinde als Gesamtbetrag der Einkünfte angegeben - angesetzt werden. Das Kriterium der Ortsansässigkeit spielt für die Bewerbungsberechtigung keine Rolle mit der Folge, dass auch Ortsfremde am Einheimischenmodell teilnehmen können. Die Punktevergabe muss auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruhen. Die Vergabeentscheidung ist schlussendlich gerichtlich überprüfbar.

2. Auswahlkriterien und ihre punktebasierte Gewichtung

Für die Auswahl aus mehreren im Sinne der Nummer 1 berechtigten Bewerbern sind die in Nummer 2.1 bis 2.3 genannten Auswahlkriterien nach Maßgabe der Nummer 2.4 anzuwenden und zu gewichten.

2.1 Bedürftigkeit nach Vermögen und Einkommen

Je mehr die Vermögens- und Einkommensobergrenzen nach Nummer 1 unterschritten werden, desto mehr Punkte gibt es.

2.2 Bedürftigkeit nach weiteren sozialen Kriterien

Die Punktevergabe erfolgt aufgrund individueller Merkmale und Belastungen, wie z.B. Zahl der Kinder, pflegebedürftige Angehörige, Behinderung.

2.3 Zeitdauer und gegebenenfalls Ehrenamt

Die Punktevergabe erfolgt in Abhängigkeit von der verstrichenen Zeitdauer

  • seit Begründung des Erstwohnsitzes und/oder
  • seit Ausübung einer Erwerbstätigkeit

in der Gemeinde.

Im Rahmen der Zeitdauer kann die Ausübung eines Ehrenamts berücksichtigt werden.

2.4 Maßgaben

  • Die Auswahl erfolgt in einem offenen und transparenten Verfahren. Grundlage ist eine punktebasierte Bewertung der bei den Bewerbern vorliegenden Merkmale zu den Auswahlkriterien nach Nummer 2.1 bis 2.3.
  • Die Auswahlkriterien nach Nummer 2.1 bis 2.3 und der jeweilige Bewertungsmaßstab sind von der Gemeinde vorab zu konkretisieren und bekannt zu machen.
  • Für das Auswahlkriterium nach Nummer 2.3 gelten ergänzend folgende Maßgaben:
    • Das Auswahlkriterium nach Nummer 2.3 darf zu höchstens 50% in die Gesamtbewertung einfließen. (Beispiel: Wenn insgesamt 100 Punkte zu vergeben sind, darf es für das Kriterium der Zeitdauer und gegebenenfalls Ehrenamt höchstens 50 Punkte geben.). Umgekehrt steht es den Gemeinden frei, die Kriterien nach 2.1 und 2.2 höher zu gewichten als den Aspekt der Zeitdauer, z.B. im Verhältnis 60 : 40.
    • Die höchste zu erreichende Punktzahl ist bei einer Zeitdauer von maximal 5 Jahren erreicht
    • Die Gemeinde kann die Ausübung eines Ehrenamts im Rahmen der Zeitdauer berücksichtigen (Nummer 2.3). Die Punkte für die verstrichene Zeitdauer seit Begründung des Erstwohnsitzes und/oder seit der Ausübung einer Erwerbstätigkeit sind entsprechend zu mindern.

3. Sicherung des Förderzwecks

Wenn der Begünstigte nach dem geförderten Erwerb des Grundstücks seinen Erstwohnsitz für weniger als zehn Jahre auf diesem Grundstück hat, soll der Begünstigte einen angemessenen Teil der Vergünstigung zurückerstatten. Dieser prozentuale Anteil errechnet sich in der Regel aus dem Zeitraum, der bis zu einer Nutzung von zehn Jahren fehlt (bei einem Verkauf nach acht Jahren z.B. 20 %).

Erst bei der anschließenden Auswahlentscheidung findet die Punktevergabe für die Bewerber statt. Dabei können die Kriterien der Ortsgebundenheit mit (maximal) 50 % der Gesamtpunkte gewichtet werden, während die sozialen Kriterien mit (mindestens) 50 % der Gesamtpunkte zu gewichten sind. Ein Ehrenamt kann im Rahmen des Kriteriums der Ortsgebundenheit mit berücksichtigt werden; bei 10 % der Gesamtpunkte für das Ehrenamt können dann noch 40 % der Gesamtpunkte für das Kriterium Ortsgebundenheit verwendet werden. Welche und wie viele Punkte innerhalb dieses Rahmens vergeben werden, liegt allein in der Entscheidungshoheit der Gemeinde.

6 Weitere Änderungen

6.1 Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktion (§§ 22, 213, 245c Absatz 2 BauGB)

6.1.1 Verhältnis zur Bauleitplanung

Die Änderungen weiten den Anwendungsbereich von Fremdenverkehrssatzungen aus. Die nach allgemeinen Regeln gegebenenfalls bestehende Möglichkeit, Neben- bzw. Zweitwohnungen durch Bebauungsplanfestsetzungen auszuschließen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18. September 2014 - 1 KN 123/12, zu einem Sondergebiet Kurgebiet/Gebiet für Fremdenbeherbergung), soll durch die Neuregelung nicht berührt werden; vielmehr soll mit der Änderung des § 22 BauGB ein zusätzliches Instrument bereitgestellt werden (BT-Drs. 18/10942, S. 34).

6.1.2 Wohnungs- und Teileigentum sowie Rechte nach §§ 30 und 31 des Wohnungseigentumsgesetzes (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 BauGB)

§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 BauGB übernimmt unverändert die bisherige Rechtslage; der bisherige Satz 2 wurde dabei in Satz 1 Nummer 2 integriert.

6.1.3 Begründung von Bruchteilseigentum (§ 22 Absatz 1 Nummer 3 BauGB)

Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB kann die Gemeinde nunmehr in einem Bebauungsplan oder einer sonstigen Satzung bestimmen, dass auch die Begründung von Bruchteilseigentum an Grundstücken mit Wohngebäuden und Beherbergungsbetrieben einem Genehmigungsvorbehalt unterworfen ist. Voraussetzung für die Genehmigungsbedürftigkeit ist, dass

Ohne Grundbucheintragung der Miteigentümervereinbarung findet § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB keine Anwendung; stattdessen kann als Auffangtatbestand § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BauGB in Betracht kommen.

Wird im Falle des § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB dem Grundbuchamt weder der Genehmigungsbescheid noch ein Zeugnis nach § 22 Absatz 5 Satz 5 BauGB vorgelegt, darf das Grundbuchamt die von § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB erfassten Eintragungen, d. h. sowohl die Eintragung des Bruchteilseigentums als auch die Eintragung der Benutzungsregelung, nicht vornehmen.

6.1.4 Bestehendes Bruchteilseigentum (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 BauGB)

Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 BauGB kann bei bestehendem Bruchteilseigentum eine (nachträglich getroffene) Miteigentümervereinbarung, nach der - wie bei § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB - die Räume zur ausschließlichen Benutzung zugewiesen sind und die Aufhebung der Gemeinschaft ausgeschlossen ist, unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Die Genehmigungsbedürftigkeit entsteht auch hier nur, wenn diese Vereinbarung im Sinne des § 1010 BGB im Grundbuch als Belastung eingetragen werden soll. Wird dem Grundbuchamt weder der Genehmigungsbescheid noch ein Zeugnis nach § 22 Absatz 5 Satz 5 BauGB vorgelegt, wird die Eintragung nach § 1010 BGB nicht vorgenommen. Das bestehende Bruchteilseigentum bleibt jedoch unberührt.

Eine lediglich schuldrechtliche Vereinbarung zur ausschließlichen Benutzung kann gegebenenfalls vom Auffangtatbestand des § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BauGB erfasst werden.

6.1.5 Auffangtatbestand (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 und § 215 BauGB)

Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BauGB kann unmittelbar die Nutzung von Räumen in Wohngebäuden oder Beherbergungsbetrieben als Nebenwohnung unter einen Genehmigungsvorbehalt gestellt werden. Bei dem Begriff der Nebenwohnung wird an die Begriffsbestimmung des § 21 des Bundesmeldegesetzes angeknüpft, dessen insoweit wesentlichen Absätze 1 bis 3 wie folgt lauten:

" § 21 Mehrere Wohnungen

(1) Hat ein Einwohner mehrere Wohnungen im Inland, so ist eine dieser Wohnungen seine Hauptwohnung.

(2) Hauptwohnung ist die vorwiegend benutzte Wohnung des Einwohners.

(3) Nebenwohnung ist jede weitere Wohnung des Einwohners im Inland."

Über § 21 Bundesmeldegesetz hinaus verlangt § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BauGB, dass insgesamt an mehr als der Hälfte der Tage eines Jahres die entsprechenden Räume unbewohnt sind. Nicht genehmigungsbedürftig wäre daher, wenn die Räume sowohl als Nebenwohnung als auch als Ferienwohnung im Sinne des § 13a BauNVO genutzt werden und wenn die tatsächliche Selbstnutzungszeit zusammen mit der Nutzungszeit als Ferienwohnung mindestens die Hälfte des Jahres beträgt.

6.1.6 Verfahrensfragen

Die Gemeinden können den Genehmigungsvorbehalt auf einzelne Tatbestände von § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 5 BauGB beschränken.

Für die einzelnen Tatbestände wird im Hinblick auf die Beteiligung des Grundbuchamts auf Folgendes hingewiesen:

6.1.7 Ordnungswidrigkeitentatbestand (§ 213 BauGB)

Nach § 213 Absatz 2 BauGB handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne Genehmigung nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BauGB einen dort genannten Raum als Nebenwohnung nutzt. Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 213 Absatz 3 BauGB mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Die Einzelheiten des Ordnungswidrigkeitenverfahrens richten sich nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG).

6.1.8 Überleitungsrecht (§ 245c Absatz 2 BauGB)

§ 245c Absatz 2 Satz 1 BauGB stärkt den Vertrauensschutz in den Fällen, in denen die Einigung vor Inkrafttreten des BauGBÄndG 2017 am 13. Mai 2017 erfolgte, die Eintragung in das Grundbuch aber erst nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt. Für diese Fälle kann bei einem späteren Erlass einer Satzung oder eines Bebauungsplans nach § 22 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 und 4 BauGB ein Genehmigungsvorbehalt nicht begründet werden. Anknüpfungspunkt für die Überleitungsregelung in § 245c Absatz 2 Satz 1 BauGB ist der Zeitpunkt, in dem die Miteigentümervereinbarung nach § 1010 BGB abgeschlossen wird; in den Fällen des § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BauGB dürfte dieser regelmäßig mit der Einigung nach § 929 Satz 1 BGB zusammenfallen.

Erfolgt die Einigung nach Inkrafttreten des Gesetzes, aber vor Wirksamwerden des Bebauungsplans oder der Satzung, gelten die allgemeinen Regeln. Insbesondere findet § 22 Absatz 4 Satz 2 BauGB Anwendung:

Wenn eine Grundbucheintragung bereits erfolgt ist, bevor die Satzung wirksam wird, bleibt dieser Vorgang wirksam.

Nach § 245c Absatz 2 BauGB ist das Genehmigungserfordernis nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 BauGB nicht anwendbar, wenn die Nutzung als Zweitwohnung vor Inkrafttreten des Gesetzes aufgenommen worden ist. Wird die Nutzung als Zweitwohnung nach Inkrafttreten des Gesetzes, aber vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts aufgenommen, bedarf die weitere Nutzung als Zweitwohnung einer Genehmigung. Bei wirtschaftlicher Härte kann § 22 Absatz 4 Satz 3 BauGB greifen.

6.2 Erhaltungssatzung (§§ 172 und 173 BauGB)

6.2.1 Kündigungsschutz in Milieuschutzgebieten (§ 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 BauGB)

In Milieuschutzgebieten, in denen zugleich eine Verordnung nach § 577a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und eine Verordnung nach § 172 Absatz 1 Satz 4 BauGB gelten, verkürzt sich die Kündigungssperrfrist nicht mehr - wie nach bisheriger Rechtslage - um sieben, sondern nur noch um fünf Jahre. Im Ergebnis verlängert sich die Schutzfrist für den Mieter daher um zwei Jahre.

6.2.2 Mitteilungspflicht (§ 173 Absatz 3 Satz 3 BauGB)

Nach § 173 Absatz 3 Satz 2 BauGB hat die Gemeinde vor der Entscheidung über einen Genehmigungsantrag in den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 BauGB auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören.

Die Anhörungspflicht ist durch § 172 Absatz 3 Satz 3 BauGB in den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 BauGB um eine Informationspflicht der Gemeinde ergänzt worden: Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte sind über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren. Damit wird die Transparenz des Genehmigungsverfahrens erhöht und die Mieter, Pächter und sonstigen Nutzungsberechtigten können sich auf die veränderten Verhältnisse einstellen. Wird ein Genehmigungsantrag in den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 BauGB abgelehnt, erfolgt keine Information der Mieter, Pächter und sonstigen Nutzungsberechtigten.

Die Information gegenüber der anzuhörenden Person beschränkt sich in der Regel auf die Tatsache der Erteilung einer Genehmigung. Eine Erläuterung der Genehmigungsentscheidung unter Berücksichtigung des Vorbringens der anzuhörenden Person ist nicht erforderlich. Auskünfte über die rechtlichen Auswirkungen der Genehmigung für Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte unterbleiben. Die Information erfolgt schriftlich; eine förmliche Zustellung ist nicht erforderlich. Die Information über die Erteilung einer Genehmigung ist kein Verwaltungsakt. Ein Rechtsbehelf gegen die Erteilung der Genehmigung steht den anzuhörenden Personen nicht zu.

Adressat der Information ist der Mieter, Pächter oder sonstige Nutzungsberechtigte zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung. Dies gilt auch, wenn ein vorheriger Mieter, Pächter oder sonstiger Nutzungsberechtigter angehört wurde. Eine Wiederholung der Anhörung wegen eines zwischenzeitlichen Wechsels in der Person des Mieters, Pächters oder sonstigen Nutzungsberechtigten ist nicht erforderlich.

6.3 Erweiterung des Anwendungsbereichs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) bei Bauleitplan- und Baugenehmigungsverfahren

Vereinigungen nach § 2 UmwRG können Rechtsbehelfe gegen bestimmte Entscheidungen einlegen, ohne die Verletzung eigener Rechte geltend machen zu müssen.

Dies betrifft nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 UmwRG u. a. die Entscheidung über Pläne und Programme, für die nach Anlage 5 des UVPG oder landesrechtlicher Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung bestehen kann. Von der Vorschrift sind auch Flächennutzungs- und Bebauungspläne erfasst, einschließlich ihrer Änderungen, nicht aber Satzungen nach §§ 34, 35 BauGB, da diese nicht in der Anlage zum UVPG aufgeführt sind (vgl. Nummer 3.1.2).

Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 UmwRG unterfallen nunmehr auch Zulassungsentscheidungen von Vorhaben dem Anwendungsbereich des UmwRG, wenn umweltbezogene Vorschriften des Bundes- oder Landesrecht bzw. unmittelbar geltenden EU-Rechts anzuwenden sind. Betroffen sein können z.B. Baugenehmigungen für Vorhaben im Außenbereich oder bei denen im Ergebnis immissionsschutzrechtliche Anforderungen eine Rolle spielen (Gebietserhaltungsanspruch, Gebot der Rücksichtnahme). Ebenso gehören Verwaltungsakte über die Über-wachungs- und Aufsichtsmaßnahmen der Baubehörden zu den Entscheidungen, gegen die die Umweltverbandsklage künftig statthaft ist (§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 UmwRG).

Nach § 2 Absatz 3 Satz 1 UmwRG beträgt bei fehlender öffentlicher oder persönlicher Bekanntmachung einer Entscheidung die Rechtsbehelfsfrist für die Umweltvereinigung ein Jahr, nachdem sie von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Im Falle des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 UmwRG muss der Rechtsbehelf jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden, § 2 Absatz 3 Satz 2 UmwRG.

Im Zweifel kann es sich aus Gründen der Rechtssicherheit anbieten, die anerkannten Umweltverbände im Verfahren einzubeziehen bzw. zu beteiligen und ihnen ggf. die Entscheidung über den Bauleitplan bekanntzugeben; im Falle einer Zulassungsentscheidung ist die Baubehörde auf Antrag des Bauherrn hierzu sogar verpflichtet (§ 7 Absatz 1 Satz 1 UmwRG).

_____
1) Die Handlungsanleitung wird zeitnah hinsichtlich der Gesetzesänderungen aktualisiert werden.

2) Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197 vom 21.07.2001 S. 30)

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