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Regelwerk; Bau- & Planungsrecht
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BayWEE - Windenergie-Erlass
Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA)

- Bayern -

Vom 19. Juli 2016
(AllMBl. Nr. 10 vom 31.08.2016 S. 1642)
Gl.-Nr.: 2129.1-W



Archiv:  2011

Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr, für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, für Umwelt und Verbraucherschutz, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Gesundheit und Pflege
Az. IIB5-4112.79-074/14, XI.4-K5106-12c/54 225, 54-L9249-1/21/1, 92b-9211/11, 72a-U3327-2015/3, F1-7711-1/97 und G47-G8174-2016/1

1. Vorbemerkung

Die Nutzung der Windenergie an für Natur, Landschaft und Bevölkerung verträglichen Standorten kann einen wichtigen Beitrag zum Umbau der Energieversorgung leisten. Am 20. Dezember 2011 haben die damaligen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine Gemeinsame Bekanntmachung mit Hinweisen zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen erlassen (Windkrafterlass). Veränderte Rahmenbedingungen, insbesondere die Änderung der Bayerischen Bauordnung vom 21. November 2014 (sogenannte 10 H-Regelung, vergleiche Nr. 4.1), sowie Erfahrungen aus der Praxis haben eine Überarbeitung notwendig werden lassen. Ziel dieser Gemeinsamen Bekanntmachung bleibt ein einheitlicher und effizienter Vollzug der maßgeblichen Vorschriften.

2. Raumordnung und Regionalplanung

2.1 Rechtliche Grundlagen

Rechtliche Grundlage ist § 35 Abs. 3 des Baugesetzbuchs (BauGB) in Verbindung mit dem Bayerischen Landesplanungsgesetz (BayLplG) vom 25. Juni 2012 (GVBl. S. 254, BayRS 230-1-F), das zuletzt durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 470) geändert worden ist. Die Umsetzung und Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben erfolgt über Ziele und Grundsätze der Raumordnung im Landesentwicklungsprogramm Bayern (siehe Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) vom 22. August 2013 (GVBl. S. 550, BayRS 230-1-5-F)) und in den Regionalplänen. Ziele und Grundsätze entfalten Bindungswirkung (Art. 3 BayLplG) insbesondere gegenüber dem Staat und seinen Behörden sowie gegenüber anderen öffentlichen Stellen im Sinne von Art. 2 Nr. 5 BayLplG, wie z.B. den Kommunen und Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Ziele der Raumordnung sind abschließend abgewogene, verbindliche Vorgaben, die bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten sind. Es besteht gegebenenfalls ein Konkretisierungsspielraum, jedoch keine Möglichkeit zur Abwägung. Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung, wie sie u. a. auch in den Regionalplänen enthalten sind, anzupassen. Der Umfang der Anpassungspflicht bestimmt sich dabei nach der Detailschärfe der landesplanerischen Regelung. Dies bedeutet, die Gemeinde kann innerhalb der Vorgaben des Regionalplans planerisch tätig werden. Grundsätze der Raumordnung sind allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, die bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen und damit im Einzelfall einer Abwägung zugänglich sind. Bei Bauleitplan- und Genehmigungsverfahren zur Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) ist die zuständige Regierung - höhere Landesplanungsbehörde - frühzeitig zu beteiligen (Art. 30 Abs. 1 Satz 2 BayLplG, § 4 Abs. 1 BauGB, gegebenenfalls § 11 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV). Bestehende kommunale Bauleitpläne sind von den Trägern der Regionalplanung bei der Aufstellung und Fortschreibung der Regionalpläne entsprechend zu berücksichtigen (Art. 17 Satz 1 und 2 Nr. 4 BayLplG). Die Berücksichtigungspflicht schließt eine inhaltliche Prüfung und gegebenenfalls Übernahme von in kommunalen Bauleitplänen dargestellten Flächen ein. Eine ungeprüfte Übernahme im Sinne eines "eins zu eins" wäre hingegen abwägungsfehlerhaft (vergleiche Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 28. Januar 2010, Az. 12 KN 65/07).

2.2 Regionalplanung

Gemäß LEP sind in den Regionalplänen im Rahmen von regionsweiten Steuerungskonzepten Vorranggebiete für die Errichtung von WEA festzulegen (Anlage Nr. 6.2.2 LEP). Zudem können in den Regionalplänen Vorbehaltsgebiete zur Errichtung von WEA (Anlage Nr. 6.2.2 LEP) sowie Ausschlussgebiete ausgewiesen werden. Eine Ausnahme ergibt sich für die Region Donau-Iller. Hier gilt der Staatsvertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Freistaat Bayern über die Zusammenarbeit bei der Landesentwicklung und über die Regionalplanung in der Region Donau-Iller vom 31. März 1973 (GVBl. S. 305, BayRS 230- 2-F), der zuletzt durch Staatsvertrag vom 17./19. Januar 2011 geändert worden ist (GVBl. S. 435). Mit regionsweiten Steuerungskonzepten für die Errichtung von WEA, die die Konzentration der Anlagen an raumverträglichen Standorten vorsehen, wird einerseits die Errichtung von WEA unterstützt und andererseits ein unkoordinierter, die Landschaft zersiedelnder Ausbau verhindert. Die Steuerungskonzepte werden von den Regionalen Planungsverbänden im Rahmen von Regionalplanfortschreibungsverfahren aufgestellt. Im Interesse einer bestmöglichen Abstimmung werden die Netzbetreiber im Anhörungsverfahren zur Aufstellung, Änderung und Fortschreibung von Windenergienutzungskonzepten beteiligt. Die Festlegung eines Vorranggebiets (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayLplG) bewirkt, dass in diesem Gebiet andere raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen werden, soweit diese mit dem Belang der Windenergienutzung nicht vereinbar sind. In Vorranggebieten ist in der Regel die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nicht erforderlich. Im Einzelfall erforderliche Genehmigungsverfahren bleiben hiervon unberührt. In einem Vorbehaltsgebiet (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayLplG) für die Errichtung von WEA wird der Windenergienutzung bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen ein besonderes Gewicht beigemessen. Dieses besondere Gewicht ist sowohl im Raumordnungsverfahren und im erforderlichen Genehmigungsverfahren für WEA als auch bei Planungs- und Genehmigungsverfahren für andere Fachplanungen zu berücksichtigen. Mit der Festlegung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für die Errichtung von WEA wird keine Aussage über die Nutzung der Windenergie außerhalb dieser Gebiete getroffen. Aus einer solchen Festlegung kann nicht abgeleitet werden, dass die Errichtung von WEA außerhalb von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten unzulässig ist. Die Regionalen Planungsverbände können dies jedoch bei Bedarf durch die Festlegung von Ausschlussgebieten erreichen. Die Gründe für den Ausschluss sind in der Begründung der Festlegung darzulegen. Ausschlussgebiete (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayLplG) für die Errichtung von überörtlich raumbedeutsamen WEA können Gebiete sein, die bereits landesplanerisch vorrangig gesichert sind, z.B. Vorranggebiet Bodenschätze, wasserwirtschaftliche Vorrang- oder Vorbehaltsgebiete, oder aus anderen rechtlichen oder sachlichen Gründen für die Windenergienutzung nicht in Betracht kommen, z.B. zivile und militärische Luftverkehrsanlagen, Richtfunkstrecken, Tiefflugkorridore, Trinkwasserschutzgebiete, empfindliche Bereiche von Grundwassereinzugsgebieten öffentlicher Wassergewinnungsanlagen, Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete, Schutz des Landschaftsbilds, Denkmalschutz. Ausschlussgebiete können entweder - bei Vorliegen entsprechender Gründe - alle Gebiete außerhalb der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für Windenergienutzung oder auch Teile davon umfassen. Im letzteren Fall verbleiben unbeplante Flächen, sogenannte weiße Flächen. Diese können von den Gemeinden überplant werden. WEA sind, ohne gemeindliches Handeln, auf den sogenannten weißen Flächen im Außenbereich - sofern sie den Abstand der 10 H-Regelung nicht unterschreiten - als privilegierte Vorhaben (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und Nr. 4) zulässig, wenn ihnen keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Die Gemeinde kann die Ansiedlung von WEA innerhalb der weißen Flächen durch die Konzentrationsflächendarstellung im Flächennutzungsplan (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) steuern. Mit der Ausweisung von regionalplanerischen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zur Steuerung der Windenergienutzung sind keine Aussagen zu maximal zulässigen Höhen von etwaigen WEA in diesen Gebieten verbunden. Bei der Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten handelt es sich vielmehr um Flächensicherungen vor konkurrierenden Nutzungen. Welche Anlagen, auch mit Blick auf die geltende 10 H-Regelung, in diesen Gebieten zulässig sind, ist im erforderlichen Genehmigungsverfahren bei Vorliegen eines konkreten Vorhabens zu überprüfen. Die 10 H-Regelung kann im Übrigen durch Aufstellung eines Bebauungsplans in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten unterschritten werden. Die 10 H-Regelung gilt demzufolge auch innerhalb regionalplanerischer Vorrang- und Vorbehaltsgebiete, sofern hier die Gemeinden nicht über ihre Bauleitplanung eine Unterschreitung vorsehen, und ist im Rahmen von Genehmigungsverfahren anzuwenden, d. h. in diesen Gebieten sind nicht an jeder Stelle WEA in beliebiger Höhe zulässig. Zudem gilt bei Fortschreibungen von Regionalplänen zum Thema Windenergie, die beim Inkrafttreten der 10 H-Regelung noch nicht abgeschlossen waren, dass die Regionalen Planungsverbände diese Regelung in ihre planerischen Überlegungen einbeziehen. Bei bestehenden Windenergiekonzepten haben sie zu prüfen, ob Änderungen aufgrund der 10 H-Regelung erforderlich sind. Hier empfiehlt es sich, insbesondere die Abwägungsprozesse, die zur Festlegung der Ausschlussgebiete geführt haben, nochmals zu überprüfen. Sollte sich im Ergebnis herausstellen, dass sich im Lichte der geltenden 10 H-Regelung eine andere Bewertung der Abwägungskriterien ergibt, die die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten in siedlungsfernen Teilbereichen der bestehenden Ausschlussgebiete ermöglichen würde, bietet es sich an, eine entsprechende Teilfortschreibung des Windenergiesteuerungskonzepts in Erwägung zu ziehen. Nach Art. 16 Abs. 2 BayLplG ist die Öffentlichkeit in die Erarbeitung oder Fortschreibung der Regionalpläne einzubeziehen. Im Hinblick auf eine verstärkte Einbeziehung der Bürger in den weiteren Ausbau der Windenergienutzung wird den Regionalen Planungsverbänden empfohlen, neben der gesetzlich vorgeschriebenen Auslegung der Regionalplan-Entwürfe und der Einstellung in das Internet eine umfassende Bürgerinformation über das rechtlich vorgeschriebene Maß hinaus zu betreiben, z.B. im Rahmen von Informationsveranstaltungen.

2.3 Raumordnungsverfahren

Das Raumordnungsverfahren ist dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelagert. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Einleitung sowie für die Durchführung des Raumordnungsverfahrens liegt bei der jeweiligen Regierung - höhere Landesplanungsbehörde. Die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ist gemäß Art. 24 Abs. 1 BayLplG erforderlich, wenn ein Vorhaben von erheblicher überörtlicher Raumbedeutsamkeit ist. Dies kommt bei WEA insbesondere dann in Betracht, wenn ein Vorhaben eine größere Anzahl von WEA umfasst. Liegt das Vorhaben in einem von der Regionalplanung festgelegten Vorranggebiet oder entspricht es den Festsetzungen eines den Zielen der Raumordnung angepassten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder § 12 BauGB, kann von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden. Im Raumordnungsverfahren sind obligatorisch betroffene öffentliche Stellen sowie die Öffentlichkeit zu beteiligen.

3. Genehmigungspflicht

WEA sind bis zu einer Gesamthöhe von Mast und Rotor von 10 m verfahrensfrei (Art. 57 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b der Bayerischen Bauordnung - BayBO). Bis zu einer Gesamthöhe von 50 m bedürfen sie der bauaufsichtlichen Genehmigung. Anlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m sind immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig (Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV). In diesem Fall entfällt wegen der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung das Erfordernis einer gesonderten Baugenehmigung. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist eine Sachgenehmigung, die im Rahmen eines umfassenden anlagenbezogenen Prüfmaßstabes die sonstigen die WEA betreffenden Genehmigungen wie z.B. nach Baurecht, Denkmalschutzrecht, Waldrecht mit einschließt, sogenannte Konzentrationswirkung. Die Genehmigungsverfahren sind zügig durchzuführen und nach § 10 Abs. 6a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) grundsätzlich innerhalb von drei Monaten abzuschließen. Die verfahrensleitenden Immissionsschutzbehörden sind z.B. gehalten, die Forstbehörden frühzeitig über Projektabsichten im Wald zu informieren (Art. 7 Satz 2 des Waldgesetzes für Bayern - BayWaldG), um forstlich relevante Auswirkungen einschätzen und etwaige Beeinträchtigungen vermindern zu können. Ziel ist es, die Waldflächeninanspruchnahme auf das notwendige Maß zu begrenzen. Daher sollten geeignete Standorte, die im Wald zu liegen kommen, dann auch bestmöglich genutzt werden. Die verfahrensleitenden Immissionsschutzbehörden sind gehalten, auch das Landesamt für Denkmalpflege frühzeitig bei Projektabsichten in der Nähe von Denkmälern zu beteiligen (Art. 15 Abs. 2 Satz 1 des Denkmalschutzgesetzes - DSchG), um denkmalrelevante Auswirkungen einschätzen und etwaige Beeinträchtigungen vermeiden oder vermindern zu können. Bei Vorhaben in der Umgebung von UNESCO-Welterbestätten sind zusätzlich die Vorgaben des in der Anlage Nr. 8.4.1 LEP festgelegten Ziels zu erfüllen; hierzu ist neben dem Landesamt für Denkmalpflege die betroffene Welterbestätte über die jeweiligen Ansprechpartner der Welterbestätte zu beteiligen. Soweit keine dem Welterbe verträgliche Lösung möglich scheint, legt die Welterbestätte, die sich zum Schutz ihres Welterbes verpflichtet hat, dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst einen Bericht zur Weiterleitung an die UNESCO vor. Aufgrund der Zielvorgabe in der Anlage Nr. 8.4.1 LEP dürfen keine unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden. Eine verbindliche Klärung der Welterbeverträglichkeit obliegt ausschließlich der UNESCO. Bis diese zwingend erforderliche Einschätzung der UNESCO über die Welterbeverträglichkeit vorliegt, ist eine Verlängerung der Frist zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag durch die zuständige Genehmigungsbehörde gemäß § 10 Abs. 6a Satz 2 BImSchG möglich. Besonders wichtig ist auch die rechtzeitige Beteiligung der Luftfahrtbehörden, da hier gesonderte Verfahrensfristen aus dem Luftverkehrsrecht zu beachten sind. Bei der Planung und Genehmigung von WEA sind die Belange des Trinkwasserschutzes zu berücksichtigen. Nähere Informationen hierzu finden sich im Merkblatt des Landesamts für Umwelt (LfU) "Trinkwasserschutz bei Planung und Errichtung von Windkraftanlagen". Bei Baumaßnahmen zur Errichtung von WEA sind die materiellen Anforderungen des Bodenschutzes aus dem Bundes-Bodenschutzgesetz, der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und dem Bayerischen Bodenschutzgesetz zu beachten. Bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb von WEA sind besondere Anforderungen des Arbeitsschutzes zu beachten. Gefährdungen ergeben sich nicht nur aus den Baumaßnahmen bei der Errichtung, sondern insbesondere durch Absturzgefahren bei den zum Betrieb erforderlichen Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten.

4. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von WEA richtet sich nach den § § 29 ff. BauGB. Imimmissionsschutzrechtlichen oder baurechtlichen - Genehmigungsverfahren wird die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit geprüft, d. h. die Frage, ob das Vor haben am geplanten Standort zulässig ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, Art. 59 Satz 1 Nr. 1, Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO). WEA, die weder im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans noch im unbeplanten Innenbereich, sondern im Außenbereich errichtet werden sollen, sind als grundsätzlich privilegierte Vorhaben zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und ihre ausreichende Erschließung gesichert ist (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB).

4.1 10 H-Regelung

Nach § 249 Abs. 3 BauGB in der ab 1. August 2014 geltenden Fassung konnten die Länder durch bis zum 31. Dezember 2015 zu verkündende Landesgesetze bestimmen, dass § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nur Anwendung findet, wenn die Vorhaben einen bestimmten Abstand zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen einhalten. In Bayern ist das die 10 H-Regelung in den Art. 82 Abs. 1 bis 4, Art. 83 Abs. 1 BayBO, die am 21. November 2014 in Kraft getreten ist und vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) mit Urteil vom 9. Mai 2016 - mit Ausnahme von Art. 82 Abs. 5 BayBO - für vereinbar mit der Verfassung erklärt worden ist (siehe BeckRS 2016, 45749). Entsprechend der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/2137) soll so ein angemessener Interessenausgleich zwischen den Anforderungen der Energiewende und den zu berücksichtigenden Interessen der örtlichen Wohnbevölkerung geschaffen werden. Die Privilegierung von WEA im Außenbereich hängt davon ab, dass sie einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe zu geschützten Wohngebäuden einhalten (10 H-Regelung, siehe Art. 82 Abs. 1 BayBO). Die übrigen Anlagen fallen als "sonstige Vorhaben" unter § 35 Abs. 2 BauGB. Für den Fall, dass es sich um eine untergeordnete Anlage eines anderen privilegierten Vorhabens wie z.B. eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB handelt, gilt der Schutz der 10 H-Regelung nicht.

4.1.1 Geschützte Wohngebäude

In Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB) sowie innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) werden alle Wohngebäude geschützt, sofern sie in diesen Gebieten nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) nicht nur ausnahmsweise zulässig sind. In einem Allgemeinen Wohngebiet sind Wohngebäude beispielsweise allgemein zulässig (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BauNVO); in einem Gewerbe- oder Industriegebiet ist die Zulässigkeit von Wohngebäuden hingegen nur ausnahmsweise gegeben (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 oder § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Im Außenbereich sind nur Wohngebäude im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB geschützt, nicht hingegen einzelne Gebäude mit Wohnnutzung (Art. 82 Abs. 1 BayBO). Voraussetzung ist in jedem Fall, dass die Gebäude zulässigerweise zu Wohnzwecken errichtet wurden oder errichtet werden können (Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO). Auf noch unbebauten Flächen werden als Bezugspunkt - entsprechend der Gesetzesbegründung - im Zusammenhang mit Bebauungsplänen die Grenzen der überbaubaren Grundstücksflächen empfohlen, innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile der Rand der Fläche, die an den Außenbereich angrenzt. Erfasst werden auch Gebäude, die nur teilweise zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Gebäude müssen sich nicht auf dem Gebiet der Gemeinde befinden, in der die WEA errichtet werden soll.

4.1.2 Abstandsanforderungen

Der erforderliche Abstand berechnet sich aus der Höhe der WEA, d. h. der Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors (Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayBO). Der Abstand bemisst sich nach Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO von der Mitte des Mastfußes der Anlage bis zum nächstgelegenen, geschützten Wohngebäude (Nr. 4.1.1). Da sich der Mindestabstand auf die Höhe der konkreten WEA bezieht, handelt es sich um keinen feststehenden, sondern um einen vom jeweiligen Einzelfall abhängigen Abstand. Kleinere Anlagen werden den Mindestabstand leichter einhalten können.

4.2 Auswirkungen der 10 H-Regelung auf die Bauleitplanung

4.2.1 Abstandsanforderungen

Für WEA, die nach der 10 H-Regelung im Außenbereich nicht mehr privilegiert zulässig sind, können Gemeinden durch einen Bebauungsplan Baurecht schaffen, d. h. Gebiete für Anlagen festsetzen, die der Windenergie dienen (§ 11 Abs. 2 BauNVO). Auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan (§ 12 BauGB) ist möglich. In der Bauleitplanung ist die Gemeinde an keinen gesetzlichen Mindestabstand nach der 10 H-Regelung gebunden, da Art. 82 Abs. 1 BayBO nur die Frage der Privilegierung von WEA im unbeplanten Außenbereich regelt. Eine Verpflichtung der Gemeinden, Baurecht zu schaffen, besteht nicht. Dies gilt auch für Bereiche, die in Regionalplänen als Vorranggebiete für die Errichtung von WEA ausgewiesen sind. Aufgrund des Entwicklungsgebots (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ist gegebenenfalls der zugrundeliegende Flächennutzungsplan zu ändern oder zu ergänzen. Es gelten jedoch die allgemeinen Abstandsanforderungen, insbesondere aus Immissionsschutzrecht sowie aus der Bayerischen Bauordnung (Nr. 7.3). Nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ist zu prüfen, in welchem Umfang die Konfliktbewältigung zum Immissionsschutz, Naturschutz, Waldrecht und Denkmalschutz bereits in die Bauleitplanung einzubeziehen ist, siehe zum Immissionsschutz im Bauplanungsrecht das Rundschreiben des Staatsministeriums des Innern vom 10. Juni 1996 in der Fassung vom 25. März 1997, zuletzt geändert für den Bereich des Lärmschutzes durch Schreiben vom 25. Juli 2014.

4.2.2 Konsens vor Ort

Dem geforderten Konsens vor Ort dient im Rahmen des Bauleitplanverfahrens die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung (§§ 3, 4 BauGB) sowie die Beteiligung der Nachbargemeinde (§ 2 Abs. 2 BauGB). An diesem Grundsatz ändert auch das Urteil des BayVerfGH vom 9. Mai 2016 nichts, mit dem die Auslegungshilfe des Art. 82 Abs. 5 BayBO für verfassungswidrig erklärt worden ist. Im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB ist das interkommunale Abstimmungsgebot mit betroffenen Nachbargemeinden weiterhin zu beachten. Die Einbindung der betroffenen Nachbargemeinde ist als Abwägungsmaterial zu dokumentieren. Ein Zustimmungserfordernis besteht jedoch nicht.

4.2.3 Konzentrationsflächenplanung

Für privilegierte WEA im Außenbereich (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB) steht den Gemeinden weiterhin die Konzentrationsflächendarstellung in einem Flächennutzungsplan (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) zur Verfügung. Ist eine entsprechende Darstellung bereits vor dem 21. November 2014 erfolgt, greift grundsätzlich Bestandsschutz, d. h. der Mindestabstand nach der 10 H-Regelung gilt nicht, wenn und soweit die Gemeinde oder eine betroffene Nachbargemeinde der Fortgeltung nicht fristgerecht bis zum 21. Mai 2015 widersprochen hat (Art. 82 Abs. 4 BayBO).

4.2.4 Gemeindefreie Gebiete

Für WEA in gemeindefreien Gebieten gilt grundsätzlich die 10 H-Regelung mit der Folge, dass Anlagen auch in diesen Gebieten nicht privilegiert zulässig sind, soweit sie einen Mindestabstand vom Zehnfachen ihrer Höhe zu geschützten Wohngebäuden nicht einhalten. Die Möglichkeit, hiervon unabhängig im Wege der Bauleitplanung Baurecht zu schaffen, besteht auf gemeindefreien Gebieten nicht; eine Eingemeindung des Gebiets bleibt aber denkbar. Nach Art. 82 Abs. 3 BayBO können angrenzende Gemeinden für WEA auf gemeindefreien Gebieten auf den Schutz der 10 H-Regelung - auch teilweise - verzichten, so dass Anlagen insoweit uneingeschränkt privilegiert bleiben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB.

4.3 Voraussetzungen im Außenbereich

Öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB stehen privilegiert zulässigen WEA im Außenbereich nur entgegen, wenn das Vorhaben das Orts- und Landschaftsbild in besonders gewichtiger Weise ungünstig verändert oder das Orts- und Landschaftsbild besonders schützenswert ist. Nach § 35 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB können einem raumbedeutsamen, privilegierten Vorhaben öffentliche Belange insoweit nicht entgegengehalten werden, als die Belange bereits bei der Aufnahme der Vorhaben als Ziele der Raumordnung in den Regionalplänen abgewogen worden sind. Soweit einzelne öffentliche Belange bei der Standortfestlegung nicht abgewogen worden sind oder eine solche Abwägung, weil es an entsprechenden Zielen fehlt, überhaupt noch nicht stattgefunden hat, verbleibt es bei der uneingeschränkten Prüfung nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB, ob öffentliche Belange entgegenstehen. Der Antragsteller hat eine Erklärung abzugeben, in der er sich zum Rückbau der WEA nach endgültiger Aufgabe der Nutzung verpflichtet (§ 35 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB). Ob und wie diese Verpflichtung gesichert wird, liegt im Ermessen der zuständigen Genehmigungsbehörde.

5. Repowering von WEA

Repowering bezeichnet den Ersatz älterer, leistungsschwächerer WEA durch moderne, leistungsstarke Anlagen. Gemäß § 249 Abs. 1 BauGB in der Fassung vom 22. Juli 2011 bleibt in einer Gemeinde, die bereits eine Konzentrationsflächendarstellung in Bezug auf WEA im Flächennutzungsplan hat, durch eine Erweiterung der Darstellung, durch die zusätzliche Standorte im Außenbereich der Gemeinde für WEA geöffnet werden, die bisherige Konzentrationsflächendarstellung unberührt. Die Gemeinden können in Bebauungsplänen, die die Zulässigkeit von WEA regeln, festsetzen, dass die im Geltungsbereich des Bebauungsplans vorgesehenen neuen und regelmäßig größeren WEA erst errichtet werden dürfen, wenn im Geltungsbereich des Bebauungsplans vorhandene kleine und ältere WEA beseitigt worden sind (§ 249 Abs. 2 BauGB in der Fassung vom 22. Juli 2011). Die 10 H-Regelung gilt grundsätzlich auch für das Repowering von älteren WEA (Nr. 4.1).

6. Informelle Planungen und Konzepte

Es ist zumeist zweckmäßig, die Planungsvorstellungen in informellen Plänen vorzubereiten und je nach Bedarf durch die Bauleitplanung zu konkretisieren. Ein von der Gemeinde beschlossenes städtebauliches Konzept im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB muss in der nachfolgenden Bauleitplanung berücksichtigt werden. Über solche Pläne können effiziente Möglichkeiten ermittelt und die Entwicklung zielgerichtet gesteuert werden. Die Öffentlichkeit wird in den Planungsprozess eingebunden. Gerade bei der komplexen Aufgabe, die gemeindliche Energieversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, ist es sinnvoll, ein kommunales Energiekonzept, z.B. Energienutzungspläne, aufzustellen. Entsprechende Konzepte können durch das Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie gefördert werden. Eine interkommunale Zusammenarbeit mit benachbarten Gemeinden ist anzustreben, wenn Eignungsflächen, Standorte und Gebiete für Versorgungsnetze aneinander grenzen oder sich überlappen können. Bei großräumigen Zusammenhängen sind auch auf regionaler Ebene, für Landkreise oder Planungsregionen, übergreifende Konzepte sinnvoll, die wiederum Grundlage für Festlegungen in Regional- und Bauleitplänen sein können. Näheres zur Erstellung von Energiekonzepten und -nutzungsplänen findet sich im Energie-Atlas Bayern.

7. Immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren

Angesprochen sind sowohl Themen, die Teil des materiellen Prüfprogramms der Behörde nach § 6 BImSchG sind, als auch Fragen, die sich Bürgern oder Antragstellern im Zusammenhang mit der Errichtung von WEA stellen können.

7.1 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

Für Windfarmen mit drei bis fünf Anlagen ist eine standortbezogene, und für solche mit sechs bis 19 Anlagen ist eine allgemeine Vorprüfung erforderlich, ob wegen möglicher nachteiliger erheblicher Umweltauswirkungen eine UVP erforderlich ist. Bei 20 und mehr Anlagen innerhalb einer Windfarm ist immer eine UVP erforderlich. Unter Windfarm wird die Planung oder Errichtung von mindestens drei Anlagen verstanden, die

  1. sich innerhalb einer regionalplanerisch oder bauleitplanerisch ausgewiesenen Fläche befinden oder
  2. im räumlichen Zusammenhang stehen und bei denen sich ihre Einwirkungsbereiche in Bezug auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) überschneiden oder wenigstens berühren.

Ferner kann sich die UVP-Pflicht auch aus anderen Rechtsgebieten ergeben, z.B. bei Rodung von Waldflächen. Ist bereits im Bauleitplanverfahren eine Umweltprüfung durchgeführt worden, sollen im Genehmigungsverfahren die Vorprüfung des Einzelfalls oder die UVP auf zusätzliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen beschränkt werden. Erkenntnisse aus dem bayernweiten Suchverfahren für eine "Gebietskulisse Windkraft als Umweltplanungshilfe für Kommunen" können im Rahmen der UVP-Prüfung als Entscheidungsgrundlage berücksichtigt werden.

7.2 Auflagen und sonstige Nebenbestimmungen

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist sicherzustellen, dass die Errichtung oder der Betrieb der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG verursacht. Schädliche Umwelteinwirkungen lassen sich häufig durch Einhaltung bestimmter Auflagen, z.B. Schallleistungspegel, Drehzahl- oder Leistungsbegrenzung, zeitweise Abschaltung, vermeiden. Vor einer Ablehnung des Antrags sollte in einem Gespräch mit dem Antragsteller geklärt werden, ob dieser bereit wäre, eine rechtlich nicht einforderbare Maßnahme auf freiwilliger Basis zu erbringen, z.B. freiwilliges Monitoring, Betriebseinschränkungen während einzelner nächtlicher Starkwindstunden. Andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, wie insbesondere der Schutz des Bodens, des Grundwassers, der Hochwasserschutz oder Belange der Gewässerbewirtschaftung, sind ebenfalls zu berücksichtigen.

7.3 Abstände

Im Folgenden werden die Grundlagen für einzuhaltende Mindestabstände zusammengefasst.

7.3.1 Lärmschutz

Die Beurteilung, ob schädliche Umweltauswirkungen in Form von erheblichen Belästigungen durch Geräuschimmissionen zu befürchten sind, erfolgt auf Grundlage der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm). Zur Durchführung von Immissionsprognosen im Rahmen der Errichtung und des Betriebs von WEA hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz konkretisierende Hinweise zum Schallimmissionsschutz bei WEA (LAI-Hinweise) erarbeitet. Rechtlich verbindliche Mindestabstände kennt das Immissionsschutzrecht nicht. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) ist die TA Lärm auch auf die Schallausbreitung von höherliegenden Schallquellen anwendbar (BayVGH, Beschluss vom 7. Februar 2011, Az. 22 CS 11.31). Allerdings gibt es neuerdings Hinweise, dass es mit den bisher angewandten Berechnungsverfahren bei hohen Lärmquellen und bei Abständen von mehr als etwa 500 m zu einer systematischen Unterschätzung der tatsächlichen Geräuschimmissionen kommen könnte. Eine gesicherte Abklärung dieser akustischen Fragestellung liegt jedoch derzeit noch nicht vor. Daher sollen künftig pauschalierende Abstandswerte (vergleiche "Schalltechnische Planungshinweise für Windparks", LfU, August 2011) nicht mehr herangezogen werden. Die Praxis hat gezeigt, dass die Genehmigungsunterlagen für WEA unabhängig von den jeweiligen Abständen zu schutzwürdigen Nutzungen regelmäßig ein schalltechnisches Gutachten enthalten. Deshalb soll die Beurteilung der Lärmimmission durch die Genehmigungsbehörde stets auf der Grundlage eines solchen Gutachtens nach dem aktuellen Stand der Technik erfolgen. Hierdurch kann sichergestellt werden, dass die jeweils aktuellen LAI-Hinweise angewandt werden, die gegebenenfalls gesichert vorliegende neue akustische Erkenntnisse berücksichtigen. Soweit der Träger des Vorhabens den Gutachtensauftrag in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde erteilt hat, gilt dieses als Sachverständigengutachten im Sinne von § 13 Abs. 1 der 9. BImSchV. Die Zustimmung kann insbesondere erteilt werden, wenn das Gutachten die LAI-Hinweise berücksichtigt. Andernfalls holt die Genehmigungsbehörde selbst ein Sachverständigengutachten ein, vergleiche § 13 9. BImSchV. Die im Auftrag des Betreibers durch einen Privatgutachter erstellte Lärmprognose ist dagegen künftig nur als sonstige Unterlage grundsätzlich verwertbar, wenn diese unter Beachtung der geltenden Regelwerke fachgerecht und nachvollziehbar erstellt worden und für den Fachkundigen überzeugend ist (Oberverwaltungsgericht Saarland, Beschluss vom 10. Dezember 2010, Az. 3 B 250/10). Die Genehmigungsbehörde prüft außerdem, ob Vorbelastungen durch vorhandene WEA oder andere gewerbliche Emittenten zu berücksichtigen sind. Unproblematisch ist eine Vor- oder Zusatzbelastung durch gewerbliche Anlagen, die nur tagsüber betrieben werden. Sofern der Antragsteller einen vorherigen Kontakt mit der Genehmigungsbehörde aufnimmt, unterstützt letztere den vom Antragsteller beauftragten Gutachter mit vorhandenen Informationen zur Vor- und Zusatzbelastung. Eine Abnahmemessung ist in der Regel nicht zwingend erforderlich.

7.3.2 Abstandsflächen Bayerische Bauordnung

Von den immissionsschutzrechtlichen Abständen zu unterscheiden sind die nach der Bayerischen Bauordnung zu ermittelnden Abstandsflächen. Nach gefestigter Rechtsprechung sind von WEA gegenüber Gebäuden und Grundstücksgrenzen Abstandsflächen einzuhalten, weil von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO). Nach BayVGH (Urteil vom 28. Juli 2009, Az. 22 BV 08.3427) ist bei der Berechnung der Tiefe der Abstandsfläche für eine WEA von deren Gesamthöhe, d. h. der Nabenhöhe zuzüglich Rotorradius, auszugehen. Die Abstandsfläche ist einzuhalten ab einem Kreis um die Mittelachse der Anlage; der Radius dieses Kreises wird durch den Abstand des senkrecht stehenden Rotors vom Mastmittelpunkt bestimmt. Abweichungen (Art. 63 Abs. 1 BayBO) von den Abstandsflächen können regelmäßig zugelassen werden, da WEA in verschiedener Hinsicht keine typischen baulichen Anlagen sind, wie sie das Abstandsflächenrecht vor Augen hat, und Grundstücke, auf denen die volle Abstandsfläche eingehalten werden kann, oftmals nicht existieren.

7.3.3 Rücksichtnahmegebot

WEA können nach gefestigter Rechtsprechung aufgrund ihrer Höhe sowie der ständigen Drehbewegung des Rotors samt den Flügeln eine optisch bedrängende Wirkung auf bewohnte Nachbargrundstücke entfalten und damit gegen das in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB als unbenannter Belang verankerte Gebot der Rücksichtnahme verstoßen (vergleiche insbesondere Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 11. Dezember 2006, Az. 4 B 72.06 und BayVGH, Urteil vom 29. Mai 2009, Az. 22 B 08.1785). Für die erforderliche Einzelfallprüfung hat die Rechtsprechung grobe Ausgangswerte geschaffen, die regelmäßig eingehalten sind, wenn die immissionsschutzrechtlichen Abstände (Nr. 7.3.1) beachtet werden.

7.3.4 Erdbebenmessstationen

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

  1. Station GERES bei Haidmühle der BGR; seismische Primärstation im International Monitoring System-Netzwerk zum Vollzug des internationalen Atomwaffenteststoppabkommens; es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;
  2. Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): Haidhof (GRA1), Wildenfels (GRA2), Leutzdorf (GRA3), Stöppach (GRA4), Brünnthal (GRB1), Reichertswinn (GRB2), Eglhofen (GRB3), Heldmannsberg (GRB4), Ödberg (GRB5), Eglofsdorf (GRC1), Böhmfeld (GRC2), Steinsdorf (GRC3), Raitenbuch (GRC4); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;
  3. Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: Fürstenfeldbruck (FUR), Wettzell (WET), Manzenberg (MANZ), Jochberg (RJOB) und Rotzenmühle (ROTZ); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen;
  4. Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: Beilngries (ALTM), Oberstdorf (OBER), Hohe Rhön (HROE), Partenkirchen (PART), Zugspitze (ZUGS), Bissingen (NORI), Berchtesgaden (BGLD), Längenau/Selb (LAEN), Schönbrunner Berg (MSBB), Zeckenberg (MZEK), Großbüchelberg (MGBB), Rosenbühl (MROB), Konnersreuth (MKON), Bad Reichenhall/Nonn (RNON), Piding/Moar Alm (RMOA), Inzell/Wildenmoos (RWMO), Bürgeleck (RTBE), Staufenhaus (RTSH), Steiner Alm (RTSA), Bernried (BE1), Kirchweidach (KW1); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismoakustischen Störverhalten der WEA. Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnung wider. Die Positionen der Messstationen inklusive der Schutzradien und der Links zu den jeweiligen Betreibern finden sich im Energie-Atlas Bayern.

7.4 Nachbarbegriff

Der Begriff der Nachbarschaft ist im Immissionsschutzrecht weiter zu verstehen als im Baurecht. Der Kreis der Nachbarn lässt sich nicht allgemein bestimmen, er hängt von der Art und der Dauer der Immissionen ab. Als benachbart gelten alle Grundstücke innerhalb des Einwirkungsbereichs der genehmigten Anlage. Der Einwirkungsbereich ist der Bereich, in dem die Emissionen der Anlage nach Art, Ausmaß und Dauer noch einen relevanten, d. h. individualisierbaren Emissionsbeitrag liefern. Nr. 2.2 TA Lärm bestimmt als Einwirkungsbereich die Flächen, in denen der Beurteilungspegel weniger als 10 dB(A) unter dem maßgeblichen Immissionsrichtwert liegt oder Geräuschspitzen diesen Wert erreichen (Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand März 2010, § 3 BImSchG, Randnr. 6f, Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 22. November 2010, Az. W 4 S 10.1139).

7.5 Irrelevanzkriterium

Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Damit führt die Zusatzbelastung einer Anlage, deren Beurteilungspegel den maßgeblichen Immissionsrichtwert um 6 dB(A) unterschreitet, in der Regel nur zu einer subjektiv nicht wahrnehmbaren Erhöhung des Geräuschniveaus um maximal 1 dB(A), die nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm als nicht relevant eingestuft wird (Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 31. März 2010, Az. 12 LA 157/08).

7.6 Impulszuschlag und Amplitudenmodulation

WEA rufen im Regelfall keine Geräusche hervor, die im Hinblick auf ihre außergewöhnliche Störwirkung die Vergabe eines Zuschlags für Ton- oder Informationshaltigkeit oder eines Impulszuschlags rechtfertigen. Das BVerwG hat entschieden (Urteil vom 29. August 2007, Az. 4 C 2.07), dass die Ermittlung der Geräuschimmissionen nach Nr. 6.8 TA Lärm und nach den Vorschriften des Anhangs erfolgt. Die genannten Regelungen der TA Lärm erlauben nicht die Vergabe eines allgemeinen Lästigkeitszuschlags. Das macht auch ein Vergleich zur Vorgängerregelung deutlich, in der nicht differenziert und ein Zuschlag für "auffällige" Pegeländerungen vorgesehen war (Nr. 2.42.2 TA Lärm 1968). Der Zuschlag für Impulshaltigkeit trägt dem Umstand Rechnung, dass in ihrer Lautstärke kurzzeitig stark zu- und wieder abnehmende Geräusche, z.B. Schlag- oder Knallgeräusche, als deutlich störender empfunden werden als Geräusche mit langsam schwankender oder weitgehend gleichbleibender Lautstärke. Auslegungsmaßstab ist somit der im Hinblick auf die besonders hohe Pegeländerung außergewöhnliche Grad an Störung, der von den Geräuschen ausgeht.

7.7 Infraschall

Infraschall ist tieffrequenter Schall im nicht hörbaren Frequenzbereich von 1 bis 16 Hertz (Hz). Je tiefer die Frequenz, umso höher muss der Schalldruckpegel sein, um vom Menschen wahrgenommen zu werden. Bei 16 Hz ist dies erst bei Schalldruckpegeln von über 79 dB und bei 3 Hz von über 120 dB der Fall. Infraschall durch technische Anlagen ist dann als schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des BImSchG einzustufen, wenn die Anhaltswerte der DIN 45680 (Entwurf August 2011) überschritten sind. Bei den üblichen Abständen von WEA zur Wohnbebauung (größer 500 m) wird diese Schwelle nicht erreicht. Messungen zeigen, dass eine WEA nur einen Bruchteil des in der Umgebung messbaren Infraschalls erzeugt. Der Hauptanteil kommt vom Wind selbst und zwar unabhängig von der WEA. Schädliche Umwelteinwirkungen durch Infraschall von WEA konnten bisher nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt werden. Bereits ab einem Abstand von 250 m von einer WEA sind im Allgemeinen keine erheblichen Belästigungen durch Infraschall mehr zu erwarten. In diesen Fällen ist keine weitere Prüfung zum Infraschall geboten. Auch Infraschall unterliegt den Gesetzen der Akustik (Verwaltungsgericht Würzburg, Urteil vom 7. Juni 2011, Az. W 4 K 10.754). Bei komplexen Einwirkungen, über die noch keine hinreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, gebietet die staatliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Deshalb ist der Verordnungsgeber nicht verpflichtet, Grenzwerte zum Schutz von Immissionen zu verschärfen oder erstmals festzuschreiben, über deren gesundheitsschädliche Wirkungen keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. Februar 2002, Az. 1 BvR 1676/01). Weitere Informationen zu Infraschall sind in einer gemeinsamen Veröffentlichung von Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und LfU "Windenergieanlagen - beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?" zu finden.

7.8 Disco-Effekt; Schattenwurf

Die sogenannten bewegten Schatten und die als Disco-Effekt bezeichneten periodischen Lichtreflexionen fallen als ähnliche Umwelteinwirkungen unter den Begriff der Immissionen des § 3 Abs. 2 BImSchG. Der Disco-Effekt stellt heutzutage aufgrund der matten Beschichtung der WEA kein Problem mehr dar und bedarf keiner weiteren Prüfung. Für den Schattenwurf durch die WEA gilt Folgendes: Beschattungszeiten von weniger als 30 Stunden pro Kalenderjahr und 30 Minuten pro Tag sind nicht erheblich (so auch die in Bayern nicht eingeführten "Hinweise zur Beurteilung der optischen Emission von WEA - WEA-Schattenwurf-Hinweise" des Arbeitskreises Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz). Der Betreiber kann eine Abschaltautomatik vorsehen, die meteorologische Parameter, z.B. Intensität des Sonnenlichts, berücksichtigt, so dass die tatsächliche Beschattungsdauer begrenzt wird.

7.9 Eiswurf

Die Gefahr des Eiswurfs von WEA ist in Bayern grundsätzlich gegeben. WEA sind allgemein so zu errichten und zu betreiben, dass es nicht zu einer Gefährdung durch Eiswurf kommt. Die in der Liste der Technischen Baubestimmungen (Vollzug des Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayBO) unter der Lfd. Nr. 2.7.9 als technische Regel eingeführte "Richtlinie für Windenergieanlagen; Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung" ist zu beachten. Nach der Anlage 2.7/12 zu dieser Richtlinie sind Abstände zu Verkehrswegen und Gebäuden wegen der Gefahr des Eiswurfs einzuhalten, soweit eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit nicht auszuschließen ist. In nicht besonders eisgefährdeten Regionen gelten Abstände größer als das Eineinhalbfache der Summe aus Rotordurchmesser und Nabenhöhe im Allgemeinen als ausreichend. Gegebenenfalls bedarf es hierzu einer sachverständigen Einschätzung. Soweit die erforderlichen Abstände bei Eiswurfgefahr nicht eingehalten werden, ist eine gutachterliche Stellungnahme eines Sachverständigen zur Funktionssicherheit von Einrichtungen, durch die der Betrieb der WEA bei Eisansatz sicher ausgeschlossen werden kann oder durch die ein Eisansatz verhindert werden kann, vorzulegen. Die erforderliche Betriebssicherheit der WEA ist durch geeignete Genehmigungsauflagen sicherzustellen. Ein - durch geeignete Sicherungsmaßnahmen vermindertes - Restrisiko ist nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung jedoch hinzunehmen.

7.10 Straßenrechtliche Hinweise

7.10.1 Anbauvorschriften

Bei der Errichtung von WEA ergeben sich im Umfeld von Straßen vor allem aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs Mindestabstände. Bei Bundesfern-, Staats- und Kreisstraßen sind zunächst die straßenrechtlichen Anbauverbote und Anbaubeschränkungen gemäß § 9 des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) und den Art. 23, 24 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) zu beachten. Die Anbauverbotszone und grundsätzlich auch die Anbaubeschränkungszone sind von der WEA einschließlich ihres Rotors freizuhalten. Der Rotor, mit Rotorblattspitze, darf - auch bei entsprechender Drehbewegung - grundsätzlich nicht in die Anbaubeschränkungszone hineinragen. In der Anbaubeschränkungszone kommt es darauf an, ob das Vorhaben nach seiner Lage, Größe und Art geeignet ist, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen. Dabei stellt das BVerwG (vergleiche hierzu etwa Urteil vom 28. Mai 1963, Az. I C 247.58, BayV-Bl. 1964 S. 51) auf die erkennbare Möglichkeit einer Beeinträchtigung oder Gefährdung des Verkehrsablaufs durch das Vorhaben ab. Eine unbedingte Gewissheit ist dagegen nicht erforderlich. Eine solche Möglichkeit wird bei WEA regelmäßig zu bejahen sein. Wegen der spezifischen Gefahren von WEA für den Straßenverkehr wird von den staatlichen Straßenbaubehörden daher regelmäßig keine Zustimmung (§ 9 Abs. 2 FStrG) und kein Einvernehmen (Art. 24 Abs. 1 BayStrWG) für die Errichtung von WEA innerhalb der Anbaubeschränkungszone erteilt werden können. Im Übrigen sind die Belange der Straße in Planungs- bzw. Genehmigungsverfahren für WEA stets mit abzuwägen. Auch bei Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen, für die keine gesetzlichen Anbauverbote oder -beschränkungen gelten, können deshalb Mindestabstände erforderlich sein. Im Einzelfall können sich aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch weitergehende Anforderungen ergeben, z.B. bezüglich Ablenkungsgefahr oder Eiswurf (Nr. 7.10.2).

7.10.2 Eiswurf im Straßenrecht

Bei WEA, die in der Nähe von Verkehrswegen errichtet und betrieben werden sollen, sind besondere Anforderungen wegen der Gefahr des Eiswurfs zu beachten (Nr. 7.9). Es ist darauf zu achten, dass im Falle einer danach gegebenenfalls erforderlichen gutachterlichen Stellungnahme auch eine gutachterliche Bewertung des individuellen und kollektiven Eiswurfrisikos für die Verkehrsteilnehmer im konkreten Einzelfall vorgelegt wird.

7.10.3 Zufahrten

Im Falle von Anträgen auf Nutzung oder Errichtung von Baustellen- oder Behelfsabfahrten an Bundesautobahnen zum Transport von Anlagenteilen einer WEA zu dem vorgesehenen Standort können sich im Wesentlichen drei Konstellationen ergeben:

  1. Nutzung einer bestehenden Zufahrt, die nicht für den allgemeinen Verkehr bestimmt ist,
  2. temporäre bzw. provisorische bauliche Änderung einer bestehenden Zufahrt, die nicht für den allgemeinen Verkehr bestimmt ist,
  3. temporäre bzw. provisorische Neuerrichtung einer Zufahrt.

Diese Nutzungen stellen Sondernutzungen im Sinne des § 8 Abs. 1 FStrG dar und können unter bestimmten engen Voraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen erlaubt und mit Nebenbestimmungen versehen werden. Maßgeblich sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Dabei ist erforderlich, dass das Grundstück, auf dem eine WEA errichtet werden soll, anderweitig im Sinne des Bauplanungsrechts erschlossen ist und die Errichtung der Anlagen oder der Sondertransport bestimmter Anlagenteile ohne die beantragte Sondernutzung nicht möglich ist. Zudem muss gewährleistet sein, dass hierbei die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, z.B. durch Vollsperrung des Autobahnabschnitts und Begleitung des Sondertransports, gewahrt werden. Die temporäre bzw. provisorische Zufahrt und auch ihre bauliche Änderung ist unmittelbar nach der Nutzung zum Zweck des genehmigten Sondertransports zurückzubauen. Darüber hinaus kann aus straßenverkehrsrechtlicher Sicht für die Durchführung von Großraum- oder Schwertransporten eine Erlaubnis nach § 29 Abs. 3 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) und für das Ausfahren von der Bundesautobahn über eine nichtöffentliche Anschlussstelle eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 18 Abs. 10 StVO erforderlich sein. Die Richtlinien für Großraum- und Schwertransporte sind zu beachten. Dabei ist zu prüfen, ob es daneben noch einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bedarf (vergleiche § 8 Abs. 6 FStrG).

7.11 Luftverkehrsrechtliche Hinweise

Bei der Planung, Genehmigung und Errichtung von WEA sind luftverkehrsrechtliche Aspekte zu beachten. Die zivilen Luftfahrtbehörden sind Ansprechpartner für die Einleitung der notwendigen Überprüfungen. Bei militärischen Flugplätzen liegt die Zuständigkeit bei den Dienststellen der Bundeswehr. Zivile Luftfahrtbehörden in Bayern sind

  1. die Regierung von Mittelfranken - Luftamt Nordbayern -, Flughafenstraße 118, 90411 Nürnberg, für die Regierungsbezirke Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken sowie
  2. die Regierung von Oberbayern - Luftamt Südbayern -, Maximilianstraße 39, 80538 München, für die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Schwaben.

Die Länder führen die ihnen zugewiesenen Aufgaben im Auftrag des Bundes aus (Bundesauftragsverwaltung, Art. 85 GG). Im Sinne einer zügigen und effizienten Sachbearbeitung wird empfohlen, die zivilen Luftfahrtbehörden und die zuständigen militärischen Dienststellen möglichst frühzeitig einzubinden. Das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) erhebt je nach Standort und Höhe von WEA unterschiedliche formelle und materielle Anforderungen.

7.11.1 Zustimmungspflichtige WEA

Bauschutzbereiche werden eingerichtet, um Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs und für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzubeugen und dienen einem geordneten Nebeneinander von Bauwerken und Flugplätzen. Lage und Umfang der Bauschutzbereiche ziviler Flugplätze in Bayern sind im Rauminformationssystem Bayern RISBY unter der Rubrik Luftverkehr dargestellt. WEA außerhalb von Bauschutzbereichen sind relevant, soweit sie eine Höhe von 100 m über der Erdoberfläche übersteigen. Das Gleiche gilt für WEA von mehr als 30 m Höhe auf natürlichen oder künstlichen Bodenerhebungen, sofern die Spitze der Anlage um mehr als 100 m die Höhe der höchsten Bodenerhebung im Umkreis von 1,6 km Halbmesser um die für die Anlage vorgesehene Bodenerhebung überragt. Im Umkreis von 10 km Halbmesser um einen Flughafenbezugspunkt gilt als Höhe der höchsten Bodenerhebung die Höhe des Flughafenbezugspunktes. WEA innerhalb von Bauschutzbereichen sowie WEA außerhalb von Bauschutzbereichen mit einer Höhe über 100 m dürfen nach § 12 Abs. 2 Satz 1, § 17 LuftVG nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörde genehmigt werden. Das luftrechtliche Zustimmungsverfahren ist ein höherrangiges verwaltungsinternes Zwischenverfahren, das von der jeweiligen Genehmigungsbehörde durch Ersuchen an die Luftfahrtbehörde einzuleiten ist. Es handelt sich nicht um die bloße Anforderung einer Stellungnahme der Luftfahrtbehörde durch die Genehmigungsbehörde (vergleiche § 11 9. BImSchV). Die Luftfahrtbehörden sind angehalten, an sie gerichtete Ersuchen ohne vermeidbare Verzögerungen zu behandeln und unmittelbar an die Flugsicherungsorganisation DFS Deutsche Flugsicherung GmbH weiterzuleiten (§ 31 Abs. 3 LuftVG). Die Zustimmung der Luftfahrtbehörde gilt als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten gegenüber der Genehmigungsbehörde verweigert wird (§ 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG). Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Verlängerung dieser Frist angezeigt sein (§ 12 Abs. 2 Satz 3 LuftVG). Über die Fristverlängerung entscheidet die Genehmigungsbehörde im Benehmen mit dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Die luftverkehrsrechtliche Zustimmung kann davon abhängig gemacht werden, dass die Genehmigung unter Auflagen erteilt wird (§ 12 Abs. 4 LuftVG). Regelmäßig ist eine Kennzeichnung der WEA als Luftfahrthindernis nach Maßgabe der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen vom 2. September 2004 (BAnz. S. 19937), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 26. August 2015 (BAnz. AT 01.09.2015 B4) geändert worden ist, erforderlich. Teil 3 dieser Vorschrift enthält besondere Anforderungen für die Tages- und Nachtkennzeichnung von WEA. Die Luftfahrtbehörden sind des Weiteren angehalten, innerhalb eines Monats nach Eingang des Ersuchens die Genehmigungsbehörde über den Stand des luftverkehrsrechtlichen Zustimmungsverfahrens zu informieren. Dabei soll - soweit möglich - gegebenenfalls nach Rücksprache mit der Flugsicherungsorganisation eine Aussage getroffen werden, ob grundsätzliche Bedenken gegen die Errichtung der WEA bestehen.

7.11.2 Sonstige WEA

WEA außerhalb von Bauschutzbereichen mit einer Höhe bis 100 m in der Umgebung von Flugplätzen können unter Berücksichtigung ihres genauen Standortes, z.B. im An- und Abflugbereich, die Sicherheit des Luftverkehrs beeinträchtigen. Die Luftfahrtbehörde gibt im Genehmigungsverfahren für eine WEA eine Stellungnahme ab (§ 11 9. BImSchV), ob eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist und gegebenenfalls eine Kennzeichnung als Luftfahrthindernis erforderlich ist. Die zweimonatige Frist nach § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG gilt hier nicht. Art und Umfang der Kennzeichnung richten sich nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen (vergleiche Nr. 7.11.1).

7.11.3 Luftverkehrsrechtliches Bauverbot

Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 LuftVG dürfen WEA nicht errichtet werden, wenn dadurch Flugsicherungseinrichtungen, d. h. Flugnavigationsanlagen wie z.B. Funkfeuer oder Instrumentenlandesysteme, gestört werden können. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung veröffentlicht Daten über die Standorte von Flugsicherungseinrichtungen in Deutschland und die zivilen und militärischen Anlagenschutzbereiche und gibt weitere Informationen zum Themenkomplex Anlagenschutz von Flugsicherungseinrichtungen. Ob eine Störung von Flugsicherungseinrichtungen durch die Errichtung von WEA zu erwarten ist, entscheidet das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auf der Grundlage einer Stellungnahme der Flugsicherungsorganisation. Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beantwortet Fragen zum Thema WEA und Navigationsanlagen auch außerhalb förmlicher Verfahren. Die bayerischen Luftfahrtbehörden und die Genehmigungsbehörden nehmen in diesem Zusammenhang keine materiell-inhaltlichen Prüfungen vor.

7.11.4 Belange des Flugbetriebs der Bundeswehr

Nach § 30 Abs. 2 LuftVG nehmen die Dienststellen der Bundeswehr für ihren Dienstbereich die Aufgaben der Luftfahrtbehörden und Flugsicherungsorganisationen (Nrn. 7.11.1 bis 7.11.3) wahr. Für luftrechtliche Stellungnahmen in Genehmigungsverfahren für WEA ist im Rahmen der Beteiligung als Träger öffentlicher Belange das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, Fontainengraben 200, 53123 Bonn, zuständig. Neben WEA, die innerhalb von Bauschutzbereichen militärischer Flugplätze sowie innerhalb von Schutzbereichen militärischer Flugsicherungseinrichtungen geplant werden, können sonstige WEA auch mit Luftverteidigungsanlagen, d. h. Radaranlagen zur Luftraumüberwachung, sowie mit militärischem Flugbetrieb nachts in niedrigen Flughöhen in Konflikt geraten. WEA können die dem Zentrum Luftoperationen unterstellten Radaranlagen zur Luftraumüberwachung beeinträchtigen, wenn sie mit ihren dämpfungs- und verschattungswirksamen Anteilen, z.B. Turm, Gondel, Rotorblattwurzel, das ist etwa das untere Drittel des Rotorblatts, in den Erfassungsbereich der Radaranlagen hineinragen. Das Störpotenzial einer WEA hängt damit unter anderem von deren Nabenhöhe, Größe und Form der Gondel, Höhe des Standorts usw. ab. Das Störpotenzial von zwei oder mehr WEA in einem Gebiet kann aufgrund von drohenden Wechselwirkungen zwischen den einzelnen WEA noch anwachsen. Aufgrund ihres unterschiedlich hohen Störpotenzials müssen alle geplanten WEA, die in den Erfassungsbereich der Radaranlagen hineinragen, im Einzelfall geprüft und hinsichtlich der Hinnehmbarkeit der Störung beurteilt werden. In Bayern sind folgende Radaranlagen zur Luftraumüberwachung zu beachten:

  1. die Stellung Großer Arber, nahe der Gemeinde Bayerisch Eisenstein im Landkreis Regen,
  2. die Stellung Haindlfing, etwa 5 km nördlich der Großen Kreisstadt Freising im Landkreis Freising,
  3. die Stellung Döbraberg, etwa 1 km südöstlich der Stadt Schwarzenbach a.Wald im Landkreis Hof,
  4. die Stellung Lauda-Königshofen, etwa 8 km süd-östlich der Stadt Lauda-Königshofen im Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg.

Die Großraumradaranlagen sind keine Flugsicherungsanlagen im Sinne des § 18a LuftVG, jedoch Radaranlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB. Das Nachttiefflugsystem wurde von der Bundeswehr gemeinsam mit den zuständigen Bundesministerien, den Landesregierungen und der Flugsicherungsorganisation entwickelt. Es berücksichtigt die aktuelle Bebauungssituation in Deutschland und ist dahingehend optimiert, die Belastungen für die Bevölkerung durch Fluglärm so gering wie möglich zu halten und gleichmäßig über das Bundesgebiet zu verteilen. Darüber hinaus ist das Nachttiefflugsystem eng mit anderen, zivilen Luftraumnutzern abgestimmt. Die Beschränkung von Bauhöhen unterhalb des Nachttiefflugsystems begründet sich durch die gesetzlich vorgeschriebenen vertikal und lateral einzuhaltenden Mindestabstände von Luftfahrzeugen zu Hindernissen. Bereits in der Planungsphase späterer Festsetzungs- oder Genehmigungsverfahren für WEA können konkrete Aussagen über die Vereinbarkeit mit dem Nachttiefflugsystem getroffen werden. Die Bundeswehr stellt Daten und Karten des Nachttiefflugsystems zur Verfügung und kann im Fall möglicher Interessenkonflikte im Einzelfall Streckenabschnitte anheben. Hubschraubertiefflugstrecken werden bei Tag und Nacht geflogen. Auch diese Strecken wurden zur Verminderung der Belastungen für die Bevölkerung durch Fluglärm etabliert. Zu beiden Seiten der Routen dürfen im Abstand von 1,5 km keine Hindernisse vorhanden sein, was einen Schutzkorridor von 3 km ergibt.

7.12 WEA und Wetterbeobachtung durch den Deutschen Wetterdienst (DWD)

Die Hauptaufgabe des DWD ist es, vor wetterbedingten Gefahren, z.B. Stürme, Waldbrandgefahr, Gewitter, zu warnen sowie das Klima in Deutschland zu überwachen. Einzelheiten ergeben sich aus § 4 des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst. Der DWD unterstützt mit räumlich und zeitlich hoch aufgelösten Wetterprognosen für jede Nabenhöhe die Integration der stetig steigenden, fluktuierenden Windstrommengen in bestehende Versorgungssysteme. Darüber hinaus stellen die klimatologischen Winddaten und -karten des DWD eine wichtige Grundlage für Gemeinden, Genehmigungsbehörden und Länder beim Identifizieren geeigneter Flächen für WEA zur Unterstützung der Bauleitplanung und Anlagengenehmigung dar. Die Belastbarkeit der Daten des DWD ist daher auch für den Ausbau der Windenergienutzung von hoher Bedeutung. Der DWD betreibt zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags ein umfangreiches Messnetz zur Erfassung der meteorologischen Größen. Ein wesentlicher Bestandteil ist hierbei der aus vier Systemen bestehende Windprofilerverbund des DWD (Standorte: Lindenberg (BB), Ziegendorf (MV), Nordholz (NI) und Bayreuth (BY)) sowie der 17 operationelle Systeme sowie ein Qualitätssicherungs- und Erprobungsradar umfassende, deutschlandweite Niederschlagsradar- bzw. Wetterradarverbund (Standorte in Bayern: Eisberg, Memmingen, Isen, Hohenpeißenberg), welcher als einziges Messverfahren eine flächendeckende Niederschlagsmessung erlaubt. Da Wetterradarsysteme Niederschläge bis zu einer Entfernung von über 150 km erfassen sollen, werden sie ähnlich wie die WEA an exponierten Standorten aufgestellt. Aufgrund ihrer Höhe können WEA deshalb in die von den Wetterradarsystemen beobachtete Atmosphäre hineinragen und deren Messwerte ungünstig beeinflussen. Der DWD ist als Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Genehmigungsverfahren für den Bau und Betrieb von WEA zu beteiligen (§ 11 der 9. BImSchV); Adresse: Deutscher Wetterdienst, Frankfurter Straße 135, 63067 Offenbach. Der DWD prüft hierbei, ob von den geplanten WEA Störungen des oben genannten Messsystems zu erwarten wären. Im Sinne eines zügigen und zielführenden Verfahrensablaufs wird Planern und Genehmigungsbehörden empfohlen, den DWD möglichst frühzeitig einzubinden. Der DWD ist zudem gehalten, insbesondere durch die Angabe der Koordinaten von Messanlagen und der voraussichtlich erforderlichen Schutzzonen Standortplanungen für WEA bereits in einem frühen Stadium zielgerichtet zu unterstützen. Prüfmaßstab bei Radarsystemen sind die Richtlinien und Beschlüsse der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), einer Organisation der UNO. Demnach wird im engeren Umkreis bis zu 5 km um die Wetterradarstandorte von einer erheblichen Störung der Radarmessungen auszugehen sein. In einem Radius von 15 km um die Wetterradarstandorte ergeben sich unter Umständen Höhenbeschränkungen für WEA. Ohnehin vorhandene Abschattungen der Radarsysteme aufgrund des Geländes werden bei der Prüfung der Notwendigkeit etwaiger Höhenbeschränkungen berücksichtigt. Neben den Wetterradarsystemen können auch die Messergebnisse der vier Windprofiler-Radarsysteme durch WEA ungünstig beeinflusst werden, sodass auch um diese Standorte ein ähnlicher Schutzabstand einzuhalten ist. Der tatsächlich erforderliche Abstand ist je nach Größe und Zahl der WEA im Einzelfall festzulegen. WEA in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Wetterstationen bzw. den Wetterwarten des Bodenmessnetzes können ebenfalls zu einer Beeinflussung der Messwerte führen. Die Prüfung des DWD umfasst daher auch diesen Aspekt. Der erforderliche Abstand von Messfeldern des DWD kann je nach konkreter Situation das Fünf- bis Achtfache des Rotordurchmessers betragen. Ob und in welchem Ausmaß tatsächlich eine Störung auftreten könnte, wird im Einzelfall für das jeweilige WEA-Projekt geprüft.

7.13 Richtfunk

WEA können in Abhängigkeit vom Aufstellungsort und der baulich-technischen Ausführung Richtfunkstrecken stören. Bei geplanten Windenergieprojekten sollte der Betreiber daher unter anderem auch darauf achten, dass durch das Bauwerk bestehende Richtfunkverbindungen nicht gestört werden. Informationen über Betreiber von Richtfunkstrecken in bestimmten Gebieten erteilt die Bundesnetzagentur, Referat 226/Richtfunk, Fehrbelliner Platz 3, 10707 Berlin. Militärische Richtfunktrassen der Bundeswehr und der Stationierungskräfte dürfen durch WEA nicht gestört werden. Die Störung einer Richtfunktrasse ist in der Regel dann ausgeschlossen, wenn eine geplante WEA beiderseits der Richtfunktrasse einen Mindestabstand von jeweils 100 m einhält. Die militärischen Richtfunktrassen sind nicht veröffentlicht. Ob eine WEA eine militärische Richtfunkstrecke stört, ist über das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr abzuklären.

7.14 Vorhandene Daten

In Genehmigungsverfahren zur Errichtung weiterer WEA soll auf vorhandene Untersuchungen zurückgegriffen werden, wenn die Datenlage nicht älter als fünf Jahre ist und keine entscheidungsrelevante Änderung der Sachlage erkennbar ist. Damit kann auf die aufwendige Erhebung von Daten im Regelfall verzichtet werden.

7.15 Wertverlust

Häufiges Motiv für Widerstände gegen WEA ist die Befürchtung eines Wertverlusts der angrenzenden Grundstücke. Es gibt aber keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Einzelne einen Anspruch darauf hat, vor jeglicher Wertminderung seines Grundstücks bewahrt zu bleiben (BVerwG, Beschluss vom 13. November 1997, Az. 4 B 195/97). Hierzu hat der BayVGH (Beschluss vom 7. Februar 2011, Az. 22 CS 11.31) ausgeführt: "Was den behaupteten Wertverlust des Wohngrundstücks des Antragstellers angeht, ist anerkannt, dass Wertminderungen als Folge der Ausnutzung der einem Dritten erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht für sich genommen einen Maßstab dafür bilden, ob Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebots zumutbar sind oder nicht. Vielmehr kommt ein Abwehranspruch nur dann in Betracht, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen nach Maßgabe des Rücksichtnahmegebots unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist, woran es hier aber nach den obigen Ausführungen voraussichtlich fehlt" (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 24. April 1992, Az. 4 B 60/92 und Beschluss vom 13. November 1997, Az. 4 B 195/97).

8. Naturschutz

8.1 Geltungsbereich

Da im Zuge der Energiewende vor allem WEA im Sinne des BImSchG von Bedeutung sind, gelten die nachfolgenden Ausführungen nur für diese Vorhaben. Dies gilt auch für die Anwendung der Regelungen zum Ersatzgeld nach Nr. 8.3.3. Baurechtlich verfahrensfreie Klein-WEA mit unter 10 m Gesamthöhe werfen regelmäßig keine naturschutzrechtlichen Probleme auf. Bei baurechtlich genehmigungspflichtigen Anlagen mit 10 m bis 50 m Gesamthöhe ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, auf die die nachfolgenden Ausführungen nicht ohne Weiteres übertragbar sind.

8.2 Standorteignung

Die nachfolgenden Empfehlungen ermöglichen ein bayernweit einheitliches Vorgehen bei der Standortbewertung aus der Sicht des Naturschutzes. Dadurch können größere Zielkonflikte mit dem Naturschutz von vornherein vermieden werden.

8.2.1 Freizuhaltende Bereiche - Ausschlussgebiete

Die Errichtung von WEA kommt in den folgenden Bereichen nicht in Frage, da hier besonders schwerwiegende und nachhaltige, nicht kompensierbare Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind und naturschutzrechtliche Bestimmungen entgegen stehen. Ob vorsorgliche Abstandsflächen von maximal 1.000 m hinzukommen, ist im Einzelfall aufgrund des jeweiligen Schutzzwecks zu entscheiden. Freizuhaltende Bereiche im Sinne genereller Ausschlussgebiete aus dem Bereich Naturschutzrecht sind:

  1. Nationalparke,
  2. Naturschutzgebiete,
  3. Kernzonen von Biosphärenreservaten,
  4. flächenhafte Naturdenkmäler und geschützte Landschaftsbestandteile,
  5. gesetzlich geschützte Biotope,
  6. Alpenplan Zone C.

In europäischen Vogelschutzgebieten einschließlich gegebenenfalls erforderlichen Abstandsflächen ist Windenergienutzung ausgeschlossen, wenn Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigt werden. Dies wird im Regelfall anzunehmen sein. Die gegebenenfalls erforderlichen Abstandsflächen zu europäischen Vogelschutzgebieten entsprechen der zehnfachen Anlagenhöhe der WEA, mindestens jedoch 1.200 m (regelmäßige Ausschlussgebiete).

8.2.2 Sonstige Flächen nach europäischen Schutzbestimmungen - FFH-Gebiete

In den europarechtlich geschützten FFH-Gebieten ist die Errichtung von WEA möglich, soweit die Erhaltungsziele nicht erheblich beeinträchtigt werden.

8.2.3 Sensibel zu behandelnde Gebiete

In diesen Gebieten, die in der Regel eine große Bedeutung für Natur und Landschaft besitzen, ist die Errichtung von WEA grundsätzlich möglich. Im konkreten Fall ist im Rahmen einer Einzelfallentscheidung darzulegen, ob und warum die damit verbundenen Auswirkungen auf Natur und Landschaft in der Gesamtabwägung der widerstreitenden Belange vertretbar sind. Sensibel zu behandelnde Gebiete sind:

  1. Pflegezonen der Biosphärenreservate,
  2. Landschaftsschutzgebiete, auch in Form von ehemaligen Schutzzonen in Naturparken,
  3. sonstige Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz, z.B. Wiesenbrütergebiete, Dichtezentren für besonders sensible Vogelarten vor allem Rotmilan, Schwarzstorch, vergleiche Anlage 1 und Karte in den Arbeitshilfen des LfU zu Fachfragen des Windenergie-Erlasses, die im Internet-Auftritt des LfU veröffentlicht sind,
  4. besonders attraktive Landschaften und Erholungsgebiete z.B. Grünes Band,
  5. Wälder mit altem Baumbestand ab einem Alter von 140 Jahren sowie besonders strukturreiche totholz- und biotopbaumreiche Wälder mit naturnaher Baumartenzusammensetzung,
  6. Alpenplan Zonen A und B.

Für Landschaftsschutzgebiete, auch in Form von ehemaligen Schutzzonen in Naturparken wird ein Zonierungskonzept empfohlen, das geeignete Standorte für die Windenergienutzung ausweist. Zuständig für die Erarbeitung von Zonierungskonzepten sind die für den Erlass der jeweiligen Schutzgebietsverordnung zuständigen Gebietskörperschaften, d. h. Landkreise, kreisfreie Städte bzw. Bezirke. In Landschaftsschutzgebieten ist die Errichtung baulicher Anlagen grundsätzlich erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis kann nur erteilt werden, wenn der Schutzzweck der Verordnung nicht entgegensteht und der Charakter des Gebiets nicht verändert wird. Kann eine Erlaubnis nicht erteilt werden, sind die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) zu prüfen. Nach der Rechtsprechung des BayVGH darf das Landschaftsschutzgebiet durch die Bebauung nicht funktionslos werden. Eine Befreiungslage ist demnach nur für Fälle geringfügiger Bebauung denkbar und setzt voraus, dass das Schutzgebiet in seiner Substanz unberührt bleibt und der Schutzzweck auch weiterhin erreicht werden kann, vergleiche Schreiben des Bayerischen Umweltministeriums vom 5. Juli 2006, Az. 62-U8623-2004/10-10. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann eine Befreiung erteilt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig ist oder wenn im Einzelfall eine unzumutbare Belastung vorliegt (§ 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Dies setzt jedoch einen atypischen und singulären Einzelfall voraus, so dass die Befreiung als regelmäßiges Instrument zur Zulassung von WEA nicht in Betracht kommt. Kommt die Erteilung einer Befreiung nicht in Betracht, kann der Widerspruch zwischen Landschaftsschutz und Windenergievorhaben durch Verordnungsänderung, also beispielsweise durch Herausnahme des zu bebauenden Gebiets aus dem Schutzgebietsumgriff der Landschaftsschutzgebietsverordnung, gelöst werden. Der Verordnungsgeber - Landkreis, kreisfreie Stadt bzw. Bezirk - besitzt diesbezüglich ein Handlungsermessen und wägt im Rahmen der Entscheidungsfindung die sich gegenüberstehenden Interessen ab. Allerdings kann dies zu einer Zersplitterung des Schutzgebiets führen. Diese Möglichkeit ist daher zu einer langfristigen Steuerung der Windenergienutzung nur bedingt geeignet. Sie hat zudem den Nachteil, dass die Schutzwirkung des Landschaftsschutzgebiets für den betreffenden Bereich allgemein entfällt. Der Verordnungsgeber hat die Möglichkeit, die Errichtung von WEA im Landschaftsschutzgebiet über die Einführung eines Zonierungskonzepts gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 BNatSchG gezielt und beschränkt auf solche Vorhaben zu steuern. Im Rahmen des Zonierungskonzepts können so unproblematische Standorte im Schutzgebiet für die Windenergienutzung freigegeben und Standorte mit Konfliktpotenzial einer Erlaubnispflicht mit Einzelfallprüfung unterworfen werden. Die Einführung eines Zonierungskonzepts bedarf der Verordnungsänderung. Den zuständigen Verordnungsgebern - Landkreis, kreisfreie Stadt bzw. Bezirk - wird empfohlen, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, da mit einem Zonierungskonzept die Windenergienutzung auch in diesen Schutzgebieten ermöglicht werden kann, ohne dass die betreffenden Flächen insgesamt die Schutzwirkung des Landschaftsschutzgebiets verlieren. Der Verordnungsgeber hat damit ein gutes Steuerungsinstrument, um Windenergienutzung und Naturschutzbelange in Einklang zu bringen.

8.3 Eingriffsregelung

8.3.1 Baubedingte Beeinträchtigungen

Baubedingte Beeinträchtigungen sind regelmäßig vorübergehend wirksam. Sie sind durch angemessene Auflagen zur Vermeidung so gering wie möglich zu halten (§ 15 Abs. 1 BNatSchG). Im Regelfall sollen baubedingte Beeinträchtigungen dadurch unter der Erheblichkeitsschwelle des § 14 Abs. 1 BNatSchG gehalten werden.

8.3.2 Naturhaushalt

Soweit durch die zu errichtende Anlage keine ökologisch wertvollen Flächen erheblich beeinträchtigt werden, stellt die Flächeninanspruchnahme durch die Überbauung mit dem Mastfuß der WEA regelmäßig keine erhebliche Beeinträchtigung des Naturhaushalts im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG dar. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach § 15 BNatSchG entfallen dann insoweit. Die Kompensation für Erschließungsmaßnahmen wie Netzanbindung oder Wegebau bleiben unberührt und richtet sich nach den Bestimmungen der Bayerischen Kompensationsverordnung. Zu den ökologisch wertvollen Flächen zählen insbesondere:

  1. Flächen mit Biotoptypen im Sinne der Kartieranleitung der Biotopkartierung Bayern,
  2. Standorte und Habitate der nach der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) und der Bundesartenschutzverordnung geschützten Arten,
  3. Lebensraumtypen gemäß FFH-Richtlinie,
  4. land- oder forstwirtschaftlich extensiv genutzte Flächen mit sehr hohem Biotopwert.

8.3.3 Landschaftsbild

Wird ein Eingriff zugelassen, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht zu kompensieren sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten (§ 15 Abs. 6 Satz 1 BNatSchG). Dies gilt nicht für Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB und während der Planaufstellung nach § 33 BauGB, da § 15 Abs. 6 BNatSchG nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG hier nicht anzuwenden ist und das Baurecht über keine entsprechende Rechtsgrundlage verfügt. Soweit aufgrund der Bauleitplanung Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, ist über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des BauGB zu entscheiden (§ 18 Abs. 1 BNatSchG in Verbindung mit § 1a Abs. 3 BauGB). Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes können aufgrund der Höhe der Anlagen regelmäßig nicht durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen kompensiert werden. Wird die Anlage zugelassen, ist für diese Beeinträchtigungen in aller Regel Ersatz in Geld zu leisten. Mangels feststellbarer Kosten für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen bestimmt sich die Ersatzzahlung insbesondere nach Dauer und Schwere des Eingriffs (§ 15 Abs. 6 Satz 3 BNatSchG). Die Ersatzzahlungen sind im Bereich der räumlich betroffenen unteren Naturschutzbehörde nach deren näherer Bestimmung für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden (Art. 7 Satz 1 des Bayerischen Naturschutzgesetzes). Die Zahlung ist vor Durchführung des Eingriffs zu leisten (§ 15 Abs. 6 Satz 5 BNatSchG). Es kann jedoch ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden (§ 15 Abs. 6 Satz 6 BNatSchG). Eine Staffelung der Ersatzzahlung bietet sich insbesondere bei sogenannten Bürgerwindenergieanlagen an. Die Höhe der Ersatzzahlung für WEA wird festgesetzt in Abhängigkeit von der Bedeutung des Landschaftsbildes nach Wertstufen und der Gesamthöhe der Anlage, definiert als Nabenhöhe zuzüglich Radius des Rotors, wobei die Nabenhöhe die Höhe der Achse ist, um die sich die Flügel des Rotors drehen. Die Ermittlung der Wertstufen erfolgt in einem Umkreis des Fünfzehnfachen der Anlagenhöhe um die Anlage. Insofern können auch Ausschlussgebiete nach Nr. 8.2.1 betroffen sein. Sind mehrere Wertstufen betroffen, ist eine anteilige Berechnung durchzuführen. Die für die Berechnung der Ersatzzahlung maßgebende Matrix befindet sich in Anlage 2. Bei der Errichtung von Windfarmen werden bereits bestehende Anlagen nicht berücksichtigt. Beim Repowering sind folgende Grundsätze maßgebend:

  1. Technisches Repowering und eine Erhöhung der bisherigen Anlage um maximal 10 % der bisherigen Anlagenhöhe, die definiert ist als Nabenhöhe inklusive Rotorblätter, lösen keine zusätzliche Landschaftsbildbeeinträchtigung und damit auch keine Kompensationspflicht aus.
  2. Beträgt die Höhenabweichung im Vergleich zur Altanlage mehr als 10 %, liegt in der Regel eine zusätzliche Landschaftsbildbeeinträchtigung vor, für die eine Ersatzzahlung nach der in Anlage 2 enthaltenen Matrix festzulegen ist. Dabei wird nur die Erhöhung der Anlage zugrunde gelegt.

Wird die WEA in einem im Regionalplan ausgewiesenen Vorranggebiet für WEA errichtet oder im Zuge eines Repowering erneuert, reduziert sich die abschließend errechnete Ersatzzahlung um 50 %.

8.4 Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP)

Im Rahmen der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) ist zu klären, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind, wobei bei zulässigen Eingriffen die Ausnahmen des § 44 Abs. 5 BNatSchG zu beachten sind. Diese Prüfung ist grundsätzlich für europarechtlich geschützte Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie sowie für alle wildlebenden Vogelarten nach Art. 1 der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutz-Richtlinie) durchzuführen. Mit Erlass einer neuen Bundesartenschutzverordnung werden künftig noch sogenannte Verantwortungsarten hinzukommen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Das LfU hat eine saP-Arbeitshilfe erarbeitet, die die saP, und dabei insbesondere die Abschichtung der saP-relevanten Arten, für die bearbeitenden Planungsbüros und Naturschutzbehörden erleichtern soll. Gemäß Schreiben des Bayerischen Umweltministeriums vom 29. April 2011, Az. 62g-U8640.0- 2008/16-32, sind die in der saP-Arbeitshilfe enthaltenen Hinweise zur Durchführung der saP für die Naturschutzbehörden verbindlich. Näheres regeln ferner die Arbeitshilfen des LfU zu Fachfragen des Windenergie-Erlasses, die auf der Internetseite des LfU veröffentlicht sind. Nach der Rechtsprechung darf zudem bei den artenschutzfachlichen Untersuchungen und Einschätzungen aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit (Art. 20 Abs. 3 GG) von durch die obersten Landesbehörden zur Verfügung gestellten zusätzlichen fachlichen Konkretisierungen wie den vorliegenden Hinweisen nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, Urteil vom 18. Juni 2014, Az. 22 B 13.1358, Juris Randnr. 44 f.; Beschluss vom 6. Oktober 2014, Az. 22 B 14.1079, Juris Randnr. 25). Relevant ist bei WEA im Wesentlichen die Prüfung möglicher Verstöße gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG aufgrund der Kollision mit den Rotoren. Nach der Rechtsprechung muss das Verletzungs- und Tötungsrisiko durch das Vorhaben im Vergleich zum allgemeinen Risiko signifikant erhöht sein. Gegen das Tötungsverbot wird dann nicht verstoßen, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung unter Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der im Naturraum immer gegeben ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden (vergleiche grundlegend etwa BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, Az. 9 A 14.07, Juris Randnr. 91; zum immissionsschutzrechtlichen Verfahren, vergleiche BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2013, Az. 4 C 1/12, Juris Randnr. 11; BayVGH, Urteil vom 18. Juni 2014, Az. 22 B 13.1358, Juris Randnr. 43; Oberverwaltungsgericht Thüringen, Urteil vom 14. Oktober 2009, Az. 1 KO 372/06, Juris Randnr. 35). Hierzu müssen hinreichend konkrete fall- bzw. ortsspezifische Anhaltspunkte vorliegen. Ein gelegentlicher Aufenthalt im Gefahrenbereich und damit die zufällige Tötung einzelner Individuen reichen nicht aus. Vielmehr sind z.B. regelmäßige Aufenthalte nachzuweisen, die die Tötungswahrscheinlichkeit signifikant erhöhen. Ob ein signifikant erhöhtes Risiko vorliegt, ist jeweils im Einzelfall in Bezug auf die Lage der WEA, die jeweiligen Artvorkommen und die Biologie der Arten - Schlagrisiko - zu klären. Hinweise auf die Schlagsensibilität von Vogel- bzw. Fledermausarten geben insbesondere die Statistiken des Landesumweltamtes Brandenburg. Das Störungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG kann grundsätzlich durch Scheuchwirkung einer WEA ausgelöst werden. Rechtlich relevant ist allerdings nur eine erhebliche Störung, durch die sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Kollisionen und Scheuchwirkungen sind nur bei Vogel- und Fledermausarten bekannt. Nur diese Auswirkungen werden im Folgenden behandelt. Der Umgang mit der möglichen Beeinträchtigung geschützter Arten infolge der Baumaßnahmen richtet sich nach der obengenannten saP-Arbeitshilfe des LfU. Die Liste der im Folgenden behandelten Fledermaus- und Vogelarten wird regelmäßig überprüft und gegebenenfalls entsprechend den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst.

8.4.1 Umgang mit Vogelarten - Abschichtung und Untersuchungsumfang

Die Abschichtung der saP-relevanten Vogelarten erfolgt in folgenden Schritten:

  1. Relevanzprüfung
    Die für WEA relevanten Vogelarten sind in Anlage 3 Spalte 1 als kollisionsgefährdete Vogelarten aufgeführt. In Anlage 4 Spalte 1 sind besonders störempfindliche Arten genannt. Weitere, in der aktuellen Liste der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten genannte Arten wie z.B. Schreiadler, Kornweihe, Goldregenpfeifer, Sumpfohreule brüten in Bayern nur in Einzelpaaren, unregelmäßig oder kommen nur als Zugvögel vor. Sollten diese Arten doch betroffen sein, wird, wie nachfolgend beschrieben, analog vorgegangen.
  2. Bestandserfassung am Eingriffsort
    Der Untersuchungsumfang bei Vogelarten richtet sich danach, ob Verbotstatbestände, insbesondere das Tötungsverbot, erfüllt werden können. Es ist zu prüfen, ob die relevanten Arten im Gebiet aktuell vorkommen. Grundlage sind die vorhandenen Verbreitungsdaten (saP-Arbeitshilfe des LfU im Internet). Vielfach reichen auch Potenzialabschätzungen sowie worst-case-Annahmen aus. Untersuchungen "ins Blaue hinein" sind nicht veranlasst (vergleiche BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, Az. 9 A 14.07, Randnr. 54). Ergänzende Hinweise auf Vorkommen dieser Arten im Verfahren, z.B. durch fachkundige Dritte, sind nur beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Nur wenn begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlag- oder störungssensibler Arten entsprechend Anlagen 3 und 4, jeweils Spalte 1 vorliegen, sind weitergehende Kartierungen vor Ort erforderlich. Die Untersuchungen sollten die avifaunistisch bedeutsamen Abschnitte des Jahres umfassen - Balz, Brut, Nahrungssuche, Rast- und Zugverhalten - und die Funktion des Standorts innerhalb der Vorkommen der relevanten Vogelarten ermitteln, z.B. Brut-, Nahrungsgebiet, Korridor, Schlaf- oder Sammelplatz. Sie sind mit dem Ziel durchzuführen, die Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Anlage abschätzen zu können.
  3. Prüfung der Verbotstatbestände:
    aa) Kollisionsgefährdete Arten
    Die in Anlage 3 Spalte 2 angegebenen Abstände beschreiben die von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten empfohlenen Abstände von WEA zu Brutplätzen bzw. zu Kolonien von Arten, deren Hauptverbreitungsgebiete auch in Bayern liegen. In Anlage 3 Spalte 3 werden Abstände angegeben, in denen zu prüfen ist, ob regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate o. Ä. der betreffenden Art vorhanden sind. Für den Fall, dass die in Anlage 3 Spalte 2 und 3 genannten Abstände für die jeweilige Art überschritten werden, ist davon auszugehen, dass kein signifikant erhöhtes Tötungs- und Verletzungsrisiko besteht. Für den Fall, dass diese Abstände unterschritten werden, ist eine nähere Betrachtung erforderlich: Allein aus der Unterschreitung des Abstandes zu einer geplanten WEA kann kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko hergeleitet werden (vergleiche BayVGH, Beschluss vom 6. Oktober 2014, Az. 22 B 14.1079, Juris Randnr. 30; Urteil vom 18. Juni 2014, Az. 22 B 13.1358, Juris Randnr. 50; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 10. März 2010, Az. 11 K 53/09). Es muss daher jeweils orts- und vor habensspezifisch entschieden werden, ob das Tötungsrisiko im Prüfbereich signifikant erhöht ist. Dazu muss plausibel dargelegt werden, ob es in diesem Bereich der geplanten Anlage zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder der Nahbereich der Anlage, z.B. bei Nahrungsflügen, signifikant häufiger überflogen wird. Ergibt die Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten bezüglich der Individuen der genannten Arten in dem in Anlage 3 Spalte 2 angegebenen Prüfbereich nicht, dass die WEA gemieden, umflogen oder selten überflogen wird, ist in diesem Bereich regelmäßig von einem erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Eine großräumige und diffuse Verteilung von Nahrungshabitaten außerhalb der in Anlage 3 Spalte 2 genannten Abstände führt in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 3 Spalte 3 darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden (vergleiche auch BayVGH, Urteil vom 18. Juni 2014, Az. 22 B 13.1358, Juris Randnr. 50). Methodenhinweise zur Untersuchung sind in Anlage 5 aufgeführt.
    bb) Besonders störungsempfindliche Arten
    Bei den in Anlage 4 Spalte 1 genannten störungsempfindlichen Vogelarten können WEA zu einer Scheuchwirkung führen, sodass das Störungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) zum Tragen kommen kann. Außerhalb der in Anlage 4 Spalte 2 und 3 genannten Abstände liegt regelmäßig keine erhebliche Beeinträchtigung der lokalen Population einer Art vor.
    cc) Beispiel für Prüfbereiche
    Der Abstand zwischen WEA und Brutplatz oder WEA und Revierzentrum bzw. Brutvorkommen, wenn der Brutplatz zwar örtlich nachgewiesen, aber nicht punktgenau bestimmbar ist, liegt innerhalb des Prüfbereichs von 1.000 m. In diesem Bereich ist aufgrund der vielfältigen Aktionen um den Brutplatz wie Balz, Nestbau, Territorialverhalten zu prüfen, ob durch die geplante WEA Verbotstatbestände erfüllt werden.



    Der Abstand WEA - regelmäßig aufgesuchte Bereiche wie z.B. Nahrungshabitate liegt innerhalb des Prüfbereichs von 4.000 m, der Abstand WEA zu Brutvorkommen oder Neststandort beträgt über 1.000 m. Bei einigen Vogelarten muss eine getrennte Betrachtung von Brut- und Nahrungshabitaten oder sonstiger Orte, die von den Vögeln regelmäßig aufgesucht werden, erfolgen. Da aber beide Habitate in Bezug zueinander stehen, kann durch eine WEA im Flugkorridor das Tötungsrisiko erhöht sein und die Funktion dieser Habitate für die Art verloren gehen.

8.4.2 Umgang mit Fledermausarten - Abschichtung und Untersuchungsumfang

Die Abschichtung der Fledermausarten erfolgt in folgenden Schritten:

  1. Relevanzprüfung

    In Anbetracht der Größe moderner Anlagen im Binnenland können nur etwa ein Drittel der Fledermausarten von Kollisionen so betroffen sein, dass sie in einer saP vertieft behandelt werden müssen. Dies sind die in Anlage 6 aufgeführten Arten. Alle anderen Arten fliegen kaum in solchen Höhen, dass sie in den Gefahrenbereich der Rotoren geraten.

  2. Bestandserfassung am Eingriffsort

    Es ist zu prüfen, ob die Arten im Gebiet aktuell vorkommen. Anhand der saP-Arbeitshilfe des LfU ist eine geografische Datenbankabfrage möglich, die durch eine lebensraumbezogene Analyse weiter eingegrenzt werden kann. Ergänzende Hinweise auf Vorkommen dieser Arten im Verfahren, z.B. durch fachkundige Dritte, sind nur beachtlich, wenn sie hinreichend substantiiert sind. Erhöhte Fledermausaktivitäten in Rotorhöhe im Jahresverlauf lassen sich nur mit Hilfe des Gondelmonitorings erfassen (Anlage 7). Untersuchungen mit Hilfe akustischer Erfassungsmethoden wie Fledermausdetektor oder Batcorder am Boden allein genügen nicht. Sie sind zum Beispiel dann aussagekräftig, wenn die Aktivität einer Fledermauskolonie im Nahbereich zur Anlage festgestellt werden soll. Sie können darüber hinaus wertvolle Hinweise über das zu erwartende Artenspektrum geben.

  3. Prüfung der Verbotstatbestände:
    aa) In Gebieten ohne konkrete Anhaltspunkte auf Vorkommen von Fledermäusen sind Untersuchungen "ins Blaue hinein" nicht veranlasst (vergleiche Nr. 8.4.1). In diesen Fällen kann allenfalls das Zugverhalten von Fledermäusen betroffen sein. Über das Zugverhalten von Fledermäusen gibt es derzeit jedoch keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wissenschaftliche Unsicherheiten verpflichten den Vorhabenträger nicht, Forschungsaufträge zu vergeben oder Untersuchungen anzustellen, deren Aufwand und wissenschaftlicher Anspruch letztlich auf solche hinauslaufen (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, Az. 9 A 14.07, Randnr. 66). Monitoringauflagen sind in diesen Fällen nicht veranlasst, da diese Eigenüberwachungsmaßnahmen des Vorhabenträgers zur Gewinnung von Erkenntnissen darüber darstellen würden, welche Auswirkungen der Betrieb der WEA auf die Natur, namentlich von Fledermäusen hat. Für die Anordnung solcher Eigenüberwachungsmaßnahmen bedarf es aber grundsätzlich einer konkreten gesetzlichen Ermächtigung, die nicht besteht (vergleiche Verwaltungsgericht Halle, Urteil vom 23. November 2010, Az. 4 A 34/10).
    bb) In Bereichen wie z.B. in Flussauen, Wald- und Gewässerlandschaften, Feldgehölzen, ausgeprägten Heckenlandschaften, in denen allgemeine Erkenntnisse zu artspezifischen Verhaltensweisen, Habitatansprüchen und dafür erforderlichen Vegetationsstrukturen plausible Rückschlüsse auf das Vorhandensein dieser Arten zulassen, ist es nicht zu beanstanden, wenn die zuständige Behörde, gestützt auf naturschutzfachlichen Sachverstand, daraus Schlussfolgerungen auf das Vorkommen und den Verbreitungsgrad bestimmter Arten zieht. Diese bedürfen der plausiblen, naturschutzfachlich begründeten Darlegung (vergleiche BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008, am angegebenen Ort, Randnr. 63). In diesen Bereichen ist der Vorhabenträger grundsätzlich gehalten, dazu gezielte Daten zu erheben, auf deren Grundlage die Behörde beurteilen kann, ob durch die geplante WEA ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verwirklicht wird. Diese Untersuchungen sind auf Gondelhöhe durchzuführen. Von einer entsprechenden Erhebung kann abgesehen werden, wenn durch ein begleitendes Gondelmonitoring die Fledermausaktivitäten und das damit gegebenenfalls verbundene erhöhte Tötungsrisiko beobachtet wird. Für den Fall, dass bestimmte Aktivitätsdichten überschritten werden, die ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko begründen, kann dieses im Einvernehmen mit dem Antragsteller (§ 12 Abs. 2a BImSchG) mittels eines Abschaltalgorithmus, der als Auflagenvorbehalt in den Zulassungsbescheid aufgenommen wird, unter die Erheblichkeitsschwelle abgesenkt werden.
    cc) Innerhalb eines Umkreises von 1 km um bekannte Wochenstuben oder Männchenkolonien sowie von bekannten Zwischen-, Winter- und Schwärmquartieren mit bedeutenden Vorkommen der in Anlage 6 genannten Arten sind vertiefte Untersuchungen erforderlich, die Erhebungen vom Boden aus beinhalten und zuverlässige Einschätzungen über die Raumnutzung am Standort ermöglichen. In diesem Umkreis wird es aufgrund der räumlichen Nähe zwischen Anlage und Quartier in der Regel zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Bereich der Rotoren kommen. Die Verwirklichung des Verbotstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG kann durch einen Abschaltalgorithmus mittels Auflage im Zulassungsbescheid vermieden werden.

8.4.3 Mögliche Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen

Nach der Rechtsprechung gehört zu den Umständen, die für die Feststellung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos eine Rolle spielen, auch die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011, Az. 9 A 12/10, Juris Randnr. 99). Mit Hilfe geeigneter Maßnahmen kann in manchen Fällen das Erreichen des artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands abgewendet werden. Das können herkömmliche Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen, wie z.B. Änderungen bei der Projektgestaltung, Bauzeitenbeschränkung und andere Maßnahmen sein. Für den Fall, dass mit einem Eintreten der Verbotstatbestände zu rechnen ist, ist die Durchführung der folgenden Maßnahmen ratsam, um die Beeinträchtigung von geschützten Tierarten zu minimieren:

  1. Vermeidung von Fällungen und Beeinträchtigungen von Brut- und Quartierbäumen sowie der Zerstörung von Habitaten geschützter Arten im Rahmen der Standortwahl; die landschaftspflegerisch gestaltete Mastfuß-Umgebung sollte so klein wie möglich sein, dabei Vermeidung der Entwicklung von Strukturen in unmittelbarer Umgebung des Mastfußes, die Greifvögel und Fledermäuse anziehen können wie z.B. Teiche, Baumreihen, Hecken; jedoch sind Maßnahmen für Arten ohne Konfliktpotenzial möglich.
  2. Mahd oder Umbruch der Mastfußbrache nur im ausgehenden Winter, möglichst mehrjähriger Pflegerhythmus.
  3. Die Ernte oder Mahd in einem Windpark sollte nicht vor Ende Juli stattfinden. Sie sollte für eine zielgerichtete Abschaltung der Anlagen soweit möglich in einem Arbeitsgang und möglichst zeitgleich, jedoch nicht früher als in der Umgebung erfolgen.
  4. Insbesondere bei Rotmilanvorkommen Abschaltung für mindestens zwei Tage während des Tages bei großflächiger Ernte oder Mahd um die Anlagen,
  5. Anlage von geeigneten, kleinparzelligen Nahrungshabitaten mit ausreichend häufigen Pflegemaßnahmen im Umgebungsbereich der Brutstandorte,
  6. unterirdische Ableitung des Stroms, um Ansitzwarten und Kollisionen mit Elektroleitungen zu vermeiden,
  7. keine Verwendung von Gittermasten, da diese als Ansitzwarten dienen können,
  8. Anordnung der WEA in Windparks möglichst in Richtung der Hauptzugrichtung der Vögel, die von Nordosten nach Südwesten verläuft, um Barrierewirkungen auf ziehende Vögel möglichst gering zu halten,
  9. an Standorten im Offen- und Halboffenland sollte - sofern möglich - eine dunklere z.B. grünliche oder bräunliche Einfärbung der untersten 15 m bis 20 m eines Mastes erfolgen, um Kollisionen von Vögeln durch Anflüge an den Masten der WEA zu vermeiden.

8.4.4 Ausnahmeprüfung

  1. Die Errichtung von WEA liegt im öffentlichen Interesse gemäß § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, da dem Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung insbesondere durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zukommt (§ 1 Abs. 3 Nr. 4, 2. Alt. BNatSchG). Ein "zwingendes" Interesse im Sinne der Ausnahmeregelung ist jedoch nur gegeben, wenn nachgewiesen wird, dass die Anlage an diesem Standort auch einen hinreichenden Stromertrag, mindestens aber 60 % des Referenzertrages nach Anlage 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, erzielen kann.
  2. Das öffentliche Interesse an der Errichtung einer WEA überwiegt die Belange des Artenschutzes, wenn die zu erwartenden Verluste auch langfristig keinen relevanten Einfluss auf den Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art haben und keine zumutbare Alternative, z.B. verfügbarer günstigerer Standort, gegeben ist (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG). Bei weit verbreiteten Vogelarten kann dies angenommen werden, wenn sich der Standort der WEA außerhalb der Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz gemäß Anlage 1 und außerhalb der Dichtezentren für besonders sensible Vogelarten (siehe Karte in den Arbeitshilfen des LfU zu Fachfragen des Windenergie-Erlasses) befindet. Weitere Einzelheiten zu den für eine Ausnahme in Betracht kommenden Vogelarten werden in einer Arbeitshilfe des LfU bereitgestellt, die im Internet veröffentlicht ist. Die Karte mit den Dichtezentren wird vom LfU hinsichtlich des notwendigen Umfangs zur Sicherung der Erhaltungsziele der betroffenen Arten geprüft und regelmäßig aktualisiert. Außerhalb dieser Gebiete sind auch bei einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko in der Regel keine populationsrelevanten Auswirkungen für diese Vogelarten zu befürchten. Dies gilt nicht für den Zeitraum einer bestehenden Brut während der Bauphase der Anlage. Näheres regeln die Internet-Arbeitshilfe des LfU zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung und die Arbeitshilfe des LfU zu Fachfragen des Windenergie-Erlasses. Beide Arbeitshilfen werden im Internet auf der Seite des LfU veröffentlicht. Im Übrigen wird auf die einschlägigen Ausführungen der "Hinweise zu zentralen unbestimmten Rechtsbegriffen des Bundesnaturschutzgesetzes" der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz verwiesen.

9. Waldrecht

9.1 Grundsatz

Wälder leisten durch die Bindung von Kohlendioxid und die Bereitstellung des umweltfreundlichen Rohstoffs Holz wichtige Beiträge zum Klimaschutz und zur Versorgung mit erneuerbaren Energien. Neben dem Offenland gibt es auch im Wald geeignete Standorte für WEA. WEA im Wald können einen wertvollen Beitrag leisten für den Ausbau der Windenergienutzung im Binnenland. Eine besondere Rolle kommt dabei den Bayerischen Staatsforsten ebenso wie den vielen privaten und kommunalen Waldbesitzern zu. Diese verfügen über zahlreiche für die Windenergienutzung geeignete Standorte. Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von Windenergieprojekten im Staatswald ist die Unterstützung der Kommune und der örtlichen Bevölkerung. Soweit es sich bei dem Standort um ein gemeindefreies Gebiet handelt, ist die seit 21. November 2014 geltende neue bauplanungsrechtliche Situation in Nr. 4 beschrieben. In den Planungs- und Abwägungsprozessen für die Regional- und die Flächennutzungsplanung soll, z.B. durch Straßen, Industrie oder Leitungstrassen, vorbelasteten Standorten möglichst der Vorzug vor bislang unbelasteten Gebieten gegeben werden. Besonders günstig zu bewerten sind auch Standorte mit weitgehend vorhandener Erschließung, die keinen besonderen Schutzstatus und keine herausragenden Waldfunktionen aufweisen. WEA im Wald sind in der Regel mit einer Rodung verbunden. Sie sind daher einerseits im Hinblick auf das waldgesetzliche Ziel der Walderhaltung und Waldmehrung zu beurteilen. Andererseits hat der Waldbesitzer aber auch einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Rodungserlaubnis. Sofern Versagungsgründe vorliegen, prüfen die Forstbehörden, ob diese durch die Festsetzung von Auflagen überwunden werden können. Die Forstbehörden nehmen ferner Stellung, wie sich das Projekt auf die Funktionen und die Bewirtschaftung der umliegenden Wälder auswirken würde.

9.2 Waldrechtliche Relevanz von WEA

WEA im Wald sind in mehrfacher Hinsicht waldrechtlich relevant:

  1. Rodungsmaßnahmen sind erforderlich für
    aa) dauerhaft benötigte Standflächen und Kranstellflächen,
    bb) gegebenenfalls für ausschließlich für die WEA erforderliche Zufahrten und Verbreiterungen vorhandener Forstwege und
    cc) gegebenenfalls Stromleitungen.
  2. Nutz-, Schutz-, Erholungs- und Lebensraumfunktionen der umliegenden Wälder können beeinträchtigt werden.
  3. Die von den Rotoren überstrichene Fläche kann bei entsprechend großer Höhendifferenz zu den Baumkronen ohne Beschränkung des Höhenwachstums weiterhin forstlich genutzt werden. Insoweit liegt für die überstrichenen Flächen keine Rodung vor.
  4. In der Bauphase werden weitere Flächen temporär in Anspruch genommen. Deren Kahlhieb ist im Schutzwald erlaubnispflichtig (Art. 14 Abs. 3 BayWaldG, gegebenenfalls ersetzt durch die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 13 BImSchG, vergleiche Nr. 9.3). Nach Abschluss der Bauarbeiten besteht für diese Flächen eine Wiederaufforstungspflicht.

9.3 Rodungsverfahren

Die waldrechtliche Rodungserlaubnis für Flächen gemäß Nr. 9.2 Buchst. a Doppelbuchst. aa wird durch die immissionsschutz- oder baurechtliche Genehmigung ersetzt (Art. 9 Abs. 2 BayWaldG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 8 BayWaldG). Hierzu ist das Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde erforderlich (Art. 39 Abs. 2 Satz 2 BayWaldG). Soweit dabei auch über konkrete Ersatzaufforstungen entschieden wird, ist die waldrechtliche Erstaufforstungserlaubnis hierfür ebenfalls ersetzt. Die Forstbehörden sollen deshalb in den Antragsunterlagen, z.B. im Landschaftspflegerischen Begleitplan, entsprechende Maßnahmen ebenfalls prüfen und dazu Stellung nehmen. Soweit Rodungsflächen gemäß Nr. 9.2 Buchst. a Doppelbuchst. bb oder cc anfallen, ist dagegen ein gesondertes waldrechtliches Verfahren erforderlich. In diesem Fall ist auf eine gute Abstimmung zwischen beiden Verfahren besonders zu achten. Die Antragsberechtigung des Projektbetreibers wird als gegeben angenommen, wenn der Waldbesitzer dem Projektantrag schriftlich zugestimmt hat (Art. 42 Abs. 3 BayWaldG). Eine Umweltverträglichkeitsabschätzung oder -prüfung ist nur erforderlich, wenn das Projekt UVP-pflichtig ist nach Anlage 1 Nr. 1.6 oder Nr. 17 UVPG. Ob Regelungen in anderen Rechtsbereichen einer Rodungserlaubnis entgegenstehen (Art. 9 Abs. 4 Nr. 2 BayWaldG), wird von den Forstbehörden nur im Hinblick auf Rodungsflächen gemäß Nr. 9.2 Buchst. a Doppelbuchst. bb oder cc geprüft. So sind z.B. für Belange des Naturschutzes oder des Landschaftsschutzes ausschließlich die unteren Naturschutzbehörden zuständig. Auf Anforderung stellen die Forstbehörden gegebenenfalls vorhandene waldökologische Informationen zur Verfügung.

9.4 Materiell-rechtliche Zulässigkeit der Rodung

Nach Art. 9 Abs. 3 BayWaldG ist die Rodungserlaubnis zu erteilen, sofern sich aus Art. 9 Abs. 4 bis 7 BayWaldG nichts anderes ergibt. Die Rodungserlaubnis ist zu versagen bei:

  1. Naturwaldreservaten (Art. 12a BayWaldG),
  2. Schutzwald (Art. 10 BayWaldG), sofern Nachteile für die Schutzfunktionen zu befürchten sind (vergleiche auch Art. 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayWaldG),
  3. Erholungswald (Art. 12 BayWaldG), wenn die Erholungsfunktion geschmälert wird (vergleiche auch Art. 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BayWaldG),
  4. Bannwald (Art. 11 BayWaldG), wenn keine gleichwertige Ersatzaufforstung sichergestellt werden kann (vergleiche auch Art. 9 Abs. 6 Satz 2 BayWaldG),

da zwingende Gründe des öffentlichen Wohls (Art. 9 Abs. 7 BayWaldG) bei WEA im Wald in aller Regel nicht gegeben sind. In allen anderen Fällen ist das öffentliche Interesse an der Walderhaltung abzuwägen mit dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Windenergie aus Gründen der Energiewende und des Klimaschutzes und den Belangen des Antragstellers (Art. 9 Abs. 5 und 6 BayWaldG); gegebenenfalls sind Auflagen zu prüfen. Dabei handelt es sich grundsätzlich um Einzelfallprüfungen. Ziele aus Regional-, Flächennutzungs- und Waldfunktionsplänen sind zu berücksichtigen. Auch in Vorrang- oder Vorbehaltsgebieten oder Konzentrationszonen ist auf eine Verminderung des Eingriffs hinzuwirken.

9.5 Sonstiges

Der Flächenbedarf einer WEA im Wald kann vermindert werden u. a. durch Standorte unmittelbar an Forstwegen, Nutzung vorhandener Forstwege als Zufahrten und als Kranaufbau- und gegebenenfalls Kranstellfläche sowie Verlegung von Stromleitungen im Wegekörper. Auch der Einsatz innovativer Turmtechnik und Transportlogistik kann hierzu beitragen. Eine nach dem BayWaldG erforderliche Ersatzaufforstung sollte nach Möglichkeit gleichzeitig einen etwaigen nach Naturschutzrecht erforderlichen Ausgleich mit umfassen. Zum Schutz der umliegenden Waldflächen, ihrer Bewirtschaftung und der Erholungsnutzung ist darauf hinzuwirken, Gefahren zu vermindern:

  1. In einem Brandschutzkonzept sollen Vorkehrungen zum Waldbrandschutz getroffen werden, z.B. Fernüberwachung, Alarmierungswege, Zufahrten, Bekämpfungsmaßnahmen.
  2. Ein Sicherheitsabstand zum Schutz vor umstürzenden Bäumen ist nicht erforderlich.

Nach endgültiger Stilllegung und Rückbau ist als Folgenutzung "Forstwirtschaft" festzulegen.

10. Denkmalschutz

Denkmalschutz und Umweltschutz sind öffentliche Belange und Aufgaben des Gemeinwohls mit Verfassungsrang. Keiner der Belange hat Vorrang vor dem anderen, ebenso schließen sich beide Belange nicht gegenseitig aus. Sie sind sinnvoll in Einklang zu bringen. Dabei ist zu beachten, dass Baudenkmäler ortsgebunden sind und die denkmalgeschützte Funktion nur an diesem Standort erfüllen können; diese kann unter Umständen bei Errichtung einer WEA in Sichtweite weitgehend verloren gehen. Dabei entfällt das Erfordernis einer gesonderten denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis (Art. 6, 7 DSchG), soweit die Errichtung einer WEA einer bauaufsichtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf (Konzentrationswirkung). WEA können sich insbesondere auf die Umgebung oder auf großräumige Sichtbezüge von Denkmälern im Nähebereich eines Denkmals ungünstig auswirken. Dies gilt regelmäßig bei Landmarken und den die Kulturlandschaft oder Landschaft prägenden Denkmälern. Hierzu zählen u. a. vorgeschichtliche Befestigungsanlagen, weiträumige obertägig sichtbare Grabhügelfelder, Burgställe, mittelalterliche und neuzeitliche Anlagen von Ruinen, Burgen, Schlössern, Kirchen oder Klosteranlagen und als Denkmalensemble ausgewiesene Städte und Dörfer; UNESCO-Welterbestätten sind entsprechend des Ziels in der Anlage Nr. 8.4.1 LEP einschließlich ihrer Umgebung in ihrem außergewöhnlichen Wert zu erhalten. Das Landesamt für Denkmalpflege hat zwischenzeitlich diese Denkmäler definiert und gekennzeichnet, sie sind im Energie-Atlas Bayern einsehbar. Die Umgebung dieser und anderer bedeutender landschaftswirksamer Denkmäler sollte regelmäßig von WEA freigehalten werden. Der öffentliche Belang "Denkmalschutz" steht einem privilegierten Vorhaben jedenfalls dann entgegen, wenn das Außenbereichsvorhaben die besondere Wirkung eines Denkmals erheblich beeinträchtigen würde. Der Umfang des Umgebungsschutzes ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig; insbesondere kann keine pauschale Abstandsregelung definiert werden. Als Nähebereich eines Denkmals ist der Bereich zu sehen, auf den es ausstrahlt und der es seinerseits prägt und beeinflusst. Geschützt sind danach auch und gerade die Wirkung des Denkmals in seiner Umgebung und die Sichtbezüge zwischen Denkmal und Umgebung. Neu hinzutretende Bauten in der Umgebung eines Denkmals müssen sich an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal für seinen Nähebereich verkörpert. Grundsätzlich gilt, dass Vorhaben in der Umgebung eines Denkmals umso eher seine Wirkung beeinträchtigen können, je exponierter die Lage des Denkmals ist. Es ist zu gewährleisten, dass die jeweilige besondere Wirkung des Denkmals, die es als Zeuge der Geschichte, der Kunst oder als bestimmendes städtebauliches, wissenschaftliches oder volkskundliches Element auf den Beschauer ausübt, nicht erheblich beeinträchtigt wird. Dabei sind auch die das Erscheinungsbild des Denkmals bereits beeinflussenden Vorbelastungen mit zu berücksichtigen. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt beispielsweise dann vor, wenn das geplante Vorhaben so dimensioniert ist, dass die Wirkung des in der näheren Umgebung liegenden Denkmals verloren ginge bzw. übertönt, erdrückt oder verdrängt würde. Die Vorgaben der Art. 6 und 7 DSchG haben im Rahmen des bau- oder immissionsschutzrechtlichen Verfahrens den gleichen Stellenwert und die gleiche Bedeutung wie bei einem gesonderten denkmalrechtlichen Verfahren. Bei der genauen Standortbestimmung sind unabhängig von Fragen des Umgebungsschutzes primär Standorte zu suchen, bei denen eine Zerstörung von Denkmälern, insbesondere Zerstörung von Bodendenkmälern für Fundamentierungen, vermieden werden kann. Soweit dies im Einzelfall nicht möglich ist, ist durch Auflagen festzulegen, dass der Maßnahmenträger Bodendenkmäler in einer den Ansprüchen der Archäologie entsprechenden Weise durch fachlich ausreichend vorgebildete Personen auf seine Kosten in zumutbarem Umfang ausgraben und dokumentieren lässt. Die denkmalfachliche Beurteilung des Vorhabens erfolgt durch das Landesamt für Denkmalpflege - zur rechtzeitigen Beteiligung siehe Nr. 3.

11. Steuern und Finanzen

11.1 Allgemeine Hinweise

Das Betreiben einer WEA hat in der Regel auch steuerliche Auswirkungen. Zu denken ist dabei in erster Linie an die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer sowie die Umsatzsteuer. Erste allgemeine Hinweise zu diesen Steuern sind der vom Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat her ausgegebenen Informationsbroschüre " Steuertipps zur Existenzgründung" zu entnehmen.

11.2 Zerlegung der Gewerbesteuer

Als Anreiz für Gemeinden, auf ihrem Gebiet Standorte für WEA auszuweisen bzw. zu genehmigen, hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung zur Zerlegung der Gewerbesteuer geschaffen. Werden Betriebsstätten eines Unternehmens in mehreren Gemeinden unterhalten, ist der Gewerbesteuermessbetrag im Regelfall nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne zu zerlegen (§ 29 Abs. 1 Nr.1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG). Bei WEA würde dies jedoch bedeuten, dass der gesamte Gewerbesteuermessbetrag den Betreibergemeinden am Sitz der Geschäftsleitung zuzuweisen wäre, weil an den Standortgemeinden regelmäßig keine Arbeitskräfte beschäftigt werden. Die Sonderregelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG sieht demgegenüber eine erhebliche Beteiligung der Standortgemeinden vor. Danach erfolgt eine Zerlegung des Messbetrags zu drei Zehnteln nach Arbeitslöhnen und zu sieben Zehnteln nach dem Verhältnis des Sachanlagevermögens ohne Betriebs- und Geschäftsausstattung. Damit werden die Standortgemeinden der WEA in angemessener Weise am Gewerbesteueraufkommen der Windenergieunternehmen beteiligt.

12. Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am 1. September 2016 in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. August 2023 außer Kraft. Mit Ablauf des 31. August 2016 treten die Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) vom 20. Dezember 2011 (AllMBl. 2012 S. 34) außer Kraft.

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Gebiete mit besonderer Bedeutung für den VogelschutzAnlage 1
(zu Nr. 8.2.3)

Dargestellt sind

  1. Schutzgebiete, d. h. Naturschutzgebiete mit Vogelschutz als Schutzzweck, Nationalparke, Europäische Vogelschutzgebiete inklusive Ramsar-Gebiete,
  2. bedeutende Gebiete für Wasservögel d. h. international, national und bayernweit bedeutende Gebiete für Wasservögel zur Sommerrast und Mauser, Herbst-/Frühjahrsrast sowie Überwinterung und
  3. Wiesenbrütergebiete, also Brutgebiete mit den großen Wiesenbrüterarten Großer Brachvogel, Uferschnepfe, Rotschenkel, Wachtelkönig, Bekassine, Kiebitz.

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Matrix zur Berechnung des ErsatzgeldesAnlage 2
(zu Nr. 8.3.3)


Wertstufe
Landschaftsbild
1

Ausprägung der Landschaftsbildeinheit

Ersatzzahlung bei EinzelanlagenErsatzzahlung bei Windfarmen
(3-7 Anlagen)
Ersatzzahlung bei Windfarmen
(ab 8 Anlagen)
Kosten pro laufenden Meter Gesamtanlagenhöhe pro AnlageKosten pro laufenden Meter Gesamtanlagenhöhe pro AnlageKosten pro laufenden Meter Gesamtanlagenhöhe pro Anlage
Wertstufe 1Landschaften mit geringer Bedeutung für das Landschaftsbild und die naturbezogene Erholung; intensive, großflächige Landnutzung dominiert; naturraumtypische Eigenart weitgehend überformt und zerstört; Vorbelastungen in Form von visuellen Beeinträchtigungen bezogen auf das Landschaftsbild durch störende technische und bauliche Strukturen, Lärm etc. deutlich gegeben (z.B. durch Verkehrsanlagen, Deponien, Abbauflächen, Industriegebiete);180 Euro135 Euro90 Euro
Wertstufe 2Landschaften mit mittlerer Bedeutung für das Landschaftsbild und die naturbezogene Erholung; naturraumtypische und kulturhistorische Landschaftselemente sowie landschaftstypische Vielfalt vermindert und stellenweise überformt, aber noch erkennbar; Vorbelastungen zu erkennen;360 Euro315 Euro270 Euro
Wertstufe 3Landschaften mit hoher Bedeutung für das Landschaftsbild und die naturbezogene Erholung; naturräumliche Eigenart und kulturhistorische Landschaftselemente im Wesentlichen noch gut zu erkennen; beeinträchtigende Vorbelastungen gering; hierunter fallen u. a. weniger sensible Bereiche von Landschaftsschutzgebieten bzw. von Schutzzonen von Naturparken, Alpengebiet im Sinne der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (Zonen A und B);600 Euro555 Euro510 Euro
Wertstufe 4Landschaften mit sehr hoher Bedeutung für das Landschaftsbild und die naturbezogene Erholung; Natur weitgehend frei von visuell störenden Objekten; extensive kleinteilige Nutzung dominiert; hoher Anteil naturraumtypischer Landschaftselemente; hoher Anteil natürlicher landschaftsprägender Oberflächenformen; hoher Anteil kulturhistorischer bedeutsamer Landschaftselemente bzw. historischer Landnutzungsformen; hierunter fallen u. a. auch folgende Gebiete: Nationalparke, Kernzonen der Biosphärenreservate, besonders sensible Bereiche von Landschaftsschutzgebieten bzw. von Schutzzonen von Naturparken, Alpengebiet im Sinne der Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern (Zone C).1.200 Euro1.155 Euro1.110 Euro
1) Die Ermittlung der Wertstufen erfolgt in einem Umkreis des Fünfzehnfachen der Gesamthöhe der Anlage (Gesamthöhe der Anlage = Nabenhöhe inklusive Rotorblätter) zuzüglich Radius des Rotors; Nabenhöhe = Höhe der Achse, um die sich die Flügel des Rotors drehen).

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Kollisionsgefährdete VogelartenAnlage 3
(zu Nr. 8.4.1)

Nach der zentralen Fundkartei für Vogelschlag an WEA in Deutschland bei der Staatlichen Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg sind vor allem Vögel der Offenlandschaft als Schlagopfer betroffen. Auf bayerische Verhältnisse bezogen betrifft dies vor allem Greifvögel und andere Großvögel. In den Spalten 2 und 3 sind Prüfbereiche angegeben, für die zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind; die Prüfbereiche entsprechen jeweils den aktuellen Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten. Die Abstandsempfehlungen für WEA zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten sind auf dem Internetauftritt der Vogelschutzwarten abrufbar.

Art, ArtengruppePrüfbereiche
Abstand Brutvorkommen bzw. Brutplatz
zur WEA
Abstand regelmäßig
aufgesuchter Aufenthaltsorte
Schwarzstorch
Ciconia nigra
3.000 m10.000 m
Weißstorch
Ciconia ciconia
1.000 m2.000 m
Fischadler
Pandion haliaetus
1.000 m4.000 m
Wespenbussard
Pernis apivorus
1.000 m
Steinadler
Aquila chrysaetos
3.000 m6.000 m
Wiesenweihe
Circus pygargus
1.000 m
Schwerpunktgebiete sollten insgesamt unabhängig von der Lage der aktuellen Brutplätze berücksichtigt werden.
3.000 m
Rohrweihe
Circus aeruginosus
1.000 m
Rotmilan
Milvus milvus
1.500 m4.000 m
Schwarzmilan
Milvus migrans
1.000 m3.000 m
Seeadler
Haliaeetus albicilla
3.000 m6.000 m
Baumfalke
Falco subbuteo
500 m3.000 m
Wanderfalke
Falco peregrinus
1.000 m
Baumbrüter 3.000 m
Kranich
Grus grus
500 m
Uhu
Bubo bubo
1.000 m3.000 m
Ziegenmelker
Caprimulgus europaeus
500 m um regelmäßige Brutvorkommen
Wiedehopf
Upupa epops
1.000 m um regelmäßige Brutvorkommen1.500 m
Koloniebrüter
Graureiher
Ardea cinerea
1.000 m3.000 m
Nachtreiher
Nycticorax nycticorax
1.000 m3.000 m
Purpurreiher
Ardea purpurea
1.000 m3.000 m
Lachmöwe
Larus ridibundus
1.000 m3.000 m
Mittelmeermöwe
Larus michahellis
1.000 m3.000 m
Schwarzkopfmöwe
Ichthyaetus melanocephalus
1.000m3.000 m
Seeschwalben
Sternidae
1.000 mmind. 3.000 m

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Besonders störungsempfindliche VogelartenAnlage 4
(zu Nr. 8.4.1)

In den Spalten 2 und 3 sind Prüfabstände angegeben, innerhalb derer zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt sind.

ArtPrüfbereiche
Abstand der WEAAbstand regelmäßig aufgesuchter Aufenthaltsorte
Alpenschneehuhn
Lagopus muta
1.000 m
Haselhuhn
Tetrastes bonasia
1.000 m
Birkhuhn
Tetrao tetrix
1.000 m
Auerhuhn
Tetrao urogallus
1.000 m
Rohrdommel
Botaurus stellaris
1.000 m3.000 m
Zwergdommel
Ixobrychus minutus
1.000 m1.000 m
Mornellregenpfeifer
Charadrius morinellus
1.000 m
Wachtelkönig
Crex crex
500 m
um regelmäßige Brutvorkommen; Schwerpunktgebiete sollten insgesamt unabhängig von der Lage der aktuellen Brutplätze berücksichtigt werden.
Waldschnepfe
Scolopax rusticola
500 m
um regelmäßige Brutvorkommen; Schwerpunktgebiete sollten insgesamt unabhängig von der Lage der aktuellen Brutplätze berücksichtigt werden.

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Hinweise zur Erfassungsmethode VögelAnlage 5
(zu Nr. 8.4.1)

Ziel ist die Erfassung der Flugbewegungen besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten (Anlage 3) im Umfeld einer WEA und die Abschätzung einer möglichen Erhöhung des Tötungsrisikos aufgrund von höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Bereich der Anlagen. Hierzu ist es im Rahmen der Prüfbereiche der Anlagen 3 und 4 erforderlich, die Brutplätze und Brutvorkommen der betroffenen Arten zu ermitteln. Die Untersuchungen konzentrieren sich auf den Prüfbereich im Umfeld der geplanten Anlage und erfolgen von "Fixpunkten" aus. Darüber hinaus sollen die Untersuchungen über den engeren Prüfbereich hinaus Hinweise auf die regelmäßigen Flugkorridore zwischen Brutplatz und anderen regelmäßigen Aufenthaltsorten wie Nahrungshabitaten u. Ä. liefern. Sie sollen Aufschluss geben über

  1. die Dauer von Flugbewegungen im Umkreis der Anlagen,
  2. gegebenenfalls den Anteil der Flugdauer,
  3. das Vorhandensein von Schlüsselhabitaten für die relevanten Arten wie Rastplätze, Schlafplätze, besondere Nahrungshabitate im Umfeld der WEA,
  4. die relative Raumnutzung im Gebiet.

Es sollen Fixpunkte ausgewählt festgelegt werden, die eine gute Übersicht auf den Anlagenstandort und seine Umgebung mit bekannten oder potenziellen Neststandorten erlauben. Im jeweiligen Beobachtungssektor wird die Zeitdauer gestoppt, die sich ein Vogel im Umfeld einer WEA aufhält. Die Zahl der Fixpunkte ist abhängig von der Topographie, Waldbedeckung, Ausdehnung und Anordnung in einem Untersuchungsgebiet. Bei guter Einsehbarkeit des Geländes sollten wenigstens zwei Fixpunkte gewählt werden, bei größeren oder unübersichtlichen Untersuchungsgebieten müssen es gegebenenfalls mehr sein. Die Untersuchung soll den gesamten Zeitraum der Brutperiode von der Balz bis zur Bettelflugperiode der Jungvögel umfassen. Die Untersuchungszeiten werden an die Brutzeiten der kollisionsgefährdeten Vogelarten angepasst und dauern mit Ausnahme phänologisch besonders früh brütender Vogelarten in der Regel von Mitte März bis Ende August. Ein Umfang von 18 Untersuchungstagen wird im Regelfall als ausreichend erachtet, in besonders konfliktträchtigen Gebieten mit mehreren kollisionsgefährdeten oder schwer zu untersuchenden Arten (Vorbetrachtungen in einem Scoping-Termin) sollte die Zahl der Untersuchungstage auf 25 erhöht werden. Die Beobachtungsdauer sollte mindestens sechs Stunden pro Tag umfassen. Die Beobachtungszeiten richten sich nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der untersuchten Arten. Sie können an den frühen Vormittags- oder Nachmittagsstunden durchgeführt werden oder unter Aussparung der Mittagszeit, 12 bis 14 Uhr, auf Vor- und Nachmittag verteilt werden. Sie müssen bei guten Beobachtungsbedingungen, also an warmen Tagen mit guten Thermik-/Flugbedingungen stattfinden. Bei Arten, die sehr unterschiedliche Aktivitätszeiten aufweisen - tagaktiv, dämmerungsaktiv, früher Brutbeginn im Jahr -, Arten mit langen Fütterungsintervallen oder wenn mehrere relevante Arten gleichzeitig vorkommen, kann auch mehr als die minimale Beobachtungsdauer nötig sein und der Untersuchungsaufwand erhöht sich entsprechend. Pro Fixpunkt sind mindestens 108 Stunden vorzusehen, d. h. im Mittel drei Beobachtungstage je Monat, die je nach Aktivitätsphase der Vögel aufgeteilt werden können: z.B. für die Balz zweimal sechs Stunden, für den Horstbau dreimal sechs Stunden, für die Brut und frühe Aufzucht dreimal sechs Stunden, für die späte Aufzucht fünfmal sechs Stunden und für die Bettelflugperiode fünfmal sechs Stunden. Das Gelände wird kontinuierlich mit einem guten Fernglas mit zehnfacher Vergrößerung abgesucht. Zur sicheren Artbestimmung und Verfolgung weit reichender Flüge ist häufig ein Spektiv oder Fernglas mit Bildstabilisator mit 20-facher Vergrößerung erforderlich. Die gleichzeitige Beobachtung von zwei oder mehr Punkten wird empfohlen, um die Flugbewegungen präziser aufzeichnen zu können, wobei die Verständigung der Beobachter untereinander z.B. mit Funkgeräten bei Simultanbeobachtungen gewährleistet sein muss. Für die Ermittlung von Brutvorkommen, Rastplätzen, sommerlichen oder herbstlichen Schlafplätzen u. Ä. sind gegebenenfalls weitere Untersuchungen erforderlich. Die Naturschutzbehörden haben sich in einem Scoping-Termin mit dem Antragsteller verbindlich auf die durchzuführenden Arbeiten zu einigen. Ober Untersuchungsinhalte und -methoden ist ein Protokoll anzufertigen. Als Ergebnis erhält man Karten mit den identifizierten Schlüsselhabitaten der Vögel sowie Karten mit den Flugbewegungen der verschiedenen Arten, differenziert nach Art der Bewegung wie Balz- oder Territorialflüge, Kreisen oder Streckenflug oder Nahrungssuchflug etc.; in welchem Umfang die Flüge unterschieden werden können, ist einzelfallabhängig. Außerdem erhält man die Zeitanteile der Raumnutzung. Je weniger die geplanten Anlagen überflogen werden, umso geringer ist das Kollisionsrisiko. Bei häufigeren Aufenthalten im Bereich der Anlage muss von einem erhöhten Kollisionsrisiko ausgegangen werden. Näheres regeln die Arbeitshilfen für die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung des LfU.

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Kollisionsgefährdete FledermausartenAnlage 6
(zu Nr. 8.4.2)


Wiss. ArtnameDeutscher Name
Nyctalus noctulaGroßer Abendsegler
Nyctalus leisleriKleiner Abendsegler
Eptesicus serotinusBreitflügelfledermaus
Eptesicus nilssoniiNordfledermaus
Pipistrellus nathusiiRauhautfledermaus
Pipistrellus pipistrellusZwergfledermaus
Pipistrellus pygmaeusMückenfledermaus
Hypsugo saviiAlpenfledermaus
Vespertilio murinusZweifarbfledermaus

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Messmasten und GondelmonitoringAnlage 7
(zu Nr. 8.4.2)

Notwendige Datenerhebungen, auf deren Grundlage die Behörde beurteilen kann, ob durch die geplante WEA ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verwirklicht wird, sind auf Gondelhöhe oder im Rotorbereich durchzuführen. Dies kann mittels Messmasten oder über ein Gondelmonitoring erfolgen.

1. Messmasten

  1. Die Erfassungen sollten sich auf zwei Jahre erstrecken, um beispielsweise witterungsbedingte Schwankungen im jahreszeitlichen Auftreten der Fledermäuse zu berücksichtigen.
  2. Die Erfassungsgeräte sind vom 1. April bis 15. November zu betreiben.
  3. Es ist methodisch so wie beim Gondelmonitoring vorzugehen. In Windparks sind gegebenenfalls Messungen an mehreren Messmasten erforderlich.

2. Gondelmonitoring

  1. Das akustische Gondelmonitoring bzw. Voruntersuchungen in Rotor- oder Gondelhöhe dienen dazu, falls erforderlich, spezifisch für einen Windpark oder für einzelne Anlagen Zeiten mit erhöhter Fledermausaktivität an einem Standort zu bestimmen.
  2. Untersuchungen am Boden reichen nicht aus, um die Fledermausaktivität in Rotorhöhe hinreichend genau beurteilen zu können.
  3. Das Gondelmonitoring erlaubt ausreichende Rückschlüsse auf die Aktivität der Fledermäuse in Rotorhöhe.
  4. In Verbindung mit dem Faktor Windgeschwindigkeit können Zeiten identifiziert werden, an denen mit einem erhöhten Schlagrisiko für Fledermäuse gerechnet werden muss.

In Forschungsvorhaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) wurde ein Verfahren zur Vorhersage der Kollisionszahlen entwickelt und daraus mit Hilfe eines Rechenmodells gegebenenfalls abgeleitete Abschaltzeiten vorgeschlagen. Dieses Verfahren erstellt anlagenspezifische Betriebsalgorithmen, die der örtlichen Fledermausaktivität Rechnung tragen. Es vermeidet unnötige Abschaltzeiten und damit Betriebseinbußen. Die Berechnungsvorschrift ist im Internet frei verfügbar (Programm ProBat). Für das Gondelmonitoring gelten folgende Rahmenbedingungen:

  1. Für die Anwendung des Modells ist es unbedingt erforderlich, die in den Forschungsvorhaben des BMUB verwendeten Methoden, Einstellungen und Geräte zu verwenden. Weiterhin sind die entsprechenden Arbeitshilfen des LfU zu Fachfragen des Windenenergie-Erlasses zu beachten.
  2. Die Ermittlung der Fledermausaktivität wird für alle Arten vorgenommen und erfolgt über automatische Aufzeichnungsgeräte mit der Möglichkeit der artgenauen Auswertung, wie sie in den BMUB-Forschungsvorhaben verwendet und getestet wurden. Sie werden in der Gondel der WEA installiert. Nähere Hinweise geben die Arbeitshilfen des LfU zu Fachfragen des Windenergie-Erlasses.
  3. Das Gondelmonitoring sollte sich auf zwei Jahre erstrecken, um beispielsweise witterungsbedingte Schwankungen im jahreszeitlichen Auftreten der Fledermäuse zu erfassen.
  4. Die Erfassungsgeräte sind vom 1. April bis 15. November zu betreiben.
  5. In Windparks ist die Fledermausaktivität häufig innerhalb und am Rand des Windparks unterschiedlich, so dass in unterschiedlichen Teilen des Parks unterschiedliche Algorithmen notwendig werden können. Deshalb ist mindestens an zwei Anlagen eines Parks das Gondelmonitoring durchzuführen (über zehn WEA pro Windpark: pro angefangene fünf WEA ein Gondelmonitoring).
  6. Für technische Details wie die Installation der Aufzeichnungsgeräte ist in jedem Fall die Hilfe eines Serviceteams des jeweiligen Herstellers nötig.
  7. Der anlagenspezifische Algorithmus setzt unbedingt voraus, dass methodisch gleich vorgegangen wird wie in den Untersuchungen im Rahmen des Forschungsvorhabens des BMUB. Die Voraussetzungen für die Verwendung von ProBat, die im Programmpaket enthalten sind, sind daher strikt einzuhalten. Der Genehmigungsbescheid sollte diesbezüglich ausreichend konkret sein.

Nähere Angaben enthalten die Arbeitshilfen des LfU zu Fachfragen des Windenergie-Erlasses.

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