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Regelwerk; Bau- & Planungsrecht
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Hinweise und Empfehlungen zur baurechtlichen Beurteilung und Behandlung von Mobilfunkanlagen
- Hessen -

Stand: Juli 2011
(StAnz Nr. 33 vom 15.08.2011 S. 1055)



1. Allgemeines

1.1 Zweck der Handlungsempfehlungen

Mit diesen Handlungsempfehlungen wird über wesentliche Fragen der baurechtlichen Beurteilung von Mobilfunkanlagen sowie zu den Möglichkeiten ihrer planerischen Steuerung informiert. Die Gemeinden und Behörden sollen bei Rechtsvollzug und Planung unterstützt und entlastet werden. Außerdem wird eine einheitliche Beurteilungs- und Handlungslinie angestrebt.

1.2 Begriff der Mobilfunkanlage

Der Begriff der Mobilfunkanlage ist gesetzlich nicht definiert. Die nachfolgenden Hinweise gehen davon aus, dass eine Mobilfunkanlage aus einer oder mehreren Antennen mit einem Antennenunterbau/-träger von unterschiedlicher Ausgestaltung und Höhe (z.B. Gittermast) oder einer Halterung sowie einer zugehörigen Versorgungseinheit oder einem Funkcontainer besteht, in der oder dem die technische Ausrüstung zum Betrieb der Antennen untergebracht ist.

1.3 Mobilfunkbetrieb

Das Mobilfunknetz besteht neben einer Vielzahl von Basisstationen (Sende- und Empfangsanlagen), die über das Bundesgebiet verteilt sind, aus Vermittlungsstellen, die Gespräche und Inhalte weiterleiten. Die Basisstationen sind über Kabel oder über Richtfunkantennen mit den Vermittlungsstellen verbunden. Mobilfunksendeanlagen werden über unterschiedliche Netze versorgt. Die Nutzung der bestehenden digitalen D-Netze und E-Netze erfolgt im GSM- und UMTS-Standard. Mit der Nutzung der LTE-Standards wird 2011 gerechnet. GSM, UMTS und LTE sind Mobilfunkstandards, die jeweils die Übertragung einer höheren Bandbreite ermöglichen.

Am 20. Mai 2010 wurde die Versteigerung eines umfangreichen Frequenzpakets für den drahtlosen Netzzugang im Bereich 800 MHz (sogenannte "Digitale Dividende", d.h. im Rahmen der Digitalisierung des Rundfunks freiwerdende Frequenzen) und in den Bereichen 1,8 GHz und 2,6 GHz beendet. Alle zugelassenen Unternehmen (die vier Mobilfunknetzbetreiber DTAG, Vodafone, E-Plus und O2) haben Frequenzblöcke ersteigert. Für die versteigerten Frequenzen sind unter Zugrundelegung der Nutzungsbestimmungen alle verfügbaren Techniken einsetzbar. Um diese Frequenzen für den Mobilfunk nutzen zu können, ist ein weiterer Netzausbau zu erwarten.

Für die Frequenzen der "Digitalen Dividende" sind besondere Versorgungspflichten zu beachten, die zunächst eine Versorgung des ländlichen Raums vorsehen (siehe Präsidentenkammerentscheidung zur Frequenzvergabe vom 12.10.2009, veröffentlicht im Amtsblatt der Bundesnetzagentur Nr. 20/2009 vom 21.10.2009). Demnach ist ein Frequenzzuteilungsinhaber verpflichtet, in allen Bundesländern bei der Frequenznutzung im Bereich 800 MHz einen Versorgungsgrad von mindestens 90 % der Bevölkerung der benannten Städte und Gemeinden zu erreichen. Die Versorgung ist in Prioritätsstufen zu erreichen. In der Prioritätsstufe 1 sind in Hessen unversorgte Gemeinden und Ortsteile mit einer Einwohnerzahl bis zu 5.000 benannt. Stufe 2 umfasst Städte und Gemeinden mit mehr als 5.000 bis zu 20.000 Einwohnern. Stufe 3 umfasst Städte und Gemeinden mit mehr als 20.000 bis zu 50.000 Einwohnern. Stufe 4 umfasst Städte und Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern. Der Ausbau der Stufe 2 darf erst erfolgen, wenn 90 % der Bevölkerung in den benannten Städten und Gemeinden der Stufe 1 versorgt sind; dies gilt entsprechend für den weiteren stufenweisen Aufbau.

Zuteilungsinhaber können Kooperationen eingehen. Sollten während des Zeitraums bis zum 1. Januar 2016 Städte und Gemeinden durch andere Anbieter/ Technologien mit gleichwertigen bzw. höherwertigen Breitbandlösungen versorgt werden, ist diese Versorgung auf die Ausbauverpflichtung anzurechnen. Ein Zuteilungsinhaber ist aber unbeschadet der o.g. Versorgungspflicht verpflichtet, einen Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 50 % zu erreichen.

Für die Frequenznutzung in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz ist ein Versorgungsgrad der Bevölkerung von mindestens 25 % ab dem 1. Januar 2014 und mindestens 50 % ab dem 1. Januar 2016 zu erreichen.

Der Frequenzzuteilungsinhaber hat der Bundesnetzagentur ab der Zuteilung jeweils zum 31. Dezember eines Jahres über den Stand der Frequenznutzungen und des Netzaufbaus sowie des Netzausbaus zu berichten.

Mit Datum vom 21.12.2010 hat der Deutsche Städtetag in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, dem Deutschen Landkreistag sowie den drei Ersteigerern der Frequenzen im 800 MHz-Bereich (Telefonica O2, Telecom Deutschland und Vodafone) Informationen zum Aufbau des LTE-Funknetzes und seiner möglichen Auswirkungen auf Funkmikrofone veröffentlicht. Diese Informationen sollen Hinweise geben, welche Aktivitäten ggf. erforderlich sind, um Störungen an Funkmikrofonen so gering wie möglich zu halten und wie das Kompensationsverfahren geregelt ist. Damit soll ein geordneter Übergang sichergestellt werden.

2. Anwendbarkeit des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts

2.1 Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB

Nach § 29 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) gelten die § § 30 bis 37 BauGB für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben.

Eine Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinn liegt vor, wenn durch die Verwirklichung des Vorhabens die jeder Art von Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung bodenrechtliche Belange i. S. des § 1 Abs. 5 BauGB neu berührt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1988, BRS 48 Nr. 58; OVG NW, Beschl. v. 13.11.1995, BauR 1996, 375 = BRS 57 Nr. 184).

2.1.1 Feststellung der planungsrechtlichen Relevanz

Das Bauplanungsrecht dient der Ordnung der städtebaulichen Entwicklung. Es bestimmt, in welcher Weise ein Grundstück genutzt wird, insbesondere ob und in welcher Weise es bebaut werden darf. Es zielt daher auf solche Vorhaben, die eine bodenrechtliche Relevanz haben und ein Bedürfnis nach Planung hervorrufen. Dass damit auch kleinere und unbedeutende Vorhaben dem Planungsrecht unterliegen, ist dem Bundesgesetzgeber bewusst.

Die landesrechtlich geregelte Genehmigungspflicht für bauliche Anlagen ist kein Indiz für deren planungsrechtliche (städtebauliche) Relevanz und damit für die Annahme eines Vorhabens i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB. § 29 Abs. 1 BauGB knüpft nicht (mehr) an das bauordnungsrechtliche oder sonstige Verfahrensrecht der Länder an. Damit gilt das materielle Bauplanungsrecht unabhängig davon, ob die Anlage nach Bauordnungsrecht einer Baugenehmigungspflicht unterliegt, nach § 55 i.V.m. Anlage 2 oder nach § 56 der Hessischen Bauordnung (HBO) baugenehmigungsfrei ist.

Die planungsrechtliche Relevanz einer baulichen Anlage ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) gegeben, wenn die Anlage geeignet ist, ein Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen. Hierfür ist nicht allein das einzelne Objekt zu betrachten, vielmehr ist die Frage auf der Grundlage einer das einzelne Objekt verallgemeinernden Betrachtungsweise zu beantworten. Bodenrechtliche Relevanz besteht dann, wenn die Anlage auch und gerade in ihrer unterstellten Häufung Belange erfasst oder berührt, welche im Hinblick auf § 1 Abs. 3 und 5 BauGB städtebauliche Betrachtung und Ordnung erfordern (vgl. BVerwG, Urt. vom 07.05.2001, BVerwGE 114, 206, HessVGH, Urt. vom 06.12.2004, BauR 2005, 983 = BRS 67 Nr. 65). Für Mobilfunkanlagen sind insbesondere bedeutsam ihre Auswirkungen auf die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB), die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB), die Belange des Umweltschutzes einschließlich der umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) sowie die Belange des Post- und Telekommunikationswesens (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 d) BauGB).

Durch die Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde (s. Nr. 10.2) wird bestätigt, dass keine Auswirkungen auf die in § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB genannten gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse vorliegen. Ein die städtebauliche Relevanz begründendes Bedürfnis nach Planung lässt sich daraus nicht ableiten.

Da die Erscheinungsformen der Sendeanlagen des Mobilfunks nach Größe und konkreter Ausgestaltung vielfältig sind, der jeweilige Standort in die Beurteilung einzubeziehen ist und die konkrete städtebauliche Situation maßgeblich ist, muss die Frage der planungsrechtlichen Relevanz grundsätzlich in jedem Einzelfall gesondert beurteilt werden. So ist zu berücksichtigen, ob der Standort exponiert oder weniger exponiert ist (BayVGH, Beschl. v. 21.06.1999 - 20 CE 98.3374) oder ob die Anlage die städtebauliche Ordnung durch Störung des Ortsbildes beeinträchtigt (BVerwG, Urt. v. 3.12.1992, NVwZ 1993, 983 = BauR 1993, 315, und Urt. v. 11.05.2000, BauR 2000, 1848). Für die Einzelfallprüfung maßgebliche Kriterien sind insbesondere

Die Sendeantenne bei einer Mobilfunkbasisstation ist regelmäßig von geringer Größe und wird folglich optisch kaum wahrgenommen, so dass sie - isoliert betrachtet - regelmäßig keine planungsrechtliche Relevanz begründet. Diese kann sich jedoch aus der gesamten Antennenanlage einschließlich des erforderlichen Unterbaus (z.B. Masten) und der dazugehörigen Versorgungseinheit (Stromversorgungs- und Steuerungsteil) ergeben.

Von außen nicht sichtbaren Mobilfunkanlagen, insbesondere Funkcontainern, Versorgungseinheiten und Antennen innerhalb von baulichen Anlagen, kommt mangels Präsenz im äußeren Erscheinungsbild regelmäßig keine planungsrechtliche Relevanz zu, es sei denn, dass das vorhandene Nutzungsgefüge durch die gewerbliche Nutzung in planungsrechtlich erheblicher Weise verändert wird.

Ebenso fehlt Antennen, die insbesondere im innerstädtischen Bereich unter Verzicht auf hohe oder sonst aufwändige Unterbauten beispielsweise auf höher gelegenen Dächern angebracht werden, i.d.R. die städtebauliche Relevanz, so dass sie nicht als Vorhaben i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB anzusehen sind. Dasselbe gilt auch für die jeweils dazugehörige Versorgungseinheit, wenn sie klein dimensioniert ist.

2.1.2 Schwelle der planungsrechtlichen Relevanz

Ein unterer Schwellenwert, ab dem Mobilfunkanlagen eine städtebauliche Relevanz zukommt, ist von der Rechtsprechung bislang noch nicht entwickelt worden. Das BVerwG hat jedoch in Bezug auf Werbeanlagen vorausgesetzt, dass eine untere Grenze der Erheblichkeit besteht (Urt. v. 03.12.1992, NVwZ 1993, 985). Kleinformatigen, unauffälligen Mobilfunkanlagen kommt daher keine planungsrechtliche Relevanz i.S. des § 29 Abs. 1 BauGB zu, so dass die materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bauplanungsrechts auf sie keine Anwendung finden.

Für Antennenanlagen hat das BVerwG bei einer drehbaren Amateurfunkantenne in einer Höhe von 5,5 m mit einem Drehradius von 5,2 m das Vorliegen einer baulichen Anlage ohne nähere Erörterung vorausgesetzt (Beschl. vom 23.06.1993, Buchholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 8).

Der HessVGH hat eine 7,60 m hohe Sendefunkanlage auf dem Flachdach eines ca. 11 m hohen Gebäudes als städtebaulich relevant angesehen (Beschl. vom 29.07.1999, NVwZ 2000, 694 = BRS 62 Nr. 83), ebenso eine 8 m hohe Antenne auf dem Dach eines neungeschossigen Wohnhauses (Urt. v. 6.12.2004, BauR 2005, 983 = BRS 67 Nr. 65, Urt. vom 28.09.2006, BauR 2007, 1006 = BRS 70 Nr. 79).

Unausgesprochen ist auch der VGH BW von der bauplanungsrechtlichen Relevanz dreier zwischen 4,24 m und 4,89 m hohen Antennenträgern auf einem dreigeschossigen Wohnhaus mit Flachdach ausgegangen, da er diese nicht als Nebenanlage i.S. des § 14 BauNVO anerkannt hat (Urt. v. 26.10.1998, BauR 2000, 712, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 01.11.1999, BauR 2000, 703).

Der BayVGH hat eine bauplanungsrechtliche Relevanz wegen der "massiven Wirkung" der Anlage schon bei einer Höhe von 2,5 m in Betracht gezogen und wegen der Möglichkeit des Hinzukommens vergleichbarer Anlagen bejaht (Urt. vom 09.09.2009, NVwZ-RR 2010, 11).

In der Literatur wird eine untere Schwelle der städtebaulichen Erheblichkeit von 2 bis 3 Metern genannt (vgl. Jung, ZfBR 2001, S. 25; Gassner, NVwZ 1993, S. 1045). Anlagen in dieser Größenordnung sind zwischen den allerorts üblichen Rundfunk- und Fernsehantennen sowie Satellitenschüsseln, denen allgemein eine städtebauliche (bodenrechtliche) Relevanz nicht zuerkannt wird, praktisch unauffällig. Allerdings ist bei der Einzelfallprüfung zu beachten, in welchem Größenverhältnis die Mobilfunkanlagen zu den Gebäuden oder anderen baulichen Anlagen stehen, an oder auf denen sie aufgebracht werden sollen. So können Anlagen mit einer geringeren Höhe als 5 m im Einzelfall bei niedrigen (etwa ein- bis zweigeschossigen) Gebäuden planungsrechtlich relevant sein.

Im Ergebnis wird den Gemeinden und Bauaufsichtsbehörden in Hessen empfohlen, bei einer Anlagenhöhe von mehr als 10 m in der Regel von einer planungsrechtlichen Relevanz auszugehen. Bei Antennenträgern mit einer geringeren Höhe als 5 m wird die planungsrechtliche Relevanz in aller Regel fehlen, bei einer Anlagenhöhe bis zu 2,50 m kann allgemein nicht von planungsrechtlicher Relevanz ausgegangen werden.

Da es für die Frage der planungsrechtlichen Relevanz maßgeblich darauf ankommt, ob eine Antennenanlage den Belang der Gestaltung des Orts- oder Landschaftsbildes oder die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze berührt, ist hinsichtlich der genannten Höhenbegrenzungen bei Anbringung von Antennenmasten auf baulichen Anlagen insoweit auf deren (sichtbare) Höhen über der Dachhaut abzustellen. Dies gilt nicht für die Höhenbegrenzungen, die für die Baugenehmigungsfreiheit maßgeblich sind (vgl. Nr. 5.2).

2.1.3 Auswirkungen auf das Ortsbild

Die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes ist ein traditioneller städtebaulicher Belang (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB sowie § 34 Abs. 1 und § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Nicht jede gestalterische Auffälligkeit oder - auch nachteilige - Präsenz einer Anlage im äußeren Erscheinungsbild ist jedoch städtebaulich relevant. Planungsrechtliche Relevanz besteht dann, wenn durch die bauliche Anlage das Ortsbild so erfasst oder berührt wird, dass dies nach städtebaulicher Betrachtung oder Ordnung verlangt, und wenn die Anlage auch tatsächlich Gegenstand bauleitplanerischer Festsetzungen sein kann.

Die planungsrechtliche Relevanz einer Anlage ist auch unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, ob sie "in ihrer gedachten Häufung" das Bedürfnis nach einer verbindlichen Planung hervorruft (BVerwG, Urt. v. 3.12.1992, BVerwGE 91, 234 = BauR 1993, 315 für Werbeanlagen; ebenso BVerwG, Urt. v. 7.05.2001, BVerwGE 114, 206 = BRS 64 Nr. 69 für eine Gerätehütte; OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2009, BauR 2010, 210 für eine Mobilfunkanlage). Erforderlich ist eine hypothetische Betrachtung, ob die zu beurteilende Anlage eine städtebaulich relevante Entwicklung einleiten kann, bei der nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung auch andere Anlagen zugelassen werden müssten und dann das Ortsbild in einer Weise berührt wäre, die eine Bauleitplanung rechtfertigt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 9.09.2009, NVwZ-RR 2010,11 mit dem Hinweis, es gebe eine Alltagserfahrung, dass auf Gebäuden, deren Eigentümer sich mit der Errichtung einer Mobilfunkanlage einverstanden erklärt haben, vielfach noch weitere Anlagen der anderen Anbieter errichtet würden).

Darüber hinaus gehört die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zum Regelungsgegenstand des Bauordnungsrechts, auch wenn dies in einer Satzung geregelt (§ 81 Abs. 1 HBO) und als Festsetzung in einen Bebauungsplan aufgenommen worden ist (§ 9 Abs. 4 BauGB, § 81 Abs. 4 HBO).

2.2 Bauliche Anlage im Sinne des § 2 Abs. 1 HBO

Mobilfunkanlagen sind bauliche Anlagen oder Teile baulicher Anlagen i.S. des § 2 Abs. 1 HBO und unterliegen als solche den bauordnungsrechtlichen Vorschriften.

Mobilfunkanlagen, die nicht höher als 30 m und keine Fliegenden Bauten sind, sind allgemein keine Sonderbauten i.S. des § 2 Abs. 8 HBO, an die wegen ihrer besonderen Art oder Nutzung nach § 45 HBO besondere Anforderungen gestellt werden können. Insbesondere kann bei Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) vom 20. August 2002 (BGBl. I S. 3366, geändert durch Verordnung vom 7. Juli 2005, BGBl. I S. 1970), die die Grenzwerte der Verordnung über elektromagnetische Felder (vom 16. Dezember 1996, BGBl. I S. 1966, 26. BImSchV) übernimmt, nicht von einer Gesundheitsgefährdung i.S. von § 3 Abs. 1 HBO ausgegangen werden, da diese gerade sicherstellen, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht zu befürchten ist (s. Nr. 10.2).

Mobilfunkanlagen können als Fliegende Bauten i.S. von § 68 Abs. 1 Satz 1 HBO Sonderbauten sein (§ 2 Abs. 8 Nr. 13 HBO). Der Begriff des Fliegenden Baus wird durch zwei Komponenten geprägt: einmal dadurch, dass er tatsächlich (objektiv) geeignet ist, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wiederholt an wechselnden Orten aufgestellt zu werden; zum anderen dadurch, dass er für diese Nutzung auch subjektiv - durch die Bauherrschaft - bestimmt ist. Dies gilt auch für temporäre Anlagen für Mobilfunk. Wird das Provisorium wiederholt aufgestellt und zerlegt, handelt es sich um einen Fliegenden Bau, auch wenn es auf eine unbestimmte Zeit - i.d.R. die Zeit eines Baugenehmigungsverfahrens - bereits die Funktion der sich im Genehmigungsverfahren befindlichen Anlage übernehmen soll.

3. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB)

Die Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen stellt sich nur für Anlagen, die planungsrechtlich relevant und damit Vorhaben i.S. des § 29 BauGB sind. Ist diese Voraussetzung erfüllt, sind die bauplanungsrechtlichen Anforderungen einzuhalten; das gilt unabhängig davon, ob die Anlage baugenehmigungspflichtig oder baugenehmigungsfrei ist (s. Nr. 2.1.1 bis Nr. 2.1.3).

3.1 Zulässigkeit im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB)

Liegt ein Bebauungsplan vor, ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB). Welche Art der baulichen Nutzung zulässig ist, richtet sich nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO), die nach ihrem § 1 Abs. 3 Bestandteil des Bebauungsplans ist. In den § § 2 ff. BauNVO sind die in einem Baugebiet generell zulässigen Vorhaben jeweils in Abs. 2 aufgeführt ("Regelbestimmung"), die ausnahmsweise zulässigen Nutzungen ("Ausnahmebestimmung") jeweils in Abs. 3.

Da die Gemeindevertretung nur die jeweils geltende Fassung der BauNVO in ihre Planungsentscheidung einbeziehen kann, gilt die BauNVO in der Fassung, die bei Aufstellung des Bebauungsplans in Kraft ist. Bei älteren Bebauungsplänen sind also die BauNVO 1962, 1968, 1977, und 1987 heranzuziehen (§§ 25 a-c BauNVO). Die für Mobilfunkanlagen relevanten Änderungen der §§ 2-10 BauNVO durch die Novellen 1968, 1977, 1986 und 1990 sind allerdings nicht sehr weitgehend.

3.1.1 Nutzungsart i.S. der BauNVO

Welcher Art der baulichen Nutzung i.S. der BauNVO Mobilfunkanlagen zuzuordnen sind, ist in der Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärt. Es wird empfohlen, in Übereinstimmung mit der Auffassung der "Fachkommission Städtebau" der Bauministerkonferenz und des HessVGH davon auszugehen, dass es sich beim Betrieb eines Mobilfunknetzes um eine "nicht störende gewerbliche Nutzung" handelt. Telekommunikationsdienste sind seit der Privatisierung der Post dem gewerblichen Tätigkeitsbereich zuzuordnen (Art. 87 f Abs. 2 GG). Die für den Betrieb eines Mobilfunkunternehmens erforderlichen zentralen Vermittlungsstellen, Basisstationen sowie ggf. Richtfunkantennen (s. Nr. 1.3) sind Bestandteile eines gewerblich betriebenen Mobilfunknetzes und bauplanungsrechtlich als gewerbliche Nutzung zu beurteilen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694 = BRS 62 Nr. 83; HessVGH, Beschl. v. 02.04.2002, NVwZ-RR 2002, 823, = BRS 65 Nr. 201; HessVGH, Urt. vom 06.12.2004, a.a.O; BayVGH, Urt. vom 01.07.2005, BauR 2005, 1518). Damit stellen Mobilfunkanlagen in der Systematik der BauNVO nicht störende Gewerbebetriebe dar.

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Anlage selbst kein Gewerbebetrieb im herkömmlichen Begriffsverständnis ist. Denn mit dem Begriff des Betriebs umschreibt die BauNVO nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen, um diese Nutzung von anderen Nutzungsarten sinnvoll abgrenzen zu können (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1992, NVwZ 1993, 983 = BRS 54 Nr. 126).

Für die Einordnung als gewerbliche Nutzung ist auch unbeachtlich, ob eine Mobilfunkanlage mit einer anderen baulichen Anlage verbunden wird. Die bautechnische Verbindung ändert den Charakter der gewerblichen Nutzung der Mobilfunkanlage nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.12.1992, NVwZ 1993, 983 = BRS 54 Nr. 126).

Das Tatbestandsmerkmal "nicht störend" setzt u. a. voraus, dass die Anlage den Bestimmungen der 26. BImSchV und der BEMFV entspricht. Diese Anforderung ist erfüllt, wenn eine Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Post und Eisenbahnen (BNetzA) vorliegt und die darin bestimmten Schutzabstände eingehalten werden. Zugleich wird damit in Bezug auf gesundheitliche Aspekte auch das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, das grundsätzlich in allen Baugebieten zu beachten ist, erfüllt (s. Nr. 10.2).

3.1.2 Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen als Hauptanlagen im Sinne der BauNVO

Soweit es sich bei einer Mobilfunkanlage um eine Hauptanlage handelt, richtet sich ihre bauplanungsrechtliche Rechtmäßigkeit im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, die Baugebietsfestsetzungen nach § 1 Abs. 2 BauNVO enthalten, danach, ob sie im jeweiligen Gebietstypus allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind.

Baugebiete nach § § 4a - 9 BauNVO

Als nicht störende gewerbliche Vorhaben sind Mobilfunkanlagen allgemein zulässig im

Die Zulässigkeit ergibt sich unmittelbar aus § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. den jeweiligen Baugebietsvorschriften der BauNVO1 Abs. 3 BauNVO), soweit Mobilfunkanlagen nicht für das jeweilige Gebiet nach § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO durch den Bebauungsplan ausgeschlossen sind (vgl. Nr. 9.4.2).

Zulässigkeit in Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 BauNVO) und allgemeinen Wohngebieten (§ 4 BauNVO)

In Gebieten, für die im Bebauungsplan ein allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) oder ein Kleinsiedlungsgebiet (§ 2 BauNVO) festgesetzt ist, sind Mobilfunkanlagen ausnahmsweise als nicht störende gewerbliche Anlagen zulässig (§ 4 Abs. 3 Nr. 2, § 2 Abs. 3 Nr. 4 BauNVO).

Aus § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 ergibt sich nichts anderes. Denn diese Vorschrift soll die Zulässigkeit fernmeldetechnischer Anlagen nicht einschränken (vgl. Nr. 3.1.3).

Zulässigkeit in reinen Wohngebieten (§ 3 BauNVO)

In Gebieten, für die ein Bebauungsplan ein reines Wohngebiet (§ 3 BauNVO) festsetzt, sind nicht störende Gewerbebetriebe weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, so dass Hauptanlagen des Mobilfunks allenfalls im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zugelassen werden können.

Es ist bei der Entscheidung über eine Befreiung die konkrete Planungssituation zu erfassen und insbesondere zu prüfen, ob das reine Wohngebiet wegen des Vorhandenseins weiterer Mobilfunkanlagen an dem vorgesehenen Standort oder in der Umgebung gewerblich überformt wird (OVG NW, Urt. v. 17.12.2008, BauR 2009, 1409 = BRS 73 Nr. 67).

3.1.3 Mobilfunkanlage als Nebenanlage im Sinne der BauNVO

Nebenanlagen gelten im Bebauungsplan nach Maßgabe des § 14 BauNVO als mit festgesetzt, wenn die Gemeinde ein Baugebiet i.S. des § 1 Abs. 2 BauNVO festgesetzt hat, es sei denn, es ist ausdrücklich etwas anderes bestimmt (§ 1 Abs. 3 BauNVO). Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden (§ 14 Abs. 1 Satz 3 BauNVO). Für den Ausschluss oder die Einschränkung sind städtebauliche Gründe notwendig (vgl. Nr. 9.4.2).

Abgrenzung zur Hauptanlage

Die Abgrenzung von Haupt- und Nebenanlage hat nach dem allgemeinen Kriterium für Nebenanlagen, der räumlichgegenständlichen Unterordnung und damit auch der Größe der Anlage zu erfolgen. Was dies im Einzelnen bedeutet, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. die Übersichten bei Tysper, BauR 2008, 614, und OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2009, BauR 2010, 210). Der HessVGH stellt darauf ab, dass das Vorhaben nach seinen Abmessungen den Hauptanlagen im Gebiet nicht gleichwertig erscheinen oder diese gar optisch verdrängen darf (Urt. v. 6.12.2004, BauR 2005, 983 = BRS 67 Nr. 65). Danach sind für die Abgrenzung keine allgemeingültigen Größenangaben möglich, maßgeblich sind vielmehr die konkreten örtlichen Gegebenheiten.

Es kommt außerdem darauf an, ob die in Rede stehende Anlage, bezogen auf das gesamte infrastrukturelle Versorgungsnetz, eine untergeordnete Funktion hat oder von ihrer Funktion und Bedeutung her so gewichtig ist, dass sie als eigenständig und damit Hauptnutzung anzusehen ist (HessVGH, Urt. v. 6.12.2004, BauR 2005, 983 = BRS 67 Nr. 65). Es darf sich insbesondere nicht um die Hauptsendeanlage handeln (OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2009, BauR 2010, 210).

In den Baugebieten, in denen eine Mobilfunkanlage bereits als Hauptanlage allgemein zulässig ist, ist sie als Nebenanlage des Mobilfunks erst recht zulässig. Die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenanlagen ist in diesen Gebieten letztlich bauplanungsrechtlich ohne Bedeutung.

Dies gilt auch für Mobilfunkanlagen mit einem baugebietsübergreifenden Sendebereich, deren Beurteilung sich nach der Fassung der BauNVO 1990 richtet. Eine Auslegung, dass solche Anlagen stets als fernmeldetechnische Nebenanlagen i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO 1990 zu werten sind und demnach nur ausnahmsweise zugelassen werden können, ist nicht statthaft.

§ 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO stellt lediglich einen zusätzlichen Zulässigkeitstatbestand für Anlagen dar, die nicht bereits auf Grund sonstiger Festsetzungen eines Bebauungsplans zulässig sind. § 14 Abs. 2 Satz 2, zweiter Satzteil BauNVO 1990 bestimmt dies ausdrücklich. Mit § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO sollte die Zulassung auch solcher fernmeldetechnischer Nebenanlagen ermöglicht werden, deren Standort im Bebauungsplanverfahren noch nicht bekannt war und die folglich im Bebauungsplan auch noch nicht berücksichtigt werden konnten, die aber gleichwohl zur Versorgung der Baugebiete erforderlich sind. Mit der Vorschrift sollte den praktischen Bedürfnissen u. a. der Telekommunikationswirtschaft Rechnung getragen werden. Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses von § 14 Abs. 2 BauNVO 1990 ergibt sich, dass Mobilfunkanlagen, die als Nebenanlagen anzusehen sind, von der allgemeinen Zulässigkeit nicht störender gewerblicher Anlagen gleichsam mitgezogen werden.

Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO

Nach dem (in allen Fassungen der Baunutzungsverordnung gleichlautenden) Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind nur solche untergeordneten Nebenanlagen allgemein zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen (BVerwG, Urt. v. 1.11.1999, NVwZ 2000, 680 = BauR 2000, 703 = BRS 62 Nr. 82). Das bedeutet, dass - im Unterschied zu § 14 Abs. 2 BauNVO - nur solche Nebenanlagen gemeint sind, deren Hilfsfunktion sich auf einzelne Baugrundstücke oder auf das konkrete Baugebiet beschränkt. Ein solcher Funktionszusammenhang mit dem betreffenden Baugebiet besteht jedoch nicht, wenn die Anlage Teil eines Gesamtsystems ist, das den Zweck hat, das gesamte Gemeindegebiet mit Mobilfunkleistungen zu versorgen (HessVGH, Urt. vom 06.12.2004, BauR 2005, 983 = BRS 67 Nr. 65).

Anwendbarkeit von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO

Nach neuerer Rechtsprechung ist eine Mobilfunkstation zumeist als fernmeldetechnische Nebenanlage gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO anzusehen (OVG NW, Beschl. v. 6.5.2005, NVwZ-RR 2005, 608 = BauR 2005, 1284 = BRS 69 Nr. 83; HessVGH, Urt. v. 28.9.2006, BauR 2007, 1006 = BRS 70 Nr. 79 m.w.N.).

Eines Funktionszusammenhanges zwischen der Mobilfunkanlage und dem Nutzungszweck der (baulichen) Hauptanlage bedarf es nicht. Anders als bei einer Nebenanlage im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, die funktionell und räumlichgegenständlich einer Hauptanlage untergeordnet sein muss, wird bei den nach § 14 Abs. 2 Satz 2 zu bewertenden Anlagen verlangt, dass sie der Versorgung "der Baugebiete" dienen. § 14 Abs. 2 BauNVO betrifft Infrastruktursysteme, die eine raumübergreifende Versorgungsfunktion erfüllen. Eine Zu- oder Unterordnung zu einzelnen auf Baugrundstücken befindlichen Hauptanlagen ist bei ihnen aus der Natur der Sache weder möglich noch erforderlich. Die funktionale Unterordnung unter das von einem Baugebiet unabhängige fernmeldetechnische Versorgungs- und Infrastruktursystem genügt, um eine Mobilfunkbasisstation als Nebenanlage zu qualifizieren (HessVGH, Urt. vom 06.12.2004, BauR 2005, 983 = BRS 67 Nr. 65).

Mobilfunkanlagen als Nebenanlagen i.S. des § 14 BauNVO können - vorbehaltlich bauordnungsrechtlicher Vorschriften - auch außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche errichtet werden, sofern der Bebauungsplan keine abweichenden Festsetzungen enthält (§ 23 Abs. 5 BauNVO).

BauNVO in den Fassungen von 1962, 1968 und 1977

Mobilfunkanlagen können nur dann nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO zugelassen werden, wenn sich ihre Beurteilung nach der Fassung der BauNVO 1990 richtet, da in den Fassungen von 1962, 1968 und 1977 der betreffende Satz 2 noch nicht enthalten war. Eine ergänzende Auslegung der Regelung über Anlagen zur Versorgung mit Elektrizität kommt nicht in Betracht, da die Ergänzung der Fassung 1990 um fernmeldetechnische Nebenanlagen in Satz 2 zeigt, dass diese vorher vom Anwendungsbereich nicht erfasst waren.

Bei Mobilfunkanlagen mit einem über das jeweilige Baugebiet hinausgehenden Sendebereich, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen, der unter Geltung der BauNVO 1962/1968/1977 in Kraft getreten sind, kommt daher gemäß § 31 Abs. 2 BauGB allenfalls eine Befreiung im Einzelfall in Betracht.

Außerdem können auch Nebenanlagen, für die die Voraussetzungen des § 14 BauNVO nicht vorliegen, nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 2 ff. BauNVO zulässig sein (vgl. BVerwG, Urt. vom 03.12.1992, BVerwGE 91, 234 = BauR 1993, 315 = BRS 54 Nr. 126). Da Mobilfunkanlagen in Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 BauNVO allgemein zulässig sind, kommt es dort nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 14 BauNVO vorliegen.

3.2 Zulässigkeit von Mobilfunkanlagen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB)

Existiert kein Bebauungsplan, befindet sich ein Vorhaben aber innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, richtet sich seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 BauGB. Hier muss sich die Mobilfunkanlage insbesondere nach der Art der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Dabei ist zu unterscheiden:

Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) und das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme sind zu beachten. Insoweit müssen die Vorgaben der 26. BImSchV i.V.m. der BEMFV eingehalten werden, was durch Vorlage der Standortbescheinigung der BNetzA bei Einhaltung der darin festgelegten Schutzabstände gewährleistet wird (vgl. Nr. 10.2).

3.3 Zulässigkeit im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB)

Die Errichtung von Mobilfunkanlagen im Außenbereich ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB bauplanungsrechtlich privilegiert. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob die Anlage als Vorhaben der Telekommunikation (1. Alternative; so BayVGH, Beschl. v. 31.01.2001, BauR 2002, 439 = BRS 64 Nr. 95) oder aber als Bestandteil eines ortsgebundenen gewerblichen Betriebes (2. Alternative) beurteilt wird. Die planungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen bei beiden Alternativen sind identisch; insbesondere muss für beide Arten von Anlagen "Ortsgebundenheit" vorliegen.

Die Privilegierung gilt somit nur dann, wenn die Mobilfunkanlage einen spezifischen Standortbezug aufweist (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, BVerwGE 96,95 = BauR 1994, 730 = BRS 56 Nr. 72). Danach muss der Standort der jeweiligen Anlage für Aufbau und Betrieb des Netzes und damit zur Sicherstellung des Versorgungsauftrags erforderlich (i.S. von "vernünftigerweise geboten") sein. Der erforderliche Standortbezug liegt nicht vor, wenn der Standort im Vergleich mit anderen Standorten zwar Lagevorteile bietet, das Vorhaben aber nicht damit steht oder fällt, ob es hier und so und nirgendwo anders ausgeführt werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, a.a.O.). Kann durch den gewählten Standort eine vollständige Abdeckung des betroffenen Gebiets (Sicherstellung des Versorgungsauftrags) erreicht werden, ist der gewählte Standort i.d.R. zu bejahen. Alternativstandorte sind bei der Prüfung des Standortbezuges nur dann in die Betrachtung einzubeziehen, wenn diese rechtlich und tatsächlich für die Bauherrschaft erreichbar sind. Im Hinblick auf die sich aus dem öffentlichen Versorgungsauftrag der Mobilfunknetzbetreiber einerseits sowie aus den jeweiligen Netzkonzeptionen andererseits ergebenden Standortbedürfnisse kann der Nachweis einer "quadratmetergenauen" Standortbindung nicht verlangt werden. Eine kleinliche Prüfung ist in diesem Zusammenhang nicht angezeigt (BVerwG, Urt. v. 16.06.1994, a.a.O.). Dies darf aber nicht dazu führen, dass bei Mobilfunkanlagen, die ihre Funktion auch (oder sogar wirkungsvoller) an einem Standort im Innenbereich erfüllen könnten, vorschnell das Angewiesensein auf einen Standort im Außenbereich bejaht wird; das Mobilfunkunternehmen muss die Vergeblichkeit seiner Bemühungen im Innenbereich nachvollziehbar belegen (BayVGH, Urt. v. 13.10.2009, Az. 1 B 08.2884, juris).

Als privilegierte Vorhaben sind Mobilfunkanlagen im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die Erschließung gesichert ist. Zu § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vgl. Nr. 9.3.

3.4 Gemeindliches Einvernehmen (§ 36 BauGB)

Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen (als bauaufsichtlichen) Verfahren über diese Zulässigkeit entschieden wird (§ 36 Abs. 1 Satz 2, erster Teilsatz BauGB). Letzteres kommt insbesondere in Betracht für baugenehmigungsfreie Vorhaben, die einer naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung nach § 6 des Hessischen Naturschutzgesetzes (HENatG) bedürfen (vgl. Nr. 5.2.1.1).

Das gemeindliche Einvernehmen ist somit für Mobilfunkanlagen unter folgenden Voraussetzungen erforderlich

Das Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens besteht nicht bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde (BVerwG, Urt. v. 19.8.2004, BVerwGE 121, 339 = BauR 2005, 361 = BRS 67 Nr. 177).

3.4.1 Bauaufsichtliches Verfahren

Ein bauaufsichtliches Verfahren i.S. von § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist

3.4.2 Entscheidungsspielraum der Gemeinde

Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB darf das Einvernehmen nur dann rechtmäßig versagt werden, wenn das Vorhaben nach den §§ 31, 33, 34 oder 35 BauGB planungsrechtlich unzulässig ist.

Die Versagung des Einvernehmens ist insbesondere rechtswidrig, wenn:

Die Gemeinde kann keine Alternativstandorte in das Verfahren einbringen, da dem bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren die Prüfung von Standortalternativen fremd ist. Es liegt in der Entscheidung der Bauherrschaft, an welchem Standort die Anlage errichtet werden soll. Im Gegensatz zum Planfeststellungsrecht mit seiner aus dem Abwägungsgebot als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eröffneten Alternativenprüfung ist die bebauungsrechtliche Prüfung an den Bauwunsch des Bauherrn gebunden; er allein bestimmt das Vorhaben, dessen Zulässigkeit von der Behörde zu prüfen ist (BVerwG, Beschl. vom 26.06.1997, BRS 59 Nr. 176). Die Baugenehmigung kann nicht deshalb versagt werden, weil es einen besser geeigneten Alternativstandort gibt (vgl. BVerwG, Beschl. vom 13.10.1998, NVwZ 1999, 298)

Der Gemeinde obliegen bei der Verweigerung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB keine den Bauwilligen schützenden Amtspflichten, da die Baugenehmigungsbehörde nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. § 22 Abs. 3 Hessische Verordnung zur Durchführung des BauGB (DVO-BauGB) das Einvernehmen ersetzen kann (BGH, Urt. v. 16.09.2010 - III ZR 29/10; BGHZ 187, 51 = NVwZ 2011, 249). Eine Amtspflicht der Gemeinde besteht nur in den Fällen, in denen sie die Funktion einer Unteren Bauaufsichtsbehörde handelt.

3.4.3 Ersetzung des Einvernehmens der Gemeinde

Das von der Gemeinde erteilte Einvernehmen hat keine positive Bindungswirkung; die Bauaufsichtsbehörde ist dadurch nicht verpflichtet, das Vorhaben zu genehmigen (BVerwG, Beschl. v. 16.12.1969, Buchholz 406.11 § 2 BBauG Nr. 4; HessVGH, Urt. v. 09.12.1966, ESVGH 17, 202 - 208). Die Bauaufsichtsbehörde bedarf des Einvernehmens der Gemeinde daher nur für die Genehmigung (Zulassung), nicht dagegen für die Ablehnung eines Antrags.

Die Genehmigung (Zulassung) ist zwingend zu versagen, wenn das gemeindliche Einvernehmen nicht hergestellt ist. Dies gilt aber nur, wenn und solange das Einvernehmen nicht ersetzt wird. Nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann die nach Landesrecht zuständige Behörde ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass die Gemeinde ihr Einvernehmensrecht durch die schlichte Verweigerung dazu nutzt, langfristige Bau- und Investitionshindernisse zu bewirken (vgl. BT-Drucks. 13/6392, 60).

Zuständig für die Ersetzung des Einvernehmens ist die untere Bauaufsichtsbehörde (§ 22 Abs. 3 Hessische Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches - DVOBauGB), auch im Widerspruchsverfahren (§ 22 Abs. 3 DVO-BauGB i.V.m. § 16a Abs. 4 Hessisches Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - HessAGVwGO). Voraussetzung für die Ersetzung ist nicht, dass die Versagung des Einvernehmens zuvor beanstandet worden ist. Nach § 28 HVwVfG ist aber der Gemeinde vor der Entscheidung über die Ersetzung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Darüber hinaus muss ihr ausreichende Zeit bleiben, um ggf. plansichernde Maßnahmen ergreifen zu können.

Voraussetzung für die wirksame Ersetzung ist auch, dass die Gemeinde ein erforderliches Einvernehmen tatsächlich verweigert hat. Die Zwei-Monats-Frist nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ist nicht verlängerbar (BVerwG, Urt. v. 12.12.1996, BRS 58 Nr. 142 = BauR 1997, 444 = NVwZ 1997, 900). Ein danach als erteilt geltendes Einvernehmen kann nicht nachträglich "widerrufen" oder "zurückgenommen" werden (BVerwG, Urt. v. 12.12.1996, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 26.03.1999, BauR 1999, 1015 = NVwZ-RR 2000, 84 = BRS 62 Nr. 119; BayVGH, Beschl. v. 27.10.2000, NVwZ-RR 2001, 364 = BauR 2001, 926 = BRS 63 Nr. 119). Die Ersetzung eines Einvernehmens, das erst nach Ablauf der Erklärungsfrist verweigert wurde, kommt daher nicht in Betracht. Die Einvernehmensfrist beginnt erst dann, wenn der Gemeinde planungsrechtlich vollständige Unterlagen vorliegen (BVerwG, Urt. v. 16.9.2004, BauR 2005, 509 = BRS 67 Nr. 113).

Die Ersetzung des Einvernehmens setzt eine eigene fachliche Prüfung durch die Ersetzungsbehörde voraus. Stellt sie danach fest, dass die auch nach Anhörung der Gemeinde aufrecht erhaltene Versagung des Einvernehmens rechtswidrig ist, darf sie das Einvernehmen der Gemeinde ersetzen. Zwar handelt es sich bei § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB um eine "Kann-Vorschrift"; dennoch hat der Bauwillige, dessen Vorhaben mit den materiellrechtlichen Vorschriften im Einklang steht, einen durch Art. 14 GG geschützten Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. Das Ermessen der Ersetzungsbehörde reduziert sich daher auf Null, wenn das geplante Vorhaben materiell zulässig ist. Dies gilt insbesondere auch in den in Nr. 3.4.2 zweiter Absatz unter Punkt zwei bis vier genannten Fällen.

Gegen die Ersetzungsentscheidung ist ein Widerspruch der Gemeinde nicht möglich (§ 16a HessAGVwGO i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage). Die Klage der Gemeinde gegen die Ersetzungsentscheidung hat nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass keine sie vollziehenden Maßnahmen - dazu zählt auch die Erteilung und die Ausnutzung der Baugenehmigung - stattfinden dürfen. § 212a BauGB gilt nicht für die Ersetzung des Einvernehmens, da mit dieser Entscheidung nicht die Befugnis zum Bauen erteilt wird (Battis in: Battis/Krautzberger/ Löhr, Baugesetzbuch, 11. Autl. 2009, § 212a, Rn. 2).

Ordnet die Ersetzungsbehörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung ihrer Ersetzungsentscheidung an, kann die Baugenehmigung auch vor Entscheidung über die Klage gegen die Ersetzungsentscheidung erteilt werden. Um dies zu verhindern, kann die Gemeinde die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO beantragen. Ein Aussetzungsbeschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO bindet die Beteiligten; insbesondere darf sich die Bauaufsichtsbehörde über einen zu Gunsten eines Dritten ergangenen Beschluss nicht hinwegsetzen und erneut die sofortige Vollziehbarkeit anordnen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 18.12.1989, DVBI. 1999, 624; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.02.1994, BRS 56 Nr. 150 = NVwZ-RR 1995, 498; BGH, Urt. v. 16.11.2000, BRS 63 Nr. 182; zum Ganzen vgl. auch Kopp / Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 80 Rn. 172). Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag eines Beteiligten Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben (vgl. auch HessVGH, DVBI. 1996, 1320).

Die Möglichkeit der oberen und obersten Bauaufsichtsbehörde, nach § 53 Abs. 7 HBO das Ersetzen eines rechtswidrig versagten Einvernehmens anzuweisen, bleibt unberührt.

4. Mobilfunkanlagen in besonderen städtebaulichen Gebieten und Bereichen

Vorhaben und Rechtsvorgänge, die die Errichtung von Mobilfunkanlagen zum Gegenstand haben, bedürfen i.d.R. der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde

5. Baugenehmigungspflicht und Baugenehmigungsfreiheit

5.1 Baugenehmigungspflicht nach § 54 HBO

Nach § 54 HBO bedarf die Errichtung, Aufstellung, Anbringung und Änderung, die Nutzungsänderung, der Abbruch und die Beseitigung von baulichen Anlagen oder von Teilen baulicher Anlagen sowie von anderen Anlagen und Einrichtungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 HBO der Baugenehmigung, soweit nicht in den §§ 55, 56, 68 und 69 HBO oder auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 80 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 HBO ausdrücklich die Baugenehmigungsfreiheit bestimmt ist. Nicht nach § 55 oder auf Grund des § 80 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 HBO baugenehmigungsfreie Vorhaben in öffentlicher Trägerschaft bedürfen nach § 69 Abs. 1 Satz 2 HBO der Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde, wenn diese nicht nach § 69 Abs. 1 Satz 3 oder Satz 4 HBO entfällt. Eine rechtsbedeutsame Nutzungsänderung liegt vor, wenn sich die neue Nutzung von der bisherigen (rechtmäßigen bzw. genehmigten) Nutzung dergestalt unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderungen bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen sein kann. Es muss abstrakt die Möglichkeit bestehen, dass die Änderung der Zweckbestimmung baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften berühren kann (vgl. HessVGH, Beschl. v. 19.12.2000, ESVGH 51, 124 = ZfBR 2001, 414 = BRS 63 Nr. 174).

Bauplanungsrechtlich führen Mobilfunkanlagen, die nachträglich auf, an oder in bestehenden baulichen Anlagen errichtet, an- oder eingebracht werden und die kein Vorhaben nach § 29 Abs. 1 BauGB (s. Nr. 2.1.1 bis 2.1.3) sind, nicht zu einer Nutzungsänderung i.S. dieser Vorschrift. Ungeachtet der gewerblichen Nutzung sind Anlagen, denen selbst keine planungsrechtliche (bodenrechtliche) Relevanz zukommt, regelmäßig auch nicht geeignet, das vorhandene Nutzungsgefüge in planungsrechtlich erheblicher Weise zu verändern. Bauordnungsrechtlich können aber auch bauplanungsrechtlich nicht relevante Mobilfunkanlagen eine rechtsbedeutsame Nutzungsänderung bewirken, wenn an sie andere oder weitergehende bauordnungsrechtliche Anforderungen, z.B. durch Einrichtung eines Technikraumes in Bezug auf den Brandschutz, gestellt sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 08.02.2002 - 9 TZ 515/01).

5.2 Baugenehmigungsfreiheit nach § 55, Anlage 2 HBO

Durch § 55 i.V.m. Abschnitt I Nr. 5, Abschnitt II Nr. 5 und Abschnitt IV Nr. 1 der Anlage 2 HBO sind von der Baugenehmigungspflicht freigestellt die Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung oder Beseitigung von

Erfolgt durch die Errichtung, An- oder Einbringung von oben unter Punkt 1 und 2 genannten baugenehmigungsfreien Anlagen und Einrichtungen eine bauliche Änderung oder eine Änderung der äußeren Gestaltung von bestehenden baulichen Anlagen, ist diese nach Abschnitt II Nr. 4 der Anlage 2 ebenfalls baugenehmigungsfrei.

Die Nutzungsänderung von bestehenden baulichen Anlagen und Räumen durch die Errichtung, An- oder Einbringung von oben unter Punkt 1 und 2 aufgeführten baugenehmigungsfreien Anlagen und Einrichtungen ist nach Abschnitt III Nr. 3 der Anlage 2 baugenehmigungsfrei.

Der Abbruch oder die Beseitigung von Funkcontainern bedarf allgemein, d.h. ohne Größenbegrenzung, nach Abschnitt IV Nr. 6 der Anlage 2 keiner Baugenehmigung.

Der Begriff , Antennenanlage" umfasst außer zugehörigen Versorgungseinheiten und Funkcontainern den Antennenmast einschließlich Ausleger und Antennen. Maßgeblich für die Höhenberechnung ist bei Anbringung an oder auf baulichen Anlagen die Eigenhöhe der Antennenanlagen; sie ist ab dem Fußpunkt des Antennenmastes zu messen. Die Höhe der baulichen Anlage (z.B. Gebäude, Funkturm) bleibt unberücksichtigt (vgl. VGH BW, Urt. v. 27.06.1990, BauR 1990, 703). Bei isolierten (selbständigen) Antennenanlagen ist die Höhe von der Geländeoberfläche an zu messen; ein etwaiger Sockel ist - da der Höhenbegrenzung ausschließlich statischkonstruktive Erwägungen zugrunde liegen - nicht hinzuzurechnen.

"Bestehend" ist eine bauliche Anlage nur, wenn sie

Die maßgeblichen Grenzen der Baugenehmigungsfreiheit von 10 m3 Brutto-Rauminhalt nach Nr. 5.1.2 Buchst. a und von 50 m3 Brutto-Rauminhalt nach Nr. 5.1.2 Buchst. b des Abschnitts I der Anlage 2 zu § 55 gelten für den einzelnen Funkcontainer und die einzelne Versorgungseinheit. So ist z.B. auch die bauliche Änderung, Nutzungsänderung oder Änderung der äußeren Gestaltung bestehender baulicher Anlagen durch eine Mobilfunkanlage, die aus einer Antenne mit mehreren ("zugehörigen") Versorgungseinheiten von jeweils bis zu 10 m3 Rauminhalt besteht, baugenehmigungsfrei.

Die Zahl der Antennenanlagen, Funkcontainer und Versorgungseinheiten in, an oder auf einem Gebäude oder einer anderen baulichen Anlage ist hinsichtlich der Genehmigungsfreistellung nicht begrenzt.

5.3 Freistellungsvorbehalt

Bei Mobilfunkanlagen, deren Genehmigungsfreistellung unter Vorbehalt gestellt ist, tritt die Baugenehmigungsfreiheit nur dann ein, wenn die im jeweiligen Vorbehalt bestimmte Anforderung vor Ausführung des Vorhabens erfüllt ist. Soweit bei einem Vorhaben die Baugenehmigungsfreiheit unter mehreren Vorbehalten steht, müssen diese kumulativ erfüllt sein. Wird dies versäumt oder bewusst unterlassen, ist ein gleichwohl ausgeführtes Vorhaben wegen der dann (noch) bestehenden Baugenehmigungspflicht formell illegal.

Bei Anlagen nach Nr. 5.1.1 der Anlage 2 zu § 55 HBO ist der Beteiligungsvorbehalt der Gemeinde mit der HBO Novelle 2011 entfallen.

5.4 Beteiligung von Nachweisberechtigten

Bei Antennenanlagen zugehörigen Versorgungseinheiten und Funkcontainern mit mehr als 5 m3 bis zu 10 m3 Brutto-Rauminhalt darf das Vorhaben erst ausgeführt werden, wenn eine Nachweisberechtigte oder ein Nachweisberechtigter für Standsicherheit die statischkonstruktive Unbedenklichkeit festgestellt und der Bauherrschaft bescheinigt hat (Anlage 2, Abschnitt I Nr. 5.1.2 Buchst. a i.V.m. Abschnitt V Nr. 3 HBO).

Nachweisberechtigte für Standsicherheit i.S. des § 59 Abs. 3 Satz 2 HBO werden auf Grund der Ermächtigung des § 80 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 HBO durch Rechtsverordnung (Nachweisberechtigtenverordnung - NBVO) bauaufsichtlich anerkannt und in die bei der Ingenieurkammer des Landes Hessen und bei der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen für ihren Fachbereich geführten Listen eingetragen.

Die Bescheinigung erfolgt gegenüber der Bauherrschaft. Eine Vorlagepflicht gegenüber der Gemeinde oder der Bauaufsichtsbehörde besteht nicht. Kann die Bescheinigung nicht ausgestellt werden, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen, und kommt die Bauherrschaft der Aufforderung der prüf- oder nachweisberechtigten Person zur etwa möglichen Mängelbeseitigung nicht nach, ist der Vorbehalt der Baugenehmigungsfreiheit nicht erfüllt, das Vorhaben ist dann baugenehmigungspflichtig.

Der Verstoß gegen den Vorbehalt der Beteiligung von Nachweisberechtigten ist nach § 76 Abs. 1 Nr. 13 HBO eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro geahndet werden kann (§ 76 Abs. 3 HBO).

5.5 Isolierte Abweichung, Ausnahme oder Befreiung

Auch baugenehmigungsfreie Vorhaben müssen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen (§ 54 Abs. 2 HBO).

Ausnahmen und Befreiungen von bauplanungsrechtlichen Anforderungen nach § 31 BauGB sind bei planungsrechtlich relevanten Anlagen erforderlich. In die Prüfung ihrer Zulässigkeit können nur städtebauliche Gesichtspunkte, nicht aber gesundheitliche Aspekte eingestellt werden. Letztere sind - abschließend - durch die Standortbescheinigung abgearbeitet (s. Nr. 10.2).

Soll von bauordnungsrechtlichen Vorschriften abgewichen werden, bedarf es einer Abweichung nach § 63 Abs. 1 HBO.

Ist für nach § 55 i.V.m. Anlage 2 baugenehmigungsfreie Vorhaben eine Abweichung, Ausnahme oder Befreiung erforderlich, ist diese nach § 63 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 HBO schriftlich zu beantragen und zu begründen (isoliertes Abweichungs-, Ausnahme- oder Befreiungsverfahren).

5.6 Genehmigungsfreistellung (§ 56 HBO)

Mobilfunkanlagen, bei denen die Voraussetzungen der Baugenehmigungsfreiheit nach § 55 i.V.m. Anlage 2 nicht vorliegen, können gleichwohl baugenehmigungsfrei errichtet werden, soweit die Voraussetzungen des § 56 HBO erfüllt sind.

Der Genehmigungsfreistellung (§ 56 HBO) unterliegt die Errichtung und Änderung von Mobilfunkanlagen an, auf und in baulichen Anlagen, die keine Sonderbauten sind (§ 2 Abs. 8 HBO).

Der Genehmigungsfreistellung unterfällt auch die Nutzungsänderung von Anlagen, deren Errichtung oder Änderung bei geänderter Nutzung nach § 56 HBO baugenehmigungsfrei wäre.

Die Genehmigungsfreistellung findet jedoch keine Anwendung auf Abbruch oder Beseitigung von baulichen und anderen Anlagen und Einrichtungen (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HBO).

5.6.1. Beteiligung der Gemeinde (§ 56 Abs. 3 HBO)

Der Gemeinde ist das beabsichtigte Vorhaben nur in den Fällen durch Einreichen der erforderlichen Bauvorlagen schriftlich zur Kenntnis zu geben, in denen die Beteiligung vorgeschrieben ist. Die nach Anlage 2 Abschnitt I Nr. 5.1.1 HBO baugenehmigungsfreien Antennenanlagen bis zu einer Höhe von 10 m und Durchmesser bis 1,20 m bedürfen keiner Gemeindebeteiligung.. Zugehörige Versorgungseinheiten und Funkcontainer sind unter den unter Anlage 2 Abschnitt I Nr. 5.1.2 bestimmten Voraussetzungen der Gemeinde mitzuteilen. Hierfür ist der mit dem Bauvorlagenerlass vom 20. September 2007 (StAnz. S. 2044) bauaufsichtlich bekannt gemachte und verbindlich vorgeschriebene Vordruck BAB-Nr. 33 "Mitteilung baugenehmigungsfreier Vorhaben" (Anlage 1 Nr. 10 zum Bauvorlagenerlass) zu verwenden.

Eine Prüfpflicht der Gemeinde, die sie als Amtspflicht gegenüber Dritten zu erfüllen hätte, besteht nicht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 HBO). Dies gilt sowohl in Bezug auf die materielle Rechtmäßigkeit des Vorhabens als auch hinsichtlich der Vollständigkeit und Richtigkeit der erforderlichen Bauvorlagen. Diese fallen in die uneingeschränkte Verantwortlichkeit der Bauherrschaft und der entwurfsverfassenden Person (s. hierzu auch Nr. 5.6.4). Eine Prüfpflicht der Gemeinde besteht auch dann nicht, wenn sie gleichzeitig untere Bauaufsichtsbehörde ist. Die Gemeinde hat ein Prüfrecht, das sie ausnutzen kann, aber nicht muss.

5.6.2 Zulässige Bauausführung

Mit dem Vorhaben darf einen Monat nach Eingang der erforderlichen Bauvorlagen bei der Gemeinde begonnen werden, wenn nicht die Gemeinde der Bauherrschaft schriftlich erklärt, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des Baugesetzbuches beantragt (§ 56 Abs. 3 Satz 3 HBO).

5.6.3 Bauvorlagen

Da der Vorbehalt der Gemeindebeteiligung der Wahrung der kommunalen Planungshoheit dient, sind die Bauvorlagen erforderlich, die der Gemeinde die Beurteilung des Vorhabens in Bezug auf seine planungsrechtliche Relevanz und darauf ermöglichen, ob das jeweilige Vorhaben Anlass für eine seine Zulässigkeit regelnde verbindliche Bauleitplanung sein kann und damit Anlass zu planungssichernden Maßnahmen (Veränderungssperre, Zurückstellung, vorläufige Untersagung nach §§ 14, 15 BauGB) gibt. Welche Bauvorlagen für die bauplanungsrechtliche Beurteilung erforderlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der konkreten Ausgestaltung des Vorhabens und seiner städtebaulichen Auswirkung auf das vorhandene Orts-, Straßen- und Landschaftsbild ab. Die insoweit erforderlichen Bauvorlagen können nicht allgemeingültig bestimmt werden. Der durch den Bauvorlagenerlass bekannt gemachte Mitteilungsvordruck (s. Nr. 5.6.1) führt daher auch nur beispielhaft solche Bauvorlagen auf und gibt im Übrigen deren notwendige Anzahl vor. Es bedarf daher ggf. der vorherigen Abstimmung zwischen Bauherrschaft und Gemeinde, soweit eine Gemeinde nicht für ihr Gemeindegebiet oder Teile davon hierzu Hinweise gegeben hat. Die Regelung des Bauvorlagenerlasses, wonach auf Bauvorlagen zu verzichten ist, die für eine sachgerechte Beurteilung des Vorhabens nicht erforderlich sind, gilt entsprechend.

Maßgeblich für die Fristberechnung ist der Eingang der erforderlichen Bauvorlagen bei der Gemeinde. Die Berechnung der Frist erfolgt nach § 31 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) i.V.m. den §§ 187 bis 193 BGB. Der Tag, an dem die erforderlichen Bauvorlagen bei der Gemeinde eingehen, wird bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet (§ 187 Abs. 1 BGB). Die Frist endet mit Ablauf des letzten Tages der Frist (§ 188 Abs. 1 BGB). Endet danach aber die Frist an einem Sonntag oder einem in Hessen anerkannten allgemeinen Feiertag oder einem Sonnabend, tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag (§ 193 BGB).

5.6.4 Gemeindliche Erklärung

Tatbestandsvoraussetzung der Genehmigungsfreiheit ist ein ganz bestimmtes Unterlassen der Gemeinde. Dazu gehört, dass die Gemeinde nicht erklärt, ein Baugenehmigungsverfahren solle durchgeführt werden.

Bei der Erklärung der Gemeinde handelt es sich nicht um einen - anfechtbaren - Verwaltungsakt. Da erst das Unterlassen der gemeindlichen Erklärung zur Baugenehmigungsfreiheit führt, ist die Erklärung der Gemeinde gerade keine verbindliche Feststellung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals, wie es für einen Verwaltungsakt erforderlich wäre. Vielmehr wird durch die Erklärung der Gemeinde (als sog. schlichtes Verwaltungshandeln) bewirkt, dass ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal, das Voraussetzung der Genehmigungsfreiheit ist, nicht erfüllt wird. Da es sich bei der Erklärung der Gemeinde nicht um einen Verwaltungsakt handelt, muss sie auch nicht nach § 39 HVwVfG begründet werden.

Wünscht die Gemeinde die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens, hat auch sie die Frist von einem Monat nach Eingang der Bauvorlagen einzuhalten. Sie hat daher sicherzustellen, dass sie diese Frist tatsächlich zur Wahrung ihrer planungsrechtlichen Interessen nutzen kann. Maßgeblich ist der Eingang der Bauvorlagen bei der Gemeinde, unabhängig davon, bei welcher Organisationseinheit (Amt) sie eingereicht werden (s. Nr. 5.6.3).

Die Erklärung muss der Bauherrschaft innerhalb der Frist zugegangen sein; es genügt nicht, dass sie nur in diesem Zeitraum abgegeben worden ist. Im Zweifel hat die Gemeinde den Zugang ihrer Erklärung bei der Bauherrschaft darzulegen und zu beweisen (vgl. Zustellung der Bauvorlagen).

Die Gemeinde wird von dem Vorhaben nur in Kenntnis gesetzt, um eigene, durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Rechte, vornehmlich der kommunalen Planungshoheit, wahrnehmen zu können (HessVGH, Beschl.v. 7.5.2009, NVwZ-RR 2009, 750). Mit der Mitteilung des Vorhabens an die Gemeinde werden die Vorgaben des Baugesetzbuches und die Planungshoheit der Gemeinden gewahrt, indem die notwendige "Anstoßfunktion" erzielt und der Gemeinde die bundesrechtlich verlangte Möglichkeit eröffnet wird, plansichernde Maßnahmen zu ergreifen (Veränderungssperre, Zurückstellung). Deshalb kann bei planungsrechtlich nicht relevanten Vorhaben nicht verlangt werden, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt wird, es sei denn, es liegen andere - wie die nachfolgend beispielhaft aufgeführten - baurechtliche Gründe vor.

Ist die Durchführung des Vorhabens von der Erteilung anderer behördlicher Gestattungen (Genehmigungen, Erlaubnisse, Zulassungen) abhängig, z.B. einer Genehmigung der Denkmalschutzbehörde, weil das Vorhaben an oder in der näheren Umgebung von Baudenkmälern oder ortsfesten Bodendenkmälern verwirklicht werden soll und hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird, kann die Gemeinde die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens verlangen; sie muss es aber nicht, weil die Beachtung des geltenden öffentlichen Rechts der Bauherrschaft und den von ihr am Bau Beteiligten obliegt.

Eine pauschale Erklärung der Gemeinde, für alle Mobilfunkanlagen im Gemeindegebiet die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens zu verlangen, liefe der grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers zur Genehmigungsfreistellung und der (unausgesprochenen) Bindung der gemeindlichen Erklärung an einen baurechtlichen Bezug zuwider und wäre unzulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse der Gemeinde, wonach sie sich allgemein festlegt, in jedem Fall die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens zu verlangen.

Auch Beschlüsse der Gemeinde, für bestimmte, genau abgegrenzte Gemeindeteile (z.B. Erhaltungsgebiete) bei Vorliegen bestimmter sachlicher Voraussetzungen (z.B. störende Außenwirkung) stets oder allgemein für das Gemeindegebiet oder bestimmte Gemeindeteile in keinem Fall die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens zu verlangen, wirken nur intern. Sie entheben im erstgenannten Fall die Gemeinde nicht der Notwendigkeit, in jedem Einzelfall - soweit erforderlich - die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens zu verlangen, wenn sie ihr Recht nicht nach Ablauf der Frist verlieren will. Im zweiten Fall berechtigen sie nicht die Bauherrschaft, von der Einreichung der Bauvorlagen an die Gemeinde abzusehen und sofort mit der Bauausführung zu beginnen.

Im Übrigen stellt die Grenze für die rechtliche Zulässigkeit der gemeindlichen Erklärung das Willkürverbot mit dem ihm immanenten Gleichbehandlungsgebot dar. Willkürliche Erklärungen können zu Haftungsansprüchen führen.

Wünscht die Gemeinde die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens, muss ihrer Erklärung klar und eindeutig zu entnehmen sein, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll. Es genügt nicht, wenn nur irgendwie zum Ausdruck gebracht wird, dass die Gemeinde mit dem Vorhaben nicht einverstanden ist (BayVGH, Beschl. v. 13.01.2000 - 26 CS 99.2149). In der Anlage 2 zum Bauvorlagenerlass ist ein Vordruck (BAB-Nr. 37) für die Erklärung der Gemeinde aufgenommen, dessen Verwendung im Interesse der Rechtssicherheit und einheitlichen Verwaltungspraxis empfohlen ist.

Die nach § 56 Abs. 2 Nr. 5 HBO mögliche Erklärung der Gemeinde hat lediglich zum Inhalt, dass die Gemeinde die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens wünscht. Dies beinhaltet keine Aussage über die rechtliche, speziell bauplanungsrechtliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Vorhabens. Geht die Gemeinde aber darüber hinaus und trifft in ihrer Erklärung Aussagen zur rechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens, müssen diese richtig sein, andernfalls setzt sie sich möglichen Amtshaftungsansprüchen aus.

Da der Gemeinde keine Prüfpflicht hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit des Vorhabens obliegt, ihr mit der Unterrichtung lediglich die Möglichkeit geboten wird, kommunale Rechte und Interessen wahrzunehmen und sie in diesem Zusammenhang frei darüber entscheiden kann, in welchem Umfang sie die ihr eingeräumten Möglichkeiten wahrnimmt,

nach kommunaler Satzung erhoben werden.

5.6.5 Antrag auf vorläufige Untersagung

Bei baugenehmigungsfreien Vorhaben kann die Gemeinde nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB beantragen, dass das Vorhaben vorläufig befristet untersagt wird, um zu verhindern, dass ihre Planungsabsichten durch die Realisierung des Vorhabens unterlaufen werden. Diese Möglichkeit ist eine Alternative zur Erklärung der Gemeinde, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll, und der dadurch eröffneten Möglichkeit, nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein Aussetzen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu beantragen.

Bei Identität zwischen Gemeinde und Bauaufsichtsbehörde bedarf es keines Antrags auf vorläufige Untersagung. Die Bauaufsichtsbehörde entscheidet dann selbst über die vorläufige Untersagung; dabei steht ihr der gleiche Entscheidungsspielraum zu wie der Gemeinde für die Antragstellung.

In der vorläufigen Untersagung muss zum Ausdruck kommen, dass zu befürchten ist, die Durchführung der Planung würde durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert.

Voraussetzung für die vorläufige Untersagung ist, dass ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde (Sicherungsbedürfnis).

Eine Veränderungssperre zur Sicherung der beabsichtigten Planung darf nicht beschlossen oder eine beschlossene noch nicht in Kraft getreten sein.

Ein Sicherungsbedürfnis ist nur dann gegeben, wenn die Gemeinde bereits ein Mindestmaß an positiver Vorstellung zum künftigen Inhalt des Bebauungsplans hat. Die Planungsabsichten müssen durch das Vorhaben konkret gefährdet sein. Allein die Absicht, ein bestimmtes Vorhaben zu verhindern, reicht nicht aus (BVerwG, Beschl. vom 15.02.1990, ZfBR 1990, 206). Im Hinblick auf die begrenzte Möglichkeit der Steuerung von Standorten für Mobilfunkanlagen durch Bebauungsplanung (s. Nr. 9 bis Nr. 9.4) einerseits und die mit relativ geringem Aufwand mögliche Demontage von Mobilfunkanlagen andererseits, dürfte ein die vorläufige Untersagung rechtfertigendes Sicherungsbedürfnis nur ausnahmsweise vorliegen, z.B. wenn das Freihalten eines stadtbildlich besonders empfindlichen Bereichs von Mobilfunkanlagen durch Bebauungsplanung gesichert werden soll.

Der Antrag an die Bauaufsichtsbehörde muss von der Gemeinde innerhalb von einem Monat nach Eingang der erforderlichen Bauvorlagen gestellt sein (vgl. § 56 Abs. 3 HBO). Diese Frist ist die "nach Landesrecht festgesetzte Frist" i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB (vgl. VGH BW, Beschl. v. 04.12.2000. ZfBR 2001, 282). Mit dem Antrag leitet die Gemeinde die ihr von der Bauherrschaft eingereichten Bauvorlagen der Bauaufsichtsbehörde zu. Die Gemeinde sollte die Bauherrschaft innerhalb der Frist über ihren Antrag auf vorläufige Untersagung schriftlich unterrichten. Die vorläufige Untersagung erfolgt ausschließlich auf Antrag und im eigenen Interesse der Gemeinde (zum Schutz der Planungshoheit). Es liegt daher auch im Interesse der Gemeinde, die Bauherrschaft über einen Antrag auf vorläufige Untersagung zu unterrichten, wenn sie vermeiden will, dass diese in Unkenntnis des Antrags nach Ablauf der Frist von der Zulässigkeit der Bauausführung ausgeht und das Vorhaben realisiert. Der zur Verwendung empfohlene Vordruck (BAB-Nr. 37) für die Erklärung der Gemeinde zur Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens (Anlage 2 zum Bauvorlagenerlass) sieht auch die Unterrichtung der Bauherrschaft über den Antrag auf vorläufige Untersagung vor.

Zur Fristberechnung, zum Zugang der schriftlichen Unterrichtung der Bauherrschaft über den Antrag auf vorläufige Untersagung und zum Rechtsanspruch der Bauherrschaft darauf, dass die Gemeinde von ihrem Antragsrecht keinen Gebrauch macht, gelten die Ausführungen zu den Bauvorlagen und zur gemeindlichen Erklärung entsprechend. Zur Möglichkeit der Gemeinde, Gebühren und Auslagen zu erheben, gelten die Ausführungen zur gemeindlichen Erklärung (Nr. 5.6.4) entsprechend.

Auf Antrag der Gemeinde hat die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben vorläufig zu untersagen. Ein Ermessen steht ihr nicht zu. Sie hat lediglich zu prüfen, ob die rechtlichen Voraussetzungen für die vorläufige Untersagung vorliegen und ob die von der Gemeinde beantragte Untersagungsfrist rechtlich zulässig ist.

Eine vorläufige Untersagung ist ggf. nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar zu erklären, da eine die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausdrücklich ausschließende Regelung fehlt. Gegen die vorläufige Untersagung kann die Bauherrschaft Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage erheben. Die Gemeinde kann die vorläufige Untersagung mit einer Verpflichtungsklage, ggf. durch einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO, anstreben.

5.6.6 Genehmigungsfreie Ausführung des Vorhabens

Läuft die Monatsfrist ab, ohne dass die Gemeinde der Bauherrschaft schriftlich erklärt hat, ein Baugenehmigungsverfahren solle durchgeführt werden, oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB sei beantragt worden, kann die Bauherrschaft mit der Ausführung des Vorhabens beginnen (§ 56 Abs. 3 Satz 3 HBO). Es genügt das Schweigen der Gemeinde; einer ausdrücklichen "Positiverklärung" bedarf es nicht.

Die Bauherrschaft kann auch schon vor Ablauf der Frist mit der Bauausführung beginnen, wenn und sobald die Gemeinde ihr schriftlich mitgeteilt hat, dass sie von den ihr eingeräumten Möglichkeiten der Erklärung zur Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens und eines Antrags auf vorläufige Untersagung keinen Gebrauch machen wird (§ 56 Abs. 3 Satz 4 HBO). Eines entsprechenden Antrags der Bauherrschaft bedarf es nicht.

Da die Bauherrschaft selbst dafür verantwortlich ist, dass das Vorhaben dem geltenden öffentlichen Recht entsprechend ausgeführt wird, hat sie darauf zu achten, dass sich die materiellrechtlichen Grundlagen für die Durchführung ihres Vorhabens nicht ändern; dies gilt insbesondere dann, wenn sie mit der Ausführung des Vorhabens nicht unverzüglich beginnt, sondern längere Zeit zuwartet.

Entspricht das Bauvorhaben nicht mehr den Festsetzungen des Bebauungsplans, ist es sowohl materiell als auch formell rechtswidrig; es bedarf einer "isolierten" Ausnahme- oder Befreiungsentscheidung der Bauaufsichtsbehörde nach § 63 Abs. 3 HBO.

Ändert die Gemeinde den Bebauungsplan vor Fertigstellung des Bauvorhabens, hat die untere Bauaufsichtsbehörde im Hinblick auf das nunmehr formell und materiell rechtswidrige Bauvorhaben zu prüfen, ob im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens die Baueinstellung bzw. der Abbruch oder die Beseitigung verfügt werden kann.

5.7 Baugenehmigungsverfahren (§§ 57, 58 HBO)

Verlangt die Gemeinde die Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens oder ist ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, weil die Voraussetzungen der Genehmigungsfreistellung (§ 56 HBO) nicht vorliegen, findet entweder ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach § 57 HBO oder das ("herkömmliche") Baugenehmigungsverfahren nach § 58 HBO statt. Auf das Wahlrecht nach 54 Abs. 3 HBO wird hingewiesen.

5.7.1 Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren (§ 57 HBO)

Dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterliegen die Vorhaben, die auch der Genehmigungsfreistellung unterfallen (s. Nr. 5.6). Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren kommt immer dann zur Anwendung, wenn die sonstigen Voraussetzungen der Genehmigungsfreistellung nicht gegeben sind, d.h.

Sonderbauten sowie der Abbruch oder die Beseitigung von baulichen und anderen Anlagen und Einrichtungen sind auch vom Anwendungsbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens generell ausgenommen (vgl. Nr. 5.6).

5.7.2 Baugenehmigungsverfahren (§ 58 HBO)

Dem ("herkömmlichen") Baugenehmigungsverfahren nach § 58 HBO unterfallen

6. Einhaltung materiellen Bauordnungsrechts

Auch baugenehmigungsfreie bauliche Anlagen müssen den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, entsprechen (§ 54 Abs. 2 HBO). In Bezug auf das Bauordnungsrecht werfen Mobilfunkmaste vornehmlich Fragen hinsichtlich der Abstandsflächen und der Gestaltung auf.

6.1 Einhaltung von Abstandsflächen

6.1.1 Mobilfunkmasten

Mobilfunkmasten müssen nur und insoweit Abstandsflächen einhalten, als von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen (§ 6 Abs. 8 HBO). Ob solche Wirkungen anzunehmen sind, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Dimensionierung (Höhe und Durchmesser) und der baulichen Ausgestaltung des Mobilfunkmastes ab. Wenn der Mast im Grundriss nur so geringe Dimensionen aufweist, dass er eher wie ein einzelner Pfosten oder Pfahl in Erscheinung tritt, ist die gebäudegleiche Wirkung zu verneinen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 28.9.2009, juris).

Auch von transparenten, filigran wirkenden Stahlgittermasten gehen keine Wirkungen wie von einem Gebäude aus. Verjüngt sich der Mast nach oben, ist nur der Teil des Mastes abstandsflächenpflichtig, der einen entsprechenden Durchmesser aufweist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 15.12.1992 - 14 CS 92.3208).

In der Rechtsprechung wurden für folgende Masten Wirkungen wie von Gebäuden bejaht:

Verneint wurde die Abstandsflächenpflicht eines 45,84 m hohen Betonmastes mit einem Durchmesser von weniger als 1,10 m oberhalb einer Höhe von 11,80 m (BayVGH, Urt. v. 16.7.2008, juris).

Der Grenzbereich, ab dem bei nicht ganz einheitlicher Rechtsprechung eine gebäudegleiche Wirkung bejaht wird, liegt also bei einem Durchmesser bzw. einer Seitenlänge von etwas mehr oder etwas weniger als 1 m, wobei es auf die Höhe nicht entscheidend ankommt.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien kann i.d.R. davon ausgegangen werden, dass die herkömmlich ausgestalteten Mobilfunkantennen unter 10 m Höhe nicht abstandsflächenrelevant sind

6.1.2 Versorgungseinheiten

Versorgungseinheiten auf baulichen Anlagen

Zu Antennenanlagen gehörige Versorgungseinheiten werden i.d.R. auf Dächern errichtet. Die Abstandsflächen von Versorgungseinheiten auf Flachdächern sind nach dem Prinzip der gestaffelten Wände zu bemessen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 zweiter Teilsatz HBO). Bei Versorgungseinheiten auf geneigten Dächern ist hinsichtlich ihrer Abstandsflächenrelevanz wie folgt zu differenzieren:

Werden Versorgungseinheiten auf Stahlkonstruktionen errichtet, ist deren Höhe bei der Abstandsflächenbemessung mit zu berücksichtigen, da sie Teil des "Dachaufbaus" sind.

Angebaute Versorgungseinheiten

Versorgungseinheiten, die im Zusammenhang mit einer baugenehmigungsfreien Mobilfunkantenne errichtet werden und dabei an bauliche Anlagen angebaut werden, bleiben nach § 6 Abs. 6 Satz 1 HBO bei der Berechnung der Abstandsflächen unberücksichtigt, wenn sie nicht mehr als 1,50 m vortreten, von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben und i.S. dieser Bestimmung untergeordnet sind.

Selbstständige (isolierte) Versorgungseinheiten

Nicht in bauliche Anlagen integrierte oder an bauliche Anlagen angebaute (isolierte) Versorgungseinheiten müssen, soweit sie die Gebäudeeigenschaft nach § 2 Abs. 2 HBO erfüllen, Abstandsflächen einhalten. Nach § 6 Abs. 9 Nr. 2 HBO sind sie, soweit sie erdgeschossig sind, in den Abstandsflächen von Gebäuden auf dem Baugrundstück selbst und zu diesen ohne eigene Abstandsflächen zulässig. Gegenüber den Nachbargrenzen müssen sie die erforderlichen Abstandsflächen jedoch einhalten.

Sind isolierte Versorgungseinheiten keine Gebäude, z.B. weil sie von Menschen nicht betreten werden können, müssen sie Abstandsflächen nur einhalten, wenn von ihnen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen (§ 6 Abs. 8 HBO). Bauliche Anlagen sind unbedeutend, wenn sie auf Grund ihrer Größe und ihrer Nutzung die Gefahren im bauordnungsrechtlichen Sinne, vor denen die Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen schützen soll, nämlich Gefahr der Brandübertragung, Gefahr einer unzumutbaren Verschattung oder unzureichenden Lüftung sowie Beeinträchtigung des Nachbarfriedens, nicht oder allenfalls geringfügig hervorrufen können. Dies gilt in Bezug auf jede einzelne der genannten Gefahren. Wann von einer baulichen Anlage Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen, ist daher jeweils unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

Keine Wirkungen wie von Gebäuden sind danach allgemein nur bei Versorgungseinheiten anzunehmen, die die Geländeoberfläche lediglich unwesentlich überragen. Als Orientierungshilfe kann angenommen werden, dass dies der Fall ist, wenn die Höhe weniger als 1 m beträgt (HessVGH, Beschl. v. 22.2.2010, 4 A 2410/08).

6.2 Gestaltung (§ 9 HBO)

Nach § 9 HBO darf eine bauliche Anlage weder für sich allein verunstaltet wirken (Abs. 1) noch ihre Umgebung verunstalten (Abs. 2 erste Alternative) oder deren beabsichtigte Gestaltung stören (Abs. 2 zweite Alternative).

6.2.1 Verunstaltungsverbot

Nach ständiger, auf das grundlegende Urt. des BVerwG vom 28.05.1955 (BVerwGE 2, 172) gestützter Rechtsprechung des HessVGH ist unter Verunstaltung ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Beschauers nicht bloß beeinträchtigender, sondern verletzender Zustand anzusehen. Nicht schon jede Beeinträchtigung des ästhetischen Empfindens oder jede Störung der architektonischen Harmonie kann somit als Verunstaltung bezeichnet werden. Maßgebend ist nicht das Empfinden des ästhetisch besonders empfindsamen oder geschulten Betrachters, sondern das des sog. gebildeten Durchschnittsmenschen, bei dem der Anblick nachhaltigen Protest auslöst (HessVGH, Urt. v. 21.9.2005, 2 UE 2140/02, juris).

Eine Verunstaltung i.S.d. § 9 Abs. 1 HBO, d.h. der Anlagen selbst, kann regelmäßig durch eine sachgerechte architektonische Planung und werkgerechte Durchbildung vermieden werden. Bei an oder auf bestehenden baulichen Anlagen angebrachten bzw. errichteten Mobilfunkanlagen ist insbesondere hinsichtlich des Verhältnisses der Baumassen und Bauteile auf die Wirkung der gesamten baulichen Anlage (z.B. Gebäude mit Funkantenne) sowie darauf abzustellen, ob die bestehende bauliche Anlage dem Denkmalschutzrecht unterliegt oder sonst von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung ist.

Hinsichtlich einer verunstaltenden Wirkung auf die Umgebung nach § 9 Abs. 2 erste Alternative HBO ist auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild abzustellen.

Das Straßen- bzw. Ortsbild umfasst das, was für den Betrachter - nicht nur aus einem Blickwinkel - sichtbar ist und das Umgebungsbild prägt oder zumindest mitprägt. Ob es verunstaltet wird, hängt zum einen von den gestalterischen Eigenarten und Gegebenheiten der zu schützenden Objekte, so u.a. von dem Gebietscharakter der Umgebung, der städtebaulichen Bedeutung eines Straßenzuges oder eines Platzes, der einheitlichen oder unbestimmten Prägung des maßgeblichen Bereichs, zum andern von den gestalterischen Merkmalen der Mobilfunkanlage, die zu dem Umgebungsbild in eine Beziehung treten soll, ab (vgl. OVG NW, Urt. v. 11.09.1997, BauR 1998, 113 - Werbeanlage).

Landschaftsbild ist die sichtbare Eigenart der an die zu beurteilende bauliche Anlage angrenzenden oder sie umgebenden freien Landschaft. Seine Verunstaltung liegt dann vor, wenn nach dem Empfinden des Betrachters die Einheit und Geschlossenheit des Landschaftsbildes durch eine einen Fremdkörper bildende Anlage zerstört oder der Eingriff als krass empfunden wird (vgl. HessVGH, Urt. v. 07.06.1963, DVBI. 1965, 816). Eine zur Unzulässigkeit auch eines privilegierten Vorhabens führende Verunstaltung des Landschaftsbildes liegt regelmäßig nur bei einem besonders groben Eingriff in einen in ästhetischer Hinsicht schutzwürdigen Bereich vor (BayVGH, Urt. v. 13.10.2009, juris).

Bei der Beurteilung ist zu berücksichtigen, inwieweit der maßgebliche Bereich bereits durch Antennenanlagen des Rundfunks und der Telekommunikation geprägt ist. Das Verunstaltungsverbot in Bezug auf die Umgebung nach § 9 Abs. 2 erste Alternative HBO steht in enger Beziehung zu dem Verunstaltungsverbot nach Abs. 1 dieser Vorschrift, das auf die Art der Gestaltung der baulichen Anlage, hier der Mobilfunkanlage, abstellt. Die Versagung einer erforderlichen Baugenehmigung oder bauaufsichtliche Eingriffsmaßnahmen kommen daher nicht in Betracht, wenn durch geeignete Auflagen eine Verunstaltung verhindert werden kann und damit auf andere Weise rechtmäßige Zustände herbeigeführt werden können (vgl. VGH BW, Urt. v. 04.10.1979, BRS 35 Nr. 205). Insbesondere ist diese bauordnungsrechtliche Vorschrift kein "Auffangtatbestand", um bauliche Anlagen im Außenbereich zu verhindern. Ist eine Mobilfunkanlage an der vorgesehenen Stelle planungsrechtlich zulässig, gibt die Gestaltungsvorschrift keine Handhabe, deren Errichtung zu untersagen, indem man ihr Vorhandensein zum ästhetischen Missstand erklärt. "Lediglich die gestalterische Anpassung der Anlagen an das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild kann verlangt werden" (vgl. OVG NW, Urt. v. 17.11.1987, BRS 48 Nr. 107).

6.2.2 Störung der beabsichtigten Gestaltung

Auch für eine Störung der "beabsichtigten Gestaltung" des Straßen-, Orts- oder Landschaftsbildes i.S. des § 9 Abs. 2 zweite Alternative HBO reicht die Feststellung einer bloßen Unschönheit nicht aus. Im Gegensatz zur Verunstaltung ist aber nicht erst die Verletzung des ästhetischen Empfindens eines gebildeten Durchschnittsmenschen der Maßstab; vielmehr genügt die Störung eines solchen Empfindens auf Grund des gestalterischen Widerspruchs zwischen dem Vorhandenen und einer hinzutretenden Anlage.

Die Gestaltungsabsichten müssen aber hinreichend konkretisiert sein. Eine Störung der "beabsichtigten Gestaltung" setzt voraus, dass positive ortsrechtliche Gestaltungsvorschriften (Festsetzungen eines Bebauungsplans, Satzungen nach § 81 HBO) vorhanden sind (HessVGH, Urt. v. 02.11.1994, HessVGRspr. 1985 S. 50, Urt. v. 19.05.1978, BRS 33 Nr. 123).

7. Bauaufsichtliche Maßnahmen

Für den Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen (Baueinstellung gemäß § 71 HBO, Nutzungsverbot und Beseitigungsanordnung gemäß § 72 Abs. 1 HBO) gelten die allgemeinen Grundsätze. Danach haben die Bauaufsichtsbehörden bei Ausübung ihrer Befugnis, gegen baurechtswidrige Zustände einzuschreiten, nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln. Die Ermessensausübung hat sich nach der in § 53 Abs. 2 Satz 1 HBO niedergelegten übergeordneten Aufgabe zu richten, u.a. bei baulichen Anlagen für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften und der auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen zu sorgen. Nach ständiger Rechtsprechung des HessVGH ist die Bauaufsicht gesetzesakzessorische Verwaltung. Die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen bezeichnen nicht nur Inhalt und Schranken der Tätigkeit der Bauaufsichtsbehörden, sondern auch die möglichen Grenzen ihrer Untätigkeit. Gegen Verletzungen des formellen und materiellen Baurechts ist grundsätzlich und regelmäßig einzuschreiten. Ausnahmen können - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - insbesondere für Bagatellfälle, für Notlagen etwa bei der Wohnraumversorgung oder unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gelten (vgl. HessVGH, Urt. v. 25.11.1999, BauR 2000, 873, Urt. v. 29.05.1981 - IV OE - 144/80). Mobilfunkanlagen weisen einige Besonderheiten auf, die zu beachten sind.

7.1 Baueinstellung (§ 71 HBO)

Die Baueinstellung soll rechtswidrige (Bau-) Arbeiten unterbinden und der Bauaufsichtsbehörde ermöglichen, Rechtsverletzungen auf Dauer zu verhindern. Maßgeblich sind insoweit die für das Vorhaben relevanten materiellen und formellen Vorschriften des öffentlichen Rechts.

Da Mobilfunkanlagen i.d.R. sehr schnell (häufig binnen eines Tages) errichtet oder geändert werden, ist bei Anordnung einer Baueinstellung besonders zu beachten, ob die (Bau-) Arbeiten noch andauern oder bereits vollendet sind. Denn eine Baueinstellung kommt auf Grund des mit ihr verfolgten Zwecks, die weitere Ausführung zu verhindern, nicht (mehr) in Betracht, wenn das Vorhaben vollendet ist.

Für die Anordnung einer Baueinstellung reicht die formelle oder materielle Illegalität der (Bau-) Arbeiten aus. Formelle Illegalität liegt auch vor, wenn bei Mobilfunkanlagen eine erforderliche isolierte Abweichung, Ausnahme oder Befreiung nach § 63 Abs. 3 HBO i.V.m. § 14 Abs. 2 BauNVO bzw. § § 31 Abs. 2, 34 Abs. 2 BauGB fehlt.

Bei baugenehmigungspflichtigen Vorhaben ist regelmäßig schon bei ihrer formellen Illegalität die Baueinstellung anzuordnen. Es kommt nicht darauf an, ob zugleich gegen materielles Recht verstoßen wird oder das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Die Baueinstellung soll der Bauaufsichtsbehörde die notwendige Zeit verschaffen, die materielle Rechtmäßigkeit eines Vorhabens prüfen zu können, ohne dass in der Zwischenzeit durch Fortführen der (Bau-) Arbeiten vollendete Tatsachen geschaffen werden.

Bei baugenehmigungsfreien Vorhaben setzt ihre materielle Illegalität die Anordnung der Baueinstellung voraus.

In aller Regel besteht ein öffentliches Interesse, die Fortführung rechtswidriger (Bau-) Arbeiten zu verhindern. Daher ist regelmäßig sowohl die Anordnung der Baueinstellung mit sofortiger Wirkung als auch die Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gerechtfertigt und vorzunehmen (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.02.1990, BRS 50 Nr. 207).

7.2 Nutzungsverbot (§ 72 HBO)

Für die Anordnung eines Nutzungsverbots reicht - wie für die Baueinstellung - ein formeller oder materieller Rechtsverstoß aus.

Bei baugenehmigungspflichtigen Maßnahmen rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung des HessVGH (vgl. Beschl. v. 02.04.2002, NVwZ-RR 2002, 823 = BauR 2003, 526 = BRS 65 Nr. 201; Beschl. v. 19.9.2006, NVwZ-RR 2007, 81 = BRS 71 Nr. 188) allein die formelle Rechtswidrigkeit der Anlage oder Einrichtung ein Nutzungsverbot. Auch wenn für das Nutzungsverbot in § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO nicht - wie für die Beseitigungsanordnung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 HBO - das Tatbestandsmerkmal "wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können" nochmals ausdrücklich als weitere Voraussetzung genannt ist, gilt dieses für das Nutzungsverbot gleichermaßen. Dies folgt aus dem engen Zusammenhang der Regelungen und aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der im Rahmen der Ermessensausübung von der Bauaufsichtsbehörde ebenso zu berücksichtigen ist wie sonstige Umstände, die im Einzelfall einer Nutzungsuntersagung allein wegen formeller Illegalität entgegenstehen können (vgl. OVG Rh.-Pf., Urt. v. 22.05.1996, BauR 1997, 103 ff.). Es beschränkt die Bauaufsichtsbehörde aber nicht grundsätzlich darauf, der Bauherrschaft aufzugeben, Bauvorlagen entsprechend § 72 Abs. 2 HBO einzureichen, denn nur durch die Möglichkeit, schon formell illegale Nutzungen zu verbieten, und zwar ohne Rücksicht auf eine etwaige materielle Illegalität, ist die Bauaufsicht in der Lage, das System des präventiven Bau- und Nutzungsverbots in Verbindung mit der Genehmigungspflicht zu sichern (vgl. HessVGH, Beschl. v. 02.04.2002 a.a.O.; Beschl. v. 26.07.1994, BRS 56 Nr. 212).

Soll die Nutzung nicht nur bis zum Abschluss der bauaufsichtlichen Prüfung über ihre Genehmigungsfähigkeit vorläufig, sondern endgültig untersagt werden, muss allerdings die Nutzung formell und materiell rechtswidrig sein. Das Nutzungsverbot ist dann gegenüber der Beseitigungsanordnung das nach pflichtgemäßem Ermessen anzuwendende mildere Mittel, wenn auf diese Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

Grundsätzlich können schon formell illegale Nutzungen im Interesse der Wahrung der Ordnungsfunktion des Baurechts auch sofort vollziehbar untersagt werden (ständige Rechtsprechung, z.B. HessVGH, Beschl. v. 30.10.1995, HessVGRspr. 1985, S. 33 = BRS 57 Nr. 255). Besondere Fälle können nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gegen die Anordnung des Sofortvollzugs sprechen, z.B. wenn zwischenzeitlich bereits ein Bauantrag gestellt worden ist, der auch nach Auffassung der Bauaufsichtsbehörde genehmigungsfähig ist, insbesondere der Erteilung der Baugenehmigung im Übrigen keine Rechtsgründe entgegenstehen oder die Nutzung nur geringfügig von der materiell zulässigen Nutzung abweicht und der Sofortvollzug schwere Nachteile (wie Ausfall der Mobilfunkversorgung) zur Folge hätte. Im Übrigen gelten die für die Grundverfügung des Nutzungsverbots anzustellenden Ermessenserwägungen entsprechend.

7.3 Beseitigungsanordnung (§ 72 HBO)

Die Anordnung der Beseitigung (des Abbruchs) einer baugenehmigungspflichtigen (baulichen) Anlage oder Einrichtung setzt grundsätzlich deren formelle und materielle Rechtswidrigkeit voraus, da sie auf i.d.R. Unabänderliches abzielt.

Bei vorbehaltlos baugenehmigungsfreien Anlagen oder Einrichtungen kommt es allein auf die materielle Rechtswidrigkeit an.

Die Anordnung der vollständigen Beseitigung einer (baulichen) Anlage oder Einrichtung setzt voraus, dass rechtmäßige Zustände nicht anders hergestellt werden können, auch nicht z.B. durch die Beseitigung eines rechtswidrigen Teiles der Anlage. Stellen bei baulichen Anlagen rechtswidrige und rechtmäßige Bauteile bautechnisch eine Einheit dar, kann die vollständige Beseitigung verlangt werden (vgl. VGH BW, Urt. v. 27.06.1991, BRS 52 Nr. 231). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist beachtet, wenn ein rechtmäßiger Zustand nur durch die Beseitigung der rechtswidrigen Anlage oder Einrichtung wieder hergestellt werden kann (HessVGH, Urt. v. 25.05.1984 - IV OE 32/81).

Ebenso sind im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes und die Schaffung vollendeter Tatsachen durch unheilbare Substanzzerstörung eine Anordnung mit sofortiger Wirkung sowie eine Anordnung der sofortigen Vollziehung i.d.R. nicht zulässig. Die Anordnung des Sofortvollzugs kann zwar ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.06.1979, BVerfGE 51, 268 <284>, Beschl. v. 02.05.1984, BVerfGE 67, 43 <58>), insbesondere wenn

Auch in diesen Fällen muss aber das für den Sofortvollzug sprechende besondere öffentliche Eilinteresse an einer Beseitigung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit aus den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abgeleitet werden.

7.4 Kein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten

Der Erlass bauaufsichtlicher Anordnungen steht im Ermessen der unteren Bauaufsichtsbehörde. Die Nachbarschaft hat keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten. Ergibt sich der Verstoß gegen materielle öffentlich-rechtliche Vorschriften aus der Verletzung einer nachbarschützenden Vorschrift, hat sie einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dieser Anspruch kann sich zu einem Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten verdichten, wenn sich das Ermessen auf Null reduziert. Das kommt nur bei hoher Intensität der Störung oder Gefährdung der Nachbarschaft in Betracht, die bei Abwägung mit dem Interesse der Bauherrschaft ein deutliches Übergewicht der Interessen der Nachbarschaft ergibt, z.B. weil eine unmittelbar auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit oder Eigentum droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind. Liegt die Standortbescheinigung nach der BEMFV vor, ist eine derart schwerwiegende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Nachbarinteressen kaum vorstellbar. Der HessVGH hat dies im Fall einer Mobilfunksendeanlage in einem allgemeinen Wohngebiet auch ausdrücklich verneint (Beschl. v. 29.07.1999, BauR 2000,1162 = BRS 62 Nr. 83).

Die Frage, ob die Baugenehmigungspflicht von der Bauaufsichtsbehörde richtig beurteilt worden ist oder nicht, hat für den Nachbarschutz keine Bedeutung (HessVGH, Beschl. v. 29.07.1999, a.a.O.).

Auch einer Gemeinde steht nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über den Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen zu (vgl. BayVGH, Urt. v. 30.07.1997, BayVBI. 1998, 81; BVerwG, Urt. v. 14.04.2000, UPR 2001, 27).

8. Gemeindliche Satzungen nach § 81 Abs. 1 HBO

Ein generelles Verbot von Mobilfunkanlagen im Gemeindegebiet findet in der Hessischen Bauordnung keine Rechtsgrundlage. Die Festlegung von Standorten für bauliche Anlagen ist allgemein nicht Regelungsgegenstand des Bauordnungs-, sondern des Bauplanungsrechts. Ein generelles Verbot bestimmter baulicher Anlagen ist damit auf bauordnungsrechtlicher Rechtsgrundlage nicht zulässig. Ebenso können die Gemeinden auf der Grundlage von Bauordnungsrecht weder allgemein bestimmen, dass auf bestimmten Gebäuden Antennenanlagen zulässig und auf anderen unzulässig sind, noch die Betreiber verpflichten, einen Sendemast gemeinsam zu nutzen bzw. weiteren Interessenten die Mitbenutzung eines eigenen Sendemastes zu gestatten.

8.1 Gestaltungssatzungen auf Grund des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBO

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBO können die Gemeinden durch Satzung Vorschriften über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Durchführung baugestalterischer Absichten erlassen. Den Gemeinden ist damit ein Instrument an die Hand gegeben, über das allgemeine Verunstaltungsverbot des § 9 HBO hinaus positive Gestaltungspflege vor allem in Bezug auf eine beabsichtigte zukünftige Bebauung, aber auch in Bezug auf eine insoweit bestimmende bereits vorhandene Bebauung zu betreiben.

Der Durchführung baugestalterischer Absichten dient eine Gestaltungssatzung, wenn damit gebietsspezifische gestalterische Absichten verfolgt werden, die dem von der Satzung erfassten Gebiet ein besonderes Gepräge geben. Unter dieser Voraussetzung ist z.B. die Festsetzung einer Höhenbegrenzung möglich. Gestaltungsziele, die gleichermaßen für alle Ortsteile verfolgt werden könnten, rechtfertigen eine Gestaltungssatzung nicht.

Die Satzungen müssen sich auf bestimmte, genau abgegrenzte bebaute oder unbebaute Teile des Gemeindegebietes beziehen. Dies schließt aus, das Gemeindegebiet insgesamt oder große Teile des Gemeindegebietes mit sich auf Teilbereiche beziehende Satzungen mit gleichartigen allgemeinen Gestaltungsanforderungen zu überziehen. Es muss mehr bezweckt werden als die unterschiedslose Erhaltung der Gestaltung des gesamten Ortsbildes; vielmehr müssen mit einer Gestaltungssatzung gebietsspezifische gestalterische Absichten verfolgt werden, die dem von der Gestaltungssatzung erfassten Gebiet ein besonderes Gepräge geben sollen (HessVGH, Urt. v. 29.3.2007, BauR 2008, 1447 = BRS 71 Nr. 138).

Ein generelles Verbot bestimmter baulicher Anlagen durch eine solche Gestaltungssatzung ist somit nicht zulässig.

8.2 Schutzsatzungen auf Grund des § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HBO

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HBO können die Gemeinden durch Satzung Vorschriften über besondere Anforderungen an bauliche Anlagen zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Gemeindeteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung sowie von Baudenkmälern und Naturdenkmälern erlassen.

Regelungsziel ist danach der Schutz vorhandener baukünstlerischer Werte oder Naturdenkmäler. Der räumliche Geltungsbereich solcher Satzungen ist eingeschränkter als bei Gestaltungssatzungen nach Nr. 8.1. Es geht um den Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Gemeindeteile einerseits oder die Bewahrung von Naturdenkmälern andererseits, die jeweils genau umschrieben sein müssen.

Satzungen mit dem erstgenannten Regelungsinhalt müssen ein i.S. der positiven Gestaltungspflege bestimmtes Ziel verfolgen (vgl. zu Werbeanlagen OVG Münster, Urt. v. 03.07.1997, NVwZ-RR 1999, 12 = BauR 1997, 1000 = BRS 59 Nr. 134; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.1986, BRS 46 Nr. 120). Der Ausschluss von Dachaufbauten oder die Beschränkung der Herstellung bestimmter Arten von Mobilfunkanlagen an oder auf Teilen vorhandener baulicher Anlagen ist danach entsprechend der in § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zweiter Teilsatz HBO für Werbeanlagen ausdrücklich, aber nicht ausschließlich getroffenen Regelung möglich. Der generelle Ausschluss aller Arten von Mobilfunkanlagen ist durch eine solche Schutzsatzung aber abwägungsfehlerfrei und ohne Verstoß gegen den bundesrechtlichen Versorgungsauftrag der Mobilfunkbetreiber nicht zulässig.

9. Bauleitplanung

Den Gemeinden stehen im Rahmen der Bauleitplanung im begrenzten Umfang Möglichkeiten der Bestimmung von Standorten für Mobilfunkanlagen offen. Diese sind jedoch durch die Grundsätze des § 1 Abs. 3 bis 6 BauGB, insbesondere die

sachlich begrenzt.

9.1 Städtebauliche Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB)

Die Bauleitplanung muss nach § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich sein. Es müssen also hinreichend gewichtige städtebauliche Belange für die Planung sprechen. Dabei ist die Erforderlichkeit anhand einer objektiven Betrachtungsweise zu prüfen. Städtebauliche Belange müssen also die Zuweisung der Anlagen auf bestimmte Standorte erfordern. Fehlt es an entsprechenden städtebaulichen Belangen oder sind diese nur vorgeschoben, wäre eine entsprechende Planung als unzulässige Negativplanung rechtswidrig.

9.2 Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB)

Jede Bauleitplanung unterliegt dem Gebot gerechter Abwägung des § 1 Abs. 7 BauGB. In diese Abwägung sind alle maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange entsprechend ihrem jeweiligen Gewicht einzustellen. Bedeutsam für Mobilfunkanlagen sind insbesondere ihre Auswirkungen auf die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB), die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB), die Belange des Umweltschutzes einschließlich der umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) sowie die Belange des Post- und Telekommunikationswesens (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 d) BauGB). Als private Belange der Mobilfunkbetreiber sind etwa deren gewerbliche Interessen sowie ihr Versorgungsauftrag zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich zudem, dass die Gemeinde auch die technischen Erfordernisse einer flächendeckenden Versorgung in die Abwägung einstellen muss.

Im Hinblick auf die Belange der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und der umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit muss sich die gemeindliche Abwägung an den Grenzwerten BEMFV orientieren, die insbesondere auch die in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwerte erfassen (s. Nr. 10 und Nr. 10.1). Diese gewährleisten den Schutz vor Gesundheitsgefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG).

Die Beurteilungsmaßstäbe der 26. BImSchV sind in der Rechtsprechung als sachgerecht anerkannt worden (vgl. HessVGH, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694 = BRS 62 Nr. 83, siehe auch BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.01.2007, NVwZ 2007, 805 = BauR 2007, 1368 = BRS 71 Nr. 74). Durch die Grenzwerte der §§ 2 und 3 der 26. BImSchV wird die Erheblichkeitsschwelle nicht nur im Rahmen von § 5 und § 22 BImSchG, sondern auch für das Städtebaurecht konkretisiert, weshalb die Gemeinde die Grenzwerte nicht im Wege der Bauleitplanung abschwächen darf (vgl. BayVGH, Urt. v. 2.08.2007, BRS 71 Nr 12 = ZfBR 2008, 287). Ob andererseits die Gemeinde im Rahmen ihrer Planungsbefugnisse die Standorte für Mobilfunkanlagen mit dem Ziel festlegen kann, für besonders schutzbedürftige Teile ihres Gebietes einen über die Anforderungen der 26. BImSchV hinausgehenden Schutz zu erreichen, ist umstritten (dafür BayVGH, Urt. v. 2.08.2007, BRS 71 Nr 12 = ZfBR 2008, 287; Herkner, BauR 2008, 624; ablehnend Uechtritz, VerwArchiv 2009, 505, seine Rechtsprechung bekräftigend Bay VGH, Urt. v. 23.11.2010, DVBI 2011, 299 = ZfBR 2011, 276 = BauR 2011, 8).

Im Ergebnis bedeutet das, dass gesundheitliche Belange im Hinblick darauf, dass zu Mobilfunksendemasten ein Sicherheitsabstand von wenigen Metern in horizontaler Richtung regelmäßig ausreicht, um die Grenzwerte der BEMFV i.V.m. der 26. BImSchV einzuhalten, letztlich grundsätzlich keine Rolle spielen können. Damit werden sich die öffentlichen Belange, die in der Abwägung für Beschränkungen von Mobilfunkanlagen streiten, weitestgehend auf solche des Orts- und Landschaftsbildes beschränken.

9.3 Flächennutzungsplanung

Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stehen öffentliche Belange i.d.R. auch einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB im Außenbereich privilegierten Vorhaben entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (sog. "Planvorbehalt"). Diese vornehmlich für die Steuerung von Windkraftanlagen angewandte Vorschrift eröffnet den Gemeinden eine Steuerungsmöglichkeit im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.

Hinsichtlich der Rechtswirkungen einer solchen Standortzuweisung ist zu beachten, dass sie als öffentlicher Belang nur solchen Mobilfunkanlagen entgegengehalten werden kann, die als Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB anzusehen sind (s. Nr. 2.1) und dass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB lediglich eine Regelvermutung darstellt. Soll daher eine Anlage an einem Standort errichtet werden, der bei der Darstellung im Flächennutzungsplan nicht untersucht worden ist und der besser geeignet ist als die von der Gemeinde dargestellte Fläche, hat die Bauaufsichtsbehörde die durch das konkrete Vorhaben berührten öffentlichen Belange zu ermitteln und zu gewichten (BayVGH, Beschl. v. 20.03.2000, BRS 63 Nr. 113).

Die Anforderungen an einen Flächennutzungsplan, mit dem die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeigeführt werden soll, sind in mehreren Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts (dem folgend auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof) eingehend dargestellt und begründet worden (BVerwG, Urteile vom 24.01.2008, NVwZ 2008, 559, und vom 17.12.2002, BVerwGE 117, 287, jeweils m.w.N., HessVGH, Urt. vom 25.03.2009, DVBI. 2009, 717). Danach muss dem Flächennutzungsplan ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegen, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird. Positive Standortzuweisungen i.S. von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unterliegen als Darstellungen im Flächennutzungsplan den unter Nr. 9.2 genannten Rechtmäßigkeitsbindungen jeder Bauleitplanung. Im Rahmen der Abwägung hat die Gemeinde daher auch den Auftrag einer Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen als öffentlicher Belang zu berücksichtigen. Einseitige Standortzuweisungen, die den funkplanerischen Erfordernissen nicht entsprechen und mit denen der Versorgungsauftrag nicht erfüllt werden kann, sind rechtswidrig.

Eine Regelung im Flächennutzungsplan, die Mobilfunkanlagen für den gesamten Außenbereich der Gemeinde ausschließen würde, wäre rechtswidrig, da der Gesetzgeber die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gerade an eine positive Standortzuweisung für andere Bereiche geknüpft hat.

9.4 Bebauungsplanung

9.4.1 Allgemeines

Prinzipiell kommen als Möglichkeit der Bestimmung von Standorten für Mobilfunkanlagen Regelungen im Bebauungsplan in Betracht. Denkbar ist der Ausschluss oder die Einschränkung von Anlagen im Rahmen von Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung durch Bebauungsplan. Auch insoweit sind jedoch die Anforderungen an eine rechtmäßige Bauleitplanung nach § 1 BauGB zu beachten (s. Nr. 9 bis Nr. 9.3).

Daneben kommt als planungsrechtliche Möglichkeit der gestalterischen Steuerung der Auswirkungen von Mobilfunkanlagen auf das Ortsbild vor allem die Festsetzung der Höhe der baulichen Anlage nach § 1 Abs. 9 BauNVO in Betracht, soweit besondere städtebauliche Gründe (zu denen auch die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes gehören) dies rechtfertigen.

9.4.2 Feinsteuerung nach § 1 BauNVO

Im Bebauungsplan kann die Errichtung von Mobilfunkanlagen nach § 1 Abs. 5 und § 1 Abs. 6 BauNVO, gegebenenfalls in Verbindung mit § 1 Abs. 9 BauNVO, ausgeschlossen werden.

Nach § 1 Abs. 5 BauNVO kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die in den Baugebieten allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Wenn in Anwendung dieser Norm in den einzelnen Baugebieten allgemein zulässige Gewerbebetriebe ausgeschlossen werden, wären auch die Mobilfunkanlagen als deren Unterart (siehe Nr. 3.1.1) davon umfasst.

Nach § 1 Abs. 6 BauNVO kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind, nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränkt sich bei Mobilfunkanlagen auf allgemeine Wohngebiete, in dem diese als "sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb" ausnahmsweise zulässig sind.

Sollen nicht alle der allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Arten der Gewerbetriebe, sondern nur Mobilfunkanlagen ausgeschlossen werden, müssen darüber hinaus die Voraussetzungen des § 1 Abs. 9 BauNVO vorliegen. Danach kann ergänzend zu § 1 Abs. 5 und 6 BauNVO festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein zulässigen Anlagen nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, wenn "besondere städtebauliche Gründe" dies rechtfertigen. Das "Besondere" an den städtebaulichen Gründen besteht nicht notwendig darin, dass diese Gründe von größerem oder im Verhältnis zu Absatz 5 zusätzlichem Gewicht sein müssen; es müssen lediglich spezielle Gründe für eine gegenüber Absatz 5 noch feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungen gegeben sein (VG Würzburg, Beschl. vom 24.07.2000, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. vom 22.05.1987, BVerwGE 77, 317). Dies können nur boden- oder grundstücksbezogene Gründe sein, nicht "allgemeinpolitische". Soll der Ausschluss von Mobilfunkanlagen aus Gründen des Orts- und Landschaftsbilds (zum bauplanungsrechtlichen Ortsbildbegriff s. BVerwG, Urt. v. 11.05.2000, NVwZ 2000, 1169) erfolgen, bedarf es Besonderheiten, die gerade im Geltungsbereich des Bebauungsplans die Einschränkung erfordern. Ein Ausschluss von Mobilfunkanlagen kann daher in einer historischen Altstadt gerechtfertigt sein, nicht aber in einem Gewerbegebiet (vgl. VG Würzburg, Beschl. vom 24.07.2000, juris Rn. 56). Wegen des Belangs der gesunden Wohnverhältnisse ist wiederum auf die BEMFV i.V.m. der 26. BImSchV zu verweisen (s. Nr. 10.2).

Eine Planung, bei der es nicht um die ausschließliche Verhinderung von Mobilfunkanlagen geht, sondern um deren Ausschluss in bestimmten Gebieten unter der Voraussetzung, dass sich aus Sicht der Gemeinde in geeigneteren anderen Teilen des Gemeindegebiets eine für dessen "Versorgung" ausreichende Zahl von Standorten finden lässt, stellt eine zulässige Standortsteuerung und keine unzulässige Verhinderungsplanung dar (Bay VGH, Urt. v. 23.11.2010, DVBI 2011, 299 = ZfBR 2011, 276 = BauR 2011, 807).

Bei der Einstufung der Mobilfunkanlagen als fernmeldetechnische Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO ist die Rechtslage hinsichtlich einer Ausschlussmöglichkeit nicht so eindeutig. Der Wortlaut von § 1 Abs. 6 BauNVO bezieht zwar Nutzungen nach § 14 BauNVO nicht ein. Dennoch wird ganz überwiegend angenommen, dass § 1 Abs. 6 BauNVO auch für Nebenanlagen nach § 14 Abs. 2 BauNVO, die als Ausnahme zugelassen werden können, gilt (vgl. BayVGH, Urt. v. 2.8.2007, BauR 2008, 627 = BRS 71 Nr. 11; Herkner, BauR 2006, 1399 m.w.N.; a.A. Uechtritz, VerwArchiv 2009, 505). Allerdings sind an die städtebauliche Rechtfertigung eines Ausschlusses von (fernmeldetechnischen) Nebenanlagen nach § 14 Abs. 2 Satz 2 BauNVO wegen der der Vorschrift zugrundeliegenden Grundüberlegung (die Sicherung der Versorgung muss erhalten bleiben; Festsetzungen im Bebauungsplan können häufig nicht erfolgen, weil sich das "Ob", die Art und der Standort der Anlagen erst später ergeben) hohe Anforderungen zu stellen.

10. Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur (BNetzA)

Unabhängig von der Anwendbarkeit des Baurechts, insbesondere auch der Baugenehmigungspflicht, müssen ortsfeste Sendeanlagen den Bestimmungen der 26. BImSchV entsprechen. Sie enthält Grenzwertfestsetzungen für den Betrieb ortsfester Hoch- und Niederfrequenzanlagen zum Schutz von Personen vor nichtionisierender Strahlung. Die Grenzwerte basieren auf Empfehlungen der Strahlenschutzkommission.

Nach § 7 Abs. 1 der 26. BImSchV müssen solche Anlagen vom Betreiber vor der Inbetriebnahme oder einer wesentlichen Änderung angezeigt werden, wenn die betreffende Anlage eine äquivalente Strahlungsleistung von größer oder gleich 10 Watt aufweist. Die Anzeigen werden von den Umweltabteilungen der Regierungspräsidien entgegengenommen. Der jeweiligen Anzeige ist eine Standortbescheinigung der BNetzA beizufügen.

Ebenso darf nach § 4 BEMFV eine ortsfeste Funkanlage mit einer äquivalenten isotropen Strahlungsleistung (EIRP) von 10 Watt und mehr nur betrieben werden, wenn für diesen Standort eine gültige Standortbescheinigung vorliegt. Das Gleiche gilt für eine ortsfeste Funkanlage mit einer äquivalenten isotropen Strahlungsleistung (EIRP) von weniger als 10 Watt, die an einem Standort mit einer Gesamtstrahlungsleistung von 10 Watt oder mehr errichtet wurde, oder wenn durch die hinzukommende Funkanlage die Gesamtstrahlungsleistung von 10 Watt (EIRP) erreicht oder überschritten wird. Durch die BEMFV ist das Verfahren, nach dem die Betreiber von ortsfesten Funkanlagen nachzuweisen haben, dass ihre Anlagen die geforderten Grenzwerte einhalten, nunmehr normativ festgelegt. Die Verordnung ersetzt das bisher durch die Verfügung des ehemaligen Bundesministers für Post und Telekommunikation 306/97/BMPT geregelte Nachweisverfahren. Die BEMFV legt grundsätzlich keine eigenen Grenzwerte fest, sondern bezieht sich vor allem auf die Grenzwerte der 26. BImSchV. Darüber hinaus sind auch Frequenzbereiche, für die immissionsschutzrechtlich keine Grenzwerte festgelegt sind, sowie Grenzwerte zum Schutz von Trägern aktiver Körperhilfsmittel (z.B. Herzschrittmacher) erfasst. Der Nachweis über die Konformität mit den Grenzwerten wird durch die Standortbescheinigung der BNetzA erbracht; die BNetzA überwacht auch die Einhaltung der Anforderungen der BEMFV.

10.1 Inhalt der Standortbescheinigung

In der Standortbescheinigung wird für die jeweilige Sendeanlage ein Sicherheitsabstand festgelegt, der auf den gesamten Standort bezogen ist und die Feldstärken der beantragten ortsfesten Sendeanlage, die Feldstärken der Sendefunkanlagen, die ebenfalls an diesem Standort montiert sind (Standortmitbenutzung), und die relevanten Feldstärken berücksichtigt, die von umliegenden ortsfesten Sendefunkanlagen ausgehen. Kann der von der BNetzA festgelegte Sicherheitsabstand auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht eingehalten werden, wird die Standortbescheinigung grundsätzlich verweigert und der Betrieb der betreffenden ortsfesten Sendefunkanlage beschränkt oder untersagt.

Bei der Standortbescheinigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt, so dass die Möglichkeit der verwaltungsgerichtlichen Klage besteht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 9.1.2009, DVBI 2009, 327).

10.2 Wirkung der Standortbescheinigung

Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens wird von der Bauaufsichtsbehörde neben den bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften auch die Zulässigkeit nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften geprüft, wenn

Diese Prüfungspflicht erstreckt sich nicht auf die von der Standortbescheinigung umfassten immissionsfachlichen und gesundheitlichen Gesichtspunkte. Diese Aspekte sind mit Vorlage der Standortbescheinigung abgeklärt und bedürfen selbst im Baugenehmigungsverfahren keiner weiteren Prüfung mehr.

Es entspricht gesicherter Rechtsprechung, dass bei Einhaltung der in der 26. BImSchV vorgesehenen Grenzwerte den gesundheitlichen Belangen der Bevölkerung nach dem gegenwärtigen Stand von Forschung und Technik ausreichend Rechnung getragen wird. Mit der Standortbescheinigung wird rechtsverbindlich geregelt und entschieden, dass der Betrieb dieser Anlage an diesem Standort die Grenzwerte der 26. BImSchV einhält und folglich in ihrer Nachbarschaft und für die Allgemeinheit (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Strahlenimmissionen verursacht (vgl. HessVGH, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694 ff = BRS 62 Nr. 83).

Mobilfunkanlagen, die die in der jeweiligen Standortbescheinigung der BNetzA festgesetzten Sicherheitsabstände einhalten, verstoßen auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 BauNVO. Soweit es um schädliche Umwelteinwirkungen i.S. des § 3 BImSchG geht, konkretisiert § 22 BImSchG für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungspflichtige Anlagen die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und damit auch für das Baurecht.

Der Bauaufsichtsbehörde kommt keine eigene Prüfungskompetenz hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.02.1996, NVwZ 1996, 1023 = NUR 1996, 513 für die Grenzwertempfehlungen der Strahlenschutzkommission, Sächs0VG, Beschl. v. 17.12.1997, DOV 1998, 431; HessVGH, Beschl. v. 29.07.1999, NVwZ 2000, 694 = BRS 62 Nr. 83, unter Aufgabe seiner früheren strengeren Rechtsprechung im Rahmen einstweiliger Rechtsschutzverfahren; BayVGH, Beschl. v. 31.01.2001 - 14 ZS 00.3418 -; BayVGH, Beschl. v. 8.7.1997, NVwZ 1998, 419, VG Gelsenkirchen, Urt. v. 9. Juli 2008, Juris Rn 49f; VG Stuttgart, Urt. v. 3. März 2009, Juris Rn. 29).

Damit scheidet eine von der Standortbescheinigung abweichende Entscheidung der unteren Bauaufsichtsbehörde hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV und der Bewertung einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Mobilfunkanlage aus.

Insbesondere ist nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft im Einzelverfahren kein Raum mehr für einen Nachweis, dass trotz Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV eine Gefahr für die Gesundheit besteht (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 24.01.2007, NVwZ 2007, 805 = BauR 2007, 1368 = BRS 71 Nr. 74; Beschl. des BayVGH vom 05.08.2009, juris; Beschl. des OVG NW vom 15.04.2010, juris; jeweils m.w.N.). Auch die Verwaltungsgerichte sind nicht verpflichtet, bislang ungesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Schädlichkeit der Strahlungen bzw. der Unzulänglichkeit der Schutzvorkehrungen durch weitere Beweisaufnahmen zur Durchsetzung zu verhelfen (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 28.02.2002, NJW 2002, 1638, und vom 24.01.2007, NVwZ 2007, 805; OVG Münster, Beschl. v. 09.01.2009, DVBI. 2009, 327).

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