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Regelwerk, Gefahrgut/Transport / See /MSC
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Entschließung MSC.420(97)
Vorläufige Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut

Vom 10. Oktober 2017
(VkBl. Nr. 20 vom 31.10.2017 S. 911)



(angenommen am 25. November 2016)
Az.: 11-3-0
Siehe Fn. *

der Schiffssicherheitsausschuss,

gestützt auf Artikel 28 Buchstabe b des Übereinkommens über die Internationale Seeschifffahrts-Organisation betreffend die Aufgaben des Ausschusses,

in der Erkenntnis, dass das Internationale Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See ("das Übereinkommen") und der Internationale Code für den Bau und die Ausrüstung von Schiffen zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut ("der IGC-Code") derzeit keine verbindlichen Vorschriften für den Seetransport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut vorsehen,

ebenfalls in der Erkenntnis, dass Absatz 5 der Präambel des IGC-Codes besagt, dass Vorschriften für neue Produkte und ihre Transportbedingungen vor dem Inkrafttreten der entsprechenden Änderungen übergangsweise als Empfehlungen in Umlauf gebracht werden,

in der Erkenntnis, dass es eine Notwendigkeit zur Erarbeitung vorläufiger Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut gibt,

in Anerkennung der Tatsache, dass es in der Zwischenzeit einen dringenden Bedarf gibt für Empfehlungen an die Verwaltungen bezüglich eines sicheren Transports verflüssigten Wasserstoffs als Massengut,

weiterhin in Anerkennung der Tatsache, dass die vorläufigen Empfehlungen die Einführung einer trilateralen Vereinbarung für die Erarbeitung eines Versuchsschiffs erleichtern sollen, welches der Erforschung und Veranschaulichung des sicheren Überseetransports verflüssigten Wasserstoffs als Massengut über lange Entfernungen dienen soll,

nach Prüfung der Vorläufigen Empfehlungen, erstellt vom Unterausschuss "Container und Ladungen" auf seiner dritten Sitzung,

  1. nimmt die Vorläufigen Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut, deren Wortlaut in der Anlage zur vorliegenden Entschließung wiedergegeben ist, an;
  2. fordert die Mitgliedsstaaten des Übereinkommens auf, die vorläufigen Empfehlungen bezüglich des Versuchsschiffs für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut anzuwenden, unter Berücksichtigung der Erläuterungen;
  3. stimmt einer Informationserfassung über den sicheren Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut zu, im Vorfeld einer Änderung des IGC-Codes, mit der verflüssigter Wasserstoff in diesen aufgenommen wird;
  4. ist damit einverstanden, dass diese vorläufigen Empfehlungen gegebenenfalls einer weiteren Überprüfung unterzogen werden müssen, wenn sie auf andere Schiffe als das Versuchsschiff angewandt werden sollen; und
  5. fordert die Mitgliedsstaaten und die maritime Industrie nachdrücklich dazu auf, ihm Informationen, Beobachtungen, Kommentare und Empfehlungen, die auf praktischen Erfahrungen durch die Anwendung dieser vorläufigen Empfehlungen beruhen, vorzulegen, wie auch relevante Sicherheitsanalysen auf Schiffen, die verflüssigten Wasserstoff als Massengut transportieren, einzureichen.

Vorläufige Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut

1 Einführung

1.1 Für den Schiffstransport verflüssigter Gase als Massengut müssen Schiffe die relevanten Vorschriften gemäß IGC-Code, geändert durch Entschließung MSC.370(93) ("der Code"), erfüllen. Der Anwendungsbereich des Codes gemäß Absatz 1.1.1 ist:

"Der Code gilt für Schiffe jeder Größe, einschließlich solcher mit einem Bruttoraumgehalt von weniger als 500 Registertonnen (RT), die verflüssigte Gase mit einem Dampfdruck von mehr als 0,28 MPa absolut bei einer Temperatur von 37,8 °C und andere in Kapitel 19 aufgeführte Stoffe als Massengut befördern."

1.2 Ein Schiff, das verflüssigten Wasserstoff als Massengut befördert (nachstehend "Tankschiff für verflüssigten Wasserstoff" genannt), muss die Anforderungen aus dem Code erfüllen.

1.3 Der Code fordert, dass ein Gastankschiff die Mindestanforderungen für die in Kapitel 19 aufgeführten Stoffe erfüllen muss. Die Vorschriften für verflüssigten Wasserstoff sind im Code jedoch nicht definiert.

1.4 Diese Anlage gibt vorläufige Empfehlungen, wie in Absatz 5 der Präambel des Codes dargelegt, für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut, welche als Ausgangspunkt für zukünftige Mindestanforderungen an den Transport dieser Ladung dienen sollen.

1.5 Diese Empfehlungen wurden unter der Annahme erarbeitet, dass ein Gastankschiff für verflüssigten Wasserstoff keine anderen Gase außer verflüssigtem Wasserstoff transportiert. Folglich sind diese Empfehlungen nicht anwendbar auf Gastankschiffe für verflüssigten Wasserstoff, die Gase transportieren, die nicht verflüssigter Wasserstoff sind.

1.6 Der Code nimmt Bezug auf Absatz 5 der Präambel, auf Absatz 1.1.6.1 und auf Anmerkung Nr. 8 über die Ausstellung von Zeugnissen in Modellform, nach Art des "Zeugnisses über die Eignung zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut", im Anhang 2 des Codes.

2 Vorläufige Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut

2.1 Die vorläufigen Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut sind ausgehend von den Ergebnissen einer Vergleichsstudie ähnlicher Ladungen, wie sie in Kapitel 19 des Codes aufgeführt sind, z.B. verflüssigtes Erdgas, erarbeitet worden.

2.2 Kapitel 19 des Codes regelt die Anwendung allgemeiner Vorschriften für die entsprechenden Ladungen. Eine Auswahl der allgemeinen Vorschriften für die entsprechenden Ladungen wird in den Spalten ,c" bis ,g" aufgeführt. Zusätzlich zu den allgemeinen Vorschriften können für besondere Ladungen besondere Vorschriften greifen, abhängig von den Eigenschaften/Gefahren der Ladungen.

2.3 Tabellen 1 und 2 detaillieren die empfohlene Auswahl allgemeiner Vorschriften, bzw. die besonderen Vorschriften, für verflüssigten Wasserstoff.

Tabelle 1: Vorläufige Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut

abcdefghi
ProduktnameSchiffenUnabhängiger Typ C Tank
erforderlich
Überwachung der Dampfräume in LadetanksAufspüren von GasenFüllstandsanzeigeBesondere Vorschriften
Wasserstoff2 G--FCsiehe Tabelle 2

Tabelle 2: Besondere Vorschriften für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut

Nr.Besondere Vorschriftdazugehörige Gefahr
1Vorschriften für Materialien, deren Auslegungstemperatur niedriger ist als -165 °C, müssen mit der Verwaltung abgestimmt werden, unter Beachtung der einschlägigen Normen. Ist die Mindestauslegungstemperatur niedriger als -196 °C, müssen die Eigenschaften der Isoliermaterialien mit einem geeigneten Prüfmedium getestet werden, und zwar über einen Temperaturbereich, der im Betrieb erwartet wird.Niedrige Temperatur
(siehe 4.2.1)
2Konstruktionsmaterialien und Zusatzausrüstung wie z.B. Isolierungen müssen resistent gegen die Einflüsse hoher Sauerstoffkonzentrationen sein, die bei den niedrigen Temperaturen, die an einigen Stellen des Ladungsbehältersystems erreicht werden, durch Kondensation und Anreicherung entstehen (siehe auch die Vorschriften für Stickstoff).Niedrige Temperatur
(siehe 4.2.2)
3Für Ladungsrohrleitungen, die flüssigen Wasserstoff oder kalten Wasserstoffdampf führen, müssen Vorkehrungen getroffen werden, um zu verhindern, dass die exponierten Flächen -183 °C erreichen. An Stellen, an denen diese vorbeugenden Maßnahmen nicht ausreichend wirksam sind, z.B. an den Manifolds für die Ladung, müssen andere geeignete Vorkehrungen getroffen werden; etwa können eine Belüftung, die die Bildung von hochangereichertem Sauerstoff verhindert, und der Einbau von Auffangbehältern für flüssige Luft anstelle der vorbeugenden Maßnahmen gestattet werden. Isolierungen an Rohrleitungssystemen, die flüssigen Wasserstoff führen und der umgebenden Luft ausgesetzt sind, müssen aus nichtbrennbaren Material und derart ausgelegt sein, dass ihre äußere Ummantelung eine Versiegelung enthält, die eine Kondensation von Luft, und damit eine Sauerstoffanreicherung innerhalb der Isolierung, verhindert.Niedrige Temperatur
(siehe 4.2.2)
4Angemessene Methoden, z.B. eine Filteranlage, müssen im Ladungsrohrleitungssystem bereitgestellt werden, um Verunreinigungen zu entfernen, die bei niedrigen Temperaturen kondensieren.Niedrige Temperatur
(siehe 4.2.3)
5Druckentlastungssysteme müssen auf geeignete Weise ausgelegt und konstruiert sein, um Obstruktionen durch Wasser- oder Eisbildung zu vermeiden.Niedrige Temperatur
(siehe 4.2.4)
6An Stellen, an denen ein Kontakt mit Wasserstoff zu erwarten ist, muss nach Bedarf geeignetes Material verwendet werden, um eine Werkstoffschädigung durch Wasserstoffversprödung zu verhindern.Niedrige Temperatur
(siehe 4.3)
7Alle Schweißnähte an der Hülle von Ladetanks müssen ebene, vollständig durchgeschweißte Stumpfnähte sein. Nur an Verbindungen zwischen Tankdom und Tankhülle sind vollständig durchgeschweißte T-Nähte zulässig, abhängig von den Testergebnissen bei der Abnahme des SchweißverfahrensNiedrige Temperatur
(siehe 4.4.1)
8Doppelrohrstrukturen, die eine Lecksicherheit garantieren, oder ein fest installiertes Wasserstoffspürgerät, das eine Wasserstoffleckage ermitteln kann, müssen an Stellen vorgesehen sein, an denen es zu Wasserstoffleckagen kommen kann, z.B. an Ladungsventilen, Flanschverbindungen und Dichtungen.Niedrige Temperatur
(siehe 4.4.2)
9Helium oder eine Mischung von 5 % Wasserstoff und 95 % Stickstoff muss als Prüfmedium für die Dichtigkeitsmessung von Ladetanks und Ladungsrohrleitungen benutzt werden.Gasdurchlässigkeit
(siehe 4.4.3)
10Die Menge Kohlenstoffdioxid, die für eine CO2-Löschanlage mitgeführt wird, muss ausreichend sein, um eine Menge freien Gases freizusetzen, die in jedem Fall 75 % oder mehr des Bruttovolumens der Ladekompressor- und Pumpenräume entspricht.Wasserstofffeuer
(siehe 4.7.3)
Breites Spektrum möglicher Zündgrenzen
(siehe 4.10)
11Wenn eine Verschlechterung der Isolationsleistung durch einen Einzelschaden möglich ist, müssen angemessene Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, unter Berücksichtigung der fraglichen Verschlechterung.Hoher Druck
(siehe 4.8)
12Wenn das Ladetanksystem vakuumisoliert ist, muss die Isolationsleistung zur Zufriedenheit der Verwaltung geprüft werden, je nach Bedarf auch mithilfe von Experimenten.Allgemein
(siehe 4.1)
13Es müssen geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um zu verhindern, dass Lüfter durch Eisbildung aufgrund von Luftfeuchtigkeit blockiert werden.Niedrige Temperatur
(siehe 4.2.2)
14Ein geeignetes System zur Handhabung des Verdampfungsverlustes muss besonders berücksichtigt werden.Hoher Druck
(siehe 4.8)
15Elektrostatische Aufladung durch rotierende Maschinen oder Kolbenmaschinen muss besonders berücksichtigt werden, einschließlich des Einbaus leitfähiger Triebriemen und vorbeugender Maßnahmen, die in die Betriebs- und Wartungsabläufe integriert sind. Antistatische Kleidung und Schuhwerk, sowie ein tragbares Wasserstoffspürgerät, müssen jedem Mannschaftsmitglied, das im Ladungsbereich arbeitet, zur Verfügung gestellt werden.Elektrostatische Aufladung
(siehe 4.9.2)
16Eine Betriebsanleitung für ein Gastankschiff für verflüssigten Wasserstoff muss auch auf Einschränkungen verschiedener Betriebsabläufe in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen eingehen.Breites Spektrum möglicher Zündgrenzen
(siehe 4.10)
17Ein geeignetes Verfahren für Aufwärmung, Inertgasspülung, Entgasung, Wasserstoffspülung und Vorkühlung muss geschaffen werden. Das Verfahren muss u. a. die folgenden Elemente enthalten:
  1. Auswahl des Inertgases in Bezug auf den Temperaturgrenzwert;
  2. Gaskonzentrationsmessung;
  3. Temperaturmessung;
  4. Verfügbarkeit der Gase;
  5. Bedingungen, unter denen jeder Vorgang begonnen, unterbrochen, wieder angefangen und beendet werden kann;
  6. Behandlung des Rückgases; und
  7. Abgabe der Gase.
Verhinderung gefährlicher Spülvorgänge
(siehe 4.11)
18Es muss nahezu reiner Para-Wasserstoff (d. h. mehr als 95 %) geladen werden, um eine Überhitzung durch die Umwandlung von Ortho- in Para-Wasserstoff zu vermeiden.Allgemein
(siehe 4.1)
19Sorgfältig ausgewählte spezielle Wasserstofffeuermelder, die den Anforderungen der Verwaltung genügen, müssen verwendet werden, unter Berücksichtigung der besonderen Eigenschaften von Wasserstofffeuern.Eigenschaften von Wasserstofffeuer
(siehe 4.7.4)
20In der Planungsphase muss die Wasserstoffdispersion aus Lüftungsöffnungen analysiert werden, um das Risiko eines Eindringens von brennbarem Gas in Unterkunfts-, Wirtschafts- oder Maschinenräume sowie Kontrollstationen zu verhindern. Auf Basis der Ergebnisse dieser Analyse muss eine Ausweitung der Gefahrenbereiche in Erwägung gezogen werden.Geringe Dichte und hohes Diffusionsvermögen
(siehe 4.5)
21Angemessene Sicherheitseinrichtungen, die die Bildung explosiver Gasgemische im Falle einer Wasserstoffleckage verhindern, müssen besonders berücksichtigt werden. Dazu gehören:
  1. Installation von Wasserstoffspürgeräten in Bodennähe, um eine dortige Ausbreitung von tiefkaltem Wasserstoffgas zu erkennen, sowie an hohen Punkten in Räumen, in denen sich warme Wasserstoff -Gaseinschlüsse bilden können; und
  2. Anwendung des bewährten Verfahrens ("best practice") der Lagerung verflüssigten Wasserstoffs an Land, unter Berücksichtigung einer angemessenen Anleitung wie z.B. dem "Cryogenics Safety Manual - Fourth Edition (1998)" 8.
Allgemein
(siehe 4.1)
22Für den Fall, dass zur Branderkennung wie in Absatz 18.10.3.2 des Codes gefordert Schmelzleiter eingesetzt werden, müssen an denselben Stellen zusätzlich Flammenmelder installiert werden, die für Wasserstoffflammen geeignet sind. Es müssen geeignete Vorkehrungen getroffen werden, um zu verhindern, dass wegen eines Fehlalarms durch einen Flammenmelder die Notabschaltung aktiviert wird, z.B. indem man vermeidet, dass ein einzelner Sensor das Notabschaltsystem aktivieren kann ("voting method").Brandgefahr
(siehe 4.7.4)
23Die Lüfterleistung für die geschlossenen Räume, die zu Leckagen flüssigen Wasserstoffs neigen, muss sorgfältig ermittelt und erhöht werden, unter Berücksichtigung der latenten Verdampfungswärme, spezifischen Wärme sowie dem Volumen von Wasserstoffgas im Verhältnis zur Temperatur und Wärmekapazität der angrenzenden Räume.Geringe Dichte und hohes Diffusionsvermögen
(siehe 4.5)
24Rohrleitungen für flüssigen und gasförmigen Wasserstoff dürfen nicht durch geschlossene Räume außer denen in Absatz 5.2.2.1.2 des Codes genannten geführt werden, es sei denn:

1.1 diese Räume sind mit Gasspürsystemen ausgestattet, die bei nicht mehr als 30 % der unteren Zündgrenze (LFL) den Alarm auslösen und bei nicht mehr als 60 % der unteren Zündgrenze die Absperrventile verschließen, wie jeweils erforderlich (siehe Abschnitte 16.4.2 und 16.4.8 des Codes); und

1.2 die Räume sind angemessen belüftet; oder

2 die Räume werden in einem inerten Zustand gehalten.

Diese Vorschrift ist nicht auf Räume anzuwenden, die ein Teil des Ladungsbehältersystems sind, das mit einer Vakuumisolierung ausgestattet ist, deren Vakuumgrad überwacht wird.

Gasdurchlässigkeit
(siehe 4.4)
25Eine Risikobewertung muss durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass allen Risiken, die von verflüssigter Wasserstoffladung ausgehen und sich auf die Menschen an Bord, die Umwelt oder die strukturelle Festigkeit oder Unversehrtheit des Schiffes auswirken, Rechnung getragen wurde.Allgemein
(siehe 4.1)
Dabei müssen im Falle eines vernünftigerweise vorhersehbaren Versagens die mit den Eigenschaften von verflüssigtem Wasserstoff und Wasserstoffgas verbundenen Gefahren, die räumliche Anordnung, sowie Betrieb und Wartung in die Erwägung mit einbezogen werden. Für die Risikobewertung müssen geeignete Verfahren angewendet werden, z.B. HAZID, HA-ZOP, FMEA/FMECA, WENN-Analysen usw., unter Berücksichtigung von IEC/ISO 31010:2009 "Risikomanagement - Verfahren zur Risikobeurteilung " 7 und SAE ARP 5580-2001 "Recommended failure modes and effects analysis (FMEA) practices for nonautomobile applications" 9.
26Die Auslegung der Überdruckventile muss für das schlimmste Szenario durchgeführt werden. Hierbei muss beurteilt werden, ob dieses Szenario durch Feuer oder Vakuumverlust des gesamten Isolationssystems herbeigeführt wurde, und die Größenordnung des resultierenden Wärmestroms in das Ladungsbehältersystem in beiden Fällen berücksichtigt werden.Gefahr durch hohen Druck
(siehe 4.8)
27Eine Füllgrenze, die 98 % bei Referenztemperatur übersteigt, ist nicht erlaubt.Gefahr durch hohen Druck
(siehe 4.8)
28Wenn geschweißte Verbindungen praktikabel sind, müssen verschraubte Flanschverbindungen zwischen Wasserstoffrohrleitungen vermieden werden.Gasdurchlässigkeit
(siehe 4.4.2)
29Die Tatsache, dass Wasserstofffeuer unsichtbar sind, muss besonders berücksichtigt werden.Brandgefahr
(siehe 4.7.4 )

3 Erläuterungen zu den Allgemeinen Vorschriften

3.1 Eigenschaften verflüssigten Wasserstoffs

Die Anwendung allgemeiner Vorschriften im Code für verflüssigten Wasserstoff wurde auf Basis einer Vergleichsstudie über die physikalischen Eigenschaften verflüssigten Wasserstoffs und verflüssigten Erdgases (LNG) abgewogen. LNG und verflüssigter Wasserstoff sind kryogene Flüssigkeiten, ungiftig, und sie bilden ein entzündliches Hochdruckgas. Zum Vergleich zeigt Tabelle 3 die physikalischen Eigenschaften von Wasserstaff und Methan, der Hauptkomponente von LNG.

Tabelle 3: Vergleich der physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff und Methan

WasserstoffMethanVerweise
Siedepunkt (K) *20,3111,6ISO 1, Anlage A, TabelleA.3
Flüssigkeitsdichte (kg/m3) *70,8422,5ISO 1, Anlage A, TabelleA.3
Gasdichte (kg/m3) **
(Luft 1,198)
0,0840,668NIST RefProp 10
Viskosität

(g/cm ⋅ s x 10-6)

gasförmig

flüssig

8,8

13,49

8,8

13,49

10,91

116,79

NIST RefProp 10

NIST RefProp 10

Flammentemperatur in Luft (OC)23962230berechnet mit Cantera und GRI-Mech 3.0
Maximale Verbrennungsgeschwindigkeit (m/s)3,150,385berechnet mit Cantera und GRI-Mech 3.0
Verdampfungswärme (J/g)*448,7510,4ISO 1, Anlage A, TabelleA.3
Untere Zündgrenze
(% Volumenanteil) ***
4,05,3ISO 1, Anlage B, Tabelle B.2
Obere Zündgrenze
(% Volumenanteil) ***
75,017,0ISO 1, Anlage B, Tabelle B.2
Untere Detonationsgrenze
(% Volumenanteil) ***
18,36,3ISO 1, Anlage B, Tabelle B.2
Obere Detonationsgrenze
(% Volumenanteil) ***
59,013,5ISO 1, Anlage B, Tabelle B.2
Mindestzündenergie (mJ) ***0,0170,274ISO 1, Anlage B, Tabelle B.2
Selbstentzündungstemperatur585537ISO 1, Anlage B, Tabelle B.2
(OC) ***
GiftigkeitkeinekeineOrange book 5
Temperatur am kritischen Punkt (K)33,19 ****190,55Wasserstoff: ISO 1, Anlage A, Tabelle A.1
Methan: The Japan Society of Mechanical Engineers, Data Book, Thermophysical Properties of Fluids (1983)
Druck am kritischen Punkt (kPaA)1297 ****4595Wasserstoff: ISO 1, Anlage A, Tabelle A.1
Methan: The Japan Society of Mechanical Engineers, Data Book, Thermophysical Properties of Fluids (1983)
Anmerkungen:
*) an ihrem normalen Siedepunkt, zu Vergleichszwecken
**) bei Normtemperatur und -druck
***) Zünd- und Verbrennungseigenschaften für Luftgemische bei 25°C und 101,3 kPaA
****) normaler Wasserstoff

3.2 Erläuterung der jeweiligen Vorschriften

3.2.1 Schiffstyp (Spalte "c")

3.2.1.1 Die Studien haben in Bezug auf den im Code zugeordneten Schiffstypen die folgenden Dinge aufgezeigt:

  1. Typ 1G wird nur Gefahrgut der Klasse 2.3 ** gemäß IMDG-Code zugeordnet, nicht aber der Klassen 2.2 und 2.1;
  2. Typ 2G und Typ 2PG werden hauptsächlich ungiftigen Gasen der Klasse 2.1 zugeordnet; und
  3. Typ 3G wird ausschließlich nicht brennbaren und ungiftigen Gasen der Klasse 2.2 zugeordnet.

3.2.1.2 "Typ 2PG" lässt sich auf verflüssigten Wasserstoff nicht anwenden, da die Auslegungstemperatur weniger als -55 °C beträgt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass verflüssigter Wasserstoff ein Gefahrgut der Klasse 2.1 ist, ist es sinnvoll, verflüssigtem Wasserstoff "Typ 2G" zuzuordnen.

3.2.2 Unabhängiger Tank Typ C erforderlich (Spalte "d")

Unabhängiger Tank Typ C wird nur Gefahrgut der Klasse 2.3 zugeordnet, dessen Dampfdichte schwerer ist als Luft. Unabhängiger Tank Typ C wird bei verflüssigtem Wasserstoff nicht als erforderlich erachtet.

3.2.3 Überwachung der Dampfräume in Ladetanks (Spalte "e")

Für flüssige chemische Produkte werden generell spezielle Umweltkontrollsysteme z.B. Trocknung und Inertisierung gefordert, in Abhängigkeit der Reaktivität ihres Ladedampfes mit Luft. Wie auch bei LNG wird es nicht als notwendig erachtet, derartige Vorschriften auf verflüssigten Wasserstoff zu übertragen.

3.2.4 Aufspüren von Gasen (Spalte "f")

Da Wasserstoff brennbar und ungiftig ist, ist es bei verflüssigtem Wasserstoff angebracht, für das Aufspüren von Gasen "Flammable (F)" (brennbar) zu fordern.

3.2.5 Füllstandsanzeige (Spalte "g")

Geht man davon aus, dass bei brennbaren oder giftigen Ladungen wie Methan prinzipiell "Closed (C) gauging", also die Füllstandsmessung und -anzeige bei einem geschlossenen System, erforderlich ist, ist es angebracht, auch für Wasserstoff "Closed (C) gauging" zu fordern, vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Wasserstoff hoch entzündlich ist und mit Luft einen großen Explosionsbereich hat, und dass Closed Gauging Gasleckagen in Luft wirkungsvoll vermeiden kann.

4 Besondere Vorschriften zum Schutz vor den Gefahren verflüssigten Wasserstoffs

4.1 Gefahren verflüssigten Wasserstoffs, die berücksichtigt werden müssen

4.1.1 Die Gefahren durch verflüssigten Wasserstoff sind eine geringe Zündenergie, ein großer Explosionsbereich, eine geringe Sichtbarkeit der Flammen im Falle eines Feuers, eine hohe Flammengeschwindigkeit, die zu einer Detonation mit einer Druckwelle , einer niedrigen Temperatur und Bestandteilen von Luft, die durch Verflüssigung/Verfestigung von Inertgas und Bestandteilen der Umgebungsluft führen können, was zu einer mit Sauerstoff angereicherten Atmosphäre führen kann, einer hohen Gasdurchlässigkeit, einer geringen Viskosität, sowie Wasserstoffversprödung auch an Schweißmetallen. Wenn eine Vakuumisolierung verwendet wird, muss bei den erwarteten Transporttemperaturen von verflüssigtem Wasserstoff die Möglichkeit einer vorzeitigen Verschlechterung ihrer Isolationseigenschaften besonders berücksichtigt werden. Die Bewertung der Vakuumisolierung muss für den erwarteten Druckbereich bzw. die Obergrenze des kalten Vakuumdrucks ("cold vacuum pressure", CVP) spezifiziert werden, und ein Vakuumverlust muss in Relation zu diesem Wert definiert werden. Entsprechend müssen die Einflüsse des Vakuumdrucks bei Auslegung und Abnahme der Ladungsbehältersysteme und Rohrleitungen mit berücksichtigt werden. Deren Stützstruktur und die daneben liegenden Außenhautverbände müssen derart ausgelegt werden, dass der Kühleffekt durch Vakuumisolationsverlust berücksichtigt wird.

4.1.2 Wasserstoff ist im Wesentlichen eine Mischung aus Ortho- und Para-Wasserstoff, bei einer Gleichgewichtskonzentration von 75 % Ortho-Wasserstoff und 25 % Para-Wasserstoff bei Umgebungstemperatur. Im verflüssigten Zustand bei 20 K erfolgt ein langsamer aber kontinuierlicher Übergang von Ortho-Wasserstoff zu Para-Wasserstoff. Es ist möglich, dass diese exotherme Umwandlung der Kernspinisomere von Wasserstoff (Ortho- zu Para-Wasserstoff) stattfindet, und dass der Effekt der Umwandlung die Kapazitäten der Kühlung und der Überdruckventile des Schiffes beeinträchtigt.

4.1.3 In Anbetracht der besonderen Vorschriften für Gastankschiffe für verflüssigten Wasserstoff wurde mit den am Ende dieses Dokuments aufgeführten Quellen ein Literaturstudium durchgeführt, vor allem mit ISO/TR 15916, "High Pressure Gas Safety Act" 1 (japanischer Gesetzestext), "Safety standard for hydrogen and hydrogen system" des AIAA 2 (US-Amerikanischer Berufsverband der Luft- und Raumfahrttechnik), sowie NFPA 2 (US-Amerikanische Nationale Brandschutzorganisation) "Hydrogen Technologies Code" 6. Der Großteil der besonderen Vorschriften für Gastankschiffe für verflüssigten Wasserstoff stammt aus ISO/TR 15916. Diese Norm bezieht sich auf Tanklager an Land, Tanklastwagen usw. und berücksichtigt grundlegende Sichtweisen auf die Eigenschaften verflüssigten Wasserstoffs.

4.1.4 Spurenanteile von Luft kondensieren oder erstarren in einer Umgebung mit verflüssigtem Wasserstoff, was zu einer instabilen und explosiven Mischung führen kann. Es sind entsprechende Vorkehrungen zu treffen, die der Wahrscheinlichkeit kondensierter Luft innerhalb ordnungsgemäß gesicherter Gefahrenbereiche Rechnung tragen.

4.2 Gefahr durch niedrige Temperatur

4.2.1 Auswahl des geeigneten Materials

4.2.1.1 Tabellen 6.3 und 6.4 des Codes schreiben eine bestimmte Auswahl an Werkstoffen für Rohrleitungen oder Ladetanks vor, deren Auslegungstemperatur -165 °C oder mehr beträgt. Nach Anmerkung 2 zu Tabelle 6.3 und Anmerkung 3 zu Tabelle 6.4 des Codes müssen die Vorschriften für Werkstoffe, deren Auslegungstemperatur weniger als -165 °C beträgt, separat mit der Verwaltung abgestimmt werden. Diesbezüglich führt der AIAA2) einige geeignete Werkstoffe für entsprechende Auslegungstemperaturen ein, und die Verwaltung muss diese bei der Auswahl von Werkstoffen berücksichtigen.

4.2.1.2 Obwohl Absatz 4.19.3 des Codes fordert, dass Werkstoffe, die für die thermische Isolation verwendet werden, auf verschiedene Eigenschaften getestet werden, die für die vorgesehene Betriebstemperatur relevant sind, beträgt die Mindest-Testtemperatur -196 °C. Die Vorschriften im Code nehmen keinen Bezug auf den normalen Siedepunkt von Wasserstoff von -253 °C. Für den Transport verflüssigten Wasserstoffs müssen demnach besondere Vorschriften gestellt werden, die die geringere Auslegungstemperatur berücksichtigen.

4.2.2 Maßnahmen wegen kondensierter Luft

4.2.2.1 Im Falle von Stickstoff, dessen normaler Siedepunkt bei -196 °C liegt, wo Luftkondensation und Sauerstoffanreicherung eine Rolle spielen, wurde dem Code in Absatz 17.17 bereits die folgende besondere Vorschrift hinzugefügt:

"Werkstoffe und zugehörige Ausrüstung wie die Isolierung sollen gegen die Einflüsse hoher Sauerstoffkonzentration widerstandsfähig sein, die durch Kondensation und Anreicherung mit Sauerstoff bei tiefen Temperaturen in Teilen des Ladungsbehältersystems auftreten kann. Die Entlüftung derjenigen Bereiche, in denen die Kondensation auftreten kann, soll besonders berücksichtigt werden, um Schichtungen einer mit Sauerstoff angereicherten Atmosphäre zu verhindern."

Eine ähnliche spezielle Vorschrift ist auf Wasserstoff anzuwenden.

4.2.2.2 Lüfter können durch Eisbildung aus der Feuchtigkeit in der Umgebungsluft blockiert werden. Dies kann zu übermäßigem Druck und damit zu einem Bersten des Lüfters und der dazugehörigen Rohrleitungen führen (siehe Absatz 4.2.4).

4.2.3 Entfernung kondensierter Verunreinigungen

Die Entfernung von Verunreinigungen, wie z.B. solcher, die als Kondensat in Rohrleitungen auftreten, muss separat betrachtet werden. Der Einbau spezieller Filter kann eine angemessene Maßnahme darstellen und muss als besondere Vorschrift vorgeschrieben werden.

4.2.4 Vermeidung von Blockaden durch Wasser- oder Eisbildung

Druckentlastungssysteme können durch Wasser- oder Eisbildung blockiert werden, je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit, als Folge der niedrigen Ladungstemperatur und des Ladungsabdampfes (siehe Absatz 4.2.2). Es muss eine angemessene Methode zur Verfügung gestellt werden, die derartige Phänomene verhindert.

4.3 Wasserstoffversprödung

4.3.1 Um Werkstoffschäden durch Wasserstoffversprödung zu vermeiden, ist die Auswahl geeigneter Werkstoffe gefordert. Die Publikation der AIAA2) führt einige geeignete Werkstoffe an, die eine Beständigkeit gegen Wasserstoffversprödung aufweisen, und kommt zu dem Schluss, dass Aluminium das Material ist, das davon am wenigsten betroffen ist.

4.3.2 Internationale oder nationale Normen müssen bei der Auswahl von Werkstoffen für die Auslegung von Anlagen für verflüssigten und gasförmigen Wasserstoff in einer maritimen Umgebung befolgt werden.

4.4 Gasdurchlässigkeit

4.4.1 Vermeidung von Leckagen an Ladetanks

Um Wasserstoffleckagen einzudämmen, scheint es angemessen, unabhängig vom Tanktyp vollständig durchgeschweißte Stumpfnähte zu fordern, vor allem unter Berücksichtigung der hohen Gasdurchlässigkeit von Wasserstoff. Außerdem sind auch die Schweißverbindungen zwischen Tankdom und Tankhülle sowie Stutzennähte als voll durchzuschweißen zu planen, unabhängig vom Tanktyp und unter Berücksichtigung der Absätze 4.20.1.1 und 4.20.1.2 des Codes.

4.4.2 Vermeidung von Leckagen an Rohrleitungen

Um eine unbemerkte Anreicherung von Wasserstoff in geschlossenen Räumen zu vermeiden, müssen wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um die Möglichkeit von Leckagen zu reduzieren, wobei die hohe Gasdurchlässigkeit von Wasserstoff zu berücksichtigen ist. Wirksame Maßnahmen können doppelwandige Rohrleitungssysteme oder fest installierte Wasserstoff-Spürgeräte in Bereichen, deren Gefährdung im Hinblick auf Wasserstoffleckagen als hoch eingeschätzt wird. Wasserstoffleckagen durch Schweißnähte, Verbindungen und Dichtungen sind ein wichtiger Aspekt der Auslegung und des Betriebs von Wasserstoffsystemen.

4.4.3 Durchführung einer effektiven Dichtigkeitsprüfung

4.4.3.1 Dichtigkeitsprüfungen von Ladetanks, -rohrleitungen und -ventilen werden jeweils in den Absätzen 4.20.3.2, 5.13.1 und 5.13.2.3 des Codes gefordert. Als Prüfmedium für die Dichtigkeitsprüfung muss anstelle von Luft Helium oder eine Mischung von 5 % Wasserstoff und 95 % Stickstoff verwendet werden, da die Gasdurchlässigkeit von Wasserstoff hoch ist.

4.4.3.2 Das Rohrleitungssystem einer Wasserstoffanlage muss bei Auslegungsdruck druckgeprüft werden. Dabei müssen zur Aufspürung von Leckagen sauerstofffreier Stickstoff mit einem niedermolekularen Spürgas wie etwa Helium sowie ein elektronisches Lecksuchgerät verwendet werden.

4.4.4 Nachweis adäquater Betriebsabläufe

Anleitungen/Gebrauchsanweisungen, die die Betriebsabläufe zur Leckvermeidung während des Transports, Methoden zur Früherkennung von Leckagen, sowie geeignete Maßnahmen, die nach solchen Vorfällen zu ergreifen sind, enthalten, müssen zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck fordert Absatz 18.3 des Codes, dass diese Informationen für alle Beteiligten an Bord verfügbar sind und die notwendigen Daten für den sicheren Transport der Ladung enthalten. Im Detail fordert der Code, dass sich an Bord Informationen über Maßnahmen im Falle eines Auslaufens oder einer Leckage befinden, ebenfalls über Gegenmaßnahmen nach unbeabsichtigtem Kontakt, sowie Arbeitsabläufe für den Ladungsumschlag und Notfallmaßnahmen. Im Hinblick auf Arbeitsanweisungen während des Transports und des Umschlagsbetriebs gelten die Vorschriften des Codes unverändert auch für verflüssigten Wasserstoff, ohne dass weitere besondere Vorschriften notwendig wären.

4.5 Geringe Dichte und hohes Diffusionsvermögen

Obwohl geringe Dichte und hohes Diffusionsvermögen von Wasserstoff unter Umständen die Wahrscheinlichkeit verringern, dass sich in offenen Räumen eine brennbare Atmosphäre bildet, ist in geschlossenen Räumen in Ladungsbereichen, in denen sich eine Wasserstoff-Sauerstoff/Luft-Mischung bilden kann, eine ausreichende Belüftung notwendig. Absatz 12.2 des Codes fordert fest installierte Belüftungssysteme oder eine tragbare mechanische Belüftung für derartige geschlossene Räume. Diese Vorschriften des Codes gelten unverändert auch für Gastankschiffe für verflüssigten Wasserstoff, ohne dass weitere besondere Vorschriften diesbezüglich notwendig wären.

4.6 Entzündbarkeit

4.6.1 Der Code fordert die folgenden Dinge, um die Entzündung brennbarer Ladungen zu verhindern: Potentialausgleich von Rohrleitungen und Ladetanks in Absatz 5.7.4, Ausschluss aller Zündquellen in Absatz 11.1.2, elektrische Installationen, die das Risiko von Feuer und Explosionen durch brennbare Güter minimieren, in Absatz 10.2.1, usw.

4.6.2 Der Code fordert die Einhaltung der relevanten Standards der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC), und die IEC-Normen spezifizieren die Details solcher Sicherheitsmaßnahmen in Abhängigkeit mit den jeweiligen Eigenschaften der brennbaren Gase, einschließlich Wasserstoff. Im Hinblick auf die Entzündbarkeit von Wasserstoff sind also keine weiteren besonderen Vorschriften notwendig.***

4.7 Brandgefahr

4.7.1 Sicherheit der Besatzung im Brandfall

Um sich den Auswirkungen von Flammen und UV-Strahlung durch Wasserstofffeuer zu entziehen, ist es wirkungsvoll, eine Brandschutzausrüstung und Schutzkleidung zu tragen. Der Code fordert für Schiffe, die brennbare Produkte transportieren, bereits die Mitführung von Brandschutzausrüstungen (Absatz 11.6.1) und Schutzkleidung (Absatz 14.3). Dieser Aspekt muss als Teil der Ladungsinformation, wie in Absatz 18.3 des Codes gefordert, betrachtet werden. Die Tatsache, dass Wasserstofffeuer unsichtbar sind, muss dabei besonders berücksichtigt werden.

4.7.2 Kompatibilität der Feuerlöschsysteme

Feuerlöscher mit chemischem Trockenpulver oder Kohlendioxid-Feuerlöschsysteme gelten im Falle eines Wasserstofffeuers als wirkungsvoll, und ebensolche Löschsysteme werden in den Absätzen 11.4 und 11.5 des Codes bereits gefordert. Besondere Vorschriften bezüglich der Installation von Feuerlöschsystemen anderen Typs werden als nicht notwendig erachtet, außer im Hinblick auf erforderlichen größeren Menge an Lösch-CO2, wie im nächsten Paragraphen dieses Dokuments aufgeführt.

4.7.3 Erhöhung der Gasmenge für Kohlendioxid-Feuerlöschsysteme

4.7.3.1 Absatz 11.5.1 des Codes fordert Folgendes:

"Geschlossene Räume, welche die Kriterien für Lademaschinenräume nach Absatz 1.2.10 erfüllen, und die Ladungs-Motorenräume innerhalb des Ladungsbereiches auf jedem Schiff müssen mit einem fest eingebauten Feuerlöschsystem ausgerüstet sein, das die Vorschriften des FSS-Codes erfüllt und die notwendigen Konzentrationen/Verteilungsraten berücksichtigt, die für die Löschung von Gasbränden erforderlich sind."

4.7.3.2 Kapitel 5 des FSS-Codes, in dem es um fest eingebaute Gasfeuerlöschsysteme geht, fordert in Absatz 2.2.1.1., dass für Laderäume die Menge des verfügbaren Kohlendioxids, sofern nicht etwas anderes bestimmt ist, ein Mindestvolumen entspannten Gases ergibt, das 30 % des Gesamt-Rauminhalts des größten so geschützten Laderaums auf dem Schiff entspricht.

4.7.3.3 Andererseits fordert NFPA 12 3, dass die Auslegungsmenge Kohlendioxid für Wasserstofffeuer 75 % oder mehr des Bruttovolumens des so geschützten Laderaums bzw. -tanks betragen muss. Diese besondere Vorschrift bezüglich einer erhöhten Kohlendioxidmenge muss für Kohlendioxid-Feuerlöschsysteme bereitgestellt werden.

4.7.4 Eigenschaften von Wasserstofffeuer

Wasserstoff verbrennt bei einer hohen Temperatur, gibt im Allgemeinen aber weniger Strahlungswärme ab als Propan oder andere Kohlenwasserstoffe (z.B. nur etwa 10 % der Strahlungswärme einer gleich großen Propanflamme). Obwohl die von einer Wasserstoffflamme abgestrahlte Wärme also im Vergleich zu Kohlenwasserstoffen relativ gering ist, ist es dennoch wichtig, die Unterschiede in Bezug auf Verbrennung, Brenngeschwindigkeit und Flammengröße zu berücksichtigen. Wasserstoffflammen sind farblos oder nahezu farblos. Diese beiden Charakteristika machen es noch schwieriger, ein Wasserstofffeuer zu entdecken. Sogar relativ kleine Wasserstofffeuer sind sehr schwer zu löschen. Das einzig zuverlässige Vorgehen, um ein solches Feuer zu löschen, ist, ihm die Wasserstoffzufuhr abzuschneiden.

4.8 Gefahr durch hohen Druck

4.8.1 Hoher Druck ist eine verbreitete Gefahr bei Wasserstoff und anderen im Code aufgeführten brennbaren Gasen. Um Überdruck zu vermeiden, fordert der Code verschiedene Maßnahmen wie etwa eine Druckregelung und eine Druckauslegung. Speziell fordert Absatz 8.2 im Hinblick auf die Bereitstellung einer Druckregelung für Ladetanks, dass die Ladetanks mit Überdruckventilen ausgestattet werden. Darüber hinaus fordert Absatz 7.1.1 eine Temperaturregelung durch den Einsatz mechanischer Kühlung und/oder eine Auslegung, die einem möglichen Anstieg von Temperatur und Druck widersteht. Zusätzlich spezifiziert Absatz 15.2 die Füllgrenze von Ladetanks, unter Berücksichtigung eines Anstiegs des Ladungsvolumens durch thermische Ausdehnung. Diese Vorschriften gelten unverändert auch für Wasserstoff, ohne dass weitere besondere Vorschriften diesbezüglich notwendig wären.

4.8.2 Vakuumisoliersysteme werden wahrscheinlich auch für Ladungsbehältersysteme für verflüssigten Wasserstoff verwendet werden, und die Isolationsleistung solcher Systeme kann durch Schäden am System beeinträchtigt werden, je nach Auslegung des Systems. Sollte es zu einer rapiden Verschlechterung der Isolationsleistung gekommen sein, würde dies zu einem raschen Temperaturanstieg der Ladung im Tank führen, und/oder zu einer Verdampfungsgeschwindigkeit des verflüssigten Wasserstoffs, die die Kapazität der Überdruckventile übersteigen könnten. Um eine solche gefährliche Verschlechterung der Isolationsleistung zu vermeiden, müssen angemessene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden.

4.8.3 Ladungsabdampf (bzw. Boiloff) könnte für Wasserstoff ein größeres Problem darstellen als für LNG, vor allem, wenn sich die Isolationsleistung verschlechtert. Maßnahmen zum Umgang mit dem Abdampfgas müssen sorgfältig geprüft werden, unter Berücksichtigung der folgenden Punkte:

  1. Die Rückverflüssigung von Wasserstoff erfordert eine sehr spezifische und teure Ausrüstung. Ein Ladungskühlsystem, das Abdampf verhindert, ist mit denselben Problemen konfrontiert; und
  2. Ungeachtet der Vorgabe in Absatz 7.4.1 des Codes, kann thermische Oxidation von Wasserstoff in Übereinstimmung mit Absatz 1.3 des Codes erlaubt sein.

4.8.4 Die besonderen Vorschriften, die diese Aspekte betreffen, werden als notwendig erachtet.

4.9 Gesundheitsrisiken

4.9.1 Bedenken für die menschliche Sicherheit bei niedrigen Temperaturen

Im Hinblick auf die Einflüsse kalten Wasserstoffs auf den menschlichen Körper ist eine passende Schutzausrüstung wirkungsvoll. Diesbezüglich fordert Absatz 14.1 des Codes passende Schutzausrüstung unter Berücksichtigung der Ladungseigenschaften; folglich werden weitere besondere Vorschriften nicht als notwendig erachtet.

4.9.2 Elektrostatische Aufladung

Die Zündenergie von Wasserstoff ist sehr niedrig, und Wasserstoff ist durch elektrostatische Aufladung leicht entzündlich, sodass dieses Thema besonders berücksichtigt werden muss, in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Codes zu passender Schutzausrüstung.

4.9.3 Sauerstoffmangel und Erstickung

Wasserstoffleckagen können zu einem niedrigen Sauerstoffniveau und damit zu Erstickungen führen.

4.10 Großer Explosionsbereich

4.10.1 Löschen eines Wasserstofffeuers

4.10.1.1 Wie in Absatz 4.6 aufgeführt, fordert der Code für brennbare Produkte bereits die Beseitigung möglicher Zündquellen, einschließlich der Benutzung angemessener elektrischer Installationen, die das Risiko von Feuer und Explosionen minimieren. Im Hinblick auf die Entzündbarkeit von Wasserstoff werden keine weiteren besonderen Vorschriften als notwendig erachtet.

4.10.1.2 Weiterhin muss die erhöhte Kohlendioxidmenge als Feuerlöschmedium im Hinblick auf den großen Explosionsbereich von Wasserstoff angegeben werden, wie in Absatz 4.7 aufgeführt. Keine weiteren besonderen Vorschriften sind im Hinblick auf den großen Explosionsbereich von Wasserstoff notwendig.

4.10.2 Ablassen von kaltem Wasserstoffgas

Der große Explosionsbereich von kaltem Wasserstoffgas bedeutet, dass sein Ablassen eine bedeutende Gefahrenquelle darstellt. Kalte Wolken in Windrichtung und unzureichende Verdünnung auf unter 4 % können möglicherweise zu einem Flammenrückschlag zum Entlüftungsventil von weit entfernten Zündquellen außerhalb der kontrollierten Sicherheitsbereiche führen. Die niedrige Zündenergie und der große Explosionsbereich können große Herausforderungen darstellen.

4.11 Verhinderung gefährlicher Spülvorgänge

4.11.1 Im Zuge von Ladungsbewegungen zu Wartungszwecken müssen Rohrleitungen und Tanks mit einem Inertgas oder mit Inertgasen gespült werden, wie in der Abbildung unten illustriert. Aus Sicherheitsgründen müssen Temperatur und Siedepunkte der Inertgase besonders berücksichtigt werden. Verbleibende Blasen von Wasserstoff oder Spülgas werden in der zu spülenden Struktur verbleiben, wenn die Spülrate, die Spülzeit oder die Durchmischung zu gering sind. Folglich müssen für geeignete Spülungen verlässliche, an verschiedenen Stellen innerhalb des Systems durchgeführte Gaskonzentrationsmessungen eingeholt werden. An einer Anzahl von Stellen muss auch die Temperatur gemessen werden. In Anlagen, die Wasserstoff führen, können Oxidationsmittel auftreten, konkret: Luft, Cold-Box-Atmosphären aus mit Stickstoff verdünnter Luft, oder mit Sauerstoff angereicherte Luft, die unter besonderen Umständen innerhalb der Cold Box an Prozessrohrleitungen kondensiert.

4.11.2 Es gibt spezielle Maßnahmen, die eventuell zwecks Risikominderung ergriffen werden müssen, z.B. muss vor der Einleitung von Wasserstoff in das Ladungsrohrleitungssystem oder die Prozessanlagen Luft im System durch eine Stickstoffspülung beseitigt werden. Kommt es in den nachfolgenden Prozessschritten möglicherweise zu einer Erstarrung von Stickstoff, muss der Stickstoff durch eine Wasserstoffspülung beseitigt werden.

Bild

Quellen

1) ISO/TR 15916, "Basic Considerations fort he Safety of Hydrogen Systems" / "Grundlegende Betrachtungen für die Sicherheit der Wasserstoffsysteme" (ISO)

2) American Institute of Aeronautics and Astronautics (US-Amerikanischer Berufsverband für Luft- und Raumfahrttechnik), "Safety Standard for Hydrogen and Hydrogen Systems (Guide to Safety of Hydrogen and Hydrogen Systems) / "Leitfaden zur Sicherheit von Wasserstoff und Wasserstoffsystemen", 2005 (AIAA)

3) NFPA 12: "Standard on Carbon Dioxide Extinguishing Systems" / "Standard für Kohlendioxid-Löschsysteme", 2005 Edition (NFPA)

4) IEC 60079-20-1 Ed. 1.0:2010 (b) Explosive atmospheres - Part 20-1: Material characteristics for gas and vapour classification - Test methods and data / "Explosionsfähige Atmosphären - Teil 20-1: Stoffliche Eigenschaften zur Klassifizierung von Gasen und Dämpfen - Prüfmethoden und Daten"

5) UN Recommendations on the Transport of Dangerous Goods - Model Regulations, Nineteenth revised edition / "UN-Empfehlungen für den Transport gefährlicher Güter - Modellvorschriften, neunzehnte überarbeitete Fassung"

6) NFPA 2: Hydrogen Technologies Code 2016 Edition (NFPA) / "Wasserstofftechnologie-Code, Ausgabe 2016

7) IEC/ISO 31010:2009 "Risk management - Risk assessment techniques" / "Risikomanagement - Verfahren zur Risikobeurteilung"

8) Cryogenics Safety Manual - Fourth Edition (1998)

9) SAE ARP 5580-2001 "Recommended failure modes and effects analysis (FMEA) practices for nonautomobile applications"

10) National Institute of Standards and Technology (NIST) RefProp database

*) Durch die Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr wird hiermit die Entschließung des Schiffssicherheitsausschusses MSC.420(97), "Vorläufige Empfehlungen für den Transport verflüssigten Wasserstoffs als Massengut", in deutscher Sprache amtlich bekannt gemacht.

**) Giftige und brennbare Gase werden als Klasse 2.3 mit Unterklasse 2.1 klassifiziert.

***) Elektrische Anlagen, die in einem Wasserstoff/Luft-Gemisch eingesetzt werden, müssen mindestens vom Typ "II-C" und "T-1 " sein, entsprechend der Gruppe, die auf der experimentell ermittelten höchsten Grenzspaltweite ("maximum experimental safe gap" MESG) für feuerfeste Gehäuse basiert, bzw. der Temperaturklasse, die auf der maximalen Oberflächentemperatur basiert, gemäß IEC 60079-20-1 4.

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