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Regelwerk
Änderungstext

Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Verfahrensordnung:
Verfahren zur Festlegung von Mindestmengen gemäß § 136b Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)

Vom 17. November 2017
(BAnz AT vom 11.04.2018 B2)



Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 17. November 2017 beschlossen, die Verfahrensordnung des G-BA in der Fassung vom 18. Dezember 2008 (BAnz. Nr. 84a vom 10. Juni 2009), zuletzt geändert am 21. Dezember 2017 (BAnz AT 27.03.2018 B3), wie folgt zu ändern:

I.

In Kapitel 8 der Verfahrensordnung wird nach Abschnitt 1 folgender Abschnitt 2 angefügt:

"2. Abschnitt
Verfahren zur Festlegung von Mindestmengen gemäß § 136b Absatz 1 Nummer 2 SGB V

1. Titel
Geltungsbereich und Zuständigkeiten

§ 13 Geltungsbereich

Dieser Abschnitt regelt gemäß § 136b Absatz 3 Satz 2 SGB V das Verfahren des G-BA für Beschlüsse nach § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V, mit dem Ziel, das Verfahren und die Entscheidung transparent zu machen. Geregelt werden insbesondere das Nähere zur Auswahl einer planbaren Leistung sowie zur Festlegung der Höhe einer Mindestmenge.

§ 14 Grundzüge des Verfahrens und Zuständigkeit

(1) Dieses Verfahren untergliedert sich insbesondere in folgende Schritte:

  1. die Stellung und Prüfung des Antrags nach § 15,
  2. die Feststellung der Mindestmengenfähigkeit einer Leistung nach § 16,
  3. die Festlegung der Höhe und des Bezugs von Mindestmengen nach § 17,
  4. die Festlegungen zu Ausnahmetatbeständen und Übergangsregelungen nach § 18,
  5. die Festlegungen zur Begleitevaluation nach § 19 und
  6. die zusammenfassende Dokumentation nach § 20.

(2) Für die Durchführung des Verfahrens ist der Unterausschuss Qualitätssicherung zuständig. Er nimmt unter regelhafter Einbeziehung vorbereitender Arbeitsgruppen die Aufgaben nach Absatz 1 zur Beratung wahr und legt dem Plenum seine Beschlussempfehlungen zur Entscheidung vor.

2. Titel
Verfahren zur Auswahl planbarer Leistungen und Festlegung von Mindestmengen

§ 15 Antrag

(1) Einen Antrag zur Festlegung einer Mindestmenge können folgende Personen oder Organisationen stellen:

  1. die oder der Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung,
  2. die DKG, der GKV-SV, die nach der Patientenbeteiligungsverordnung anerkannten Organisationen und, sofern ihre Belange berührt sind, die KBV und die KZBV,
  3. die nach § 136b Absatz 1 Satz 3 SGB V zu beteiligenden Organisationen (Beteiligte).

(2) Die Ländervertreter haben das Recht, Mindestmengen zur Beratung auf die Tagesordnung setzen zu lassen.

(3) Der Antrag ist in Textform beim G-BA einzureichen. Die Geschäftsstelle prüft die Antragsberechtigung und die formale Vollständigkeit der Angaben nach Absatz 4 .Sie wirkt auf die formale Vollständigkeit des Antrags hin. 4Sie legt dem Unterausschuss den Antrag zusammen mit dem Ergebnis der Prüfung in der nächsten fristgerecht erreichbaren Sitzung zur Beratung vor.

(4) Der Antrag muss

  1. die Leistung beschreiben, für die eine Mindestmenge festgelegt werden soll; dies soll so genau wie möglich erfolgen,
  2. eine Begründung zum Erfordernis einer Mindestmenge, insbesondere durch Darlegung eines Zusammenhangs von Menge und Qualität der Behandlungsergebnisse unter Berücksichtigung von § 16 beinhalten und einen begründeten Vorschlag zur Höhe der Mindestmenge enthalten.2 Unterlagen sind beizufügen; diese sollen geeignet und aussagekräftig sein.

(5) Der Unterausschuss prüft die Zulässigkeit und Eignung der Begründung des Antrags und gibt eine Empfehlung an das Plenum zur Einleitung des Beratungsverfahrens oder die Ablehnung des Antrags ab. Vor einer Ablehnungsempfehlung kann der Unterausschuss die Antragstellerin oder den Antragssteller zur Ergänzung oder Präzisierung des Antrags innerhalb einer angemessenen Frist auffordern. Der Unterausschuss prüft die Notwendigkeit der Einbindung fachlich unabhängiger wissenschaftlicher Institute oder Experten und gibt hierzu ebenfalls eine Empfehlung an das Plenum ab. Wenn der Unterausschuss in der Sitzung, in der über den Antrag erstmalig beraten wird, noch keine Empfehlung an das Plenum gemäß Satz 1 und Satz 3 abgeben kann, soll er in dieser Sitzung das Vorgehen zur weiteren Bearbeitung des Antrags und Vorbereitung der Beschlussempfehlung an das Plenum festlegen.

(6) Das Plenum entscheidet über den Antrag durch Beschluss. Das Plenum kann ein bereits eingeleitetes Beratungsverfahren an jedem Punkt des Verfahrens beenden.

§ 16 Feststellung der Mindestmengenfähigkeit einer Leistung

(1) Mindestmengen können gemäß § 136b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V für planbare Leistungen festgelegt werden, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist.

(2) Eine Leistung im Sinne von Absatz 1 ist planbar, wenn sie in der Regel in dafür vorgesehenen Krankenhäusern medizinisch sinnvoll und für die Patientinnen und Patienten zumutbar erbracht werden kann. Dies setzt voraus, dass die Aufnahme und Durchführung der gebotenen stationären Behandlung in einem dafür vorgesehenen Krankenhaus unter Berücksichtigung zu überwindender räumlicher und zeitlicher Distanzen ohne unzumutbares Risiko für die Patientinnen und Patienten erfolgen kann.

(3) Die erforderliche Abhängigkeit im Sinne von Absatz 1 setzt voraus, dass eine Studienlage besteht, die auf einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und Ergebnisqualität der Leistung hinweist. Erforderlich ist, dass der aktuelle Erkenntnisstand gemäß Absatz 5 insbesondere eine Reduzierung von Behandlungsrisiken und Steigerung der Patientensicherheit erwarten lässt.

(4) Die Leistung, für die eine Mindestmenge festgelegt werden soll, ist konkret und eindeutig zu benennen. Sie ist in der Regel durch Verwendung der Medizinischen Klassifikationssysteme ICD-10-GM (Diagnosen) oder OPS (Prozeduren) und sofern erforderlich auf Basis ausgewählter Merkmale aus der Datensatzbeschreibung gemäß § 301 SGB V zu operationalisieren.

(5) Über die Erfüllung der Anforderungen an eine Leistung nach den Absätzen 1 bis 3 wird auf Grundlage folgender Informationen entschieden:

  1. zusammengefasster aktueller Wissensstand zum Zusammenhang von Leistungsmenge (Volume) und Ergebnis (Outcome) anhand einer umfassenden systematischen Literaturrecherche,
  2. ergänzende Informationen zum Zusammenhang von Leistungsmenge (Volume) und Ergebnis (Outcome) sowie zu qualitäts- und versorgungsrelevanten Aspekten aus anderen Quellen,
  3. fachlich relevante epidemiologische und empirische Informationen zu der Leistung, einschließlich der medizinischen Beschreibung der Leistung sowie Informationen zur Leistungshäufigkeit mit Anteil von Notfallbehandlungen, Dauer der stationären Behandlung, möglichen Komplikationen und deren Häufigkeiten.

Bei der Entscheidung über die Mindestmengenfähigkeit einer Leistung sind die Güte und der Evidenzgrad der Informationen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

§ 17 Festlegung der Höhe und des Bezugs von Mindestmengen

(1) Bezugspunkt einer Mindestmengenfestlegung ist entweder die Ärztin oder der Arzt oder der Standort eines Krankenhauses oder eine Kombination von Ärztin oder Arzt und Krankenhausstandort. Für die Festlegung des Bezugspunktes sind die Informationen nach § 16 Absatz 5 zu nutzen. Eine nur auf die Ärztin oder den Arzt bezogene Mindestmenge kann festgelegt werden, wenn vorrangig deren oder dessen besondere Qualifikation und Erfahrung für die Qualität des Behandlungsergebnisses maßgeblich sind. Eine auf den Standort des Krankenhauses bezogene Mindestmenge kann festgelegt werden, wenn die interdisziplinäre Versorgung der Patientin oder des Patienten im Team für die Qualität des Behandlungsergebnisses maßgeblich ist. Eine Kombination einer Ärztin- oder Arztbezogenen mit einer Krankenhausstandortbezogenen Mindestmenge kann gewählt werden, wenn sowohl die besondere Qualifikation und Erfahrung der einzelnen Ärztin oder des einzelnen Arztes als auch die interdisziplinäre Versorgung im Team für die Qualität des Behandlungsergebnisses der Leistung maßgeblich sind. Die Festsetzung des Bezugspunktes erfolgt bei Festlegung einer Mindestmenge. Die für diesen Bezugspunkt maßgebliche Zählweise der jeweiligen Leistung zur Darrlegung der Prognose legt der G-BA in den Mindestmengenregelungen und deren Anlage fest. Für Änderungen des Bezugspunktes in einer bestehenden Mindestmengenfestlegung gilt § 21.

(2) Für die Festlegung der Höhe der Mindestmenge einer gemäß § 16 Absätze 1 bis 3 mindestmengenfähigen Leistung sind die jeweils durch die Regelung konkret betroffenen Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen. Hierzu werden die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind, auf der Grundlage der Informationen nach § 16 Absatz 5 ermittelt und in einer Gesamtschau bewertet. Für die Bewertung können insbesondere folgende Belange von Bedeutung sein:

  1. die Gewährleistung einer hinreichenden Behandlungsroutine,
  2. die schutzwürdigen Interessen der Patientinnen und Patienten, insbesondere unter Berücksichtigung möglicher Versorgungsnachteile zum Beispiel durch Verlängerung von Transportwegen und Verlegungsrisiken,
  3. die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Leistungserbringer.

Der G-BA prüft, ob zur Durchführung einer Folgenabschätzung eine Beauftragung des Instituts nach § 137a SGB V erforderlich ist.

(3) Bei Hinweisen auf eine Reduzierung von Behandlungsrisiken und Steigerung der Patientensicherheit soll der G-BA bei der Festlegung der Höhe der Mindestmenge zumindest eine Gelegenheitsversorgung ausschließen.

(4) Festlegungen zu neuen Mindestmengen oder Änderungen bestehender Mindestmengen treten zum 1. Januar eines Kalenderjahres in Kraft.

§ 18 Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen

Der G-BA soll gemäß § 136b Absatz 3 Satz 1 SGB V bei Mindestmengenfestlegungen Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen vorsehen. Das Nähere bestimmen die Mindestmengenregelungen.

§ 19 Begleitevaluation

(1) Der G-BA soll gemäß § 136b Absatz 3 Satz 3 SGB V möglichst zeitnah mit Festlegung einer neuen Mindestmenge eine wissenschaftliche Begleitevaluation beauftragen. Er kann hiervon nur dann absehen, wenn die Studienlage eindeutig ist und die Mindestmenge auf eine klare wissenschaftliche, durch hochwertige Studien gesicherte Evidenz zu den Versorgungsvor- und -nachteilen gestützt werden kann. Die Evaluation durch ein fachlich unabhängiges Institut dient

  1. der Schaffung von Transparenz über die Einhaltung bzw. Nicht-Einhaltung der Mindestmengenregelungen und deren Gründe,
  2. der Darlegung der erzielten Versorgungsvor- und -nachteile; hierbei ist ein den Anforderungen des Evaluations-Rahmenkonzepts des G-BA entsprechendes Konzept zugrunde zu legen, aus dem die ex ante festgelegten Qualitätsziele der Mindestmenge hervorgehen,
  3. der Empfehlung von gegebenenfalls notwendigem Anpassungsbedarf der Mindestmengenregelungen.

(2) Die Auswirkungen der Festlegung neuer Mindestmengen sollen vom G-BA in regelmäßigen Abständen, erstmalig drei Jahre nach Beschluss einer neuen Mindestmenge, anhand der Ergebnisse der Begleitevaluation bewertet werden.

(3) Die grundsätzliche Verpflichtung des G-BA zur Evaluation bereits bestehender Mindestmengen gemäß § 136d SGB V bleibt hiervon unberührt.

(4) Der Abschlussbericht über die wissenschaftliche Begleitevaluation ist nach Freigabe durch den G-BA durch das beauftragte fachlich unabhängige Institut zu veröffentlichen.

§ 20 Zusammenfassende Dokumentation

Über das Verfahren ist eine zusammenfassende Dokumentation zu erstellen. Die zusammenfassende Dokumentation enthält:

  1. den Antrag nach § 15,
  2. eine Beschreibung des formalen Ablaufs der Beratungen,
  3. die dem Beratungsprozess zugrundeliegenden Unterlagen und ihre Bewertung, insbesondere betreffend die Information nach § 16 Absatz 5, den Abwägungsprozess nach § 17 Absatz 2 sowie die Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen nach dem 3. Abschnitt des 1. Kapitels,
  4. der Beschluss und die tragenden Gründe.

Unterschiedliche Positionen der Träger nach § 91 Absatz 1 Satz 1 SGB V und der Patientenvertretung werden bei der Dokumentation der Abschnitte zu Satz 1 Nummer 3 dargestellt. Abweichende Beschlussentwürfe werden zusammen mit ihrer Begründung in die zusammenfassende Dokumentation aufgenommen.

3. Titel
Wiederaufnahme der Beratungen

§ 21 Überprüfung der Regelungen für bestehende Mindestmengen und Überarbeitungsverfahren

(1) Der Unterausschuss überprüft die bestehenden Mindestmengenregelungen in regelmäßigen Abständen auf einen möglichen Änderungsbedarf. Ein Änderungsbedarf kann sich insbesondere aus

  1. Ergebnissen der Begleitevaluation gemäß § 19,
  2. neuen medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen oder
  3. der aktuellen Rechtsprechung

ergeben.

(2) Erkennt der Unterausschuss einen Änderungsbedarf, empfiehlt er dem Plenum die Wiederaufnahme des Beratungsverfahrens.

(3) Eine Wiederaufnahme der Beratungen kann auch durch Personen oder Organisationen gemäß § 15 Absatz 1 beantragt werden. Der Antrag ist in Textform beim G-BA einzureichen und soll eine Begründung für den Änderungsbedarf im Sinne von Absatz 1 Satz 2 enthalten. Absatz 2 gilt entsprechend.

(4) Über die erforderlichen OPS- sowie ICD-Anpassungen durch die jährliche Aktualisierung des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information entscheidet der Unterausschuss, soweit gemäß 1. Kapitel § 4 Absatz 2 Satz 2 der Verfahrensordnung der Kerngehalt der Mindestmengenregelungen nicht berührt wird.

(5) Für das wiederaufgenommene Beratungsverfahren (Überarbeitungsverfahren) gelten die §§ 16 bis 20 entsprechend."

II.

Die Änderungen der Verfahrensordnung treten am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

ID: 190907

ENDE