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ÖGDG - Gesundheitsdienstgesetz
Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst

Vom 17. Dezember 2015
(GBl. Nr. 25 vom 29.12.2015 S. 1210; 22.12.2021 S. 1035 21)



Archiv 1994

Der Landtag hat am 16. Dezember 2015 das folgende Gesetz beschlossen:

Abschnitt 1
Allgemeine Vorschriften

§ 1 Ziel und Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdiensts

(1) Ziel der Arbeit des öffentlichen Gesundheitsdiensts ist die Förderung und der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung unter Orientierung der Aufgabenwahrnehmung am Gesundheitsleitbild Baden-Württemberg nach § 1 Absatz 1 Satz 3 des Landesgesundheitsgesetzes sowie an den Grundsätzen der Öffentlichen Gesundheit. Er richtet seine Arbeit strategisch aus und reagiert auf sich verändernde gesundheitliche und sozialmedizinische Problemlagen. Bei der Wahrnehmung der Aufgaben dieses Gesetzes berücksichtigt der öffentliche Gesundheitsdienst zur Verbesserung der gesundheitlichen Chancengleichheit die besonderen Belange von Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung sowie Personen mit sozialen Benachteiligungen.

(2) Der öffentliche Gesundheitsdienst stellt insbesondere die Wahrnehmung folgender Kernaufgaben sicher:

  1. Gesundheitsplanung, Gesundheitsberichterstattung (§ 6),
  2. Gesundheitsförderung und Prävention (§ 7),
  3. Gesundheitshilfen für Kinder und Jugendliche (§ 8), Erwachsene sowie besondere Personengruppen (§ 7),
  4. Gesundheitsschutz, insbesondere Infektionsschutz und Hygiene (§ § 9 bis 13).

(3) Der öffentliche Gesundheitsdienst berät Behörden und andere öffentliche Stellen in den Fachfragen seines Aufgabengebiets, soweit nicht besondere Dienste der öffentlichen Verwaltung zuständig sind. Er unterstützt Behörden in Zurruhesetzungsverfahren und Verfahren zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit sowie Beihilfeverfahren mit der Erstellung amtsärztlicher Gutachten, Bescheinigungen und Zeugnisse (§ 14 Absatz 3). Die erforderlichen Aufgaben zur Verwirklichung der in Absatz 1 genannten Ziele obliegen grundsätzlich dem öffentlichen Gesundheitsdienst, soweit durch Gesetz nicht andere Stellen und Dienste zuständig sind.

(4) Auf der Grundlage von Bundes- oder Landesgesetzen zu erfüllende Aufgaben werden, soweit dort nichts anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften dieses Gesetzes erfüllt.

§ 2 Behörden des öffentlichen Gesundheitsdiensts 21

(1) Behörden des öffentlichen Gesundheitsdiensts sind

  1. das Sozialministerium als oberste Gesundheitsbehörde,
  2. die Regierungspräsidien als höhere Gesundheitsbehörden,
  3. die unteren Verwaltungsbehörden in den Landkreisen und den Stadtkreisen Stuttgart, Mannheim und Heilbronn als untere Gesundheitsbehörden (Gesundheitsämter).

(2) Die Aufgaben einer medizinischen Gutachtenstelle im Sinne von § 14 Absatz 3 werden von den nach diesem Gesetz bestimmten Gesundheitsämtern für mehrere Land- und Stadtkreise wahrgenommen. Abweichendes gilt, wenn alle Landkreise eines Regierungsbezirks Untersuchungen und Begutachtungen im Sinne des § 14 Absatz 3 nach Maßgabe von § 16 des Landesverwaltungsgesetzes gemeinsam durchführen und ein Gesundheitsamt mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben bis spätestens zum 30. Juni 2016 beauftragen.

(3) In Stadtkreisen, in denen Landratsämter ihren Sitz haben, sind abweichend von § 15 Absatz 1 Nummer 2 des Landesverwaltungsgesetzes die Landratsämter für die Aufgaben des Gesundheitsamts zuständig, soweit sich aus Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 nichts abweichendes ergibt. Im Stadtkreis Baden-Baden nimmt das Landratsamt Rastatt die Aufgaben des Gesundheitsamts wahr.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist oberste Fachaufsichtsbehörde im Bereich der Trinkwasserüberwachung (§ 11 Absatz 1 und 2) das Ministerium Ländlicher Raum.

§ 2a Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes 21

Die Auswirkungen dieses Gesetzes werden spätestens zum 31. Dezember 2024 durch die Landesregierung unter Mitwirkung der kommunalen Landesverbände hinsichtlich der Effizienz der Verwaltungsabläufe durch die Eingliederung des Landesgesundheitsamtes in das Sozialministerium überprüft. Die Landesregierung unterrichtet den Landtag über das Ergebnis der Überprüfung.

§ 3 Zuständigkeit, Aufgabenwahrnehmung, Verordnungsermächtigung 21

(1) Die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdiensts obliegen, soweit in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes nichts anderes bestimmt ist, den unteren Gesundheitsbehörden (Gesundheitsämter). Dies gilt auch in den Fällen, in denen in sonstigen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften die Zuständigkeit von Amtsärztinnen oder -ärzten oder des Gesundheitsamts begründet wird. Soweit in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zu beamtenrechtlichen Zurruhesetzungsverfahren und Verfahren zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit sowie Beihilfeverfahren für amtsärztliche Gutachten, Bescheinigungen oder Zeugnisse die Zuständigkeit von Amtsärztinnen oder -ärzten oder des Gesundheitsamts genannt wird und vorbehaltlich des § 2 Absatz 2 Satz 2, obliegt die Erstellung von Gutachten oder die Ausstellung von Bescheinigungen und Zeugnissen der zuständigen medizinischen Gutachtenstelle nach § 14 Absatz 3. Für Aufgaben und Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz sind die nach § 1 der Verordnung des Sozialministeriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz benannten Behörden zuständig.

(2) In den Landkreisen und den Stadtkreisen Stuttgart, Mannheim und Heilbronn soll die untere Gesundheitsbehörde zum Zweck der bürgerorientierten Ausrichtung

des öffentlichen Gesundheitsdiensts und des besseren Auffindens in öffentlich zugänglichen Informationsstrukturen möglichst unter der Verwendung der Bezeichnung Gesundheitsamt erkennbar sein.

(3) Ist die Gebietskörperschaft, für deren Bezirk das Gesundheitsamt zuständig ist, selbst Beteiligte in einem konkreten Verwaltungsverfahren, hat in Fällen einer Anordnung von Maßnahmen das Gesundheitsamt eine entsprechende Zustimmung der höheren Gesundheitsbehörde einzuholen. Die Gebietskörperschaft ist nicht allein dadurch selbst beteiligt, dass sie gegen ein Vorhaben Einwendungen erhebt.

(4) Das Sozialministerium kann durch Rechtsverordnung bestimmen, dass einzelne Kontroll- und Überwachungsaufgaben auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes, insbesondere im Rahmen der infektionshygienischen Überwachung von Einrichtungen, sowie die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlichen Befugnisse nach diesem Gesetz sowie dem Infektionsschutzgesetz und den darauf beruhenden Rechtsvorschriften auf eine oder mehrere Personen des Privatrechts übertragen werden (Beleihung). Eine Person des Privatrechts kann aufgrund der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung beliehen werden, wenn

  1. sie zuverlässig und von Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen nach Satz 1 betroffenen Wirtschaftskreisen unabhängig ist,
  2. keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen und
  3. gewährleistet ist, dass die für die Kontrolle maßgeblichen Rechtsvorschriften beachtet werden.

In der Rechtsverordnung nach Satz 1 müssen insbesondere Regelungen über die im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung bestehenden Befugnisse und Pflichten der Person des Privatrechts, die Mitwirkungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten der von Überwachungsaufgaben betroffenen Personen sowie die Verarbeitung von personenbezogenen Daten und die Pflicht zur Unterstützung nach § 26 des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) durch die beliehene Person getroffen werden. In der Beleihung kann bestimmt werden, dass die beliehene Person zur Vornahme von Maßnahmen der internen und externen Qualitätssicherung verpflichtet ist. Das Sozialministerium oder eine andere Behörde oder Stelle im Geschäftsbereich des Sozialministeriums kann durch Rechtsverordnung als zuständige Stelle für die Auditierung und gegebenenfalls Kontrolle bestimmt werden. Die beliehene Person unterliegt der Fachaufsicht des Sozialministeriums.

(5) Die unteren Gesundheitsbehörden in den Landkreisen und den Stadtkreisen Stuttgart, Mannheim und Heilbronn können nach § 16 des Landesverwaltungsgesetzes vereinbaren, Aufgaben im Sinne dieses Gesetzes gemeinsam oder arbeitsteilig durchzuführen.

§ 4 Leitung des Gesundheitsamts und Fachkräfte 21

(1) Der erfolgreiche Abschluss der fachärztlichen oder fachzahnärztlichen Weiterbildung für das öffentliche Gesundheitswesen oder die Erlangung einer vom Sozialministerium als gleichwertig anerkannten ärztlichen oder nichtärztlichen Qualifikation ist Voraussetzung für die Leitung und die stellvertretende Leitung eines Gesundheitsamts. Im Übrigen sind die Gesundheitsämter zur Durchführung ihrer Aufgaben mit geeigneten ärztlichen, zahn ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften zu besetzen, die die erforderlichen Kenntnisse des öffentlichen Gesundheitsrechts sowie des Gesundheitswesens haben und entsprechend fortgebildet werden. Die notwendigen fachlichen Kenntnisse können durch die Teilnahme an einem Kurs für öffentliches Gesundheitswesen oder an einzelnen Kursmodulen zu Teilgebieten des öffentlichen Gesundheitswesens erworben werden.

(2) Zur bedarfsgerechten Personalentwicklung in den Gesundheitsämtern erstellt das Sozialministerium eine Gesamtkonzeption zur Öffnung des Anwendungsbereichs von Absatz 1 für weitere Berufsgruppen bis zum 30. Juni 2022.

Abschnitt 2
Einzelne Aufgaben und Befugnisse der Gesundheitsämter

§ 5 Grundsätze der Aufgabenerfüllung

Die Gesundheitsämter erfüllen ihre Aufgaben unter Beachtung der Ziele nach § 1 Absatz 1. Sie treffen hierfür geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der Wahrnehmung der eigenen Aufgaben auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens.

§ 6 Gesundheitsplanung, Gesundheitsberichterstattung

(1) Die den Gesundheitsämtern obliegende Gesundheitsplanung umfasst die Bestands- und Bedarfsanalyse auf der Grundlage der Gesundheitsberichterstattung. Zu den Planungsaufgaben gehören insbesondere das Aufzeigen von Problemfeldern in der Gesundheitsförderung und Prävention, der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung sowie die Definition von Schnittstellen einschließlich des Koordinierungs- und Vernetzungsbedarfs zwischen den verschiedenen Handlungsträgern und Planungsbereichen.

(2) Die den Gesundheitsämtern obliegende Gesundheitsberichterstattung umfasst die

  1. Beobachtung, Beschreibung und Bewertung der gesundheitlichen Situation der Bevölkerung im Zuständigkeitsbereich eines Gesundheitsamts,
  2. Erhebung von Daten zur gesundheitlichen Situation der Bevölkerung und Übermittlung dieser Daten in anonymisierter Form an die in § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 und 4 genannten Behörden in dem mit diesen Behörden abgestimmten Umfang und
  3. soweit erforderlich die Durchführung epidemiologischer Untersuchungen zu gesundheitlichen Fragestellungen.

(3) Die Erkenntnisse aus der Beobachtung, Beschreibung und Bewertung der gesundheitlichen Situation der Bevölkerung nach Absatz 2 Nummer 1 dienen auch Kommunalen Gesundheitskonferenzen und den Gesundheitsämtern als Grundlage für die Durchführung einer Gesundheitsplanung nach Absatz 1 und für die Entwicklung und Durchführung von konkreten Maßnahmen und deren Evaluation.

§ 7 Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten

(1) Durch Gesundheitsförderung und Prävention sollen die Gesundheit, die Lebensqualität, die Selbstbestimmung und die Beschäftigungsfähigkeit erhalten und gestärkt werden. Gesundheitsförderung und Prävention sollen dazu beitragen, sozial bedingte und geschlechterbezogene Ungleichheit von Gesundheitschancen abzubauen. Grundlage für die Planung und Bewertung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention durch die Gesundheitsämter bildet die Gesundheitsplanung (§ 6 Absatz 1). Die Gesundheitsämter wirken in enger Zusammenarbeit mit anderen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung und Prävention Tätigen und im Rahmen der Kommunalen Gesundheitskonferenz nach § 5 des Landesgesundheitsgesetzes an der Entwicklung gesundheitsfördernder Lebenswelten mit. Sie klären die Bevölkerung über eine gesundheitsfördernde Lebensweise, Gesundheitsgefährdungen und die Verhütung von Krankheiten auf. Durch Information und Gesundheitsbildung tragen die Gesundheitsämter zur Vermeidung von gesundheitsschädigenden Lebensweisen bei, insbesondere von Zivilisationskrankheiten und psychischen Störungen sowie Suchterkrankungen. Dabei sind insbesondere die zielorientierte Koordination und Steuerung der Gesundheitsförderung und Prävention Aufgabe der Gesundheitsämter. Sie können im Bedarfsfall zielgruppenspezifische Beratungs- und Betreuungsleistungen entwickeln und anbieten, soweit solche Leistungen nicht von anderen Aufgabenträgern angeboten werden. Zur Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung gesundheitsfördernder Lebenswelten stehen dabei strukturelle Maßnahmen im Vordergrund.

(2) Die Gesundheitsämter beraten nach § 59 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Sie informieren behinderte und von Behinderung bedrohte Menschen, chronisch Kranke, psychisch Kranke und Suchtkranke sowie Menschen, die an einer übertragbaren Krankheit leiden oder von ihr bedroht sind, über bestehende Hilfemöglichkeiten, Beratungs-, Betreuungs- und Versorgungsangebote und beraten sie bei der Wahrnehmung dieser Angebote. Sie bieten anonyme Beratung zu Fragen sexuell übertragbarer Infektionen einschließlich anonymer Tests an.

(3) Die Aufklärung und Beratung durch andere staatliche Stellen, niedergelassene Ärztinnen oder Ärzte, Zahnärztinnen oder -ärzte und Apotheken, Krankenkassen sowie Vereinigungen und Verbände bleiben unberührt.

§ 8 Kinder- und Jugendgesundheit, Zahngesundheit, Verordnungsermächtigung 21

(1) Die Gesundheitsämter beraten Kinder sowie Schülerinnen oder Schüler, die sorgeberechtigten Personen sowie die Kindertageseinrichtungen und die Schulen zu erforderlichen Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention sowie zu gesundheitlichen Fragen, die den Schulbesuch betreffen. Die Aufgaben der Gesundheitsämter nach den Vorschriften des Kinderschutzgesetzes Baden-Württemberg bleiben unberührt. Die Gesundheitsämter arbeiten im Rahmen ihrer Aufgaben insbesondere mit den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe sowie mit anderen Stellen, Trägern, Einrichtungen und Personen zusammen, die Verantwortung für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen tragen.

(2) Die Gesundheitsämter untersuchen zur Schule angemeldete Kinder sowie Kinder, die bis zu dem in § 73 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg genannten maßgeblichen Stichtag des laufenden Schuljahres das vierte Lebensjahr vollendet haben (Einschulungsuntersuchung). Schülerinnen oder Schüler können untersucht werden. Die Untersuchung dient insbesondere der präventiven gesundheitlichen Beratung und der Veranlassung von gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen, die gesundheitlichen Einschränkungen und Entwicklungsverzögerungen entgegenwirken, die die Teilnahme am Unterricht gefährden können.

(3) Den Gesundheitsämtern obliegen Maßnahmen zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von null bis achtzehn Jahren, soweit diese nicht von anderen Stellen für die Gesundheitsämter oder aufgrund von Vereinbarungen durchgeführt werden (§ 21 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch).

(4) Die Gesundheitsämter arbeiten eng mit den regionalen Arbeitsgemeinschaften für Zahngesundheit zusammen. Soweit nicht eine andere Stelle die Geschäftsführung der regionalen Arbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit übernimmt, obliegt dem Gesundheitsamt im Rahmen der Koordinierungsfunktion die Wahrnehmung dieser Aufgabe.

(5) Schulen und Kindertageseinrichtungen sowie deren Träger sind verpflichtet, bei Maßnahmen im Rahmen der Kinder- und Jugendgesundheitspflege nach diesem Gesetz und Maßnahmen zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankungen (Gruppenprophylaxe) mitzuwirken, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu geben und Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

(6) Das Sozialministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Kultusministerium durch Rechtsverordnung die näheren Bestimmungen über Umfang, Häufigkeit und Durchführung der schulärztlichen Untersuchungen und der Gruppenprophylaxe in

  1. Schulen und
  2. Kindertageseinrichtungen zu treffen.

§ 9 Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, Impfungen

(1) Die Gesundheitsämter tragen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei. Sie nehmen die im Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Aufgaben wahr. Insbesondere durch Aufklärung und Beratung sowie durch Aufdeckung und Maßnahmen zur Unterbrechung von Infektionsketten wirken sie darauf hin, dass die Verbreitung übertragbarer Krankheiten verhindert wird.

(2) Die Gesundheitsämter wirken mit Informationen und Beratung auf einen ausreichenden Impfschutz der Bevölkerung hin und fördern die Durchführung öffentlich empfohlener Impfungen nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut sowie den Empfehlungen für Schutzimpfungen in Baden-Württemberg in den jeweils geltenden Fassungen. Sie können Impfungen selbst durchführen, um auf das Schließen von Impflücken hinzuwirken, sowie in den Fällen, in denen es aus Gründen des Bevölkerungsschutzes geboten ist. Die Gesundheitsämter beobachten und bewerten die Impfsituation in der Bevölkerung.

§ 10 Hygienische Überwachung von Einrichtungen

(1) Die Gesundheitsämter überwachen die Einhaltung der Anforderungen an die Hygiene und die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in den in § 36 Absatz 1 und § 23 Absatz 5 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes genannten Einrichtungen. Sie können darüber hinaus die Einrichtungen nach § 23 Absatz 5 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes überwachen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Anforderungen der Hygiene dort nicht eingehalten werden.

(2) Über die nach Absatz 1 genannten Einrichtungen hinaus können die Gesundheitsämter insbesondere folgende Einrichtungen infektionshygienisch überwachen:

  1. Einrichtungen des Kur- und Bäderwesens,
  2. Einrichtungen und Fahrzeuge des Rettungswesens und des Krankentransports,
  3. Flughäfen, Häfen und Bahnhöfe,
  4. öffentlich zugängliche Sportstätten, Bäder, Badestellen und Badeteiche sowie Kinderspielplätze,
  5. Camping- und Zeltlagerplätze,
  6. Anlagen zur Entsorgung von Abwasser und Abfällen,
  7. Einrichtungen des Bestattungs- und Friedhofwesens,
  8. Praxen von Angehörigen sonstiger gesetzlich geregelter Gesundheitsfachberufe, die nicht unter die in Absatz 1 genannten Einrichtungen fallen,
  9. die im Sanitätsdienst eingesetzten Einrichtungen des Katastrophenschutzes,
  10. Blutspendedienste,
  11. ambulante Kranken- und Altenpflegedienste,
  12. sonstige öffentlich zugängliche Einrichtungen, insbesondere Einrichtungen, für die die Hygiene-Verordnung gilt.

Die Überwachung der in Satz 1 Nummer 3 genannten Einrichtungen erstreckt sich zusätzlich auf die Beachtung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) nach Maßgabe des Gesetzes zur Durchführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV-Durchführungsgesetz).

(3) Werden hygienische Mängel in Einrichtungen nach Absatz 1 oder Absatz 2 festgestellt, so wirkt das Gesundheitsamt darauf hin, dass die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Ist bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der üblicherweise zuständigen Behörden nach der Verordnung des Sozialministeriums über die Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz nicht gewährleistet, so kann das Gesundheitsamt vorläufige Anordnungen zur Abwehr von Gefahren für Leben oder Gesundheit treffen. Die zuständige Behörde ist unverzüglich von der Anordnung zu unterrichten. Die zuständige Behörde kann die Anordnung ändern oder aufheben. Wird die Anordnung nicht innerhalb von zwei Arbeitstagen nach der Unterrichtung aufgehoben, so gilt sie als von der zuständigen Behörde getroffen.

(4) Die Gesundheitsämter wirken bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz, insbesondere in Fachfragen des Infektionsschutzes und der Hygiene, mit.

§ 11 Aufgaben im Rahmen der Überwachung von Wasser für den menschlichen Gebrauch, Schwimm- und Badebeckenwasser, Verordnungsermächtigung 21

(1) Die Gesundheitsämter überwachen die Einhaltung der Anforderungen an die Beschaffenheit von Wasser für den menschlichen Gebrauch in den im Siebten Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes und den darauf beruhenden weiteren Rechtsvorschriften, insbesondere der Trinkwasserverordnung genannten Wassergewinnungs- und Wasserversorgungsanlagen. Die Gesundheitsämter treffen die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, um die Einhaltung dieser Anforderungen sicherzustellen, im Übrigen nehmen sie als untere Trinkwasserüberwachungsbehörde die ihnen nach der Trinkwasserverordnung zugewiesenen Aufgaben wahr. Das Ministerium für Ländlichen Raum wird ermächtigt, einzelne Zuständigkeiten abweichend hiervon durch Rechtsverordnung zu bestimmen, wenn es insbesondere zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens, wegen der Bedeutung der Maßnahme oder wegen der schwerwiegenden Folgen zweckmäßig ist.

(2) Die übergeordneten Trinkwasserüberwachungsbehörden können im Einzelfall die Zuständigkeit an sich ziehen, soweit eine Aufgabe in den Dienstbezirken mehrerer nachgeordneter Trinkwasserüberwachungsbehörden sachgerecht nur einheitlich wahrgenommen werden kann.

(3) Die Gesundheitsämter überwachen die Einhaltung der Anforderungen an die hygienische Beschaffenheit von Schwimm- oder Badebeckenwasser in den im Siebten Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes genannten Einrichtungen.

§ 12 Befugnisse

(1) Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen sind zur Durchführung der Überwachungsaufgaben nach den § § 10 und 11 berechtigt,

  1. von natürlichen und juristischen Personen und von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte zu verlangen;
  2. Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen, die der Überwachung nach den § § 10 und 11 unterliegen, während der Betriebs- und Geschäftszeiten zu betreten und zu besichtigen; zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können
    1. diese Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen auch außerhalb der Betriebs- und Geschäftszeiten sowie
    2. Wohnräume der nach Nummer 1 zur Auskunft Verpflichteten

    betreten werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt;

  3. Gegenstände zu untersuchen, Proben zur Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen, Bücher und sonstige Unterlagen einzusehen und daraus Abschriften oder Ablichtungen zu fertigen.

(2) Personen, die zur Durchführung der Überwachungsaufgaben nach den § § 10 und 11 Auskünfte geben können, sind verpflichtet, auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Die zur Auskunft verpflichtete Person kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) aussetzen würde.

(3) Die Inhabenden der tatsächlichen Gewalt über die in Absatz 1 genannten Grundstücke, Räume, Anlagen, Einrichtungen und Gegenstände sind verpflichtet, diese den mit der Überwachung beauftragten Personen auf Verlangen zu bezeichnen und zugänglich zu machen sowie die Entnahme der Proben zu ermöglichen.

§ 13 Schutz vor gesundheitsschädigenden Umwelteinflüssen

(1) Den Gesundheitsämtern obliegen die Beobachtung und Bewertung von Einwirkungen aus der Umwelt auf die menschliche Gesundheit. Sie informieren und beraten die Bevölkerung und Behörden in Fragen des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes.

(2) Bei Planungsvorhaben, Genehmigungsverfahren, Baumaßnahmen und sonstigen Maßnahmen, die gesundheitliche Belange der Bevölkerung wesentlich berühren, nehmen die Gesundheitsämter zu gesundheitlichen Auswirkungen der Maßnahme Stellung.

§ 14 Amtsärztliche Bescheinigungen, Zeugnisse, Gutachten, medizinische Gutachtenstellen 21

(1) Die Gesundheitsämter stellen gegebenenfalls nach der Durchführung einer Untersuchung amtsärztliche Bescheinigungen und Zeugnisse aus und erstatten Gutachten, soweit dies durch eine bundes- oder landesrechtliche Norm oder Verwaltungsvorschrift des Sozialministeriums oder durch eine Verwaltungsvorschrift, der das Sozialministerium zugestimmt hat, vorgeschrieben ist. Die Ärztinnen oder Ärzte der Gesundheitsämter nehmen gerichtsärztliche Tätigkeiten nach § 42 des Gesetzes zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit wahr. Die gerichtsärztlichen Tätigkeiten umfassen die Erstellung ärztlicher Zeugnisse und Gutachten in Betreuungs- und Unterbringungssachen in unabdingbar erforderlichem Umfang, insbesondere in Bezug auf Personen, die keinen regelmäßigen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben, nach den Vorgaben des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Die Bediensteten des Gesundheitsamts sind in Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit nach Absatz 1 an behördliche Weisungen nicht gebunden.

(3) Abweichend von Absatz 1 und vorbehaltlich des § 2 Absatz 2 Satz 2 werden beamtenrechtlich vorgeschriebene amtsärztliche Untersuchungen und Begutachtungen über die Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit sowie in Verfahren der Prüfung einer Heilbehandlung nach Dienstunfällen für die in Satz 3 genannten unteren Gesundheitsbehörden von medizinischen Gutachtenstellen durchgeführt. Ebenso obliegt die Erstellung medizinischer Gutachten nach den Vorschriften der Beihilfeverordnungen des Bundes oder des Landes den medizinischen Gutachtenstellen, soweit ein Gesundheitsamt als begutachtende Stelle benannt wird. Zuständige medizinische Gutachtenstelle für die Erstellung dieser amtlichen Gutachten nach den Sätzen 1 und 2 ist

  1. für die Gesundheitsämter im Regierungsbezirk Tübingen das Gesundheitsamt im Landkreis Reutlingen,
  2. für die Gesundheitsämter im Regierungsbezirk Freiburg das Gesundheitsamt im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald,
  3. für die Gesundheitsämter im Regierungsbezirk Karlsruhe, mit Ausnahme des Stadtkreises Mannheim, das Gesundheitsamt im Landkreis Karlsruhe,
  4. für die Gesundheitsämter im Regierungsbezirk Stuttgart, mit Ausnahme der Stadtkreise Stuttgart und Heilbronn, das Gesundheitsamt im Landkreis Ludwigsburg.

Absatz 2 gilt entsprechend für die Bediensteten der medizinischen Gutachtenstellen.

(4) Die Erstellung von Bescheinigungen und die Durchführung von Belehrungen nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes sowie die Beglaubigung von Betäubungsmittelverordnungen bei Auslandsreisen obliegen allgemein den Gesundheitsämtern, soweit nicht andere Stellen zuständig sind.

(5) Die Durchführung ärztlicher Untersuchungen und die Erstellung ärztlicher Zeugnisse über die gesundheitliche Eignung im Sinne des Beamtenrechts in anderen als den in Absatz 3 Satz 1 genannten Fällen erfolgt grundsätzlich durch geeignete niedergelassene oder andere approbierte Ärztinnen oder Ärzte. In begründeten Einzelfällen können die medizinischen Gutachtenstellen erforderliche Nach- und Wiederholungsuntersuchungen einschließlich der Erstellung eines ärztlichen Zeugnisses durchführen. Die Gesundheitsämter erstellen aktuelle Namenslisten zu den in ihrem Dienstbezirk tätigen Ärztinnen oder Ärzten, die die in Satz 1 beschriebenen oder in anderen landesrechtlichen Normen angeordneten Untersuchungen und Begutachtungen durchführen, und achten darauf, dass ausreichend Ärztinnen oder Ärzte für die Erstellung ärztlicher Zeugnisse zur Verfügung stehen. Sie informieren die in Satz 1 genannten Ärztinnen oder Ärzte über Fortbildungen des Sozialministeriums oder anderer Einrichtungen zur Durchführung einer ärztlichen Begutachtung und regen zur Teilnahme an. Die Gesundheitsämter können selbst Fortbildungen oder Informationsveranstaltungen auch in Kooperation mit anderen Behörden zu Fragen der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Beamtenrechts durchführen. Zu den Verfahren nach den Sätzen 1 bis 5 schließt das Sozialministerium mit dem Innenministerium, der Landesärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, dem Landkreistag sowie dem Städtetag eine Rahmenvereinbarung.

§ 15 Heilpraktikerwesen

Die Gesundheitsämter achten darauf, dass niemand unerlaubt die Heilkunde ausübt. Darüber hinaus bleiben die Aufgaben und Zuständigkeiten über die Erteilung, die Rücknahme oder den Widerruf einer Heilpraktikererlaubnis nach § 2 der Heilberufe- und Gesundheitsfachberufe-Zuständigkeitsverordnung unberührt.

Abschnitt 3 21
Einzelne Aufgaben des Sozialministeriums (Landesgesundheitsamt)

§ 16 Aufgaben des Landesgesundheitsamts 21

(1) Das Landesgesundheitsamt hat die Aufgabe, als fachliche Leitstelle für den öffentlichen Gesundheitsdienst die Landesregierung, die Regierungspräsidien und die Gesundheitsämter auf den Gebieten des öffentlichen Gesundheitsdienstes zu beraten und zu unterstützen. Dem Landesgesundheitsamt obliegen insbesondere folgende Aufgaben:

  1. die Sammlung und Auswertung wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen,
  2. die Entwicklung fachlicher Konzepte und Strategien auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens, soweit nicht andere Stellen zuständig sind,
  3. die Durchführung von fachbezogenen Untersuchungen sowie die Auswertung von Untersuchungsprogrammen auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens,
  4. die Durchführung labordiagnostischer Untersuchungen,
  5. die Entwicklung von Methoden und Verfahren der Qualitätssicherung und -kontrolle für den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Kommunalen Gesundheitskonferenzen,
  6. soweit nicht andere Einrichtungen zuständig sind, die Qualifizierung im öffentlichen Gesundheitsdienst im Rahmen seiner Aufgabenzuständigkeit,
  7. die Erstattung und Erläuterung von Gutachten für Gerichte und Staatsanwaltschaften über Fragen, die Dienstaufgaben betreffen und
  8. die Gesundheitsberichterstattung.

Im Landesgesundheitsamt ist eine Geschäftsstelle Kompetenzzentrum Gesundheitsschutz eingerichtet. Ihr obliegt die koordinierende Schnittstellenfunktion auf dem Gebiet der Gesundheitsvorsorge und der Gefahrenabwehr beim Auftreten von gefährlichen übertragbaren Krankheiten, Großschadens- und Katastrophenfällen sowie bei terroristischen Bedrohungen.

(2) Die Institute für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Tübingen nehmen jeweils Aufgaben nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 und 8 wahr, soweit sie ihnen durch Rechtsverordnung des Wissenschaftsministeriums übertragen sind. Im Übrigen bleiben die den Instituten für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene durch Rechtsverordnung des Wissenschaftsministeriums übertragenen Aufgaben unberührt.

Abschnitt 4
Rechtsgrundlagen der Verarbeitung personenbezogener Daten

§ 17 Anwendungsbereich 21

Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten für die Verarbeitung der personenbezogenen Daten von Personen, die von einem Gesundheitsamt, einer nach § 3 Absatz 4 beliehenen Person, einer medizinischen Gutachtenstelle oder dem Landesgesundheitsamt untersucht oder von dessen Maßnahmen oder von Maßnahmen der in § 16 Absatz 2 genannten Einrichtungen, soweit diese Aufgaben nach diesem Gesetz wahrnehmen, betroffen sind. Diesen Daten sind personenbezogene Daten Dritter gleichgestellt, die dem Gesundheitsamt, der nach § 3 Absatz 4 beliehenen Person, einer medizinischen Gutachtenstelle oder dem Landesgesundheitsamt bei Tätigkeiten nach Satz 1 bekannt werden. Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gilt das Landesdatenschutzgesetz ergänzend.

§ 18 Verarbeitung 21

(1) Abweichend von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 04.05.2016 S. 1, zuletzt ber. ABl. L 074 vom 04.03.2021 S. 35) ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten zulässig, wenn sie zur Erfüllung einer in der Zuständigkeit der verarbeitenden Stelle liegenden Aufgabe erforderlich ist und

  1. die Verarbeitung für Zwecke der Gesundheitsvorsorge, für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten, für die medizinische Diagnostik, die Versorgung oder Behandlung im Gesundheits- oder Sozialbereich oder für die Verwaltung von Systemen und Diensten im Gesundheits- oder Sozialbereich oder aufgrund eines Vertrags mit einem Angehörigen eines Gesundheitsberufs erforderlich ist und diese Daten von ärztlichem Personal oder durch sonstige Personen, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen, oder unter deren Verantwortung verarbeitet werden,
  2. die Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie dem Schutz vor schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren oder zur Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Gesundheitsversorgung und bei Arzneimitteln und Medizinprodukten erforderlich ist,
  3. die Verarbeitung aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses zwingend erforderlich ist sowie die Interessen des Verantwortlichen an der Datenverarbeitung die Interessen der betroffenen Person an einem Ausschluss der Verarbeitung erheblich überwiegen, oder
  4. die Verarbeitung für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke erforderlich ist, die Zwecke auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden können und die Interessen der öffentlichen Stelle an der Durchführung des Forschungs- oder Statistikvorhabens die Interessen der betroffenen Person an einem Ausschluss der Verarbeitung überwiegen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 sind angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person vorzusehen. Unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten und der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der unterschiedlichen Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schwere der mit der Verarbeitung verbundenen Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen können dazu insbesondere gehören:

  1. technisch organisatorische Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Verarbeitung gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 erfolgt,
  2. Maßnahmen, die gewährleisten, dass nachträglich überprüft und festgestellt werden kann, ob und von wem personenbezogene Daten eingegeben, verändert oder entfernt worden sind,
  3. Sensibilisierung der an Verarbeitungsvorgängen Beteiligten,
  4. Beschränkung des Zugangs zu den personenbezogenen Daten innerhalb der verantwortlichen Stelle und von Auftragsverarbeitern,
  5. Pseudonymisierung personenbezogener Daten,
  6. Verschlüsselung personenbezogener Daten,
  7. Sicherstellung der Fähigkeit, Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Systeme und Dienste im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich der Fähigkeit, die Verfügbarkeit und den Zugang bei einem physischen oder technischen Zwischenfall rasch wiederherzustellen,
  8. zur Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung die Einrichtung eines Verfahrens zur regelmäßigen Überprüfung, Bewertung und Evaluierung der Wirksamkeit der technischen und organisatorischen Maßnahmen oder
  9. spezifische Verfahrensregelungen, die im Fall einer Übermittlung oder Verarbeitung für andere Zwecke die Einhaltung der Vorgaben dieses Gesetzes sowie der Verordnung (EU) 2016/679 sicherstellen.

(3) Die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Absatz 1 zu einem anderen Zweck als demjenigen, zu dem die Daten erhoben wurden, ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 5 Absatz 1 LDSG und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 gegebenenfalls in Verbindung mit Absatz 1 vorliegt. § 5 Absatz 1 Nummer 3 LDSG gilt nicht für personenbezogene Daten, die von Gesundheitsämtern im Zusammenhang mit einer Beratung verarbeitet werden.

(4) § 5 Absatz 1 Nummer 4 und Absatz 2 LDSG finden keine Anwendung.

(5) Personenbezogene Daten einschließlich der Dokumentation sind für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Maßnahme oder der Durchführung einer Untersuchung aufzubewahren, es sei denn, dass ihre Kenntnis bereits zuvor für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Soweit nach anderen Vorschriften abweichende Aufbewahrungsfristen bestehen, finden diese Anwendung."

§ 19 (aufgehoben) 21

§ 20 Regelungen für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst 21

(1) Abgesehen von den sorgeberechtigten Personen ist die Anwesenheit Dritter bei ärztlichen oder zahnärztlichen Untersuchungen von Kindern in Kindertageseinrichtungen und von Schülerinnen oder Schülern nur zulässig, soweit es die ordnungsgemäße Durchführung der Untersuchung nicht behindert und von einer sorgeberechtigten Person erlaubt wird. Abweichend von Satz 1 können zahnärztliche Untersuchungen im Rahmen der Gruppenprophylaxe unter Anwesenheit Dritter durchgeführt werden, soweit es die ordnungsgemäße Durchführung der Untersuchung nicht behindert oder erforderlich ist.

(2) Wurde die Einschulungsuntersuchung vor dem Umzug des Kinds an einen anderen Wohnort von dem Gesundheitsamt durchgeführt, das ursprünglich zuständig war, so sind alle Unterlagen, die diesem Gesundheitsamt über die stattgefundene Einschulungsuntersuchung vorliegen, auf Aufforderung des für den neuen Wohnort zuständigen Gesundheitsamts als vertrauliche Arztsache in einem verschlossenen Umschlag oder in sonstiger Weise als vertraulich gekennzeichneter Datensatz an dieses zu übermitteln. Die Daten sind sofort nach Übermittlung an das neue Gesundheitsamt beim bisherigen Gesundheitsamt zu löschen.

(3) Für die Erhebung, Speicherung sowie Nutzung der personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Durchführung der Einschulungsuntersuchung gemäß § 8 Absatz 2 gelten die datenschutzrechtlichen Vorgaben dieses Abschnitts. Die im Rahmen der Einschulungsuntersuchung erforderliche Vorlage eines Nachweises über den Impfstatus des Kindes und eines Nachweises der gesetzlich vorgeschriebenen Früherkennungsuntersuchungen durch

die Eltern, erziehungsberechtigten oder sonstigen sorgeberechtigten Personen ist verpflichtend. Die bei der Einschulungsuntersuchung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen für Zwecke der Gesundheitsberichterstattung verarbeitet und in anonymisierter Form veröffentlicht werden.

§ 21 Ärztliche Untersuchungen 21

Bei ärztlichen Untersuchungen mit Ausnahme der Einschulungsuntersuchungen nach § 8 Absatz 2 darf der die Untersuchung veranlassenden Stelle nur das Ergebnis der Untersuchung übermittelt oder weitergegeben werden. Abweichend von Satz 1 dürfen die Anamnese und einzelne Untersuchungsergebnisse übermittelt oder weitergegeben werden, soweit deren Kenntnis zur Entscheidung über die konkrete Maßnahme, zu deren Zweck die Untersuchung durchgeführt worden ist, erforderlich ist. § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 LDSG, auch in Verbindung mit § 18 Absatz 3 Satz 1, bleibt unberührt.

§ 22 Geheimhaltungspflicht, befugtes Offenbaren

(1) Personen,

  1. die bei der Erfüllung von Aufgaben nach § 1 mitwirken oder
  2. denen personenbezogene Daten weitergegeben oder übermittelt worden sind (§ § 18 und 19),

dürfen die ihnen bekannt gewordenen personenbezogenen Daten nicht unbefugt offenbaren.

(2) Wer personenbezogene Daten weitergibt oder übermittelt (§ § 18 und 19), handelt auch insoweit nicht unbefugt, als er gesetzliche Geheimhaltungspflichten zu wahren hat.

(3) Die innerbehördliche Organisation der Gesundheitsbehörden ist so zu gestalten, dass gesetzliche Geheimhaltungspflichten, insbesondere die ärztliche Schweigepflicht, gewahrt werden können. Die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdiensts haben die technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, die erforderlich und angemessen sind, um die Beachtung der geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Einhaltung der Geheimhaltungspflichten zu gewährleisten.

Abschnitt 5
Gebühren, Verordnungsermächtigung und Ordnungswidrigkeiten

§ 23 Gebühren und Auslagen

(1) Für Aufklärung und Beratung sowie für amtsärztliche Begutachtungen, Zeugnisse und Bescheinigungen in beamtenrechtlichen Verfahren nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 des Landesgebührengesetzes werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.

(2) Abweichend von Absatz 1 können die Gesundheitsämter in den Landkreisen und den Stadtkreisen Stuttgart, Mannheim und Heilbronn für Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit Maßnahmen auf den Gebieten des Gesundheitsschutzes Gebühren erheben.

§ 24 Ausbildungs- und Prüfungsordnungen

Das Sozialministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften für Berufe im öffentlichen Gesundheitsdienst, für die keine bundes- oder landesrechtlichen Regelungen bestehen, zu erlassen. In den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen müssen insbesondere Regelungen getroffen werden über

  1. das Ziel der Ausbildung und Prüfung,
  2. Inhalt, Dauer und Reihenfolge der Ausbildungsabschnitte einschließlich Berufspraktika,
  3. die Voraussetzungen der Zulassung zur Ausbildung und zur Prüfung,
  4. die Anrechnung anderer Ausbildungen auf die Ausbildungszeit,
  5. die Anrechnung von Unterbrechungen auf die Ausbildung,
  6. die Bildung und Zusammensetzung der staatlichen Prüfungsausschüsse,
  7. die Anforderungen in der Prüfung sowie Art und Umfang der Prüfungsleistungen,
  8. die Fristen für die Meldung zur Prüfung,
  9. das Prüfungsverfahren sowie die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsvorschriften,
  10. die Grundsätze für die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen und die Ermittlung des Gesamtergebnisses der Prüfung,
  11. den Rücktritt von der Prüfung und die Wiederholbarkeit einer nicht bestandenen Prüfung.

§ 25 Verordnungsermächtigungen

(1) Das Sozialministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Standards für den landeseinheitlichen Vollzug der Aufgaben nach § 1 Absatz 2 zu bestimmen. Standards können insbesondere für die Entwicklung, Weiterentwicklung und Anwendung landeseinheitlicher Qualitätsanforderungen vorgeschrieben werden.

(2) Das Sozialministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen zum Verfahren und zur Durchführung ärztlicher Untersuchungen und Erstellung von Gutachten sowie Ausstellung von Bescheinigungen und Zeugnissen durch die Gesundheitsämter und medizinischen Gutachtenstellen nach § 14 zu erlassen. Die Rechtsverordnung soll insbesondere zum Zwecke der landeseinheitlichen Aufgabenwahrnehmung Regelungen über die besonderen Rechtsgrundlagen einer ärztlichen Untersuchung und Begutachtung, die örtliche Zuständigkeit, die allgemeinen Anforderungen für die Erstellung und Bekanntgabe der ärztlichen Zeugnisse sowie die Einhaltung des Datenschutzes enthalten.

§ 26 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. entgegen § 12 Absatz 2 Satz 1 die erforderlichen Auskünfte nicht oder nicht rechtzeitig erteilt oder die erforderlichen Unterlagen nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt;
  2. entgegen § 12 Absatz 3 als Inhabende oder Inhabender der tatsächlichen Gewalt den mit der Überwachung beauftragten Personen Grundstücke, Räume, Anlagen, Einrichtungen und Gegenstände auf Verlangen nicht oder nicht rechtzeitig bezeichnet oder zugänglich macht oder die Entnahme von Proben nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht;
  3. entgegen § 20 Absatz 3 Satz 2 einen Nachweis über den Impfstatus des Kinds oder einen Nachweis der gesetzlich vorgeschriebenen Früherkennungsuntersuchungen nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt oder
  4. entgegen § 22 Absatz 1 personenbezogene Daten offenbart.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Absatz 1 Nummer 1 OWiG ist die untere Verwaltungsbehörde in den Landkreisen und Stadtkreisen.

Abschnitt 6
Übergangsregelung

§ 27 Übergangsregelung für amtsärztliche Untersuchungen und Begutachtungen

(1) Soweit Verwaltungsvorschriften eines anderen Ministeriums als dem Sozialministerium, welche vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen wurden, amtsärztliche Untersuchungen und Begutachtungen im Sinne des § 14 vorsehen, begründen diese Verwaltungsvorschriften auch ohne förmliche Zustimmung des Sozialministeriums eine Dienstaufgabe der Gesundheitsämter.

(2) Soweit vor dem 1. Januar 2017 Aufträge über Untersuchungen und Begutachtungen in den in § 14 Absatz 3 Satz 1 und 2 genannten Fällen bei einem Gesundheitsamt aufgrund der allgemeinen Zuständigkeit nach § 14 Absatz 1 eingehen, bleibt das Gesundheitsamt bis zum Abschluss des Untersuchungs- und Begutachtungsverfahrens zuständig.

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