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UBG - Unterbringungsgesetz
Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker

- Saarland -

Vom 11. November 1992
(Amtsbl. Nr. 92 S. 1271...; 21.11.2007 S. 2393; 09.04.2014 S. 156 14; 13.05.2020 S. 332 20; 16.03.2022 S. 615 aufgehoben)
Gl.-Nr.:2012-18



Zur Nachfolgeregelung

§ 1 Personenkreis

Psychisch Kranke im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, bei denen eine geistige oder seelische Krankheit oder Störung von erheblichem Ausmaß vorliegt oder die an einer mit dem Verlust der Selbstkontrolle einhergehenden Abhängigkeit von Suchtstoffen leiden.

§ 2 Subsidiarität der Unterbringung

Um eine Unterbringung nach diesem Gesetz zu vermeiden, so weit wie möglich zu verkürzen oder einer untergebrachten Person nach Beendigung der Unterbringung die notwendige Hilfestellung mit dem Ziel ihrer gesundheitlichen Wiederherstellung und sozialen Eingliederung zu gewähren, sind, alle vorhandenen vorsorgenden, begleitenden und nachsorgenden Hilfen auszuschöpfen.

§ 3 Wahrung der Persönlichkeitsrechte

  1. a) Bei allen Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes ist auf den Zustand der betroffenen Personen besondere Rücksicht zu nehmen;
    1b) ihre Persönlichkeitsrechte sind zu wahren.
  2. Sie sind so unterzubringen, zu behandeln und zu betreuen, dass der Unterbringungszweck mit dem geringstmöglichen Eingriff in die persönliche Freiheit erreicht wird.

§ 4 Voraussetzungen der Unterbringung

(1) Eine psychisch kranke Person darf nach diesem Gesetz gegen oder ohne ihren Willen in einem Krankenhaus im Sinne des § 10 stationär nur untergebracht werden, wenn und solange die betroffene Person durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihr Leben, ihre Gesundheit, bedeutende eigene oder bedeutende Rechtsgüter Dritter in erheblichem Maße gefährdet und diese Gefahr nicht anders als durch stationäre Aufnahme in einem Krankenhaus abgewendet werden kann.

(2) Absatz 1 ist auch anwendbar, wenn eine Unterbringung psychisch Kranker nach den §§ 1631b, 1800, 1906 und 1915 des Bürgerlichen Gesetzbuches durch ihre gesetzlichen Vertreter/innen, denen das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, unterbleibt oder der/die gesetzliche Vertreter/in, dem/der das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht, der Unterbringung widerspricht.

§ 5 Anordnung der Unterbringung 14 20

(1) Die Unterbringung wird auf schriftlichen Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde durch das zuständige Gericht angeordnet.

(2) Der Antrag der Verwaltungsbehörde ist zu begründen. Aus dem Antrag muss hervorgehen, inwieweit die betroffene Person durch ihr krankheitsbedingtes Verhalten ihr Leben, ihre Gesundheit, bedeutende eigene oder bedeutende Rechtsgüter Dritter in erheblichem Maße gefährdet und diese Gefahr nicht anders als durch die Unterbringung abgewendet werden kann. Er soll die betreffende Person bezeichnen, ihren gewöhnlichen oder derzeitigen Aufenthaltsort angeben und die Personen, die nach § 320 in Verbindung mit § 315 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu hören sind, nach Namen und Anschrift benennen.

(3) Dem Antrag ist das Gutachten eines(r) Sachverständigen beizufügen, aus dem sich ergeben muß, dass die Voraussetzungen der Unterbringung nach § 4 Abs.1 vorliegen. Der/Die Sachverständige soll in der Regel Arzt/Arztin für Psychiatrie sein; bin jedem Fall muss er/sie Arzt/Arztin mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Das Gutachten muss auf den gegenwärtigen Gesundheitszustand der betroffenen Person abstellen und auf einer höchstens drei Tage zurückliegenden persönlichen Untersuchung beruhen.

§ 6 Einstweilige Unterbringung in Eilfällen 14

(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 4 Abs.1 vorliegen und kann eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 331, 332 und 334 oder § 322 in Verbindung mit §§ 283 und 284 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht rechtzeitig ergehen, um einen unmittelbar drohenden Schaden zu verhindern, so kann die zuständige Verwaltungsbehörde die einstweilige Unterbringung anordnen. Die zuständige Verwaltungsbehörde hat das nach § 313 Absatz 3 in Verbindung mit § 312 Nummer 3, § 151 Nummer 7 und § 167 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständige Gericht unverzüglich zu verständigen und spätestens bis zum Ablauf des auf die Einweisung folgenden Tages auf eine Entscheidung über die Unterbringung hinzuwirken.

(2) In unaufschiebbaren Fällen des Absatzes 1 kann die Polizei die/den Betroffene/n ohne Anordnung der zuständigen Verwaltungsbehörde in einer Einrichtung im Sinne des § 10 unterbringen. Die Polizei hat das nach § 313 Absatz 3 in Verbindung mit § 312 Nummer 3, § 151 Nummer 7 und § 167 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständige Gericht, die nach § 8 zuständige Verwaltungsbehörde sowie die nächsten Angehörigen bzw den/die zuständige/n Betreuer/in unverzüglich von der Unterbringung zu verständigen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Satz 1 gilt auch in den Fällen, in denen sich eine psychisch kranke Person entgegen der Entscheidung des Gerichts der Obhut der Einrichtung entzieht.

(3) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten im Vollzug der Unterbringung kann der/die Betroffene auch schon vor der gerichtlichen Anordnung der Unterbringung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen. Über den Antrag entscheidet das für die Anordnung der Unterbringung zuständige Gericht (§ 313 Absatz 3 in Verbindung mit § 312 Nummer 3, § 151 Nummer 7 und § 167 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Der Verwaltungsrechtsweg ist ausgeschlossen.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 2 ist vor der Anordnung der Einweisung durch die Verwaltungsbehörde oder der Unterbringung durch die Polizei eine Begutachtung des/der Betroffenen gemäß § 5 Abs.3 einzuholen; das Gutachten kann in diesen Fällen auch durch eine(n) approbierte(n) Arztin/Arzt erstattet werden.

§ 7 Anwendung der Vorschriften über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 14 20

Hinsichtlich der einstweiligen und der im Hauptsacheverfahren angeordneten Unterbringung durch das Gericht, ärztlicher Zwangsmaßnahmen, besonderer Sicherungsmaßnahmen gemäß § 11a, Sicherungsmaßnahmen gemäß § 11b sowie für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

§ 8 Zuständige Verwaltungsbebörden 14

(1) Zuständige Verwaltungsbehörden nach diesem Gesetz sind die Landkreise, der Regionalverband Saarbrücken und die Landeshauptstadt Saarbrücken.

(2) Für die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde gilt § 313 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(3) Zur Gewährleistung einer Rufbereitschaft an Samstagen, Sonn- und Feiertagen kann eine Zentralisierung der Zuständigkeit auf eine oder mehrere Verwaltungsbehörden durch Verwaltungsvereinbarung zwischen Landkreisen, dem Regionalverband, der Landeshauptstadt Saarbrücken oder den Mittelstädten Völklingen und St. Ingbert geschaffen werden. Entsprechende Vereinbarungen im Sinne des Dritten Abschnitts des Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1997 (Amtsbl. S. 723), zuletzt geändert durch Art. 5 Absatz 17 des Gesetzes vom 21. November 2007 (Amtsbl. S. 2393), in der jeweils geltenden Fassung sind dem Zentralen Bereitschaftsgericht für das Saarland bekannt zu geben.

§ 9 Durchführung der Unterbringung 14

(1) Die Ausführung einer vom Gericht angeordneten Unterbringung obliegt der zuständigen Verwaltungsbehörde. Innerhalb einer Einrichtung im Sinne des § 10 obliegt dieser die Durchführung einer vom Gericht angeordneten Unterbringung.

(2) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 kann sich die zuständige Verwaltungsbehörde der Vollzugshilfe der Polizei (§ 41 bis 43 des Saarländischen Polizeigesetzes vom 8.November 1989 - Amtsbl.S.1750) und der Mitwirkung des Rettungsdienstes (Saarländisches Rettungsdienstgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.Januar 2004 - Amtsbl.S.170) bedienen.

(3) Gewalt darf bei Durchführung der Unterbringung nur angewandt werden, wenn das Gericht dies auf Grund einer ausdrücklichen Ermächtigung angeordnet hat. Die Wohnung der betroffenen Person darf ohne ihre Einwilligung nur betreten werden, wenn das Gericht dies auf Grund einer ausdrücklichen Entscheidung angeordnet hat. Bei Gefahr im Verzug findet § 9 Absatz 1 Satz 2 keine Anwendung.

§ 10 Einrichtungen zur Unterbringung 14

(1) Die Unterbringung erfolgt in psychiatrischen Krankenhäusern oder einer psychiatrischen Abteilung von Krankenhäusern und des Universitätsklinikums des Saarlandes.

(2) Die in Absatz 1 genannten Einrichtungen müssen besondere Vorkehrungen gegen Entweichungen vorhalten.

(3) Für die Aufsicht über die Einrichtungen gilt § 6 des Saarländischen Krankenhausgesetzes vom 15.Juli 1987 (Amtsbl.S.921)

§ 11 Untersuchung und Behandlung in besonderen Fällen 14

(1) Unmittelbarer Zwang im Rahmen des Vollzuges der Unterbringung und ärztlicher Zwangsmaßnahmen im Sinne des § 13 Abs. 2 darf nur angewendet werden, wenn dadurch eine akute Gefährdung des Lebens oder eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit der betreffenden Person oder Rechtsgüter Dritter abgewendet werden kann. Solche Zwangsmaßnahmen sind nur durch eine(n) Arztin/Arzt oder auf deren Anordnung zulässig. Mitarbeiter/innen einer Einrichtung im Sinne des § 10 dürfen gegenüber untergebrachten Personen unmittelbaren Zwang nur dann anwenden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit innerhalb der Einrichtung erforderlich ist; die Fortdauer solcher Zwangsmaßnahmen bedarf ärztlicher Anordnung.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 sind der untergebrachten Person vorher anzudrohen; die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen.

§ 11a Besondere Sicherungsmaßnahmen in Gefahrensituationen 20

(1) Bei einer von einer untergebrachten Person ausgehenden gegenwärtigen erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit der untergebrachten Person oder Dritter können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, soweit diese Gefahr nicht anders abgewendet werden kann. Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig:

  1. die ständige Beobachtung der untergebrachten Person, auch durch technische Hilfsmittel, wenn sichergestellt ist, dass nur befugte Personen den Überwachungsbildschirm einsehen können,
  2. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum ohne gefährdende Gegenstände,
  3. Fixierungsmaßnahmen, durch die die Bewegungsfreiheit der untergebrachten Person vollständig aufgehoben wird,
  4. die sonstige Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch eine mechanische Vorrichtung.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 Nummer 1 oder 2 sind auch zulässig, wenn in erhöhtem Maße die Gefahr besteht, dass sich die untergebrachte Person selbst oder mit der Hilfe einer dritten Person der Obhut der Einrichtung entzieht oder wenn eine gegenwärtige Gefahr für bedeutende Rechtsgüter Dritter nicht anders abgewendet werden kann.

(3) Die behandelnde Einrichtung (§ 10) kann bei der Durchsetzung einer angeordneten Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 bis 4 mittels unmittelbaren Zwangs erforderlichenfalls um Unterstützung der Vollzugspolizei ersuchen. Die vollzugspolizeiliche Unterstützung richtet sich nach den Grundsätzen der Vollzugshilfevorschriften der §§ 41 bis 43 des Saarländischen Polizeigesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. März 2001 (Amtsbl. S. 1074), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22. August 2018 (Amtsbl. I S. 674, 681).

Die Vollzugspolizei bleibt über die nach diesem Gesetz zulässigen Maßnahmen auch zu Maßnahmen in eigener Zuständigkeit nach anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem Saarländischen Polizeigesetz, berechtigt, soweit dies nicht einer ärztlichen Anordnung im Hinblick auf den Gesundheitszustand der untergebrachten Person widerspricht.

(4) Bei besonderen Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 4 wird eine angemessene Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal sichergestellt. Wird eine besondere Sicherungsmaßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 vorgenommen, hat eine engmaschige Überwachung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu erfolgen. Bei besonderen Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 3 ist grundsätzlich eine Einszu-eins-Betreuung durch therapeutisches oder pflegerisches Personal zu gewährleisten. Die ärztliche Kontrolle ist im erforderlichen Maß zu gewährleisten.

(5) Die Maßnahmen nach Absatz 1 sind anzukündigen. Die Ankündigung darf nur unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die besondere Sicherungsmaßnahme sofort umgesetzt werden muss, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

(6) Wenn der untergebrachten Person durch besondere Sicherungsmaßnahmen nach Absatz 1 Nummer 2 oder Absatz 1 Nummer 4 über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll, bedarf es der vorherigen richterlichen Anordnung. Ohne richterliche Anordnung sind diese Maßnahmen nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. In diesem Fall ist unverzüglich eine nachträgliche richterliche Genehmigung zu beantragen, es sei denn, es ist absehbar, dass die besondere Sicherungsmaßnahme vor der Erlangung einer richterlichen Entscheidung beendet sein und eine zeitnahe Wiederholung nicht erforderlich werden wird. Ist eine richterliche Entscheidung beantragt und die Maßnahme vor deren Erlangung beendet worden, so ist dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Das Antragsrecht auf eine gerichtliche Entscheidung steht der behandelnden Einrichtung (§ 10) zu.

(7) Die Maßnahme nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 erfordert eine vorherige richterliche Anordnung des zuständigen Gerichts, wenn es sich nicht nur um eine kurzfristige Fixierung handelt, von der in der Regel auszugehen ist, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreitet. Absatz 6 Sätze 2 bis 5 gelten entsprechend.

(8) Die Anordnung einer besonderen Sicherungsmaßnahme nach Absatz 1 hat durch einen Arzt oder eine Ärztin der behandelnden Einrichtung (§ 10) zu erfolgen. Die Anordnung ist zu befristen und unverzüglich aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für ihre Anordnung entfallen sind.

(9) Maßnahmen nach Absatz 1 sind durch die behandelnde Einrichtung (§ 10) einem bereits bestellten Betreuer oder einem bereits bestellten Verfahrenspfleger mitzuteilen; ist weder ein Betreuer noch ein Verfahrenspfleger bestellt oder erreichbar, so ist die Mitteilung an eine vom Untergebrachten benannte Person seines Vertrauens oder an einen nahen Angehörigen des Betroffenen zu richten. Abhängig vom Gesundheitszustand der untergebrachten Person soll eine Nachbesprechung der Anwendung von Maßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 4 zeitnah und durch den zuständigen Arzt oder die zuständige Ärztin erfolgen. Eine vom Untergebrachten benannte Person seines Vertrauens kann hinzugezogen werden. Nach Beendigung der Maßnahme ist die untergebrachte Person und deren Betreuer oder Betreuerin oder deren Verfahrenspfleger oder Verfahrenspflegerin durch den zuständigen Arzt oder die zuständige Ärztin auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Zulässigkeit einer nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 4 durchgeführten Maßnahme durch das zuständige Gericht überprüfen zu lassen. Für Anträge auf gerichtliche Überprüfung der Zulässigkeit von Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die behandelnde Einrichtung liegt, in der der Betroffene sich befindet; es gelten die §§ 312 Nummer 4 und 151 Nummer 8 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(10) Die Maßnahmen nach Absatz 1 sind hinsichtlich ihrer Anordnung, Begründung, Durchsetzung, Dauer sowie Überwachung je nach Zuständigkeit durch einen Arzt oder eine Ärztin oder das Pflegepersonal der behandelnden Einrichtung (§ 10) zu dokumentieren. Gleichfalls zu dokumentieren sind die Nachbesprechung gemäß Absatz 9 Satz 2 und der Hinweis gemäß Absatz 9 Satz 4.

§ 11b Sicherungsmaßnahmen beim Risiko des Entweichens 20

Während Ausgängen, der Vorführung oder des Transports ist bei einer in erhöhtem Maße bestehenden Gefahr der Entweichung die Anordnung der Fesselung zulässig, wenn und solange die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewendet werden kann. Die Fesselung darf nur aufrechterhalten werden, soweit und solange ihr Zweck es erfordert. Anordnungsbefugt ist ein Arzt oder eine Ärztin der behandelnden Einrichtung. § 11a Absatz 4 Satz 3, § 11a Absatz 9 Satz 4 sowie § 11a Absatz 10 gelten entsprechend.

§ 11c Unmittelbarer Zwang 20

(1) Anordnungen nach § 11a Absatz 1 dürfen im Wege des unmittelbaren Zwangs gegenüber der untergebrachten Person durchgesetzt werden, wenn der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.

(2) § 11 Absatz 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

(3) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist.

(4) Die Befugnis zur Anwendung unmittelbaren Zwangs aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.

(5) Hält sich die untergebrachte Person ohne Erlaubnis außerhalb der Einrichtung auf, so kann sie durch Beschäftigte der Einrichtung oder auf deren Veranlassung hin festgehalten und in die Einrichtung zurückgebracht werden.

§ 11d Einschränkung von Grundrechten 20

Durch den Vollzug besonderer Sicherungsmaßnahmen in Gefahrensituationen nach §§ 11a bis 11c werden das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Artikel 1 Satz 2 der Verfassung des Saarlandes) und das Recht auf Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes, Artikel 3 der Verfassung des Saarlandes) eingeschränkt.

§ 12 Betreuung und Heilbehandlung 14 20

(1) Die nach diesem Gesetz untergebrachten Personen haben Anspruch darauf, als Kranke behandelt zu werden.

(2) Die nach diesem Gesetz untergebrachten Personen haben Anspruch auf die notwendige Heilbehandlung; diese umfasst alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die Behandlung im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung, und die erforderlich sind, um der untergebrachten Person nach ihrer Entlassung ein eigenverantwortliches Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Behandlung ist der untergebrachten Person nach Möglichkeit zu erläutern.

(3) Aus therapeutischen oder anderen wichtigen Gründen kann einer untergebrachten Person durch den/die Leiter/in der Einrichtung eine kurzzeitige Abwesenheit aus der Einrichtung mit oder ohne Begleitung gestattet werden. Das zuständige Gericht und die für die Unterbringung zuständige Verwaltungsbehörde sind vorher hiervon in Kenntnis zu setzen.

(4) In Fällen notwendiger Behandlung von nicht psychiatrischen Erkrankungen kann eine untergebrachte Person durch den Leiter/ die Leiterin der Einrichtung für die Dauer der notwendigen Heilbehandlung mit oder ohne Begleitung in eine andere Fachabteilung eines Krankenhauses verlegt werden oder in andere geeignete Behandlungseinrichtungen verbracht werden. Das zuständige Gericht und die für die Unterbringung zuständige Verwaltungsbehörde sind vorher hiervon in Kenntnis zu setzen. In unaufschiebbaren Fällen hat eine Inkenntnissetzung unverzüglich zu erfolgen.

(5) Im Zusammenhang mit Maßnahmen nach Absatz 3 und 4 ist zu prüfen, ob eine Aussetzung der Unterbringung nach § 328 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angezeigt ist.

§ 13 Einwilligung in Behandltungsmaßnahmen 14 20

(1) Eine ärztliche Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine ärztliche Heilbehandlung oder ein
ärztlicher Eingriff im Sinne des § 12 Absatz 2 dürfen nur mit Einwilligung der untergebrachten Person oder, falls diese die Behandlung und Tragweite der Maßnahme oder der Einwilligung nicht beurteilen kann, mit Einwilligung ihres/ihrer gesetzlichen Vertreters/Vertreterin vorgenommen werden.

(2) Widerspricht eine Maßnahme nach Absatz 1 dem natürlichen Willen der betroffenen Person (ärztliche Zwangsmaßnahme), so darf diese Zwangsmaßnahme nur vorgenommen werden, wenn

  1. die betroffene Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann,
  2. zuvor versucht wurde, die betroffene Person von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und die Maßnahme angekündigt wurde,
  3. die ärztliche Zwangsmaßnahme im Rahmen der Unterbringung zum Wohl der betroffenen Person erforderlich ist, um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden von ihr oder eine erhebliche Gefährdung dritter Personen abzuwenden,
  4. der erhebliche gesundheitliche Eigenschaden oder die erhebliche Gefährdung dritter Personen durch keine anderen für die Gesundheit und die Freiheitsrechte der betroffenen Person weniger eingreifenden Maßnahmen abgewendet werden kann und
  5. der zu erwartende Nutzen der ärztlichen Zwangsmaßnahme die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich überwiegt.

(3) Die ärztliche Zwangsmaßnahme bedarf der Anordnung des zuständigen Gerichts. § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes gilt entsprechend; im Falle einer reinen Gefährdung dritter Personen ist die Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Die ärztliche Maßnahme ist zu dokumentieren und zu beenden, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Die Beendigung ist dem zuständigen Gericht anzuzeigen.

(4) Bei ärztlichen Behandlungsmaßnahmen nach Absatz 2 Nummer 3 kann bei Gefahr in Verzug von den Vorgaben gemäß Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 abgesehen werden. In diesem Fall ist unverzüglich eine nachträgliche Genehmigung des zuständigen Gerichts nach Maßgabe des § 5 Absatz 1 zu beantragen. Die Aufklärung nach Absatz 2 Nummer 2 ist nachzuholen, sobald es der Gesundheitszustand der untergebrachten Person zulässt. Bereits bestellte Betreuer, Verfahrenspfleger oder sonstige Personensorgeberechtigte sind über die ärztliche Maßnahme zu informieren und sowohl diese als auch die Nachholung der Aufklärung zu dokumentieren.

(5) Die Regelung des § 1904 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.

(6) Medizinische Experimente dürfen an untergebrachten Personen nicht vorgenommen werden.

§ 14 UBG Beendigung der Unterbringung 14

(1) Die untergebrachte Person ist zu entlassen, wenn

  1. die Unterbringungsfrist des § 323 Ziffer 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit abgelaufen ist und die Fortdauer der Unterbringung nicht zuvor angeordnet wurde,
  2. die Anordnung der Unterbringung vom zuständigen Gericht aufgehoben oder ausgesetzt worden ist oder
  3. im Falle einer einstweiigen Unterbringung im Sinne des § 6 eine vorläufige oder endgültige Unterbringung im Sinne der §§ 312 bis 339 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht spätestens bis zum Ablauf des auf die Unterbringung folgenden Tages gerichtlich angeordnet worden ist.

In den Fällen der Nummern 1 und 3 sind das zuständige Gericht und die in § 315 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten Beteiligten unverzüglich von der Entlassung in Kenntnis zu setzen.

(2) Ergibt eine ärztliche Untersuchung, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, ist von aßen Beteiligten unverzüglich auf die gerichtliche Aufhebung der Unterbringung hinzuwirken.

(3) Nach jeweils sechs Monaten Unterbringungsdauer ist eine Begutachtung durch einem Sachverständige/n im Sinne des § 5 Abs.3 herbeizuführen, der den/die Betroffene/n bisher weder behandelt noch begutachtet hat, noch der Einrichtung angehört, in der der/die Betroffene untergebracht ist.

§ 15 Persönliches Eigentum, Besuchsrecht, Telefon- und Postverkehr, Religionsausübung

(1) Die untergebrachte Person hat das Recht, ihre persönliche Kleidung zu tragen, persönliche Gegenstände in ihrem Zimmer zu haben und Besuch zu empfangen, soweit es ihr Gesundheitszustand gestattet und die Sicherheit oder Ordnung der Unterbringungseinrichtung dadurch nicht gestört wird. Unter den gleichen Voraussetzungen ist die untergebrachte Person berechtigt, Telefongespräche zu empfangen und auf ihre Kosten zu führen sowie mit Personen und Stellen außerhalb der Unterbringungseinrichtung auf dem Postwege zu verkehren.

(2) Der Schriftverkehr der untergebrachten Person mit ihremlr gesetzlichen Vertreter/in, Rechtsanwalt/in, Verteidiger/in, Notar/in, mit Gerichten, Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie deren Mitgliedern, mit der Europäischen Kommission für Menschenrechte sowie bei ausländischen Staatsangehörigen mit der diplomatischen Vertretung des Heimatlandes wird nicht überwacht.

(3) Die Religionsausübung ist zu gewährleisten.

§ 16 Kosten der Unterbringung 14

(1) Die Kosten einer nach diesem Gesetz durchgeführten Unterbringung trägt der/die Kranke, soweit nicht wegen der Behandlung im Sinne des § 12 nach anderen Vorschriften sonstige Sozialleistungsträger Leistungen zu erbringen haben. Die Pflicht zur Erstattung der Kosten durch Dritte bleibt hiervon unberührt.

(2) Soweit der/die Kranke kostenpflichtig bleibt, kann in besonderen Härtefällen das Land die Kosten übernehmen.

(3) Die Kosten des nach § 5 Abs.3, § 6 Abs.4, § § 13 und 7 in Verbindung mit § 321 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und § 14 Abs.3 erforderlichen Gutachtens trägt die Verwaltungsbehörde.

§ 17 Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person (Artikel 2 Abs.2 des Grundgesetzes), Schutz von Ehe und Familie (Artikel 6 des Grundgesetzes), Unverletzlichkeit des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes), auf Freizügigkeit (Artikel 11 des Grundgesetzes) und auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.

§ 18 Erlass von Verwaltungsvorschriften 14

Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie wird ermächtigt, zur Durchführung dieses Gesetzes im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres und Sport Verwaltungsvorschriften zu erlassen.

§ 19 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1.Januar 1993 in Kraft; zum gleichen Zeitpunkt tritt das Gesetz über die Unterbringung von psychisch Kranken und Süchtigen (Unterbringungsgesetz) vom 10.Dezember 1969 (Amtsbl.1970 S.22), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (AG-BtG) und zur Änderung landesrechtlicher Vorschriften vom 15.Juli 1992 (Amtsbl.S.838), außer Kraft.

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