Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an. Regelwerk, Lebensm.&Bedarfsgegenstände, AMG |
Bekanntmachung eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL):
Anlage IV - Aufhebung von Therapiehinweisen
Vom 17. März 2016
(BAnz. AT vom 08.06.2016 B1)
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 17. März 2016 beschlossen:
Die Anlage IV zur Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie) in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 (BAnz. Nr. 49a vom 31. März 2009), zuletzt geändert am 17. März 2016 (BAnz AT 18.05.2016 B2), wie folgt zu ändern:
Die Therapiehinweise zu:
"Becaplermin (z.B. Regranex®)" in der Fassung des Beschlusses vom 10. April 2000 (BAnz. S. 14.469
Becaplermin
(z.B. Regranex®)Beschluss vom: 10.04.2000
In Kraft getreten am: 26.07.2000
BAnz. 2000, S. 14.469/ 14.470
Indikation Becaplermin ist zugelassen, in Verbindung mit einer guten Wundbehandlung" die Granulation und dadurch Heilung von tiefen, Neuropathischen, chronischen, diabetischen Ulcera bis zu maximal 5 cm2 zu fördern. Es sollte immer mit guter Wundbehandlung" mit initialem Debridement (um alle nekrotischen und/oder infizierten Gewebe zu entfernen), falls notwendig weiterem Debridement im Behandlungsverlauf und druckentlastenden Maßnahmen angewandt werden. Vor der Anwendung von Becaplermin sollten Wundinfektionen ausgeschlossen oder adäquat antibiotisch behandelt werden. Ebenso sollten radiologisch eine Osteomyelitis und eine periphere arterielle Verschlußkrankheit mittels Prüfung der Fußpulse oder anderer Untersuchungen ausgeschlossen oder, wenn vorhanden, behandelt werden.
Becaplermin wird in ein nichtsteriles, konserviertes Gel mit der Tägersubstanz Carmellose-Natrium eingebettet. Ein Gramm enthält 100 µg Wirkstoff. Becaplermin wird einmal täglich in einer durchgehenden dünnen Schicht auf die ulcerierte Fläche aufgetragen und mit einer mit Kochsalzlösung getränkten Auflage abgedeckt im Sinne einer feuchten Wundbehandlung.
Wirkungen Becaplermin ist ein rekombinanter humaner, homodimerer thrombozytärer Wachstumsfaktor (rhPDGF-BB - Plateletderived growth factor), der durch die Insertion des Gens für die B-Kette des humanen thrombozytären Wachstumsfaktors in den Hefepilz Saccharomyces cerevisiae hergestellt wird. Der biologische Angriffspunkt entspricht der von endogenem PDGF; dazu gehört die Förderung der Zellrekrutierung (Chemotaxis von neutrophilen Granulozyten und Makrophagen) und die Proliferation von Zellen, die an der Wundreparatur beteiligt sind.
Wirksamkeit Zum Programm der Wirksamkeitsprüfung von Becaplermin gehörten vier kontrollierte, randomisierte Studien mit insgesamt 922 erwachsenen Patienten mit diabetischen, Neuropathischen Ulcera an den unteren Extremitäten. 93% der Patienten litten unter Fußulcera, 7% der Ulcera waren im Bereich der Knöchel beziehungsweise der Beine lokalisiert. Die Ulcera bestanden wenigstens acht Wochen und erstreckten sich mindestens bis auf die Subkutis (Stadium III - IV gemäß der International Association of Enterostomal). Eine Ischämie wurde durch eine transkutane Sauerstoffmessung (TcpO2 > 30 mmHg) ausgeschlossen ebenso wie Infektionen der Wunde bzw. Osteomyelitiden. Patienten mit malignen oder anderen wie diabetischen Erkrankungen wurden ebenso ausgeschlossen wie Patienten, die Strahlentherapie, Kortikosteroide, Immunsuppressiva oder Chemotherapeutika erhielten. Basis war eine gute Wundbehandlung mit initialem Debridement und, falls notwendig, weiteren im Behandlungsverlauf sowie eine Druckentlastung. Die maximal 20-wöchige Behandlung umfaßte die Applikation von Becaplermin einmal täglich und die feuchte Wundbehandlung zweimal täglich. Primärer Endpunkt der Studien war die komplette Abheilung.
Eine Meta-Analyse der Europäischen Zulassungsbehörde EMEA (The European Agency for the Evaluation of Medicinal Products) kommt zu dem Schluß, daß eine moderate dosisabhängige Überlegenheit von Becaplermin gegenüber der alleinigen Trägersubstanz besteht, die Konzentration von 100 pg/g heilt lediglich 10% mehr Wunden nach 20 Wochen als die Trägersubstanz allein. Becaplermin erscheint wirksamer bei kleineren Wunden als bei größeren. Die Analyse zeigt, daß die Dauer des Ulcus eine negative Korrelation zur Heilung aufweist (länger bestehende Ulcera neigen zu einer geringeren Heilung).
Studie 90-22120-F, eine multizentrische, doppelblind Placebokontrollierte Studie mit 118 Patienten, die 30 pg Becaplermin, eine Konzentration, die nicht zugelassen ist (i.e. 100 µg), erhielten. Eine komplette Heilung erreichten 47,5% unter Becaplermin + guter Wundbehandlung und 24,6% unter Placebo + guter Wundbehandlung .
Studie 92-22120-K, eine multizentrische, doppelblind Placebokontrollierte Studie mit 382 Patienten, die 1 : 1 : 1 (Becaplermin 100 µg + gute Wundbehandlung versus Becaplermin 30 μg + gute Wundbehandlung versus Placebo + gute Wundbehandlung) randomisiert wurden. Eine komplette Heilung erreichten 49,6% versus 36,4% versus 34,6%. Nur die zugelassene Dosis von Becaplermin erwies sich als signifikant wirksamer gegenüber Placebo.
Studie PDGF-DBFT-001, eine multizentrische kontrollierte Studie mit 172 Patienten, die die Sicherheit und den Einfluß der Trägersubstanz auf die Wundheilung evaluierte. Die Patienten wurden 1 : 2 : 2 (Becaplermin 100 μg + gute Wundbehandlung versus gute Wundbehandlung versus Trägersubstanz + gute Wundbehandlung) randomisiert. Eine komplette Heilung erreichten 44,1% unter Becaplermin versus 22,1% versus 35,7%. In dieser Studie zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Anzahl der geheilten Patienten unter Becaplermin gegenüber der Behandlung mit der Trägersubstanz oder einer guten Wundbehandlung .
Studie PDGF-DBFT-002, eine multizentrische, Untersucherverblindete, kontrollierte Studie mit 250 Patienten. Eine komplette Heilung erreichten unter Becaplermin 100 μg + guter Wundbehandlung 35,9% verglichen mit 32% unter alleiniger guter Wundbehandlung . Die Differenz war statistisch nicht signifikant.
Risiken ggf. Vorsichtsmaßnahmen Insgesamt war die Anzahl und Qualität der Nebenwirkungen vergleichbar mit denen in den Kontrollgruppen. Die häufigsten sind Infektionen, Hautulcerationen, Hautrötungen und Schmerzen.
Okklusiwerbände sollten mit Becaplermin nicht angewendet werden.
Becaplermin ist kontraindiziert bei bekannter Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels und bei bekannter Neoplasie an oder in der Nähe der Applikationsstelle. Ebenso ist Vorsicht geboten bei Patienten mit bekannten malignen Erkrankungen. Die Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sind nicht belegt. Das Medikament sollte nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden.
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise Becaplermin ist nur zweckmäßig, wenn die Therapie diabetischer, Neuropathischer Ulcera mit intensiver adäquater Wundbehandlung einschließlich ständiger Druckentlastung erfolglos geblieben ist. Die Therapie mit Becaplermin sollte durch einen Arzt (Facharzt oder Allgemeinmediziner) mit Erfahrung in der Behandlung diabetischer Wunden begonnen und überwacht werden. Sie ist nur in Kombination mit einer guten Wundbehandlung und unter Ausschluß einer Ischämie, Hautinfektion, Osteomyelitis, von bösartigen Tumoren und einer anderen als Neuropathischen Genese angezeigt (nicht z.B. bei venösen oder arteriellen Ulcera, Dekubitalulcera, Strahlenulcera).
Wenn nach den ersten zehn Wochen einer ununterbrochenen Therapie mit Becaplermin kein bedeutsamer Heilungsfortschritt ersichtlich ist, sollte die Behandlung überprüft werden und bekannte, die Heilung beeinträchtigende Faktoren (wie Osteomyelitis, Ischämie, Infektion) sollten nochmals bewertet werden. Nur wenn bei den regelmäßig wiederkehrenden
Kontrolluntersuchungen ein Heilungsfortschrittt gesehen wird, sollte die Therapie bis zu einer Höchstdauer von 20 Wochen fortgesetzt werden. Becaplermin ist nicht für die Daueranwendung vorgesehen.
Zu empfehlen ist, daß die applizierte Menge überwacht wird [je cm2 wird 0,25 cm Gel benötigt (Länge x Breite : 4), das Gewicht beträgt 0,25 g pro cm Länge].
Kosten 15,0 Gramm Regranex® kosten 500,44 Euro.
"Inhalierbares, kurzwirksames Humaninsulin (Exubera®)" in der Fassung des Beschlusses vom 17. Oktober 2006 (BAnz. 2007 S. 439)
Inhalierbares, kurzwirksames Humaninsulin
(Exubera®)Beschluss vom: 17.10.2006
In Kraft getreten am: 14.01.2007
BAnz. 2007, S. 439
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise Die Wirksamkeit von Exubera® ist mit der von subcutan injiziertem (s.c.) Normalinsulin vergleichbar. Allerdings verteuert Exubera® die Behandlung um das Fünffache. Exubera® ist unwirtschaftlich. Außerdem kann wegen der fehlenden Langzeitdaten und des unklaren Risikos im Vergleich zu s.c. Insulin eine Empfehlung zur Verordnung von Exubera® nicht gegeben werden. Patienten oder Patientengruppen, die von der Gabe des inhalierbaren Insulins gegenüber der s.c. Applikation einen klinischen Nutzen haben könnten, konnten in Studien nicht identifiziert werden.
Auch das Argument, dass an sich insulinpflichtige Patienten, die wegen Vorbehalten gegenüber Spritzen diese Therapieoption umgehen bzw. hinauszögern und deswegen eher auf ein inhalierbares Insulin einzustellen sein werden, greift wegen der höheren Hypoglykämierate und den deswegen häufigeren Blutzuckerselbstkontrollen nicht. Die Stiche durch die modernen Insulinpens sind kaum spürbar, wohin gegen die Blutentnahme aus der Fingerbeere schmerzhafter sein kann.
Kosten
Arzneimittelname I. E. Packungsgröße DDD: 40 I. E. Kosten für 1 Jahr Exubera® Kaps. 3 mg 40 I. E. (5 Kaps.) 270 Kaps. 5,70 Euro 2080,- Euro Huminsulin Normal 40
(Durchstechflasche)40 I. E. 5 x 10 ml 1,16 Euro 423,- Euro Huminsulin Normal 100
(Durchstechflasche)100 I. E. 5 x 10 ml 1,06 Euro 387,- Euro Huminsulin Normal 100 für Pen 100 I. E. 10 x 3 ml 1,18 Euro 431,- Euro Stand: 15. Juni 2006
Gegenüber der Verordnung von Normalinsulin fallen bei Exubera® wegen der notwendigen Therapiekontrolle weitere Kosten für pulmologische und labortechnische Untersuchungen an.
Indikation Das inhalierbare Insulin (Exubera®) wurde im Januar 2006 von der europäischen Zulassungsbehörde EMEA zugelassen und wird seit Mai 2006 in Deutschland vertrieben. Exubera® ist zugelassen
- zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Typ 2-Diabetes mellitus, die mit oralen Antidiabetika nicht zufrieden stellend eingestellt sind und eine Insulintherapie benötigen bzw.
- zusätzlich zu lang wirkendem oder verzögert wirkendem, subkutanem Insulin außerdem - nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung - zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus.
Eine Zulassung für Kinder und Jugendliche besteht derzeit wegen fehlender Untersuchungen zur Langzeitverträglichkeit nicht. Außerdem liegen für Patienten z 75 Jahren nur begrenzte Erfahrungen vor.
Wirkungen Das inhalierbare Insulin besteht aus einem Trockenpulver auf der Basis von Humaninsulin. Es wird in einem speziellen Inhaliergerät, welches etwa die Größe einer kleinen Getränkedose hat, aus einer verblisterten Trockenpackung freigesetzt und danach eingeatmet. Die Insulinfreisetzungseinheit muss alle 2 Wochen ausgetauscht, das Inhaliergerät jährlich erneuert werden.
Als kurzwirksames Humaninsulin wird der Wirkstoff schneller resorbiert, als bei s.c. Applikation. Es sollte innerhalb von 10 Minuten vor Beginn der Mahlzeit gegeben werden. Exubera® ist somit den kurzwirksamen, subkutanen Human- und Analoginsulinen in Wirkung und Indikationsstellung gleich gestellt.
Wirksamkeit In drei auf Nichtunterlegenheit angelegten Studien, in denen Exubera® mit s.c. Insulin verglichen wird, sind sowohl Patienten mit Typ 1 als auch Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus eingeschlossen. Die Senkung des HbA 1c Wertes unter Exubera® ist vergleichbar mit der unter s.c. Insulinen. Die Studien zeigen ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Hypoglykämien unter Exubera® bei Patienten mit Typ 1 Diabetes.
Eine vergleichende Studie über 2 Jahre zur Wirksamkeit und Sicherheit von Exubera® bei Typ 1 Diabetes mellitus zeigte keinen klinisch relevanten Unterschied in der Blutzuckerkontrolle. Auch eine weitere Studie mit Typ 2 Diabetes mellitus Patienten zeigte in einer Zwischenauswertung nach 1 Jahr ebenfalls keinen Unterschied in der Kontrolle der HbA 1c Werte. Das Risiko für Hypoglykämien war in beiden Studienarmen vergleichbar.
Im Vergleich mit oralen Antidiabetika hat Exubera® einen günstigeren Einfluss auf den HbA 1c Wert. Es wurde allerdings in Studien kein Vergleich zwischen Exubera® plus oralen Antidiabetika und s. c. Insulin plus oralen Antidiabetika durchgeführt.
Von allen Studien sind Patienten mit systemischen Erkrankungen, ausgenommen mit gut kontrollierter und stabil eingestellter Hypertonie bzw. Diabetes bezogenen Komplikationen, ebenso ausgeschlossen wie schlecht eingestellte Diabetiker. Weiterhin ausgeschlossen waren Patienten mit Neigung zu schweren Hypoglykämien, Raucher und Patienten mit Lungenfunktionseinschränkungen wie Asthma. Von den Studien zu Typ 2 Diabetes mellitus waren zusätzlich ausgeschlossen u. a. Patienten mit Neuropathie und mit Arzneimittelallergien in der Vorgeschichte.
Studienabbrüche sind in der Exubera® Gruppe wegen unerwünschter Wirkungen häufiger als im Vergleichsarm. Die Beurteilung der Langzeitsicherheit von Exubera® bei Typ 1 Diabetikern wird durch eine hohe Abbruchrate im follow up (mehr als 50%) und einer Abbruchrate von 6,7 % wegen ungenügendem Behandlungserfolg erschwert. Patienten, sowohl mit Typ 1 als auch mit Typ 2 Diabetes mellitus, die zur konventionellen Therapie zurückkehrten, zeigten eine verbesserte Blutzuckerkontrolle als die, die in der Exubera®-Gruppe verblieben.
Alle bei der Zulassung bewerteten kompletten Phase II/III Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Exubera® waren kontrollierte, randomisierte, multizentrische Studien mit offenem Parallel-Gruppen-Design. Hinsichtlich des offenen Studiendesigns wird in einem Gutachten der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA auf die Möglichkeit eines Selektionsbias hingewiesen. Dies betrifft sowohl die Randomisierung (Zuteilung von besonders geeigneten Patienten in die Exubera®-Gruppe) als auch die Interpretation von Studienabbrüchen. Hier wird vermutet, dass ein Teil der Studienabbrüche, die mit Widerruf des Einverständnisses oder mit Patient will nicht länger teilnehmen angegeben werden, auf unerwünschte Wirkungen oder mangelnde Wirksamkeit zurückzuführen und damit falsch kodiert sind.
Risiken ggf. Vorsichtsmaßnahmen Die Entscheidung zur Zulassung von Exubera® zur Behandlung von Typ 1 Diabetes mellitus fiel im zuständigen Ausschuss für Humanarzneimittel bei der EMEA nicht einstimmig aus. Einige Mitglieder hatten Bedenken wegen der unklaren Langzeitsicherheit einschließlich der Immunogenität und der geringen Dosisflexibilität sowie des Risikos einer variablen Absorption in verschiedenen Situationen. Sie plädierten dafür, die Zulassung auf die Behandlung von Typ 2 Diabetes mellitus zu beschränken. Die Patienten seien weniger sensibel für Dosisschwankungen, im Allgemeinen älter und deshalb besser Therapieempfehlungen und einem Risk Management Plan zugänglich.
Der für ein Insulin neue Zugangsweg über die Lungenalveolen birgt kurz-, mittel- und langfristige unvorhersehbare Risiken. Das inhalierbare Insulin führt zu einer Verminderung der Lungendiffusionskapazität. Dies scheint nach Absetzen reversibel zu sein. In wenigen Fällen kam es zu Studienabbrüchen wegen bedenklicher Verschlechterung der Lungenfunktion. Vor Beginn sowie nach den ersten 6 Therapiemonaten muss bei allen Patienten eine Lungenfunktionsuntersuchung durchgeführt werden. Die weitern pulmonologischen Kontrollen ergeben sich dann aus den ggf. veränderten Messwerten.
Die Langzeitauswirkungen auf die Lungenfunktion können derzeit nicht sicher abgeschätzt werden. Im Rahmen eines so genannten Risk Management Plan hat der Hersteller weitere Studien zur Langzeitsicherheit von Exubera® vorzulegen, die u.a. auch weitere Erkenntnisse über das Risiko der Entstehung von Lungenkrebs oder seltenen pulmonalen Ereignissen bringen sollen.
Um Risiken bei einer breiten Anwendung außerhalb von kontrollierten Studienbedingungen zu minimieren, ist bei neu einzustellenden Patienten Folgendes strikt zu beachten:
- Dosierung: Exubera® wird in 1 mg und 3 mg Blistern angeboten, die allerdings nicht bioäquivalent sind. Die aufeinander folgende Inhalation von von drei 1 mg Einzeldosen führt zu einer deutlich höheren Insulinexposition als die Inhalation einer 3 mg Einzeldosis. Deshalb darf ein 3 mg Blister nicht durch drei 1 mg Blister ersetzt werden.
- Asthma und COPD: Strikte Kontraindikationen bestehen für Patienten mit einem schlecht kontrollierten, instabilen oder schweren Asthma und für die mittelschweren und schweren COPD Patienten. Außerdem wird aus Gründen der pulmonalen Sicherheit in der Fachinformation empfohlen, Exubera® bei bestehenden Lungenkrankheiten, z.B. Asthma, COPD, nicht anzuwenden, da nur begrenzte Daten über die Sicherheit der Anwendung bei solchen Patienten vorliegen.
- Husten: 25 % aller Patienten klagen nach der Inhalation von Exubera® über Husten. 1,0 % der Patienten haben die Therapie wegen Hustens abgebrochen.
- Rauchen: Raucher und Exraucher bis zu 6 Monaten sind von der Therapie mit Exubera® ausgeschlossen. Auch akutes Passivrauchen führt bei Nichtrauchern zur Senkung der Bioverfügbarkeit von Exubera®.
- Akute Atemwegsinfektionen: Beim Auftreten von akuten Atemwegserkrankungen sind engmaschige Blutzuckerkontrollen und ggf. Dosisanpassungen erforderlich. Die gleichzeitige Gabe von Bronchodilatatoren erhöht die Hypoglykämiegefahr. Erfahrungen bei der Anwendung von Exubera® im Zusammenhang mit Pneumonien bestehen nicht.
- Langzeittherapie: Neben diesen kurz- und mittelfristigen Wirkungen am bronchopulmonalen System ist zurzeit eine sichere Aussage über langfristige unerwünschte Nebenwirkungen nicht möglich. Diese sind jedoch im Hinblick auf die kurz- und mittelfristigen bereits bekannten Nebenwirkungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinesfalls auszuschließen. Dagegen wird die langfristige subkutane Insulinapplikation bislang gut und unproblematisch toleriert.
- Hypoglykämierisiko: Die Studienlage zeigt ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Hypoglykämien unter inhalierbarem Insulin bei Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus. Trotz vergleichbarer blutzuckersenkender Wirkungen traten signifikant mehr schwerwiegende Hypoglykämien unter Exubera® als unter s.c. Insulin auf. Für Typ 2 Diabetes liegt keine Studie mit vergleichbaren Therapievoraussetzungen vor, ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Hypoglykämien ist aber nicht ausgeschlossen.
- Antikörperbildung: Grundsätzlich kann es bei allen Insulinen und Applikationsarten zur Antikörperbildung kommen. Exubera®-Patienten entwickelten jedoch deutlich häufiger Insulinantikörper, die auch höhere Titer aufwiesen, als bei s.c. Applikation. Die klinische Bedeutung dieser Beobachtung ist unklar. Eine schlechtere Blutzuckereinstellung lässt sich in Studien nicht nachweisen. Dennoch ist bei allen Patienten eine Antikörperkontrolle im weiteren Krankheitsverlauf angezeigt. Ob die verstärkte Antikörperbildung langfristig klinisch von Bedeutung ist, muss der Hersteller in weiteren Studien klären.
- Schwangerschaft: Exubera® darf nicht in der Schwangerschaft eingesetzt werden. Patienten, die unter einer Exubera®-Therapie schwanger werden, müssen auf s.c. Insulin umgestellt werden, da das Risiko durch Insulinantikörper für das ungeborene Kind nicht bekannt ist.
- Weitere Nebenwirkungen: Häufige Nebenwirkungen sind Dyspnoe (4%) und Auswurf (bis 4%). Gelegentlich wird über Nasenbluten, Veränderung der Stimme, trockenen Mund und Brustschmerzen berichtet.
"Sitagliptin (z.B. Januvia®)" in der Fassung des Beschlusses vom 10. April 2008 (BAnz. S. 2746, 3218)
Sitagliptin
(z.B. Januvia®)Beschluss vom: 10.04.2008
In Kraft getreten am: 30. Juli 2008
BAnz. 2008, Nr. 112 vom 29. Juli 2008, S. 2.746
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise Sitagliptin ist ein orales Antidiabetikum, welches zur Wirkstoffklasse der Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4)-Inhibitoren gehört.
Zur Monotherapie ist Sitagliptin in Europa nicht zugelassen. Die Zulassung umfasst die Kombinationstherapie mit Metformin, einem Sulfonylharnstoff oder einem Glitazon, sofern die Patienten für eine Therapie mit Glitazonen geeignet sind.
Die Gabe von Sitagliptin ist auf die Fälle zu beschränken, bei denen die vorhandenen kostengünstigeren Alternativen aufgrund von Kontraindikationen nicht eingesetzt werden können, unverträglich sind oder nicht zu einer adäquaten Blutzuckerkontrolle führen. Metformin und Sulfonylharnstoffe sind bei belegtem Langzeitnutzen und günstigen Kosten orale Antidiabetika der ersten Wahl. Wenn Glitazone unter Berücksichtigung ihrer Risiken in der Secondline-Therapie nicht in Frage kommen und die Insulintherapie noch nicht angezeigt ist, kann Sitagliptin eine Alternative sein.
In zugelassenen Indikationen ist eine moderate Effektivität von Sitagliptin belegt (mittlere absolute Reduktion des HbA1c-Wertes 0,65 0,74 Prozentpunkte).
In einer Vergleichsstudie wurde die Nichtunterlegenheit gegenüber einem Sulfonylharnstoff nach Auffassung der Europäische Zulassungsbehörde (EMEA) nicht zweifelsfrei nachgewiesen.
Die sich aus der Zulassung ergebenden Kombinationstherapien von Sitagliptin führen zu einer Verteuerung der medikamentösen Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. Gegenüber der preiswertesten Kombination oraler Antidiabetika (OAD) Metformin / Glibenclamid verteuert der Einsatz der Kombination Sitagliptin / Metformin die Therapie um das Vierfache. Die Kosten der Kombination Sitagliptin / Metformin entsprechen den Kosten der Kombination Glitazon / Metformin. Der Einsatz der kostenintensiven Kombination Sitagliptin / Glitazon ohne Vorliegen einer Metformin Unverträglichkeit bzw. Kontraindikation ist weder mit der Zulassung der Glitazone noch mit Leitlinienempfehlungen vereinbar und darüber hinaus unwirtschaftlich.
Die durch die Zulassungserweiterung ermöglichte kostenintensive Dreifachkombination mit Metformin und einem Sulfonylharnstoff ist in nur einer publizierten Studie untersucht.
Die Hypoglykämierate lag in Kombination mit Metformin bzw. Glitazonen auf Placeboniveau. In Kombination mit einem Sulfonylharnstoff traten mehr Hypoglykämien auf als unter Monotherapie mit einem Sulfonylharnstoff (12,2 % versus 1,8 %). Ein signifikanter Effekt auf das Körpergewicht wurde in Kombination mit Metformin bzw. Glitazonen nicht beobachtet. In Kombination mit einem Sulfonylharnstoff kam es zu einer signifikanten, moderaten Gewichtszunahme gegenüber Placebo (1,1 kg in 24 Wochen).
Angesichts fehlender Studien zum Langzeitnutzen und zur Sicherheit einer langfristigen Hemmung der Dipeptidyl-Peptidase-4 ist der Stellenwert von Sitagliptin in der Therapie des Diabetes mellitus unklar.
Kosten Wenn Metformin in ausreichend hoher Dosierung nicht zu einer angemessenen Blutzuckerkontrolle führt, ergeben sich folgende Therapieoptionen:
Zweifachkombinationen mit Metformin Tagestherapiekosten Jahrestherapiekosten Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,32 Europlus Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,22 Euro0,54 Euro 197 Euro Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,32 Europlus Rosiglitazon 8 mg / Pioglitazon 30 mg
1,97 Euro / 1,98 Euro2,29 Euro - 2,30 Euro 836 Euro - 840 Euro Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,32 Europlus Sitagliptin 100 mg
1,96 Euro2,28 Euro 832 Euro Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,32 Europlus NPH Insulin 40IE ZAM
FB 1,22 Euro1,54 Euro 562 Euro Sofern der primäre Einsatz von Metformin wegen Kontraindikationen oder Intoleranz nicht möglich und eine Monotherapie mit Sulfonylharnstoffen oder Glitazonen nicht ausreichend ist, ergeben sich folgende Therapieoptionen:
Zweifachkombinationen mit Metformin Tagestherapiekosten Jahrestherapiekosten Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,22 Europlus Rosiglitazon 8 mg / Pioglitazon 30 mg
1,97 Euro / 1,98 Euro2,19 Euro - 2,20 Euro 799 Euro - 803 Euro Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,22 Europlus Sitagliptin100 mg
1,96 Euro2,18 Euro 796 Euro Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,22 Europlus NPH Insulin 40IE ZAM
FB 1,22 Euro1,44 Euro 526 Euro Rosiglitazon 8 mg / Pioglitazon 30 mg
1,97 Euro / 1,98 Europlus Sitagliptin 100 mg
1,96 Euro3,93 Euro - 3,94 Euro 1.434 Euro - 1.438 Euro Pioglitazon 30 mg /1,98 Euro plus NPH Insulin 40IE ZAM
FB 1,22 Euro3,20 Euro 1.168 Euro Lauertaxe 15.06.08, Berechnungsgrundlage N3 Packungen, Festbeträge, wenn vorhanden
Indikation Sitagliptin wurde im März 2007 von der EMEA zugelassen. Im März 2008 erfolgte eine Zulassungserweiterung.
Das Anwendungsgebiet umfasst die Behandlung von Typ-2-Diabetikern zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle:
- in Kombination mit Metformin, wenn Diät und Bewegung plus Metformin den Blutzucker nicht ausreichend senken,
- in Kombination mit einem Glitazon bei Patienten, für die eine Anwendung eines Glitazon geeignet ist, wenn Diät und Bewegung inclusive einer Monotherapie mit einem Glitazon den Blutzucker nicht ausreichend senken,
- in Kombination mit Sulfonylharnstoffen, wenn Metformin kontraindiziert ist oder nicht toleriert werden kann und Diät und Bewegung sowie eine maximal tolerierbare Monotherapie mit Sulfonylharnstoffen nicht zu einer ausreichenden Blutzuckerkontrolle führen,
- in Kombination mit Metformin und Sulfonylharnstoffen, wenn Diät und Bewegung und eine duale Therapie mit Metformin und Sulfonylharnstoffen nicht zu einer ausreichenden Blutzuckerkontrolle führen.
Sitagliptin ist nicht zugelassen zur Monotherapie sowie zur Kombinationstherapie mit Insulin, Alphaglucosidasehemmern und Gliniden.
Sitagliptin wird einmal täglich in einer fixen Dosis von 100 mg eingenommen. Die Einnahme kann unabhängig von der Nahrungsaufnahme erfolgen. Die Dosierung von Metformin oder des Glitazon sollte beibehalten werden. In Kombination mit Sulfonylharnstoffen kann eine Dosisreduktion des Sulfonylharnstoffes zur Vermeidung von Hypoglykämien erforderlich sein.
Die Anwendung von Sitagliptin bei Patienten mit mäßiger und schwerer Niereninsuffizienz und Patienten unter 18 Jahren wird nicht empfohlen. Für Patienten ab 75 Jahren stehen nur begrenzte Sicherheitsdaten zur Verfügung und Vorsicht ist geboten. Wegen fehlender Sicherheitsdaten sollten Schwangere und Stillende Sitagliptin nicht einnehmen.
Wirkungen Sitagliptin ist ein Vertreter einer Wirkstoffklasse oraler Antidiabetika, welche die Aktivität des Enzymes Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) hemmen, den so genannten DPP-4-Inhibitoren. Substrate der DPP-4 sind unter anderem die Inkretine.
Die Inkretine Glucagonlike-Peptid 1 (GLP-1) und Glucosedependent insulinotropic Peptid (GIP) sind Teil eines endogenen Systems, welches an der physiologischen Regulierung der Glucosehomöostase beteiligt ist. Sie werden nahrungsabhängig freigesetzt und stimulieren die Synthese und Ausschüttung von Insulin aus den Beta-Zellen des Pankreas. Zugleich wird die Glucagonproduktion in den Alpha-Zellen des Pankreas gebremst, wodurch es zu einer geringeren Abgabe von Glucose aus der Leber in die Blutbahn kommt. Die Glucagonausschüttung als Reaktion auf eine Hypoglykämie wird dagegen nicht beeinträchtigt.
Die Aktivität von GLP-1 und GIP wird durch das Enzym DPP-4 begrenzt, welches die Inkretine innerhalb weniger Minuten zu inaktiven Stoffwechselprodukten abbaut. Indem Sitagliptin die DPP-4 selektiv hemmt, werden die Spiegel aktiver Inkretine erhöht. Dadurch kommt es glucoseabhängig zu einer Steigerung der Insulinfreisetzung und Senkung der Glucagonspiegel.
Bei Typ-2-Diabetikern führen diese Veränderungen der Insulin- und Glucagonspiegel zu niedrigeren Nüchtern- und postprandialen Blutzuckerwerten und damit zu einer Reduzierung des HbA1c-Wertes.
Wirksamkeit Für die Zulassung wurden von der EMEA vier Phase-Il-Studien und fünf Phase-Ill-Studien zu Wirksamkeit und Sicherheit von Sitagliptin bewertet. Insgesamt erhielten 3884 Patienten in diesen Studien Sitagliptin.
In zwei randomisierten, placebokontrollierten Studien über 24 Wochen wurden die Sicherheit und Wirksamkeit der Kombination mit Metformin bzw. Pioglitazon geprüft (Charbonell et al., Rosenstock et al.).
An diesen Studien konnten Typ-2-Diabetiker mit verschiedenen antidiabetischen Therapien teilnehmen, die noch kein oder irgendein orales Antidiabetikum oder eine duale Kombinati-
onstherapie oraler Antidiabetika erhielten. Ausschlusskriterien waren ein Insulingebrauch innerhalb der letzten acht Wochen und eine Niereninsuffizienz. In einer Runin-Phase von bis zu 19 Wochen erfolgte eine Ein- oder Umstellung auf stabile Dosen von Metformin (mindestens 1500 mg täglich) bzw. Pioglitazon (30 oder 45 mg täglich). Gleichzeitig wurden Lebensstil-Interventionen intensiviert. Patienten, deren HbA1c-Wert nach Abschluss der Runin-Phase 7 % - 10 % betrug, wurden randomisiert entweder zusätzlich mit Sitagliptin oder Placebo behandelt. Die Studienkollektive wiesen zu Beginn einen durchschnittlichen HbA1c-Wert von 8 % auf und waren adipös mit einem BMI von 31. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung des HbA1c-Wertes.
Die additive Gabe von Sitagliptin führte zu einer signifikanten Senkung des HbAlc- Wertes gegenüber einer Metformin-Monotherapie um 0,65 % und gegenüber einer Pioglitazon-Monotherapie um 0,70 %. Der Anteil Patienten, welcher HbA1c-Werte unter 7 % erreichte, betrug 47 % bzw. 45,4 %. Die Nüchtern-Blutzuckerwerte verbesserten sich um 1,4 bzw. 1,0 mmol/l.
Bei Erreichen vorab definierter Nüchtern-Blutzuckerwerte war die Gabe eines dritten oralen Antidiabetikums erlaubt. Dies traf zu auf 4,5 % der Patienten, die Sitagliptin additiv zu Metformin und 6,9 % der Patienten, die Sitagliptin additiv zu Pioglitazon erhielten. Das Körpergewicht veränderte sich in beiden Studien nicht.
Die Hypoglykämieraten betrugen unter Sitagliptin in Kombination mit Pioglitazon 1,1 % und in Kombination mit Metformin 1,3 % und waren gegenüber den jeweiligen Monotherapien nicht signifikant erhöht. In beiden Studien traten keine schweren Hypoglykämien auf.
Eine Langzeitstudie über 52 Wochen verglich die Sicherheit und Wirksamkeit von Sitagliptin mit Glipizid, einem in Deutschland nicht mehr zugelassenen Sulfonylharnstoff, als Zusatz bei unzureichender Blutzuckerkontrolle unter einer Metformin-Monotherapie (Nauck et al.). Nach einer mindestens achtwöchigen Runin-Phase, in der die Patienten auf stabile Dosierungen von Metformin ein- bzw. umgestellt wurden, erfolgte die Randomisation in die Behandlungsgruppen, sofern der HbA1c-Wert 6,5 % bis 10 % betrug. Insgesamt waren die Patienten adipös (BMI 31).
Bei durchschnittlichen Ausgangswerten des HbAlc von 7,7 % in der Glipizid- bzw. 7,6 % in der Sitagliptin-Gruppe handelte es sich um eine Studienpopulation mit relativ moderater Hyperglykämie. Gemessen am HbAlc zeigte sich in beiden Behandlungsgruppen ein maximaler Effekt in der 24. Woche, der unter Glipizid stärker ausgeprägt, jedoch schneller wieder rückläufig war, sodass nach 52 Wochen die HbA1c-Wert-Senkung in beiden Per-Protokoll-Kohorten 0,67 % betrug. Allerdings war eine Auftitration von Glipizid nur bis zur 18. Woche erlaubt. Bei einer durchschnittlichen Dosis von 10,3 mg Glipizid ab der 18. Woche wurde die Dosierungsbreite dieses Arzneimittels nicht ausgeschöpft. Die Abbruchraten wegen mangelnder Effektivität waren unter Sitagliptin höher (15 % versus 10 %). Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeit einer Auftitration des Sulfonylharnstoffes gelangt die EMEA zu der Auffassung, dass die Studie vergleichbare HbA1c-Wert-Reduktionen von Sitagliptin und Glipizid ergebe, jedoch das Potenzial von Glipizid nicht habe ausgeschöpft werden können und die Nichtunterlegenheit von Sitagliptin nicht zweifelsfrei belegt sei. Im Gegensatz zu anderen Studien wurde unter Sitagliptin eine signifikante Gewichtsreduktion von 1,5 kg beobachtet. Unter Glipizid traten deutlich häufiger Hypoglykämien auf als unter Sitagliptin (32 % versus 5 %).
Nach Zulassung wurden weitere Studien veröffentlicht.
In einer randomisierten Studie über 24 Wochen wurde die additive Gabe von Sitagliptin versus Placebo bei Typ-2-Diabetikern geprüft, die mit einer Glimepirid-Monotherapie oder einer Kombination von Glimepirid und Metformin unbefriedigend behandelt waren (Hermannsen et al.). In einer Runin-Phase von bis zu 14 Wochen erfolgte eine Ein- oder Umstellung auf stabile Dosen von Glimepirid (bis maximal 8 mg täglich), gegebenenfalls kombiniert mit Metformin (mindestens 1500 mg täglich). Patienten, deren HbA1c-Wert nach Abschluss der Runin-Phase 7,5 % - 10,5 % betrug, wurden randomisiert entweder zusätzlich mit Sitagliptin oder Placebo behandelt. Das Studienkollektiv wies zu Beginn einen durchschnittlichen HbA1c-Wert von 8,3 % auf und war adipös mit einem BMI von 31. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung des HbA1c-Wertes. Die additive Gabe von Sitagliptin zu Glimepirid mit und ohne Metformin führte zu einer signifikanten Senkung des
HbA1c-Wertes gegenüber Placebo um 0,74 %. Der Anteil Patienten, welcher HbA1c-Werte unter 7 % erreichte, betrug 17 %. Die Nüchtern-Blutzuckerwerte verbesserten sich um 1,1 mmol/l. Der HbA1c-Wert senkende Effekt war additiv zu Glimepirid ohne Metformin weniger stark ausgeprägt als additiv zu Glimepirid mit Metformin (-0,57 % und 0,89 %). Hypoglykämien traten unter Glimepirid in Kombination mit Sitagliptin gegenüber Glimepirid kombiniert mit Placebo signifikant häufiger auf (12,2 % versus 1,8 %). Schwere Hypoglykämien wurden im Studienverlauf nicht beobachtet. Unter additiver Gabe von Sitagliptin kam es zu einer signifikanten Gewichtszunahme gegenüber Placebo um 1,1 kg.
In einer randomisierten sechsarmigen Studie über 24 Wochen wurden verschieden dosierte Kombinationstherapien von Sitagliptin und Metformin mit den jeweiligen Monotherapien verglichen (Goldstein et al.).
Typ-2-Diabetiker wurden nach einer Runin-Phase bis zu 12 Wochen, in der gegebenenfalls die jeweilige Vortherapie abgesetzt wurde, randomisiert sechs verschiedenen Behandlungsgruppen zugeteilt, sofern die HbA1c-Werte zwischen 7,5 % und 11 % lagen. Die Studienteilnehmer hatten zu Beginn einen mittleren HbA1c-Wert von 8,8 % und waren adipös mit einem BMI von 32. Gegenüber Placebo wurde in allen Behandlungsgruppen eine signifikante Absenkung des HbAlc Wertes gesehen. Der Unterschied zwischen den Kombinationstherapien und den jeweiligen Monotherapien war ebenfalls signifikant (Kombination mit 2000 mg Metformin -2,07 %, Kombination mit 1000 mg Metformin -1,57 %, Metformin-Monotherapie 2000 mg -1,3 %, Metformin-Monotherapie 1000 mg -0,99 %, Sitagliptin-Monotherapie -0,83 %).
Risiken ggf. Vorsichtsmaßnahmen In Studien bis zu einem Jahr war die Verträglichkeit von Sitagliptin insgesamt gut. Eine gepoolte Auswertung aller Phase-Il- und Phase-Ill-Studien ergab keine unterschiedlich hohen Abbruchraten in den Sitagliptinexponierten und nichtexponierten Behandlungsgruppen. Es wurden unter Sitagliptin keine vermehrten arzneimittelbedingten Nebenwirkungen gegenüber der Kontrollgruppe festgestellt. Zusammengefasst nach Organklassen und ungeachtet eines möglichen Zusammenhanges war die Behandlung mit Sitagliptin mit einem gehäufteren Auftreten von Infekten (33,8 % versus 29,9 %), darunter Nasopharyngitiden (6,6 % versus 5 %), gastrointestinalen Störungen (18,6 % versus 16,4 %), Muskel- und Skelettbeschwerden (16,4 % versus 14,3 %), Hauterkrankungen (6,6 % versus 5,6 %) und Störungen des zentralen Nervensystems (12,3 % versus 11,5 %) assoziiert. Zu letzteren zählte auch ein häufigeres Auftreten von Suiziden bzw. suizidalen Gedanken (4 von 2786 Patienten versus 1 von 2355 Patienten).
Da noch keine klinischen Erfahrungen mit einer längerfristigen Hemmung von DPP-4 bestehen, ist diesen unerwünschten Ereignissen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. DPP-4 ist ein ubiquitär in menschlichen Geweben vorkommendes plasmalösliches oder membranständiges Enzym. Es entspricht dem membranständigen Peptid CD26, welches auf aktivierten T-Lymphozyten gefunden wurde. In vitro sind neben den Inkretinen auch eine Vielzahl anderer Peptide Substrate der DPP-4, wie z.B. das Neuropeptid Substanz P oder das Chemokinin, stromal cellderived factor-1alpha (SDF-la). Die biologische Relevanz dieser Beobachtungen ist unklar. Das Auftreten bisher unbekannter, klinisch relevanter Effekte ist bei breiter klinischer Anwendung nicht ausgeschlossen.
In Kombination mit Metformin traten in placebokontrollierten Studien häufig Übelkeit auf (1,1 % versus 0,4 %) sowie gelegentlich Durchfall (0,6 % versus 0 %), abdominelle Schmerzen (0,9 % versus 0,4 %) und Schläfrigkeit (0,4 % versus 0 %).
Die Kombination mit Glitazonen war in placebokontrollierten Studien häufig mit Hypoglykämien (1,1 % versus 0 %), Flatulenz (1,1 % versus 0 %) und peripheren Ödemen (4 % versus 2,8 %) verknüpft. Mit Blick darauf, dass in Europa Glitazone bei Herzinsuffizienz oder einer Herzinsuffizienz in der Anamnese (NYHA 1 IV) kontraindiziert sind, erfolgte die Zulassung dieser Kombinationstherapie explizit nur für Patienten, für die die Anwendung eines Glitazons geeignet ist. Angesichts des kürzlich nachgewiesenen erhöhten Frakturrisikos für Frauen unter Therapie mit Glitazonen sowie der aktuellen Diskussion um ein möglicherweise erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter Rosiglitazon ist die Indikation für diese Kombination streng zu stellen.
In der Kombination mit einem Sulfonylharnstoff traten mehr Hypoglykämien auf als unter Sulfonylharnstoff-Monotherapie (12 % versus 2 %).
Patienten mit mäßiger bis schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance < 50 ml) sollten aufgrund begrenzter Erfahrungen nicht mit Sitagliptin behandelt werden.
In einer kleinen, randomisierten Studie mit niereninsuffizienten Patienten erhielten n = 65 Sitagliptin sowie n = 26 zunächst Placebo und später Glipizid. Unter Sitagliptin verstarben während der Studie 5 Patienten, davon 4 aufgrund kardialer Ereignisse, während unter Glipizid nur 1 Patient verstarb. Aufgrund der kleinen Patientenzahl und einer ungleichen Verteilung kardialer Vorerkrankungen war eine adäquate Sicherheitsanalyse nicht möglich, dennoch misst die EMEA diesem Studienergebnis Bedeutung bei und hat neben der Verordnungseinschränkung bei diesen Patienten eine erweiterte Sicherheitsüberwachung angeordnet.
In den meisten klinischen Studien wurde ein geringer Anstieg der Leukozyten aufgrund einer Zunahme der neutrophilen Granulozyten beobachtet (ca. 200 Zellen/pl Unterschied zu Placebo), der klinisch als nicht relevant erachtet wurde.
"Vildagliptin (z.B. Galvus®)" in der Fassung des Beschlusses vom 18. Dezember 2008 (BAnz. S. 1514)
Vildagliptin
(z.B. Galvus®)Beschluss vom: 18.12.2008
In Kraft getreten am: 25.04.2009
BAnz. 2009 Nr. 62 vom 24.04.2009 S. 1.514
Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise Vildagliptin ist ein weiteres orales Antidiabetikum zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 aus der Wirkstoffklasse der Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) Inhibitoren.
Neben der Kombination mit Metformin umfasst die Zulassung auch die Kombination mit einem Sulfonylharnstoff, sofern Metformin unverträglich oder kontraindiziert ist, oder einem Glitazon, sofern Patienten für eine Therapie mit Glitazonen geeignet sind.
Vildagliptin ist nicht zur Monotherapie oder Kombination mit Insulin zugelassen. Aufgrund von Bedenken der Europäischen Zulassungsbehörde (EMEA) wurden die Anträge für diese Indikationen vom Hersteller wieder zurück gezogen.
Die Zulassung der fixen Kombination mit Metformin umfasst nur die Gabe nach Versagen einer Monotherapie mit Metformin und nicht die initiale Therapie.
Die Anwendung von Vildagliptin ist auf die Fälle zu beschränken, bei denen die vorhandenen kostengünstigeren Alternativen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 wegen Kontraindikationen nicht eingesetzt werden können, unverträglich sind oder nicht zu einer adäquaten Blutzuckerkontrolle führen. Metformin und Sulfonylharnstoffe sind bei belegtem Langzeitnutzen und günstigen Kosten orale Antidiabetika der ersten Wahl. Wenn Glitazone unter Berücksichtigung ihrer Risiken in der Second-Line-Therapie nicht in Frage kommen und die Insulintherapie noch nicht angezeigt ist, kann Vildagliptin eine Alternative sein (siehe auch Therapiehinweis zu Sitagliptin). In diesen Fällen ist der wirtschaftlicheren Fixkombination MetforminNildagliptin Vorrang zu geben.
Die sich aus der Zulassung ergebenden Kombinationstherapien von Vildagliptin führen zu einer Verteuerung der medikamentösen Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2. Gegenüber der preiswertesten Kombination oraler Antidiabetika Metformin/Glibenclamid verteuert der Einsatz der Kombination MetforminNildagliptin die Behandlung um knapp das Vierfache. Der Einsatz der kostenintensiven Kombination Vildagliptin/Glitazon ohne Vorliegen einer Metformin-Unverträglichkeit bzw. Kontraindikation für Metformin ist weder mit der Zulassung der Glitazone noch mit Leitlinienempfehlungen vereinbar und darüber hinaus unwirtschaftlich.
In den zugelassenen Indikationen ist eine moderate Wirksamkeit von Vildagliptin belegt. Die Kombination mit Vildagliptin führte in placebokontrollierten Studien nach Versagen einer Monotherapie mit Metformin, Glimepirid oder Pioglitazon zu einer mittleren placebokorrigierten Reduktion des HbA1c-Wertes um 0,5 % bis 1,1 %.
In einer ersten vergleichenden Kombinationsstudie war die Kombination MetforminNildagliptin gemessen an der HbA1c-Wert-Senkung einer Kombination von Metformin/Pioglitazon nicht unterlegen bei geringerer Gewichtszunahme (0,3 kg versus 1,9 kg), aber häufigerem Auftreten peripherer Ödeme (8,8 % versus 6,1 %).
Die Hypoglykämieraten unter Vildagliptin unterschieden sich nicht von denen unter Placebo. Lediglich in der Kombination mit einem Sulfonylharnstoff traten Hypoglykämien etwas häufiger auf (0,6% versus 1,2 %). Vildagliptin hat überwiegend keinen signifikanten Einfluss auf das Körpergewicht. In einer Studie ist unter Kombination mit Glitazonen gegenüber einer Glitazon-Monotherapie allerdings eine signifikante Gewichtszunahme beobachtet worden (2,7 kg versus 1,4 kg).
Vildagliptin führt in seltenen Fällen zu Leberfunktionsstörungen. Leberenzymkontrollen sind deshalb zu Therapiebeginn und anschließend im ersten Jahr alle drei Monate durch die Fachinformation vorgeschrieben.
Ein klinisch relevanter Zusatznutzen einer Kombination mit Vildagliptin gegenüber Kombinationen anderer oraler Antidiabetika wie Metformin, Sulfonylharnstoffen und Glitazonen ist bislang durch Studien nicht belegt. Angesichts fehlender Studien zum Langzeitnutzen und zur Sicherheit der langfristigen Hemmung der DPP-4 ist der Stellenwert von Vildagliptin in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 unklar.
Kosten Wenn Metformin in ausreichend hoher Dosierung nicht zu einer angemessenen Blutzuckerkontrolle führt, ergeben sich folgende Therapieoptionen:
Zweifachkombinationen mit Metformin Tagestherapiekosten Jahrestherapiekosten Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,27 Europlus Glibenclamid 2 x 3,5
FB 0,160,43 Euro 157 Euro Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,27 Europlus Pioglitazon 30 mg
Rosiglitazon 8 mg
1,98 Euro / 1,97 Euro2,24 Euro - 2,25 Euro 818 - 821 Euro Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,27 Euro
Fixkombinationplus Vildagliptin 2 x 50
2,09 Euro2,36 Euro
1,98 Euro861 Euro - 723 Euro Metformin 2 x 1000 mg
FB 0,27 Europlus NPH Insulin 40IE ZAM
FB 1,21 Euro1,48 Euro 540 Euro Sofern der primäre Einsatz von Metformin wegen Kontraindikationen oder Intoleranz nicht möglich und eine Monotherapie mit Sulfonylharnstoffen oder Glitazonen nicht ausreichend ist, ergeben sich folgende Therapieoptionen:
Zweifachkombinationen mit Metformin Tagestherapiekosten Jahrestherapiekosten Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,16 Europlus Pioglitazon 30 mg
Rosiglitazon 8 mg
1,98 Euro / 1,97 Euro2,13 Euro - 2,14 Euro 777 - 781 Euro Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,16 Europlus Vildagliptin 1 x 50
1,04 Euro1,20 Euro 438 Euro Glibenclamid 2 x 3,5 mg
FB 0,16 Europlus NPH Insulin 40IE ZAM
FB 1,21 Euro1,37 Euro 500 Euro Pioglitazon 30 mg
Rosiglitazon 8 mg
1,98 Euro / 1,97 Europlus Vildagliptin 2 x 50
2,09 Euro4,05 - 4,06 Euro 1478 - 1481 Euro Pioglitazon 30 mg
1,98 Europlus NPH Insulin 40IE ZAM
FB 1,91 Euro3,19 Euro 1,164 Euro Preisstand: Lauertaxe 1. März 2009, Berechnungsgrundlage: größte verfügbare Packung; Festbeträge (FB)
Indikation Vildagliptin wurde als Monopräparat im September 2007 und in fixer Kombination mit Metformin (50/850 mg und 50/1000 mg) im November 2007 von der EMEA zugelassen. Wegen Hinweisen auf mögliche hepatotoxische Nebenwirkungen erfolgte der Marktzugang verzögert.
Das Anwendungsgebiet des Monopräparates umfasst die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 in einer oralen Zweifach-Kombinationstherapie mit:
- Metformin bei Patienten, deren Blutzucker trotz Monotherapie mit maximal verträglichen Dosen von Metformin unzureichend eingestellt ist,
- einem Sulfonylharnstoff bei Patienten, deren Blutzucker trotz Monotherapie mit maximal verträglichen Dosen eines Sulfonylharnstoffs unzureichend eingestellt ist und bei denen Metformin wegen Kontraindikationen oder Unverträglichkeit ungeeignet ist,
- einem Glitazon bei Patienten mit ungenügender Blutzuckereinstellung, für die die Anwendung eines Glitazon geeignet ist.
Die Fixkombination ist zugelassen für die Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 bei Patienten, deren Blutzucker
- trotz Monotherapie mit der maximal verträglichen Dosis von Metformin alleine unzureichend eingestellt ist oder
- die bereits mit einer Kombination aus Vildagliptin und Metformin in separaten Tabletten behandelt werden.
Die zunächst beantragten Indikationen zur Monotherapie oder Kombination mit Insulin wurden vom Hersteller zurückgezogen. Vildagliptin ist zudem nicht zur Kombination mit Alphaglucosidasehemmern und Gliniden zugelassen. Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Vildagliptin in einer oralen Dreifach-Kombination mit Metformin und einem Glitazon oder mit Metformin und einem Sulfonylharnstoff sind nicht nachgewiesen.
Vildagliptin 50 mg wird - ebenso wie die Fixkombination - in der Regel zweimal täglich morgens und abends nahrungsunabhängig eingenommen. In der Kombinationstherapie mit einem Sulfonylharnstoff beträgt die empfohlene Dosis nur 50 mg täglich, denn in dieser Patientengruppe waren 100 mg Vildagliptin nicht wirksamer als 50 mg bei gleichzeitig etwas erhöhtem Hypoglykämierisiko.
Dosen von mehr als 100 mg Vildagliptin täglich werden nicht empfohlen. Nicht empfehlenswert ist außerdem die gleichzeitige Gabe von zweimal 50 mg Vildagliptin, da hierunter vermehrt ein Anstieg der Leberenzyme gesehen wurde. Die ursprünglich vorgesehene 100-mg-Dosierung wurde deshalb nicht auf den Markt gebracht.
Die Anwendung von Vildagliptin bei Patienten mit mäßiger bis schwerer Niereninsuffizienz wird nicht empfohlen. Das Gleiche gilt für Patienten unter dem 18. Lebensjahr und für Schwangere. Die bisherigen Erfahrungen bei Patienten mit einem Alter von mehr als 75 Jahren sind sehr begrenzt, weswegen in dieser Altersgruppe Zurückhaltung geboten ist. Patienten mit einer Leberfunktionsstörung sollen Vildagliptin nicht erhalten.
Wirkungen Vildagliptin ist ein weiterer Vertreter der DPP-4-Inhibitoren, welche die Aktivität des Enzymes DPP-4 hemmen. Substrate der DPP-4 sind u. a. die Inkretine.
Die Inkretine Glucagonlike-Peptid-1 (GLP-1) und Glucosedependent insulinotropic Peptid (GIP) sind Teil eines endogenen Systems, welches an der physiologischen Regulierung der Glucosehomöostase beteiligt ist. Sie werden nahrungsabhängig freigesetzt und stimulieren die Synthese und Ausschüttung von Insulin aus den Beta-Zellen des Pankreas. Zugleich wird die Glucagonproduktion in den Alpha-Zellen des Pankreas gebremst, wodurch es zu einer geringeren Abgabe von Glucose aus der Leber in die Blutbahn kommt. Die Glucagonausschüttung als Reaktion auf eine Hypoglykämie wird dagegen nicht beeinträchtigt.
Die Aktivität von GLP-1 und GIP wird durch das Enzym DPP-4 begrenzt, welches die Inkretine innerhalb weniger Minuten zu inaktiven Stoffwechselprodukten abbaut. Indem Vildagliptin die DPP-4 selektiv hemmt, werden die Spiegel aktiver Inkretine erhöht. Dadurch kommt es glucoseabhängig zu einer Steigerung der Insulinfreisetzung und Senkung der Glucagonspiegel. Bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 führen diese Veränderungen der Insulin- und Glucagonspiegel zu niedrigeren Nüchtern- und postprandialen Blutzuckerwerten und damit zu einer Reduzierung des HbA1c-Wertes.
Wirkungen Die EMEA hat für die Zulassung von Vildagliptin neun Phase-Ill-Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit bewertet. Drei weitere Phase-Ill-Studien wurden bis Mai 2008 publiziert. Der primäre Endpunkt aller Studien war die Veränderung des HbA1c-Wertes. Klinische Endpunkte wie diabetesbezogene Komplikationen oder Lebensqualität waren nicht Gegenstand dieser Studien.
Die zugelassenen Anwendungsgebiete wurden in drei placebokontrollierten und einer aktiv kontrollierten Kombinationsstudie über je 24 Wochen untersucht. In den drei placebokontrollierten Studien erhielten Diabetiker mit unzureichender Blutzuckerkontrolle unter Monotherapie mit Metformin> 1500 mg), Glimepirid (4 mg) oder Pioglitazon (45 mg) zusätzlich entweder Placebo oder Vildagliptin in zwei Dosierungen.
Phase-III-Studien: Placebokontrollierte Kombinationsstudien
Kombination n Dauer HbAlc-Ausgangswert Placebokorrigierte Veränderung HbA1c-Wert Dosis Vildagliptin 1 x 50 mg 2 x 50 mg Garber et al. 2007 Pioglitazon 463 24 Wo 8,7% -0,5% -0,7% Bosi et al. 2007 Metformin 544 24 Wo 8,4% -0,7% -1,1% Garberetal.2008 Glimepirid 515 24 Wo 8,7% -0,6% -0,7% kursiv: empfohlene Dosierung
Gegenüber Placebo kam es in allen drei Studien zu moderaten, aber signifikanten Senkungen des HbA1c-Wertes (mittlere placebokorrigierte Reduktion des HbA1c-Wertes um 0,5 % bis 1,1 %).
In der Kombination mit Metformin und Glimepirid zeigte Vildagliptin keinen relevanten Einfluss auf das Körpergewicht. In Kombination mit Pioglitazon kam es zu einer dosisabhängigen Zunahme bis maximal 2,7 kg. Ein signifikanter Einfluss auf Lipidparameter wurde nicht beobachtet.
Die Hypoglykämieraten lagen überwiegend auf Placeboniveau. In Kombination mit Glimepirid war die Hypoglykämierate gegenüber einer Glimepirid-Monotherapie etwas erhöht (1,2 % versus 0,6 %).
In der bislang ersten publizierten vergleichenden Kombinationsstudie, welche nur als Per-Protokoll-Auswertung vorliegt, war die Kombination Metformin/Vildagliptin der Kombination Metformin/Pioglitazon nicht unterlegen bei geringerer Gewichtszunahme (0,3 kg versus 1,9 kg) aber häufigerem Auftreten peripherer Ödeme (8,8 % versus 6,1 %).
Phase-III-Studien: vergleichende Kobinationsstudie (Bolli et al. 2008)
Kombination n Dauer Dosis HbA1c-Ausgangswert HbA1c-Wert Veränderung Unterschied Metformin / Vildagliptin 264
24 Wo2 x 50 mg 8,4% -0,88%* 0,1 % + 0,08 ** Metformin / Pioglitazon 246 30 mg 8,4% -0,98%* *) Per-Protokoll-Auswertung **) Ergebniss liegt unterhalb der vorab definierten Grenze für Nicht-Unterlegenheit von 0,4%
Weiterhin liegen die Ergebnisse zweier placebokontrollierter und dreier vergleichender Monotherapie-Studien vor, wobei für die Monotherapie keine Zulassung besteht. In den vergleichenden Studien wurde bei einem Unterschied von weniger als 0,4 % HbA1c-Wert-Senkung von einer Nicht-Unterlegenheit zur Vergleichssubstanz ausgegangen. Eine solchermaßen definierte Nicht-Unterlegenheit wurde für Vildagliptin im Vergleich zu Acarbose belegt. Im Vergleich zu Rosiglitazon gelang dies zwar statistisch, konnte aber in einer Per-Protokoll-Auswertung nicht bestätigt werden, sodass die EMEA eine klinische Unterlegenheit von Vildagliptin gegenüber Rosiglitazon für möglich hält. Gegenüber Metformin wurde in der längsten Studie über 52 Wochen keine Nicht-Unterlegenheit nachgewiesen.
Phase-III-Studien: Monotherapie-Studien (nicht zugelassen)
n Vergleich Dosis Dauer HbA1c Ausgangswert HbA1c-Wert Veränderung Unterschied Rosenstock 2007 519 Vildagliptin 2 x 50 mg 24 Wo 8 7% -1,1% 0,2% 267 Rosiglitazon 8 mg -1.3% Schweizer 2007 526 Vildagliptin 2 x 50 mg 52 Wo 8,7% -1,0% 0,48%* 254 Metformin 2000 mg -1.4% Pan 2007 431 Vildagliptin 2 x 50 mg 24 Wo 8,6% -1,4% 0,1% 216 Acarbose 3 x 100 mg -1.3 % *) Ergebnis liegt oberhalb der vorab definierten Grenze für Nicht-Unterlegenheit von 0,4%
Risiken - ggf. Vorsichtsmaßnahmen Der Zulassung von Vildagliptin lagen Daten zur Unbedenklichkeit von 3784 Patienten zugrunde, die Vildagliptin über 12 Wochen und länger eingenommen haben, darunter 274 Patienten welche Vildagliptin länger als ein Jahr eingenommen haben.
In den bisher vorliegenden Studien war insgesamt das Auftreten schwerwiegender unerwünschter Ereignisse selten und es ergaben sich keine Hinweise für einen kausalen Zusammenhang mit der Vildagliptin-Behandlung. Schwerwiegende Hypoglykämien traten in keiner Studie auf.
In Kombination mit Metformin wurden häufig Schwindel, Kopfschmerzen, Tremor und Übelkeit angegeben.
In Kombination mit Sulfonylharnstoffen traten häufig Tremor, Kopfschmerzen, Schwindel und Asthenie auf. Die Inzidenz nicht schwerwiegender Hypoglykämien war gegenüber der Sulfonylharnstoff-Monotherapie etwas erhöht (1,2 % versus 0,6 %).
Die Kombination von Vildagliptin mit Glitazonen war häufiger mit dem Auftreten peripherer Ödeme verbunden als die Glitazon-Monotherapie (7 % versus 2,5 %). Weiterhin wurde ein dosisabhängiger Anstieg des Körpergewichtes beobachtet (1,4 kg, 1,5 kg und 2,7 kg nach 24 Wochen unter Placebo, Vildagliptin 50 mg plus Glitazon und 100 mg plus Glitazon).
Zusätzlich wurden in Monotherapie-Studien als Nebenwirkungen Obstipation, Nasopharyngitiden, Infektionen der oberen Atemwege und Arthralgien berichtet.
Es wurden seltene Fälle von Leberfunktionsstörung (einschließlich Hepatitis) berichtet, die meist asymptomatisch und nach Absetzen der Behandlung reversibel waren. Tendenziell wurde dies häufiger unter einer Dosierung von 1 x 100 mg täglich beobachtet. Deshalb wird diese Dosierung nicht mehr empfohlen. Bei Patienten mit einer Funktionsstörung der Leber soll Vildagliptin nicht angewendet werden. Kontrollen der Leberenzyme sollen vor und während der Behandlung erfolgen. Kommt es unter der Therapie mit Vildagliptin zu einem Transaminasen-Anstieg (mehr als das Dreifache der Obergrenze des Normbereichs), ist das Medikament abzusetzen.
Bei Patienten mit mittelschweren oder schweren Nierenfunktionsstörungen wurden in den Monotherapie-Studien etwas erhöhte Inzidenzen unerwünschter Ereignisse gesehen. Die Anwendung von Vildagliptin wird bei diesen Patienten nicht empfohlen bis weitere Studien mit niereninsuffizienten Patienten vorliegen.
Patienten mit Herzinsuffizienz wurden von einer Studienteilnahme ausgeschlossen. Patienten mit Herzinsuffizienz NYHA III und IV sollen deshalb kein Vildagliptin erhalten und auch bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz NYHA I-II soll die Anwendung nur mit Vorsicht erfolgen.
In präklinischen Studien an Hunden traten plötzliche Herztode infolge von Herzrhythmusstörungen auf. In klinischen Studien wurde eine etwas erhöhte Inzidenz an AV-Blockierungen ersten Grades gesehen, für die unklar ist, ob ein Zusammenhang mit Vildagliptin besteht.
Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass Vildagliptin auch die Enzymaktivitäten der DPP-8 und DPP-9 beeinflusst, welche eine Rolle bei der Immunfunktion spielen. Ein Zusammenhang mit den in präklinischen Studien an Affen beobachteten Hautläsionen mit Blasenbildung und Ulcerationen ist nach Einschätzung der EMEA möglich. Obwohl in klinischen Studien an Menschen bisher keine auffälligen Hautveränderungen gesehen wurden, sollten Diabetiker diesbezüglich aufmerksam überwacht werden.
Die klinischen Erfahrungen zu den langfristigen Wirkungen einer DPP-4-Hemmung sind bislang gering. DPP-4 ist ein ubiquitär in menschlichen Geweben vorkommendes plasmalösliches oder membranständiges Enzym. Es entspricht dem membranständigen Peptid CD26, welches auf aktivierten T-Lymphozyten gefunden wurde. Potenzielle Risiken ergeben sich aus der Tatsache, dass in vitro auch andere Peptide Substrate der DPP-4 sind, z.B. Bradykinin, vasoaktives intestinales Peptid (VIP) oder Neuropeptide wie die Substanz P oder das Neuropeptid Y.
Das Auftreten bisher unbekannter klinisch relevanter Effekte ist bei breiter klinischer Anwendung nicht ausgeschlossen.
werden aufgehoben.
Die Änderungen der Richtlinie treten am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Das mit Beschluss vom 7. Dezember 2010 (BAnz. 2011 S. 474) eingeleitete Stellungnahmeverfahren zur Ergänzung eines Therapiehinweises in Anlage IV zur Arzneimittel-Richtlinie "Wirkstoffklasse: Gliptine bzw. DPP-4 Inhibitoren (z.B. Galvus®, Jalra®, Januvia®, Xelevia®, Onglyza®, Janumet®, Velmetia®, Eucreas®, Icandra®)" wird eingestellt.
ENDE |