umwelt-online: VV zum Bundes-Immissionsschutzgesetz Schleswig-Holstein (1)
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Verwaltungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz
- Schleswig-Holstein -
Vom 20. März 1998
(Amtsbl.
Schl.-H. 1998 S. 169; 17.08.2018 S. 748 18; 12.06.2019 S. 642 19; 18.11.2024 Nr. 98 24)
Gl.-Nr.: 7914.10
Gültig bis 31.12.2025 24
Bekanntmachung des Ministeriums für Umwelt, Natur und Forsten vom 20. März 1998 - X 203 - 570.722.900 -
Zum Vollzug des Bundes-Immissionsschutzgesetzes werden im Hinblick auf die umfangreichen Änderungen unter Aufhebung der bisherigen Verwaltungsvorschriften die nachfolgenden Weisungen und Hinweise gegeben.
Paragraphen ohne Zusatz sind Paragraphen des Gesetzes.
§ 2 Abs. 2 Satz 2 stellt lediglich eine Klarstellung der bisherigen Rechtslage dar. Wasserrechtliche Vorschriften bleiben durch das Gesetz unberührt und gelten neben den immissionsschutzrechtlichen Vorschriften, so daß wie bisher Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) und die zu seiner Durchführung ergangenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ohne Einschränkungen zugrunde gelegt werden können, soweit es in ihrem Anwendungsbereich auch um den Schutz der Gewässer geht. Denn § 2 Abs. 2 Satz 2 enthält keinen generellen, abstrakten Vorrang des Wasserrechts vor dem Immissionsschutzrecht (s. auch den Unterschied zu der weit formulierten Abgrenzung in Satz 1 des § 2 Abs. 2), sondern stellt auf die Ergebnisse aus der Anwendung der einschlägigen wasserrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Vorschriften ab. Dabei kann sich bei der Anwendung wasserrechtlicher Vorschriften "etwas anderes" ergeben, wenn diese Vorschriften Regelungen enthalten, die denen des Immissionsschutzrechts entgegenstellen; nur in einem solchen Fall würden die Vorschriften des Wasserrechts Vorrang haben.
Für die Auslegung geltenden Rechts kann § 2 Abs. 2 Satz 2 Bedeutung im Hinblick auf die Beurteilung der sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile und erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 haben. Für diese Beurteilung sind die anlagenbezogenen Regelungen der §§ 19g ff. WHG und der hierzu ergangenen Ausführungsvorschriften insoweit beachtlich, als die sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 ergebenden Anforderungen für den Gewässerschutz mit diesen in Einklang stehen müssen. Gegenwärtig bestehen keine wasserrechtlichen Vorschriften, die die Anwendung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften ausschließen.
2 Zu § 3 (Begriffsbestimmungen):
2.1 Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
2.1.2 Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen setzt nicht voraus, daß ein Schaden bereits eingetreten ist oder bevorsteht. Ausschlaggebend ist, daß bei objektiver Betrachtung die Möglichkeit einer Störung in Bezug auf bestimmte Rechtsgüter gegeben ist. Dabei stellt der Mensch zwar ein wichtiges, aber nicht das einzige schätzenswerte Gut dar (§ 3 Abs. 2).
2.1.3 Unter Gefahr ist eine Sachlage zu verstehen, die nach allgemeiner Erfahrung die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts an den in § 1 genannten Schutzgütern in sich birgt. Soweit ausschließlich mit Sachschäden zu rechnen ist, kann eine Gefahr im Sinne des BImSchG nur bei bedeutenden Sachwerten angenommen werden.
2.1.4 Nachteile sind Vermögenseinbußen und Einschränkungen des persönlichen Lebensraumes, die weder die körperliche Integrität noch das körperliche oder seelische Wohlbefinden beeinträchtigen. Dazu gehören auch
2.1.5 Belästigungen sind Störungen von Rechtsgütern wie z.B. des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens, die nicht mit einem Schaden verbunden sind.
2.1.6 Nur bei erheblichen Nachteilen und Belästigungen kann von schädlichen Umwelteinwirkungen gesprochen werden. Belästigungen und Nachteile sind dann erheblich, wenn sie das Gemeinwohl beeinträchtigen oder für die Nachbarschaft unzumutbar sind. Die Erheblichkeit ist im Einzelfall durch Abwägung aller bedeutsamen Umstände zu ermitteln. Dabei sind - unter Berücksichtigung der bisherigen Umweltbelastung - der Charakter der Umgebung, die Tageszeit, die Dauer und die Intensität der Einwirkung, die Art der Immission u.a. wesentliche Beurteilungskriterien. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein kann, die u.a. dazu führen kann, daß der Belästigte in stärkerem Maße Nachteile hinnehmen muß. Dies wird insbesondere anzunehmen sein, soweit einer emittierenden Anlage Bestandsschutz zukommt. In diesem Fall können Nachteile oder Belästigungen hinzunehmen sein, selbst wenn sie bei gleichartigen Immissionen in anderen Situationen als erheblich anzusehen wären. Anlagen, die wegen ihres eigenen Störungsgrades in einem Industriegebiet angesiedelt werden sollen, aber gegenüber bestimmten Immissionen besonders empfindlich sind, können in der Regel keinen höheren Schutz als andere Anlagen in derartigen Gebieten erwarten. Der Anlagenbetreiber soll dann jedoch frühzeitig auf die vorhandene Immissionsbelastung hingewiesen werden, damit er Schutzvorkehrungen für seine besonders empfindliche Anlage treffen kann.
Hinsichtlich der Bewertung von Belästigungen ist zu beachten, daß nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Wirkung bei einem durchschnittlich empfindlichen Menschen abzustellen ist. Weitere Anhaltspunkte enthält Nummer 2.2.1.3 Abs. 3 und 4 der TA Luft vom 27. Februar 1986.
2.1.7 Unter Allgemeinheit ist eine unbestimmte und nicht bestimmbare Zahl von Personen zu verstehen. Unter dem Begriff der Nachbarschaft fällt jede Person, die sich regelmäßig im Einwirkungsbereich der Anlage aufhält oder als Eigentümer oder Besitzer ihre ständig dort befindlichen Sachen nutzt.
Neben den Belastungen des Publikums wird man auch die Beeinträchtigung rechtlich geschätzter Allgemeininteressen als Belastung der Allgemeinheit anzusehen haben. Dazu zählt insbesondere das Interesse an der Bewahrung der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, da § 1 Tiere und Pflanzen gesondert neben den Sachen aufführt. Personen, die mit dem Anlagenbetreiber im Zusammenhang mit der Errichtung und den Betrieb der Anlage Rechtsbeziehungen unterhalten, sind innerhalb dieser Beziehungen keine Nachbarn.
2.2 Der Begriff der Anlage ist weit gefaßt. Er umfaßt alle baulichen Anlagen, andere ortsfeste Betriebsstätten sowie maschinelle Einrichtungen und Geräte von einer gewissen Selbständigkeit und Beständigkeit.
Als Verkehrsmittel genutzte Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeuge sind in ihrer Eigenschaft als Fahrzeug aus dem Anlagenbegriff ausdrücklich ausgenommen; dies gilt jedoch nicht, soweit ihre Emissionen durch den Einsatz als Arbeitsgeräte entstehen. Emissionen von Fahrzeugen auf dem Betriebsgrundstück einer Betriebsstätte oder ortsfesten Einrichtung werden dieser Anlage zugerechnet.
Auch die in Absatz 5 Nr. 3 genannten Grundstücke sind grundsätzlich Anlagen. Dies gilt jedoch nicht, wenn auf ihnen nur gelegentlich Arbeiten durchgeführt werden (z.B. Lagern während weniger Tage, Gülleausbringung 3 bis 4 mal im Jahr). Werden für diese gelegentlichen Arbeiten Maschinen und Geräte im Sinne von § 3 Abs. 5 Nr. 2 eingesetzt, so können zwar nach §§ 22 und 24 immissionsbegrenzende Anordnungen für diese Maschinen und Geräte erlassen werden, nicht aber Anordnungen, die an das Grundstück und an den Arbeitsvorgang anknüpfen wie Abschirmungen, örtliche und zeitliche Betriebsbeschränkungen.
3.1 Welche Anlagen einer Genehmigung bedürfen, ist in der 4. BImSchV bestimmt; darüber hinaus wird der Umfang durch die Begriffe Nebeneinrichtungen, gemeinsame Anlage und rechtlich möglicher Betriebsumfang bestimmt.
Die in der 4. BImSchV genannten Anlagen bedürfen unabhängig davon der Genehmigung, ob sie im Einzelfall tatsächlich schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen können oder mit sonstigen Gefahren zu rechnen ist.
Die Genehmigungsbeschränkung in § 4 Abs. 1 Satz 2 hinsichtlich des auf Luftverunreinigung oder Geräusche bestehende Gefährdungspotential gilt nicht für Anlagen, die gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden (s. auch § 1 Abs. 1 Satz 2 4. BImSchV) und Abfallentsorgungsanlagen (§ 4 Abs. 1). Anlagen, die gewerblichen Zwecken dienen, sind Anlagen, die gewerbsmäßig betrieben werden (Gewinnerzielungsabsicht). Dies sind vor allem Anlagen des produzierenden Gewerbes, der Energiewirtschaft, des Handwerks und des Handels. Nicht dazu zählen die Urproduktion (z.B. Landwirtschaft) oder freie Berufe. Der Begriff der wirtschaftlichen Unternehmung ist weit auszulegen. Hierzu zählt jedes Erbringen wirtschaftlich bewertbarer Leistungen, das unter Verwendung von Anlagen unter technisch-organisatorischen Gesichtspunkten nachhaltig erreicht wird. Hierzu zählen sämtliche gewerbliche Anlagen, Betriebe der Urproduktion und öffentliche Versorgungsbetriebe (z.B. Müllverbrennungsanlagen, Wasserwerke).
Nicht dazu zählen Anlagen, die wissenschaftlichen, kulturellen, religiösen oder pädagogischen Zwecken oder der Erhaltung der öffentlichen Sicherheit dienen (z.B. Polizei, Bundeswehr).
3.2 Nebeneinrichtungen nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV sind solche Gebäude, Maschinen, Aggregate u.ä., die dem Zweck der im Anhang zur 4. BImSchV genannten Anlagen zu dienen bestimmt sind, ohne zur Zweckerreichung erforderlich zu sein. Das Genehmigungserfordernis erfaßt nicht alle Nebeneinrichtungen, sondern nur solche, die in einem räumlich und betriebstechnischen Zusammenhang mit der Anlage stehen und für die Erfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 von Bedeutung sein können.
Ein räumlicher Zusammenhang kann auch noch bestehen, wenn die Nebeneinrichtung auf einem benachbarten Betriebsgelände liegt, z.B. bei einem Transportband oder einer Rohrleitung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 VbF (jetzt BetrSichV).
Versorgt eine Einrichtung eine Vielzahl von Anlagen und ist sie in ihrer technischen und betrieblichen Organisation nicht mehr auf die einzelne Fabrikationsanlage ausgerichtet, so verliert sie ihre dienende Funktion und kann einzelnen Anlagen nicht mehr als Nebeneinrichtung zugeordnet werden; sie ist dann als selbständige Anlage zu betrachten.
3.3 Eine gemeinsame Anlage nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV kann nur durch Anlagen derselben Art gebildet werden. Diese Voraussetzung muß neben dem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang gegeben sein.
Anlagen derselben Art sind in der Regel Anlagen, die unter dieselbe Nummer des Anhangs der 4. BImSchV fallen. Ausschlaggebend ist eine gleichartige Anlagentechnik.
3.4 Der rechtlich mögliche Betriebsumfang nach § 1 Abs. 1 Satz 3 der 4. BImSchV kann in Genehmigungen festgelegt sein.
Ergibt sich daraus oder bei fehlender Festlegung aus dem tatsächlich möglichen Betriebsumfang eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit und will der Anlagenbetreiber diese Genehmigungsbedürftigkeit vermeiden, so kann er darauf verzichten, mit seiner Anlage die für die Genehmigungsbedürftigkeit bestimmte Leistungsgrenze oder Anlagengröße zu überschreiten.
Der Verzicht ist gegenüber der Genehmigungsbehörde schriftlich zu erklären. Kommt ein Verzicht nicht in Betracht, weil eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht vorliegt, so kann sich der Betreiber zur Leistungsbegrenzung durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der zuständigen Behörde verpflichten.
Die Verzichtserklärung oder der Vertrag hat Angaben darüber zu enthalten, wie eine Überschreitung der so festgelegten Leistungsgrenze oder Anlagengröße zuverlässig verhindert wird. Der Erklärende ist auf § 327 Abs. 2 StGB hinzuweisen (auf den Erlaß zur Durchführung der TA Luft - hier Anforderung an Altanlagen vom 28. November 1986, Az.: - IX 341/ IX 342 - 570.722.016 n.v. - und dem dort aufgeführten Muster einer Verzichtserklärung wird hingewiesen).
Der Abbruch genehmigter Anlagen oder Anlagenteile ist immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftig, da nur die Errichtung und/oder der Betrieb genehmigungsbedürftig ist. Davon unberührt bleibt die baurechtliche Zulassungspflicht sowie die Pflichten nach § 5 Abs. 3 und § 15 Abs. 3. Allenfalls der Abbruch von Anlageteilen kann bei Fortbestand des Anlagekerns nach § 15 anzeigepflichtig oder nach § 16 genehmigungspflichtig sein, wenn sich der Abbruch auf weiterhin genutzte Anlagenteile auswirken kann.
4 Zu § 5 (Betreiberpflichten):
4.1 Durch § 5 Abs. 1 wird jedermann, der eine genehmigungsbedürftige Anlage errichten oder betreiben will, unmittelbar verpflichtet, während der gesamten Dauer des Betriebs für einen umweltverträglichen und gefahrenfreien Zustand der Anlage zu sorgen und Vorsorge zu treffen, daß dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorgebeugt wird. Die Grundpflichten aus § 5 Abs. 1 sind nicht bußgeldbewehrt. Ihre Erfüllung kann außer durch Auflagen (§ 12) durch nachträgliche Anordnungen (§ 17) und ggf. durch Untersagungs-, Stillegungs- oder Beseitigungsverfügungen (§ 20) sichergestellt werden; Verstöße hiergegen können Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten sein (vgl. § 62 Abs. 1 Nr. 3 und 5 BImSchG sowie §§ 325 und 327 Abs. 2 StGB).
4.2 Die Forderung des Absatzes 1 Nr. 1 betrifft Immissionen und sonstige von der Anlage ausgehende Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen. Zur Beantwortung der Frage, wann die Immissionen als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, sind die in allgemeinen Verwaltungsvorschriften (Technische Anleitungen) festgelegten Immissionswerte heranzuziehen; dabei ist der unterschiedliche Aussagegehalt der einzelnen Immissionswerte zu berücksichtigen.
Die Prüfungsmaßstäbe und Prüfungsverfahren für schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen sind in Nummer 2 TA Luft geregelt.
Die Immissionswerte der TA Lärm zur Beurteilung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärm beziehen sich auf die Summe der Geräusche aller Anlagen, die auf den Immissionsort einwirken. Sie haben auch nach der Überleitung in § 66 ihren Charakter als Richtwerte behalten und können nicht schematisch angewandt werden. Als neuere Erkenntnisfälle gegenüber der TA Lärm können im Einzelfall aus der VDI-Richtlinie 2058 Blatt 1 (September 1985) die Abschnitte 3.2 und 5.7 Abs. 2 über den Bezugszeitraum während der Nachtzeit, 3.3.1 über Geräuschspitzen am Tage, 3.3.2 über Immissionsrichtwerte "innen" und 5.4 über einen Zuschlag für Ruhezeiten herangezogen werden. Als Bezugszeitraum für den Beurteilungspegel wird nur dann die für den Betroffenen ungünstigste volle Nachtstunde gewählt, wenn der Beurteilungspegel für diese Stunde den Beurteilungspegel für die ganze Nachtzeit um 4 dB oder mehr überschreitet (vgl. Nr. 4.4.2 b der DIN 45645 Teil 1, April 1977).
Liegen bereits schädliche Umwelteinwirkungen durch Anlagengeräusche vor, so dürfen genehmigungsbedürftige Anlagen in diesem Einwirkungsbereich nur noch errichtet oder wesentlich geändert werden, wenn sie entweder zu den schädlichen Geräuscheinwirkungen praktisch nicht beitragen oder sichergestellt ist, daß bis zu ihrer Inbetriebnahme durch Stillegung anderer Anlagen oder Anlagenteile oder freiwillige oder angeordnete Maßnahmen an diesen Anlagen die Schädlichkeitsgrenze der Immissionen im Einwirkungsbereich unterschritten wird.
Bei Immissionen durch Erschütterungen, Licht, nicht ionisierende Strahlen und Wärme ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Einwirkungen geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
Diese einzuhaltende Betreiberpflicht gilt auch für den sog. Probebetrieb (Erprobung der errichteten Anlage in der Inbetriebnahmephase), soweit für die Inbetriebnahme keine Regelungen im Genehmigungsbescheid getroffen werden. Die Begriffe "Schädlichkeit" und "Erheblichkeit" beinhalten jedoch ein zeitliches Moment. Nur eine längere Einwirkung führt i.d.R. auch zur Erheblichkeit. Bei kurzzeitigem Probebetrieb mit dem Ziel der Anlagenoptimierung kann eine entsprechend kurzzeitige Überschreitung hingenommen werden, wenn hierbei Ziffer 2.2.1.2 Buchst. a bis c TA Luft eingehalten werden.
Der Schutz vor sonstigen Gefahren (d.h. nicht auf Immissionen beruhende Gefahren) ist nach Absatz 1 Nr. 1 umfassend zu gewährleisten. Zu den sonstigen Gefahren gehören auch Verunreinigungen des Wassers oder des Bodens, die zu einer Schädigung der menschlichen Gesundheit oder von bedeutsamen Sachwerten führen können. Gefahren, die von den anfallenden Abfällen ausgehen können, müssen ausgeschlossen werden, soweit diese im Zusammenhang mit dem Anlagenbetrieb auftreten können.
Die Verhältnismäßigkeit von Anforderungen zur Vermeidung von Störfällen und zur Begrenzung von Störfallauswirkungen richtet sich nach der Eintrittswahrscheinlichkeit und dem möglichen Umfang eines Schadens. Die Schutzvorkehrungen müssen um so umfangreicher sein, je schwerwiegender die Folgen eines Störfalls wären. Der Schutz vor sonstigen Gefahren, sonstigen erheblichen Nachteilen und sonstigen erheblichen Belästigungen ist häufig Gegenstand anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften, z.B. des Wasserrechts, des Naturschutzrechts, des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen, des Gefahrstoffrechts. Diese anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehen als besondere Ausformungen des Schutzgrundsatzes dem allgemeinen Grundsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 1 vor. Im Genehmigungsverfahren dürfen diese Vorschriften gemäß § 6 Nr. 2 der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.
§ 5 Abs. 1 Nr. 1 verlangt nicht, daß jedes denkbare Risiko der Herbeiführung von schädlichen Umwelteinwirkungen ausgeschlossen wird; Risiken, die als solche erkannt sind, müssen nur mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein. Praktisch nicht zu vermeidende Unsicherheiten sind als Sozialadäquate Lasten von allen Bürgern zu tragen.
4.3 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 sind verhältnismäßige Maßnahmen gegen solche Immissionen zu treffen, die noch keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorrufen. Diese Vorsorge dient künftigen Entwicklungsmöglichkeiten und der Minderung der sonst hinzunehmenden Belastungen durch Immissionen.
Die Anlage ist so zu errichten und zu betreiben, daß die Emissionen der Anlage auf das nach dem Stand der Technik (vgl. dazu § 3 Abs. 6) unvermeidbare Maß beschränkt und die verbleibenden Emissionen ausreichend verteilt oder auf andere Weise in ihrer Wirkung (z.B. durch entsprechende Anordnung der emittierenden Anlagenteile) gemindert werden.
Vorsorgemaßnahmen im Bereich der Luftreinhaltung sind z.B. in Verordnungen nach § 7 und in den Nummern 2.2.1.4, 2.4 und 3 TA Luft dargestellt. Der dort beschriebene Stand der Technik ist für die Vollzugsbehörden nur verbindlich, so lange nicht feststeht, daß der Stand der Technik inzwischen fortgeschritten ist.
In atypischen Fällen können die Anforderungen der TA Luft nicht Stand der Technik oder unverhältnismäßig sein. Strengere Anforderungen können festgelegt werden, wenn technische Einrichtungen und Verfahren bei vergleichbaren Anlagen in Betrieb sind, mit denen fachlich unstreitig diese strengeren Anforderungen erfüllt werden. Vorsorgemaßnahmen nach dem Stand der Technik sind auch gegen Lärmeinwirkungen zu treffen (2.21 1 Buchst. a TA Lärm). Solche Maßnahmen verhindern, daß die Nutzungsmöglichkeiten für Grundstücke in der Umgebung der Anlage unnötig eingeschränkt werden. Vorsorgemaßnahmen gegen Lärmeinwirkungen am Tage können darüber hinaus Personen zugute kommen, die ein erhöhtes Schlaf- und Ruhebedürfnis am Tage haben (z.B. Kleinkinder, Kranke).
Verhältnismäßig sind solche Vorsorgemaßnahmen immer dann, wenn mit weiteren Lärmimmissionen aus Anlagen gerechnet werden muß und dadurch die Schädlichkeitsgrenze der Immissionen erreicht oder überschritten würde. Verhältnismäßig sind ferner Vorsorgemaßnahmen, wenn Immissionswerte nahezu erreicht werden.
4.4 § 5 Abs. 1 Nr. 3 enthält ein eigenständiges Gebot zur Vermeidung, ordnungsgemäßen Verwertung oder Beseitigung der Abfälle. Auf die Hinweise des Länderausschusses für Immissionsschutz, 92. Sitzung TOP A 2.1, zur Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG wird verwiesen. Zur Prüfung, ob Abfälle vermieden, verwertet oder beseitigt werden können, sind im Genehmigungsverfahren ausführliche Angaben des Antragstellers zu fordern.
4.5 In Absatz 1 Nr. 4 ist das Gebot zur internen Wärmenutzung festgeschrieben. Dieses Gebot ist gegenüber den Pflichten der Nummern 1 bis 3 nachrangig. Es gilt nur für die Betreiber der Anlagen, die in einer Rechtsverordnung nach Absatz 2 bezeichnet sind. Die Pflicht zur Abwärmenutzung bezieht sich nicht nur auf die Anlage, in der die Abwärme entsteht, sondern auf alle Anlagen desselben Betreibers. Die Pflicht entfällt bei technischer Unmöglichkeit oder bei Unzumutbarkeit.
4.6 Betriebseinstellung
4.6.1 Nach § 5 Abs. 3 gelten bestimmte Pflichten des Betreibers auch nach der Betriebseinstellung. Diese Pflichten bestehen unabhängig davon, ob für den Betrieb der Anlage eine wirksame Genehmigung erteilt worden war oder nicht. Ferner kommt es nicht darauf an, ob die Betriebseinstellung Folge behördlicher Maßnahmen, eine Entscheidung des Betreibers oder sonstiger Umstände (z.B. höhere Gewalt) ist.
Der Betrieb einer Anlage ist "eingestellt", wenn keine Handlungen mehr vorgenommen werden, die dem Betriebszweck dienen, und mit einer Wiederaufnahme des Betriebes in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Demnach kann eine Betriebseinstellung schon dann vorliegen, wenn der Betreiber die Wiederaufnahme zwar für möglich hält, bis auf weiteres aber keine konkreten Pläne zur Wiederaufnahme hat. Bestehen an der Richtigkeit entsprechender Erklärungen des Betreibers Zweifel oder liegen keine Äußerungen vor, so hat die Behörde aufgrund anderer objektiv feststellbarer Kriterien zu beurteilen, ob eine Einstellung vorliegt. Mögliche Anhaltspunkte sind etwa die Wegnahme betriebsnotwendiger Einrichtungen, die Wegschaffung der Einsatzstoffe oder die Kündigung des Betriebspersonals.
4.6.2 Die Pflichten aus § 5 Abs. 3 gelten nicht bezüglich Anlagen, deren Betrieb vor dem 1. September 1990 vollständig eingestellt war; sie treffen nur Anlagenbetreiber, deren Anlagen an diesem Tag oder in der Zeit danach betrieben wurden.
Insoweit steht ein Anlagenbetreiber dann aber in einer umfassenden Verantwortlichkeit. Daher kommt es nicht darauf an, ob der letzte Betreiber das Immissionsschutz-, Gefahrenschutz- oder Reststoffproblem auf dem Grundstück einer von § 5 Abs. 3 erfaßten Anlage verursacht hat.
Eine Verantwortlichkeit des Anlagenbetreibers für das Grundstück neben der des Grundeigentümers ist nur gegeben, wenn und soweit zwischen dem Zustand des Grundstücks und seiner Nutzung als Anlagenstandort ein funktionaler Zusammenhang besteht.
4.6.3 Die Pflichten nach Absatz 3 entstehen nicht erst mit der Betriebseinstellung. Vielmehr gehört es gemäß § 6 Nr. 1 zu den Genehmigungsvoraussetzungen, daß die Erfüllung auch dieser Pflichten sichergestellt ist. Deshalb können bereits mit dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen für den Zeitraum nach der Betriebseinstellung verbunden werden. Beispielsweise kann die Auflage erteilt werden, gefährliche Einsatzstoffe nur über einen bestimmten kurzen Zeitraum auf dem Betriebsgelände aufzubewahren, damit keine Gefahren entstehen, falls der Betrieb infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten aufgegeben wird.
Als Maßnahmen, die in Nebenbestimmungen oder auch in nachträglichen Anordnungen gemäß § 17 Abs. 1 auferlegt werden können, kommen in erster Linie technische Maßnahmen bzw. Anforderungen an die Betriebsweise oder -organisation in Betracht.
4.6.4 Bei § 5 Abs. 3 Nr. 1 ist insbesondere an schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen durch die auf dem Betriebsgrundstück lagernden Erzeugnisse, Einsatzstoffe und Abfälle sowie an Bodenverunreinigungen und Gefahren, die unbefugt das Grundstück Betretenden drohen können, zu denken.
4.6.5 § 5 Abs. 3 Nr. 2 sieht zwar - anders als § 5 Abs. 1 Nr. 3 - den Vorrang der Verwertung vor der Abfallbeseitigung nicht ausdrücklich vor. Ein sachlicher Unterschied zwischen beiden Normen ist daraus aber nicht herzuleiten. Denn eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung schont die natürlichen Ressourcen und die Deponiekapazitäten.
Soweit eine Verwertung technisch möglich und zumutbar ist, beeinträchtigt deshalb die Beseitigung der Abfälle als Abfall regelmäßig das Wohl der Allgemeinheit und verstößt somit gegen § 5 Abs. 3 Nr. 2. Während des Betriebs einer genehmigungsbedürftigen Anlage kann es zur Erfüllung der Pflicht aus § 5 Abs. 3 Nr. 2 z.B. erforderlich sein, entstehende Abfälle ohne unnötige Zwischenlagerung zu sortieren oder aufzubereiten.
4.6.6 Neben § 5 Abs. 3 bleiben möglicherweise weitergehende Pflichten aufgrund anderer - etwa abfall- oder wasserrechtlicher - Vorschriften unberührt.
Hinsichtlich des Anzeigeverfahrens nach § 15 Abs. 3 wird auf Ziffer 10.14 verwiesen.
5 Zu § 6 (Genehmigungsvoraussetzungen):
5.1 Sind die Anforderungen des § 6 erfüllt, hat der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Liegen die Voraussetzungen nicht vor und kann ihre Einhaltung auch nicht durch Bedingungen oder Auflagen (§ 12) sichergestellt werden, muß die Genehmigung versagt werden (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV). Ein Ermessen ist der Genehmigungsbehörde nicht eingeräumt.
5.1.1 Nach Nummer 1 muß die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten aus § 5 und ggf. aus den Rechtsverordnungen nach § 7 nicht nur für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme, sondern auch für die überschaubare Zukunft sichergestellt sein.
5.1.2 Der Genehmigungserteilung dürfen nach Nummer 2 keine auf die Anlage bezogenen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstellen. Es kommen bundes- und landesrechtliche Vorschriften in Betracht, insbesondere bau-, polizei- und ordnungsrechtliche, ferner planungs-, verkehrs- und wegerechtliche, wasserrechtliche sowie natur- und landschaftsschützende Bestimmungen. Die Genehmigungsbehörde muß prüfen, ob alle Voraussetzungen der in Betracht kommenden Vorschriften erfüllt sind. Dies ist gemäß den Stellungnahmen der Behörden zu entscheiden, die für den Vollzug dieser Vorschriften zuständig sind. Nebenbestimmungen sind entsprechend den Vorschlägen dieser Behörden in die Genehmigung aufzunehmen.
Hält die Genehmigungsbehörde eine Nebenbestimmung oder eine ablehnende Stellungnahme für rechtswidrig, so müssen ihre Bedenken durch die stellungnehmende Behörde ausgeräumt werden.
Sind die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften Gegenstand von anderen behördlichen Entscheidungen, die nicht nach § 13 in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung eingeschlossen werden, genügt es, wenn die Genehmigungs- bzw. Erlaubnisfähigkeit nach diesen Vorschriften grundsätzlich bejaht werden kann. Nebenbestimmungen, die sich aus diesen anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben, sind nicht in den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid, sondern in die andere behördliche Genehmigung aufzunehmen.
Werden Stellungnahmen nicht fristgerecht (vgl. § 11 Satz 1 9. BImSchV) abgegeben, so hat die Genehmigungsbehörde in der Regel ohne diese Stellungnahmen zu entscheiden. Die Genehmigungsbehörde kann jedoch nicht davon ausgehen, daß die von dieser Behörde zu wahrenden Belange nicht berührt werden; sie muß dann ggf. eigene Ermittlungen anstellen.
5.1.3 Die persönliche Zuverlässigkeit des Betreibers ist keine Genehmigungsvoraussetzung; § 20 Abs. 3 bleibt unberührt.
Die Unzumutbarkeit bestimmter Maßnahmen ist bei Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen nur im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 3 und 4 von Bedeutung.
5.2 Die Genehmigung ist als Realkonzession ausgestaltet. Sie wird für eine bestimmte Anlage erteilt, ist an die Anlage gebunden und bleibt auch dann bestehen, wenn der Betreiber der Anlage wechselt.
5.3 Durch § 6 Abs. 2 wird keine gegenüber bisherigem Recht neue Genehmigungsart eingeführt; in der Vorschrift wird klargestellt, daß unter den in ihr genannten Voraussetzungen der Genehmigungsrahmen entsprechend weit gefaßt werden darf. Stoffe im Sinne des § 6 Abs. 2 können auch Stoffgruppen sein. Dies ergibt sich auch aus § 4a der 9. BImSchV. Die Genehmigungsvoraussetzungen müssen für jeden Stoff der Stoffgruppe erfüllt sein.
5.4 § 6 Abs. 2 ist auch auf Pflanzenschutzmittellager und Anlagen der Gruppe 8 des Anhangs der 4. BImSchV anwendbar.
5.5 Nach § 12 Abs. 2 Buchst. b soll der Betreiber durch eine Auflage im Genehmigungsbescheid verpflichtet werden, die erstmalige Herstellung oder Verwendung eines anderen Stoffes mitzuteilen. Bei Pflanzenschutzmittellagern z.B. reicht es nicht aus vorzuschreiben, in bestimmten Zeitabständen einen aktualisierten Pflanzenschutzmittelkatalog vorzulegen.
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