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Empfehlung des ABAS 19/2023 - "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE)-assoziierten Agenzien und proteopathischen Seeds weiterer neurodegenerativer Krankheiten in Laboratorien"
Vom 19 November 2024
(GMBl. Nr. 45 vom 19.11.2024 S. 972)
ersetzt: ABAS B603
Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat zur Konkretisierung der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV [1]) zum Schutz der Beschäftigten Anforderungen an Laboratorien bei Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien und proteopathischen Seeds ermittelt. Diese Empfehlung ersetzt den vormaligen Beschluss 603 des ABAS.
1 Anwendungsbereich
(1) Die Empfehlung gilt für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien. Diese sind gemäß § 16 BioStoffV der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde anzuzeigen. Eine Ausnahme von der Anzeigepflicht stellt die nicht gezielte Tätigkeit mit dem Erreger der Scrapie (Risikogruppe 2) dar. Zusätzlich unterliegen die Tätigkeiten den Bestimmungen der Tierseuchenerreger-Verordnung oder dem Infektionsschutz-Gesetz (IfSG, Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen).
(2) Die Empfehlung gilt für Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien in diagnostischen Laboratorien, Forschungslaboratorien, der Biotechnologie und der Versuchstierhaltung.
(3) Dies schließt auch den Umgang mit selbstreplizierenden, d. h. seedingaktiven Formen von rekombinant hergestellten Prionproteinen ein, sofern gezielte Tätigkeiten durchgeführt werden, auf die in der Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewertung von gentechnischen Arbeiten zur Expression von Prionproteinen [2] nicht Bezug genommen wird. Solche Tätigkeiten können z.B. die Aufreinigung von potenziell seedingaktiven rekombinanten Prionproteinen aus Zell- und Gewebekulturen sowie deren weitere Prozessierung beinhalten. Die Empfehlung gilt in Anlehnung an die Regelung im Vereinigten Königreich [3], [4] auch für potenziell humanpathogene proteopathische Seeds neurodegenerativer Proteinaggregationskrankheiten (z.B. für Amyloidbeta- oder Tau-Seeds der Alzheimer-Krankheit oder alpha-Synuclein-Seeds der Parkinson-Krankheit oder der Demenz mit Lewy-Körperchen), wenn diese in konzentrierter, amplifizierter oder synthetisierter Form für biochemische, strukturelle oder Übertragungsstudien verwendet werden.
(4) Sie konkretisiert und ergänzt die in der TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" beschriebenen Regelungen.
(5) Der Bereich der Probennahme und Obduktion in der Human- und Veterinärpathologie sowie bei Schlachttieren bzw. verendeten oder notgeschlachteten Tieren wird nicht durch diese Empfehlung geregelt. Für Obduktionen und Untersuchungen (z.B. Endoskopien) im human- und veterinärmedizinischen Bereich gelten die TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" bzw. die TRBA 260 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in der Veterinärmedizin und bei vergleichbaren Tätigkeiten", bei Versuchstieren ggf. die TRBA 120 "Versuchstierhaltung".
2 Begriffsbestimmungen
(1) Infektiosität wird im Rahmen dieser Empfehlung als die Fähigkeit eines biologischen Arbeitsstoffes (im Weiteren Biostoff) definiert, sich nach Übertragung in einen lebenden Organismus in diesem zu vermehren und ein definierbares Krankheitsbild auszulösen.
(2) Transmissible Spongiforme Enzephalopathieassoziierte Agenzien sind infektiöse proteinartige Partikel (sog."Prionen", von engl. proteinaceous infectious particles), die bei Tieren und Menschen schwammartige Veränderungen des zentralen Nervensystems (ZNS) verursachen. Diese Veränderungen werden von pathologischen Prionprotein-Ablagerungen begleitet. Die Erkrankungen enden immer tödlich. Im Sinne der Biostoffverordnung sind TSE-assoziierte Agenzien Biostoffe.
(3) TSE-assoziierte Agenzien bestehen im Wesentlichen aus pathologischen Prionproteinen (PrPSc). Dies sind fehlgefaltete und pathologisch aggregierte Formen zellulärer Prionproteine (PrPC), die eine Konformationsänderung weiterer Prionproteine hin zu pathologischen Prionproteinformen induzieren können. Neben den natürlich vorkommenden PrPSc - Formen zählen hierzu auch mithilfe gentechnischer Verfahren hergestellte (rekombinante) PrP-Formen mit einer nachweislichen seeding-Aktivität für den Menschen.
(4) Proteopathische Seeds sind selbstreplizierende, d. h. seedingaktive Proteinformen, die mit nicht durch Prionen verursachten neurodegenerativen Proteinaggregationskrankheiten in Verbindung stehen. Hierzu zählen beispielsweise Präparationen des Proteins alpha-Synuclein, welches mit der Parkinson-Erkrankung assoziiert wird, und des Tau-Proteins oder des Amyloidbeta-Proteins, die mit der Alzheimer-Erkrankung in Verbindung gebracht werden. Tätigkeiten, die mit der Ausbildung einer Seeding-Aktivität einhergehen können, sind u. a. Verfahren zur Konzentration (z.B. Affinitätschromatografien, Pelletieren) oder Amplifikation (z.B. PMCA- und Amplifikationsassays, s. u.) oder Verfahren zum Einbringen von Modifikationen in die Aminosäuresequenz, welche die Ausbildung seedingaktiver Proteinformen fördern.
(5) Die Seeding-Aktivität beschreibt die Fähigkeit von fehlgefalteten Prionproteinen oder proteopathischen Seeds, weitere Proteine so in ihrer Konformation zu verändern, dass sie Proteinaggregate bilden, die die Fähigkeit zur weiteren autokatalytischen Selbstreplikation besitzen.
(6) Protein misfolding cyclic amplification (PMCA) ist ein in vitro Verfahren, bei dem eine geringe Menge von seedingaktivem Prionprotein oder von proteopathischen Seeds mit einer vergleichsweise größeren Menge des jeweiligen zellulären Vorläuferproteins und weiterer in der Zelle vorkommender Bestandteile (Lipide, RNA etc.) inkubiert wird, um wachsende Aggregate fehlgefalteter selbstreplizierender Proteine zu erhalten. Mithilfe von Ultraschallbehandlungen kann die Entstehung und Propagation seedingaktiver Proteinformen gefördert und amplifiziert werden. Das Verfahren dient auch als Nachweis für eine bestehende Seeding-Aktivität des eingesetzten Materials. Mit dem Verfahren kann Infektiosität generiert werden.
(7) Realtime quakinginduced conversion (RT-QuIC) ist ein weiteres Verfahren zum Nachweis proteinöser Seeding-Aktivität im zu untersuchenden Material. Dabei werden geringe Mengen der zu untersuchenden Probe mit einer vergleichsweise größeren Menge von rekombinant hergestelltem Vorläuferprotein inkubiert, um die Seeding-Aktivität feststellen zu können. Die Förderung der Fehlfaltung des Vorläuferproteins erfolgt hier durch Schüttelzyklen. Es ist bislang nicht gezeigt worden, dass die PrP-Amplifikationsprodukte infektiös sind.
(8) Für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten gelten die Definitionen nach § 2 der Biostoffverordnung.
(9) Inaktivierung ist die irreversible Zerstörung der Vermehrungs- und Infektionsfähigkeit von Biostoffen.
(10) Dekontamination ist die Zurückführung der Konzentration an Biostoffen auf die gesundheitlich unbedenkliche Grundbelastung. Im Hinblick auf TSE-assoziierte Agenzien kann eine unbedenkliche Grundbelastung beispielsweise angenommen werden, wenn ein zur Dekontamination angewendetes Verfahren die Erregerlast derart reduziert, dass in Bioassays mit geeigneten Tiermodellen oder in Bioassayvalidierten Seeding-Assays keine übertragungsrelevante Infektiosität bzw. Seeding-Aktivität mehr nachweisbar ist.
3 Gefährdungsbeurteilung
3.1 Erkrankungen durch TSE-assoziierte Agenzien
(1) Es sind folgende Arten menschlicher TSE beschrieben:
Bei Tieren:
(2) Experimentell können u. a. Nagetiere (Maus, Rötelmaus, Goldhamster) und nichthumane Primaten mit TSE-assoziierten Agenzien verschiedener Spezies infiziert werden. Durch den Wirtswechsel entstehen - möglicherweise - TSE mit geänderten Eigenschaften.
(3) Gemäß Biostoffverordnung und EU-Richtlinie sind menschliche und tierische TSE-assoziierte Agenzien in die Risikogruppe 3 eingestuft und mit (**) gekennzeichnet 1 . Ausnahme stellen Erreger der Scrapie dar (z.B. klassische und atypische Scrapie im Schaf, 263K Scrapie im Hamster und 22L oder RML Scrapie in der Maus), die in Risikogruppe 2 eingestuft sind.
3.2 Spezifische Eigenschaften von TSE-assoziierten Agenzien
(1) Als Auslöser der o.g. Erkrankungen werden nach heutigem Kenntnisstand Prionen angesehen, die im Vergleich zu den zellulären Prionproteinen (PrPC) eine fehlgestaltete Proteinstruktur (PrPSc) enthalten.
(2) Potenzielle Infektionswege bei laborspezifischen Tätigkeiten sind Hautläsionen, Verletzungen, Schleimhautkontakt (auch im Augenbereich), Inhalation von tätigkeitsbedingt erzeugten Bioaerosolen und Verschlucken.
(3) Die Inkubationszeiten betragen i. d. R. Jahre bis Jahrzehnte. Der derzeitige Kenntnisstand lässt noch keine genauen Aussagen über die minimale Infektionsdosis für den Menschen zu; generell gilt aber, dass es eine Abhängigkeit von der Wirtsspezies und deren spezifischem Genotyp, dem Infektionsweg und dem Agensstamm gibt.
(4) Die TSE-assoziierten Agenzien sind außerordentlich tolerant gegenüber herkömmlichen chemischen und physikalischen Inaktivierungsverfahren. Der Einsatz aldehydhaltiger Desinfektionsverfahren (z.B. mit Formaldehyd) ist kontraindiziert, da die Infektiosität des Agens stabilisiert wird. Alkoholhaltige Mittel können einen fixierenden und potenziell einen die Inaktivierung des Agens beeinträchtigenden Effekt haben (zur Inaktivierung und Desinfektion siehe Abschnitt 5).
(5) Gegen TSE-assoziierte Agenzien gibt es bisher keine Impfstoffe. Die Wirkung einer postexpositionellen Prophylaxe ist nur im Tierversuch nachgewiesen worden.
3.3 Proteopathische Seeds
(1) In den vergangenen Jahren wurde in einer zunehmenden Zahl von Veröffentlichungen berichtet, dass Proteine, die mit nicht durch Prionen verursachten neurodegenerativen Krankheiten in Verbindung stehen, in prionähnlicher Weise pathologische, selbstreplizierende Konformationen annehmen und übertragbare Pathologien oder Krankheiten in Tieren oder Menschen auslösen können.
(2) Die betreffenden Proteine teilen grundlegende pathophysiologische Eigenschaften mit Prionen, unterscheiden sich aber auch in wichtigen Aspekten von diesen, insbesondere dadurch, dass im Zusammenhang mit ihnen bisher weder ein epidemisches Übertragungsgeschehen bei Tieren oder Menschen noch berufliche Expositionsrisiken bekannt sind.
(3) Im Hinblick auf den letztgenannten Aspekt ist allerdings zu berücksichtigen, dass die betreffenden Erkrankungen grundsätzlich sehr lange Latenzzeiten aufweisen, und Übertragungen proteopathischer Seeds möglicherweise gesundheitsbeeinträchtigende Folgen auch unterhalb der Schwelle einer vollen Krankheitsübertragung haben könnten. Insofern sind eventuelle Folgen einer beruflichen Exposition bisher nicht sicher zu beurteilen.
(4) Deswegen erscheint es im Sinne eines vorbeugenden Arbeitsschutzes geboten, mögliche Risiken bei Laborarbeiten mit diesen Stoffen zu berücksichtigen.
3.4 Zuordnung der Schutzstufe
(1) Gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien - wie eingangs definiert - sind der Schutzstufe 3 zuzuordnen. Es gelten die in der TRBA 100 für Tätigkeiten mit Biostoffen der Risikogruppe 3(**) aufgeführten Schutzmaßnahmen in Verbindung mit den Regelungen dieser Empfehlung.
(2) Tätigkeiten mit einem identifizierten Agens der Scrapie werden gemäß EG-RL 2000/54/EG in Verbindung mit den RL (EU) 2019/1833 und (EU) 2020/739 der Schutzstufe 2 zugeordnet. Ein Wirtswechsel ist bei der Gefährdungsbeurteilung besonders zu berücksichtigen und kann zu Maßnahmen der Schutzstufe 3 führen.
(3) Das Arbeiten mit gereinigtem, das heißt von einem in vitro exprimierenden Organismus isolierten, rekombinantem Prionprotein in löslicher oder aggregierter Form gilt als nicht infektiös, weil trotz intensiver Anstrengungen bisher keine Infektiosität von in vitro produziertem rekombinantem Prionprotein für Säugetiere oder Menschen mit physiologischer Prionproteinexpression nachgewiesen werden konnte.
(4) Laborarbeiten mit tierischem, menschlichem oder rekombinantem Prionprotein, die auf die Amplifikation von Infektiosität abzielen, diese ermöglichen oder den Umgang mit infektiösen Präparationen beinhalten, werden in ihrer Schutzstufe dem betreffenden infektiösen TSE-Agens, mindestens aber der Schutzstufe 2 zugeordnet.
(5) Für die Zuordnung der Schutzstufe bei gezielten Tätigkeiten mit proteopathischen Seeds ist im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung u. a. zu berücksichtigen, ob in vivo oder in vitro gearbeitet wird, ob die Seeds aus einem Gewebe gewonnen worden sind, in dem sie sich amplifizieren können, oder ob nur mit rekombinantem Protein bzw. mit rekombinanten Proteinaggregaten gearbeitet wird, sowie ob in vitro Amplifikationsmethoden eingesetzt werden, die Infektiosität amplifizieren können (wie z.B. die PMCA), oder lediglich Aggregationsassays ohne nachgewiesene Fähigkeit zur Amplifikation von Infektiosität (wie z.B. die RT-QuiC).
(6) Das Arbeiten mit proteopathischen Seeds in vivo, oder mit Seeds aus einem Gewebe, in dem sie sich amplifizieren können, oder das Arbeiten mit einer Methode, mit der Infektiosität amplifiziert werden kann, wird in aller Regel der Schutzstufe 2 zugeordnet. Andere Arbeiten, z.B. keine Infektiosität generierenden Arbeiten in vitro, Arbeiten mit rekombinantem Protein bzw. rekombinanten Proteinaggregaten oder mit Aggregationsassays ohne nachgewiesene Fähigkeit zur Amplifikation von Infektiosität können in der Regel in Schutzstufe 1 erfolgen.
(7) Für die Herstellung und den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen, die für rekombinante Proteine transmissibler spongiformer Enzephalopathien oder proteopathischer neurodegenerativer Proteinaggregationskrankheiten kodieren, ist ferner die Einstufung nach Gentechnikgesetz maßgebend. Es wird auf die Stellungnahmen der ZKBS verwiesen.
3.5 Probenversand
Bei dem Transport von Proben auf dem Wasser-, Luft- oder Schienenweg oder der Straße sind die einschlägigen Rechtsvorschriften zu beachten. Der Versand positiv bestätigter Proben oder von Verdachtsproben (z.B. bei klinischem Verdacht auf eine TSE-Erkrankung oder nach positivem Ergebnis der Erstuntersuchung) sowie von TSE-haltigem Material aus dem Forschungsbereich erfolgt entsprechend der Klasse 6.2 "Biologischer Stoff, Kategorie B (UN-Nummer 3373)".
Hinweis: Der Transport von Routineproben von Schlachttieren unterliegt nicht dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR).
4 Schutzmaßnahmen
4.1 Schutzmaßnahmen in TSE-Forschungslaboratorien und bei Tierversuchen, Sektionen, Gewebepräparationen oder histologischen Arbeiten mit TSE-Erregern
4.1.1 TSE-Forschungslaboratorien allgemein
(1) Für die Probenverarbeitung und standardisierte Laborabläufe sind gem. Biostoffverordnung, konkretisiert durch die TRBA 100, Arbeitsanweisungen zu erstellen.
(2) Werden in TSE-Laboratorien über die Empfehlung hinausgehende oder davon abweichende Tätigkeiten durchgeführt, sind auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung auch die zusätzlich bzw. abweichend erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.
(3) Grundsätzlich ist das TSE-Laboratorium räumlich von anderen Laboratorien zu trennen. Ist dies in begründeten Ausnahmefällen nicht möglich (Gründe sind in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren), sind strikt getrennte Arbeitsbereiche innerhalb des Laboratoriums einzurichten. Eine solche Ausnahme ist bei BSE nicht möglich.
(4) Das TSE-Laboratorium ist mit der Schutzstufe und dem Symbol "Biogefährdung" zu kennzeichnen.
(5) Der Zugang ist auf autorisierte Personen zu beschränken, die entsprechend unterwiesen sein müssen.
(6) Vor dem Betreten des Laboratoriums ist geeignete persönliche Schutzausrüstung (PSA) anzulegen: hinten geschlossener Laborkittel (autoklavierbar oder Einwegartikel), und Überschuhe. Eine Schutzbrille ist bei allen Tätigkeiten mit konkreter Augengefährdung, wie z.B. bei der Herstellung von Paraffinschnitten (Abschnitt 4.1.2 3), dem Ansetzen von Natronlauge und bei der Dekontamination von Instrumenten (5.2.4) zu tragen. Es kann auf Überschuhe verzichtet werden, wenn ein gesondertes Schuhpaar (geschlossen), das stets im TSE-Laboratorium verbleibt, vorhanden ist. Bei allen Arbeiten im Labor, bei denen die Möglichkeit eines Kontaktes mit infektiösem Material besteht, sind doppelte Einmal-Schutzhandschuhe zu tragen. Auf die erforderliche Beständigkeit gegenüber den zur Inaktivierung von TSE-assoziierten Agenzien eingesetzten Chemikalien ist zu achten. Bei der Bearbeitung von Proben an der mikrobiologischen Sicherheitswerkbank sind stets zwei Paar Einmal-Schutzhandschuhe übereinander zu tragen und der Übergang vom unteren Handschuh zum Kittelärmel ist mit Einmal-Ärmelschonern abzudecken. Das obere Handschuhpaar wird nach Beendigung eines Arbeitsprozesses gewechselt, spätestens aber beim Verlassen der mikrobiologischen Sicherheitswerkbank. Beim Verlassen des Laborbereichs ist die Schutzkleidung abzulegen.
(7) Bei allen Arbeiten mit der Gefahr von Schnittverletzungen sind grundsätzlich Schnittschutzhandschuhe sowie darüber und darunter puderfreie Latex- oder Nitrilhandschuhe zu tragen.
(8) Bei Arbeiten mit spitzen Gegenständen sind grundsätzlich durchstichsichere Handschuhe, die vor Nadelstichverletzungen schützen, mindestens jedoch Schnittschutzhandschuhe, sowie darüber und darunter puderfreie medizinische Handschuhe zu tragen (z.B. EN 374-5 Typ A mit AQL < 0,65).
(9) Die zur TSE-Untersuchung benutzten Geräte dürfen nicht mit kontaminierten Handschuhen angefasst werden. Dies gilt z.B. auch für Schalter, Taster, Folientastaturen.
(10) Bei allen Tätigkeiten ist darauf zu achten, dass Aerosol-Bildung, soweit möglich, vermieden wird. Alle Arbeiten mit belasteten (und potenziell belasteten) Proben und Agenzien sind unter einer mikrobiologischen Sicherheitswerkbank durchzuführen. Dies gilt insbesondere für Arbeiten mit potenziell hochtitrigem Material.
(11) Erfolgen Arbeiten in einem geschlossenen System, kann dieser Arbeitsschritt auch außerhalb der Sicherheitswerkbank durchgeführt werden; im Havariefall ist das geschlossene System unter der Sicherheitswerkbank zu öffnen.
(12) Bei Anwendung biochemischer Nachweismethoden sind folgende Schritte unter der Sicherheitswerkbank durchzuführen:
(13) Bei allen Arbeiten sollte so weit wie möglich Einwegmaterial aus Kunststoff verwendet werden.
(14) Das TSE-Laboratorium soll eine eigene Ausrüstung haben, die nur hier verwendet wird.
Hinweis: Werden Geräte aus dem TSE-Laborbereich entfernt, müssen sie zuvor entsprechend Abschnitt 5 mit einem geeigneten Verfahren dekontaminiert werden. Im Einzelfall ist festzulegen, wie die Dekontamination zu erfolgen hat (z.B. alle Flächen/Bereiche, die potenziell kontaminiert sein können). Es muss sichergestellt sein, dass künftige Nutzer nicht einer Infektionsgefährdung ausgesetzt sein können. Ist dies nicht gewährleistet, sind die entsprechenden Geräte aus dem Verkehr zu ziehen.
(15) Es sind möglichst Einmalunterlagen für Arbeitsflächen zu verwenden, wie z.B. PE-Folien, oder saugfähige, dekontaminierbare Unterlagen, die nach Ende der Tätigkeit desinfiziert werden, falls sie nicht über Hochtemperaturverbrennung entsorgt werden.
(16) Erregerhaltige Flüssig- und Festabfälle sind entsprechend Abschnitt 5 vor der Entsorgung zu inaktivieren, falls sie nicht über Hochtemperaturverbrennung entsorgt werden.
(17) Benutzte autoklavierbare Schutzkleidung ist vor der Reinigung bei 134 °C (1 h, 3 bar) zu autoklavieren. Dies gilt auch für benutzte Einwegkleidung vor der Entsorgung, falls sie nicht über Hochtemperaturverbrennung entsorgt wird.
(18) Alle benutzten Arbeitsflächen der mikrobiologischen Sicherheitswerkbank sind spätestens am Ende eines jeden Arbeitstages, an dem in der betreffenden Werkbank gearbeitet wurde, mit einem geeigneten Desinfektionsmittel nach Abschnitt 5 gründlich auszuwischen und anschließend mit Wasser nachzureinigen. Sonstige potenziell kontaminierte Oberflächen des Innenbereiches der Werkbank sind nach 5-10 Tagen, an denen in der Werkbank gearbeitet wurde, gleichermaßen zu behandeln.
(19) Eine Reinigung der Arbeitsflächen mit Wasser hat arbeitstäglich zu erfolgen. Mindestens nach 5-10 Arbeitstagen sind die Arbeitsflächen zu desinfizieren. Die Dekontamination der Fußböden erfolgt gemäß Hygieneplan.
(20) Die Oberflächendekontamination und anschließende Reinigung des Laboratoriums gemäß Abschnitt 5 darf nur nach Absprache mit der verantwortlichen Person und nach entsprechender Vorbereitung erfolgen. Kommt es während der Laborarbeiten zu einer Kontamination des Bodens, wird die betroffene Stelle durch das Laborpersonal sofort mit saugfähigem Einmalmaterial vorgereinigt und dekontaminiert.
(21) Vor Wartungs- und Reparaturarbeiten an der Sicherheitswerkbank hat eine Dekontamination des Innenbereiches entsprechend Abschnitt 5 zu erfolgen. Vor Beginn der Wartungs- und Reparaturarbeiten hat die verantwortliche Person eine schriftliche Arbeitsfreigabe mit den erforderlichen Schutzmaßnahmen zu erteilen.
(22) Die für die Dekontamination und Reinigung verwendeten Gerätschaften verbleiben im Bereich des TSE-Laboratoriums.
4.1.2 Tierversuche
(1) Für Tierversuche gilt Abschnitt 4.4.2 der TRBA 120 "Versuchstierhaltung". Darüber hinausgehende Maßnahmen sind von den betroffenen Forschungseinrichtungen nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung festzulegen.
(2) Lebende Labortiere, die mit Prionen infiziert sind, stellen nach derzeitigem Kenntnisstand kein signifikantes Risiko bezüglich einer Prionexposition dar. Es fehlen allerdings verlässliche Daten zum Einfluss verschiedener Prionen-Stämme bzw. der bei den Untersuchungen verwendeten konventionellen oder transgenen Linien auf eine mögliche Ausscheidung des Erregers. Dies betrifft insbesondere Linien, die das humane Prionprotein überexprimieren oder auch Stämme mit hoher Übertragungsfähigkeit wie ovine BSE. Eine Gefährdungsbeurteilung muss dies berücksichtigen. Auch der gewählte Inokulationsweg (z.B. oral versus intrazerebral) hat vermutlich einen Einfluss auf die Ausscheidung. Darüber hinaus beinhalten experimentelle Arbeiten mit infizierten Tieren immer auch Verfahren, die das Risiko einer Exposition deutlich erhöhen (z.B. Inokulationen, Sektionen). Vorsichtsmaßnahmen müssen daher getroffen werden, die im Wesentlichen den Schutzmaßnahmen im Labor entsprechen.
(3) Der Zugang
(4) Bei Tierversuchen mit Großtieren sind die Schutzmaßnahmen entsprechend des Ergebnisses der Gefährdungsbeurteilung tätigkeitsbezogen anzupassen.
4.1.3 Sektion, Gewebepräparation (Zuschnitt) und histologische Aufbereitung bei TSE
(1) Sektionen
(2) Gewebepräparationen (Zuschnitt) und histologische Aufarbeitung
Hinweis: Ist mit einer Kontamination des Staubsaugerfilters zu rechnen, so muss dieser sicher gewechselt und anschließend entsprechend Abschnitt 5 inaktiviert und entsorgt werden.
4.2 Schutzmaßnahmen in diagnostischen Laboratorien
Um beim Umgang mit TSE-erregerhaltigem Material und speziell bei den jährlichen TSE-Ringversuchen adäquaten Schutz zu gewährleisten, sollen folgende Anforderungen mindestens erfüllt werden:
(1) Die unter 4.1.1 aufgeführten Absätze (2) bis (12) sowie (16) und (17) gelten auch für diagnostische Laboratorien.
(2) Im Routinebetrieb (keine positiven Befunde) erfolgt die Inaktivierung von Flüssig- und Festabfällen durch Autoklavieren bei 121 °C, 20 Minuten. Die Fußböden sind durch das eingewiesene Reinigungspersonal mit aldehydfreien, alkalischen (pH > 10) Reinigungsmitteln zu säubern.
(3) Bei einem positiven Schnelltestergebnis sowie nach Durchführung von Ringversuchen sind nach Abschluss der Tests die mikrobiologische Sicherheitswerkbank (Arbeitsfläche und sonstige potenziell kontaminierte Flächen) sowie die Arbeitsflächen und Fußböden mit einem Desinfektionsmittel entsprechend Abschnitt 5 zu dekontaminieren. Benutzte autoklavierbare Schutzkleidung ist vor der Reinigung bei 134 °C (1 h, 3 bar) zu autoklavieren. Dies gilt auch für ggf. benutzte Einwegkleidung, bevor sie entsorgt wird.
4.3 Schutzmaßnahmen in nationalen Referenzlaboratorien
(1) Werden in Nationalen Referenzlaboratorien über die Empfehlung hinausgehende oder davon abweichende Tätigkeiten durchgeführt, sind auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen.
(2) Die unter 4.1.1 aufgeführten Absätze (1) bis (17) gelten grundsätzlich auch für Nationale Referenzlaboratorien.
(3) Werden in Nationalen Referenzlaboratorien überwiegend medizinischlaboranalytische Tätigkeiten durchgeführt, die dem Arbeitsprofil eines medizinischen Laboratoriums entsprechen, dann kann im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung geprüft werden, ob bei ungezielten Tätigkeiten die Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2, ggf. mit einzelnen, zusätzlich festzulegenden Schutzmaßnahmen, ausreichend sind.
5 Inaktivierung und Dekontamination
5.1 Allgemeines
(1) TSE-assoziierte Agenzien sind gegen eine Vielzahl von bakteriziden, viruziden und fungiziden Desinfektionsmitteln und gegen übliche Hitze- (z.B. trockene Hitze bei 180-200 °C) oder Dampfsterilisationsverfahren (z.B. gespannter, gesättigter Wasserdampf bei 121 °C) weitgehend tolerant [5], [6a] (s. Abschnitt 3.2 Punkt (4)).
(2) Art und Form der Abfälle sind von erheblicher Bedeutung für die Wirksamkeit der Inaktivierungsverfahren. Eine Trennung fester und flüssiger Abfälle vereinfacht die spätere Entsorgung und ist bei Dampfsterilisationsverfahren unerlässlich für einen sicheren Betrieb und eine ordnungsgemäße Inaktivierung. Flüssige Abfälle sind chemischer Behandlung zugänglicher als Feststoffe. Bei letzteren ist die Materialstärke zu beachten. Bei Materialien, die Hohlräume aufweisen, d. h."porösen Gütern" wie beispielsweise Probengefäßen, Spritzen etc., muss sichergestellt werden, dass der Wasserdampf diese ausreichend erreicht.
(3) Die Dehydrierung und Trocknung erregerhaltiger Abfälle ist z.B. durch Feuchthalten zu vermeiden.
(4) Zur Inaktivierung/Dekontamination von proteopathischen Seeds liegen in der wissenschaftlichen Literatur bisher nur relativ wenige Studien vor. Danach sind gegen Prionen wirksame Formulierungen wie z.B. 1M NaOH (Einwirkzeit 1h bei Raumtemperatur) oder eine Mischung aus 0,2% Natriumdodecylsulfat (SDS) und 0,3% NaOH (Einwirkzeit 10 Minuten bei Raumtemperatur) zumindest partiell auch gegen Amyloidbeta, tau- oder alpha-Synuclein Seeds wirksam. Die Dekontaminationswirkung konnte dabei teilweise noch durch eine nachfolgende Dampfsterilisation bei 134 °C mit 5minütiger Haltezeit erhöht werden [7]. Eine partielle Wirksamkeit gegen Parkinsonassoziierte alpha-Synuclein Seeds wurde ebenfalls beispielsweise für eine alleinige Dampfsterilisation bei 134 °C und einer Haltezeit von 5 Minuten gezeigt (eine Verlängerung der Haltezeit auf 90 Minuten erzielte dabei keine zusätzliche Inaktivierung) [8a]. Vorbehaltlich des Nachweises zweckmäßiger(er) alternativer Verfahren erscheinen zur Inaktivierung/Dekontamination proteopathischer Seeds daher am ehesten Inaktivierungs-/Dekontaminationsbehandlungen geeignet, wie sie für Prionen empfohlen werden (s. beispielsweise unten). Sofern gewünscht, lässt sich dabei ggf. eine erhöhte Wirksamkeit gegen proteopathische Seeds erzielen, wenn zwei oder mehr auch für die Inaktivierung/Dekontamination von Prionen zumindest partiell geeignete Verfahren kombiniert werden, z.B. eine chemische Vorbehandlung mit einer nachfolgenden Dampfsterilisation.
5.2 Verfahren
Die folgenden Verfahren gewährleisten - bei sachgerechter Anwendung - eine Inaktivierung von TSE-assoziierten Agenzien und sind deshalb für die Behandlung von kontaminiertem Material geeignet.
5.2.1 Thermische Verfahren
(1) Hierzu gehört die Verbrennung bei genügend hohen Temperaturen (> 850 °C für > 2 Sekunden oder > 1000 °C für > 1 Sekunde bei < 7 % Kohlenstoffanteil in der Asche).
(2) Alternativ kann im Dampfsterilisator (mit Aerosolfiltern ausgestattet, möglichst im Vakuumverfahren) bei 134 °C, 3 bar absolut, > 1 h autoklaviert werden (bei Schichtdicken < 5 cm).
(3) Formalinfixiertes Material ist durch Autoklavieren nicht sicher zu inaktivieren. Für derartiges Material sind andere Inaktivierungs-/Dekontaminationsmethoden mit nachgewiesener Wirksamkeit zu verwenden (s. beispielsweise 5.2.3 (4)).
(4) Das Autoklaviergut ist feucht zu halten, um eine trocknungsbedingte Fixierung oder Stabilisierung erregerhaltigen Materials, durch die der infektiositätsreduzierende Effekt einer Dampfsterilisation herabgesetzt werden kann, zu vermeiden.
5.2.2 Kombiniertes chemischthermisches Verfahren
Bei diesem kombinierten Verfahren wird bei > 121 °C, > 30 Minuten bei einer Endkonzentration von 1 M NaOH autoklaviert.
5.2.3 Chemische Verfahren
(1) Eine Inaktivierung erfolgt bei einer Endkonzentration von mindestens 1 M NaOH oder 2,5 % Natriumhypochlorit 2 für > 1 Stunde (Bei der Inaktivierung von Flüssigkeiten wird dies durch Zugabe eines gleichen Volumens 2 M NaOH bzw. 5 % Natriumhypochlorit erreicht). Die Dauer ist je nach Abfallbeschaffenheit und Erregerlast auf bis zu 24 Stunden zu erhöhen.
(2) Ein in Bioassays oder in Bioassayvalidierten Seeding-Assays als gegen nagetieradaptierte 263K Scrapie- und menschliche vCJK-Prionen wirksam nachgewiesenes Verfahren ist die Behandlung mit 0,2% (w/v) Natriumdodecylsulfat (SDS) / 0,3% (w/v) NaOH für 10 Minuten bei Raumtemperatur [9] - [12] 3.
Weitere, für Prionen im Bioassay validierte Verfahren sind:
(3) Dekontamination von Formalinfixierten Gewebeblöcken: Gewebeblöcke von < 5 mm Dicke können mittels konzentrierter Ameisensäure (> 98%) mit einer Abreicherung von 7 Log-Stufen dekontaminiert werden.
(4) Folgende Punkte sind beim Einsatz von chemischen Inaktivierungsverfahren zu berücksichtigen:
(5) Chemische Inaktivierungsmaßnahmen dürfen nur durch entsprechend eingewiesenes Personal und nur nach Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung gegen die Erreger- und Chemikalienexposition durchgeführt werden (Atem- und Spritzschutz gemäß Gefährdungsbeurteilung; Spritzschutz z.B. durch Schutzbrille mit Mund- Nasen-Schutz nach DIN14283 oder durch Gesichtsschild, Atemschutz ggf. durch FFP2- oder andere geeignete Maske, sonstiger Kontaktschutz durch geeignete chemikalienbeständige Handschuhe, Schutzkittel oder Schürzen). Bei Verwendung von Natriumhypochlorit-Lösungen ist auf ausreichenden Luftwechsel zu achten. Das Personal muss regelmäßige Sicherheitsunterweisungen in der sachgerechten Anwendung erhalten. Auf die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen wie z.B. Natriumhydroxid-, Natriumhypochlorit- und Guanidiniumthiocyanat-Lösungen oder Ameisensäue (> 98%) entsprechend der TRGS 526 sowie ergänzende Hinweise aus der DGUV-Information 213-850 wird verwiesen.
5.2.4 Dekontamination wieder verwendbarer Instrumente
(1) Wiederverwendbare Instrumente, die (potenziell) mit TSE-assoziierten Agenzien kontaminiert sein können, sind getrennt von anderen Instrumenten mechanisch zu reinigen und zu autoklavieren. Das manuelle mechanische Reinigen von (potenziell) mit TSE-assoziierten Agenzien kontaminierten Instrumenten ist unter strikter Vermeidung von Aerosolbildung durchzuführen und auf ein absolutes Minimum zu beschränken; automatisierte Verfahren zur mechanischen Reinigung sind zu bevorzugen.
Hinweis: Erfolgt die Instrumentenaufbereitung zentral oder durch externe Dienstleister, muss auf die mögliche TSE-Gefährdung hingewiesen werden.
(2) Zur sicheren Dekontamination von wiederverwendbaren Instrumenten sollten zwei verschiedene Verfahren miteinander kombiniert werden: z.B. eine kombinierte chemisch mechanische Reinigung und Inaktivierung, gefolgt von einem Spülvorgang und einer abschließenden Dampfsterilisation (134 °C, 3 bar absolut, > 1 im Vakuumverfahren) [6b], [14], [15].
5.2.5 Dekontamination von Käfigeinstreu, Ausscheidungen und Gülle
(1) Käfigeinstreu, Ausscheidungen und Gülle etc. sind durch geeignete Verfahren nach 5.2.1 - 5.2.3 zu dekontaminieren. Sie können dann mit dem normalen Hausmüll entsorgt werden. Chemisch inaktivierte Flüssigabfälle können nach sachgerechter Neutralisation über das Abwasser entsorgt werden.
(2) Tierkadaver sind als Sonderabfall zu behandeln und durch Verbrennung zu entsorgen.
6 Sofortmaßnahmen nach Kontakt mit TSE-assoziierten Agenzien
6.1 Medizinische Sofortmaßnahmen
(1) Nach Kontakt mit TSE-positivem Material sind folgende Sofortmaßnahmen durchzuführen:
(2) Zur weiteren Versorgung ist nach Durchführung der Sofortmaßnahmen ggf. ein Arzt aufzusuchen. Die zur Wundbehandlung erforderlichen Lösungen sind gesondert bereitzuhalten und alle drei Monate (Stabilität von NaOH) zu erneuern.
6.2 Unfallrechtliche Dokumentations-, Melde- und Aufbewahrungsfristen
(1) Jede Verletzung mit Kontakt zu oder unfallbedingte Aufnahme von TSE-assoziierten Agenzien ist zu dokumentieren und der nach BioStoffV § 10 Absatz 2 für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz verantwortlichen Person zu melden. Eine Unfallanzeige ist der zuständigen Behörde (BioStoffV § 17) und dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu übermitteln.
(2) Alle Angaben, einschließlich der Nachweise über aufgetretene Unfälle und Betriebsstörungen, die im Verzeichnis über die Beschäftigten enthalten sind, müssen über einen Zeitraum von mindestens vierzig Jahren nach Beendigung der Tätigkeit in geeigneter Weise vom Arbeitgeber personenbezogen aufbewahrt werden (BioStoffV § 7 Absatz 3) 4.
(3) Der Arbeitgeber hat bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dem Beschäftigten einen Auszug über die ihn betreffenden Angaben des Verzeichnisses auszuhändigen. Der Nachweis über die Aushändigung ist vom Arbeitgeber wie Personalunterlagen aufzubewahren.
(4) Wichtige Anschriften und Notfall-Rufnummern sind im Laborbereich deutlich sichtbar auszuhängen. Die Notfallmaßnahmen sind mit den Betriebs- und Durchgangsnotärzten vorab abzustimmen.
7 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Die arbeitsmedizinische Vorsorge ist entsprechend den Vorgaben der Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV [16] ) festzulegen (Angebotsvorsorge gemäß ArbMedVV Anhang Teil 2 (2) Nr. 2).
Literaturverzeichnis
[1] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (Biostoffverordnung - BioStoffV)
[2] Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS), 2023.
https://www.zkbs-online.de/ZKBS/SharedDocs/Downloads/01_Allgemeine%20Stellungnahmen/11_Zellbiologie/Prion-Proteine_Expression_akt.%202023.html
(Zugriffsdatum: 10.06.2024)
[3] S. Mead & T. Evans, 2021. Lancet Neurol. 20:981
[4] Department of Health and Social Care (DHSC), 2021. https://assets.publishing.service.gov.uk/media/629751ad8fa8f50390d44ffd/laboratory-containment-and-control-measures-updated-nov2021.pdf
(Zugriffsdatum: 10.6.2024)
[5] D.M. Taylor, 2000. Vet. J. 159:10-17
[6a], [6b] D. Simon & G. Pauli, 1998. Bundesgesundheitsblatt 41:279-285
[7] A. Thomzig et al., 2014. Acta Neuropathol. Commun. 2:151
[8a], [8b] P. Pinder et al., 2021 J. Hosp. Infect. 108: 25-32
[9] K. Lemmer et al., 2008. J. Gen. Virol. 89:348-358
[10] S. Pritzkow et al., 2011. PLoS One 6:e20384;
[11] M. Bélondrade et al., 2016. PLoS One 11:e0146833;
[12] M. Bélondrade et al., 2020. mSphere 5:e00649-19
[13] M. Moudjou et al., 2020. Front. Bioeng. Biotechnol. 8:591024.
[14] N.N., 1996. Bundesgesundheitsblatt 39:282-283
[15] Task Force vCJK, 2002. Bundesgesundheitsbl. - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 45:376394.
[16] Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.
https://www.gesetze-im-internet.de/arbmedvv/
(Zugriffsdatum: 28.06.2024)
2) Durch 1:5 Verdünnung einer 13%igen Natriumhypochlorit-Stammlösung wird ein Gehalt an aktivem Chlor von 2,6% erreicht. Zur Gewährleistung der Wirksamkeit darf ein Gehalt von mindestens 2% aktiven Chlors nicht unterschritten werden. Daher ist es sehr wichtig, dass die Lösung möglichst frisch, höchstens jedoch vier Wochen alt ist.
3) vCJK-Prionen gelten als diejenigen menschlichen Prionen mit der höchsten Thermostabilität (referenziert in Pinder et al. [8b]) und zeigten auch bei der Behandlung mit unterschiedlichen Desinfektionsmitteln, die an anderen Prionisolaten validiert worden waren, eine besonders ausgeprägte Resistenz [13]. Danach sollten Behandlungen, die eine zuverlässige vCJK-Dekontamination gewährleisten, grundsätzlich auch für andere menschliche Prionen wirksam sein. Gleiches gilt im Hinblick auf Scrapieassoziierte Agenzien neben 263K Scrapie-Prionen, da diese hinsichtlich ihrer Resistenz sowohl gegen Dampfsterilisation als auch unterschiedliche Desinfektionsmittel unterhalb von vCJK einzuordnen sind. Nach dieser Maßgabe erscheint eine Nutzung der Formulierung von 0,2% SDS / 0,3% NaOH als Dekontaminationsmittel sowohl generell für Scrapieassoziierte Agenzien als auch für Prionen sporadischer, erblicher oder erworbener Formen menschlicher transmissibler spongiformer Enzephalopathien sachgerecht. Dies schließt die Anwendung zur Dekontamination von Arbeitsflächen und Böden ein. Eine routinemäßige Reinigung von Böden und Arbeitsflächen durch Wischen mit 0,2% (w/v) SDS / 0,3% (w/v) NaOH bei Raumtemperatur kann auch in Labor- und Tierhaltungsräumen erfolgen, in denen mit anderen TSE-Agenzien gearbeitet wird, sofern dort keine erkennbare Kontamination mit den betreffenden anderen TSE-Agenzien vorliegt.
4) Bei menschlichen TSE wurden teilweise jahrzehntelange Inkubationszeiten, die bei erworbenen TSE-Formen wie etwa Kuru in Einzelfällen mutmaßlich über 50 Jahre betrugen, beobachtet. Vor diesem Hintergrund liegt die o. g. Dauer der Aufbewahrungspflicht der Dokumentation von Unfällen mit Kontakt zu TSE-assoziierten Agenzien im wesentlichen Interesse von Labormitarbeitern und Labormitarbeiterinnen (sowie ggf. ihren Angehörigen).
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