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Regelwerk, Technische Regeln, TRGS, Chemikalien
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TRBA/TRGS 406 - Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege
Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe und Gefahrstoffe

Vom 24. Juni 2008
(GMBl Nr. 40/41 vom 19.08.2008 S. 845, ber. 16.02.2009 S. 236)



Die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) und für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen und biologischen Arbeitsstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder.

Sie werden vom

Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS)

und vom

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)

aufgestellt und von ihnen der Entwicklung entsprechend angepasst. Die Technischen Regeln werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.

1 Anwendungsbereich

(1) Diese Technische Regel (TR) ist vom Arbeitgeber anzuwenden bei Tätigkeiten mit Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen,

  1. die nach § 3 Abs. 1 GefStoffV in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder der Richtlinie 1999/45/EG als sensibilisierend für die Atemwege eingestuft und mit den R-Sätzen R 42 (Sensibilisierung durch Einatmen möglich) oder R 42/43 (Sensibilisierung durch Einatmen und Hautkontakt möglich) zu kennzeichnen sind,
  2. die nach § 5 Abs. 1 GefStoffV in Verbindung mit Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG vom Hersteller, Einführer oder sonstigem Inverkehrbringer als sensibilisierend für die Atemwege einzustufen und mit den R-Sätzen R 42 oder R 42/43 zu kennzeichnen sind,
  3. die durch Nummer 4.2 Abs. 4 der TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen" bezeichnet werden, wenn sie eine atemwegssensibilisierende Wirkung aufweisen,
  4. die in der TRGS 907 "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe" als nicht abschließende Liste enthalten sind und
  5. die laut Hersteller oder Inverkehrbringer sensibilisierend auf die Atemwege wirken.

(2) Diese TR ist anzuwenden bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die nach § 2 Abs. 1 BioStoffV sensibilisieren können.

(3) Diese TR gilt auch für Tätigkeiten mit

  1. atemwegssensibilisierenden pflanzlichen und tierischen Stoffen (z.B. Pflanzen und Tiere, deren Bestandteile und Ausscheidungen sowie daraus hergestellte Produkte),
  2. Zubereitungen und Erzeugnissen, die zwar nicht als atemwegssensibilisierend gekennzeichnet sind, in denen aber atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe enthalten sind sowie
  3. Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen, wenn bei Tätigkeiten mit ihnen (z.B. durch chemische Reaktionen) atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe entstehen.

2 Begriffsbestimmungen und Erläuterungen

(1) Diese TR gibt dem Arbeitgeber Hilfen bei der Gefährdungsbeurteilung, der Auswahl von Schutzmaßnahmen, bei der Beratung der Beschäftigten sowie für die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen bei Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen. Sie schreibt die ehemalige TRGS 540 hinsichtlich atemwegssensibilisierender Gefahrstoffe und den Beschluss 606 des ABAS hinsichtlich der atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffe fort. Tätigkeiten mit hautsensibilisierenden Arbeitsstoffen werden nach der der TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt" beurteilt.

(2) Arbeitsstoffe im Sinne dieser TR sind die im Anwendungsbereich genannten Gefahrstoffe, biologischen Arbeitsstoffe und sonstigen Stoffe 1.

(3) Sensibilisierend an den Atemwegen sind Arbeitsstoffe, wenn sie bei Einatmen oder Aufnahme über die Schleimhaut eine Überempfindlichkeitsreaktion (Immunantwort) hervorrufen können, so dass bei künftiger Exposition charakteristische Störungen auftreten.

(4) Biologische Arbeitsstoffe mit sensibilisierender Wirkung sind in der Regel Schimmelpilze und einigen Bakterien (u.a. Actinomyceten).

(5) Zahlreiche Stoffe können nach wiederholtem Kontakt bei einem Teil der exponierten Personen zu einer Überempfindlichkeit (Sensibilisierung) an den Atemwegen führen. Kreuzreaktionen zwischen einzelnen Allergenen sind möglich. Sensibilisierte Personen können bei erneutem Kontakt eine allergische Erkrankung entwickeln. Allergische Erkrankungen sind die Bindehautentzündung (Konjunktivitis), der Heuschnupfen (Rhinitis allergica) oder das Asthma bronchiale, die als Soforttyp-Allergie (Typ I) häufig auftreten. Seltener ist Nesselsucht (Urticaria), in sehr seltenen Fällen tritt ein anaphylaktischer Schock auf. Die exogen allergische Alveolitis (Typ III) ist selten, kann aber besonders schwer verlaufen. Einige Stoffe können Überempfindlichkeitsreaktionen an den Atemwegen mit ähnlichen Beschwerden verursachen wie Allergien, ohne dass bisher ein spezieller Immunmechanismus nachgewiesen werden konnte (pseudoallergische Reaktionen).

(6) Die Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten für Gefahrstoffe schützt nicht zuverlässig vor deren sensibilisierender Wirkung (siehe Nummer 2.8 der TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte").

(7) Für biologische Arbeitsstoffe sind keine Grenzwerte aufgestellt.

3 Informationsermittlung und Gefährdungsbeurteilung

3.1 Allgemeines

(1) Der Arbeitgeber hat die für die Beurteilung der Gefährdung und die Festlegung der Maßnahmen erforderlichen Informationen über alle Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen zu beschaffen, die zur Gefährdung der Beschäftigten führen können. Neben § 7 GefStoffV und den §§ 5 - 8 der BioStoffV sind Hinweise in der TRBA 400 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen" und der TRGS 400 enthalten. Branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen, die sich auf die aktuelle Fassung des Arbeitsschutzgesetzes, der GefStoffV und/oder der BioStoffV beziehen, können genutzt werden. Die Berücksichtigung atemwegssensibilisierender Stoffe ist Teil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 Arbeitsschutzgesetz.

(2) Die Anlage zu dieser TR listet Stoffe bzw. Stoffgruppen auf, die nach arbeitsmedizinischer Erfahrung bekanntermaßen zu Atemwegssensibilisierungen führen können.

(3) Die Ermittlung erfordert Fachkunde. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Fachkenntnisse, so hat er sich durch fachkundige Personen (z.B. Betriebsarzt und/oder Fachkraft für Arbeitssicherheit) beraten zu lassen.

(4) Die ermittelten atemwegssensibilisierenden Gefahrstoffe sind in das Gefahrstoffverzeichnis aufzunehmen. Die atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffe sind in das Verzeichnis nach § 8 BioStoffV aufzunehmen.

(5) Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist zu dokumentieren.

3.2 Ermittlung stoffbezogener Informationen

Ermittelt werden müssen die atemwegssensibilisierenden Wirkungen für alle Arbeitsstoffe. Sensibilisierende Stoffe können auch dann allergische Reaktionen verursachen, wenn sie in Konzentrationen unterhalb der Berücksichtigungsgrenze des Gefahrstoffes im Sicherheitsdatenblatt vorkommen.

3.2.1 Gefahrstoffe

(1) Für die Ermittlung stoffbezogener Informationen hat der Arbeitgeber Angaben insbesondere aus folgenden Quellen heranzuziehen: Kennzeichnung gemäß Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG, Sicherheitsdatenblatt, technisches Merkblatt, die TRGS 900 und 907 und die jeweils aktuelle MAK- und BAT-Werte-Liste der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Kennzeichnung mit "Sa - atemwegssensibilisierender Stoff" oder "Sah - atemwegs- und hautsensibilisierender Stoff"). Die Anlage zu dieser TR enthält die nach derzeitigem Erkenntnisstand relevanten atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffe und deren Vorkommen.

  1. Gefahrstoffe, die mit R 42 (Sensibilisierung durch Einatmen möglich) gekennzeichnet sind, haben atemwegssensibilisierende Wirkungen.
  2. Gefahrstoffe, die mit R 42/43 (Sensibilisierung durch Einatmen und Hautkontakt möglich) gekennzeichnet sind, haben atemwegs- und hautsensibilisierende Wirkungen.

(2) Bei Tätigkeiten entstehende oder freigesetzte Stoffe müssen vom Arbeitgeber selbst hinsichtlich der atemwegssensibilisierenden Wirkungen beurteilt werden. Hierbei muss er analog zu Absatz 1 vorgehen.

(3) Auch bei fehlender Kennzeichnung ist eine Gefährdung nicht auszuschließen. Deshalb ist zu prüfen, ob im Sicherheitsdatenblatt (Kapitel 8 oder 11), in Produktinformationen oder in Branchenregelungen Hinweise auf atemwegssensibilisierende Wirkungen vorliegen. Falls keine ausreichenden Informationen verfügbar sind, muss beim Hersteller bzw. Inverkehrbringer nachgefragt werden, ob solche Erkenntnisse vorliegen.

3.2.2 Biologische Arbeitsstoffe

(1) Biologische Arbeitsstoffe sind nach BioStoffV hinsichtlich ihrer Gefährdung in vier Risikogruppen eingeteilt. Diese Einteilung erfolgt jedoch ausschließlich aufgrund ihres Infektionspotenzials und berücksichtigt nicht die sensibilisierende Wirkung.

(2) Hinweise auf atemwegssensibilisierende Eigenschaften finden sich im Anhang III der EG-Richtlinie 2000/54/EG, in der TRBA 460 "Einstufung von Pilzen in Risikogruppen", in der TRBA 464 "Einstufung von Parasiten in Risikogruppen" und in der TRGS 907. Hinweise auf atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe und deren Vorkommen sind auch in der Anlage zu dieser TR enthalten.

(3) Einige Bakterien (u.a. thermophile Actinomyceten) sowie Pilze und wenige Parasiten können am Arbeitsplatz allergische Atemwegserkrankungen auslösen. Auch nicht lebensfähige Bakterien, Pilze (abgestorbene Zellen, Bruchstücke oder Sporen) und Parasiten oder ihre Bestandteile (z.B. Proteine) können atemwegssensibilisierend wirken. Erfahrungsgemäß führt erst längerfristige Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen in hoher Konzentration zu einer Sensibilisierung bis hin zu schwerwiegenden allergischen Erkrankungen.

3.2.3 Sonstige Stoffe

Kosmetika, Lebensmittel und -zusatzstoffe, Futtermittel und -zusatzstoffe, Arzneimittel, Medizinprodukte, Tabakerzeugnisse, Abfälle, Abwässer und Altöle können trotz fehlender Kennzeichnungspflicht eine atemwegssensibilisierende Wirkung aufweisen. Gleiches gilt für Bestandteile von Pflanzen und Tieren.

3.3 Ermittlung tätigkeitsbezogener Informationen

(1) Der Arbeitgeber hat zu ermitteln

  1. Tätigkeiten, Arbeitsbedingungen und Arbeitsverfahren sowie
  2. Art, Ausmaß und Dauer der Exposition und
  3. Einflüsse auf benachbarte Beschäftigte oder Personen.

(2) Erfahrungen aus vergleichbaren Tätigkeiten, Expositionen und bekannten tätigkeitsbezogenen Erkrankungen sind zu berücksichtigen. Aufgrund anderer Gefährdungen ergriffene Maßnahmen sind ebenfalls zu beachten.

(3) Hinweise auf Tätigkeiten, bei denen eine Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen zu erwarten ist, sind in der Anlage zu dieser TR aufgeführt. Schimmelpilze und spezielle Bakteriengattungen (u.a. Actinomyceten) treten überall da auf, wo für sie geeignete Vermehrungsbedingungen (z.B. Feuchtigkeit, organisches Material) vorhanden sind.

3.3.1 Exposition

(1) Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen erfolgt durch Aerosole (Stäube, Nebel, Rauche), Gase, Dämpfe. Bioaerosole sind luftgetragene Flüssigkeitströpfchen oder feste Partikel, die aus biologischen Arbeitsstoffen oder deren Stoffwechselprodukten bestehen oder mit ihnen behaftet sind. Wegen ihrer geringen Größe (typischerweise 0,1-10 Mikrometer) schweben sie in der Luft und können eingeatmet werden.

(2) Das Ausmaß der Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen ergibt sich aus der Konzentration eines Stoffes in der Luft am Arbeitsplatz und dem gegebenen Zeitraum. Arbeitsplatzgrenzwerte für Gefahrstoffe berücksichtigen in der Regel nur die toxischen Eigenschaften, nicht aber die sensibilisierenden Eigenschaften. Für biologische Arbeitsstoffe sind derzeit keine Grenzwerte aufgestellt.

(3) Höhere Expositionen können sich bei Verfahren ergeben, in denen Wärme entsteht oder zugeführt wird, z.B. bei der Härtung von Epoxidharzen mit Dicarbonsäureanhydriden in Öfen. Die Arbeitsstoffe können zudem durch thermische Effekte weit im Raum verteilt werden.

(4) Bei Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten können erhöhte Expositionen auftreten.

(5) Eine erhöhte Atemfrequenz (z.B. bei schwerer körperlicher Arbeit) steigert die inhalative Aufnahme von sensibilisierenden Arbeitsstoffen.

(6) Obwohl Dieselmotoremissionen selbst keine eigenständigen Allergene darstellen, wird die Auslösung von Beschwerden bei bereits Sensibilisierten durch die Exposition gegenüber Dieselmotoremissionen begünstigt.

3.4 Gefährdungsbeurteilung

(1) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der ermittelten Informationen die Gefährdung zu beurteilen und die erforderlichen Maßnahmen festzulegen. Hierbei ist die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit einer Substitution zu prüfen.

(2) Bei der Zusammenarbeit mehrerer Firmen sind § 8 ArbSchG und § 17 GefStoffV zu beachten.

(3) Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme der Tätigkeiten durchzuführen und danach zu aktualisieren bei maßgeblichen Veränderungen (z.B. bzgl. Stoffbewertung, Einstufung, Arbeitsbedingungen) sowie bei Hinweisen aus den Ergebnissen der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder dem Auftreten einer arbeitsplatzbezogenen Atemwegssensibilisierung.

(4) Eine Zuordnung zu einer Schutzstufe nach GefStoffV bzw. nach BioStoffV allein aufgrund der atemwegssensibilisierenden Wirkungen ist nicht hinreichend. Spezifische Schutzmaßnahmen werden in Nummer 4 aufgeführt.

4 Schutzmaßnahmen

In dieser TR sind die Schutzmaßnahmen gegen atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe dargestellt. Für Tätigkeiten mit Arbeitsstoffen, die sowohl atemwegs- als auch hautsensibilisierende Wirkung haben, sind Schutzmaßnahmen sowohl dieser als auch der TRGS 401 anzuwenden.

4.1 Allgemeine Grundsätze

(1) Sensibilisierende Arbeitsstoffe sind, soweit zumutbar und nach dem Stand der Technik möglich, durch weniger gefährliche Arbeitsstoffe oder Verfahren zu ersetzen (§ 9 Abs. 1 GefStoffV und § 10 Abs. 2 BioStoffV).

(2) Die Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen ist nach den Vorgaben des § 8 GefStoffV und nach § 10 Abs. 6 BioStoffV zu minimieren. Die Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten ergibt in vielen Fällen keinen Schutz vor dem Auftreten allergischer Reaktionen.

(3) Die allgemeinen Schutzmaßnahmen der TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" sind grundsätzlich einzuhalten.

4.2 Substitution

4.2.1 Ersatzstoffe

(1) Der Arbeitgeber muss ermitteln, ob für den von ihm vorgesehenen Verwendungszweck Arbeitsstoffe mit keinem oder einem geringeren atemwegssensibilisierenden Risiko verfügbar sind, z.B.:

  1. Gepuderte Naturgummilatexhandschuhe sind durch puderfreie und allergenarme Latexhandschuhe oder andere geeignete Handschuhe zu ersetzen.
  2. Desinfektionsmittel, die aus atemwegssensibilisierenden Stoffen (z.B. Glutardialdehyd, Chloramin T) bestehen oder solche enthalten, sind durch andere für den speziellen Anwendungsbereich geeignete, und nicht bzw. weniger sensibilisierende Desinfektionsmittel zu ersetzen, sofern diese eine vergleichbar gute Wirksamkeit haben.
  3. Hölzer mit hohem atemwegssensibilisierendem Potenzial (z.B. Abachi, Rotzeder) sollen durch weniger sensibilisierende Hölzer ersetzt werden.
  4. Beim Einsatz von Dicarbonsäureanhydriden und Isocyanaten ist zu prüfen, ob ein nicht oder weniger atemwegssensibilisierendes Harzsystem verwendet werden kann.

Wenn der Arbeitsstoff nicht ersetzt werden kann, muss geprüft werden, ob die Konzentration des atemwegssensibilisierenden Stoffes verringert werden kann.

(2) Liegt eine Exposition gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen vor, die nicht die Bedingungen einer geringen Gefährdung nach § 7 Abs. 9 GefStoffV erfüllt, ist vorrangig eine Substitution durchzuführen. Eine geringe Gefährdung ergibt sich z.B. aus der Verwendung von Verbraucherprodukten wie Montageschaum, Lackstiften und Klebern in haushaltsüblicher Menge und Häufigkeit, es sei denn, sie sind mit dem Gefahrensymbol "giftig" oder "sehr giftig" gekennzeichnet.

(3) Voraussetzung für eine Substitution ist, dass nicht andere gesundheitsgefährdende Wirkungen gegen den Ersatz sprechen.

(4) Das Ergebnis der Substitutionsprüfung ist zu dokumentieren. Soweit erforderlich ist der Verzicht auf eine Substitution zu begründen (siehe TRGS 600 "Substituion").

(5) Ist eine Substitution nicht möglich, so sind bei Tätigkeiten mit Stoffen nach Nummer 1

  1. technische,
  2. organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen in der genannten Reihenfolge zu ergreifen.

4.2.2 Ersatzverfahren/Emissionsarme Verfahren

Durch eine geeignete Auswahl von Bearbeitungs-, Verarbeitungs- und Anwendungsverfahren kann das Auftreten von atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen verhindert oder ihr Freisetzen reduziert werden. Hierzu gehören u.a. Tauchverfahren und elektrostatische Beschichtungsverfahren. Die Eingabe, die Probenahme und das Abfüllen sind nach dem Stand der Technik so zu betreiben (z.B. drucklos), dass eine Aerosolbildung, Verstaubung oder das Austreten von Dämpfen vermieden wird. Bei flüssigen atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen ist eine Zuführung der notwendigen Mengen in den Arbeitsbereich durch Rohrleitung vorzuziehen.

4.2.3 Arbeitsstoffe in expositionsarmer Verwendungsform

Soweit verfügbar, sind atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe in expositionsarmer Verwendungsform einzusetzen. Hierzu gehören Pellets, Granulate, Pasten, Lösungen, Lack-Pens, Kunststoffummantelungen, aber auch Abgabe in verlorenen Verpackungen, die unmittelbar in den Verarbeitungsprozess eingebracht werden können.

4.3 Technische Maßnahmen

(1) Die Herstellung und Verwendung von atemwegssensibilisierenden Arbeitststoffen muss durch Gestaltung geeigneter Verfahren nach dem Stand der Technik so erfolgen, dass die Gefährdung durch die atemwegssensibilisierende Wirkung auf ein Minimum verringert wird. So sind z.B. bei der Herstellung von Isocyanaten, Dicarbonsäureanhydriden, Chloroplatinaten und Enzymen geschlossene Anlagen Stand der Technik. Beim Öffnen des geschlossenen Systems muss eine örtliche Absaugung die austretenden atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffe vollständig erfassen.

(2) Verbleibt nach Abschluss der Maßnahmen nach Absatz 1 eine Gefährdung durch atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe, müssen geeignete Be- und Entlüftungsmaßnahmen ergriffen werden. Die Arbeitsstoffe sind möglichst an der Entstehungsstelle zu erfassen und ohne Gefährdung für Mensch und Umwelt abzuführen. Wenn dies nicht ausreicht, sind weitergehende lufttechnische Maßnahmen (z.B. eine technische Raumlüftung) erforderlich. Sicherheitswerkbänke der Klasse 2 und höher gewährleisten einen ausreichenden Schutz vor einer Atemwegssensibilisierung.

(3) Luftbewegungen (z.B. Zugluft, Thermik), durch die Allergene an andere Arbeitsplätze gelangen können, sind zu verhindern.

(4) Oberflächen von Arbeitsräumen und Arbeitsmitteln müssen leicht zu reinigen sein.

(5) Bereiche mit hoher Freisetzung von atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen (z.B. Wiege-, Mischplätze) sind soweit möglich von anderen Betriebsteilen räumlich zu trennen (z.B. Einkapselung in Kabinen). Die Lüftung ist dabei so zu gestalten, dass gegenüber den übrigen Arbeitsbereichen ein leichter Unterdruck erzeugt wird, um die Ausbreitung sensibilisierender Arbeitsstoffe zu verhindern.

(6) Arbeitsmittel sind so zu wählen, dass sie durch ihre Konstruktion (z.B. Formgebung der Schaufel, Wiegeschalen u.ä.) eine Freisetzung bzw. Ausbreitung des Arbeiststoffes vermeiden.

(7) In Arbeitsbereiche darf bei Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen dort abgesaugte Luft nicht zurückgeführt werden. Ausnahmen sind zulässig, wenn sichergestellt ist, dass die zurückgeführte Luft unter Anwendung geeigneter und wirksamer Verfahren von atemwegssensibilisierenden Stoffen gereinigt ist.

4.4 Organisatorische Maßnahmen

(1) In Arbeitsbereichen, in denen Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen ausgeführt werden, sollen sich nur die mit diesen Arbeiten betrauten Beschäftigten aufhalten. Die Zahl der in diesen Arbeitsbereichen tätigen Beschäftigten ist so gering wie möglich zu halten.

(2) In Arbeitsbereichen, in denen Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen ausgeführt werden, sollen nur die dort benötigten Arbeitsstoffe und Arbeitsmittel aufbewahrt und verwendet werden. Soweit möglich, sind Einwegausrüstungen (wie z.B. Einwegtücher, Spatel und Gefäße) zu benutzen.

(3) Nach unbeabsichtigtem Freisetzen atemwegssensibilisierender Arbeitsstoffe ist in Abhängigkeit von der Gefährdungsbeurteilung eine geeignete Maßnahme (z.B. Reinigung, Lüftung) unmittelbar durchzuführen.

(4) Um eine Verschleppung atemwegssensibilisierender Arbeitsstoffe in andere Arbeitsbereiche zu vermeiden, sollen verschmutzte Geräte nur nach vorheriger Reinigung in andere Arbeitsbereiche verbracht werden.

(5) Die Reinigung von Arbeitsräumen, Arbeitsflächen und Arbeitsmitteln ist so vorzunehmen, dass Expositionen durch die Stoffe vermieden werden. Nicht zulässig sind Aerosol erzeugende Verfahren wie z.B. Abblasen mit Druckluft, Hochdruckreinigen oder Fegen. Soweit nicht feucht gereinigt wird, sind geeignete Adsorptionsmittel und/ oder Entstauber (Industriestaubsauger) möglichst Klasse M zu verwenden. Die Art der Reinigung und des Reinigungsmittels ist vom Arbeitgeber festzulegen. Zur sachgerechten Reinigung der Arbeitsbereiche und der Arbeitsmittel ist eine Betriebsanweisung mit konkreter Nennung der Reinigungsmittel und der Reinigungsverfahren zu erstellen.

(6) Mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen verunreinigte Arbeitsbereiche und Arbeitsmittel sind arbeitstäglich mit geeigneten Verfahren zu reinigen. Die verunreinigten Materialien einschließlich Putz-, Adsorptions- und Reinigungsmittel sind in verschlossenen Behältern aufzubewahren und sachgerecht zu entsorgen.

(7) Die Weiterverarbeitung von Produkten, die unter Verwendung atemwegssensibilisierender Stoffe hergestellt wurden, soll, soweit technisch möglich, erst nach Ablauf der chemischen Reaktion erfolgen (z.B. Aushärtung von Kunststoffen).

(8) Die Lagerung atemwegssensibilisierender Arbeitsstoffe hat in gekennzeichneten und in, soweit möglich, bruchsicheren (Original)-Behältern zu erfolgen. Auf die Stapelhöhe und die Sicherung gegen Herabfallen ist zu achten.

(9) Unmittelbar nach Gebrauch sind die Behälter, die atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe enthalten, erneut dicht zu schließen. Produktreste auf Gebinden sind zu vermeiden, ggf. hat die Reinigung an der Entnahmestelle zu erfolgen.

(10) Die Herstellervorgaben (z.B. identifizierte Verwendung, Technisches Merkblatt) sind zu beachten (z.B. exakte Dosierung).

(11) Begünstigende Wachstumsbedingungen für sensibilisierende biologische Arbeitsstoffe (Feuchtigkeit, geeignete Temperaturen, Nährstoffe) sind zu vermeiden, soweit diese nicht technisch erforderlich sind (z.B. bei der Kompostierung).

(12) Liegt ein verfahrensbedingt nicht erforderlicher Schimmelpilzbefall am Arbeitsplatz vor, müssen die verschimmelten Arbeitsstoffe und Arbeitsmittel unter Berücksichtigung der Gefährdungsbeurteilung und anderer Vorschriften (z.B. Wasser-, Abfall- oder Gentechnikrecht) umgehend gereinigt bzw. entsorgt werden.

(13) Beim gezielten Arbeiten mit atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen sollen Expositionen während sporenbildender Entwicklungsphasen bei Pilzen oder Actinomyceten vermieden werden (TRBA 100).

4.5 Persönliche Schutzausrüstungen

(1) Ist trotz der getroffenen Schutzmaßnahmen mit allergischen Reaktionen gegenüber atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen zu rechnen, hat der Arbeitgeber wirksame und hinsichtlich der Trageeigenschaften geeignete persönliche Schutzausrüstung wie Schutzkleidung, Schutzhandschuhe, Schutzbrille, Atemschutz zur Verfügung zu stellen und diese in gebrauchsfähigem, hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten. Bei verschmutzter oder getränkter Schutzkleidung besteht ein erhöhtes Risiko bezüglich sensibilisierender Wirkung. Es sind daher geeignete Maßnahmen (z.B. unverzügliches Wechseln der Kleidung) zu ergreifen, die in der Betriebsanweisung festzulegen sind. Straßenkleidung darf nicht getragen werden, um die Verschleppung in den Privatbereich zu vermeiden. Die Schutzausrüstung ist außerhalb des Arbeitsbereiches zu lagern, um eine Verschmutzung zu verhindern. Geeignete persönliche Schutzausrüstung, insbesondere die Art des Filters, ist dem Sicherheitsdatenblatt zu entnehmen. Ggf. muss sie beim Hersteller/Lieferanten erfragt werden (§ 7 Abs. 2 GefStoffV).

(2) Beim Einsatz von Atemschutz ist die BGR 190 bzw. GUV-R 190 "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" zu beachten. Bei staubförmigen atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen sind mindestens Partikelfilter der Filterklasse P2 bzw. FFP2 zu verwenden. Auf die individuelle Anpassung vor dem Gebrauch, z.B. an die Nasenform bei partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP2), ist besonders zu achten. Das Tragen von belastendem Atemschutz darf keine ständige Maßnahme sein (siehe auch § 9 Abs. 3 GefStoffV). Gegen atemwegssensibilisierende biologische Arbeitsstoffe (z.B. bei deutlich wahrnehmbaren Schimmelpilzbefall) bieten in der Regel Filtergeräte der Klasse FFP2 ausreichenden Schutz.

(3) Bei Einwirkung von sensibilisierenden Arbeitsstoffen, die sowohl als Aerosol als auch gasförmig vorliegen, z.B. Dicarbonsäureanhydride, sind Kombinationsfilter einzusetzen.

4.6 Allgemeine Hygienemaßnahmen

(1) Am Arbeitsplatz oder in räumlicher Nähe soll eine Waschgelegenheit zur Verfügung stehen. Zur Körperreinigung nach der Arbeit sollen, insbesondere bei staubenden atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen, Dusch- und Umkleidegelegenheiten zur Verfügung stehen, wenn möglich in Form einer Schleuse.

(2) Arbeitskleidung sowie Schutzausrüstungen und Straßenkleidung sollen getrennt aufbewahrt werden.

5 Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen

(1) Als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind auch Methoden zur Überprüfung der Wirksamkeit der bestehenden und der zu treffenden Schutzmaßnahmen festzulegen (s. TRGS 400, TRBA 400 ).

(2) Die Wirksamkeit der durchgeführten technischen Schutzmaßnahmen ist regelmäßig mindestens alle 3 Jahre, bei partikelförmigen Gefahrstoffen mindestens einmal jährlich, sowie bei Veränderung des Arbeitsverfahrens zu überprüfen.

(3) Festgestellte Mängel sind unverzüglich zu beseitigen.

(4) Bei aufgetretenen allergischen Atemwegserkrankungen oder Atemwegssensibilisierungen sind die Gefährdungsbeurteilung zu wiederholen und die Schutzmaßnahmen anzupassen.

6 Beratung und Unterweisung (§ 14 GefStoffV, § 12 BioStoffV)

6.1 Betriebsanweisung

(1) Wenn die Gefährdungsbeurteilung ergeben hat, dass die Beschäftigten Tätigkeiten mit Arbeitsstoffen durchführen, die durch Einatmen sensibilisieren können, sind sie in verständlicher Form und Sprache durch eine schriftliche Betriebsanweisung darüber zu informieren, welche Arbeitsstoffe atemwegssensibilisierende Stoffe enthalten und freisetzen können und bei welchen Tätigkeiten eine Gefährdung durch diese Arbeitsstoffe besteht oder bei einer Betriebsstörung bestehen kann. Sie sind auf mögliche auftretende Gesundheitsstörungen durch atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe hinzuweisen.

(2) Die Betriebsanweisung muss weiterhin Informationen über angemessene Vorsichtsmaßregeln und erforderliche Schutzmaßnahmen, insbesondere über Maßnahmen zur Verhinderung der Freisetzung von atemwegssensibilisierenden Stoffen und zur Verhütung oder Verringerung der Exposition, enthalten. Auf das Erkennen und auf Maßnahmen zur Vermeidung von Schimmelbildung muss hingewiesen werden.

(3) Informationen zum Tragen und Benutzen von Atemschutz und ggf. Schutzkleidung müssen vermittelt werden.

6.2 Unterweisung

(1) Anhand der Betriebsanweisung sind die Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit und danach mindestens einmal jährlich arbeitsplatzbezogen über die Gefährdung und die Schutzmaßnahmen zu unterweisen. Die Unterweisung muss in verständlicher Form und einer Sprache, die der Beschäftigte versteht, erfolgen. Inhalt und Zeitpunkt sind zu dokumentieren und vom Unterwiesenen schriftlich zu bestätigen.

(2) Wenn Atemschutz getragen werden muss, ist dessen Anlegen und die Benutzung zu demonstrieren und zu üben.

6.3 Allgemeine arbeitsmedizinischtoxikologische Beratung nach GefStoffV - Allgemeine arbeitsmedizinische Beratung nach BioStoffV

(1) Im Rahmen der mündlichen Unterweisung muss bei Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen eine arbeitsmedizinische Beratung durchgeführt werden, bei der die Beschäftigten über allergische Erkrankungen der Atemwege und der Schleimhäute (allergischer Schnupfen, allergische Bindehautentzündung, allergisches Asthma), deren Ursachen und besondere Dispositionen für diese Erkrankungen informiert und auf die Symptome (Fließschnupfen, Husten, Niesen, Augenjucken, Kurzatmigkeit, Luftnot, juckender Hautausschlag) und mögliche Maßnahmen zur Verhinderung der Erkrankungen hingewiesen werden. In diese Beratung ist die Information zu den auf der Basis der Gefährdungsbeurteilung festgelegten arbeitsmedizinischen Angebots- und Pflichtuntersuchungen einzubeziehen. Eine inhaltliche Beteiligung des Arztes, der die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge durchführt, ist bei der arbeitsmedizinischen Beratung bei Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen erforderlich.

(2) Die Betriebsanweisung, Unterweisung und die arbeitsmedizinische Beratung im Hinblick auf eine Gefährdung durch Atemwegsallergene müssen nicht durchgeführt werden, wenn die Gefährdungsbeurteilung ergeben hat, dass aufgrund der Arbeitsbedingungen, der Verwendung geringer Stoffmengen oder einer nach Höhe und Dauer niedrigen Exposition insgesamt nur eine geringe Gefährdung durch Arbeitsstoffe, die atemwegssensibilisierend wirken können, besteht und die Grundsätze nach § 8 GefStoffV und § 10 Abs. 4 der BioStoffV zum Schutz der Beschäftigten ausreichen. Wenn diese Stoffe außerdem giftige, sehr giftige oder krebserzeugende, erbgutverändernde, fruchtbarkeitsgefährdende oder infektiöse Wirkungen haben, sind diese gesondert zu beurteilen.

7 Arbeitsmedizinische Vorsorge

7.1 Allgemeines

(1) Die atemwegssensibilisierende Wirkung von Arbeitsstoffen ist im Rahmen der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung unter Einbeziehung des Betriebsarztes und der arbeitsmedizinischen Betreuung von Beschäftigten, die Tätigkeiten mit diesen Stoffen ausüben, besonders zu beachten.

(2) Im Rahmen der speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind Arbeitnehmer unter Berücksichtigung ihrer individuellen Disposition (z.B. Atopie und bronchiale Überempfindlichkeit) gezielt über die Gefährdung und die Möglichkeiten der Prävention zu beraten. Dabei sind auch außerberufliche Sensibilisierungen und mögliche Kreuzreaktionen zu beachten. Durch gezielte Frühdiagnostik, begleitende arbeitsmedizinische Betreuung und geeignete Maßnahmen der Expositionsvermeidung kann die Entwicklung ausgeprägter, nicht mehr rückbildungsfähiger allergischer Krankheiten verhindert werden. Erkenntnisse aus der Expositionsermittlung (Luftmessungen und Biomonitoring) und dem Erkrankungsgeschehen sind zu berücksichtigen.

7.2 Pflichtuntersuchungen

(1) Werden spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach § 16 GefStoffV in Verbindung mit Anhang V Nr. 1 durchgeführt, sind bei den nachfolgend genannten Gefahrstoffen atemwegssensibilisierende Wirkungen zu berücksichtigen:

  1. Hartholzstaub,
  2. Beryllium,
  3. Nickel und Nickelverbindungen,
  4. Mehlstaub,
  5. Platinverbindungen.

Bei Mehlstaub und Platinverbindungen stehen die atemwegssensibilisierenden Wirkungen ohnehin im Vordergrund.

(2) Aufgrund der atemwegssensibilisierenden Wirkungen sind spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach § 16 GefStoffV für folgende im Anhang V Nr. 2.1 genannte Tätigkeiten zu veranlassen:

  1. Tätigkeiten mit Exposition durch Getreide- und Futtermittelstäube bei Überschreitung einer Luftkonzentration von vier Milligramm pro Kubikmeter einatembarem Staub,
  2. Tätigkeiten mit Exposition durch Isocyanate, bei denen ein regelmäßiger Hautkontakt nicht vermieden werden kann oder eine Luftkonzentration von 0,05 Milligramm pro Kubikmeter überschritten wird,
  3. Tätigkeiten mit einer Exposition mit Gesundheitsgefährdung durch Labortierstaub in Tierhaltungsräumen und -anlagen,
  4. Tätigkeiten mit Benutzung von Naturgummilatexhandschuhen mit mehr als 30 Mikrogramm Protein pro Gramm im Handschuhmaterial,
  5. Tätigkeiten mit dermaler Gefährdung oder inhalativer Exposition mit Gesundheitsgefährdung verursacht durch nicht ausgehärtete Epoxidharze (atemwegssensibilisierende Komponente: Dicarbonsäureanhydride).

7.3 Angebotsuntersuchungen

(1) Werden spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach § 16 GefStoffV in Verbindung mit Anhang V Nr. 1 angeboten, sind bei den unter Nummer 7.2 Abs. 1 genannten Gefahrstoffen atemwegssensibilisierende Wirkungen zu berücksichtigen.

(2) Aufgrund der atemwegssensibilisierenden Wirkungen ist eine spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach § 16 GefStoffV für folgende im Anhang V Nr. 2.2 genannte Tätigkeit anzubieten:

  1. Tätigkeiten mit Exposition durch Getreide- und Futtermittelstäube bei Überschreitung einer Luftkonzentration von einem Milligramm pro Kubikmeter einatembarem Staub.

(3) Bei gezielten und nicht gezielten Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden biologischen Arbeitsstoffen sind spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten, es sei denn, dass aufgrund der Gefährdungsbeurteilung nicht von einer Gesundheitsgefährdung auszugehen ist.

(4) Wenn Erkrankungen mit z.B. Fließschnupfen, Augenjucken, Kurzatmigkeit oder Luftnot in Zusammenhang mit der Tätigkeit mit atemwegssensibilisierenden Arbeitsstoffen auftreten, ist unverzüglich eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung anzubieten (§ 16 Abs. 4 GefStoffV bzw. § 15a Abs. 6 der BioStoffV).

(5) Hinweise für die Durchführung von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen bei Tätigkeiten mit atemwegssensibilisierenden Stoffen geben die folgenden berufsgenossenschaftlichen Grundsätze:

  1. G 23 "Obstruktive Atemwegserkrankungen",
  2. G 27 "Isocyanate" und
  3. ggf. G 26 "Atemschutzgeräte".

8 Dokumentation

(1) Das Ergebnis der Substitutionsprüfung ist zu dokumentieren. Soweit erforderlich ist der Verzicht auf eine Substitution zu begründen (siehe TRGS 600).

(2) Für Beschäftigte, bei denen Pflichtuntersuchungen gemäß Anhang V der GefStoffV oder § 15 BioStoffV in Verbindung mit Anhang IV erfolgen, ist eine Vorsorgekartei zu führen.

Weiterführende Literatur:

[1] Technische Regeln können unter http://www.baua.de eingesehen werden.

[2] Branchen- oder tätigkeitsspezifische Hilfestellungen finden sich unter http://www.dguv.de und http://lasi.osha.de

[3] MAK- und BAT-Werte-Liste 2008 und Begründungen der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Verlag Wiley-VCH, 69451 Weinheim

[4] van Kampen, V., Merget, R., Baur, X. (1999) Atemwegssensibilisierende Arbeitsstoffe: Eine Übersicht. Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed., 34, 232-247

[5] Eine laufend aktualisierte Liste von atemwegssensibilisierenden und -irritativen Arbeitsstoffe findet sich auf den Internetseiten des BGFA unter: http://www.server.bgfa.ruhrunibochum.de/specials/irritativ.php


1)"Begriffsglossar zu den Regelwerken der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), Biostoffverordnung (BioStoffV) und der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)" des ABAS, ABS und AGS: www.baua.de/de/Themenvon-A-Z/Gefahrstoffe/Glossar/Begriffsglossar.pdf

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Tätigkeiten mit Stoffen bzw. Stoffgruppen mit arbeitsmedizinischer Relevanz, die bekanntermaßen zu Sensibilisierungen an den Atemwegen führen können Anlage
(zu TRGS 406)

Die Anlage ist unter präventiven arbeitsmedizinischen Gesichtspunkten erstellt und stellt den aktuellen Erkenntnisstand dar. Bei der Erstellung wurden nach Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG mit "R42" oder "R42/43" eingestufte Stoffe oder entsprechend MAK- und BAT-Werte-Liste mit "Sa" oder "Sah" markierte Stoffe berücksichtigt. Stoffe mit geringer (beruflicher) Relevanz oder Stoffe bei denen die Datenlage trotz Kennzeichnung mit R42 oder R42/43 nicht eindeutig ist, sind nicht aufgeführt. Die TRGS 907 und die EG-Richtlinie 2000/54/EG wurden berücksichtigt. Begründungen für Bewertungen von Stoffen in der TRGS 907 zu finden. Es werden auch einige natürliche Stoffe und -gemische aufgeführt, die keiner Einstufungspflicht unterliegen, aber bei beruflichen Tätigkeiten zu Atemwegssensibilisierungen führen können.

Tätigkeiten mit Substanz/Stoff/Stoffgruppen in einatembarer Form (Aerosole, Dämpfe) Beispiele für das Vorkommen
(Tätigkeit/Branche)
Technische Regeln
Chemische Stoffe
AzodicarbonamidKunststoffindustrie (Treibmittel) 
Beryllium 1Röntgenfensterherstellung, Flug- und Raumfahrt, Leuchtstoffröhrenherstellung und -entsorgung, Herstellung und Bearbeitung nicht funkenreißender Werkzeuge 
Chloramin T (Natriumsalz)Desinfektionsmittel 
Cobalt und seine VerbindungenHartmetallherstellung und -bearbeitung, Glas, Keramik- und Emailleindustrie 
Dicarbonsäureanhydride wie
- Hexahydrophthalsäureanhydrid
- Maleinsäureanhydrid
- Methyltetrahydrophthalsäureanhydrid
- Phthalsäureanhydrid
- Pyromellitsäureanhydrid
- Tetrachlorphthalsäureanhydrid
- Tetrahydrophthalsäureanhydrid
- Trimellitsäureanhydrid
Verarbeitung von anhydridhaltigen (heiß härteden) Epoxidharz-Systemen, Elektro- und Elektronikindustrie 
Enzyme wie
- Bromelain
- Cellulasen
- Hemicellulasen
- Papain
- Pepsin
- Subtilisine
Nahrungsmittel-, Futtermittel-, Arzneimittel- und Waschmittelindustrie, Bäckereien, Landwirtschaft 
Ethylendiamin (1,2-Diaminoethan)Kunstharzherstellung (Diaminhärter) 
GlutardialdehydDesinfektionsmittel, Fixiermittel (Pathologie) 
Isocyanate wie
- Diisocyanattoluol (Toluylendiisocyanat, TDI)
- Diphenylmethan-Diisocyanat (Methylendiphenylisocyanat, MDI)
- Hexamethylen-Diisocyanat (HDI)
- Dicyclohexylmethan-4,4'-Diisocyanat (HMDI)
- Naphthylen-Diisocyanat (NDI)
- Isophoron-Diisocyanat (IPDI)
Polyurethanherstellung und -verarbeitung, Herstellung und Verarbeitung von PUR-Schäumen und - Formteilen, PUR-Klebstoffe, Bergbau, Baugewerbe, Coldbox-Verfahren in Gießereien, Oberflächenbeschichtung (detaillierte Hinweise in der TRGS 430)- TRGS 430 "Isocyanate"
Nickel und seine VerbindungenGalvanik (Vernickeln), Verwendung nickelhaltiger Schweißzusätze 
Persulfate wie
  • Alkalipersulfate
  • Diammoniumperoxodisulfat
Herstellung und Verwendung (Friseure) von Blondiermitteln- TRGS 530 "Friseurhandwerk"
PiperazinPharmazeutische Industrie 
Platinverbindungen
(vor allem Chloroplatinate)
Katalysatorherstellung, Platinscheidereien 
Pflanzliche Stoffe
Getreide und Futtermittel (verschiedene)Landwirtschaftliche Berufe, Transport und Lagerung, Getreidemühlen- TRBA 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"
- TRGS 907 und Begründungen
Hölzer (verschiedene, insbesondere Rotzeder (Thuja plicata), Abachi (Triplochiton scleroxylon), Limba (Terminalia superba))Holzver- und -bearbeitung- TRGS 553 "Holzstaub"
- TRGS 907 und Begründungen
Mehl (Weizenmehl, Roggenmehl u.a.)Bäckereien, Konditoreien, Getreidemühlen- TRGS 907 und Begründungen
NaturgummilatexTätigkeiten, bei denen latexhaltige Schutzhandschuhe getragen werden (z.B. Heil- und Pflegeberufe, Lebensmittelindustrie, Einzelhandel, Raumpflege), Herstellung von Latexprodukten- TRGS 907 und Begründungen
Zier- und Nutzpflanzen (bzw. Teile davon), insbesondere
- Blumen, Obst, Gemüse; auch Pollen
- Sojabohneninhaltsstoffe
- Rizinusproteine
- Gewürze und Kräuter, auch Pollen
- Tee
- Kaffeebohnen (unbehandelt und geröstet)
- Unkräuter, z.B. Beifuss, Ambrosia
Gärtnereien, Einzelhandel (z.B. Floristen), Transport und Lagerung, Verpackung, Futter- und Lebensmittelherstellung und -verarbeitung,
Landwirtschaft
Forschung
- TRGS 907 und Begründungen
Tierische Stoffe
Haare, Borsten, Federn, Horn, Kot, UrinLand- und Forstwirtschaft, Tierversuchslaboratorien, Tierpflege, Veterinärwesen, Tierverarbeitung- TRBA 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"
- TRBA 120 "Versuchstierhaltung"
- TRGS 907 und Begründungen
Fische und SchalentiereVerarbeitung und -zubereitung, Futtermittelherstellung 
Milben (Vorrats-, Hausstaub-, Spinnmilben)Landwirtschaft, Gärtnereien, Tierpflege, Transport und Lagerung von Naturstoffen- TRGS 907 und Begründungen
ZuckmückenlarvenZoofachhandel, Fischfutterindustrie, Fischzucht- TRGS 907 und Begründungen
Biologische Arbeitsstoffe 2
Bakterien wie
- z.B. Thermoactinomyces vulgaris
- Saccharopolyspora rectivirgula (= Micropolyspora faeni)
- Landwirtschaft/Gartenbau 3
- Archive/Bibliotheken/Museen
- Abfallwirtschaft
- Forschungslaboratorien
- Raumlufttechnische (RLT) Anlagen
- Holzwirtschaft
- Papierherstellung
- Lebensmittelindustrie
- Bodensanierung
- Transport und Lagerung
- Gebäudesanierung
- Spanabhebende Metallverarbeitung
- TRBA 230 "Landwirtschaftliche Nutztierhaltung"
- TRBA 240 "Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut"
- TRBA 212 "Thermische Abfallbehandlung:
Schutzmaßnahmen"
- TRBA 213 "Abfallsammlung: Schutzmaßnahmen",
- TRBA 214 "Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft"
- TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien"
- TRGS 907 und Begründungen
Schimmelpilze wie
- Aspergillus spp.
- Penicillium spp.
- Cladosporium spp.
- Alternaria spp.
Sonstige Stoffe
Antibiotika wie einige
- Cephalosporine
- Gyrasehemmer
- Makrolide
- Penicilline
- Tetracvcline
Pharmazeutische Industrie, Heil- und Pflegeberufe 


1) Im Unterschied zu den meisten anderen bekannten allergischen Reaktionen an den Atemwegen, beruht die durch Beryllium hervorgerufene Reaktion sehr wahrscheinlich auf einer zellvermittelten immunologischen Reaktion vom Spättyp.
2) In Anhang III der EG-Richtlinie 2000/54/EG sind folgende Pilze mit "A - mögliche allergene Wirkungen" gekennzeichnet: Aspergillus fumigatus, Candida albicans, Coccidioides immitis, Cryptococcus neoformans, Epidermophyton floccosum, Microsporum spp., Penicillium marneffei
3) Tätigkeiten (nicht abschließend), die in den entsprechenden Arbeitsbereichen/Branchen zu einer Sensibilisierung gegenüber biologischen Arbeitstoffen führen können:

  1. Landwirtschaft/Gartenbau: Tätigkeiten mit mikrobiell befallenem Gut,
  2. Archive/Bibliotheken/Museen: Tätigkeiten mit mikrobiell befallenem Gut, Restaurierung, Entstauben und Reinigen der Bestände,
  3. Abfallwirtschaft: Abfallsortierung, Kompostierung, mechanischbiologische Abfallbehandlung, thermische Müllverbrennungsanlagen, Straßenreinigung, Abfallsammlung,
  4. Forschungslaboratorien: Gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit Pilzen oder Bakterien (v.a. Actinomyceten) (Forschungsarbeiten, Untersuchung von Proben),
  5. Raumlufttechnische (RLT) Anlagen: Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an/in RLT-Anlagen (s. VDI-Richtlinie 6022 (Hygiene-Anforderungen an Raumlufttechnische Anlagen und Geräte)
  6. Spanabhebende Metallverarbeitung: Tätigkeiten mit keimbelasteten wassergemischten Kühlschmierstoffen
  7. Holzwirtschaft: Arbeitsplätze mit Anfall oder Verarbeitung von Baumrinden, Sägespänen, Lagerung, Transport und Verarbeitung von verschimmeltem Holz
  8. Papierherstellung: Erzeugung von Holzschnitzeln bei der Zellstoffherstellung
  9. Lebensmittelindustrie: Käseerzeugung, -reifung und -verpackung (Waschen von Käselaiben, auch gezielter Einsatz von Edelschimmelkulturen); Entfernen von Schimmel auf geräucherten bzw. luftgetrockneten Fleischwaren
  10. Bodensanierung: Eintrag organischer Substanzen (Rindenmulch, Stroh, Kompost), Transport/Umlagerung von Bodenmaterial (siehe auch BGI 583 "Gesundheitsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung", Stand: Juni 2005)
  11. Transport und Lagerung: Verschimmeltes Transportgut und verschimmelte Rohmaterialien
  12. Gebäudesanierung: Sanierung schimmelpilzbefallener bzw. taubenkotverunreinigter Gebäude (siehe auch BGI 858 "Gesundheitsgefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung", Stand: Juni 2005)
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