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ThürkoAbwVO - Thüringer Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 91/271/EWG über die Behandlung von kommunalem Abwasser
- Thüringen -
Vom 10. Oktober 1997
(GVBl. 1997 S. 368; 28.05.2019 S. 74 19)
Gl.-Nr.: 52-10
Aufgrund des § 134 Abs. 1 Nr. 2 und 4 bis 7 des Thüringer Wassergesetzes (ThürWG) vom 10. Mai 1994 (GVBl. S. 445), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 1995 (GVBl. S. 413), verordnet der Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt:
§ 1 Zweck und Geltungsbereich
(1) Diese Verordnung dient, der Umsetzung der Richtlinie 91/ 271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. EG Nr. L 135 S. 40).
(2) Sie gilt für das Sammeln, Behandeln und Einleiten von kommunalem Abwasser und das Behandeln und Einleiten von industriellem Abwasser.
§ 2 Begriffe
Im Sinne dieser Verordnung ist:
(1) Gemeindliche Gebiete sind von den nach § 47 Abs. 1 ThürWG zur Abwasserbeseitigung Verpflichteten bis zu folgenden Zeitpunkten mit einer Kanalisation auszustatten:
(2) Ist die Einrichtung einer Kanalisation nicht gerechtfertigt, weil sie entweder keinen Nutzen für die Umwelt mit sich bringen würde oder mit übermäßigen Kosten verbunden wäre, so sind individuelle Systeme oder andere geeignete Maßnahmen erforderlich, die das gleiche Umweltschutzniveau gewährleisten.
(3) Die in Absatz 1 genannten Kanalisationen müssen den Anforderungen der Anlage 1 entsprechen.
§ 4 Kommunale Einleitungen
(1) Eine Erlaubnis für das Einleiten von kommunalem Abwasser in Gewässer darf nur erteilt werden, wenn für die Zeit:
mindestens die in der Anlage 2 genannten Anforderungen eingehalten werden. Eine Erlaubnis für das Einleiten von kommunalem Abwasser in Gewässer aus einem Gebiet nach Satz 1 Nr. 1 darf nur erteilt werden, wenn die in der Anlage 3 genannten zusätzlichen Anforderungen eingehalten werden.
(2) Eine Erlaubnis für das Einleiten von kommunalem Abwasser aus gemeindlichen Gebieten mit weniger als 2000 EW darf nur erteilt werden, wenn für die Zeit ab 1. Januar 2006 durch ein Verfahren und/oder Entsorgungssystem sichergestellt wird, daß die aufnehmenden Gewässer den maßgeblichen Qualitätszielen sowie den Bestimmungen jeder einschlägigen Richtlinie der Gemeinschaft entsprechen.
(3) Gereinigtes Abwasser soll nach Möglichkeit wiederverwendet werden. Im Laufe dieser Wiederverwendung sind Belastungen der Umwelt auf ein Minimum zu begrenzen.
(4) Es ist sicherzustellen, daß Abwasserbehandlungsanlagen so geplant, ausgeführt, betrieben und gewartet werden, daß sie unter normalen örtlichen Klimabedingungen ordnungsgemäß arbeiten. Bei der Planung der Anlagen sind saisonale Schwankungen der Belastungen zu berücksichtigen. Abwasserbehandlungsanlagen müssen so angelegt oder umgerüstet werden, daß vor dem Einleiten in Gewässer repräsentative Proben des zugeleiteten Abwassers und des behandelten Abwassers entnommen werden können. Die Stelle, an der kommunales Abwasser eingeleitet wird, ist möglichst so zu wählen, daß die Auswirkungen auf das aufnehmende Gewässer auf ein Minimum beschränkt werden.
(5) Entsprechen vorhandene Einleitungen in Gewässer nicht den Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2, so ist durch nachträgliche Anordnungen, Widerruf oder Rücknahme der Erlaubnis oder der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigung sicherzustellen, daß die notwendigen Maßnahmen durchgeführt werden.
(6) Die Verpflichtungen der Absätze 1 und 5 entfallen, wenn die Gesamtbelastung aus allen kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen im Geltungsbereich dieser Verordnung sowohl von Phosphor insgesamt als auch von Stickstoff insgesamt um jeweils mindestens 75 v. H. ab dem 1. Januar 1999 verringert wird.
(7) Die zuständige Wasserbehörde prüft in Abständen von vier Jahren die erteilten Erlaubnisse. Die Überwachung der Einleitungen und die Auswertung der Ergebnisse erfolgt nach den in Anlage 4 genannten Referenzmethoden. Die zuständige Wasserbehörde kann andere Methoden der Überwachung und Auswertung anwenden, wenn damit nachweislich gleichwertige Ergebnisse erzielt werden. Das Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt macht Methoden der Überwachung und Auswertung bekannt, mit denen eine Gleichwertigkeit von Ergebnissen erzielt wird.
§ 5 Industrieabwassereinleitungen in Gewässer
(1) Eine Erlaubnis für das Einleiten von biologisch abbaubarem Industrieabwasser aus Betrieben der in Anlage 5 aufgeführten Industriebranchen, das nicht in kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen behandelt wird und aus Betrieben mit mehr als 4000 EW eingeleitet wird, darf nur erteilt werden, wenn ab 1. Januar 2001 die in der Abwasserverordnung vom 21. März 1997 (BGBl. I S. 566) in der jeweils geltenden Fassung oder die in der Allgemeinen Rahmen-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer in der Fassung vom 31. Juli 1996 (BAnz. S. 10.173) in der jeweils geltenden Fassung enthaltenen Anforderungen eingehalten werden.
(2) § 4 Abs. 3 bis 5 und 7 gilt entsprechend.
§ 6 Industrieabwassereinleitungen in Kanalisationen 19
Industrieabwasser darf über Kanalisationen in Gewässer nur eingeleitet werden, wenn die Einleitung in die Kanalisation durch den Träger der Kanalisation zugelassen, nach § 58 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) in der jeweils geltenden Fassung genehmigt ist und die in Anlage 6 genannten Anforderungen an die Einleitung erfüllt sind. Die zuständige Wasserbehörde prüft in Abständen von 4 Jahren nach § 58 Abs. 1 WHG erteilte Genehmigungen.
§ 7 Ausnahmeregelungen
In durch technische Schwierigkeiten begründeten Ausnahmefällen kann die zuständige Wasserbehörde unter den Voraussetzungen des Artikels 8 der Richtlinie 91/271/EWG eine Verlängerung der Frist des § 4 Abs. 1 Nr. 1 zulassen.
§ 8 Berichte und Programme
Das Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt veröffentlicht alle zwei Jahre einen Lagebericht über die Beseitigung von Abwasser und Klärschlamm und stellt für den Vollzug der Richtlinie 91/271/EWG ein fortzuschreibendes Programm auf.
§ 9 Weitergehende Anforderungen
Weitergehende öffentlich-rechtliche Anforderungen an Abwasseranlagen oder Abwassereinleitungen, die insbesondere nach dem Wasserhaushaltsgesetz oder dem Thüringer Wassergesetz bestehen oder auf Grund dieser Gesetze gestellt werden, bleiben unberührt.
§ 10 Klärschlamm
Klärschlamm aus der Abwasserbehandlung darf nicht in Gewässer eingeleitet werden. Er ist unter Einhaltung der Bestimmungen der Klärschlammverordnung vom 15. April 1992 (BGBl. I S. 912) in der jeweils geltenden Fassung möglichst wiederzuverwenden oder nach den Vorschriften des Abfallrechts zu entsorgen.
§ 11 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Anforderungen an Kanalisationen | Anlage 1 (zu § 3 Abs. 3) |
Kanalisationen sollen den Anforderungen an die Abwasserbehandlung Rechnung tragen.
Bei Entwurf, Bau und Unterhaltung der Kanalisation sind die optimalen technischen Kenntnisse zugrunde zu legen, die keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursachen; dies betrifft insbesondere:
Anforderungen an Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen | Anlage 2 (zu § 4 Abs. 1 Satz 1) |
Anzuwenden ist der Konzentrationswert oder die prozentuale Verringerung.
Parameter | Konzentration | Prozentuale Mindestverringerung 1 | Referenzmeßverfahren - |
Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB5 bei 20 0C) ohne Nitrifikation 2 | 25 mg/l O2 | 70 - 90 | Homogemsierte, ungefilterte, nicht dekantierte Probe. Bestimmung des gelösten Sauerstoffs vor und nach fünftägiger Bebrütung bei 20 °C ± 1 °C in völliger Dunkelheit. Zugabe eines Nitrifikationshemmstoffs |
Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) | 125 mg/l O2 | 75 | Homogenisierte, ungefilterte, nicht dekantierte Probe. Kalium-Dichromat |
Suspendierte Schwebstoffe insgesamt | 35 mg/l | 90 | - Filtern einer repräsentativen Probe durch eine Filtermembram von 0,45 µm. Trocknen bei 105 °C und Wiegen - Zentrifugieren einer repräsentativen Probe (mindestens 5 Min. bei einer durchschnittlichen Beschleunigung von 2800 bis 3200 g), Trocknen bei 105 °C und Wiegen |
1) Verringerung bezogen auf die Belastung des Zulaufs 2) Dieser Parameter kann durch einen anderen ersetzt werden: gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) oder gesamter Bedarf an Sauerstoff (TOD), wenn eine Beziehung zwischen BSB5 oder CSB und dem Substitutionsparameter hergestellt werden kann. 3) Diese Anforderung ist fakultativ. |
Die Analysen von Einleitungen aus Abwasserteichen sind an gefilterten Proben auszuführen; die Gesamtkonzentration an suspendierten Schwebstoffen in ungefilterten Wasserproben darf jedoch nicht mehr als 150 mg/l betragen.
Zusätzliche Anforderungen bei Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit mehr als 10.000 EW | Anlage 3 (zu § 4 Abs. 1 Satz 2) |
Anzuwenden ist der Konzentrationswert oder die prozentuale Verringerung.
Je nach der Gegebenheit vor Ort können ein oder beide Parameter verwendet werden.
Anlagengröße | Konzentration | Prozentuale Mindestverringerung (1) | Referenzmeßverfahren |
10.000 - 100.000 EW | 2 mg/l P | 80 | Molekulare Absorptions- Spektrophotometrie |
mehr als 100.000 EW | 1 mg/l P | ||
10.000- 100.000 EW | 15 mg/l N 2, 3 | 70-80 | Molekulare Absorptions- Spektrophotometrie |
mehr als 100.000 EW | 10 m /1 N 2, 3 | ||
Referenzverfahren:
Molekulare Absorbtions-Spektrophotometrie 1) Verringerung bezogen auf die Belastung des Zulaufs 2) Summe von Kjeldahl-Stickstoff (organischer N + NH3), Nitrat (NO3)-Stickstoff und Nitrit (NO2)-Stickstoff 3) Wahlweise darf der tägliche Durchschnitt 20 mg/l N nicht überschreiten. Die Anforderung gilt bei einer Abwassertemperatur von mindestens 12 °C beim Betrieb des biologischen Reaktors der Abwasserbehandlungsanlage. |
Referenzmethoden für die Überwachung und Auswertung der Ergebnisse | Anlage 4 (zu § 4 Abs. 7) |
Es können auch andere als die in den Nummern 2, 3 und 4 genannten Verfahren angewandt werden, sofern mit ihnen nachweislich gleichwertige Ergebnisse erzielt werden.
Dabei sind international anerkannte Laborpraktiken anzuwenden, mit denen die Veränderung des Zustands der Proben zwischen ihrer Entnahme und der Analyse so gering wie möglich gehalten wird.
a) | 2000 - 9999 EW: | zwölf Proben im ersten Jahr; vier Proben in den darauffolgenden Jahren, wenn nachgewiesen werden kann, daß das Abwasser im ersten Jahr den Bestimmungen der Verordnung entspricht. Wenn eine der vier Proben den Grenzwert überschreitet, sind im folgenden Jahr zwölf Proben zu entnehmen. |
b) | 10000 - 49.999 EW: | zwölf Proben: |
c) | 50.000 EW oder mehr: | 24 Proben. |
Tabelle zu Nummer 4 Buchst. a
Anzahl der Probenahmen innerhalb eines Jahres | Höchstzulässige Anzahl von Proben, bei denen Abweichungen zulässig sind | Anzahl der Probenahmen innerhalb eines Jahres | Höchstzulässige Anzahl von Proben, bei denen Abweichungen zulässig sind |
4 - 7 | 1 | 156 - 171 | 13 |
8 - 16 | 2 | 172 - l87 | 14 |
17 - 28 | 3 | 188 - 203 | 15 |
29 - 40 | 4 | 204 - 219 | 16 |
41 - 53 | 5 | 220 - 235 | 17 |
54 - 67 | 6 | 236 - 251 | 18 |
68 - 81 | 7 | 252 - 268 | 19 |
82 - 95 | 8 | 269 - 284 | 20 |
96 -110 | 9 | 285 - 300 | 21 |
111 -125 | 10 | 301 - 317 | 22 |
126 -140 | 11 | 318 - 334 | 23 |
141 -155 | 12 | 335 - 350 | 24 |
351 - 365 | 25 |
Industriebranchen | Anlage 5 (zu § 5 Abs. 1) |
Industrielles Abwasser | Anlage 6 (zu § 6) |
Industrielles Abwasser, das in Kanalisationen und kommunale Abwasserbehandlungsanlagen eingeleitet wird, muß so vorbehandelt werden, daß es folgende Anforderungen erfüllt:
ENDE |