Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 11. Juli 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 29. Juni 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Hinweis: vgl.
Drucksache 554/00 = AE-Nr. 002465,
Drucksache 555/00 = AE-Nr. 002467,
Drucksache 556/00 = AE-Nr. 002468,
Drucksache 567/00 = AE-Nr. 002509
sowie AE-Nr. . 011577, 060444 und 060689
Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Text von Bedeutung für den EWR)
1. Zusammenfassung
In dieser Mitteilung erstattet die Kommission über die Funktionsweise der fünf Richtlinien1 des Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste Bericht, wie in diesen Richtlinien vorgesehen. Mit dieser Mitteilung wird außerdem eine öffentliche Konsultation über den künftigen Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation eingeleitet, zu der bis zum 27. Oktober 2006 Stellungnahmen erwartet werden.
Es wird erläutert, inwiefern die mit dem Rechtsrahmen verfolgten Ziele erreicht wurden und in wo Änderungsbedarf besteht. Auf die vorgeschlagenen Änderungen wird ausführlich im zugehörigen Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen eingegangen. Unter Beachtung der Grundsätze einer besseren Rechtsetzung wird die Gelegenheit ergriffen, eine Verringerung des Verwaltungsaufwands und die Aufhebung veralteter Vorschriften vorzuschlagen. Auf die vielfältigen Alternativen, die vor der Erarbeitung dieser Schlussfolgerungen erwogen wurden, wird in der zugehörigen Folgenabschätzung eingegangen. Unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen wird die Kommission einen Legislativvorschlag zur Änderung des Rechtsrahmens ausarbeiten, den sie dann zusammen mit den zugehörigen Folgenabschätzungen dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegen wird.
2. Hintergrund
Die Schaffung eines europäischen Informationsraums innerhalb eines offenen und wettbewerbsorientierten Binnenmarktes ist eine der wichtigsten Herausforderungen, vor denen Europa im Rahmen der breiter gefassten Strategie für Wachstum und Beschäftigung steht2. Die elektronische Kommunikation ist für die gesamte Volkswirtschaft von grundlegender Bedeutung und wird auf EU-Ebene durch einen Rechtsrahmen geregelt, der 2003 in Kraft getreten ist. Dieser Rechtsrahmen dient der Förderung des Wettbewerbs, der Konsolidierung des Binnenmarktes für die elektronische Kommunikation sowie der Wahrung der Verbraucherinteressen und Nutzerrechte. Er ist so angelegt, dass er der Konvergenz Rechnung trägt, denn er regelt Märkte, keine Technologien. Die Definition der Märkte erfolgt nach den Grundsätzen des Wettbewerbsrechts anhand allgemeiner Erwägungen zu Angebot und Nachfrage und somit unabhängig von Veränderungen der jeweils zugrunde gelegten Technologie. Der Rechtsrahmen sieht vor, dass die Vorschriften nach und nach aufgehoben werden sobald und soweit sich ein wirksamer Wettbewerb eingestellt hat. Die Märkte, auf denen die Kommission eine staatliche Regulierung für gerechtfertigt hält, werden zusammen mit den Kriterien für die Definition der Märkte in einer Empfehlung der Kommission aufgeführt3, die nun ebenfalls überprüft wird4. Dank dieses Gesamtkonzepts wird es möglich sein, mit Hilfe des Rechtsrahmens die sich ändernden Technologien und Marktbedingungen auch weiterhin zu meistern.
Angesichts der Besonderheiten des Mobilfunk-Roamings innerhalb der Gemeinschaft wird die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Verordnung zur Regelung dieser Einzelfrage vorlegen. Dies wird auch bei der Überarbeitung der Empfehlung über relevante Märkte berücksichtigt werden.
Die Regulierungsentscheidungen werden zwar von den nationalen Regulierungsbehörden (NRB) erlassen, unterliegen aber einem Konsultationsmechanismus auf EU-Ebene ("Verfahren nach Artikel 7"), der die Wahrung des Binnenmarktes gewährleistet, indem er eine EU-weit einheitliche Vorabregulierung sicherstellt. Die Kommission hat über die Anwendung dieses Verfahrens im Februar 2006 berichtet5.
Zusätzlich zu dieser "wirtschaftlichen" Regulierung dient der Rechtsrahmen auch dem Verbraucherschutz, denn er enthält rechtliche Verpflichtungen für Bereiche wie Datenschutz und Schutz der Privatsphäre sowie zum Universaldienst und zu Nutzerrechten. Der Rechtsrahmen gilt nicht für Inhaltedienste, die auf EU-Ebene anderweitig geregelt sind, er verleiht den NRB aber bestimmte Befugnisse beim Umgang mit Märkten, auf denen es an Wettbewerb mangelt, wenn Inhaltedienste zusammen mit elektronischen Kommunikationsdiensten angeboten werden.
3. Bewertung des Rechtsrahmens - Verwirklichung der Ziele
Marktentwicklung
Die Entwicklung der elektronischen Kommunikation in der Europäischen Union verläuft weiterhin überaus erfolgreich. Seit der vollständigen Wettbewerbsöffnung der Märkte im Jahr 1998 kommen die Nutzer und Verbraucher in den Genuss einer größeren Auswahl, niedrigerer Preise und innovativer Produkte und Dienste. Der Mobilfunk hat eine weite Verbreitung gefunden, auch die Anzahl der Breitbandanschlüsse nimmt schnell zu. Die Gesamtumsätze der Branche zeigen ein starkes Wachstum, das weit über dem der gesamten EU-Volkswirtschaft liegt. Nach Einschätzung des 11. Umsetzungsberichts der Kommission, der ausführliche Informationen über diese Entwicklungen enthält6, machte 2005 der IKT-Sektor 614 Milliarden Euro aus. Außerdem tragen die IKT auch auf makroökonomischer Ebene zur Produktivitätssteigerung und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaft als Ganzes bei und sind somit ein wichtiger Faktor für mehr Wachstum und Beschäftigung.
Konsultation der Interessengruppen
Die Antworten auf die Aufforderung der Kommission zur Stellungnahme7 waren im Hinblick auf die Auswirkungen des Rechtsrahmens im Allgemeinen positiv, wenngleich auch darauf hingewiesen wurde, dass es für endgültige Schlussfolgerungen noch zu früh war. Die Verbraucher- und Branchenverbände befürworteten den Ansatz des Rechtsrahmens, übten aber Kritik an dessen Umsetzung. Mehrere Interessengruppen waren der Ansicht, dass zwar bestimmte Aspekte geändert werden müssten, der Rahmen insgesamt aber mehr Rechtssicherheit gebracht habe. In zahlreichen Äußerungen wurde eine Vereinfachung der Marktüberprüfung angemahnt und die neue Kompetenzverteilung bei der Frequenzharmonisierung8 begrüßt.
Markteinsteiger, Kabelnetzbetreiber, Internet-Diensteanbieter sowie Software- und Gerätehersteller merkten an, dass der Rechtsrahmen die europaweite Herausbildung von Wettbewerb und Innovation ermöglicht, Investitionen begünstigt und die Breitbandeinführung gefördert hat. Die meisten etablierten Betreiber sind allerdings der Ansicht, dass die Vorabregulierung neue Investitionen eher behindert und bis 2015 abgeschafft werden sollte.
Innovation, Investitionen und Wettbewerb Wie aus den vorliegenden Zahlen hervorgeht, waren die europäischen Investitionen in diesem Sektor in den letzten Jahren mindestens genauso hoch wie in anderen Regionen der Welt (45 Mrd. € im Jahr 2005)9. Getrieben vom Wettbewerb investieren sowohl Markteinsteiger als auch etablierte Unternehmen in den Ausbau ihrer festen und drahtlosen Netzinfrastrukturen, um innovative Dienste erbringen zu können. Im Verhältnis zu ihrem Umsatz investieren Marktneulinge mehr als etablierte Unternehmen. Investitionen können sich unter vielfältigen Rahmenbedingungen lohnen, Haupttriebkraft ist und bleibt aber der Wettbewerb. Die Länder, die den EU-Rechtsrahmen effektiv und wettbewerbsorientiert umgesetzt haben, konnten nach einer im Auftrag der Kommission durchgeführten Untersuchung auch die meisten Investitionen anziehen10.
Deutlich geworden ist auch der enge Zusammenhang zwischen Breitbandinvestitionen und Infrastrukturwettbewerb. Länder mit einem harten Wettbewerb zwischen etablierten Betreibern und Kabelnetzbetreibern weisen in der Regel auch die größte Breitbandverbreitung auf11.
In diesem Sektor sind zwar große Investitionen in die Modernisierung der Netze notwendig, durch Rationalisierung und Einsatz moderner Technik lassen sich aber auch die Betriebskosten erheblich senken12. Einige Interessenvertreter drängen auf Zurückhaltung der Behörden, um Investitionen in neue Netzinfrastrukturen zu begünstigen, es gibt aber kaum Beweise dafür, dass ein zeitweiliger Regulierungsverzicht - unabhängig von anderen Faktoren wie dem Wettbewerb - tatsächlich zu neuen Investitionen führen würde.
Der Rechtsrahmen sieht bereits vor, dass neu entstehende Märkte keiner unangemessenen Regulierung unterworfen werden sollen13. Als neu entstehende Märkte betrachtet die Kommission jene Märkte, die so neu sind und sich so schnell verändern, dass noch nicht entschieden werden kann, ob die in ihrer Empfehlung festgelegten drei Kriterien14 für eine Vorabregulierung erfüllt sind. Auf reifen Märkten, die diese Kriterien erfüllen, gibt der Rechtsrahmen den Regulierungsbehörden jedoch eine beachtliche Flexibilität in Bezug auf die Honorierung innovativer oder riskanter Investitionen15. Im Rechtsrahmen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Regulierungsstellen angemessene Wiederbeschaffungskosten für bestehende Anlagegüter berücksichtigen müssen, und dass Innovation und neue, riskante Investitionen angemessen zu vergüten sind. Die NRBs sind aufgerufen "insbesondere den folgenden Faktoren Rechnung zu tragen: ... Anfangsinvestition des Eigentümers der Einrichtung unter Berücksichtigung der Investitionsrisiken;"16
Zusammenfassung
Das Frequenzmanagement lässt sich erheblich verbessern. Insbesondere ist die Kommission der Ansicht, dass effektiveres Frequenzmanagement die Möglichkeiten in diesem Bereich hinsichtlich innovativer, vielfältiger und erschwinglicher Dienstleistungen für europäische Bürger ausschöpfen und die Wettbewerbsfähigkeit der der europäischen IuK Industrie stärken könnte. Davon abgesehen sind nach Ansicht der Kommission die Grundsätze und die flexiblen Instrumente des Rechtsrahmens bei vollständiger und wirksamer Anwendung am besten geeignet, die Investitionstätigkeit, die Innovation und die Marktentwicklung zu fördern. Dennoch sollten Kommission und nationale Regulierungsbehörden für die Anwendung der Vorschriften Leitlinien ausarbeiten, um allen Beteiligten mehr Planungssicherheit zu geben.
4. Technologie- und Markenentwicklung
Mit dieser Überprüfung soll sichergestellt werden, dass der Rechtsrahmen auch im kommenden Jahrzehnt den Anforderungen des Sektors voll gerecht wird.
Als hauptsächliche technologische Entwicklungen werden für diesen Zeitraum erwartet: die vollständige Umstellung auf IP-gestützte Netze (Internetprotokoll), die zunehmende Nutzung drahtloser Kommunikationsnetze und drahtloser Zugangsplattformen (z.B. 3G, WiFi, WiMax und Satelliten), der Glasfaserausbau in den Ortsnetzen und der Übergang zum Digitalfernsehen. Dabei ist mit weit reichenden Auswirkungen auf die vorhandenen Netzarchitekturen, Dienste und Endgeräte zu rechnen. Die Marktteilnehmer werden mit neuen Wettbewerbern konfrontiert und suchen angesichts der unmittelbar bevorstehenden Änderungen auf den heutigen Märkten nach neuen Geschäftsmodellen.
All dies wird zu neuen und innovativen Diensten für die Nutzer führen. Vorläufer der künftig noch ausgefeilteren Angebotspakete sind die heutigen Dreifachangebote aus Sprachtelefondienst, Internetzugang und Fernsehen ("Triple-Play"). Die Grenzen zwischen Produkten und Diensten werden sich im Bereich der elektronischen Kommunikation weiter verwischen. Es wird neue Arten mobiler und tragbarer Geräte mit interaktiven und rundfunkgestützten Funktionen geben. Der Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit werden dabei für die Nutzer weiterhin ein wichtiges Problem sein.
Es hat sich gezeigt, dass sich mit dem Rechtsrahmen neue Technologien wie die Sprachtelefonie über das Internetprotokoll (VoIP) durchaus regeln lassen und dass auch die Weiterentwicklung von Technik und der Märkten erfasst werden kann. Allerdings sind die Vorschriften für die Verwaltung der Funkfrequenzen, die für innovative drahtlose Produkte und Dienste von größter Bedeutung sind und mit vielen anderen Sektoren gemeinsam genutzt werden müssen, dringend abzuändern, um eine unangemessene Regulierung zu verhindern.
5. Überblick über die vorgeschlagenen Änderungen
Der gegenwärtig geltende Rechtsrahmen hat beträchtliche Vorteile gebracht, muss aber in mehreren Bereichen überprüft werden, damit er auch im kommenden Jahrzehnt effektiv angewandt werden kann. Die beiden Hauptänderungen beziehen sich auf:
- - die Anwendung des Frequenzverwaltungskonzepts der Kommission, das der Kommissionsmitteilung vom September 0517 dargelegt wurde, auf den Bereich der elektronischen Kommunikation;
- - die Vereinfachung der Verfahren im Zusammenhang mit der Überprüfung der Märkte, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen.
Darüber hinaus schlägt die Kommission weitere Änderungen mit folgenden Zielen vor:
- - Konsolidierung des Binnenmarktes,
- - bessere Wahrung der Verbraucher- und Nutzerinteressen,
- - Erhöhung der Sicherheit,
- - Aufhebung veralteter Vorschriften.
Die Erwägungen der Kommission sowie die nach derzeitigem Sachstand in Aussicht genommenen Änderungen werden in dieser Mitteilung und im zugehörigen Arbeitspapier erläutert. Diese Änderungen werden in Folge der öffentlichen Konsultation noch angepasst. Dies gilt insbesondere für diejenigen Änderungen, die darauf abzielen, den wirksamen Wettbewerb während der Übergangsphase vom Monopol zu vollständigem Wettbewerb zu stärken.
Für viele der Vorschläge müssen zunächst das Europäische Parlament und der Rat die allgemeinen Regulierungsziele festlegen, zu deren Verwirklichung die Kommission dann detaillierte technische Vorschriften erlassen kann. Dadurch ist es möglich die Vorabregulierung zügig an Änderungen in der Branche anzupassen und gleichzeitig die vom Gesetzgeber beschlossenen Ziele und Grundsätze einzuhalten.
5.1. Verbesserung der Frequenzverwaltung im Bereich der elektronischen Kommunikation
Elektronische Kommunikationsdienste müssen sich die vorhandenen Frequenzen mit anderen Anwendungsgebieten teilen (Flug- und Seeverkehr, Raumfahrt, Sicherheit, Verteidigung, Erdbeobachtung usw.). Deshalb ist es notwendig, einen Gleichgewicht zwischen diesen unterschiedlichen Frequenzinteressen herzustellen und dabei die europäischen Aspekte mit zu berücksichtigen.
Durch die schnelle technologische Entwicklung und Konvergenz hat die Bedeutung der Frequenzen als wertvolle Ressource sogar noch zugenommen, die Frequenzverwaltung in der EU hat damit aber nicht Schritt gehalten. Nach Schätzungen beläuft sich das Marktvolumen der elektronischen Kommunikationsdienste, die auf der Nutzung von Funkfrequenzen beruhen, in der EU bereits auf über 200 Milliarden Euro jährlich und dürfte damit bei 2-2,5 % des jährlichen europäischen BIP18 liegen. Die bestmögliche Ausnutzung des sozialen und wirtschaftlichen Potenzials, das sich aus der Nutzung der Funkfrequenzen ergibt, ist eine Voraussetzung für die Erfüllung der Ziele, die sich die EU mit ihrer i2010-Strategie gesetzt hat, und eine wichtiger Pfeiler für die erneuerte Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Außerdem werden die Netzbetreiber durch die Verbesserung des derzeitigen Frequenzverwaltungssystems auf EU-Ebene die Chancen des Binnenmarktes effektiver nutzen können.
Ein neues System für die Frequenzverwaltung ist notwendig, das die Koexistenz verschiedener Arten von Lizenzierungsmodellen (traditionelle Administration, Nutzung ohne zahlenmäßige Beschränkung sowie neue, marktbasierte Ansätze) ermöglicht sowie die wirtschaftliche und technische Effizienz der Nutzung dieser wertvollen Ressource fördert. Auf der Grundlage gemeinsamer EU-Vorschriften könnte eine erheblich flexiblere Frequenzverwaltung durch eine verstärkte Erteilung Allgemeingenehmigungen - wo immer dies möglich ist - erreicht werden. Sofern dies nicht möglich ist, sollten die Inhaber der Frequenznutzungsrechte nicht unnötig eingeschränkt, sondern lediglich gewissen Sicherheitsvorkehrungen unterworfen werden. Sie sollten die Möglichkeit haben, beliebige elektronische Kommunikationsdienste (Dienstneutralität) mit Hilfe beliebiger Technologien oder Normen unter gemeinsamen Bedingungen ("Technologieneutralität") anzubieten. Ausgewählte Frequenzbänder sollten anhand wirtschaftlicher Effizienzkriterien in einem EU-Ausschussverfahren EU-weit entweder für die Nutzung im Rahmen einer Allgemeingenehmigung oder für den Frequenzhandel freigegeben werden. Nach diesem Verfahren könnten in geeigneten Fällen auch gemeinsame Genehmigungsbedingungen für die Frequenznutzung erlassen werden (siehe 5.3.3).
Das administrative Modell wird insbesondere wichtig bleiben soweit überwiegend Aspekte der Rechtssicherheit und des Interferenzmanagements vorrangig sind und wo Zielsetzungen des öffentlichen Interesses betroffen sind.
Soweit öffentliche Interessen auf dem Spiel stehen, bleiben die bisherigen Verwaltungsverfahren allerdings unberührt.
5.2. Rationalisierung der Marktüberprüfungen
Im Februar 2006 berichtete die Kommission über ihre Erfahrungen mit dem Verfahren nach Artikel 719 und kam darin zu dem Schluss, dass dieses Verfahren einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem echten EU-Binnenmarkt im Bereich der elektronischen Kommunikation darstellt. Ausgehend von diesem Bericht schlägt die Kommission vor, den durch das Marktüberprüfungsverfahren verursachten Verwaltungsaufwand zu verringern und die Mitteilungsanforderungen für Entwürfe bestimmter nationaler Maßnahmen zu vereinfachen, denn bis zur vollständigen Umsetzung dieser Änderungen werden die NRB beträchtliche Erfahrungen mit dem Verfahren gesammelt haben.
Dieses Vorgehen steht auch im Einklang mit dem Programm der Kommission zur besseren Rechtsetzung, mit dessen Hilfe die gleichen politischen Ziele auf einfachere Weise erreicht werden sollen. Die Regulierungsbehörden müssen demnach weiterhin ihre Marktuntersuchungen und Konsultationen auf nationaler und europäischer Ebene durchführen, aber die heutige Ausführlichkeit wäre dann für bestimmte Marktanalysen und Mitteilungen nicht mehr erforderlich. Für eine Reihe feststehender Fallkategorien könnte ein vereinfachtes Verfahren eingeführt werden. Dadurch könnten sich die Kommission und die NRB stärker auf jene Fälle konzentrieren, in denen es tatsächlich erhebliche Probleme gibt.
Kurzfristig wird vorgeschlagen, eine neue Fassung der Verfahrensempfehlung zu erlassen, damit dieses vereinfachte Mitteilungsverfahren ab 2007 zur Anwendung kommen kann. Langfristig müsste allerdings der Rechtsrahmen geändert werden, um alle Verfahrensbestimmungen in einer einzigen Vorschrift zusammenzufassen.
5.3. Konsolidierung des Binnenmarktes
Damit Europa für Investitionen attraktiver wird und die Vorteile des Binnenmarktes voll zum Tragen kommen, müssen in allen 25 EU-Mitgliedstaaten die gleichen Rahmenbedingungen in gelten. Für die EU-Anbieter bedeutet ein einheitlicher Binnenmarkt einen großen Heimatmarkt für die Entwicklung innovativer Produkte, was gerade auf Gebieten wie der Funkkommunikation, wo es auf Größenvorteile ankommt, besonders wichtig ist. Obwohl Fortschritte zu verzeichnen sind, ist der europäische Binnenmarkt im Bereich der elektronischen Kommunikation und der Funkanlagen20 noch immer nicht Wirklichkeit geworden. Deshalb werden weitere Maßnahmen vorgeschlagen.
5.3.1. Abhilfemaßnahmen gemäß dem Verfahren nach Artikel 7
Das Verfahren nach Artikel 7 dient dem einheitlichen Vorgehen in Bezug auf die Definition der Märkte und die Einschätzung der "beträchtlichen Marktmacht" durch die NRB. Dennoch hat die Kommission festgestellt, dass auch bei der Anwendung der Abhilfemaßnahmen noch einheitlicher vorgegangen werden muss21.
Viele Stellungnahmen der Kommission zu den NRB-Entwürfen beziehen sich auf die Angemessenheit der vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen. Die Kommission äußerte insbesondere Bedenken zu Abhilfemaßnahmen, die nur einen Teil des aufgezeigten Wettbewerbsproblems lösten22, die unverhältnismäßig oder unzulänglich waren23 oder möglicherweise zu spät zu effektiven Ergebnissen geführt hätten24. Zur Wahrung der Vorteile des Binnenmarktes wird vorgeschlagen, das Vetorecht der Kommission auf die vorgeschlagenen Abhilfen auszudehnen.
5.3.2. Einsprüche
Eines der Hauptprobleme bei der Anwendung des Rechtsrahmens ist die von den Gerichten entgegen Artikel 4 der Rahmenrichtlinie regelmäßig praktizierte Aussetzung der Regulierungsentscheidungen. Einstweilige Anordnungen werden von den Gerichten ganz unterschiedlich gehandhabt. Deshalb wird vorgeschlagen, das Problem der routinemäßigen Aussetzung von Regulierungsentscheidungen durch nationale Gerichte während der Einspruchsfrist dadurch zu beheben, dass auf EU-Ebene Kriterien für die Aussetzung der Regulierungsentscheidungen festgelegt werden.
5.3.3. Gemeinsamer Ansatz für die Genehmigung von Diensten mit gesamteuropäischer oder Binnenmarktbedeutung
Für die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste sind allein die Mitgliedstaaten zuständig. Die für die Unternehmen geltenden Bedingungen, z.B. Nutzungsrechte für Rufnummern und Funkfrequenzen, unterscheiden sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat, wodurch die Einführung gesamteuropäischer oder auf den Binnenmarkt ausgerichteter Dienste mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist.
Für derartige Dienste wird daher ein Gemeinschaftsverfahren vorgeschlagen, um auf EU-Ebene gemeinsame Nutzungsbedingungen und Genehmigungsregelungen zu vereinbaren und eine koordinierte Einführung der Dienste zu ermöglichen. Dieses Genehmigungssystem würde die derzeitigen Systeme ergänzen und nur für ganz bestimmte Fälle gelten (z.B. Satellitenkommunikationsdienste). Dazu müsste die Genehmigungsrichtlinie geändert werden, damit die Kommission mit Hilfe eines Ausschusses Entscheidungen erlassen kann, während die Überwachung und Durchsetzung der Genehmigungsbedingungen weiterhin in der Hand der Mitgliedstaaten verbliebe. Sobald die Genehmigungsbedingungen anhand dieses gemeinsamen Verfahrens vereinheitlicht sind, würde die Genehmigung in einem Mitgliedstaat für die europaweite Einführung des Dienstes ausreichen.
5.3.4. Sonstige Änderungsvorschläge
Weitere Änderungen, die zur Stärkung des Binnenmarktes vorgeschlagen werden: Gewährleistung des Zugangs der Nutzer zu den in einem anderen Mitgliedstaat bereitgestellten Diensten der Informationsgesellschaft (z.B. zu gebührenfreien Rufnummern); erweiterung der Befugnisse der NRB zur Verhängung von Sanktionen bei Verstoßen gegen Regulierungsauflagen; ausdehnung des Anwendungsbereichs der technischen Umsetzungsmaßnahmen, die von der Kommission erlassen werden können, z.B. in Bezug auf die Nummerierung; Einführung eines Mechanismus für die Zustimmung der Kommission zu Maßnahmen der NRB gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Zugangs- und Zusammenschaltungsrichtlinie; verbindliche Überprüfung der Übertragungspflichten innerhalb bestimmter Fristen; schaffung eines Verfahrens, dass auf EU-Ebene die Vereinbarung gemeinsamer Anforderungen an Netze und Dienste erleichtert.
5.4. Stärkung der Verbraucher- und Nutzerrechte
Ein zentrales Ziel des Rechtsrahmens besteht in der Verwirklichung echter Vorteile für die Verbraucher. Erreicht wird dies zum großen Teil durch einen verstärkten Wettbewerb, der dazu führt, dass den Verbrauchern eine größere Auswahl, innovative Dienste und ein besseres Preis-Leistungsverhältnis geboten werden. Ergänzend dazu umfasst der Rechtsrahmen konkrete Verbraucherschutzvorkehrungen, darunter z.B. die Universaldienstverpflichtungen, durch die bestimmte Grundbedürfnisse der Nutzer gewahrt werden.
Sowohl aus den Antworten auf die Aufforderung zur Stellungnahme ("Call for input") zur Überprüfung des Rechtsrahmens als aus den Beiträgen zu der von der Kommission durchgeführten Konsultation über den Umfang des Universaldienstes25 geht hervor, dass grundlegende Überlegungen über die Rolle und den Begriff des Universaldienstes im 21. Jahrhundert angestellt werden müssen. Ferner stellt sich die Frage nach dem richtigen Gleichgewicht zwischen sektorspezifischer Regulierung und übergreifenden Verbraucherschutzvorschriften und ob ein Einheitskonzept für den Universaldienst in einer Union mit 25 Mitgliedstaaten überhaupt noch sinnvoll ist. Aus diesen Gründen hat die Kommission die Absicht, 2007 ein Grünbuch über den Universaldienst zu veröffentlichen, um damit eine breite Diskussion dieser Fragen einzuleiten.
Unabhängig vom Ausgang dieser Grundsatzdiskussion müssen zahlreiche Bestimmungen der Universaldienstrichtlinie, die sich auf herkömmliche Telefondienste beziehen, modernisiert werden. Weitere Änderungsvorschläge dienen der Verbesserung der Qualität der Tarifinformationen für die Verbraucher. Ferner soll Dritten ermöglicht werden, rechtlich gegen Spammer vorzugehen, und es soll die Verfügbarkeit der Angaben über den Anruferstandort für Notdienste sowie die Zugänglichkeit der Notdienste für behinderte Nutzer sichergestellt werden.
5.5. Erhöhung der Sicherheit
Die Sicherheit wird in der i2010-Strategie als eine der vier Hauptherausforderungen bei der Schaffung eines europäischen Informationsraums genannt. Moderne elektronische Kommunikationsnetze und -dienste sind aus dem Lebensalltag - im Beruf wie auch zu Hause - nicht mehr wegzudenken. Das Funktionieren der Kommunikationsdienste kann aber durch technische und organisatorische Mängel oder menschliche Fehler gefährdet werden. Der Trend zur breiten Übernahme der IP-Technik führt auch dazu, dass die Netze im Allgemeinen offener, damit aber auch gefährdeter sind als früher. Die Zunahme von unerwünschter Werbung (Spam), Computerviren, Spyware und anderen Schadprogrammen, die das Vertrauen der Nutzer in die elektronische Kommunikation untergraben, ist zum Teil auf diese Offenheit zurückzuführen, zum Teil aber auch auf mangelnde Sicherheitsvorkehrungen. In ihrer Mitteilung über eine Strategie für eine sichere Informationsgesellschaft (KOM (2006) 251) wies die Kommission auf die Notwendigkeit hin, ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen technischer Entwicklung, Selbstregulierung und staatlicher Regulierung herzustellen. Im Rahmen dieser Überprüfung werden konkrete Regulierungsmaßnahmen vorgeschlagen.
Zur Stärkung des Vertrauens der Geschäfts- und Privatnutzer in die elektronische Kommunikation werden mehrere Maßnahmen vorgeschlagen: 1) die Auferlegung besonderer Verpflichtungen, denen zufolge die Betreiber elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste bestimmte Sicherheitsverletzungen melden und die Nutzer darüber informieren müssen; 2) die Ermächtigung der zuständigen nationalen Behörden, in Umsetzung der Kommissionsempfehlungen oder -entscheidungen bestimmte Sicherheitsmaßnahmen vorzuschreiben; und 3)die Modernisierung der Bestimmungen über die Netzintegrität.
5.6. Bessere Rechtsetzung: Aufhebung veralteter Vorschriften
Es wird vorgeschlagen, die Bestimmungen der Universaldienstrichtlinie über das Mindestangebot an Mietleitungen aufzuheben, weil es andere Vorschriften gibt, mit denen die NRB die Probleme auf diesem Gebiet lösen können. Die Verordnung über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss26 sollte ebenfalls aufgehoben werden, denn alle NRB haben ihre diesbezügliche Marktanalyse abgeschlossen, so dass die Verordnung nicht mehr benötigt wird und zurückgenommen werden kann.
Andere Vorschriften, deren Aufhebung ansteht, sind die Bestimmungen der Universaldienstrichtlinie über den europäischen Telefonnummernraum (ETNS) und verschiedene andere veraltete Artikel, auf die im zugehörigen Arbeitspapier eingegangen wird.
6. Fazit
Der derzeitige Rechtsrahmen hat beträchtliche Vorteile gebracht, muss aber in mehreren Bereichen angepasst werden, damit er auch im kommenden Jahrzehnt effektiv angewandt werden kann. Die beiden Hauptvorschläge dazu sind die Verwirklichung des strategischen Frequenzverwaltungskonzepts der Kommission und die Verringerung des im Zusammenhang mit der Überprüfung der relevanten Märkte betriebenen Aufwands durch Rationalisierung der Verfahren. Weitere Änderungsvorschläge dienen der Stärkung des Binnenmarktes, der besseren Wahrung der Verbraucherinteressen, der Erhöhung der Sicherheit und der allgemeinen Modernisierung des Rechtsrahmens.
Auf diese Vorschläge wird im zugehörigen Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen näher eingegangen. Eine Bewertung all dieser Änderungen sowie der in Erwägung gezogenen Alternativen ist in der zugehörigen Folgenabschätzung enthalten.
- 1 Richtlinien 2002/19/EG, 2002/20/EG, 2002/21/EG, 2002/22/EG (ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 7) und 2002/58/EG (ABl. L 201, 31.7.2002, S. 37). Siehe auch Anhang I der Folgenabschätzung.
- 2 KOM (2005) 24 vom 2.2.2005.
- 3 Empfehlung der Kommission über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen, K(2003) 497.
- 4 Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen zur Empfehlung über relevante Märkte.
- 5 KOM (2006) 28 vom 6.2.2006.
- 6 KOM (2006) 68 vom 20.2.2006.
- 7 Die Ergebnisse können unter folgender Adresse eingesehen werden: http://ec.europa.eu/information_society/policy/ecomm/info_centre/documentation/public_consult/review/index_en.htm .
- 8 Die Frequenzentscheidung 676/2002/EG gestattet eine technische Harmonisierung der Frequenznutzungsbedingungen (über den Funkfrequenzausschuss); die strategische Beratung in Bezug auf die Frequenzpolitik übernimmt dagegen die Gruppe für Frequenzpolitik.
- 9 Siehe Fußnote 6.
- 10 London Economics und PricewaterhouseCoopers: Studie für die GD Informationsgesellschaft und Medien der Europäischen Kommission "An assessment of the Regulatory Framework for Electronic Communications - Growth and Investment in the EU e-communications sector" (Bewertung des Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation - Wachstum und Investitionen im Sektor der elektronischen Kommunikation in der EU) (noch nicht veröffentlicht).
- 11 Siehe zugehöriges Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Abschnitt 2.
- 12 ebenda.
- 13 Erwägung 27 der Rahmenrichtlinie.
- 14 Die drei Kriterien sind: a) es bestehen beträchtliche, anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Zugangshindernisse; b) der Markt ist so beschaffen, dass er auch mit der Zeit nicht zu wirksamem Wettbewerb tendiert; c) das Wettbewerbsrecht allein reicht nicht aus, um das Marktversagen (ohne Vorabregulierung) zu beseitigen. Siehe Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen zur Empfehlung über relevante Märkte.
- 15 Artikel 12 Absatz 2 der Zugangsrichtlinie.
- 16 ebenda
- 17 KOM (2005) 411 vom 6.9.2005.
- 18 Siehe die Studie: Analysys et al., "Conditions and options in introducing secondary trading of radio spectrum in the European Community" (Voraussetzungen und Möglichkeiten für die Einführung des Frequenzhandels in der Europäischen Gemeinschaft) (2004), S. 12.
- 19 Siehe Fußnote 5.
- 20 Die FuTEE-Richtlinie 1999/5/EG (Funkanlagen- und Telekommunikationsendeinrichtungen, ABl. L 91 vom 7.4.1999, S. 10) vereinheitlicht zwar die Geräteanforderungen, nicht aber die Frequenzzuweisung.
- 21 Siehe Fußnote 5.
- 22 Wie in einem Fall, in dem Mobilfunk-Zustellungsentgelte ausschließlich für Gespräche aus Mobilfunknetzen oder aus dem Ausland reguliert werden sollten, nicht aber für die von Festnetzen ausgehenden Gespräche.
- 23 Wenn z. B die Preisregulierung nicht auf dem am besten geeigneten Kostenmodell beruhte oder die Wahl des Kostenrechnungsmodells und der Kostenrechnungsregeln den jeweiligen Unternehmen überlassen werden sollten.
- 24 Wenn z.B. kostenorientierte Mobilfunk-Zustellungsentgelte, die auf einem LRIC-Kostenmodell beruhen, zuerst zwischen den Betreibern ausgehandelt wurden, bevor die NRB dann im Rahmen der Streitbeilegung eingriff.
- 25 KOM (2005) 203 vom 24.5.2005.
- 26 ABl. L 336 vom 30.12.2000, S. 4.